Psychobiologische Untersuchungen bei Patienten mit

Werbung
Psychobiologische Untersuchungen bei Patienten
mit Nichtorganischer Insomnie
Inaugural-Dissertation
zur
Erlangung der Doktorwürde
der Wirtschafts- und Verhaltenswissenschaftlichen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.
vorgelegt von
Anam Al-Shajlawi
aus Göppingen
SS 2007
Dekan: Prof. Dr. Dr. Jürgen Bengel
1. Gutachter: Prof. Dr. Dieter Riemann
2. Gutachter: Prof. Dr. Dr. Martin Peper
Promotion: September 2007
Die Arbeit wurde erstellt in der
Schlafmedizinischen Station
der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie mit Poliklinik
der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychosomatik
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.
Hauptstraße 5
79104 Freiburg im Breisgau
Danksagung
Mein Dank gilt dem Leiter der Schlafmedizinischen Station der Psychiatrischen
Universitätsklinik Freiburg, Herrn PROF. DR. DIETER RIEMANN, der den Anstoß zu diesem
Thema gab und mir mit wertvollen Ratschlägen zur Seite stand. Auf diesem Wege
möchte ich mich nicht zuletzt für die Unterstützung und Förderung, die mir im Rahmen
meiner Tätigkeit im Schlaflabor zuteil wurde, herzlich bedanken.
Herrn PROF. DR. DR. MARTIN PEPER danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens.
Weiterhin gilt mein Dank Herrn PROF. DR. ULRICH VODERHOLZER, der sich als Oberarzt
des Schlaflabors häufig die Zeit nahm, schlafmedizinische Aspekte ausführlich zu
erklären.
Schließlich danke ich Frau DR. PETRA HASSELBACH, Frau DR. GESA WESKE, Herrn DR.
BERND FEIGE, Herrn BERND TRITSCHLER sowie dem gesamten Pflegeteam des
Schlaflabors.
II
Für Michael
III
1 EINLEITUNG ................................................................................................. 1
2 THEORETISCHER UND EMPIRISCHER HINTERGRUND ........................ 4
2.1 Allgemeine Einteilung von Schlafstörungen.........................................................................4
2.2 Die Insomnien: differentialdiagnostische Aspekte............................................................5
2.2.1 Insomnien im Rahmen psychischer Erkrankungen..................................................... 6
2.2.2 Insomnien im Rahmen organischer Erkrankungen..................................................... 6
2.2.3 Insomnien als Folge zentral wirksamer Substanzen................................................... 7
2.3 Die nichtorganische/primäre Insomnie.................................................................................8
2.3.1 Symptomatologie................................................................................................... 9
2.3.2 Ätiopathogenese...................................................................................................10
2.4 Bisherige Forschungsbefunde bei Insomnien....................................................................13
2.4.1 Soziodemographische Befunde...............................................................................13
2.4.1.1 Geschlecht ................................................................................................13
2.4.1.2 Alter .........................................................................................................14
2.4.1.3 Familienstand, berufliche Situation und Ausbildungsstand ..............................16
2.4.2 Psychometrische Befunde ......................................................................................17
2.4.2.1 Schlaftagebücher .......................................................................................18
2.4.2.2 Der Pittsburgher Schlaf-Qualitäts-Index (PSQI) .............................................18
2.4.2.3 Das Beck-Depressions-Inventar (BDI) ..........................................................19
2.4.2.4 Schlaffragebogen A (SF-A) ..........................................................................21
2.4.3 Pathophysiologische Befunde .................................................................................22
2.4.4 Polysomnographische Befunde...............................................................................24
2.4.5 Spezielle Phänomene bei Insomnien .......................................................................32
2.4.5.1 Die Fehlwahrnehmung des Schlafzustandes..................................................32
2.4.5.2 Der First-Night-Effect (FNE) ........................................................................33
2.5 Fragestellungen der vorliegenden Arbeit............................................................................34
3 METHODIK .................................................................................................. 36
3.1 Allgemeiner Ablauf einer Schlaflaboruntersuchung........................................................36
3.1.1 Ambulante Schlaflaboruntersuchung.......................................................................36
3.1.2 Stationäre Schlaflaboruntersuchung........................................................................38
3.1.3 Auswertung und Parametrisierung des Polysomnogramms........................................40
3.2 Rekrutierung der Daten .............................................................................................................43
3.3 Datenverarbeitung und -bereinigung ...................................................................................46
3.4 Hypothesen.....................................................................................................................................47
3.5 Statistische Auswertungsverfahren ......................................................................................49
IV
4 ERGEBNISSE............................................................................................... 50
4.1 Stichprobenbeschreibung .........................................................................................................50
4.2 Polysomnographische Befunde ...............................................................................................55
4.2.1 Unterschiede der Schlafmaße im Vergleich Insomnie vs. Gesund...............................56
4.2.2 Unterschiede der Schlafmaße im Vergleich Männer vs. Frauen ..................................59
4.2.3 Unterschiede der Schlafmaße im Verlauf des Alters..................................................61
4.3 Spektralanalytische Befunde ...................................................................................................67
4.4 Psychometrische Befunde.........................................................................................................79
4.5 Vergleich objektiver, psychometrischer und demographischer Befunde ................83
4.6 Überprüfung subjektiver Schätzungen des eigenen Schlafs........................................83
4.6.1 Schätzung von Einschlafzeit und Gesamtschlafzeit ...................................................83
4.6.2 Ermittlung der Schätzungsgenauigkeit ....................................................................87
4.7 Analyse eines First-Night Effektes .........................................................................................90
5 DISKUSSION .............................................................................................. 95
5.1 Diskussion der soziodemographischen Befunde...............................................................95
5.2 Diskussion der polysomnographischen Befunde ............................................................100
5.3 Diskussion spektralanalytischer Befunde .........................................................................103
5.4 Diskussion psychometrischer Befunde...............................................................................105
5.5 Bestehen Zusammenhänge zwischen objektiven, psychometrischen und
demographischen Befunden?........................................................................................................107
5.6 Subjektive Schätzungen objektiver Befunde...................................................................107
5.7 First-Night- oder Reverse First-Night-Effekt? .................................................................109
5.8 Ausblick..........................................................................................................................................112
6 ZUSAMMENFASSUNG .............................................................................. 113
7 LITERATURVERZEICHNIS ...................................................................... 114
8 ANHANG .................................................................................................... 136
9 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS.................................................................. 141
V
1 Einleitung
Insomnien
stellen
Allgemeinbevölkerung
eines
in
der
westlichen
häufigsten
Gesundheitsprobleme
Industrienationen
dar.
der
Epidemiologischen
Schätzungen der letzten Jahrzehnte zufolge, schwanken die Prävalenzraten der
Insomnie zwischen 10% - 50%. (Bixler, Kales, Soldatos, Kales & Healey 1979; Ford &
Kamerow, 1989; Weyerer & Dilling, 1991; Quera-Salva, Orluc, Goldenberg &
Guilleminault, 1991; Hochstrasser, 1993; Hohagen et al., 1993, 1994; Ohayon, 1996;
Walsh, 2004; Tjepkema; 2005; Morin, Le Blanc, Daley, Gregoire & Mérette, 2006;
Doghramji, 2006). Die Auftretenshäufigkeit wird allerdings unter Betrachtung weiterer
Aspekte, wie z.B. der Schwere und Häufigkeit von Insomnien und ihrer Konsequenzen,
beeinflusst. Unter Berücksichtigung strikter Kriterien bei der Diagnostik einer Insomnie
variieren die Prävalenzraten in der Allgemeinbevölkerung zwischen 4% und 7%
(Ohayon, 2002). Bei Betrachtung eines einzelnen Symptoms 1 , fand Ohayon (2005) bei
der Untersuchung europäischer Stichproben stark variierende Prävalenzraten von 2.4%
(in Spanien) bis hin zu 16.1% (in England).
Die Konsequenzen einer Insomnie sind häufig vielfältig (Neubauer, 2005). Obwohl eine
Insomnie per Definition eine Störung des Nachtschlafs bedeutet, stellen gerade die
daraus resultierenden Beeinträchtigungen am Tage wichtige Elemente im klinischen
Bild dar. Die meisten Betroffenen fühlen sich erheblich durch Tagesmüdigkeit,
Einbußen hinsichtlich der Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit sowie der Stimmung
beeinträchtigt. Neben dem häufig für die Betroffenen erheblichen Leidensdruck, der
durch eine Insomnie verursacht wird, haben Ein- und Durchschlafstörungen auch
enorme ökonomische Folgekosten (Cochran, 2003). Léger, Massuel, Metlaine et al.
(2006) untersuchten beispielsweise die durch Krankheit bedingte Abwesenheit am
Arbeitsplatz und fanden heraus, dass Personen mit einer Insomnie doppelt so viele
Fehltage sowie eine geringere Arbeitseffizienz als Personen mit gesundem Schlaf
aufwiesen. Die zugleich untersuchte Unfallwahrscheinlichkeit im Straßenverkehr war
bei Personen mit einer Insomnie ebenfalls höher. Insomnien verlaufen zudem häufig
chronisch und erhöhen das Risiko an einer Depression zu erkranken (Ford & Kamerow,
1
Betrachtet wurde das Symptom „unerholsamer Schlaf“; s. hierzu Fischer, Mayer, Peter,
Riemann & Sitter (2001) sowie Riemann, Peter, Fischer & Mayer (2002).
1
1989; Livingston, Blizard & Mann, 1993). Schließlich ist auch die Lebensqualität durch
eine Insomnie deutlich reduziert (Léger et al., 2001).
In vielen der bis jetzt veröffentlichten epidemiologischen Studien wird der Begriff
Insomnie genutzt, um ein Symptom zu beschreiben, dass als Folge jeder
psychiatrischen Störung oder organischen Erkrankung auftreten, oder die Konsequenz
der Einnahme von Medikamenten, Drogen und Alkohol sein kann. Dieser „sekundären
Insomnie“ 2 steht die „primäre Insomnie“ gegenüber (s. hierzu auch Billiard & Bentley,
2004). Die primäre Insomnie ist definiert als Beschwerde, bei der Ein- und/oder
Durchschlafstörungen
oder
unerholsamer
Schlaf
im
Vordergrund
stehen,
die
mindestens einen Monat andauern und klinisch bedeutsame Beeinträchtigungen im
sozialen und beruflichen Bereich sowie anderen wichtigen Funktionsbereichen
hervorrufen, und nicht in Zusammenhang stehen mit einer anderen Erkrankung.
Es existiert eine Fülle von Studien zu Insomnien im Allgemeinen, häufig fehlt aber o.g.
Unterscheidung zwischen der Insomnie als Symptom bzw. Erkrankung. Des weiteren
unterscheiden sich die Studien in der genauen Beschreibung ihres Patientenguts („poor
sleepers“
bzw.
„insomniacs“).
Neben
der
Schlaf-Anamnese
nach
gängigen
Klassifikationssystemen werden in diesen Untersuchungen teilweise Fragebögen sowie
Schlaftagebücher eingesetzt. Gängig ist auch der Einsatz von „Home-monitoring“ 3 bzw.
Aktometrie 4 .
Werden
durchgeführt,
fehlen
Schlaflaboruntersuchungen
z.T. wichtige
Informationen
mittels
zur
Polysomnographie
Medikamenteneinnahme.
Schließlich wird der Vergleich dieser Studien dadurch erschwert, dass die (z. T. sehr
kleinen) Stichprobengrößen der untersuchten Personen stark schwanken und eine
Angleichung nach Alter- und Geschlecht häufig nicht erfolgt.
Das Ausmaß polysomnographischer Unterschiede zwischen Insomnie-Patienten und
gesunden Kontrollen ist laut bisheriger Forschung nicht besonders eindrucksvoll. Vor
dem Hintergrund der sehr heterogenen Untersuchungscharakteristika bleibt allerdings
offen, inwiefern diese Befunde als allgemeingültig einzustufen sind. Es sind daher
Studien
notwendig,
die
die
o.g.
Gesichtspunkte
berücksichtigen,
um
eine
Vergleichbarkeit zukünftiger Forschungsbefunde und ihre Allgemeingültigkeit zu
sichern.
2
In neuerer Literatur wird der Begriff “komorbide Insomnie” vorgeschlagen (Vgontzas, 2005).
In der gewohnten Schlafumgebung durchgeführte Untersuchung des Nachtschlafs mittels
tragbaren Geräten.
4
Zumeist am Handgelenk getragene Aktivitätsmessgeräte, die unter gewöhnlichen
Lebensbedingungen das Schlaf/Wachverhalten objektivieren.
3
2
In den folgenden Kapiteln wird zunächst ein Überblick über Schlafstörungen im
Allgemeinen gegeben und schrittweise näher auf das Störungsbild der Insomnien
eingegangen. Neben differentialdiagnostischen Aspekten wird die Diagnose primäre
Insomnie hinsichtlich ihrer Symptomatologie und Ätiopathogenese eingegrenzt. Ein
weiteres Kapitel widmet sich den Forschungsbefunden, die auf diesem Gebiet bisher
existieren. Es werden soziodemographische, psychometrische, pathophysiologische und
polysomnographische Befunde sowie spezielle Phänomene der Insomnien aufgezeigt.
Im Kapitel angewandter Methoden wird zunächst ein Einblick in den Ablauf einer
Routine-Schlaflabor-Untersuchung
der
Psychiatrischen
Universitätsklinik
Freiburg
gegeben, so dass die Erhebung der vorliegenden Daten verständlich wird. Nach der
Beschreibung statistischer Begebenheiten folgt die Darstellung der Ergebnisse. Im
Rahmen der daran anschließenden Diskussion werden diese Resultate interpretiert. Die
Arbeit schließt mit einem Ausblick auf zukünftige Forschung auf diesem Gebiet.
3
2 Theoretischer und empirischer Hintergrund
Im folgenden soll nach einer Einteilung der Schlafstörungen im Allgemeinen näher
auf das Störungsbild der „Primären/Nichtorganischen Insomnie“ eingegangen
werden. Nach einer eingehenden Definition folgt eine Darstellung ätiologischer
sowie epidemiologischer Charakteristika. Einer Beschreibung der diagnostischen
Besonderheiten
folgen
bisherige
psychologische
sowie
biologische
Forschungsbefunde bei Insomnie-Patienten, vor allem im Vergleich zu gesunden
Kontrollprobanden.
2.1 Allgemeine Einteilung von Schlafstörungen
Grundsätzlich versteht man umgangssprachlich unter einer Schlafstörung eine
Beeinträchtigung des Nachtschlafs, also eine „Insomnie“. Die Schlafmedizin hat jedoch
in
den
letzten
Jahren
einen
enormen
Aufschwung
genommen.
Unter
den
Schlafspezialisten werden inzwischen unter Schlafstörungen nicht nur die Insomnien,
sondern auch die Hypersomnien, Parasomnien sowie Störungen des Schlaf-WachRhythmus verstanden.
Die Insomnien zeigen als Leitsymptome Ein- oder Durchschlafstörungen oder eine
gestörte Schlafqualität. Im Gegensatz dazu gehen Hypersomnien mit einer exzessiven
Tagesschläfrigkeit, verlängerten Schlafperiode und erschwerten Erweckbarkeit einher.
Parasomnien sind während des Schlafs oder an der Schlaf-Wach-Schwelle meist
episodisch auftretende Ereignisse (z. B. Schlafwandeln), wobei der Patient – sofern er
die Störung überhaupt bewusst wahrnimmt – über das Ereignis selbst und nicht über
dessen Einfluss auf den Schlaf klagt. Bei der Störung des Schlaf-Wach-Rhythmus ist
der Schlaf selbst normal. Allerdings ist der periodische Wechsel von Wachen und
Schlafen innerhalb des 24-Stunden-Tages nicht synchron zum gewünschten – meist
gesellschaftlich geforderten – Schlaf-Wach-Muster.
Die ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen; WHO, 2000) sowie
das DSM-IV (Diagnostic and Statistical Manual of the American Psychiatric Association,
1994) beziehen beide in einem ausführlichen Teil ein Klassifikationsschema von
Schlafstörungen
mit
ein.
Allerdings
sind
beide
Systeme
schwer
miteinander
vergleichbar, da sie verschiedenen Klassifikationsprinzipien folgen.
4
Die ICD-10 bietet eine Orientierungshilfe zur diagnostischen Einteilung, die das oben
genannte vereinfachte Einteilungsmuster verlässt und nach „organischen“ bzw. „nichtorganischen Schlafstörungen“ differenziert. Diese historisch bedingte Gliederung
ermöglicht dem Nicht-Spezialisten zumindest die Diagnosestellung der wesentlichen
Formen
von
Schlafstörungen.
Das
DSM-IV
unterscheidet
die
„primären
Schlafstörungen“, die „Schlafstörungen im Rahmen einer psychiatrischen Erkrankung“
und „andere Schlafstörungen“. Mit der ICSD-2 (International Classification of Sleep
Disorders, revised) der American Academy of Sleep Medicine (AASM, 2005) ist eine
umfassende,
primär
ätiologischen
Gesichtspunkten
folgende
Einteilung
für
Schlafexperten geschaffen worden. Sie bietet für den Schlafspezialisten insgesamt 88
Krankheitsbilder und klassifiziert die Schlafstörungen in „Dyssomnien“, „Parasomnien“,
„Schlafstörungen bei körperlichen/psychiatrischen Erkrankungen“ und „vorgeschlagene
Schlafstörungen“.
Der
Hauptgegenstand
der
vorliegenden
Arbeit
ist
die
Untersuchung
jener
Insomnieform, die weder auf eine organische noch eine psychiatrische Ursache
zurückzuführen ist. Im ICD-10 wird diese als „nichtorganische Insomnie“ (F51.0)
klassifiziert. Das DSM-IV benennt diese Störung als „primäre Insomnie“ (307.42). In
der ICSD-2 werden die nicht-organische bzw. primäre Insomnie unter den sog.
„Dyssomnien“ in weitere Subgruppen differenziert. Hier wäre vor allem die
„psychophysiologische Insomnie“ zu nennen, bei der ein erhöhtes Arousal, körperliche
Anspannung sowie gelernte schlafverhindernde Assoziationen diskutiert werden, die zu
Beschwerden einer Insomnie und damit verbundener verminderter Leistungsfähigkeit
während des Wachzustandes führt. Edinger und Mitglieder der Arbeitsgruppe AASM
(2004) weisen allerdings darauf hin, dass die primäre Insomnie laut DSM-IV aufgrund
ihrer
eher
„globalen
Natur“
mehrere
der
ICSD-2
Subtypen
vereint:
die
psychophysiologische Insomnie (307.42-0), die idiopathische Insomnie (307.49-1) und
die Fehlbeurteilung des Schlafzustandes (780.52-7).
2.2 Die Insomnien: differentialdiagnostische Aspekte
Unter Insomnie, der am häufigsten vorkommenden Form einer Schlafstörung, versteht
man im eigentlichen Sinne des Wortes komplette Schlaflosigkeit. Gemeint sind
allerdings meist nur graduelle Störungen der Schlafqualität, also „Hyposomnien“. Im
klinischen Sprachgebrauch werden darunter Ein- und/oder Durchschlafstörungen,
5
frühmorgendliches
Beeinträchtigungen
Erwachen,
der
unerholsamer
Tagesbefindlichkeit
Schlaf
und
wie
etwa
damit
assoziierte
Leistungs-
und
Konzentrationsstörungen sowie erhöhte Tagesmüdigkeit verstanden.
Die Differentialdiagnostik der Insomnien ist daher ursachenorientiert und dient dazu,
das Beschwerdebild Schlaflosigkeit bestimmten, möglicherweise ursächlichen Faktoren
zuzuordnen. Vorrangig zu nennen sind hier psychische Störungen, organische
Erkrankungen sowie die Einnahme psychoaktiver Substanzen.
2.2.1 Insomnien im Rahmen psychischer Erkrankungen
Die meisten psychischen Störungen, insbesondere die Depression, können zu massiven
Beeinträchtigungen des Schlafs führen (Riemann, Schnitzler, Hohagen & Berger, 1994;
Riemann, 1999; Riemann, Berger & Voderholzer, 2001; Rocha et al., 2005). Aber auch
andere Formen affektiver Erkrankungen (Schizophrenien, Angststörungen, dementielle
Erkrankungen,
Essstörungen,
Alkoholismus,
Borderline-Störung)
können
zu
Beeinträchtigungen der Schlafkontinuität (d.h. zu Ein- und Durchschlafstörungen) bzw.
frühmorgendlichem Erwachen führen (Berger & Steiger, 1992; Hajak & Rüther, 1995).
Zudem
kann
es
im
Rahmen
dieser
Erkrankungen
häufig
zu
massiven
Beeinträchtigungen des Tiefschlafs bzw. der REM 5 -Schlaf-Regulation kommen. Eine
ausführliche Exploration im Hinblick auf psychische Störungen ist daher unumgänglich.
Eine wichtige, in diesem Zusammenhang häufig diskutierte Frage ist, ob nicht nur
Insomnien als Folge, bzw. Symptome einer depressiven Erkrankung auftreten, sondern
auch ein umgekehrter Zusammenhang möglich ist. Einen Überblick über mehrere neue
Studien zu diesem Aspekt geben Riemann und Berger (1998) sowie Riemann und
Voderholzer (2002, 2003).
2.2.2 Insomnien im Rahmen organischer Erkrankungen
Eine Beeinträchtigung des Schlafs durch organische Erkrankungen ist auf mehreren
Ebenen vorstellbar. Einerseits können organische Grunderkrankungen zu einer
Veränderung der Schlafregulation führen (bei Patienten mit Niereninsuffizienz kann es
z. B. zu einer gehäuften Anzahl nächtlicher periodischer Beinbewegungen kommen; s.
hierzu Voderholzer & Hornyak, 1998). Andererseits führen mit den Erkrankungen
5
REM = rapid eye movement
6
einhergehende
Ängste
oder
Sorgen
zu
einer
psychologischen
Folge
der
Grunderkrankung und massiven Störung des Nachtschlafs. Zudem beeinträchtigen viele
aufgrund der organischen Erkrankung verschriebene Medikamente ihrerseits den Schlaf
(s. u.). Eine Auswahl der wichtigsten Krankheitsbilder, die die Schlafqualität deutlich
stören können, sind:
•
Endokrinologische Erkrankungen
•
Chronischer Schmerz
•
Chronische Nierenerkrankungen
•
Herz-Kreislauf-Erkrankungen
•
Epilepsien
•
Polyneuropathien
•
Maligne Erkrankungen und chronische Infektionen
(Eine ausführlichere Auswahl und Beschreibung organisch bedingter Schlafstörungen
findet sich bei Faust und Hole, 1991).
2.2.3 Insomnien als Folge zentral wirksamer Substanzen
Die Symptome einer Insomnie können des Weiteren als Nebenwirkung vieler zentral
wirksamer Substanzen auftreten. Hierbei handelt es sich oftmals nicht nur um ärztlich
verordnete Medikamente zur Behandlung einer Grunderkrankung, sondern auch um die
gängigen Suchtmittel wie Alkohol und Drogen. Folgende zentralnervös wirksame
Substanzen können als Nebenwirkung Schlafbeschwerden auslösen (nach Backhaus &
Riemann, 1999):
•
Hypnotika 6 (Benzodiazepine) → Rebound-Insomnie 7 /Hangover
•
Antihypertensiva (β-Blocker), Asthma-Medikamente (Theophyllin)
•
Hormonpräparate (Thyroxin, Steroide)
•
Antibiotika
•
Nootropika (Piracetam)
•
Diuretika
•
Antriebssteigernde Antidepressiva (MAO-Hemmer, Serotonin-WiederaufnahmeHemmer)
6
s. hierzu auch Borbély, 1992.
Die Schlafqualität verschlechtert sich als Folge des Absetzens eines Medikamentes und ist
dann noch schlechter als zu Beginn der Medikamenteneinnahme; s. hierzu Kales, Soldatos,
Bixler & Kales, 1983.
7
7
•
Alkohol, Drogen
•
Stimulierende Substanzen (Koffein sowie synthetische Substanzen, z. B.
Amphetamine)
2.3 Die nichtorganische/primäre Insomnie
Können eine organische bzw. psychische Störung sowie die Einnahme zentral
wirksamer Substanzen oder eine Substanzabhängigkeit als mögliche Ursachen
ausgeschlossen werden, so ist anzunehmen, dass es sich bei einer Schlafstörung um
eine nichtorganische/primäre Insomnie handelt. In Abbildung 1 sind die fast
deckungsgleichen operationalisierten Diagnosekriterien nach DSM-IV und ICD-10 für
die primäre bzw. nichtorganische Insomnie dargestellt. Im folgenden werden die
Begriffe nichtorganisch bzw. primär daher synonym verwendet.
A) Die
vorherrschende
Beschwerde
besteht
in
Durchschlafschwierigkeiten oder nicht erholsamem
mindestens einen Monat.
Einoder
Schlaf für
B) Die Schlafstörung (oder damit assoziierte Tagesmüdigkeit) führt zu
klinisch signifikantem Leiden oder Beeinträchtigungen in sozialen,
beruflichen oder anderen wichtigen Funktionsbereichen.
C) Die Schlafstörungen sind nicht ausschließlich zurückzuführen auf eine
Narkolepsie, atmungsgebundene Schlafstörung, Schlafstörung mit
Störung des zirkadianen Rhythmus oder eine Parasomnie.
D) Die Schlafstörung ist nicht primär zurückzuführen auf eine
psychiatrische Erkrankung (z. B. Major Depression, generalisierte
Angststörung, Demenz, etc.).
E) Die Schlafstörung ist nicht direkt auf die Wirkung einer Substanz
(Droge, Medikament) oder eine medizinische Erkrankung
zurückzuführen.
Abb. 1: Diagnosekriterien für primäre Insomnien nach DSM-IV
8
2.3.1 Symptomatologie
Patienten mit nichtorganischer Insomnie klagen über Störungen des Ein- und/oder
Durchschlafens, frühmorgendliches Erwachen, eine schlechte Schlafqualität mit
unerholsamem Schlaf und Beeinträchtigungen der Tagesbefindlichkeit durch erhöhte
Müdigkeit,
Konzentrationsstörungen,
Reizbarkeit
und
Stimmungschwankungen.
Nächtliches Wachliegen kann von kognitiver Überaktivität mit Problemgrübeln,
Gedankenkreisen, pausenlos einschießenden und dabei thematisch wechselnden
Gedankenbildern sowie Verarbeitungs- und Planungsgedanken begleitet sein, welche
Inhalte der vergangenen und kommenden Tage betreffen (Kales et al., 1984; Sanavio,
1988). Eine emotionale Beteiligung zeigt sich überwiegend in Ärger und Verzweiflung
über den gestörten Schlaf, Angst oder Niedergeschlagenheit und spiegelt, wie manche
kognitiven
Inhalte
(z.B.
Zukunftssorgen,
Perspektivelosigkeit)
den
psychopathologischen Befund einer zugrunde liegenden psychiatrischen Erkrankung
wider.
Körperliche Beschwerden können im Rahmen einer vegetativen Überaktivität (z. B.
Anspannung, Unruhe, Herzklopfen, Tachykardien, Schwitzen) oder als Symptome einer
körperlichen Erkrankung auftreten (z. B. Schmerzen, Atemnot, unruhige Beine). Auf
physiologischer Ebene zeigen sich eine erhöhte Körpertemperatur, eine Zunahme der
Frontalis-EMG 8 -Aktivität, ein beschleunigter Puls und ein verringerter Hautwiderstand.
Des Weiteren zeigt sich ein erhöhter Sauerstoffverbrauch, der als Indikator einer
gesteigerten Stoffwechselumsatzrate gewertet wird (Monroe, 1967; Freedman &
Sattler, 1982; Adam, Tomeny & Oswald, 1986; Bonnet & Arand, 1998). Viele Patienten
zeigen im Persönlichkeitstest Auffälligkeiten, z. B. erhöhte Werte für Depressivität,
Hypochondrie und Ängstlichkeit, selbst wenn sie nicht an einer entsprechenden
psychiatrischen Störung leiden (Coursey, Buchsbaum & Frankel, 1975; Engel & EngelSittenfeld, 1980; Kales, Caldwell, Soldatos, Bixler & Kales, 1983). Charakteristische
Leitsymptome zeigen vor allem die Patienten mit einer chronifizierten Form der
nichtorganischen Insomnie (s. Abbildung 2; nach Hajak, 2001).
8
EMG = Elektromyogramm: elektrische Muskelspannung
9
STÖRUNGEN DES SCHLAFES
GESTÖRTE TAGESBEFINDLICHKEIT
X Einschlafschwierigkeiten
X Pathologische Müdigkeit
X Häufiges Kurzerwachen
X Innere Erregung
X Lange Wachphasen
X Allgemeines Unwohlsein
X Früherwachen
X Konzentrationsbeschwerden
X Unruhiger, flacher Schlaf
X Leistungsschwäche
X Unerholsamer Schlaf
X Reizbarkeit
X Geistige Überaktivität
X Stimmungstief
X Körperliche Erregung, Anspannung
X Versagensängste
X Vegetative Überaktivität
X Muskelschmerzen
X Morgendliche Anlaufschwäche
X Angst vor der Nacht
X Verminderte Kraftreserve
X Überwiegendes Beschäftigtsein
mit der Störung
Abb.2: Leitsymptome der „nichtorganischen“, „primären“ Insomnie
2.3.2 Ätiopathogenese
Die Entstehung der nichtorganischen Insomnie wird als Folge bzw. Wechselwirkung
eines erhöhten Erregungszustandes während der Erfahrung eines gestörten Schlafes
gesehen. Die unter 2.3.1 genannten symptomatologischen Besonderheiten auf
physiologischer Ebene führten bei den Überlegungen zur Entstehung der Insomnien
zum so genannten „Hyperarousal-Konzept“ (s. z.B. Bonnet & Arand, 1997). Dieses
gesteigerte physiologische Aktivierungsniveau ist inkompatibel mit Schlaf und
Entspannung und wird deswegen als der „zentrale Faktor“ der Insomnie angesehen
(Riemann & Backhaus, 1996). Für dieses Konzept spricht, dass jene Patienten trotz
subjektiv empfundenen schlechten Nachtschlafs am Tag zwar starke Müdigkeit bzw.
Erschöpftheit empfinden, aber in der Regel tagsüber trotzdem nicht schneller
einschlafen können als Gesunde. Des Weiteren konnte durch eine Studie von Nicassio,
Mendlowitz, Fussell & Petras (1985) gezeigt werden, dass Insomnie-Patienten nach
10
einer Befragung bzgl. subjektiver und körperlicher Empfindungen ein signifikant
höheres körperliches Aktivierungsniveau während des Einschlafens empfanden als
Personen ohne Schlafstörung.
Weitere mögliche Faktoren, die einen gestörten Schlaf nicht nur verursachen, sondern
auch aufrechterhalten können, wie z. B. Lernvorgänge bzw. Konditionierungsprozesse
(Kazarian, Howe, Merskey & Deinum, 1978; Hauri & Fisher, 1986; Bootzin, Epstein &
Wood,
1991),
dysfunktionale
Verhaltensweisen
sowie
fehlende
oder
falsche
Informationen über Schlaf und Schlafhygiene, Persönlichkeitsfaktoren und kognitive
Faktoren (s. 2.3.1), wurden in den letzten beiden Jahrzehnten von verschiedenen
Autoren in komplexen Modellen zur Genese und Aufrechterhaltung von Insomnien
integriert (s. z. B. das Mikroanalytische Modell von Morin, 1993). Backhaus & Riemann
(1999) haben ein erweitertes kognitiv-behaviorales Modell vorgelegt, das die
verschiedenen aufrechterhaltenden Faktoren einer Insomnie integriert (s. Abb. 3):
Kognitionen
Emotionen
• Grübeln
• Sorgen um den Schlaf
• Mythen
• negative Attributionen
auf die Schlafstörung
• Ärger und Wut über
die Schlafstörung
• Furcht vor den
Konsequenzen
der Schlafstörung
Physiologische
Aktivierung
Ein- und
Durchschlafstörungen
• z.B. motorische
Anspannung,
Herzklopfen
Wahrnehmung
des Schlafs
• Fokussierung
der Aufmerksamkeit
auf den Schlaf
• Überschätzung
der Einschlaf- und
Wachliegedauer
• Unterschätzung der
Schlafdauer
Ungünstige
Selbsttherapieversuche
• Langfristige Medikamenteneinnahme mit
Absetzversuchen und
Reboundinsomnie
• Einsatz von Alkohol
als Schlafmittel
Tagesbeeinträchtigungen
• Müdigkeit, Erschöpftheit
• sinkende Stimmung
• Verminderung in Leistungsund Konzentrationsfähigkeit
• Einschränkung sozialer
Aktivitäten
Dysfunktionale
Schlafgewohnheiten
• Lange Bettzeiten,
langes Wachliegen
im Bett
• unregelmäßiger
Schlaf-Wach-Rhythmus
• Tagesschlaf
Abb. 3: Psychophysiologisches Bedingungsmodell der primären Insomnie
(nach Backhaus & Riemann, 1999)
11
Modellhaft führen bei der nichtorganischen Insomnie erst akute Belastungsfaktoren,
dann tägliche Belastungen zu einem erhöhten emotionalen und vegetativen
Erregungsniveau. Konsequenzen der Insomnie wie Leistungseinbußen lösen Angst vor
anhaltenden Schlafstörungen aus. Eine hohe Variabilität des Schlafvermögens, die
Unvorhersagbarkeit der Schlafqualität und eine unrealistische Erwartung bezüglich des
Schlafbedarfs
vermitteln
dem
Patienten
zudem
den
Eindruck
vollkommener
Hilflosigkeit, eines Ausgeliefertseins, eines Versagens und erhöhen somit das
Angstniveau. Dies bedingt das Entstehen von Circuli vitiosi (s. Abb. 4). Die Angst vor
dem
Nichteinschlafenkönnen
erzeugt
eine
erhöhte
Erregungsbereitschaft
und
vegetative Labilisierung und damit wieder eine Schlafstörung. Der Missbrauch von
Alkohol und Schlafmitteln kann die vegetative Labilisierung verstärken. Nach einer
längeren Krankheitsphase veranlassen Müdigkeit und Leistungsschwäche am Tage die
Patienten den Schlaf aktiv erzwingen zu wollen. Dieses verzweifelte und angespannte
Suchen des Schlafs erhöht das autonome Arousal und läuft der gewünschten
schlaffördernden Entspannung und Reduktion des Vigilanzzustandes entgegen.
Persönlichkeitsdisposition
belastende
Lebensereignisse
Schlafmittel/
Alkoholmißbrauch
Angst vor
Schlaflosigkeit
„Erzwingen“
des Schlafes
erhöhtes Erregungsniveau
vegetative Labilisierung
Schlafstörungen
subjektive
Leistungseinbußen
durch Müdigkeit
Schlafstörungen
Abbildung 4: Circuli vitiosi bei chronischer Insomnie
(nach Hajak, Rüther & Hauri, 1992)
Zusammenfassend
lässt
sich
sagen,
dass
zur
Erklärung
der
Genese
einer
nichtorganischen Insomnie verschiedene „Problembereiche“ herangezogen werden
(Kognitionen,
Emotionen,
physiologische
Aktivierung,
Tagesbeeinträchtigungen,
12
Wahrnehmung des Schlafs, ungünstige Selbsttherapieversuche sowie dysfunktionale
Schlafgewohnheiten). Häufig können jedoch nicht alle der genannten Faktoren bei
einem schlafgestörten Patienten simultan festgemacht werden. Es ist jedoch davon
auszugehen, dass in der Regel mehrere der Komponenten aus dem vorgeschlagenen
Modell bei fast jedem Patienten mit einer nichtorganischen Insomnie eine Rolle spielen.
Durch eine genaue Verhaltensanalyse (s. hierzu z.B. Sulz, 2000) kann geprüft werden,
inwiefern beim individuellen Patienten die unterschiedlichen Faktoren eine Rolle bei der
Aufrechterhaltung und Entstehung einer Insomnie spielen.
2.4 Bisherige Forschungsbefunde bei Insomnien
Die vorliegende Untersuchung befasst sich mit der Frage nach psychobiologischen
Besonderheiten bei Patienten mit nichtorganischen/primären Insomnien. Wie bereits
eingangs erwähnt, gibt es eine Fülle von Untersuchungen über Insomnien im
Allgemeinen, ohne dass immer eine eindeutige Zuordnung in „sekundäre“ bzw.
„primäre“ Insomnien unternommen wird. Die folgenden Unterkapitel befassen sich mit
soziodemographischen,
psychometrischen,
pathophysiologischen
und
polysomnographischen Unterschieden zwischen Insomnie-Patienten und Personen
ohne Schlafstörungen. Auch in den im folgenden erwähnten Studien wird jedoch eine
nähere Spezifizierung von primär bzw. sekundär oft nicht vorgenommen, worauf hier
vorsorglich hingewiesen wird. Ein direkter Bezug zur nichtorganischen/primären
Insomnie lässt sich also nur unter Einschränkung vornehmen.
2.4.1 Soziodemographische Befunde
2.4.1.1 Geschlecht
Wie
in
der
Einleitung
bereits
ausgeführt,
weisen
die
Ergebnisse
vieler
epidemiologischer Studien aus den letzten beiden Jahrzehnten darauf hin, dass
Insomnien ein sehr häufiges Gesundheitsproblem darstellen. Ein Überwiegen des
weiblichen Geschlechts unter den Betroffenen konnte jüngst erneut in einer MetaAnalyse von Zhang & Wing (2006) bestätigt werden. In einer Mannheimer
Allgemeinarztstudie (Hohagen et al., 1993), in der an insgesamt 2512 Patienten im
Alter von 18-65 Jahren Personenmerkmale erfasst wurden, zeigte sich ebenso, dass
Frauen
häufiger
als
Männer
aufgrund
eines
Schlafproblems
ihren
Hausarzt
konsultierten (22% der Frauen vs. 15 % der Männer). Die Unterschiede in der
Schlafqualität
betrafen
allerdings
nur
Einschlafstörungen,
nicht
hingegen
die
13
Schlafdauer, Durchschlafstörungen oder Früherwachen. Als mögliche Ursachen für ein
Überwiegen des weiblichen Geschlechts unter den Patienten mit Schlafbeschwerden
diskutieren die Autoren eine erhöhte Belastung unter Frauen. Diese gaben bei
Nachfrage häufiger als Männer an, sich durch Krankheit oder Konflikte im
Zusammenhang mit Bezugspersonen sowie durch Beruf und Haushalt überfordert zu
fühlen. Befragt, worin sie die Gründe ihrer Schlafstörung sehen, gaben hingegen
Männer in weit höherem Maße vor allem berufliche Probleme an.
Auch frühere Studien zu diesem Aspekt ergaben eine Häufung von Schlafproblemen
unter Frauen im Gegensatz zu Männern (Lavie, 1981; Karacan, Thornby & Williams,
1983; Welstein, Dement, Redington, Guilleminault & Mitler, 1983; Mellinger, Balter &
Uhlenhuth, 1985; Liljenberg, Almoqvist, Hetta, Ross & Agren, 1988). Dies verwundert
vor dem Hintergrund der Tatsache, dass Ergebnisse aus polysomnographischen
Untersuchungen oft ein anderes Bild zeichnen. Hierbei zeigt sich vor allem ein
Rückgang des Tiefschlafs mit zunehmendem Alter bei Männern (Dijk, Beersma &
Bloem, 1989; Mourtazaev, Kemp, Zwinderman & Kamphuisen, 1989). Roehrs, Kapke,
Roth & Breslau (2006) nennen als mögliche Ursache hierfür, dass Männer auch
häufiger an nächtlichen Atmungsstörungen leiden. In ihrer eigenen Studie an 283
gesunden Probanden im Alter von 31 – 40 Jahren (34 % Männer) zeigte sich jedoch
auch nach Korrektur um schlafbezogene Atmungsstörungen ein signifikant höherer
Leichtschlafanteil (Stadium 1) sowie eine signifikant geringere Schlafeffizienz bei
Männern.
In
einer
eigenen
durchgeführten
Untersuchung
an
Patienten
mit
nichtorganischer Insomnie wurden neben objektiven (polysomnographischen) auch
subjektive (psychometrische) Schlafmaße untersucht. Es zeigten sich jedoch keinerlei
Geschlechtsunterschiede hinsichtlich des physiologischen Schlafs einerseits oder der
subjektiven Einschätzung der Schlafqualität andererseits (Voderholzer, Al-Shajlawi,
Weske, Feige & Riemann, 2003).
2.4.1.2 Alter
Altersbedingte Veränderungen des Schlafs bei Gesunden zeigen sich zum einen in
einem Rückgang des Tiefschlaf- und REM-Schlafanteils, der vor allem bei Männern
mittleren Alters zu beobachten ist (Ehlers & Kupfer, 1997). Des weiteren fanden
Nicolas, Petit, Rompré und Montplaisier (2001) beim Vergleich von Gesunden, die
zuvor in sechs Altersgruppen unterteilt worden waren, einen altersbedingten Rückgang
der Gesamtschlafzeit, Schlafeffizienz und des Tiefschlafs. Zusätzlich nahmen Stadium
14
1% und 2% mit steigendem Alter zu. Der prozentuale REM-Schlafanteil blieb über alle
Altersgruppen hinweg stabil. Van Cauter, Leproult und Plat (2000) ermittelten einen
Anstieg des Cortisol-Levels mit zunehmendem Alter. Dieser wurde mit einem Rückgang
des REM-Schlafs und stärkerer Schlaf-Fragmentierung in Verbindung gesetzt. Allerdings
wurde dieser Zusammenhang nur bei Personen mit mehr als 50 Jahren signifikant. In
einer Meta-Analyse von Ohayon, Carskadon, Guilleminault und Vitiello (2004) wurden
altersabhängige Veränderungen des polysomnographisch gemessenen Schlafs über das
Lebensalter hinweg untersucht. Es zeigte sich bei den Erwachsenen, dass Werte für die
Gesamtschlafzeit, Schlafeffizienz, den Tiefschlaf- und REM-Schlaf-Anteil sowie die REMLatenz signifikant mit dem Alter absanken, derweil die Einschlaflatenz, der Anteil des
Stadiums 1, 2 bzw. der Wachanteil mit zunehmendem Alter anstiegen. Allerdings sank
lediglich die Schlafeffizienz nach dem Alter von 60 Jahren weiter signifikant ab.
Einschränkend muss jedoch hinzugefügt werden, dass die Effektstärken sich änderten,
je nachdem, ob im Vorfeld ein Screening der Studienteilnehmer (hinsichtlich seelischer
Störungen, organischer Krankheiten, Gebrauch von Drogen oder Alkohol, obstruktivem
Schlaf-Apnoe-Syndrom sowie anderer Schlafstörungen) stattgefunden hatte.
In vielen Untersuchungen wurde bisher nachgewiesen, dass auch Störungen des
Schlafs mit steigendem Alter zunehmen (Bixler et al. 1979; Lavie, 1981; Webb, 1982,
1989; Karacan et al., 1983; Lugaresi, Zucconi & Bixler 1987; Mniszek, 1988; Prinz,
Vitiello, Raskind & Thorpy, 1990; Monane, 1992; Bliwise, 1993; Sanner, Sturm &
Doberauer; 1999). In der bereits erwähnten Mannheimer Allgemeinarztstudie, bei der
die Patienten zuvor in drei Altersgruppen unterteilt worden waren, zeigte sich, dass die
älteste Gruppe (51 - 65 Jahre) am häufigsten und die jüngste (18 – 35 Jahre) am
seltensten Schlafstörungen angab. Die Gruppe der jüngeren Patienten hatte seltener
eine verkürzte Schlafdauer sowie weniger Ein- und Durchschlafstörungen. Eine
mögliche Ursache für die Häufung von Schlafproblemen in der ältesten Gruppe sehen
die Autoren in (chronischen) Erkrankungen und Belastungen durch Krankheiten bei
nahen Bezugspersonen. In der mittleren Altersgruppe hingegen waren eher berufliche
Probleme relevant.
Des Weiteren konnte ausgeschlossen werden, dass die älteste Gruppe lediglich mehr
Stressoren ausgesetzt war als die jüngere Gruppe - eher das Gegenteil war der Fall.
Vielmehr schienen verschiedene Altersgruppen unterschiedliche Schwerpunkte in der
Art der Belastung aufzuweisen. Nach der vermuteten Ursache ihrer Schlafbeschwerden
15
befragt, gaben gerade die älteren Patienten ihre chronischen Erkrankungen und damit
einhergehende Schmerzzustände bzw. Sorgen bzgl. der eigenen körperlichen
Konstitution an. Dass das Alter jedoch nicht grundsätzlich einen Rückgang der
Schlafqualität zur Folge haben muss, zeigten Bliwise, King, Harris und Haskell (1992).
In ihrer Studie untersuchten sie die Prävalenz von Schlafstörungen bei Personen im
Alter von 50 – 65 Jahren, nachdem diese gründlich medizinisch untersucht und
gesundheitliche Probleme ausgeschlossen wurden. Das Auftreten von Ein- und
Durchschlafstörungen sowie die Einnahme von Hypnotika waren in dieser untersuchten
Stichprobe konsistent niedriger im Vergleich zu Studienteilnehmern ähnlichen Alters
aus anderen Untersuchungen.
2.4.1.3 Familienstand, berufliche Situation und Ausbildungsstand
Der Zusammenhang zwischen dem Familienstand und Schlafproblemen wird in vielen
Studien
kaum
berücksichtigt.
Karacan
et
al.
(1976)
fanden
heraus,
dass
Schlafstörungen bei Ledigen und Verheirateten seltener auftreten als bei Geschiedenen
und Verwitweten. Gleichzeitig fanden sie einen deutlichen Alterseinfluss. Die Tatsache,
dass die Gruppe der Ledigen jedoch wahrscheinlich mehr jüngere bzw. die Gruppe der
Verwitweten mehr ältere Probanden enthalten haben könnte, wurde von den Autoren
allerdings nicht berücksichtigt. Angaben zum Durchschnittsalter der jeweiligen
Familienstand-Untergruppen
wurden
im
übrigen
nicht
gemacht.
In
der
Allgemeinarztstudie (Hohagen et al., 1993) zeigte sich bei den Geschiedenen und
Verwitweten eine kürzere Schlafdauer, insgesamt größere Schwierigkeiten beim Einund Durchschlafen sowie frühmorgendliches Erwachen im Vergleich zu Ledigen und
Verheirateten. Einen Zusammenhang sehen die Autoren in der Tatsache, dass 20% der
Geschiedenen unter Depressionen litten bzw. 9% von ihnen unter einer akuten
Belastungssituation. Verwitwete, unter denen sich allerdings auch vorwiegend ältere
Patienten befanden, waren hingegen am stärksten durch eigene Krankheiten und/oder
derer von Angehörigen beeinträchtigt. In derselben Studie konnte gezeigt werden,
dass die Häufigkeit von Schlafstörungen in Zusammenhang mit der beruflichen
Qualifikation steht. Ungelernte Arbeiter (v.a. der Sektor Handel/Dienstleistungen) litten
wesentlich häufiger unter Schlafproblemen als Personen, die in qualifizierten Berufen
arbeiten. In der „San Marino-Studie“ von Lugaresi et al. (1983) zeigte sich eine erhöhte
Rate von Schlafstörungen bei Hausfrauen, die in der Landwirtschaft und Industrie tätig
waren. Auch Bixler et al. (1979) konnte zeigen, dass Schlafstörungen gehäuft bei
16
Personen mit niedrigem Ausbildungsniveau und niedrigem Einkommen vorkommen.
Karacan et al. (1983) fanden die höchste Insomnierate bei Rentnern, die niedrigste bei
Büroberufen. Eine unterschiedliche Prävalenz von Schlafstörungen in Abhängigkeit von
der schulischen Ausbildung konnte in der Allgemeinarztstudie ebenfalls nachgewiesen
werden. Patienten mit Hauptschulabschluss litten häufiger unter Schlafstörungen
(22%) als solche mit Mittlerer Reife (14,5%), Abitur (12%) oder Hochschulabschluss
(13%).
2.4.2 Psychometrische Befunde
Die bei Insomnien zur Verfügung stehenden diagnostischen Instrumente lassen sich
einteilen in Skalen zur subjektiven Beurteilung durch den Patienten oder einen
Beobachter, und in Instrumente zur objektiven Registrierung des Schlafverhaltens und
seiner psychophysischen Parameter (s. Kap. 2.4.4.).
Zur subjektiven Erfassung von Insomnien bei Erwachsenen existiert eine Fülle von
Fragebögen (s. hierzu z. B. Moul, Hall, Pilkonis & Buysse, 2004). Im Gegensatz zur
psychometrischen Erfassung von depressiven Störungen oder Angststörungen gibt es
jedoch im Bereich der Schlafstörungen keine allgemein angewandten diagnostischen
Instrumente, die in allen klinischen Schlafzentren konsistent Anwendung finden und
somit eine Vergleichbarkeit in wissenschaftlicher wie in praxisbezogener Hinsicht
erleichtern
würden.
Universitätsklinik
Im
Freiburg
schlafmedizinischen
kommen
bei
der
Zentrum
der
subjektiven
Psychiatrischen
Beurteilung
der
Schlafbeschwerde folgende Instrumente zum Einsatz: Schlaftagebücher (s. hierzu
exemplarisch Backhaus & Riemann, 1999), der Pittsburgher Schlafqualitätsindex
(Buysse, Reynolds, Monk, Berman & Kupfer, 1989; deutsche Version von Riemann &
Backhaus, 1996), das Beck-Depressions-Inventar (BDI, Beck and Steer, 1987;
deutsche Version von Hautzinger, Bailer, Worall & Keller, 1995), sowie der
Schlaffragebogen SF-A nach Görtelmeyer (1981). Daher sollen diese Instrumente im
folgenden näher erläutert werden, worauf später im Methodik-Kapitel über eingesetzte
Materialien verzichtet wird (einen ausführlichen Überblick über die allgemeine
psychodiagnostische Erfassung von Schlafstörungen gibt im übrigen Schramm, 1992).
17
2.4.2.1 Schlaftagebücher
Ein unverzichtbares Element in der Diagnostik und Therapieverlaufsmessung von
Insomnien sind Schlaftagebücher. Sie sind das in der Schlafforschung und
Schlafmedizin am häufigsten eingesetzte Instrument. Eine wichtige Funktion dieses
diagnostischen Instruments besteht in der regelmäßigen Protokollierung des SchlafWach-Rhythmus. Hierdurch können die vom Patienten oftmals generalisierten
negativen Urteile über den eigenen Schlaf relativiert werden. Das Schlaftagebuch
schärft zudem durch das gleichzeitige Protokollieren von Tagesereignissen den Blick
der Patienten für Zusammenhänge zwischen dem Verhalten während des Tages und
dem Schlaf. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM)
hat deswegen so genannte Abend-Morgenprotokolle als Standardinstrument für den
deutschsprachigen Raum entwickelt. Bei Fischer, Mayer, Peter, Riemann & Sitter
(2002) findet sich im Anhang eine Kurzversion der Abend-Morgenprotokolle mit
zentralen Items des von der DGSM vorgeschlagenen Standardprotokolls.
Obgleich Schlafprotokolle ein unverzichtbares Element in der Diagnostik der Insomnien
darstellen, weisen Wohlgemuth, Edinger, Fins & Sullivan (1999) darauf hin, dass deren
Einsatz jedoch erst durch mehrwöchiges Ausfüllen zeitlich „stabile“ Werte für die
Einschätzung der Schlafkontinuität hervorbringen. Außerdem sollte bei allen Vorteilen,
die Schlaftagebücher mit sich bringen, ebenfalls nicht unbeachtet bleiben, dass
Vergleiche zu objektiven Messungen des Schlafs mittels Polysomnographie oder
Aktometrie, zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen führen können. In einer
eigenen Studie (Al-Shajlawi, Bootzin, Lack & Wright, 1999) zeigte sich beispielsweise
bei der Messung der Einschlaflatenz die höchste Korrelation zwischen Schlaftagebuch
und Aktometrie (r = .492; p = .001). Zusammenhänge zwischen Aktometrie und
Polysomnographie waren dagegen ebenso gering (r = .298; p = .01) wie jene
zwischen Schlaftagebuch und Polysomnographie (r = .270; p = .01). Manche Autoren
vertreten daher häufig die Ansicht, dass wenngleich Schlaftagebücher kein Ersatz für
eine objektive Messmethode darstellen, ihr Nutzen in der Ermittlung der subjektiven
Schlafqualität unzweifelhaft ist (z.B. Brooks, Friedmann, Bliwise & Yesavage, 1993).
2.4.2.2 Der Pittsburgher Schlaf-Qualitäts-Index (PSQI)
Zur generellen differentialdiagnostischen Abklärung wird der PSQI empfohlen. Er
enthält zu allen Bereichen von Schlafstörungen Fragen und erlaubt somit dem
Untersucher beim Erstgespräch eine grobe Orientierung. Er erfasst die Schlafqualität
18
für den Zeitraum der letzten zwei Wochen und umfasst 19 Selbst- sowie fünf
Fremdbeurteilungsfragen, die von einem Partner oder Mitbewohner beurteilt werden
sollen
(z.B.
nächtliches
Schnarchen,
Unruhe
während
des
Schlafs).
Die
Selbstbeurteilungsfragen werden zu Komponenten kombiniert und nach einem
bestimmten Algorithmus zu einem Gesamtwert addiert. Ein PSQI-Gesamtpunktwert von
0 bedeutet keinerlei Schwierigkeiten, der Maximalwert von 21 ausgeprägte und
massive Schlafstörungen. Ein Gesamtwert von mehr als 5 Punkten gilt als auffällig
(Buysse et al., 1989). Im Rahmen einer Untersuchung an psychiatrischen Patienten
fanden Doi et al. (2000) an einer Subgruppe von 14 Patienten mit primärer Insomnie
eine hohe Reliabilität des PSQI (Cronbachs alpha: .77). Backhaus, Junghanns, Brooks,
Riemann & Hohagen (2002) untersuchten an Patienten mit primärer Insomnie weitere
Gütekriterien
und
ermittelten
eine
Test-Retest-Reliabilität
von
.87.
Eine
Validitätsanalyse erbrachte hohe Korrelationen zwischen PSQI und SchlaftagebuchDaten (Schlafdauer: r = .81; p = .000; Einschlaflatenz: r = .71; p = .000). Geringere
signifikante
Zusammenhänge
zeigten
sich
hingegen
im
Vergleich
PSQI
vs.
Polysomnographie.
Eine Normierung im eigentlichen Sinn existiert für den PSQI nicht. Der „Cut-off“-Wert
von 5 geht auf Buysse et al. (1989) zurück. In deren Originalarbeit hatten Patienten
mit Ein- und Durchschlafstörungen einen mittleren PSQI-Gesamtwert von 10.38 ± 4.57
(Range: 2 - 18) im Gegensatz zur gesunden Kontrollgruppe, die einen PSQIGesamtmittelwert von 2.67 ± 1.70 (Range: 0 – 8) aufwies. In der soeben erwähnten
Studie von Backhaus et al. (2002) ergab sich für die Patienten ein PSQIGesamtmittelwert von 12.5 ± 3.8 (gesunde Kontrollgruppe: 3.3 ± 1.8; p = .000). In
der Therapie-Studie von Riemann & Backhaus (1996) zeigte sich bei den
teilnehmenden Insomnie-Patienten zu Therapiebeginn ein PSQI-Gesamtwert von 13.1
(± 3.2) im Gegensatz zu 8.1 (± 2.4) zu Therapieende.
2.4.2.3 Das Beck-Depressions-Inventar (BDI)
Da, wie bereits erläutert, eine Insomnie auch als Symptom einer depressiven
Erkrankung auftreten kann bzw. eine „sekundäre“ Insomnie aus klinischer Erfahrung
nicht selten für Patienten Anlass für das Aufsuchen einer Schlafambulanz ist, erscheint
der Einsatz eines Fragebogens zur Abklärung depressiver Symptome sinnvoll und
notwendig. Das BDI ist ein Selbstbeurteilungsinstrument zur Erfassung der Schwere
depressiver Symptomatik. Jedes der 21 Items wird auf einer vierstufigen Skala
19
hinsichtlich dessen Auftretens während der letzten Woche und dessen Intensität
beurteilt, so dass Summenwerte zwischen 0 und 63 möglich sind. Werte unter 11
dürfen als unauffällig (im normalen Bereich) angesehen werden. Werte zwischen 11
und 17 Punkten weisen auf eine milde bis mäßige Ausprägung depressiver Symptome
hin. Als klinisch relevant gilt der Punktwert von 18 und darüber. Außerdem beinhaltet
das BDI auch zwei „schlaf-relevante“ Items [(P) „Schlafstörungen“ bzw. (Q)
„Ermüdbarkeit“]. Nach Hautzinger et al. (1995) erweist sich das BDI als zuverlässiges,
konsistentes, valides und sensibles Instrument zur Messung der Schwere depressiver
Symptomatik und deren Veränderung durch Behandlungsmaßnahmen. Wie bereits
erwähnt, gehört das BDI nicht zum „Standardrepertoire“ bei der Diagnostik von
Insomnien. Es wird jedoch zur Abklärung des Ursprungs depressiver Symptome nicht
selten von Schlafexperten eingesetzt. In der von Riemann und Backhaus erwähnten
Studie beispielsweise zeigten die Insomnie-Patienten zu Therapiebeginn einen
mittleren BDI-Gesamtwert von 8.1 (± 5.3) im Gegensatz zu 5.3 (± 3.8) zu
Therapieende. In einer Studie von Harvey (2000) bzw. Harvey & Greenall (2003)
zeigten Patienten mit primärer Insomnie hingegen einen durchschnittlichen BDIGesamtwert von 10.3 (± 7.3). Dieser Wert unterschied sich nicht signifikant gegenüber
der gesunden Kontrollgruppe (7.0 ± 6.6). In einer Studie von Edinger et al. (2000)
wurden Patienten mit primärer Insomnie zuvor unterteilt in jene mit rein subjektiven
bzw. jene mit objektiv nachweisbaren Schlafbeschwerden. Hierbei zeigten Patienten
mit rein subjektiven Beschwerden den höheren durchschnittlichen BDI-Gesamtwert von
8.6 (± 5.2) gegenüber jenen Patienten, bei denen die Insomnie objektiv nachgewiesen
werden konnte (6.8 ± 4.0). Bei der gesunden Probandenstichprobe zeigten „subjektiv
gesunde
Schläfer“,
die
eigentlich
einen
gestörten
Schlaf
aufwiesen,
einen
durchschnittlichen BDI-Gesamtwert von 3.5 (± 3.3) im Gegensatz zu objektiv
„gesunden Schläfern“ (4.6 ± 3.7). Es zeigten sich allerdings keine signifikanten
Unterschiede zwischen den vier Gruppen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass obgleich Insomnie-Patienten gegenüber
gesunden Personen häufig einen höheren BDI-Gesamtwert aufzeigen, (a) dieser
Unterschied zwischen den Gruppen nicht signifikant ist und (b) die Gesamtmittelwerte
der zitierten Studien nie den oben erwähnten klinisch auffälligen Wert von 18 Punkten
erreichen. Der leicht erhöhte BDI-Gesamtwert unter den Patienten ließe sich außerdem
durch die beiden „schlafrelevanten“ Items P bzw. Q des Fragebogens erklären.
20
2.4.2.4 Schlaffragebogen A (SF-A)
Neben jenen Fragebögen, die einen Überblick über die Entwicklung, das Ausmaß und
die Art der Schlafstörung geben, werden auch häufig so genannte Abend- und
Morgenfragebögen eingesetzt, die die Schlafqualität und das Tagesverhalten erfassen.
Der SF-A ist ein testtheoretisch abgesichertes Verfahren, das die Selbstbeurteilung von
Tagesereignissen,
Schlafgewohnheiten,
Schlafqualität
und
der
Befindlichkeit
ermöglicht. Er wird vom Patienten morgens direkt nach dem Aufstehen ausgefüllt und
enthält
22
Fragen
zur
Einschlafzeit,
zur
Anzahl
und
Dauer
nächtlicher
Schlafunterbrechungen, zu psychosomatischen Phänomenen während des Schlafes (z.
B. Stechen in der Herzgegend), zur Schlafqualität und Befindlichkeit am Vortag bzw.
am Morgen, sowie zur Aufwachzeit. Die Antwortgewichtung erfolgt aufgrund von
codierten
Zeitangaben,
Intensitätsurteilen.
Die
Häufigkeitsangaben
Ergebnisse
einer
zu
Schlafunterbrechungen
Faktorenanalyse
erbrachten
und
folgende
Faktoren:
•
SQ
= Schlafqualität
•
GES
= Gefühl des Erholtseins nach dem Schlaf
•
PSYA = Psychische Ausgeglichenheit am Abend
•
PSYE = Psychische Erschöpftheit am Abend
•
PSS
= Psychosomatische Symptome während der Schlafphase
Für jeden Faktor wird ein Wert von 1.0 bis 5.0 berechnet. Ein Wert für die
Gesamtschlafdauer ergibt sich aus den Angaben zur Einschlafzeit, nächtlichen
Schlafunterbrechungen und der Aufwachzeit. Normdaten bzw. Cut-off-Werte zum SF-A
liegen nicht vor.
In einer von Riemann et al. (2002) durchgeführten Studie an Patienten mit primärer
Insomnie, in der die vierwöchige Gabe von Antidepressiva (Trimipramin und
Lormetazepam) in ihrer Wirkung auf den polysomnographisch gemessenen Schlaf der
Gabe von Plazebo gegenübergestellt wurde, diente der eingesetzte SF-A der Erfassung
der subjektiven Schlafqualität. Verglichen wurden die einzelnen Gruppen zum Zeitpunkt
Baseline
(=
alle
Patienten
erhalten
Plazebo)
bzw.
nach
4
Wochen
Medikamenten/Plazebo-Gabe (= „Treatment“). Der Vergleich Plazebo/Lormetazepam
ergab nach der Treatment-Phase signifikante Unterschiede hinsichtlich der SF-AFaktoren SQ (p = .0109) und PSYA (p = .0198). Wurde Plazebo der Gabe von
Trimipramin gegenübergestellt, so unterschieden sich die SF-A-Faktoren SQ (p =
.0093), GES (p = .0175) bzw. PSYA (p = .0001) voneinander. Bei der
21
Gegenüberstellung der
beiden Antidepressiva kamen signifikante Unterschiede
hinsichtlich der SF-A-Faktoren GES (p = .0230) und PSYA (p = .0461) zustande.
Hinsichtlich der Faktoren PSYE bzw. PSS zeigte keine der Gruppen signifikante
Unterschiede voneinander. Rodenbeck, Cohrs, Jordan, Wortelboer und Rüther (2001)
untersuchten den Zusammenhang zwischen Schlafqualität, Morgenbefindlichkeit und
Tagesbefindlichkeit (mittels SF-A, VIS-M bzw. VIS-A 9 ) bei 64 Patienten mit
unterschiedlichen Schlafstörungen (u.a. 19 Patienten mit psychophysiologischer
Insomnie). Sie fanden heraus, dass eine befriedigend gute Übereinstimmung zwischen
den mit den unterschiedlichen Schlaffragebögen erhobenen Schlafqualitäten bzw.
Morgenbefindlichkeiten besteht. Dies galt im übrigen für alle schlafgestörten Patienten
unabhängig von der Ursache der Erkrankung.
2.4.3 Pathophysiologische Befunde
Bei der Beschreibung von ursächlichen Bedingungen bezüglich der Entstehung und
Aufrechterhaltung
der
Insomnien
finden
sich
in
der
Literatur
hauptsächlich
Informationen zu kognitiven, emotionalen und persönlichkeitsbedingten Aspekten (s.
Kap. 2.3.1). Dies überrascht nicht vor dem Hintergrund der Tatsache, dass bei den
primären Insomnien eine organische – also evtl. auch physiologisch bedingte - Ursache
bereits laut Diagnosekriterien ausgeschlossen wird. In den letzten Jahren mehren sich
jedoch Untersuchungen zur Pathophysiologie bei primären Insomnien. In einer Studie
über die neuronale und metabolische Aktivität mittels PET (Positronen-EmissionsTomographie) fanden z. B. Nofzinger et al. (2004) bei primären Insomnie-Patienten im
Vergleich zu gesunden Probanden eine signifikant erhöhte Stoffwechselrate während
des Wachzustandes, eine verlangsamte Reduktion des relativen Stoffwechsels im
Übergang von Wachen zu Schlafen, sowie eine reduzierte relative Stoffwechselrate im
präfrontalen Kortex im Wachzustand. Abgesehen davon, dass die reduzierte
Stoffwechselrate wahrscheinlich ein Zeichen chronischer Schlafdeprivation ist, stellen
die genannten Befunde dieser Studie einen zusätzlichen Beweis für das bei primären
Insomnie-Patienten diskutierte Hyperarousal dar.
Zusätzliche Nachweise hierfür erbringen diverse Untersuchungen zur quantitativen
Analyse der elektroenzephalographischen (EEG)-Aktivität - der Spektralanalyse - einer
Methode bei der das EEG-Signal mittels Fourieranalyse in seine Frequenzkomponenten
9
VIS-M bzw. VIS-A: Visuelle Analogskalen zur Erfassung der Schlafqualität (vgl. Ott, Oswald,
Fichte & Sastre-Hernandez, 1986).
22
zerlegt wird. Die gewonnenen Leistungsspektren ergeben Aufschluss über den Anteil
der einzelnen Frequenzen am Gesamtsignal. Man erhält dadurch Aufschluss darüber,
ob vor allem langsame EEG-Wellen (niedere Frequenzen) oder rasche EEG-Wellen
(schnelle Frequenzen) das Bild beherrschen. Dadurch lassen sich Veränderungen
erkennen, die im „makroanalytischen“ polysomnographischen Schlafprofil nicht
erkennbar sind.
Freedmann (1986) verglich in einer Studie Patienten mit Einschlafstörungen und
gesunde Probanden. Während des Wachzustandes zeigten die Patienten signifikant
mehr Beta-Aktivität, mehr Delta-Aktivität und weniger Alpha-Aktivität. Während des
Stadiums 1 und des REM-Schlafs zeigten die Patienten ebenfalls signifikant mehr BetaAktivität. Keine Unterschiede ergaben sich hingegen bei den Stadien 2, 3 und 4. Es
muss allerdings erwähnt werden, dass der Autor lediglich eine Minute des EEGs jedes
Stadiums (des ersten Schlafzyklus) untersucht hatte und die Patienten zuvor keinem
psychopathologischen Screening unterworfen waren. Merica und Gaillard (1992)
untersuchten die Beta- bzw. Delta-Aktivität der Einschlafperiode bei 12 Patienten mit
psychophysiologischer Insomnie im Vergleich zu 23 gesunden Probanden. Die BetaAktivität reduzierte sich gegenüber einem Anstieg der Delta-Aktivität in beiden
Gruppen. Hinsichtlich des Beta/Delta-Verhältnisses („activity index“) unterschieden sich
Patienten signifikant von den Kontrollen: Patienten zeigten im Besonderen während
des Übergangs von Wach zu Stadium 1 bzw. Stadium 1 zu Stadium 2 höhere Beta- und
niedrigere Delta-Aktivität. Jacobs, Benson und Friedmann (1993) konnten die
gegenüber gesunden Probanden erhöhte Beta-Aktivität bei ihren untersuchten
Insomnie-Patienten ebenfalls nachweisen. Darüber hinaus zeigte sich bei den Patienten
eine Reduktion der Beta-Aktivität, nach im Gegensatz zu vor der Therapie, allerdings
nicht auf ein Maß wie bei den gesunden Probanden. Lamarche und Ogilvie (1997)
kamen bei der Untersuchung von sechs Patienten mit psychophysiologischer Insomnie
ebenfalls zu dem Ergebnis, dass jene Patienten-Gruppe (im Vergleich zu sechs
Gesunden und sechs psychiatrischen Patienten mit sekundärer Insomnie) ein höheres
kortikales Arousal während der Einschlafperiode aufwies. Die Tatsache, dass bei den
Patienten mit psychophysiologischer Insomnie eine deutliche Reduktion der AlphaAktivität während des Einschlafprozesses ausblieb, werteten die Autoren als mögliche
Ursache für die mangelnde Fähigkeit dieser Patienten zwischen Wach und Schlaf zu
unterscheiden (s. Kap. 2.4.5.1). Merica, Blois und Gaillard (1998) ermittelten durch ihre
Untersuchungen
an
20
Insomnie-Patienten
und
19
Gesunden
langsamere
23
Anstiegsraten und geringere Leistung unterhalb der Beta-Frequenz bei den Patienten
im Non-REM (NREM)-Schlaf. Hingegen war auch bei dieser Patienten-Gruppe die BetaAktivität selbst signifikant erhöht. Während des REM-Schlafs fanden sich bei den
Patienten eine geringere Delta- und Theta-Aktivität, jedoch auch hier eine signifikant
höhere Leistung in rascheren Frequenzbändern.
Fasst man die genannten Studien zusammen, so lässt sich schlussfolgern, dass
Insomnie-Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden eine erhöhte Beta-Aktivität
während des Einschlafprozesses und NREM-Schlafs aufzeigen. Perlis, Smith, Andrews,
Orff & Giles (2001) bestätigten die genannten Befunde, konnten aber zusätzlich zeigen,
dass
eine
erhöhte
Beta/Gamma-Aktivität
invers
mit
der
subjektiven
Schlafwahrnehmung korreliert. Andere Variablen, bei denen laut Studien eine
Korrelation zur subjektiven Wahrnehmung der Schlafqualität besteht, stellen die so
genannten „CAPs“ dar. CAPs ("Cyclic alternating pattern”), also ein „zyklisch
wiederkehrendes Muster“, beschreibt eine periodische EEG-Aktivität im NREM-Schlaf.
Es ist durch Sequenzen von vorübergehenden EEG-Ereignissen charakterisiert, die sich
deutlich von der EEG-Grundaktivität unterscheiden und in maximal einminütigen
Intervallen wiederkehren. (Terzano et al., 1985; Terzano, Parrino, Fioriti, Spaggiari &
Piroli, 1986; Terzano & Parrino, 1993). CAPs kommen spontan im NREM-Schlaf vor,
können aber auch vermehrt bei pathologischen Schlafzuständen auftreten (z.B. SchlafApnoe-Syndrom, periodische Beinbewegungen). Terzano und Mitarbeiter (2003)
konnten an unbehandelten primären Insomnie-Patienten zeigen, dass sich deren
subjektive Einschätzung der Schlafqualität konsistent mit der Ausprägung der CAPs
änderte. Die Erfassung der CAPs im Rahmen der Erforschung von primären Insomnien
führte im übrigen bei Parrino et al. (2004) zu der Auffassung, dass die
Polysomnographie nach wie vor den „gold standard“ in der Messung von Schlaf,
insbesondere bei Insomnien darstellt.
2.4.4 Polysomnographische Befunde
Die
im
Rahmen
einer
Polysomnographie
gewonnenen
Daten
objektivieren
Abweichungen im Ablauf und in der Feinstruktur des Schlafes (z.B. Aufwachvorgänge,
Tief- und Leichtschlafanteile). Sie decken organische Ursachen auf, die sich bei einer
klinischen
Untersuchung
nicht
erkennen
lassen
(z.B.
schlafgebundene
Atemregulationsstörungen, periodische Bewegungen der Gliedmaßen). Sie informieren
24
den Patienten darüber, wie er tatsächlich „objektiv“ schläft und geben dem
Untersucher Einblick in ein mögliches Fehlverhalten des Patienten im Umgang mit
seinem Schlaf. Der diagnostische Wert der Polysomnographie ist allerdings nicht
unumstritten. Einige Autoren vertreten den Standpunkt, dass zur Einschätzung und
Differentialdiagnose von Insomnien die Schlaflabor-Untersuchung notwendig ist
(Reynolds, 1987; Jacobs, Reynolds, Kupfer, Lovni & Ehrenpreis 1988; Edinger et al.,
1989; Reynolds, Kupfer, Buysse, Coble & Yeager, 1991; Schneider-Helmert, 2003).
Andere wiederum halten eine klinische Einschätzung der Schlafbeschwerde durch
Erfassung der Schlafhistorie sowie einer eingehenden psychiatrischen und körperlichen
Untersuchung für ausreichend (Kales & Kales, 1974; Oswald, 1981; Regestein, 1988;
Vgontzas, Bixler, Kales, Manfredi & Tyson, 1994; Vgontzas, Kales, Bixler, Manfredi &
Vela-Bueno, 1995). Im klinischen Rahmen ist allerdings für eine erschöpfende
Diagnostik bei der Untersuchung von Insomnien auf eine Polysomnographie schwer zu
verzichten (s. hierzu Buysse, Ancoli-Israel, Edinger, Lichstein & Morin, 2006). Sie
erhöht die diagnostische Präzision erheblich. In der bereits zitierten Studie von Jacobs
et al. (1988) wurde z.B. nachgewiesen, dass ambulante Primärdiagnosen chronischer
Ein- und Durchschlafstörungen durch polysomnographische Befunde in 49% der Fälle
substantiell modifiziert wurden. Außerdem konnte in einer eigenen Studie gezeigt
werden, dass bei Patienten, die in einer ambulanten Voruntersuchung durch
Schlafspezialisten die Diagnose primäre Insomnie erhalten hatten, nach zwei
Untersuchungsnächten im Schlaflabor in immerhin 14% der Fälle die Diagnose
modifiziert werden musste (Kühnel, Al-Shajlawi, Burgos, Carl, Voderholzer & Riemann,
2005). In einem Review der American Sleep Disorders Association (ASDA) wurde der
Frage nachgegangen, ob die Polysomnographie eine nützliche, wertvolle und
kosteneffektive Methode in der Evaluation und Behandlung der Insomnien darstellt
(Reite, Buysse, Reynolds & Mendelson, 1995). Sie kamen zu folgenden Schlüssen:
1. Die
Polysomnographie
eignet
sich
nicht
für
die
„klinische
Routine-
Untersuchung“ - weder von akuten noch chronischen Insomnien. In den
meisten Fällen sollte nach Meinung der Autoren zunächst ein Therapie-Versuch
vor der Schlaflabor-Untersuchung unternommen werden.
2. Polysomnographie ist angezeigt, wenn ein dringender Verdacht auf das
Vorliegen organischer Ursachen besteht; des Weiteren eignet sich die
Schlaflabor-Untersuchung insbesondere für die Untersuchung älterer InsomniePatienten.
25
3. Polysomnographie ist ferner indiziert, wenn bisherige Therapie-Versuche
erfolglos blieben (Therapieresistenz).
Abgesehen
von
der
Polysomnographie
Diskussion
existiert
eine
um
die
Notwendigkeit
Fülle
von
des
Einsatzes
Untersuchungen
zu
der
den
polysomnographischen Unterschieden zwischen Insomnie-Patienten und Gesunden.
Der Vergleich dieser Studien wird allerdings dadurch erschwert, dass die exakte
Beschreibung
der
Schlafbeschwerde
nicht
nach
differentialdiagnostischen
Überlegungen erfolgt. Es finden sich folgende (englischsprachige) Bezeichnungen:
“poor sleepers”, “subjects with sleep complaints”, “insomniacs”, “primary insomniacs”,
“sleep onset insomniacs”. In Tabelle 1 sind jene Studien der letzten Jahrzehnte
zusammengefasst, in denen Personen mit insomnischen Schlafbeschwerden stationär
polysomnographisch 10 untersucht wurden und resultierende Daten mit denen von
gesunden Probanden verglichen worden waren. Aufgrund der unterschiedlichen
Diagnosesysteme, die zur Einordnung der Schlafbeschwerde in den Studien
herangezogen wurden, ist die Tabelle entsprechend in 1a – 1d unterteilt.
10
Studien ohne polysomnographische Untersuchung blieben hier - aufgrund mangelnder
Vergleichbarkeit - unberücksichtigt.
26
Tabelle 1a: Studien über polysomnographische Untersuchungen bei Patienten mit Schlafbeschwerden im Vergleich zu Gesunden
Studie
Stichprobe (Altersmittelwert ± SD)
Monroe,
1967
16 "poor sleepers” (25.3 Jahre)
verglichen mit altersgematchten 16
"good sleepers" (26.0 Jahre).
18 “poor sleepers” (51.95 J. ± 7.03 J.)
“Poor sleep”
verglichen mit 18 “good sleepers” (51.45
J. ± 7.54 J.). Die Gruppen waren nach
Geschlecht, Alter, Gewicht, Größe und
Bildungsstand gematcht.
46 Männer und 38 Frauen (51.2 J. ±
“Sleep complaints”
14.7 J.) mit “sleep complaints” (eine
Subgruppe von n=5 wurde als “psychophysiologisch" klassifiziert) verglichen mit
neun Männern und 11 Frauen (49.3 J. ±
15.5 J.) ohne Schlafbeschwerden in der
Vergangenheit.
Adam et al.,
1986
Zorick et al.,
1981
Schlaf“Diagnose”
“Poor sleep”
Gebrauch psychotroper
Substanzen
Keine rezeptpflichtigen
Schlaf-Medikamente.
Weder Patienten noch
Gesunde nahmen
zentralnervös wirksame
Substanzen ein.
25% der gesamten
Stichprobe hatten Alkohol
oder Medikamente
innerhalb der
Untersuchungswoche
konsumiert.
Ergebnisse bzw. Unterschiede zwischen den
Gruppen*
Patienten zeigten signifikant weniger TST und REM Schlaf,
jedoch mehr prozentuales Schlafstadium 2, einen höheren
Wachanteil bzw. mehr Aufwachvorgänge.
Patienten hatten signifikant weniger TST und SEI(%),
signifikant mehr WASO und signifikant weniger Schlafstadium
2 im Vergleich zu Gesunden. Zusätzlich zeigten sie in den
ersten 5 Std. akkumulierten Schlafs mehr REM Schlaf als
Gesunde.
Patienten zeigten signifikant mehr Leichtschlaf (Stadium 1)
als Gesunde.
Tabelle 1b: Studien über polysomnographische Untersuchungen bei Insomnie-Patienten im Vergleich zu Gesunden
Karacan et al., Acht männliche und zwei weibliche
1971
Insomnie-Patienten (Altersbereich
zwischen 30 und 55 J.) wurde mit zehn
Gesunden desselben Alters und
Geschlechts verglichen.
Frankel et al., 13 männliche und fünf weibliche
1976
Insomnie-Patienten (44.5 J. ± 16.8 J.).
Diese Gruppe war nach Alter und
Geschlecht einer Gruppe von „normal
volunteers“ (45.1 J. ± 16.8 J.)
angeglichen.
Insomnie
Schlaffördernde
Substanzen wurden
„einige Wochen“ vor der
Untersuchung abgesetzt.
Insomnie
Medikamente mit
Insomnie-Patienten zeigten längere Einschlaflatenzen,
hypnotischer und
weniger TST, längere terminale Wachzeit, signifikant weniger
sedierender Wirkung
SEI und weniger Delta-Schlaf verglichen mit Gesunden.
wurden mindestens vier
Wochen vor Untersuchung
abgesetzt. Keiner der
gesunden Kontrollen hatte
regelmäßig Medikamente
konsumiert.
Insomnie-Patienten brauchten länger um einzuschlafen,
blieben morgens länger im Bett liegen und zeigten einen
ineffizienteren Schlaf als Gesunde. All diese Unterschiede
waren signifikant.
* Signifikanz: ≤ .05.
Abkürzungen: SD = Standardabweichung ; TST = total sleep time/Gesamtschlafzeit; SEI = sleep efficiency/Schlafeffizienz; WASO = wake after sleep onset/Wachanteil nach
Schlafbeginn; SOL = sleep onset latency/Einschlaflatenz; SSM = sleep state misperception/Fehlbeurteilung des Schlafzustandes; OI = objektive Insomnie; SI = subjektive Insomnie.
27
Studie
Stichprobe (Altersmittelwert ± SD)
Mendelson et
al., 1984
Ein männlicher und neun weibliche
Insomnie-Patienten (35.3 J. ± 7.3 J.)
wurden mit einer bzgl. Alter und
Geschlecht gematchten Kontrollgruppe
verglichen (35.4 J. ± 6.5 J.).
10 Insomnie-Patienten (sieben Frauen
und drei Männer, 39.5 J. ± 1.5 J.)
wurden verglichen mit nach Alter und
Geschlecht gematchten Kontrollen (40.1
J. ± 1.9 J.).
Mendelson et
al., 1986
Schlaf“Diagnose”
Insomnie
Gebrauch psychotroper
Substanzen
Keine Information
verfügbar.
Ergebnisse bzw. Unterschiede zwischen den
Gruppen*
Patienten zeigten signifikanten Anstieg in der
intermittierenden Wachzeit und einen signifikanten Abfall in
der SEI im Vergleich zu Gesunden.
Insomnie
Keine Information
verfügbar.
Patienten zeigten signifikant häufiger frühmorgendliches
Erwachen als Gesunde.
Tabelle 1c: Studien über polysomnographische Untersuchungen bei Patienten mit primärer Insomnie im Vergleich zu Gesunden
Schneider16 Patienten, sieben Männer und neun
Helmert, 1987 Frauen (Altersmittelwert: 46.1 J) wurden
sieben gesunden Männern bzw. neun
gesunden Frauen (Altersmittelwert: 46.7
J.) gegenübergestellt.
Primäre Insomnie
Bonnet &
Arand, 1998
Primäre Insomnie
12 Insomnie-Patienten (31.2 J. ± 6.8 J.)
wurden mit 12 Gesunden verglichen
(29.1 J. ± 5.2 J.).
Alle Teilnehmer waren
medikamentenfrei.
Bei Patienten zeigte sich eine sign. geringere TST und
SEI(%), eine sign. längere SOL, sign. mehr WASO sowie
sign. höhere Arousal-Indizes als bei den Gesunden. Diese
zeigten wiederum weniger Schlafstadienwechsel vor und
nach Beginn der Schlafperiode, erlebten jedoch sign. mehr
prozentualen Anteil an Schlafstadium 4.
Alle Studienteilnehmer
Patienten zeigten im Gegensatz zu Gesunden eine sign.
hatten mindestens zwei
geringere TST, SEI(%) sowie einen sign. erhöhten
Wochen vor Studienbeginn prozentualen Wachanteil.
keine Psychopharmaka
eingenommen. Ein
Studienteilnehmer nahm
weiterhin Medikation zur
Behandlung einer
Schilddrüsenunterfunktion
ein.
* Signifikanz: ≤ .05.
Abkürzungen: SD = Standardabweichung ; TST = total sleep time/Gesamtschlafzeit; SEI = sleep efficiency/Schlafeffizienz; WASO = wake after sleep onset/Wachanteil nach
Schlafbeginn; SOL = sleep onset latency/Einschlaflatenz; SSM = sleep state misperception/Fehlbeurteilung des Schlafzustandes; OI = objektive Insomnie; SI = subjektive Insomnie.
28
Studie
Stichprobe (Altersmittelwert ± SD)
Means et al.,
2003
25 männliche und 27 weibliche
Insomnie-Patienten (57.5 J. ± 10.7 J.)
wurden mit 27 männlichen und 22
weiblichen Gesunden (55.4 J. ± 11.1 J.)
verglichen.
Nofzinger et
al., 2004
Vier Frauen und drei Männer mit
primärer Insomnie (34.2 J. ± 8.9 J.)
wurden mit 13 gesunden Frauen und
sieben gesunden Männern verglichen
(32.6 J. ± 8.4 J.).
Schlaf“Diagnose”
Primäre Insomnie
Primäre Insomnie
Gebrauch psychotroper
Substanzen
Während der Studie
enthielten sich alle
Patienten der Einnahme
von schlaffördernder
Medikation. Keiner der
Gesunden hatte zum
Zeitpunkt des
Studieneinschlusses über
die Einnahme solcher
Medikamente berichtet.
Alle Studienteilnehmer
wurden in “unmediziertem
Zustand” untersucht.
Ergebnisse bzw. Unterschiede zwischen den
Gruppen*
Patienten erlebten eine sign. verlängerte SOL bei einem sign.
ineffizienteren Schlaf gegenüber den Gesunden. Keine
Unterschiede zeigten sich hingegen für Stadium 1, 2, SWS
und REM.
Die Gruppen unterschieden sich in keinem
polysomnographisch oder spektralanalytisch ausgewerteten
Schlafmaß (NREM EEG Leistungsspektren).
Tabelle 1d: Studien über polysomnographische Untersuchungen bei Patienten mit Insomnie-Subtypen im Vergleich zu Gesunden
Freedman &
Sattler, 1982
Sugerman et
al., 1985
12 Insomnie-Patienten (11 Frauen und
ein Mann; Altersmittelwert: 31.75 J.)
wurden mit altersgematchten Gesunden
(acht Frauen und vier Männer;
Altersmittelwert: 27.75 J.) verglichen.
Zwei Männer und sechs Frauen mit
objektiver Insomnie (37.8 J. ± 9.1 J.),
zwei Männer und sechs Frauen mit
subjektiver Insomnie (32.4 J. ± 10 J.)
und zwei gesunde Männer und sechs
gesunde Frauen wurden miteinander
verglichen.
„Sleep onset”
Insomnie
Alle Studienteilnehmer
waren einen Monat vor
und während der Studie
medikamentenfrei.
Neben eines späteren Beginns der Schlafperiode bei den
Patienten, unterschieden sich die Gruppen lediglich in der
Anzahl der REM-Perioden, von denen die Patienten sign.
weniger zeigten.
Objektive (OI) und
subjektive (SI)
primäre Insomnie
Studienteilnehmer hatten
mindestens 10 Tage vor
Laboruntersuchung keine
Medikamente
eingenommen.
Die OI Gruppe unterschied sich signifikant von der SI Gruppe
im Sinne einer längeren SOL, kürzeren TST/SEI und eines
geringeren prozentualen Schlafstadiums 2. OI unterschieden
sich zusätzlich sign. von der Kontrollgruppe durch eine
kürzere TST/SEI, mehr Schlafstadienwechsel und mehr
Arousals pro Stunde. Die SI Gruppe unterschied sich von der
Kontrollgruppe durch einen erhöhten Anteil an Schlafstadium
2, reduziertem prozentualen REM-Anteil sowie mehr
Schlafstadienwechsel und Arousals pro Stunde.
* Signifikanz: ≤ .05.
Abkürzungen: SD = Standardabweichung ; TST = total sleep time/Gesamtschlafzeit; SEI = sleep efficiency/Schlafeffizienz; WASO = wake after sleep onset/Wachanteil nach
Schlafbeginn; SOL = sleep onset latency/Einschlaflatenz; SSM = sleep state misperception/Fehlbeurteilung des Schlafzustandes; OI = objektive Insomnie; SI = subjektive Insomnie.
29
Studie
Merica &
Gaillard, 1992
Salin-Pascual
et al., 1992
Stichprobe (Altersmittelwert ± SD) Schlaf- “Diagnose” Gebrauch psychotroper
Substanzen
Sieben weibliche und fünf männliche
PsychoAlle Patienten hatten eine
Insomnie-Patienten (35.9 J. ± 11.3 J.) physiologische
mindestens 10 Tage
wurden mit 17 weiblichen und 11
Insomnie (Ein- und
andauernde
männlichen Gesunden (30.0 J. ± 9.5 J.) Durchschlafstörung) medikamentenfreie Phase
verglichen.
vor der Laboruntersuchung.
Drei Frauen und vier Männer (36.4 J. ± Primäre Insomnie mit Keine Benzodiazepine
5.9 J.) mit subjektiver Insomnie (SSM), und ohne
innerhalb des Jahres vor
vier Frauen und drei Männer (35.4 J. ± entsprechende
der Untersuchung.
6.3 J.) mit objektiver Insomnie und vier objektive
gesunde Frauen und drei gesunde
Auffälligkeiten (PSG)
Männer (35.6 J. ± 5.9 J.) wurden als
Gruppen miteinander verglichen.
Hajak et al.,
1995
Sieben männliche und drei weibliche
Insomnie-Patienten (41.3 J. ± 9.5 J.)
wurden mit fünf männlichen Gesunden
ohne Schlafbeschwerden (27.2 J. ± 0.7
J.) verglichen.
Dorsey and
Bootzin, 1997
18 Patienten mit Einschlafstörungen
[davon 9 mit (=OI) bzw. 9 ohne (=SI)
objektive Verifizierung ihrer
Schlafbeschwerden] wurden mit 13
Personen ohne Schlafbeschwerden
verglichen. Die Gruppe bestand aus 14
Frauen und 17 Männern im Alter von 18
bis 25 Jahren.
Chronische primäre
Insomnie (Patienten
erfüllten gleichzeitig
die Kriterien für
psychophysiologische
bzw. idiopathische
Insomnie)
Insomnie mit bzw.
ohne objektive (PSG)
Verifizierung
Innerhalb der zwei
Wochen vor der
Laboruntersuchung hatte
keiner der
Studienteilnehmer
Hypnotika oder Sedativa
eingenommen.
Kein Studienteilnehmer
berichtete über die
aktuelle Einnahme von
Medikamenten.
Ergebnisse bzw. Unterschiede zwischen den
Gruppen*
Bei Patienten zeigte sich eine sign. reduzierte TST, mehr
Aufwachereignisse und eine kürzere Wach-Latenz (Intervall
zwischen Schlafbeginn und dem ersten Auftreten von drei
Minuten kontinuierlichem Wachsein) als Gesunde.
Signifikante Gruppeneffekte konnten für folgende Variablen
gezeigt werden: TST, SOL, Wachanteil und Anzahl der
Aufwachphasen. In post hoc Gruppenvergleichen zeigten
Patienten mit objektiver Insomnie höhere/niedrigere
Mittelwerte in allen Variablen im Sinne einer schlechteren
Schlafqualität verglichen mit Patienten mit subjektiver
Insomnie und Gesunden. In all diesen Variablen zeigte sich
keine sign. Unterschiede zwischen Gesunden und Patienten
mit subjektiver Insomnie.
Patienten zeigten im Vergleich zu Gesunden weniger SEI,
mehr prozentualen Wachanteil, weniger Schlafstadium 4 und
eine höhere Anzahl von Aufwachphasen. All diese
Unterschiede waren signifikant.
Die OI Gruppe hatte sign. längere SOL als die Gesunden. OIPatienten zeigten auch längere SOL als SI-Patienten, aber
dieser Unterschied wurde nicht signifikant. SI-Patienten und
Gesunde differierten nicht bzgl. SOL, aber SI-Patienten
zeigten einen höheren prozentualen Tiefschlafanteil als OIPatienten und Gesunde.
* Signifikanz: ≤ .05.
Abkürzungen: SD = Standardabweichung ; TST = total sleep time/Gesamtschlafzeit; SEI = sleep efficiency/Schlafeffizienz; WASO = wake after sleep onset/Wachanteil nach
Schlafbeginn; SOL = sleep onset latency/Einschlaflatenz; SSM = sleep state misperception/Fehlbeurteilung des Schlafzustandes; OI = objektive Insomnie; SI = subjektive Insomnie.
30
In den 17 genannten Studien zeigt sich zunächst, dass die untersuchten Stichproben
zumeist relativ klein sind. Nur zwei der Studien weisen eine Stichprobengröße von
mehr als 20 Patienten bzw. Gesunden auf; in nur 11 Studien ist die Größen- und in nur
sieben Studien die Geschlechts-Verteilung der gegenübergestellten Studienteilnehmer
ausgewogen. Des Weiteren fällt auf, dass von der sehr allgemeinen Bezeichnung des
schlechten Schlafs („poor sleep“) bis hin zur spezifischeren Diagnose der primären
Insomnie die Beschreibungen der Schlafbeschwerde sehr stark differieren. In einigen
Studien, in denen sich die Fragestellung auf den Zusammenhang zwischen subjektiver
Schlafeinschätzung und objektivem Schlafbefund bei Patienten wie auch Gesunden
bezieht, ergibt sich demzufolge eine weitere Unterteilung in „subjektive“ bzw.
„objektive“ Insomnie. Ob Patienten Medikamente zur Schlafförderung eingenommen
hatten, wird in den Studien sehr unterschiedlich beschrieben. In einem Drittel der
Studien
bleibt
die
Phase
der
medikamentenfreien
Periode
vor
der
polysomnographischen Untersuchung sogar völlig unerwähnt.
Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass bei den untersuchten Patienten eine
Häufung von Unterschieden zu Gesunden hinsichtlich der Gesamtschlafzeit (TST = total
sleep time), Schlafeffizienz (SEI%), Einschlafzeit (SOL = sleep onset latency) und vor
allem der Anteil des Wachseins an der Schlafperiode (WASO = wake after sleep onset)
ersichtlich ist. In Bezug auf den prozentualen Tiefschlaf- (SWS% = slow wave sleep)
bzw. REM-Schlafanteil zeigen nur wenige Studien dagegen stabile Unterschiede
zwischen den Gruppen. Schlussfolgernd lässt sich also sagen, dass Werte für die
Schlafkontinuität stärker zwischen Insomnie-Patienten und Gesunden zu differenzieren
scheinen als Variablen der Schlafarchitektur. In jenen Studien hingegen, in denen die
Patienten anhand einer polysomnographischen Verifizierung ihrer Schlafstörung in
„subjektive“ bzw. „objektive Insomnie“ eingeteilt wurden, finden sich vermehrt auch
Unterschiede hinsichtlich der Schlafarchitektur (v.a. zwischen Patienten mit subjektiver
Insomnie und Gesunden).
Bei Betrachtung der oftmals lang anhaltenden subjektiven Beschwerden von InsomniePatienten überrascht, dass polysomnographisch ermittelte Unterschiede des Schlafs
zwischen Patienten und Gesunden laut der erwähnten Untersuchungen in Tabelle 1a1d nicht besonders ausgeprägt sind. Zum einen sind die Studienergebnisse insgesamt
sehr unterschiedlich und zum anderen fallen die Unterschiede zwischen den
untersuchten Gruppen eher moderat aus. Ein Grund hierfür könnten die stark
voneinander
abweichenden
methodologischen
Vorgehensweisen
in
den
31
Untersuchungsdesigns sein. Dies gestaltet den Vergleich der Studien schwierig. Eine
Restriktion der Einschlusskriterien in Bezug auf die Stichprobengröße, das Geschlecht
und Alter der Probanden in den verglichenen Gruppen, die Diagnose sowie die
Medikamenteneinnahme ist notwendig, um Untersuchungen dieser Art vergleichbar zu
machen.
2.4.5 Spezielle Phänomene bei Insomnien
2.4.5.1 Die Fehlwahrnehmung des Schlafzustandes
Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass trotz statistisch guter Korrelation zwischen
einigen subjektiven und objektiven Schlafparametern weder Schlafgesunde noch
Schlafgestörte die Einschlaflatenz, die Anzahl der Aufwachvorgänge oder die Dauer
ihrer nächtlichen Wachzeit zuverlässig genau einschätzen können (Hoch et al., 1987;
Rodenbeck et al., 1993). Dem entspricht, dass subjektive Angaben zum Schlaf und
polysomnographische Untersuchungsbefunde oft nicht übereinstimmen (Carskadon et
al., 1976; Frankel et al.,1976; Edinger & Fins, 1995; Means, Edinger, Glenn & Fins,
2003). Die in der Befragung der Patienten erhobenen quantifizierten subjektiven
Schlafparameter dürfen also nicht grundsätzlich als valide angesehen werden. Dies
könnte daran liegen, dass die Wahrnehmung von Schlaf und Schlafunterbrechungen
bei Insomnie-Patienten gestört ist. Schlafgesunde bestimmen ihre Einschlaflatenz sehr
präzise bis zu dem Zeitpunkt, wo sie das erste mal das Schlafstadium 2 erreichen.
Insomnie-Patienten stellen ihren Schlafbeginn zumeist erst nach mindestens 15
Minuten ungestörten Schlafs des Stadiums 2 fest (Hauri & Olmstead, 1983). Nach
einem Erwecken aus dem Schlafstadium 2 gaben 70% - 80% der Insomnie-Patienten
an, wach gewesen zu sein, während dies nur bei 30% - 40% der gesunden Schläfer
der Fall war (Borkovec, Lane & Van Oot, 1981). Erstaunlicherweise ist die
Weckschwelle für akustische Reize bei Insomnie-Patienten, trotz deren Empfindung nur
sehr flach zu schlafen, nicht niedriger als bei gesunden Schläfern (Haynes, Fitzgerald,
Shute & O´Meary, 1985).
Einen Extremfall dieser Problematik stellt die Fehlwahrnehmung des Schlafzustandes
dar, die im ICSD unter den Dyssomnien klassifiziert werden kann (ICSD: 307.49-1). Sie
wird als Störung definiert, bei der Beschwerden einer Insomnie (oder übermäßigen
Schläfrigkeit) ohne objektiven Nachweis einer Schlafstörung auftreten. Während
objektive Messwerte vollkommen im Normbereich liegen oder höchstens leichte
Abweichungen von altersentsprechenden Durchschnittswerten zeigen, klagen die
32
Patienten unbeirrbar über schlechten Schlaf. Beim Vergleich eines Patientenkollektivs
mit
einer
Schlaf-Fehlbeurteilung
und
Gesunden
konnten
keine
signifikanten
Abweichungen bezüglich der EEG-Parameter aufgezeigt werden (Bonnet & Arand,
1997). Aufgrund der Tatsache, dass auch bei der primären Insomnie eine weitgehend
unauffällige
Schlafarchitektur
bestehen
kann,
bereitet
die
Abgrenzung
Nacht“
versteht
zur
Schlaffehlwahrnehmung gelegentlich Schwierigkeiten.
2.4.5.2 Der First-Night-Effect (FNE)
Unter
dem
paradoxen
Effekt
der
„ersten
man
einen
Adaptationsprozess, den die Probanden in einem Schlaflabor durchleben können, wenn
sie sich an die dortigen Bedingungen noch gewöhnen müssen. Dabei können die
Räumlichkeit, das Bett als auch die Ableitelektroden eine Rolle spielen. Obgleich
Kronholm, Alanen und Hyyppä (1987) im Rahmen ihrer Studie diesen Effekt nicht
verifizieren konnten, ist er aufgrund zahlreicher anderer Studien mittlerweile
anerkannt. Lorenzo & Barbanoj (2002) konnten sogar zeigen, dass bei mehreren
Schlaflabor-Ableitungen, bei denen die Probanden zwischendurch immer wieder in ihrer
gewohnten Umgebung übernachtet hatten, ein FNE nur in der allerersten Nacht
auftrat. Des Weiteren zeigte sich dieser Effekt nur bei REM-Variablen. Le Bon et al.
(2001) konnten in ihrer Untersuchung an 26 gesunden Probanden zeigen, dass der
Gewöhnungsprozess gerade bei REM-Variablen auch über eine Nacht hinaus andauern
kann. Webb & Campbell (1979) hatten in einer älteren Studie bereits festgestellt, dass
in der ersten Schlaflabor-Nacht die Einschlaflatenz sowie Wachzeiten verlängert und
REM-Zyklen häufiger unterbrochen sind. Zusätzlich zeigten die älteren Patienten einen
stärkeren FNE. Bei anderen Autoren konnte der FNE wiederholt für bestimmte
Parameter (reduzierte Gesamtschlafzeit und Schlafeffizienz, erhöhter Wachanteil sowie
verlängerte REM-Latenz) belegt werden (Agnew, Webb & Williams, 1966; Toussaint et
al., 1995). Mittlerweile herrscht unter vielen Autoren die Meinung, dass der FNE bei
gesunden Schläfern am ausgeprägtesten ist, während u.a. Insomnie-Patienten weniger
sensitiv auf die erste Nacht im Schlaflabor reagieren. Bei ihnen ist es nicht selten
umgekehrt, d.h. der Schlaf der ersten Nacht im Labor fällt weitaus besser als zuhause
aus. Dieser „reverse first night effect“ (RFNE; Hauri & Olmstead, 1989; Riedel, Winfield
& Lichstein, 2001), lässt sich wohl am ehesten mit dem Prinzip der Paradoxen
Intention (Frankl, 1960 & 1975) erklären. Unter häuslichen Bedingungen versuchen
viele Patienten beim Zubettgehen den Schlaf zu erzwingen. Der Druck, unter den sich
33
die Patienten dabei setzen, steht Entspannung und somit Schlaf entgegen. Im
Schlaflabor hingegen ist die Einstellung umgekehrt. Die Patienten wollen dem
Untersucher demonstrieren, wie schlecht ihr Schlaf ist. Dies führt nicht selten zu
Entspannung und damit zu besserem Schlaf. Dieses Phänomen kann und sollte unter
klinischen Bedingungen therapeutisch genutzt werden, denn dadurch kann dem
Patienten vermittelt werden, dass er durchaus in der Lage ist, unter gewissen
Umständen „normalen“ Schlaf zu generieren.
2.5 Fragestellungen der vorliegenden Arbeit
Die meisten der in Tabelle 1a–1d erwähnten Studien – gleich welcher spezifischen
Fragestellung – untersuchen physiologische sowie psychologische Variablen, oftmals
unter Betrachtung der Faktoren Alter und Geschlecht bzw. deren Einfluss auf die
Schlafqualität. Oftmals bleibt jedoch unklar, ob es sich bei der erwähnten Schlafstörung
der zumeist kleinen Stichproben an Patienten um primäre oder sekundäre Phänomene
handelt. Dies gestaltet einen Vergleich der Studien sehr schwierig, da häufig
unerwähnt bleibt, ob die Beschwerden Ausdruck einer reinen primären Insomnie sind
oder als sekundär eingestuft werden müssen, wie dies bei Insomnien im Rahmen von
organischen oder psychischen Erkrankungen der Fall ist. Der Grund hierfür könnte sein,
dass keine (differential-)diagnostischen Richtlinien bei der Patientenrekrutierung
herangezogen wurden, wie sie in den gängigen Klassifikationssystemen DSM, ICD und
ICSD vorgegeben werden. Ein entsprechend durchgeführtes diagnostisches Prozedere,
mit dem organische und/oder psychiatrische Erkrankungen bzw. die Einnahme
psychotroper Substanzen abgeklärt wurden, wird nur in manchen der Studien
beschrieben.
Des Weiteren bleibt bei einigen der Studien offen, ob die Studienteilnehmer während
der
Untersuchung
Medikamente
einnahmen
bzw.
wie
lange
eine
eventuelle
Medikamenten - „wash-out“-Phase vor der Schlaflabor-Ableitung andauerte. Zusätzlich
fällt auf, dass einige Studien keinen Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen
durchführen.
34
Nach bestem Wissen der Autorin besteht ein Mangel an Studien über Patienten mit
einer nichtorganischen/primären Insomnie, die adäquate Stichprobengrößen aufweisen
(n≥30); häufig ermangelt es den Studien an hinsichtlich Alter und Geschlecht
angeglichenen Gruppen (Insomnie vs. Gesund). Aufgrund dieser Überlegungen,
ergaben sich für die vorliegende Untersuchung folgende Fragestellungen bzw. Ziele:
1. Explorative
Analyse
der
demographischen,
psychometrischen,
polysomnographischen und spektralanalytischen Charakteristika einer großen
Stichprobe (n=100) von Insomnie-Patienten. Die eingeschlossenen Patienten
unterliegen den Diagnosekriterien der primären Insomnie nach DSM-IV bzw. ICD10. Sekundäre Insomnien müssen zuvor sorgfältig durch körperliche und
psychiatrische
Untersuchung,
eingehende
Blut-
und
Urin-Untersuchungen,
Elektrokardiogramm (EKG) sowie klinisches EEG ausgeschlossen worden sein.
2. Dokumentation und Analyse allgemeiner Informationen über Beginn und Dauer der
Insomnie, dem Gebrauch von psychotropen Substanzen und Medikation sowie die
Anamnese psychiatrischer sowie Schlaf-Erkrankungen bei Eltern und Geschwistern.
3. Vergleich der psychometrischen, polysomnographischen sowie spektralanalytischen
Patienten-Daten mit entsprechenden Daten einer Stichprobe von gesunden
Kontrollprobanden. Um Geschlechts- und Alterseffekte zu kontrollieren, sollten die
beiden
Stichproben
hinsichtlich
dieser
möglichen
Einflussgrößen
einander
bestmöglich angeglichen werden.
4. Vergleich
der
objektiven
(PSG)
Daten
mit
subjektiven
Schätzungen
der
Schlafparameter (für die Gesamtschlaf- und Einschlafzeit).
5. Überprüfung eines möglichen FNE bzw. RFNE durch einen Vergleich der SchlafParameter der ersten („Adaptationsnacht“) mit denen der zweiten Nacht
(„Baselinenacht“). Diese Überprüfung erfolgt aus der Beobachtung, dass besonders
ein möglicher FNE ein Schlafdefizit nach sich ziehen kann. Dies mündet nicht selten
in eine dadurch verbesserte Schlafqualität der Baselinenacht. Diese wird jedoch zur
statistischen Berechnung herangezogen und zeichnet dann fälschlicherweise eine
qualitativ „bessere“ Nacht ab, als der Patient normalerweise erlebt.
Den unter 2.4.5 erwähnten Studien zufolge fallen entsprechende Effekte bei
Gesunden stärker aus als bei Patienten. Ein Vergleich der beiden Nächte erfolgt
daher v.a. innerhalb der Gruppen.
35
3 Methodik
In den folgenden Kapiteln werden die methodischen Grundlagen der vorliegenden
Untersuchung beschrieben. Zum besseren Verständnis der Datenrekrutierung bzw. der
Zusammensetzung der untersuchten Stichprobe folgt eine Darstellung des „typischen“
Ablaufs einer polysomnographischen Untersuchung der Schlafmedizinischen Station der
Psychiatrischen Universitätsklinik Freiburg. Im Weiteren werden die Datenerfassung
sowie die Datenbereinigung durch Ein- bzw. Ausschlusskriterien erläutert.
3.1 Allgemeiner Ablauf einer Schlaflaboruntersuchung
Das
hier
beschriebene
psychiatrisch/neurologisches
Labor
der
Universitätsklinik
Schlaflabor.
Das
akademische
Freiburg
Personal
ist
ein
setzt
sich
zusammen aus Psychiatern und Psychologen sowie einem Physiker, der spezielle
Fragestellungen wie z.B. die Signalanalyse bearbeitet. Des Weiteren sind für den
Bereich
der
Schlafmedizin
ausgebildete
Krankenschwestern
sowie
technische
Assistenten im Labor tätig. Pro Jahr werden ca. 500 Patienten im Schlaflabor
untersucht.
Diese
werden
durch
ihre
Hausärzte
sowie
Fachärzte
für
Psychiatrie/Neurologie, HNO, sowie Innere Medizin überwiesen. Zumeist besteht die
Indikation
in
der
eingehenden
Untersuchung
von
Schlafbeschwerden.
Die
Hauptdiagnosen stellen die Insomnien.
3.1.1 Ambulante Schlaflaboruntersuchung
Patienten, die aufgrund einer Schlafbeschwerde von ihrem Arzt an das Schlaflabor
überwiesen
werden,
erhalten
in
der
Regel
zunächst
einen
Termin
in
der
Schlafambulanz. Den Patienten werden sodann Fragebögen zugesandt, die zum
eigentlichen Termin ausgefüllt mitgebracht werden. Hierunter befinden sich u.a. ein
14-tägiges Schlaftagebuch, der PSQI und das BDI. Während des ungefähr einstündigen
Erstgesprächs sind die Informationen der Fragebögen und v.a. des Tagebuchs eine
wertvolle Unterstützung zur Verifizierung des Patienten-Berichts. Im Gespräch werden
folgende weitere Aspekte exploriert:
36
•
Krankheitsentwicklung mit ausführlicher Schlafanamnese (u.a. Erfassung der
derzeitigen Bettzeiten sowie Beginn und Dauer der Schlafstörung)
•
Soziale Anamnese bzw. Biographie (u.a. Erfragung möglicher Schichtarbeit
aktuell oder in der Vorgeschichte; Schulbildung, Familienstand)
•
Familienanamnese
(Schlaf-
bzw.
psychiatrische
Erkrankungen
bei
Verwandten ersten Grades)
•
Aktuelle bzw. vergangene körperliche sowie psychische Erkrankungen
(zzgl.
Alkohol-
und
Nikotinkonsum
sowie
Ergebnisse
aus
möglichen
EEG/EKG/Blut-Voruntersuchungen)
•
Psychopathologischer Befund
•
Medikamentenanamnese
Nach dem Gespräch werden jene Aspekte zusammengefasst und beurteilt. Des
Weiteren werden die vom Patienten mitgebrachten Fragebögen per Computer
ausgewertet. Das Schlaftagebuch dient neben der Darlegung der Bettzeiten dazu
festzustellen, ob es neben jenen vom Patienten beschriebenen „schlechten“ Nächten
auch Nächte gibt, in denen die Schlafbeschwerde nicht auftritt. Dies kann ein erster
Hinweis auf eine psychisch bedingte Schlafstörung sein. Auf der Grundlage dieser
Informationen wird eine erste Verdachtsdiagnose festgelegt. Diese lenkt das weitere
Vorgehen. Liegt der Verdacht nahe, dass die vorliegende Schlafstörung organische
Ursachen hat, wie z. B. bei einer schlafgebundenen Atmungsstörung, so erfolgt i.d.R.
eine Überweisung in ein pulmonologisches Schlaflabor. Bei den meisten anderen
Schlafstörungen
jedoch
wird
zumeist
eine
stationäre
Untersuchung
im
psychiatrisch/neurologischen Schlaflabor durchgeführt, sofern dies nach den bisherigen
Erkenntnissen indiziert erscheint.
Eine stationäre Schlaflabor-Untersuchung bleibt nur dann aus, wenn die Vermutung
nahe liegt, dass es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine nichtorganische
Insomnie handelt, die zunächst anhand anderer, ambulant durchführbarer, Methoden
(medikamentös bzw. psychotherapeutisch) behandelt werden kann. Erst wenn diese
Therapiemöglichkeiten ohne Erfolg bleiben und über einen Zeitraum von mehreren
Monaten persistieren, würde auch dann eine polysomnographische Untersuchung
erfolgen. In diesem Fall werden die Patienten gebeten, nach Möglichkeit auf die
Einnahme schlaffördernder Medikamente 14 Tage vor der Schlaflaboruntersuchung zu
verzichten.
37
Der Patient wird ausführlich über die diagnostische Einschätzung der Schlafbeschwerde
sowie das weitere Procedere informiert. Der überweisende Arzt erhält schriftliche
Informationen über den Inhalt des Gesprächs sowie das weitere Vorgehen.
3.1.2 Stationäre Schlaflaboruntersuchung
Zur Ableitung des Nachtschlafs erscheint der Patient einige Stunden vor der
eigentlichen Untersuchung. Auch hier werden, da der ambulante Termin zumeist einige
Wochen zurückliegt, erneut der PSQI und das BDI vorgelegt. Das Pflegepersonal weist
den Patienten in den genauen Ablauf der Untersuchung ein und informiert
beispielsweise darüber, dass während des Aufenthaltes im Schlaflabor keine
alkoholischen oder koffeinhaltigen Getränke konsumiert werden dürfen 11 . Es folgt ein
Aufnahme-Gespräch
durch
das
akademische
Personal,
in
dem
eventuelle
Veränderungen seit der ambulanten Voruntersuchung besprochen und aktuell
eingenommene
Medikation
abgeklärt
werden.
Durch
eine(n)
schlafmedizinisch
geschulte(n) Stationsarzt/Stationsärztin wird dann eine ausführliche internistische und
neurologische Untersuchung durchgeführt.
Gegen 21 Uhr beginnt die Vorbereitung der Untersuchung. Es werden die
erforderlichen Geräte zum Ableiten physiologischer Parameter angelegt (EEG, EMG,
EOG 12 , EKG, usw.). Das EEG, das in erster Linie der Differenzierung der verschiedenen
Non-REM-Schlafstadien und des Wachzustandes dient, wird nach dem internationalen
10/20-System von den Positionen C3 und C4 abgeleitet. Als Referenz dient eine
Elektrode, die am kontralateralen Mastoid 13 platziert wird (C3-A2, C4-A1). Das EMG der
Kinnregion dient hauptsächlich der Charakterisierung von Beginn und Ende der REMSchlafepisoden, in denen der Muskeltonus stark herabsinkt. Des Weiteren wird zur
Messung
motorischer
Aktivität
(z.B.
bei
der
Diagnostik
nächtlicher
Bewegungsstörungen z.B. periodische Bewegungen der Extremitäten, v.a. der Beine,
PLMS) das EMG des Musculus tibialis anterior erfasst. Das EOG dient vor allem der
Identifizierung des REM-Schlafes, der durch rasche konjugierte Augenbewegungen
gekennzeichnet ist. Zudem ist es zur Differenzierung leichten Non-REM-Schlafes (=
Stadium 1) vom Wachzustand hilfreich. Im Leichtschlaf finden sich langsame, rollende
11
Nach Aussage der Mitarbeiter der Zentralküche der Universitätsklinik Freiburg werden in der
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie nur koffeinfreie Getränke ausgegeben.
12
EOG = Elektrookulogramm: Ableitung der Augenbewegungen
13
Mastoid = hinter dem äußeren Gehörgang tastbarer Fortsatz des Schläfenbeins
38
Augenbewegungen.
Die
horizontalen
Augenbewegungen
werden
durch
Elektrodenplatzierung neben den äußeren Augenwinkeln auf Pupillenhöhe erfasst. Die
vertikalen Augenbewegungen hingegen werden durch zwei Elektroden ober- und
unterhalb der geradeaus blickenden Pupille registriert. Bei der Atemregistrierung
werden zur Nasen- und Mundatmung Thermistoren eingesetzt, die im Luftstrom von
Nase und Mund angebracht werden. Ferner registrieren Bauch- und Brustgürtel
Abdominal- und Thorakalatmung. Die Sauerstoffsättigung wird durch ein Oxymeter
gemessen, welches am Finger angebracht wird. Schließlich wird zur Diagnostik
möglicher Atmungsstörungen ein EKG registriert, um die häufig mit Apnoen
assoziierten Herzrhythmusstörungen zu erfassen. Alle Biosignale werden mit einem 14Kanalschreiber (Nihon-Kohden) bei einer Papiergeschwindigkeit von 10mm/Sekunde
aufgezeichnet
und
digitalisiert
auf
Festplatte
gespeichert.
Zur
Registrierung
motorischer Aktivitäten läuft während der gesamten Nacht eine Video-Aufzeichnung
mit, die nach ca. einer Woche gelöscht wird, sofern sich keine Auffälligkeiten (z.B.
Schlafwandeln) gezeigt haben.
Sowohl Patienten als auch gesunde Probanden verbringen zwei aufeinanderfolgende
Nächte im Schlaflabor. Die polysomnographischen Ableitungen finden i.d.R. zwischen
23:00 Uhr und 7:00 Uhr statt. Die Patienten schlafen in schallisolierten Einzelzimmern,
die mit einer Infrarotkamera überwacht werden. Die erste Nacht, also die
Adaptationsnacht, dient den Patienten und Probanden dazu, sich zunächst an die
Gegebenheiten des Schlaflabors und an das Schlafen mit Elektroden zu gewöhnen.
Trotzdem werden auch die hierdurch entstehenden Daten inhaltlich interpretiert, z.B.
im Rahmen der Abklärung eines möglichen FNE/RFNE. Zusätzlich dient vor allem die
erste
Nacht
zum
Ausschluss
einer
Insomnie
organischer
Genese.
Zeigen
Atemdiagnostik und Registrierung der Beinbewegungen keine Auffälligkeiten, wird in
der Baselinenacht auf die Ableitung dieser Parameter verzichtet, nicht zuletzt auch
deswegen, um einen relativ ungestörten Schlaf zu gewährleisten. Am Morgen nach
jeder Untersuchungsnacht wird der Patient nach dem Aufwachen gebeten, den SF-A
auszufüllen. Am Morgen nach der ersten Untersuchungsnacht findet die Ableitung
eines klinischen EEGs und Ruhe-EKGs statt, sowie eine Blut- und Urinuntersuchung.
Das EEG dient dem Ausschluss epilepsietypischer Potentiale. Das EKG informiert über
den Lagetyp des Herzens, den Herzrhythmus, die Herzfrequenz und etwaige
kardiologische Auffälligkeiten (Erregungsbildungszentren wie supraventrikuläre oder
ventrikuläre Extrasystolien; Erregungsleitungsstörungen wie z.B. ein Rechts- oder
39
Linksschenkelblock als möglicher Hinweis für eine strukturelle Schädigung oder
Belastung der rechten bzw. linken Herzammer). Das Blutbild umfasst ein großes
Blutbild zzgl. Leber- und Schilddrüsenwerten. Die Urinuntersuchung dient der
Ermittlung des Urin-Status. Diese Erhebung ist z.B. für die Abklärung von
Entzündungen der harnableitenden Wege nützlich.
3.1.3 Auswertung und Parametrisierung des Polysomnogramms
Die
über
einen
Zeitraum
von
acht
Stunden
erhobenen
computerisierten
polysomnographischen Daten werden durch Medizinisch-Technische-Assistenten des
Schlaflabors ausgewertet. Die Auswertung erfolgt visuell anhand der Kriterien von
Rechtschaffen und Kales (1968). Hierzu wird der gesamte Ableitungszeitraum in
Epochen von 30 Sekunden-Einheiten unterteilt und jede Epoche einem Schlafstadium
zugeordnet. Hieraus lässt sich für jede Nacht ein Schlafprofil erstellen, wie es
beispielhaft in Abb. 5 dargestellt ist.
Abb. 5: Schlafprofil eines gesunden Schläfers
(MT = movement time; BM =body movements; EM = eye movements)
Wie aus der Abbildung ersichtlich gibt das Polysomnogramm Informationen über die
Verteilung des NREM- (Stadium 1-4) bzw. REM-Schlafs und Wach sowie deren exakte
40
Dauer in Minuten. Des Weiteren werden Arousals (Weckereignisse) sowie Körper- bzw.
Augenbewegungen festgehalten 14 .
Zur weiteren Analyse des Nachtschlafs ist eine Parametrisierung der Daten erforderlich.
Für die vorliegende Untersuchung wurden folgende Parameter der Schlafkontinuität/architektur bzw. Indizes bestimmt:
•
Einschlaflatenz SOL (sleep onset latency): Zeit (in Minuten) zwischen dem
Beginn der Registrierung und dem erstmaligen Auftreten von Stadium 2.
•
Gesamtschlafzeit TST (total sleep time): Gesamtzeit in Minuten, die schlafend
verbracht wurde (alle Stadien außer Wach).
•
Schlafperiode SPT (sleep period time): Zeit zwischen dem Einschlafen und dem
letztmaligen Auftreten eines Stadiums außer Wach.
•
Registrierzeit/Bettzeit TIB (time in bed): Zeitraum zwischen Beginn und Ende
der polysomnographischen Aufzeichnung.
•
Schlafeffizienz SEI (sleep efficiency index): Prozentuales Verhältnis von
Gesamtschlafzeit zur Registrierzeit.
•
Aufwachereignisse: Anzahl der Aufwachereignisse (d.h. Stadium Wach folgt
einem anderem Stadium) bezogen auf die Schlafperiode.
•
Arousal
index/TST:
Anzahl
der
Weckreaktionen
bezogen
auf
die
Gesamtschlafzeit. Die Arousals wurden nach den Kriterien der American Sleep
Disorders Association analysiert (Sleep Disorders Atlas Task Force, 1992).
•
Schlafstadien: Prozentuale Verteilung der Schlafstadien 1 bis 4 und REM-Schlaf
sowie Wach bezogen auf die Schlafperiode.
•
REM Latenz: Zeit zwischen SOL und dem erstmaligen Auftreten von Stadium
REM.
•
REM Dichte: Relative Häufigkeit von schnellen Augenbewegungen im REMSchlaf (in Prozent).
•
Apnoe/PLMS-Index: Anzahl der Apnoen bzw. PLMS im Verhältnis zur
Gesamtschlafzeit. Dadurch lässt sich ein Durchschnittswert von Apnoen bzw.
PLMS pro Stunde errechnen.
Zur besseren Übersicht zeigt Abbildung 6 noch einmal die einzelnen Stationen der
Untersuchung bzw. resultierende Daten.
14
Auf der Abbildung nicht ersichtlich ist die Atmung, Sauerstoffsättigung sowie periodische
Bewegungen der Extremitäten, wie sie bei Adaptationsnächten üblich ist. Movement time =
Durch überwiegende Bewegungsartefakte ist eine Zuordnung eines Stadiums nicht möglich.
41
Tag 1
Psychometrie
PSQI, BDI
Tag 2
Aufnahmegespräch,
körperliche
Untersuchung
Nacht 2
SF-A
SOL, TST, SEI,
Anzahl der
Aufwachereignisse,
Arousal-Index,
Wach%, S1%,
S2%, SWS%,
REM% (SPT), REM
Latenz, Anzahl der
Augenbewegungen,
REM Dichte,
Apnoe- und PLMSIndex
Polysomnographie
Zusatzuntersuchungen
Nacht 1
Tag 3
SF-A
Parameter wie
Nacht 1, jedoch
ohne
Apnoe/PLMSDiagnostik
EEG, EKG, Blut-,
Urinuntersuchung
Abschlussgespräch
Abb. 6: Ablauf der Schlaflaboruntersuchung bzw. Datenerhebung
42
Zur mikroanalytischen Untersuchung des Nachtschlafs wird zusätzlich die spektrale
Leistung des C3-A2 EEG-Signals durch Fast-Fourier-Transformation berechnet. Die
Power-Spektren werden in Übereinstimmung mit dem Staging der Schlafstadien für
jede 30-Sekunden-Epoche mit einer Auflösung von 0.39 Hz berechnet und zu den
Frequenzbändern Delta1 (0.1–1 Hz), Delta2 (1-3.5 Hz), Theta (3.5-8 Hz), Alpha (8-12
Hz), Sigma (12-16 Hz), Beta1 (16-24 Hz), Beta2 (24-32 Hz), Gamma (32-48 Hz) sowie
der
Gesamtleistung
zusammengefasst.
Über
die
Nacht
hinweg
werden
die
Leistungswerte innerhalb der NREM-Episoden (Stadien 2, 3 und 4) gemittelt. Weil die
spektrale Leistung nicht normalverteilt ist - negative Werte gibt es nicht, aber
vereinzelt sehr hohe Werte - wird vor der Mittelung der (natürliche) Logarithmus der
Leistungen in den Frequenzbändern berechnet. Dies bewirkt eine Annäherung an die
Normalverteilung, indem kleinere Werte betont und hohe abgeschwächt werden.
Zusätzlich werden durch ein automatisches Verfahren Epochen von der Mittelung
ausgeschlossen, die im Gammaband oder in der Gesamtleistung stark von den
umgebenden Epochen (5 Minuten vorher und 5 Minuten nachher) abweichen. Zur
näheren Beschreibung der Datenanalyse s. Feige, Voderholzer, Riemann, Hohagen &
Berger (1999).
3.2 Rekrutierung der Daten
Patienten
Nach Untersuchung der Patienten, Durchführung der Abschlussgespräche sowie
Parametrisierung der Daten werden alle schriftlichen Befunde archiviert. Die
digitalisierten Daten (Schlafparameter, psychometrische Befunde) werden in dafür
vorgesehene Datenbanken gespeichert. Blut- bzw. Urinbefunde sowie Diagnosen und
Behandlungszeitpunkte sind über „PROMETHEUS“, einem klinikinternen Programm,
welches über das Intranet der Uniklinik abgerufen werden kann, abgespeichert. Es
muss allerdings hinzugefügt werden, dass all jene Daten nur befugten Personen und
nicht ohne vorherige Erlaubnis zugänglich sind.
Nach Absprache mit dem Techniker der Schlafmedizinischen Station wurden der
Referentin alle Patienten tabellarisch zugänglich gemacht, bei denen nach stationärer
Untersuchung die Diagnose einer Nichtorganischen Insomnie vergeben worden war.
Festgelegt wurde zu Beginn der vorliegenden Untersuchung der Einschluss-Zeitraum
von
1996
bis
einschließlich
2002.
Während
dieser
Zeit
wurden
auf
der
Schlafmedizinischen Station gleiche Untersuchungs-Standards angelegt, so dass von
43
vergleichbarem Datenmaterial ausgegangen werden kann. Innerhalb dieses Zeitraumes
wurden 235 Patienten des Schlaflabors mit der Entlass-Diagnose „ICD-10: F51.0“
versehen. Allerdings befanden sich hierunter auch Patienten mit Zusatzdiagnosen, die
den
Einbezug
in
die
vorliegende
Untersuchung
ausschlossen.
Folgende
Ausschlusskriterien wurden daher zuvor festgelegt:
•
Klinisch relevante medizinische oder neurologische Erkrankungen.
•
Aktuelle
oder
vergangene
psychiatrisch
oder
organisch
bedingte
Schlafstörungen.
•
Einnahme psychotroper oder anderer Substanzen, bei denen ein Einfluss auf
die Schlafregulation bekannt ist (während der Schlaflabor-Untersuchung bzw.
innerhalb der 14 Tage zuvor).
•
Klinische oder objektive Symptome eines Restless-legs-Syndroms (PLMSIndex/TST
mit
Arousal
≥
5/Std.)
bzw.
einer
schlafbezogenen
Atmungsregulationsstörung, selbst dann, wenn diese erfolgreich therapiert
worden waren.
•
Substanzabusus bzw. Suchterkrankungen in der Vorgeschichte.
•
Aktuelle
oder
vergangene
Schichtarbeit
oder
häufig
wechselnder,
unregelmäßiger Schlafrhythmus.
•
Schwangerschaft.
Die Akten der Insomnie-Patienten wurden auf die o.g. Kriterien untersucht.
Insbesondere die darin befindlichen Arztbriefe enthielten die erforderlichen Daten.
Beispielhaft sind im Anhang der Arztbrief einer ambulanten (Anhang A) und einer
stationären Untersuchung (Anhang B) bei einer Patientin abgebildet. Anhand eines
eigens
erstellten
Anamnese-Fragebogens
(siehe
Anhang
C)
wurden
neben
demographischen Daten (Geburtsdatum, Familienstand, Schulbildung) und dem
Untersuchungszeitraum
zusätzlich
Informationen
bzgl.
der
aktuellen
sowie
vergangenen Medikamenten-Einnahme, der Dauer der Schlafstörung und der
Familienanamnese
dokumentiert.
Aus
den
Entlassbriefen
nach
stationärer
Untersuchung gingen zusätzlich Informationen zu den Befunden des EEGs, EKGs, des
Blut- und Urinbefundes ein. Außerdem konnte ermittelt werden, ob die Patienten
Alkohol und/oder Nikotin konsumierten.
Bei manchen Variablen wurde eine Kategorisierung nach gesonderten Kriterien
durchgeführt. Diese Unterteilung soll der Deskription und dem Vergleich innerhalb der
44
Patientengruppe dienen, da diese Informationen nicht von den gesunden Probanden
verfügbar ist. Tabelle 2 zeigt die vorgenommene Kategorisierung.
Tabelle 2: Kategorisierung der demographischen Variablen
Variable:
Dauer der Insomnie
Letzte Medikamenteneinnahme
Kategorien:
•
≤6 Monate
•
≤ 1 Jahr
•
1 – 5 Jahr(e)
•
6 – 10 Jahre
•
> 10 Jahre
•
Vor 2 Wochen
•
Vor 2 – 4 Wochen
•
Vor 5 – 12 Wochen
•
Vor 13 Wochen
•
Noch nie
Nikotin- bzw. Alkoholkonsum
Ja/nein
Vorkommen von Schlaf- bzw. psychiatri-
•
Schlafstörungen
schen Erkrankungen bei Verwandten 1.
•
Psychiatrische Erkrankungen
Grades (Familienanamnese)
•
Schlafstör. und psychiatr. Erkr.
•
Keine derartigen Erkrankungen
•
Unverheiratet
•
Verheiratet
•
Geschieden
•
Verwitwet
•
keine
•
1 Kind
•
2 Kinder
•
3 Kinder
•
4 Kinder
•
Volks- und Hauptschule
•
Realschule (Mittlere Reife)
•
Allgemeine Hochschulreife
•
Hochschulabschluss
Familienstand
Kinder
Schuldbildung
45
Ca. die Hälfte der Patienten wurde aus Gründen der Medikamenteneinnahme nicht in
die vorliegende Untersuchung miteinbezogen, da z.B. ärztlicherseits das Ausschleichen
der Medikamente nicht befürwortet worden war. Andererseits gab es auch Patienten,
bei denen das schlaffördernde Medikament zu spät abgesetzt worden war, also erst
innerhalb des 14 Tage-Zeitraums vor der Untersuchung. Da die Halbwertszeiten
mancher Hypnotika sehr lang sind, wurde für alle eingeschlossenen Patienten eine
Mindestdauer von 14 Tagen Medikamentenfreiheit vorausgesetzt. Bei einem kleineren
Teil der Patienten waren Schlaf-Zusatzdiagnosen der Grund für einen Ausschluss aus
der
Patienten-Stichprobe
(Apnoe-Syndrom;
RLS;
gravierende
organische
Erkrankungen; Einnahme von Medikamenten, die ihrerseits eine Schlafstörung
auslösen können).
Gesunde Probanden
Die Gruppe der gesunden Kontrollpersonen wurde einer Datenbank entnommen, in der
resultierende Untersuchungsdaten aller Kontrollprobanden archiviert werden, die
jemals im Schlaflabor – meist im Rahmen von Studien - untersucht worden waren. Der
„normale“ Schlaf der gesunden Probanden wird vor der polysomnographischen
Untersuchung durch Selbsteinschätzung sowie Fragebögen sichergestellt. Im Anschluss
unterlaufen sie hinsichtlich der stationären Abläufe ein ähnliches Procedere wie in
Abbildung 6 dargestellt, abgesehen von den Zusatzuntersuchungen.
3.3 Datenverarbeitung und -bereinigung
Zur Sicherheit wurde bei allen eingeschlossenen Patienten das Polysomnogramm aus
dem klinikeigenen Programm „Somno 2.0“ geladen und auf eventuelle Auffälligkeiten
untersucht. Diese zeigten sich z.B. in Form von Messfehlern bei der Aufzeichnung,
hervorgerufen durch Elektroden, die sich während der Untersuchung gelöst hatten.
Kam es hierdurch zu sehr langen Aufzeichnungspausen (≥ 10 Minuten) so wurden die
Daten des Patienten/Probanden ebenfalls ausgeschlossen. Hierdurch sollte die
Vergleichbarkeit der Daten gewährleistet werden. Weitere Ausschlussgründe waren
häufige Entsättigungen (≤ 90%), ersichtlich durch die Sauerstoffsättigungskurve.
Durch die Kontrolle der PSGs konnte sichergestellt werden, dass keine Fehler
übersehen wurden, die an den reinen Rohdaten nicht ersichtlich gewesen wären. Auf
Seiten der Psychometrie wurden ebenfalls die Rohdaten überprüft. PSQI-Gesamtscores
46
<5 Punkte wurden beispielsweise aus der Datei entnommen, da per definitionem erst
ein Wert von mindestens fünf eine subjektive Schlafbeschwerde ausmacht.
Nach Bereinigung dieser Daten wurde anhand der Patienten- und KontrollprobandenStichprobe ein sogenanntes Matching vorgenommen. Hierbei wurden die Patienten
anhand bestimmter Kriterien – in diesem Fall Alter und Geschlecht – paarweise den
gesunden Kontrollen zugeordnet. Nachdem ein Matching erzielt worden war, konnte
anhand der Buch-Nummern, mit der jede Untersuchungsnacht beziffert wird, das
Kopieren der PSG-Parameter (s. 3.1.3), sowie der psychometrischen Daten (PSQI, BDI
und SF-A) in das Statistik-Programm SPSS für Windows, Version 14.0, durchgeführt
werden. Die SPSS-Datei erhielt demnach für die gesamte Stichprobe die PSG- und
Fragebogen-Daten sowohl der ersten (Adaptations-) als auch der zweiten (Baseline)Nacht. Die durch den Anamnese-Fragebogen ermittelten demographischen Daten
wurden per Hand in diese Datei eingefügt. Zusätzlich wurden eventuelle EEG-, EKG,
sowie Blut- und Urin-Auffälligkeiten als Variablen eingefügt.
3.4 Hypothesen
Die vorliegende Untersuchung ist eine Studie explorativen Charakters, die von der
Annahme unterschiedlicher Schlafqualität bei Patienten mit nichtorganischer Insomnie
im Vergleich zu gesunden Kontrollen ausgeht. Bezüglich der unter 2.5 beschriebenen
Untersuchungsziele der vorliegenden Arbeit heißt dies:
1. Die untersuchten demographischen Daten dienen rein der Beschreibung der
Patienten-Stichprobe. Ergebnisse der EEG-, EKG-, Blut- und Urinuntersuchungen
unterstützen die Überprüfung, ob es sich bei der Schlafbeschwerde um eine
nichtorganische Störung handelt.
2. Bei den Patienten zeigt sich eine signifikant schlechtere Schlafqualität in allen
untersuchten PSG-Schlafparametern im Vergleich zu gesunden Kontrollen. Im
einzelnen bedeutet dies:
•
bei Patienten eine längere Einschlaflatenz, kürzere Gesamtschlafzeit und somit
ineffizienteren
Schlaf.
Dieser
spiegelt
sich
ebenfalls
in
häufigeren
Aufwachereignissen sowie durch einen erhöhten Arousal-Index wider.
•
Hinsichtlich
der
oberflächlicheren
Schlafarchitektur
(mehr
Wach%,
zeigen
S1%-
Patienten
und
einen
S2%-Schlaf),
signifikant
dafür
aber
unerholsamen, wenig tiefen Schlaf (weniger SWS% und REM%).
47
•
Für REM-Parameter werden zunächst keine gerichteten Hypothesen aufgestellt,
da vorangegangene Studien nur wenige REM-spezifische Unterschiede zwischen
primär insomnisch gestörten Patienten und Kontrollen aufwiesen. Denkbar wäre
aber hier – gemäß der häufig erhöhten Depressivität bei Insomnie-Patienten –
eine verkürzte REM-Latenz und höhere REM-Dichte.
3. Bei der mikroanalytischen Untersuchung des Schlafs mittels Spektralanalyse
werden bei Patienten signifikante Unterschiede im hochfrequenten Bereich (Beta: 1624 Hz) im Gegensatz zu Gesunden erwartet.
4. Auf Seiten der Psychometrie zeigt sich ein signifikant höherer PSQI-, BDI- sowie
SF-A-Gesamtscore
bei
Patienten
gegenüber
Gesunden.
Eine
Schätzung
der
Schlafqualität wird durch einen Vergleich von objektiven wie subjektiven Parametern
vorgenommen. Es wird angenommen, dass Patienten sich bei der Einschlafzeit und
Gesamtschlafzeit verschätzen, während Gesunde im Schätzen von subjektiven
Parametern korrekter sind.
5. Bei beiden o.g. Punkten wird das Geschlecht kontrolliert. Die Annahme ist hier,
dass Frauen zwar in subjektiver Hinsicht mit höheren Gesamtscores in den
Vordergrund treten, aber objektiv nicht schlechter schlafen als Männer. Bei den
Männern hingegen wird ein oberflächlicherer, wenig tiefer Schlaf (gemessen über
S1% und SWS%) vermutet. Dies wird vor allem bei älteren Patienten der Fall sein.
Daher wird das Alter in der Varianzanalyse ebenfalls kontrolliert.
6. Weiterhin sollen zwischen einzelnen Variablen Zusammenhänge überprüft werden.
Eine Überprüfung erfolgt hier ebenfalls explorativ; es werden demzufolge vorab keine
Hypothesen aufgestellt. Berechnet wird hier ein Zusammenhang zwischen:
•
der Dauer der Insomnie und dem Medikamenten- bzw. Substanzgebrauch.
•
der Dauer der Insomnie und anderen demographischen Variablen zzgl. des Alters
•
Medikamentengebrauch und Fragebogen-Ergebnisse
•
Medikamentengebrauch und PSG-Daten
7. Zur Kontrolle des FNE wird ein Vergleich der Adaptations- mit der Baselinenacht
innerhalb jeder Gruppe angestellt. Es wird angenommen, dass der FNE bei Patienten
stärker ausgeprägt ist.
48
3.5 Statistische Auswertungsverfahren
Auf eine Testung der Normalverteilungsvoraussetzung wird verzichtet, da von
vornherein eine Stichprobengröße gewählt wurde (> 30), bei der sich die Forderung
nach normalverteilten Messwerten erübrigt (vgl. Bortz, 1999). Selbst bei Aufteilung der
Stichproben
nach
Patienten vs. Gesunde und Männer vs.
Frauen ist
die
Stichprobengröße immer noch groß genug, um diese Voraussetzung zu erfüllen.
Zu deskriptiven Zwecken werden für die subjektiven wie objektiven Schlafparameter
Mittelwert und Standardabweichungen sowie Maximum und Minimum berechnet. Für
die statistische Analyse möglicher Unterschiede zwischen Patienten und gesunden
Kontrollen (Faktor: „Gruppe“), Männern und Frauen (Faktor: „Geschlecht“) sowie des
Alterseinflusses
auf
die
Schlafkennwerte
(Kovariate:
„Alter“),
bzw.
mögliche
Interaktionen (Gruppe x Geschlecht; Geschlecht x Alter), werden Varianzanalysen
berechnet. Die multivariaten Analysen (MANOVA), die auf Berechnungen von Wilk’s
Lambda basieren, werden hierbei separat für subjektive bzw. objektive Datensets
berechnet.
Zur Berechnung von Zusammenhängen zwischen den Variablen werden je nach
Skalenniveau Pearson-Produkt-Moment-, Spearman-Korrelationen bzw. Chi-QuadratTests durchgeführt.
Zur Kontrolle eines möglichen FNE bzw. RFNE werden für beide Schlaflabornächte
innerhalb jeder Gruppe t-Tests für abhängige Stichproben (Nacht 1 vs. Nacht 2)
berechnet. Zudem wird zur besseren Überschaubarkeit beim Vergleich der Variablen im
Verlauf von Nacht 1 zu Nacht 2 ein Differenzwert berechnet (z. B. Veränderung der
Gesamtschlafzeit von Nacht 1 zu Nacht 2 = Mittelwert-TST/Adaptationsnacht minus
Mittelwert-TST/Baselinenacht).
Beim Vergleich Insomnie vs. Gesund für die Adaptationsnacht wird eine MANOVA mit
denselben Faktoren bzw. derselben Kovariate wie oben beschrieben berechnet.
Allen Berechnungen wird ein Signifikanzniveau von 5% zugrunde gelegt.
49
4 Ergebnisse
Im folgenden Kapitel werden, unter Betrachtung der unter 3.4 beschriebenen
Hypothesen, die Ergebnisse dargestellt. Zunächst erfolgt eine Beschreibung der
Stichprobe. Im Anschluss werden Unterschiede der objektiven Schlafqualität bei
Patienten im Vergleich zu Gesunden aufgezeigt. Zusätzlich zur Polysomnographie
werden die Daten spektralanalytisch untersucht. Neben der Betrachtung des objektiven
Schlafs dient die Hinzunahme der Psychometrie der Abklärung der subjektiven
Schlafqualität. Einflüsse des Geschlechts sowie des Alters finden bei all diesen
Berechnungen
Berücksichtigung.
Ein
möglicher
paradoxer
Effekt
der
ersten
Schlaflabornacht wird durch einen Vergleich beider Nächte (getrennt für Patienten und
Gesunde) abgeklärt. Schließlich erfolgt eine Darstellung dessen, wie akkurat Patienten
und Gesunde bei der Einschätzung einzelner Schlafparameter sind.
4.1 Stichprobenbeschreibung
Alter und Geschlecht
Nach Durchsicht der Akten fanden sich insgesamt 100 Patienten, die den unter 3.2
genannten Ein- bzw. Ausschlusskriterien entsprachen. Die Patienten-Stichprobe
bestand aus 46 Männern und 54 Frauen. Das Alter lag im Durchschnitt bei 42.57
Jahren (± 12.50 Jahre) bei einem Altersrange von 17 – 65 Jahren. Entsprechend
wurden der bestehenden Datenbank gesunder Kontrollen die Datensätze von 100
Personen entnommen und in der Geschlechtsverteilung der Patienten-Stichprobe
angeglichen. Das Alter der beiden Gruppen konnte nur suboptimal angeglichen werden
(s. Abb. 7), denn in der Gruppe der Patienten befanden sich mehr Personen „mittleren
Alters“ (40 – 50 Jahre) als in der Kontrollgruppe. Die Kontrollgruppe hatte einen
Altersrange von 20 – 79 Jahren und einen Altersmittelwert von 41.12 Jahren (± 13.99
Jahre). Unterschiede in der Altersverteilung zwischen Patienten und Gesunden waren
jedoch nicht signifikant (Chi² = 46.3; df = 52; p = .698).
50
Altersverteilung der gesunden Kontrollprobanden
männlich
weiblich
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
< 25 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 >69
Altersgruppen in Jahren
Altersverteilung der Insom nie-Patienten
männlich
weiblich
20
15
10
5
0
< 25 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 65-69 >69
Altersgruppen in Jahren
Abb. 7: Altersverteilung der gesunden Kontrollen (oben)
und Insomnie-Patienten (unten)
Soziodemographie
Deskriptive Daten der Patienten sind in Tabelle 3 dargestellt. Da die gesunden
Kontrollen i.d.R. keine ambulante Voruntersuchung zur Schlaflabordiagnostik haben,
fehlen diese Informationen für die Stichprobe der Gesunden.
Anhand der Tabelle ist ersichtlich, dass nahezu 90% der Patienten schon mindestens
ein Jahr an einer Insomnie litten. In der Kategorie der Insomnie-Dauer „1 - 5 Jahre“
befinden sich ca. ein Drittel der Patienten. Allerdings sind hierunter die männlichen
Patienten mit 38% gegenüber den weiblichen (25%) stärker repräsentiert. Genau
gegensätzlich dazu verhält sich die Geschlechtsverteilung bei einer Insomnie-Dauer von
mehr als 10 Jahren.
51
Tabelle 3: Charakteristika der Insomnie-Patienten (gemäß eigener Angaben)
Variable
Kategorien
Dauer der Insomnie
(Mittelwert: 10.58 J. ± 10.09 J.;
Männer: 8.87 J. ± 7.94 J.,
Frauen: 11.96 J. ± 11.36 J.)
≤ 6 Monate
Ergebnisse
(Männer/Frauen)
3% (2%/4%)
≤ 1 Jahr
9% (9%/10%)
1-5 Jahre
31% (38%/25%)
6-10 Jahre
21% (24%/20%)
> 10 Jahre
36% (27%/41%)
Beginn der Insomnie
Mittelwert: 32.27 J. (± 12.99 J.)
[Männer: 31.32 J. (± 12.09 J.), Frauen: 33.10 J. (± 13.81J.)]
Vor 14 Tagen
48% (37%/58%)
Einnahme von
Vor 15-30 Tagen
4% (2%/6%)
Schlafmedikation
Vor 5 -12 Wochen
2% (2%/2%)
Vor 13 Wochen
6% (7%/6%)
Noch nie
40% (52%/28%)
Ja
19% (18%/20%)
Nein
81% (82%/80%)
Ja
77% (76%/77%)
Nein
23% (24%/23%)
Vorkommen von Schlaf-
Keine
44% (45%/42%)
bzw. psychiatrischen
Schlafstörungen
30% (23%/38%)
Erkrankungen bei
Psychiatrische Erkrankungen
19% (27%/11%)
Verwandten 1. Grades
Schlaf- und psychiatrische Erkrankungen
7% (5%/9%)
Familienstand
Unverheiratet
32% (40%/25%)
Verheiratet
56% (58%/54%)
Geschieden
10% (2%/17%)
Verwitwet
2% (0%/4%)
Keine
39% (47%/33%)
1 Kind
18% (16%/19%)
2 Kinder
34% (31%/36%)
3 Kinder
6% (4%/8%)
4 Kinder
3% (2%/4%)
Volks- und Hauptschule
22% (21%/23%)
Realschule (Mittlere Reife)
27% (23%/31%)
Allgemeine Hochschulreife
23% (22%/23%)
Hochschulabschluss
28% (34%/23%)
(Letzte)
Ja:
Nein:
Nikotinkonsum
Alkoholkonsum
Kinder
Schulbildung
52
Der mittlere Beginn der Schlafstörung ist ungefähr für beide Geschlechter gleich, wobei
Frauen im Durchschnitt zwei Jahre später an einer Insomnie erkranken. Fast 50% der
Insomnie-Patienten nahmen bis zur wash-out Phase vor der Schlaflaboruntersuchung
schlaffördernde Medikamente ein. 40% der untersuchten Patienten hatten hingegen
noch nie Schlafmedikation konsumiert. Unter den konsumierenden Patienten treten vor
allem Frauen mit 72 % in den Vordergrund. Im Gegensatz dazu hat fast die Hälfte der
männlichen Patienten – eigenen Angaben zufolge - noch nie schlaffördernde
Medikamente
eingenommen.
Eine
Korrelation
zwischen
den
Variablen
„Medikamenteneinnahme“ bzw. „Dauer der Insomnie“ erbrachte jedoch nicht den
erwarteten Zusammenhang (r = -.004, p = .971).
Die Patienten-Stichprobe umfasste zu 81% Nichtraucher und zu 23% Personen, die
keinen
Alkohol
konsumieren.
Interessanterweise
zeigten
sich
hinsichtlich
des
Substanzgebrauchs keine Geschlechtsunterschiede.
Mehr als die Hälfte der Patienten bejahten auf Nachfrage die Existenz von
Schlafstörungen und/oder psychiatrischen Erkrankungen in der Familie. Ein Drittel
berichtete über reine Schlafstörungen in der Familie. Frauen berichteten häufiger über
Schlafstörungen, derweil die Häufigkeit psychiatrischer Erkrankungen unter den
männlichen Patienten mehr als doppelt so hoch war.
56% der Patienten gaben an, verheiratet zu sein, derweil 32% dies verneinten. 10%
waren geschieden und 2% verwitwet. 39% der Befragten waren kinderlos. Unter
denen mit Kindern gaben 18% ein Kind und 34% zwei Kinder an. Weniger als 10% der
Patienten hatten drei oder mehr Kinder. Gemäß der beiden Variablen „Familienstand“
und „Kinderzahl“ zeigt sich, dass weibliche Patienten seltener unverheiratet sind und
seltener kinderlos. Die jeweiligen Schulbildungen sind annähernd gleich verteilt. Unter
den Hochschulabsolventen sind männliche bzw. unter den Realschulabsolventen
weibliche Patienten häufiger vertreten.
Um zu explorieren, inwiefern Zusammenhänge bestehen, wurden die in Tabelle 3
beschriebenen Variablen - außer „Familienstand“ und „Familienanamnese“ 15 miteinander
korreliert.
Laut
Tabelle
4
zeigen
sich
nur
wenig
signifikante
Zusammenhänge: Die Anzahl der Kinder korrelierte bei den männlichen Patienten
mäßig mit der Dauer der Insomnie (rs = .413; p = .004).
15
Für diese beiden Variablen folgt aufgrund ihres Skalenniveaus eine chi²-Berechnung,
dargestellt im fortlaufenden Text.
53
Tabelle 4: Korrelationen zwischen Variablen aus Tabelle 3
Dauer der Insomnie
Männer
Frauen
rs
Spearman-Koeffizient
Medikamenteneinnahme
Nikotinkonsum
Alkoholkonsum
Kinder 16
Schulbildung
.145
.037
.023
.413**
.156
-.058
.133
.131
.197
-.019
Medikamenteneinnahme
Männer
Frauen
rs
.027
-.020
-.045
.019
-.014
.023
.233
-.095
Zur Berechnung eines Zusammenhangs zwischen der Variable „Familienstand“ und
„Dauer der Insomnie“ wurde letztere Variable in folgende drei Gruppen unterteilt: (1) 0
– 4 Jahre (= 32.3%), (2) 5 – 10 Jahre (= 33.3%), (3) > 10 Jahre (= 34.4%).
Zusätzlich wurde die Variable Familienstand - aufgrund mangelnder Besetzung der
Zellen „geschieden“ bzw. „verwitwet“ – auf die verbleibenden Zellen „ledig“ bzw.
„verheiratet“ reduziert. Es ergab sich für Männer kein signifikanter Zusammenhang
(chi² = 4.95; df = 2; p = .084); für Frauen wurde die Korrelation dieser Variablen
jedoch signifikant (chi² = 6.23; df = 2; p = .044). Demnach besteht ein signifikanter
Zusammenhang bei den ledigen Frauen zwischen ihrem Familienstand und der Dauer
ihrer Schlafstörung. Sie sind in Gruppe (1) signifikant häufiger repräsentiert
(Durchschnittsalter: 37.5 Jahre ± 14.33 Jahre). Es befinden sich hingegen signifikant
wenig ledige Frauen in Gruppe (2) (Durchschnittsalter: 46.21 Jahre ± 11.21 Jahre).
Bei
der
Berechnung
des
Zusammenhangs
von
„Dauer
der
Insomnie“
und
„Familienanamnese“ blieben signifikante Ergebnisse aus (Männer: chi² = 5.14; df = 6;
p = .525; Frauen: chi² = 3.33; df = 6; p = .765).
Für die Überprüfung eines Zusammenhangs zwischen „Medikamenteneinnahme“ und
„Familienstand“ musste bei erstgenannter Variable ebenfalls die Zellanzahl auf
„Einnahme ja/nein“ reduziert werden, da auch hier durch eine weitere Unterteilung die
Zellbesetzung zu gering für eine chi²-Berechnung wurde. Es ergaben sich allerdings
weder signifikante Zusammenhänge für Männer (chi² = 11.22; df = 1; p = .358), noch
für Frauen (chi² = 0.44; df = 1; p = .694). Ebenfalls nicht signifikant waren die
Zusammenhänge
zwischen
„Medikamenteneinnahme“
und
„Familienanamnese“
(Männer: chi² = 5.82; df = 3; p = .121; Frauen: chi² = 0.93; df = 3; p = .816).
16
Tabelle 4 zeigt Spearman-Korrelationen. Lediglich Zusammenhänge mit der Variable „Kinder“
wurden durch den Pearson-Koeffizienten berechnet, da es sich hier um eine kontinuierliche
Variable handelt.
54
Um zu überprüfen, inwiefern sich bei den oben erwähnten Zusammenhängen partielle
Korrelationen abbilden (z. B. Alter/Dauer der Insomnie vs. Anzahl der Kinder), wurde
zusätzlich die Variable ALTER hinzugenommen und mit den Variablen aus Tabelle 4
korreliert. Dies brachte ebenfalls mäßige Korrelationen hervor. Die Dauer der
Insomnie 17 korrelierte beispielsweise geringfügig mit dem Alter (Männer: r = .305; p =
.042 und Frauen: r = .357; p = .010). Eine signifikante, aber ebenso mäßige
Korrelation wurde bei den weiblichen Patienten für die Variablen „Alter“ und
„Alkoholkonsum“ gefunden (r = .304; p = .045 vs. Männer: r = -.037; p = .816).
Mittels t-Test konnte gezeigt werden, dass das Durchschnittsalter der Alkohol
konsumierenden Patientinnen bei 47.91 Jahren (± 11.85 Jahre) lag und sich somit
signifikant von dem der Frauen unterschied, die keinen Alkohol konsumieren (39.20
Jahre ± 11.20 Jahre; p = .045). Es fanden sich jedoch keine zusätzlichen signifikanten
Korrelationen
zwischen
„Alter“
und
„Medikamenteneinnahme“,
„Nikotin-
und
Alkoholkonsum“ oder „Familienanamnese“.
Die Überprüfung, ob sich innerhalb der Patienten-Stichprobe organische (EEG-, EKG-,
Hämatologie-, Schilddrüsen-, Urin-) Auffälligkeiten erkennen lassen, bzw. wie häufig
diese auftraten, zeigt Tabelle 5. Um welche Auffälligkeiten es sich im einzelnen
handelte, wird im Anhang D näher erläutert 18 .
Tabelle 5: Häufigkeit von Auffälligkeiten für EEG/EKG/Blut/Urin-Untersuchungen
Variable:
EEG
EKG
Hämatologie
Schilddrüse
Urin
Anteil der Patienten
mit Auffälligkeiten:
7%
22%
51%
2%
7%
Durchschnittsalter
in Jahren:
48.71 ± 8.71
44.59 ± 11.76
41.57 ± 12.65
43 und 61
49.29
Verhältnis
männlich/weiblich
4/3
14/8
26/25
1/1
1/6
4.2 Polysomnographische Befunde
Bei der Untersuchung der 100 Patienten mit einer primären Insomnie im Vergleich zu
100 gesunden Kontrollprobanden fanden sich für die Baselinenacht signifikante
17
In diesem Fall wird die „Dauer der Insomnie“ wieder als kontinuierliche Variable gerechnet.
Sowohl EEG als auch EKG und Blut- bzw. Urinwerte wurden ärztlicherseits auf Ursachen hin
untersucht und als „für den Schlaf unerheblich“ festgestellt.
18
55
Effekte der MANOVA für die Faktoren GRUPPE, GESCHLECHT und die Kovariate ALTER.
Die Berechnung einer möglichen Interaktion GRUPPE x GESCHLECHT wurde für keine
der Variablen signifikant (s. Tabelle 6a). Eine Interaktion GESCHLECHT x ALTER blieb
ebenfalls ohne Signifikanz (nicht in Tabelle: F = 0.47; p: = .963)
4.2.1 Unterschiede der Schlafmaße im Vergleich Insomnie vs. Gesund
Hinsichtlich der Einschlafzeit zeigte sich für die Baselinenacht zunächst keine
signifikante Unterscheidung zwischen den beiden Gruppen. Insomnie-Patienten zeigten
sogar eine geringfügig kürzere durchschnittliche Einschlafzeit gegenüber Gesunden
(16.89 ± 16.72 vs. 17.65 ± 14.91). Der SOL-Maximalwert der Insomnie-Patienten lag
hingegen weitaus über dem der gesunden Kontrollgruppe (131 Minuten vs. 87.5
Minuten). Insomnie-Patienten unterschieden sich andererseits von den gesunden
Kontrollen signifikant in der Gesamtschlafzeit. Der Bereich, in dem die Werte für TST
streuten, lag zwischen annähernd vier und acht Stunden. Im Durchschnitt schliefen
Patienten demnach 25 Minuten weniger. Dies schlug sich entsprechend in der
Schlafeffizienz nieder, die mit ca. 5%-Punkten im Mittel Patienten und Gesunde
signifikant voneinander unterscheidet. Ineffizienter ist der Schlaf der Patienten
gegenüber Gesunden nicht zuletzt auch aufgrund der signifikant höheren Anzahl an
Aufwachereignissen, was sich zusätzlich in einem signifikant höheren ArousalIndex/TST niederschlägt.
56
Tabelle 6a: Unterschiede in objektiven (PSG) Schlafmaßen zwischen Insomnie-Patienten und Gesunden bzgl. der Baseline-Nacht
Einschlafzeit
Gesamtschlafzeit
Schlafeffizienz %
Aufwachereignisse
Arousal index/TST
Wach % SPT
S1 % SPT
S2 % SPT
SWS % SPT
REM % SPT
REM-Latenz
Anzahl Augenbewegungen
REM-Dichte
Min.
0,5
238
49,2
0
0
0
0,3
27,8
0
11,9
0
149
9,18
Kontrollen
Max.
M
87,5 17,65
486 425,25
99,06 88,18
62
17,89
32,94 12,56
39,95
7,08
22,05
6,94
72,28 56,45
25,48
7,31
32,49 21,67
174,5 66,04
1247 512,38
50,49 26,10
PSG-Unterschiede (deskriptive Daten)
Insomnie-Patienten
Männl. Kontr.
Weibl. Kontr.
Männl. Pat.
Weibl. Pat.
±SD
Min. Max.
M ±SD
M
±SD
M
±SD
M ±SD
M
±SD
±14,91
3,5
131
16,89 ±16,72
18,11 ±17,60
17,26 ±12,33
17,41 ±15,53
16,44 ±17,79
±42,14 231,5 473,5 400,67 ±51,41 423,04 ±45,21 427,13 ±39,67 401,35 ±48,33 400,09 ±54,33
±8,91
48,74 96,4 83,33 ±10,42
87,62 ±9,43
88,65 ±8,52
83,33 ±9,53
83,33 ±11,20
±11,86
0
52
22,45 ±10,41
18,50 ±12,43
17,37 ±11,44
23,33 ±10,93
21,70 ±9,98
±6,99
3,17 38,19 17,06 ±7,22
12,34 ±7,36
12,75 ±6,73
16,90 ±6,97
17,20 ±7,50
±7,47
0
48,9 11,43 ±9,51
7,40 ±8,27
6,81 ±6,78
10,85 ±7,67
11,92 ±10,89
±3,88
1,84 18,1
7,97 ±3,91
7,21 ±4,12
6,70 ±3,69
8,54 ±4,24
7,49 ±3,58
±7,43
27,32 75,24 55,39 ±7,94
56,52 ±7,69
56,40 ±7,27
55,17 ±6,21
55,58 ±9,21
±7,42
0
30,75
5,76 ±6,55
6,77 ±7,81
7,77 ±7,11
5,32 ±6,84
6,14 ±6,34
±4,71
4,42 30,24 19,05 ±4,99
21,48 ±4,98
21,82 ±4,51
19,66 ±5,08
18,53 ±4,89
±28,60
6,5
233
69,92 ±28,18
77,61 ±28,05
63,69 ±34,90
72,36 ±32,73
81,56 ±41,81
±179,63 97
778 417,94 ±155,84 518,28 ±196,85 507,35 ±165,28 429,37 ±167,12 408,20 ±146,42
±7,73
11,23 49,23 24,41 ±6,96
26,49 ±7,79
25,78 ±7,74
24,41 ±7,58
24,41 ±6,47
57
Tabelle 6a (Fortsetzung)
Multivar.Test (Wilk's Lambda)
Einschlafzeit
Gesamtschlafzeit
Schlafeffizienz %
Aufwachereignisse
Arousal index/TST
Wach % SPT
S1 % SPT
S2 % SPT
SWS % SPT
REM % SPT
REM-Latenz
Anzahl Augenbewegungen
REM-Dichte
PSG-Unterschiede (Haupteffekte)
GRUPPE
GESCHLECHT
ALTER
F
p
F
p
F
p
,000
1,80
,045
21,35
,000
3,22
0,10
,753
0,13
,715
0,12
,731
,000
0,56
,455
28,20
,000
13,00
,001
1,22
,272
48,78
,000
12,42
8,36
,004
3,06
,082
60,07
,000
19,25
,000
0,00
,993
12,53
,000
,001
0,15
,703
36,51
,000
12,30
,011
78,94
,000
3,29
,071
6,52
0,99
,321
0,01
,919
0,07
,787
,032
109,64
,000
1,95
,164
4,68
,000
0,05
,829
14,42
,000
13,21
,017
0,86
,356
0,23
,632
5,80
14,79
,000
0,18
,671
6,46
,012
2,66
,105
0,10
,747
0,01
,909
GRUPPE x GESCHLECHT
F
p
0,73
,728
0,00
,993
0,02
,878
0,00
,953
0,33
,568
0,06
,813
0,19
,665
1,06
,305
0,05
,820
0,17
,677
0,84
,362
5,63
,019
0,01
,931
0,12
,730
58
Hinsichtlich der Schlafarchitektur erlebten die Patienten signifikant mehr Wachzeiten
als gesunde Kontrollen. Der ebenfalls erhöhte Leichtschlafanteil bei Patienten wurde im
Vergleich zu Gesunden allerdings nicht signifikant. Weiterhin zeigten sich weniger
Stadium 2 bzw. Tiefschlaf gegenüber Gesunden - allerdings erreichten diese
Unterschiede
ebenfalls
keine
Signifikanz.
Im
prozentualen
REM-Schlafanteil
unterschieden sich die Gruppen insofern signifikant voneinander, als dass Patienten
durchschnittlich ca. 2,5 %-Punkte weniger REM-Schlaf aufwiesen als Gesunde. Die
REM-Latenz differierte nicht zwischen den Gruppen. Die Anzahl der Augenbewegungen
war bei den Patienten reduziert, allerdings blieb dieser signifikante Effekt bei der
Berechnung der REM-Dichte nicht erhalten.
4.2.2 Unterschiede der Schlafmaße im Vergleich Männer vs. Frauen
Bei Hinzunahme des Faktors GESCHLECHT wird ersichtlich, dass weibliche Patienten
die kürzeste bzw. männliche Patienten die längste Einschlafzeit gegenüber männlichen
und weiblichen Gesunden aufwiesen. Allerdings war dieser Effekt nicht signifikant. Bei
der Gesamtschlafzeit wiesen hingegen weibliche Gesunde zahlenmäßig die höchsten
Werte für TST auf, gegenüber den weiblichen Patienten, die den geringsten TST-Wert
im Mittel aufzeigten. Jedoch war dieser Unterschied ebenfalls nicht signifikant.
Männliche Insomnie-Patienten erlebten gegenüber allen anderen Gruppen am meisten
Aufwachereignisse.
Männer
beider
Gruppen
zeigten
insgesamt
den
höheren
Leichtschlaf- (s. Abb. 8a). bzw. geringeren Tiefschlafanteil (s. Abb. 8b) gegenüber den
Frauen. Allerdings wurde dieser Unterschied nur in der Gruppe der Patienten
signifikant.
Obgleich
sich
hinsichtlich
der
REM-Schlaf-Charakteristika
keine
signifikanten
Geschlechtsunterschiede zeigen, fällt auf, dass weibliche Patienten bei der längsten
REM-Latenz (gegenüber männlichen Patienten und weiblichen wie männlichen
Gesunden) den geringsten prozentualen REM-Schlafanteil und eine geringere Anzahl an
Augenbewegungen aufwiesen.
59
Stadium 1 % (SPT)
Männer
Frauen
14
12
10
8
6
4
Gesunde Kontrollen
Insomnie-Patienten
p = .302
p = .009
p = .071
Abb. 8a: Prozentualer Leichtschlafanteil (SPT) bei männlichen und weiblichen
Gesunden (links) bzw. Patienten (rechts)
60
SWS % (SPT)
Männer
Frauen
16
12
8
4
0
Gesunde Kontrollen
Insomnie-Patienten
p = .913
p = .045
p = .164
Abb. 8b: Prozentualer Tiefschlafanteil (SPT)
bei männlichen und weiblichen Gesunden (links) bzw. Patienten (rechts)
4.2.3 Unterschiede der Schlafmaße im Verlauf des Alters
Bei einigen der untersuchten Schlafparameter konnten Alterseinflüsse gefunden
werden. Sowohl die Gesamtschlafzeit (s. Abb. 9a), die Schlafeffizienz, als auch der
Tief- und REM-Schlaf (s. Abb. 9b und 9c) nehmen mit zunehmendem Alter signifikant
ab. Die REM-Latenz als auch die Anzahl der Augenbewegungen reduzieren sich mit
steigendem Alter (s. Abb. 9d und 9e), derweil die REM-Dichte durch das Alter
unbeeinflusst bleibt. Auf der anderen Seite steigen die Anzahl der Aufwachereignisse
(s. Abb. 9f), die Wach- und Leichtschlafzeiten mit zunehmendem Alter an (s. Abb. 9g
und 9h). Für eine einzige Variable konnte die Interaktion GRUPPE x ALTER anschaulich
gemacht werden (nicht in der Tabelle ersichtlich): Der Arousal-Index/TST erhöht sich
bei Patienten mit steigendem Alter stärker als bei Gesunden (s. Abb. 10).
61
500
450
TST in Minuten
400
gesunde Kontrollen
Insomnie-Patienten
350
Kontrollen
Patienten
300
250
200
0
20
40
60
80
100
Alter in Jahren
Abb. 9a: Veränderung der Gesamtschlafzeit über das Alter hinweg
bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
35
30
SWS %
25
gesunde Kontrollen
20
Insomnie-Patienten
Kontrollen
15
Patienten
10
5
0
0
20
40
60
80
100
Alter in Jahren
Abb. 9b: Veränderung des Tiefschlafs über das Alter hinweg
bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
62
35
30
REM-Schlaf %
25
gesunde Kontrollen
20
Insomnie-Patienten
Kontrollen
15
Patienten
10
5
0
0
20
40
60
80
100
Alter in Jahren
Abb. 9c: Veränderung des REM-Schlafs über das Alter hinweg
bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
250
REM-Latenz in Minuten
200
150
gesunde Kontrollen
Insomnie-Patienten
Kontrollen
Patienten
100
50
0
0
20
40
60
80
100
Alter in Jahren
Abb. 9d: Veränderung der REM-Latenz über das Alter hinweg
bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
63
1400
Anzahl der Augenbewegungen
1200
1000
gesunde Kontrollen
800
Insomnie-Patienten
Kontrollen
600
Patienten
400
200
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Alter in Jahren
Abb. 9e: Veränderung der Anzahl an Augenbewegungen über das Alter hinweg
bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
70
Anzahl der Aufwachereignisse
60
50
40
gesunde Kontrollen
30
InsomniePatienten
Kontrollen
Patienten
20
10
0
0
20
40
60
80
100
Alter in Jahren
Abb. 9f: Veränderung der Häufigkeit der Aufwachereignisse über das Alter hinweg
bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
64
60
50
Wach %
40
gesunde Kontrollen
InsomniePatienten
30
Kontrollen
Patienten
20
10
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Alter in Jahren
Abb. 9g: Veränderung der prozentualen Wachzeit über das Alter hinweg
bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
25
Stadium 1 %
20
15
gesunde Kontrollen
Insomnie-Patienten
Kontrollen
Patienten
10
5
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Alter in Jahren
Abb. 9h: Veränderung des prozentualen Leichtschlafs (Stadium 1) über das Alter
hinweg bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
65
45
40
Arousal index (TST)
35
30
gesunde Kontrollen
25
Insomnie-Patienten
Patienten
20
Kontrollen
15
10
5
0
0
20
40
60
80
100
Alter in Jahren
Abb. 10: Veränderung des Arousal-Indizes/TST über das Alter hinweg
bei Patienten im Vergleich zu Gesunden
Tabelle 6b: Korrelation zwischen den PSG-Schlafvariablen und dem Alter
Gesunde
Pearson Koeffizient
Einschlafzeit
Gesamtschlafzeit
Schlafeffizienz %
Aufwachereignisse
Arousal index/TST
Wach % SPT
S1 % SPT
S2 % SPT
SWS % SPT
REM % SPT
REM-Latenz
Anzahl Augenbewegungen
REM-Dichte
r
Insomnie-Patienten
.010
-.342*
-.507*
.506*
.084
.449*
.511*
.060
-.574*
-.281*
-.074
-.145
.021
-.065
-.371*
-.390*
.435*
.423*
.365*
.529*
-.019
-.608*
-.256*
-.108
-.232**
-.047
* Die Korrelation ist auf dem Niveau von .05 (2-seitig) signifikant.
** Die Korrelation ist auf dem Niveau von .01 (2-seitig) signifikant.
Tabelle 6b zeigt die berechneten Korrelationen mit dem Alter auf. Die Ergebnisse
entsprechen bis auf wenige Ausnahmen den multivariat berechneten „Alterseinflüssen“
aus Tabelle 6a. Für die Variable Arousal-Index bestätigt sich z.B. der laut MANOVA
ermittelte Interaktionseffekt GRUPPE X ALTER: Eine signifikante Korrelation besteht
hier
nur
für
die
Gruppe
der
Insomnie-Patienten.
Trotz
eines
signifikanten
66
Alterseinflusses bzgl. der REM-Latenz laut MANOVA kann dieser Zusammenhang durch
die Korrelationsberechnung nicht ausgemacht werden.
Ein deutlicher Gruppenunterschied in den signifikanten Korrelationen ist nach Tabelle
6b vor allem für die Schlafeffizienz erkennbar. Auffallend ist außerdem, dass die
Aufwachereignisse sowie der prozentuale Wachanteil bei den Gesunden stärker mit
dem Alter korrelieren als bei den Insomnie-Patienten.
4.3 Spektralanalytische Befunde
Für die Berechnung spektralanalytischer Unterschiede wurde aus der Gesamtstichprobe
eine Unterstichprobe gezogen, bzgl. derer zusätzlich zu den polysomnographischen
Daten eine Spektralanalyse berechnet worden war. Der Grund für das Ziehen einer
Substichprobe liegt darin begründet, dass manche der Rohdaten Artefakte beinhalten,
die
zwar
eine
Auswertung
nach
herkömmlichen
Schlafstadien
zulässt,
eine
Spektralanalyse jedoch unmöglich macht, da sie anfälliger für Signalprobleme ist.
Es ergab sich eine Stichprobe von 60 Gesunden (26 Männer, 34 Frauen) im Alter von
21 – 58 Jahren mit einem Durchschnittsalter von 38.83 J. (± 10.78 J). Diese wurde
verglichen mit einer in Geschlecht und Alter angeglichenen Gruppe von 60 InsomniePatienten (26 Männer, 34 Frauen) mit einem Altersrange von 17 – 65 Jahren und
einem Altersmittel von 38.90 J. (± 11.45 J).
Die berechnete MANOVA (s. Tabelle 7) erbrachte zunächst Haupteffekte für die
Faktoren GRUPPE und GESCHLECHT sowie für die Kovariate ALTER. Interaktionseffekte
zeigten sich weder für GRUPPE x GESCHLECHT, noch für die Interaktion GESCHLECHT
x ALTER (nicht in der Tabelle: F = 0.83; p = .705).
67
Tabelle 7: Spektralanalytische Unterschiede bei Insomnie-Patienten im Vergleich zu Gesunden (Substichprobe)
PSG- und spektralanalytische Unterschiede (deskriptive Daten)*
Kontrollen
Insomnie-Patienten
Männl. Kontr.
Weibl. Kontr.
Männl. Pat.
Weibl. Pat.
Min.
Max.
M
±SD
Min. Max.
M
±SD
M
±SD
M
±SD
M
±SD
M
±SD
Einschlafzeit
2,50 87,50 17,03 ±14,96
3,50
131
16,16 ±17,59
15,25 ±17,40
18,44 ±12,82
14,58 ±9,98
17,34 ±21,67
Gesamtschlafzeit
237,50 469,00 425,08 ±40,23 264,00 473,5 411,22 ±42,56 420,12 ±50,70 428,98 ±29,84 412,33 ±40,34 410,40 ±44,70
Schlafeffizienz %
49,17 98,31 88,77 ±8,41
54,72 96,4
85,43 ±8,57
87,89 ±10,57
89,45 ±6,31
85,45 ±7,71
85,41 ±9,27
Aufwachereignisse
1,00 43,00 17,69 ±9,82
0,00
52
21,36 ±10,39
18,58 ±10,95
17,00 ±8,95
22,35 ±11,16
20,63 ±9,88
Arousal index/TST
3,23 32,94 14,36 ±6,16
3,17 38,19 16,52 ±7,55
15,30 ±6,14
13,62 ±6,17
15,22 ±6,76
17,49 ±8,05
Wach % SPT
0,12 39,95
7,06 ±7,46
0,00 43,65
9,76 ±7,96
7,99 ±9,32
6,33 ±5,64
9,62 ±6,30
9,86 ±9,08
S1 % SPT
2,00 22,05
7,13 ±3,78
1,84 16,56
7,21 ±3,44
7,34 ±3,47
6,96 ±4,05
8,05 ±3,95
6,58 ±2,90
S2 % SPT
27,81 72,28 56,29 ±7,87
27,32 69,39 56,44 ±7,33
56,53 ±8,69
56,09 ±7,30
56,35 ±5,78
56,51 ±8,38
SWS % SPT
0,00 25,48
7,12 ±7,19
0,00 30,75
7,06 ±7,07
6,66 ±7,89
7,48 ±6,69
6,07 ±7,56
7,79 ±6,71
REM % SPT
12,57 32,49 21,95 ±4,37
8,31 29,08 19,12 ±4,23
21,03 ±4,77
22,68 ±3,95
19,48 ±4,82
18,86 ±3,78
REM-Latenz
1,00 170,50 66,12 ±29,70 37,00 233
82,10 ±39,48
75,46 ±28,82
58,76 ±28,69
78,94 ±32,32
84,44 ±44,37
Anzahl Augenbew. 214,00 822,00 491,97 ±137,02 186,00 768 431,10 ±147,13 476,77 ±119,94 503,94 ±149,85 420,54 ±160,48 438,94 ±138,25
REM-Dichte
9,18 43,83 25,11 ±7,24
11,23 49,23 24,88 ±7,11
25,60 ±7,22
24,72 ±7,35
23,80 ±7,62
25,69 ±6,70
Delta 1 (0.1-1 Hz)
3,41
5,76
4,63 ±0,51
3,60 6,11
4,71 ±0,51
4,55 ±0,57
4,70 ±0,46
4,64 ±0,52
4,76 ±0,51
Delta 2 (1-3.5 Hz)
3,13
5,11
4,31 ±0,42
3,30 5,35
4,26 ±0,41
4,24 ±0,44
4,38 ±0,39
4,16 ±0,43
4,34 ±0,37
N Theta (3.5-8 Hz)
2,07
4,43
3,30 ±0,42
2,34 4,20
3,35 ±0,44
3,21 ±0,47
3,37 ±0,38
3,18 ±0,42
3,48 ±0,41
R Alpha (8-12 Hz)
1,26
4,35
2,47 ±0,61
1,41 3,71
2,46 ±0,56
2,41 ±0,66
2,52 ±0,57
2,20 ±0,49
2,66 ±0,52
E Sigma (12-16 Hz)
0,60
2,68
1,71 ±0,50
0,32 2,64
1,72 ±0,48
1,65 ±0,50
1,75 ±0,50
1,55 ±0,53
1,86 ±0,40
M Beta 1 (16-24 Hz)
-0,46 1,28
0,37 ±0,46
-0,40 1,25
0,43 ±0,44
0,29 ±0,49
0,44 ±0,42
0,26 ±0,47
0,56 ±0,37
Beta 2 (24-32 Hz)
-1,58 0,54
-0,66 ±0,48
-1,48 0,52
-0,60 ±0,50
-0,74 ±0,57
-0,59 ±0,39
-0,74 ±0,51
-0,50 ±0,48
Gamma (32-48 Hz) -2,27 0,41
-1,19 ±0,64
-2,30 0,36
-1,21 ±0,69
-1,27 ±0,74
-1,13 ±0,54
-1,32 ±0,61
-1,14 ±0,75
Delta 1 (0.1-1 Hz)
1,97
4,05
2,93 ±0,38
1,93 4,15
2,94 ±0,44
2,79 ±0,34
3,04 ±0,38
2,78 ±0,47
3,05 ±0,39
Delta 2 (1-3.5 Hz)
2,00
3,82
3,03 ±0,37
2,20 3,95
2,99 ±0,37
2,94 ±0,41
3,10 ±0,33
2,90 ±0,39
3,06 ±0,35
Theta (3.5-8 Hz)
1,69
3,75
2,61 ±0,41
1,72 3,54
2,64 ±0,41
2,55 ±0,45
2,66 ±0,38
2,56 ±0,45
2,70 ±0,37
R
Alpha (8-12 Hz)
0,49
2,85
1,71 ±0,54
0,64 2,66
1,68 ±0,49
1,60 ±0,54
1,79 ±0,52
1,55 ±0,50
1,78 ±0,46
E
-0,28 1,75
0,73 ±0,51
-0,37 2,04
0,65 ±0,53
0,63 ±0,49
0,82 ±0,52
0,51 ±0,61
0,76 ±0,44
Sigma (12-16 Hz)
M
Beta 1 (16-24 Hz)
-0,23 1,89
0,72 ±0,54
-0,30 1,78
0,63 ±0,50
0,69 ±0,60
0,74 ±0,49
0,49 ±0,51
0,74 ±0,47
Beta 2 (24-32 Hz)
-1,52 1,40
-0,32 ±0,60
-1,52 1,87
-0,32 ±0,65
-0,37 ±0,71
-0,28 ±0,51
-0,44 ±0,60
-0,22 ±0,69
Gamma (32-48 Hz) -2,42 0,13
-1,16 ±0,53
-2,35 1,01
-1,21 ±0,77
-1,29 ±0,62
-1,05 ±0,43
-1,33 ±0,67
-1,13 ±0,83
* Bei den dargestellten Daten der Spektralanalyse handelt es sich um logarithmierte spektrale Leistungen.
68
Tabelle 7 (Fortsetzung)
N
R
E
M
R
E
M
Multivar.Test (Wilk's Lambda)
Einschlafzeit
Gesamtschlafzeit
Schlafeffizienz %
Aufwachereignisse
Arousal index/TST
Wach % SPT
S1 % SPT
S2 % SPT
SWS % SPT
REM % SPT
REM-Latenz
Anzahl Augenbewegungen
REM-Dichte
Delta 1 (0.1-1 Hz)
Delta 2 (1-3.5 Hz)
Theta (3.5-8 Hz)
Alpha (8-12 Hz)
Sigma (12-16 Hz)
Beta 1 (16-24 Hz)
Beta 2 (24-32 Hz)
Gamma (32-48 Hz)
Delta 1 (0.1-1 Hz)
Delta 2 (1-3.5 Hz)
Theta (3.5-8 Hz)
Alpha (8-12 Hz)
Sigma (12-16 Hz)
Beta 1 (16-24 Hz)
Beta 2 (24-32 Hz)
Gamma (32-48 Hz)
PSG- und spektralanalytische Unterschiede (Haupteffekte)
ALTER
GRUPPE
GESCHLECHT
GRUPPE x GESCHLECHT
F
p
F
p
F
p
F
p
,039
1,62
,045
5,88
,000
0,65
,904
1,65
0,09
,771
1,24
,267
3,38
,069
0,01
,949
,042
0,50
,482
3,02
,085
0,35
,553
4,24
,038
0,42
,519
5,29
,023
0,26
,612
4,38
4,54
,035
1,58
,211
21,07
,000
0,01
,955
2,49
,117
0,00
,980
16,04
,000
2,69
,104
,034
0,45
,505
3,34
,070
0,41
,522
4,60
,047
38,61
,000
0,93
,337
0,07
,786
4,05
0,01
,934
0,04
,835
2,75
,100
0,04
,835
,000
0,19
,668
0,01
,912
2,57
,112
48,07
,001
0,55
,461
1,63
,204
2,05
,155
11,58
,025
0,67
,416
0,67
,416
3,01
,086
5,18
5,39
,022
0,99
,322
3,36
,069
0,03
,872
0,10
,757
0,19
,665
0,80
,372
1,10
,297
,000
0,04
,843
0,79
,377
3,48
,065
21,52
,024
6,24
,014
0,05
,822
0,58
,447
5,22
,003
1,02
,315
0,84
,361
0,24
,627
9,15
0,10
,748
7,47
,007
0,28
,598
2,87
,093
0,00
,999
6,27
,014
3,23
,075
1,38
,242
,008
0,18
,675
0,86
,355
0,32
,574
7,39
,031
0,19
,664
0,24
,626
0,28
,599
4,74
0,05
,823
1,50
,223
0,99
,321
0,02
,884
,000
11,24
,001
0,03
,857
0,00
,976
15,42
,014
2,36
,127
0,00
1,000
0,25
,621
6,24
0,11
,740
2,92
,090
1,35
,248
0,07
,787
0,13
,716
5,05
,027
0,00
,977
0,05
,817
0,91
,343
5,08
,026
1,83
,178
0,10
,756
1,18
,280
2,28
,134
1,01
,318
1,07
,304
,048
0,28
,596
0,00
,964
1,44
,233
4,00
,016
0,02
,900
0,26
,611
2,80
,097
6,00
69
Obgleich
Faktoreneffekte
auszumachen
waren,
ergaben
die
Testungen
der
Zwischensubjektfaktoren bzgl. des Faktors GRUPPE lediglich signifikante Unterschiede
für einige der polysomnographischen Schlafparameter (Schlafeffizienz, Anzahl der
Aufwachereignisse, prozentualer REM-Anteil (SPT), REM-Latenz und Anzahl der
Augenbewegungen). Keines der Frequenzbänder unterschied hingegen Patienten und
Gesunde signifikant voneinander. Anders verhielt es sich jedoch für den Faktor
GESCHLECHT. Hier zeigten sich zwischen den Geschlechtern – neben eines signifikant
höheren Leichtschlafanteils bei Männern – signifikante Unterschiede für mehrere
Frequenzbereiche. Im NREM-Schlaf unterschieden sich Männer von Frauen signifikant
in allen Frequenzbereichen außer Delta 1 und Gamma. D.h., im gesamten
Frequenzbereich von 1-32 Hz zeigte die Gruppe männlicher Patienten und gesunden
Kontrollen gegenüber allen Frauen dieser Unterstichprobe signifikant niedrigere
Leistungswerte (s. Abbildungen 11 – 14). Für den REM-Schlaf zeigten sich signifikante
Geschlechtsunterschiede für die niederfrequenten Frequenzbereiche Delta 1 und Delta
2 (s. Abb. 15), sowie für Alpha und Sigma (s. Abb. 16). Auch hier zeigte sich bei den
Männern eine niedrigere spektrale Leistung als bei den Frauen. Alterseinflüsse konnten
für den NREM-Schlaf für die niederfrequenten Bereiche Delta1 und 2 ausgemacht
werden (s. Abb. 17 und 18). Im REM-Schlaf zeigte sich der Einfluss des Alters auf Delta
1 (s. Abb. 19) sowie für die hochfrequenten Bereiche Beta2 und Gamma (s. Abb. 20
und 21).
70
NREM/Delta 1: 0.1-1 Hz
6
Log. spektrale Leistung
INS
GES
5,5
5
4,5
4
Frauen
Männer
NREM/Delta 2: 1-3.5 Hz
5,5
Log. spektrale Leistung
INS
*
5
GES
4,5
4
3,5
Frauen
Männer
Abb. 11: Logarithmierte spektrale Leistung der Frequenzbänder Delta 1 (oben)
bzw. Delta 2 (unten) für den NREM-Schlaf im Vergleich Männer vs. Frauen beider
Stichproben [Patienten (INS) und gesunde Kontrollen (GES)]
71
NREM/Theta: 3.5-8 Hz
4,5
Log. spektrale Leistung
INS
GES
4
*
INS
GES
3,5
3
2,5
Frauen
Männer
NREM/Alpha: 8-12 Hz
Log. spektrale Leistung
3,5
3
*
2,5
INS
2
GES
1,5
Frauen
Männer
Abb. 12: Logarithmierte spektrale Leistung der Frequenzbänder Theta (oben)
bzw. Alpha (unten) für den NREM-Schlaf im Vergleich Männer vs. Frauen beider
Stichproben [Patienten (INS) und gesunde Kontrollen (GES)]
72
NREM/Beta 1: 16-24 Hz
Log. spektrale Leistung
1,5
1
*
0,5
0
INS
GES
-0,5
Frauen
Männer
NREM/Beta 2: 24-32 Hz
0,5
Log. spektrale Leistung
INS
0
*
-0,5
GES
INS
GES
*
-1
-1,5
Frauen
Männer
Abb. 13: Logarithmierte spektrale Leistung der Frequenzbänder Beta 1 (oben)
bzw. Beta 2 (unten) für den NREM-Schlaf im Vergleich Männer vs. Frauen beider
Stichproben [Patienten (INS) und gesunde Kontrollen (GES)]
73
NREM/Sigma: 12-16 Hz
Log. spektrale Leistung
2,5
2
*
1,5
1
INS
GES
0,5
Frauen
Männer
NREM/Gamma: 32-48Hz
Log. spektrale Leistung
0
-0,5
-1
-1,5
INS
-2
GES
-2,5
Frauen
Männer
Abb. 14: Logarithmierte spektrale Leistung der Frequenzbänder Sigma (oben)
bzw. Gamma (unten) für den NREM-Schlaf im Vergleich Männer vs. Frauen beider
Stichproben [Patienten (INS) und gesunde Kontrollen (GES)]
74
REM/Delta 1: 0.1-1 Hz
4
Log. spektrale Leistung
INS
GES
3,5
*
3
2,5
2
Frauen
Männer
REM/Delta 2: 1-3.5 Hz
4
Log. spektrale Leistung
INS
3,5
*
GES
3
2,5
2
Frauen
Männer
Abb. 15: Logarithmierte spektrale Leistung der Frequenzbänder Delta 1 (oben)
bzw. Delta 2 (unten) für den REM-Schlaf im Vergleich Männer vs. Frauen beider
Stichproben [Patienten (INS) und gesunde Kontrollen (GES)]
75
REM/Alpha: 8-12 Hz
Log. spektrale Leistung
2,5
2
*
1,5
INS
1
GES
0,5
Frauen
Männer
REM/Sigma: 12-16 Hz
Log. spektrale Leistung
3,5
3
*
2,5
INS
2
GES
1,5
Frauen
Männer
Abb. 16: Logarithmierte spektrale Leistung der Frequenzbänder Alpha (oben)
bzw. Sigma (unten) für den REM-Schlaf im Vergleich Männer vs. Frauen beider
Stichproben [Patienten (INS) und gesunde Kontrollen (GES)]
76
Delta 1/NREM im Verlauf des Alters
6.5
Log. spektrale Leistung
6
5.5
Gesunde Kontrollen
5
Insomnie-Patienten
GES
INS
4.5
4
3.5
3
0
10
20
30
40
50
60
70
Alter in Jahren
Abb. 17: Verlauf des Frequenzbereiches Delta 1 (0.1-1 Hz)/NREM-Schlaf über das Alter
im Vergleich Patienten vs. Gesunde.
Delta 2/NREM im Verlauf des Alters
5.5
Log. spektrale Leistung
5
Gesunde Kontrollen
4.5
Insomnie-Patienten
GES
INS
4
3.5
3
0
10
20
30
40
50
60
70
Alter in Jahren
Abb. 18: Verlauf des Frequenzbereiches Delta 2 (1-3.5 Hz)/NREM-Schlaf über das Alter
im Vergleich Patienten vs. Gesunde.
77
Gesunde Kontrollen
Delta 1/REM im Verlauf des Alters
Insomnie-Patienten
GES
INS
4.5
Log. spektrale Leistung
4
3.5
3
2.5
2
1.5
0
10
20
30
40
Alter in Jahren
50
60
70
Abb. 19: Verlauf des Frequenzbereiches Delta 1 (0.1-1 Hz)/REM-Schlaf über das Alter
im Vergleich Patienten vs. Gesunde.
Gesunde Kontrollen
Beta 2/REM im Verlauf des Alters
Insomnie-Patienten
GES
INS
2
Log. spektrale Leistung
1.5
1
0.5
0
-0.5
-1
-1.5
-2
0
10
20
30
40
Alter in Jahren
50
60
70
Abb. 20: Verlauf des Frequenzbereiches Beta 2 (24-32 Hz)/REM-Schlaf über das Alter
im Vergleich Patienten vs. Gesunde.
78
Gesunde Kontrollen
Gamma/REM im Verlauf des Alters
Insomnie-Patienten
GES
INS
1.5
Log. spektrale Leistung
1
0.5
0
-0.5
-1
-1.5
-2
-2.5
0
10
20
30
40
Alter in Jahren
50
60
70
Abb. 21: Verlauf des Frequenzbereiches Gamma (32-48 Hz)/REM-Schlaf über das Alter
im Vergleich Patienten vs. Gesunde.
4.4 Psychometrische Befunde
Hinsichtlich der Ergebnisse aus Befragungen und subjektiven Schätzungen des eigenen
Schlafs zeigte die Varianzanalyse deutliche Unterschiede zwischen Patienten und
Gesunden, nachgewiesen durch einen deutlichen Effekt des Faktors GRUPPE (s.
Tabelle 8). Signifikante Geschlechtsunterschiede wie bei den PSG-Daten zeigten sich
bei den subjektiven Schätzungen nicht, dafür aber signifikante altersbedingte
Differenzen. Ein Interaktionseffekt GRUPPE x GESCHLECHT war nicht auszumachen.
79
Tabelle 8: Unterschiede in subjektiven Schlafmaßen zwischen Insomnie-Patienten und Gesunden
Min.
PSQI Gesamtwert
0
BDI Gesamtwert
0
SF-A SQ
2
SF-A GES
2
2
SF-A PSYA
SF-A PSYE
1
SF-A PSS
1
Abkürzungen SF-A s. Kapitel 2.4.2.4
Kontrollen
Max. Mean
8
3,12
14
2,35
5
3,73
5
4,00
5
4,15
5
2,65
3
1,42
Psychometrische Unterschiede (deskriptive Daten)
Insomnie-Patienten
Männl. Kontr.
Weibl. Kontr.
±SD
Min. Max. Mean ±SD
Mean ±SD
Mean ±SD
±1,51
5
20
11,15 ±3,08
3,17 ±2,19
3,37 ±1,79
±3,74
1
32
10,55 ±6,37
0,50 ±0,76
3,53 ±4,41
±0,60
1
4
2,86 ±0,84
3,54 ±0,64
3,71 ±0,67
±0,80
1
5
2,82 ±0,87
3,61 ±0,69
3,86 ±0,88
±0,61
2
5
3,48 ±0,69
3,75 ±0,65
4,09 ±0,70
±0,75
1
5
2,90 ±0,80
2,71 ±0,71
2,51 ±0,89
±0,50
1
3
1,82 ±0,65
1,39 ±0,50
1,41 ±0,55
Männl. Pat.
Mean ±SD
10,96 ±3,28
10,02 ±6,77
2,74 ±0,82
2,79 ±0,83
3,44 ±0,67
2,93 ±0,77
1,95 ±0,65
Weibl. Pat.
Mean ±SD
11,72 ±3,08
10,72 ±5,60
3,04 ±0,80
2,78 ±0,90
3,47 ±0,73
2,98 ±0,89
1,76 ±0,68
80
Tabelle 8 (Fortsetzung)
Multivar.Test (Wilk's Lambda)
PSQI Gesamtwert
BDI Gesamtwert
SF-A SQ
SF-A GES
SF-A PSYA
SF-A PSYE
SF-A PSS
Psychometrische Unterschiede (Haupteffekte)
GRUPPE
GESCHLECHT
ALTER
F
p
F
p
F
p
,000
0,98
,454
3,57
,002
21,09
,000
0,08
,772
0,10
,757
138,53
,000
1,60
,209
0,00
,974
37,36
,000
2,96
,089
7,57
,007
16,02
,000
0,50
,480
4,39
,039
31,75
14,19
,000
1,12
,292
0,12
,734
,291
0,80
,373
0,59
,443
1,13
,025
0,91
,342
4,03
,048
5,16
GRUPPE x GESCHLECHT
F
p
0,48
,849
0,70
,404
0,38
,541
0,03
,873
1,02
,315
0,09
,763
0,56
,457
0,03
,873
81
Hochsignifikante Unterschiede zeigten sich bei den Fragebogen-Ergebnissen aus PSQI
und BDI. Der PSQI-Gesamtwert lag gegenüber dem Mittelwert der Gesunden um ca. 7
Punktwerte höher (s. Abb. 22). Frauen zeigten – obgleich dieser Unterschied nicht
signifikant ist – in beiden Gruppen den höheren PSQI-Gesamtwert gegenüber den
Männern.
Schlafqualität (PSQI) vs. Depressivität (BDI)
Gesunde Kontrollen
Insomnie-Patienten
20
15
*
*
PSQI
BDI
10
5
0
Abbildung 22: Ergebnisse der Fragebogen-Erhebungen subjektiver Schlafqualität
(PSQI) und Depressivität (BDI) im Vergleich von Patienten und Gesunden.
Auch der BDI-Gesamtwert unterschied Patienten und Gesunde signifikant voneinander.
Bei den Gesunden erreichten Frauen einen im Mittel um 3 Punktwerte höheren
Gesamtwert als Männer, wenngleich dieser Unterschied nicht signifikant war.
Demgegenüber unterschied sich der BDI-Gesamtwert bei den männlichen und
weiblichen Patienten kaum voneinander. Auf Seiten des SF-A zeigten sich für fast alle
fünf Faktoren signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen. Lediglich der Faktor
PSYE (Psychische Erschöpftheit am Abend) wurde nicht signifikant. Patienten und
Gesunde hatten demgemäß ähnliche Angaben über ihre abendliche Verfassung
gemacht.
Erwartungsgemäß
unterschieden
sich
Patienten
und
Gesunde
am
deutlichsten im Faktor GES (Gefühl des Erholtseins nach dem Schlaf; F = 31.75, p =
.000). Hier zeigten Gesunde einen Durchschnittswert von 4.0, wohingegen Patienten
nur einen Mittelwert von 2.82 erreichten. Interessanterweise gaben gesunde Frauen –
82
über alle fünf Faktoren des SF-A hinweg – eine höhere Schlafqualität als gesunde
Männer an, wenngleich dieser Effekt nicht signifikant wurde. Bei den Patienten fielen
derartige Unterschiede zwischen Männern und Frauen nicht auf.
Unterschiede hinsichtlich des Alters konnten für die Ergebnisse aus PSQI und BDI nicht
ausgemacht werden. Hinsichtlich der „subjektiven Schlafqualität (SQ)“, dem „Gefühl
des Erholtseins (GES)“ und den „Psychosomatischen Symptomen während der
Schlafphase (PSS)“ jedoch, wurden schwache, aber signifikante Alterseinflüsse
ersichtlich.
4.5 Vergleich objektiver, psychometrischer und demographischer Befunde
Um zu ergründen, inwiefern zwischen den PSG-Daten, Fragebogen-Ergebnissen bzw.
demographischen Angaben der Patienten (entsprechend Tabelle 3) Zusammenhänge
bestehen, wurden entsprechende Daten miteinander korreliert. Überaschenderweise
fanden sich zunächst keine signifikanten Korrelationen. Bei Aufteilung der Patienten in
solche, die Medikamente in der Vergangenheit eingenommen hatten und jene, die
noch nie Substanzen zur Förderung ihres Schlafs konsumiert hatten (60% vs. 40%),
konnte jedoch eine moderate Korrelation zum BDI-Gesamtwert ausgemacht werden
(r= .355; p = .002). Mittels eines t-Tests konnte herausgearbeitet werden, dass die
Medikation-konsumierenden-Patienten einen signifikant höheren BDI-Gesamtwert
aufzeigten (11.83 ± 6.60) als jene Patienten ohne Schlaf-Medikation in der
Vorgeschichte (7.47 ± 4.44; p = .002). Interessanterweise konnte diese Auffälligkeit in
Zusammenhang mit dem PSQI-Gesamtwert nicht repliziert werden.
Die
nach
Medikamenteneinnahme
unterteilten
Patienten
wurden
zudem
auf
polysomnographische Unterschiede hin untersucht. Es zeigte sich bei der Gruppe der
konsumierenden Patienten ein signifikant höherer prozentualer Wachanteil (12.9% ±
10.7%) als bei der Gruppe der nicht konsumierenden Patienten (8.9% ± 7.4%; p =
.04). Bezüglich der Schlafeffizienz zeigte sich nur tendenziell ein Unterschied zwischen
den konsumierenden bzw. nicht-konsumierenden Patienten (p = .06).
4.6 Überprüfung subjektiver Schätzungen des eigenen Schlafs
4.6.1 Schätzung von Einschlafzeit und Gesamtschlafzeit
Zur Evaluation der subjektiven Einschätzung eigener Schlafparameter wurden die
polysomnographisch gemessene Einschlafzeit bzw. Gesamtschlafzeit mit den über die
83
Ergebnisse des SF-A ermittelten Werten für SOL und TST verglichen. Für diese
Berechnungen wurden die PSG- und Fragebogen-Ergebnisse der zweiten Nacht
verwendet (Baseline). Nach Korrelation der o.g. Variablen zeigten sich für die
Stichprobe der gesunden Kontrollen moderate Zusammenhänge zwischen SOL(PSG)
und SOL(SF-A): r = .520, p = .000 bzw. TST(PSG) und TST(SF-A): r = .391, p = .002.
Für die Insomnie-Patienten zeigte sich zwar eine schlechtere Schätzung der
Einschlafzeit (r = .344, p = .001), jedoch eine ähnlich akkurate Schätzung der
Gesamtschlafzeit (r = .348, p = .001). Da diese Ergebnisse zunächst wenig über die
Art der (Ver-)Schätzung der objektiven PSG-Daten aussagt, sollen die Abbildungen
23a/b und 24a/b anschaulicher machen, auf welche Weise sich Patienten bzw.
Gesunde verschätzen. Angegebene Balken repräsentieren hier die Subtraktion der
geschätzten von der polysomnographisch gemessenen Einschlafzeit (Abb. 23a/b) bzw.
Gesamtschlafzeit (Abb. 24a/b) 19 .
Gesunde: [SOL (PSG) - SOL (SF-A)]
71
Anzahl der Personen
61
51
41
31
21
11
1
-50.00
-40.00
-30.00
-20.00
-10.00
Überschätzer
0.00
vs.
10.00
20.00
30.00
40.00
Unterschätzer in Minuten
Abb. 23a: Schätzungen der Einschlafzeit bei Gesunden
19
Die Anzahl der Patienten bzw. Gesunden schwankt in beiden Abbildungen aufgrund von
„missings“.
84
In Abb. 23a bzw. Abb. 23b zeigt sich, dass Gesunde sich bei der Schätzung ihrer
Einschlafzeit gleichsam „in beide Richtungen“ verschätzen, derweil Patienten in weit
stärkerem Maße sowie in weitaus höherer Anzahl als Gesunde die tatsächliche
Einschlafzeit überschätzen. Nur ca. ¼ der Patienten unterschätzen die Zeit, die sie
tatsächlich zum Einschlafen gebraucht haben.
Patienten: [SOL (PSG) - SOL (SF-A)]
81
71
Anzahl der Personen
61
51
41
31
21
11
1
-60.00
-50.00
-40.00
-30.00
-20.00
-10.00
Überschätzer
0.00
vs.
10.00
20.00
30.00
Unterschätzer in Minuten
Abb. 23b: Schätzungen der Einschlafzeit bei Patienten
85
Hinsichtlich der Gesamtschlafzeit zeichnet sich ein etwas anderes Bild. Die meisten der
Gesunden überschätzen ihre tatsächliche Gesamtschlafzeit, z.T. sogar um ein
vielfaches (s. Abb. 24a).
Gesunde: [TST (PSG) - TST (SF-A)]
61
56
51
Anzahl der Personen
46
41
36
31
26
21
16
11
6
1
-150.00
-100.00
-50.00
0.00
Überschätzer
vs.
50.00
100.00
Unterschätzer in Minuten
Abb. 24a: Schätzungen der Gesamtschlafzeit bei Gesunden
Bei Patienten zeigt sich, dass die Gesamtschlafzeit deutlich unterschätzt wird (s. Abb.
24b). Es zeigen sich zwar auch Patienten, bei denen es sich genau konträr dazu
verhält. Der Großteil unterschätzt jedoch seine Gesamtschlafzeit - z. T. sogar um mehr
als zwei Stunden.
86
Patienten: [TST (PSG) - TST (SF-A)]
78
71
Anzahl der Personen
64
57
50
43
36
29
22
15
8
1
-150.00
-100.00
-50.00
Überschätzer
0.00
vs.
50.00
100.00
150.00
200.00
Unterschätzer in Minuten
Abb. 24b: Schätzungen der Gesamtschlafzeit bei Patienten
4.6.2 Ermittlung der Schätzungsgenauigkeit
Um einen genaueren Eindruck darüber zu erhalten, wie sich die Anzahl der
„Überschätzer“, „Unterschätzer“ und „Korrekt-Schätzer“ verhält, wurden Patienten und
Gesunde in Gruppen unterteilt. Dabei wurde festgelegt, dass eine Schätzung innerhalb
± 5 Minuten (für SOL) bzw. ± 15 Minuten (für TST) eine akkurate Schätzung darstellte
(= Gruppe 1). Als „Unterschätzer“ galt jemand, dessen subjektive Schätzung 5 Minuten
(für SOL) bzw. 15 Minuten (für TST) unterhalb des Ergebnisses der objektiven
Messung lag (= Gruppe 2). Entsprechend wurde jemand als „Überschätzer“ bezeichnet,
der 5 Minuten (für SOL) bzw. 15 Minuten (für TST) oberhalb des Ergebnisses der
objektiven Messung lag (= Gruppe 3). Tabelle 9 zeigt die prozentuale Verteilung der
Schätzergruppen (1), (2) und (3).
87
Tabelle 9: Genauigkeit der Einschätzung von Schlafparamtern TST und SOL bei Patienten und Gesunden
(1)
(2)
(3)
(1)
(2)
(3)
Schätzung der Gesamtschlafzeit
Insomnie-Patienten
Gesunde Kontrollprobanden
Verteilung
Dauer
Medikation
Alter in Jahren
Geschlecht
Verteilung
Alter in Jahren
Geschlecht
der Patienten der Insomnie
Ja/Nein
Mittelw. ± SD männl. weibl. d. Kontrollen Mittelw. ± SD
männl.
weibl.
Schätzung innerhalb ± 15 Minuten
22,1%
9.3 ± 10.2 44.4%/55.6%
38.0 ± 11.5 22,0% 22,2%
48,4%
35.4 ± 10.6
56,0%
43,3%
Unterschätzung < 15 Minuten
54,7%
11.1 ± 9.3 44.2%/55.8%
44.4 ± 12.4 58,5% 51,1%
19,4%
37.1 ± 10.5
20,0%
18,9%
Überschätzung > 15 Minuten
23,3%
11.5 ± 8.8 31.6%/68.4%
43.2 ± 13.5 19,5% 26,7%
32,3%
45.4 ± 11.1
24,0%
37,8%
Schätzung der Einschlafzeit
Schätzung innerhalb ± 5 Minuten
28,4%
9.0 ± 8.1
36.0%/64.0%
40.1 ± 12.9 29,5% 27,3%
38,6%
38.1 ± 12.6
44,4%
35,9%
Unterschätzung < 5 Minuten
13,6%
11.9 ± 6.3 58.3%/41.7%
46.0 ± 12.3 11,4% 15,9%
24,6%
42.6 ± 11.2
22,3%
25,6%
Überschätzung > 5 Minuten
58,0%
11.0 ± 10.5 45.7%/54.3%
43.1 ± 12.3 59,1% 56,8%
36,8%
39.1 ± 11.9
33,3%
38,5%
88
Nach dieser Unterteilung überschätzten mehr als die Hälfte der Patienten die
Einschlafzeit bzw. unterschätzten ihre Gesamtschlafzeit. Im Gegensatz dazu waren fast
die Hälfte der gesunden Kontrollprobanden relativ akkurat in der Einschätzung ihrer
Gesamtschlafzeit. Lag bei den Patienten die Mehrzahl in der Gruppe der Unterschätzer,
so verhielt es sich bei Gesunden genau umgekehrt. Nur ca. 20% unterschätzten ihre
objektive Gesamtschlafzeit. Die Einschlafzeit überschätzten rund ein Drittel der
Gesunden, der Großteil lag jedoch bei seiner Schätzung innerhalb ± 5 Minuten vom
objektiv gemessenen Wert.
Eine Berechnung, ob Patienten und Gesunde in der Fähigkeit den eigenen Schlaf
einzuschätzen differieren, erbrachte signifikante Unterschiede (chi² = 19.86; df = 2; p.
< .000). Gesunde waren demnach signifikant akkurater im Einschätzen des objektiv
gemessenen Gesamtschlafs. Entsprechendes konnte für die Einschlafzeit berechnet
werden (chi² = 6.52; df = 2; p = .038). Auch hier lagen Gesunde bei ihrer Schätzung
näher am objektiven Ergebnis als Patienten.
Einflüsse des Geschlechts auf die Schätzungsgenauigkeit
Die
Ermittlung
möglicher
Geschlechtseinflüsse
bei
der
Einschätzung
von
Schlafparametern brachte keine signifikanten Ergebnisse für TST (chi² = 2.10; df = 2;
p = .351) oder SOL (chi² = 0.86; df = 2; p = .651).
Einflüsse des Alters
Hinsichtlich des Alterseinflusses (Median-Cut-off bei Gesunden: 39 Jahre) konnte
ermittelt werden, dass bei den Kontrollprobanden unterhalb 39 Jahre die Fähigkeit TST
„korrekt“ einzuschätzen stärker ausgeprägt war, als bei jenen oberhalb 39 Jahre, die
TST eher überschätzten (chi² = 10.65; df = 2; p = .005). In der Patienten-Stichprobe
zeigten sich bei Einteilung in zwei Altersgruppen (Median-Cut-off bei Patienten: 42
Jahre) in der Schätzung von TST keine signifikanten Unterschiede (chi² = 2.31; df = 2;
p
=
.315).
Bei
der
Schätzung
der
Einschlafzeit
konnten
weder
für
die
Kontrollprobanden (chi² = 3.17; df = 2; p = .205) noch für die Patienten (chi² = .348;
df = 2; p = .840) signifikante Alterseinflüsse erkannt werden.
Einflüsse durch vorherigen Medikamentenkonsum
Eine Unterteilung in konsumierende bzw. nicht-konsumierende Patienten erbrachte
ebenfalls keine signifikanten Unterschiede in der Einschätzung von TST (chi² = 2.17; df
89
= 2; p = .339) oder SOL (chi² = 1.69; df = 2; p = .431). Trotzdem fällt auf, dass sich
in der Gruppe der TST-Überschätzer, die konsumierenden und nicht-konsumierenden
Patienten prozentual am stärksten distanzieren (31.6% vs. 68.4%).
Einflüsse durch Chronizität der Störung
Weitere Unterteilungen wurden vorgenommen bzgl. der Dauer der Insomnie bzw. des
Alters. Hinsichtlich der Dauer der Insomnie (Median-Cut-off: 7 Jahre) zeigten sich
zunächst keine signifikanten Unterschiede zwischen den Patienten unter- bzw.
oberhalb des Medians bei der Schätzung von TST (chi² = 1.26; df = 2; p = .534). In
der Gruppe der Unterschätzer der Variable SOL waren allerdings diejenigen Patienten
signifikant überrepräsentiert, die oberhalb des Medians lagen, also schon länger als 7
Jahre an einer Insomnie litten (chi² = 6.40; df = 2; p = .041).
4.7 Analyse eines First-Night Effektes
Objektive Daten
Im Vergleich der ersten mit der zweiten Nacht konnten bei den gesunden Kontrollen
für fast alle Schlafparameter signifikante Unterschiede zwischen den Nächten ermittelt
werden (s. Tabelle 10). Lediglich die Anzahl der Aufwachereignisse und prozentuale
Anteile des Stadiums 1 und 2 zeigten im Verlauf der Nächte keine signifikanten
Veränderungen. Bei den Insomnie-Patienten war der signifikante Unterschied zwischen
den beiden Nächten noch deutlicher. Hier unterschieden sich – abgesehen von der
REM-Dichte - alle untersuchten objektiven Schlafparameter voneinander.
Für einzelne Parameter bedeutete dies, dass Gesunde und Patienten in der ersten
Nacht
deutlich
länger
brauchten,
um
einzuschlafen.
Gesunde
benötigten
durchschnittlich in der ersten Nacht ca. 7 Minuten, Patienten rund 12 Minuten länger
um einzuschlafen als in der zweiten Nacht [in der Tabelle dargestellt durch Mittelwert
(M) der Adaptationsnacht (A) minus Mittelwert der Baselinenacht (B): M(A)–M(B)]. Die
Gesamtschlafzeit ist ebenfalls in beiden Gruppen signifikant kürzer in der Adaptationsals in der Baselinenacht. Patienten schliefen im Durchschnitt ca. 40 Minuten länger in
der zweiten als in der ersten Nacht, derweil diese Differenz bei Gesunden nur ca. 20
Minuten im Mittel betrug. Entsprechendes zeigte sich für die Schlafeffizienz.
Aufwachereignisse waren zwar für alle untersuchten Personen in der ersten Nacht
90
Tabelle 10: Unterschiede zwischen Adaptations- und Baselinenacht innerhalb jeder Gruppe
bzw. Unterschiede zwischen den Gruppen in der Adaptationsnacht (rechte Spalte)
Einschlafzeit
Gesamtschlafzeit
Schlafeffizienz %
Aufwachereignisse
Arousal index/TST
Wach % SPT
S1 % SPT
S2 % SPT
SWS % SPT
REM % SPT
REM-Latenz
Anzahl Augenbewegungen
REM-Dichte
Multivariater Test (Wilk's Lambda)
SF-A SQ
SF-A GES
SF-A PSYA
SF-A PSYE
SF-A PSS
Min.
2
261,5
53,64
1
0
0,12
1
38,22
0
6,15
30
102
6,07
Max.
123,5
486
98,54
57
43,17
39,47
26,53
74,04
25,64
32,16
180,5
823
49,36
1
2
2
1
1
5
5
5
4
3
Unterschiede in objektiven (PSG) Daten
Kontrollen
Insomnie-Patienten
Adaptationsnacht
Adaptationsnacht
M
±SD
M(A)-M(B)* p** Min.
Max.
M
±SD
M(A)-M(B)*
,002
3
194,5
28,80 ±28,91
11,91
24,67 ±23,85
7,02
,000 149
472
357,36 ±68,33
-43,31
401,43 ±51,66
-23,82
,002 31,14 96,92
74,40 ±14,10
-8,93
83,35 ±10,92
-4,83
20,02 ±10,56
2,13
,090
3
75
26,05 ±11,94
3,6
,014 5,14 44,97
20,37 ±9,16
3,31
14,97 ±8,61
2,41
,001 0,78
53,1
17,97 ±11,88
6,54
10,49 ±9,14
3,41
7,51 ±4,67
0,57
,312 0,52 21,72
9,26 ±4,41
1,29
56,15 ±7,76
-0,30
,706 27,8
69,5
51,43 ±8,74
-3,96
,004
0
27,86
4,84 ±5,96
-0,92
6,03 ±6,36
-1,28
,000 1,89 30,11
16,27 ±5,78
-2,78
19,35 ±5,48
-2,32
,000 23,5
260
118,61 ±65,87
48,69
95,74 ±53,37
29,70
,000 21
853
346,58 ±169,96
-71,36
418,78 ±175,90
-93,60
,033 8,27 58,03
24,56 ±8,83
0,15
24,22 ±7,69
-1,88
Unterschiede in subjektiven (SF-A) Daten
3,00
3,46
3,83
2,45
1,67
±0,87
±0,87
±0,67
±0,75
±0,56
-0,73
-0,54
-0,32
-0,20
0,25
,000
,012
,389
,374
,002
1
1
2
1
1
4
5
5
5
3
2,33
2,51
3,32
2,81
2,11
±0,82
±0,81
±0,66
±0,70
±0,66
-0,53
-0,31
-0,16
-0,09
0,29
GRUPPE
F***
p
p**
3,32 ,000
,000
1,15 ,286
,000 22,55 ,000
,000 21,42 ,000
,000 11,89 ,001
,000 14,97 ,000
,000 21,25 ,000
,000
5,96 ,016
,000 14,27 ,000
,005
0,82 ,368
,000 12,08 ,001
,000
6,33 ,013
,000
7,05 ,009
,827
0,17 ,682
,000
,003
,117
,464
,002
13,43
25,59
47,62
22,06
6,87
19,49
,000
,000
,000
,000
,010
,000
Abkürzungen SF-A s. Kapitel 2.4.2.4
** Signifikanz beim Vergleich derselben Variablen aus erster und zweiter Nacht.
*** Haupteffekt GRUPPE (Insomnie vs. Gesund) beim Multivariaten Test für die Adaptationsnacht
91
häufiger, signifikant unterschiedlich war dies allerdings nur bei den Patienten. Beim
Arousal-Index verhielt es sich ganz ähnlich, nur dass dieser bei Patienten und
Gesunden in der ersten Nacht signifikant höher war. Hinsichtlich der Schlafarchitektur
ließen sich weitere signifikante Unterschiede zeigen. Bei der Gruppe der Patienten traf
dies für alle prozentualen Schlafanteile zu, bei den Gesunden nur für Wach%, SWS%
sowie REM%. Stadium 1 und Stadium 2 blieben davon unberührt. Hinsichtlich der
REM-Schlaf-Charakteristika zeigt sich für Patienten wie Gesunde ein ähnliches Bild. Der
REM-Schlaf-Anteil ist von Adaptation zu Baseline signifikant reduziert. Die REM-Latenz
differiert bei beiden Gruppen deutlich: Patienten und Gesunde zeigen signifikante
Unterschiede im Verlauf der Nächte. Bei Gesunden dauerte die Zeit bis zur ersten REMPhase in der Adaptationsnacht nahezu 30 Minuten länger als zur Baseline. Bei
Patienten betrug dieser Unterschied annähernd 50 Minuten. Die Anzahl der
Augenbewegungen war in beiden Stichproben in der ersten Nacht niedriger als in der
zweiten Nacht. Die REM-Dichte unterschied sich bei Gesunden von Nacht 1 zu Nacht 2
geringfügig, aber signifikant. Bei Patienten war eine solche Differenz im Verlauf der
Nächte nicht zu erkennen.
Die zusätzlich berechnete Varianzanalyse bzgl. der ersten Nacht zeigte einen
Haupteffekt für den Faktor GRUPPE. Im Vergleich zur MANOVA der zweiten Nacht
zeigen sich hier zusätzlich Unterschiede zwischen Patienten und Gesunden. Zwar sind,
abgesehen von Stadium 1 (s. Abbildung 25, Mitte), Stadium 2 und der REM-Latenz (s.
Abbildung 25, rechts), bei denen sich die Signifikanz zur zweiten Nacht eliminiert, die
Unterschiede zwischen den Gruppen ähnlich gestreut. Allerdings zeigt sich z.B. für die
Einschlafzeit, Gesamtschlafzeit, Schlafeffizienz, die Anzahl der Aufwachereignisse sowie
den prozentualen Wachanteil (s. Abbildung 25, links) ein weitaus stärkerer (z.T.
signifikanter) Unterschied zwischen Patienten und Gesunden in der ersten im Vergleich
zur eigentlichen Untersuchungsnacht (Baseline). Der Arousal-Index unterscheidet
ebenfalls in beiden Nächten Patienten und Gesunde signifikant voneinander. Hier ist es
hingegen umgekehrt: In der zweiten Nacht ist dieser Unterschied deutlicher
ausgeprägt. Ähnliches gilt für den prozentualen REM-Anteil und die Anzahl der
Augenbewegungen.
92
Wach% (SPT)
Gesunde
REM-Latenz
Stadium 1% (SPT)
Gesunde
Patienten
Patienten
*
*
20
*
*
Patienten
200
15
30
Gesunde
12
160
9
120
6
80
10
3
0
Adaptation
Baseline
Adaptation
Baseline
40
Adaptation
Baseline
Abbildung 25: Prozentualer Anteil des Stadiums Wach (links) bzw. Stadiums 1 (Mitte) sowie die REM-Latenz (rechts)
im Vergleich der ersten mit der zweiten Nacht für Gesunde bzw. Patienten
93
Subjektive Daten
Anhand der Ergebnisse des SF-A wird ersichtlich, dass Gesunde und Patienten in der
ersten im Vergleich zur zweiten Nacht eine schlechtere subjektive Schlafqualität
aufwiesen (s. Tabelle 10, unten). Die Faktoren „Schlafqualität“ sowie das „Gefühl des
Erholtseins nach dem Schlaf“ waren in beiden Gruppen in der ersten Nacht
durchschnittlich
signifikant
niedriger
besetzt.
Die
Faktoren
„Psychische
Ausgeglichenheit/„Psychische Erschöpftheit am Abend“ fielen für den Vorabend der
ersten Nacht ebenfalls niedriger aus, allerdings war dieser Unterscheid zwischen den
Nächten in keiner der beiden Gruppen signifikant. Der Faktor „Psychosomatische
Symptome während der Schlafphase“ zeigte ebenfalls für Patienten und Gesunde einen
signifikant höheren Wert für die erste Nacht.
Die Ermittlung eines Unterschiedes der Parameter der ersten Nacht zwischen Patienten
und Gesunden erbrachte auch für subjektive Daten einen signifikanten Haupteffekt
(GRUPPE), sowie signifikante Unterschiede für jeden der fünf SF-A-Faktoren.
94
5 Diskussion
Die hier dargestellte Untersuchung diente dazu, eine große Stichprobe von Patienten
mit der Diagnose „primäre Insomnie“ zu charakterisieren. Ausgangspunkt war die
Überlegung, dass es im Rahmen der Untersuchung jenes Patientenguts einen Mangel
an Studien gibt, die sich mit der Polysomnographie dieser spezifischen Schlafstörung
befassen. Es existiert zwar eine Fülle von Studien über Insomnien unterschiedlichster
Art (s. Tabelle 1a-1d) und jede dieser Untersuchungen verfolgt letztlich das Ziel, das
Störungsbild der Insomnien näher zu charakterisieren. Häufig geschieht dies jedoch in
Ermangelung adäquater Stichprobengrößen (≥ 30), angemessener Alters- und
Geschlechtsverteilungen, der Entsprechung diagnostischer Kriterien bzw. detaillierter
Informationen über die Einnahme von (Schlaf-)Medikation während der Wochen, die
der Schlaflaboruntersuchung vorausgegangen sind.
Sogar die vorliegende Untersuchung, in der versucht wurde, diesen Ansprüchen
gerecht zu werden, konnte letztlich nur mit einer Altersverteilung von Patienten und
Gesunden arbeiten, die sich suboptimal für Vergleiche eignet. Zusätzlich war die
Möglichkeit, die Schlafbeschwerden der Patienten in weitere Subtypen einer Insomnie
zu unterteilen, begrenzt. Der retrospektive Charakter dieser Studie schloss eine weitere
Charakterisierung
der
insomnischen
Beschwerden,
wie
sie
in
neueren
Klassifikationssystemen heute üblich ist (z. B. ICSD-2), aus. Abgesehen von diesen
Mängeln wird die folgende Diskussion jedoch zeigen, inwiefern die vorliegenden
Ergebnisse ihren Beitrag in der Untersuchung der primären Insomnie leisten.
5.1 Diskussion der soziodemographischen Befunde
Unsere Stichprobe von 100 Patienten bzw. 100 Gesunden bestand zu 46% aus
Männern und zu 54% aus Frauen. Der geringfügig größere Anteil an Frauen kann
jedoch nur bedingt als ein Überwiegen des weiblichen Geschlechts bei Insomnien
interpretiert werden. Zwar ist das Risiko, an einer Insomnie zu erkranken laut Klink,
Quan, Kaltenborn & Lebowitz (1992) bei Frauen 1.5-mal höher (p < .005). Es ist aber
wahrscheinlicher, dass - ähnlich wie von Hohagen und Mitarbeitern in ihrer
Allgemeinarztstudie
(1993)
herausgearbeitet
–
Frauen
häufiger
wegen
eines
Schlafproblems ihren Hausarzt konsultieren und daher auch in unserer Stichprobe
etwas überwiegen.
95
Das Überwiegen des weiblichen Geschlechts bei Schlafstörungen im Allgemeinen wurde
bereits mehrfach belegt. Käppler und Hohagen (2003) stellten allerdings fest, dass das
weibliche Geschlecht per se keinen Risikofaktor für Insomnien bedeutet. Höhere
Prävalenzraten von Insomnien unter Frauen führen die Autoren anhand ihrer
Untersuchung auf die Komorbidität zu psychiatrischen Erkrankungen (s. hierzu auch
Soares, 2005), berufliche Stressoren, Beziehungskonflikte und Belastungen durch die
Haushaltsführung zurück. Chen, Kawachi, Subramanian, Acevedo-Garcia und Lee
(2005) hingegen fanden heraus, dass unter Berücksichtigung sozialer Faktoren
(Familienstand, Beruf und Anzahl der unter 15jährigen Familienmitglieder im Haushalt)
die Geschlechtsdiskrepanzen leicht rückläufig sind, aber nicht gänzlich dadurch erklärt
werden
können.
In
geschlechtsspezifische
jüngster
Zeit
Hormon-Einflüsse
mehren
sich
verantwortlich
Hinweise
für
das
darauf,
dass
Auftreten
von
Insomnien unter Frauen sind (s. z.B. Krystal, 2003; Krishnan & Collop, 2006). Ein
zusätzlicher Beweis hierfür stellt die Tatsache dar, dass bei präpubertären Mädchen
und Jungen der Risikofaktor Geschlecht noch nicht auszumachen ist. Erst mit der
Menarche steigt das Risiko einer Insomnie um das 2.75-fache an (Johnson, Roth,
Schultz & Breslau, 2006)
Das Alter zwischen beiden Gruppen war so gut als möglich angeglichen worden. Im
Durchschnittsalter von Gesunden und Patienten ergaben sich vergleichbare Werte mit
einer Differenz von ca. 1 ½ Jahren. Obgleich sich die Gruppen in der Altersverteilung
nicht signifikant unterschieden, zeigte sich bei den Patienten eine Häufung der 4050jährigen gegenüber der Kontrollstichprobe. Es ist nicht neu, dass Insomnien unter
älteren Personen häufiger auftreten. Mellinger, Balter & Uhlenhuth (1985) fanden
beispielsweise heraus, dass schwere Formen der Insomnie unter den älteren Personen
(65-79 Jahre) häufiger waren, als unter jüngeren (18-34 Jahre). Auch die Patienten der
Studie von Kales et al. (1984) hatten ein hohes Durchschnittsalter (47.9 ± 1.6 Jahre)
mit einem Überhang an über 50-jährigen (49%).
Die untersuchte Patienten-Stichprobe hatte im Durchschnitt eine Krankheitsdauer von
mehr als 10 Jahren. Das durchschnittliche Erkrankungsalter, welches Patienten selbst
angegeben hatten, lag bei ca. 32 Jahren. Frauen erkrankten einerseits zwei Jahre
später an einer Insomnie als Männer (33 vs. 31 Jahre); andererseits hatten sie bereits
zwei Jahre länger an der Schlafstörung gelitten, bis sie die Schlafambulanz aufsuchten.
Entsprechend nahmen sie den Großteil derer ein, die bereits mindestens 5-10 Jahre
insomnische Beschwerden hatten, derweil Männer in der Gruppe derer überwiegten,
96
deren Beschwerdebeginn 1-5 Jahre zurücklag. Normalerweise beginnt eine Insomnie
erst in höherem Lebensalter (s. z. B. Hohagen et al., 1993, 1994). Es ist möglich, dass
unsere strengen Auswahlkriterien (insbesondere relevante medizinische Erkrankungen
bzw. die Einnahme psychotroper Substanzen) zu einem beträchtlichen Maße den
Ausschluss v.a. älterer Patienten zur Folge hatte. Andererseits hatte z.B. in der
erwähnten Befragung von Kales et al. (1984), deren Patienten eine durchschnittliche
Krankheitsdauer von 14 Jahren aufwiesen, bei zwei Dritteln der Patienten die
Schlafstörung bereits vor dem 40. Lebensjahr begonnen.
Nur 3% der Patienten waren offensichtlich umgehend durch ihren Arzt in das
Schlaflabor überwiesen worden. Mehr als die Hälfte aller Patienten wurde erst nach
über sechs Jahren zu einer eingehenden Untersuchung in die Schlafambulanz
überwiesen. Es bleibt zu vermuten, welche Gründe im einzelnen vorgelegen haben
mögen, dass Patienten erst nach so langer Krankheitsdauer organmedizinisch
untersucht werden. Einer der Gründe könnte sein, dass viele Hausärzte sich der
Schlafbeschwerde nicht bewusst sind. In der bereits erwähnten Studie von Hohagen et
al. (1993, 1994) wussten die Allgemeinärzte nur in 40% der Fälle von der
Schlafbeschwerde des Patienten. Falls eine Diagnose gestellt worden war, bestand die
Standardtherapie in der Beschreibung von Benzodiazepinen. In unserer Stichprobe
nahm fast die Hälfte der Patienten Schlafmedikamente bis 14 Tage vor der
Schlaflaboruntersuchung ein, wobei der weibliche Patientenanteil hier mit über 70%
stark in den Vordergrund tritt. Es ist dennoch verwunderlich – vor dem Hintergrund des
Überhangs chronisch gestörter Insomnie-Patienten (97%) - dass 40% noch nie
Schlafmedikamente eingenommen hatten. Es lag daher die Annahme nahe, dass unter
jenen Patienten, die bisher ohne schlaffördernde Medikation ausgekommen waren, sich
auch die meisten derer befinden, die (noch) keine chronischen Insomnie-Beschwerden
haben. Eine Korrelation zwischen den Variablen „Medikamenteneinnahme“ bzw. „Dauer
der Insomnie“ erbrachte jedoch nicht den erwarteten Zusammenhang.
Nur ca. ein Fünftel der Patienten waren Raucher und ¾ konsumierten Alkohol.
Interessanterweise
zeigten
sich
hinsichtlich
des
Substanzgebrauchs
keine
Geschlechtsunterschiede, obgleich dies z.B. von Roth (2005) beschrieben wird. In einer
Studie von Völzke et al. (2006), in der regionale Unterschiede des Rauchverhaltens in
Deutschland untersucht wurden, zeigte sich bei den Personen im Alter von 25 – 74
Jahren eine Prävalenz des Nikotinabusus von 37.6% bei Männern gegenüber 28.2%
bei Frauen. Bei unserer Befragung nach Alkohol- bzw. Nikotinkonsum wurde jedoch
97
keine Differenzierung nach der Menge des Konsums vorgenommen. Es ist außerdem
davon auszugehen, dass manche der 77% konsumierenden Patienten, Alkohol als
Einschlafhilfe genutzt haben. Leider war ein Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe
mangels Datenerhebung bei den Gesunden nicht möglich. In einer Studie von Rosa &
Bonnet (2000) hingegen konsumierten Personen mit Insomnie-Beschwerden doppelt so
viele Zigaretten am Tag (8.46 ± 10.53) wie Personen ohne (3.52 ± 6.88; p = .004).
Außerdem zeigte sich unter den Personen mit Schlafbeschwerden ein höherer
Alkoholkonsum (6.60 ± 10.48 vs. 4.01 ± 6.75; n.s.) 20 , der wie auch in unserer
Stichprobe
dahingehend
Einschlafstörungen
zu
interpretieren
wahrscheinlich
mit
sein
dem
könnte,
Konsum
dass
vor
alkoholischer
allem
die
Getränke
„eigentherapiert“ werden.
Anhand der Familienanamnese ergaben sich Hinweise auf eine Häufung von
Schlafstörungen in der Familie, was mit bisherigen Studien in Übereinstimmung steht
(s. z. B. Shapiro & Dement, 1993 sowie Weyerer & Dilling, 1991). Interessanterweise
berichteten Frauen unserer Studie eher über Schlafstörungen bzw. Männer weitaus
häufiger über psychiatrische Erkrankungen in der Familie. In einer Studie von
Dauvilliers et al. (2005) berichteten 72.7% der Patienten mit einer primären Insomnie
über das Auftreten von Schlafstörungen bei Familienangehörigen ersten Grades. Auch
in ihrer Studie überwiegten Frauen mit ca. 61% gegenüber Männer mit 39%. Watson,
Goldberg, Arguelles und Buchwald (2006) untersuchten jüngst 1042 eineiige und 828
zweieiige Zwillinge und bestätigten die Vermutung, dass Insomnien einem deutlichen
genetischen Einfluss unterliegen.
Über die Hälfte unserer Patienten gaben an, verheiratet zu sein. Dieses Ergebnis
gleicht denen der SINE-Studie (Study of Insomnia in Europe; s. Hajak, 2001), bei der
die Gesamtpopulation zu 60% verheiratet war. Unsere Patienten waren doppelt so
häufig geschieden, wie jene der SINE-Studie (5%). Des Weiteren ist der Anteil der
Verwitweten in dieser Studie fünfmal so hoch wie in unserer. In der italienischen
„Morfeo-Studie“ (Terzano et al., 2004), bei der 3284 Personen ärztlich befragt wurden,
gaben 66% insomnische Beschwerden an. Diese wurden unterteilt in „Level 1-„ und
„Level 2-Insomniker“, je nachdem, ob Tagesbeeinträchtigungen zu den nächtlichen
Beschwerden hinzukamen (Level 2) oder nicht (Level 1). Ca. 2/3 der beiden PatientenGruppen gaben an, verheiratet zu sein. Dies war vergleichbar mit der Anzahl der
20
Gemessen als Drinks pro Woche
98
verheirateten gesunden Personen (n = 1191). 14%-15% in beiden Insomnie-Gruppen
waren Single und standen 23% der gesunden Singles gegenüber. Level 1-InsomniePatienten waren zu 18%, Level 2-Insomnie-Patienten zu 14% verwitwet. Gesunde
Personen traten hier mit nur 6% in Erscheinung. Am geringsten war der Anteil der
Geschiedenen in allen Gruppen (Level 1: 2.4%; Level 2: 4.3% bzw. Gesunde: 3.7%).
In der vorliegenden Untersuchung stellte die Anzahl der Geschiedenen mit insgesamt
10% eher einen größeren Anteil dar. Eine Häufung von Schlafstörungen zeigt sich auch
laut Karacan et al. (1976) eher bei Geschiedenen und Verwitweten.
60% unserer Patienten waren Eltern mindestens eines Kindes. Auffällig ist, dass
weibliche Patienten häufiger verheiratet und seltener kinderlos sind.
In diversen Studien wird eine Häufung von Schlafstörungen bei niedrigem
(schulischen) Ausbildungsniveau postuliert (Bixler et al., 1979; Hohagen et al. 1993).
Interessanterweise
sind
in
der
vorliegenden
Studie
die
jeweiligen
Schulbildungsrichtungen annähernd gleich verteilt. Es bleibt allerdings offen, welche
Verteilungen in der Kontrollgruppe vorliegen.
Korrelationen zwischen den soziodemographischen Variablen ließen sich für die Dauer
der Insomnie und die Anzahl der Kinder nachweisen. Ein signifikanter Zusammenhang
zwischen der Dauer der Insomnie und dem Familienstand fand sich nur für weibliche
Patienten. Hier waren vor allem ledige Frauen in jener Gruppe überrepräsentiert, die
hinsichtlich der Dauer der Insomnie unterhalb 5 Jahre lagen. Betrachtet man den
Zusammenhang zwischen Alter und Dauer der Insomnie, so wird deutlich, dass sich
hier partielle Korrelationen zwischen diesen Variablen abbilden: Gerade unverheiratete
(und demnach auch eher jüngere) Frauen sind in der Gruppe, der 0 – 4 Jahre lang
Schlafgestörten signifikant häufiger repräsentiert. In Gruppe (2), in denen die
weiblichen Patienten durchschnittlich fast 10 Jahre älter sind als in Gruppe (1),
befinden sich demnach signifikant weniger ledige Frauen.
Interessant erscheint der Zusammenhang zwischen Alter und Alkoholkonsum bei
weiblichen Patienten. Demnach stellt bei Frauen eine Insomnie im „mittleren Alter“
einen Prädiktor für Alkoholkonsum dar. Bei den männlichen Patienten war dieser
Zusammenhang nicht auszumachen. Offensichtlich ist eine „Eigentherapie“ durch
Alkohol bei Frauen wahrscheinlicher, trotz der Tatsache, dass gerade Frauen eher
Schlafmedikamente konsumieren als Männer.
99
5.2 Diskussion der polysomnographischen Befunde
Bei der Gegenüberstellung der polysomnographischen Charakteristika des Schlafes von
Patienten und Gesunden zeigten sich nur moderate Differenzen. In Übereinstimmung
mit einer früheren Studie (Riemann et al., 2003) ergaben sich signifikante Unterschiede
für die Schlafkontinuität sowie die Schlafarchitektur. So zeigten unsere Patienten einen
Schlaf, der bedingt durch häufigeres Erwachen gestört und ineffizienter war als der von
gesunden Kontrollprobanden. Passend dazu unterschied sich ihr Schlaf durch
vermehrten Leichtschlaf bzw. reduzierten Tiefschlaf gegenüber dem von Gesunden.
Diese Ergebnisse gleichen inhaltlich einigen der Studien aus Tabelle 1a-1d. Allerdings
variiert das Ausmaß der Unterschiede. In der Studie von Bonnet und Arand (1998), die
medikamentenfreie Patienten mit primärer Insomnie untersuchten (s. Tabelle 1c),
zeigten sich beispielsweise Unterschiede in der Gesamtschlafzeit zwischen Patienten
und Gesunden von 63 Minuten bzw. eine Differenz in der Schlafeffizienz von 11%Punkten (vs. 5%-Punkten in unserer Studie). Dies ist insofern überraschend, als dass
ihre Patienten, die ein Durchschnittsalter von ca. 31 Jahren aufwiesen, im Mittel ca. 10
Jahre jünger als unsere Patienten waren. In der Studie von Schneider-Helmert (1987)
zeigten die im Mittel 46 Jahre alten Patienten dagegen eine um 15%-Punkte reduzierte
Schlafeffizienz gegenüber ihren altersgematchten Gesunden.
Obgleich sich in vielen dieser Untersuchungen ein signifikanter Unterschied in der
Einschlaflatenz aufzeigen ließ, konnte dies in unserer Untersuchung für keine der
Nächte ermittelt werden. Dies verwundert vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ein
beträchtlicher Anteil der Patienten mit Einschlafbeschwerden in das Schlaflabor
überwiesen worden war. Jedoch auch hier finden sich Übereinstimmungen zu manchen
Studien aus Tabelle 1a-1d: Die Einschlaflatenz unterscheidet als Variable nicht immer
zwischen Gesunden und Patienten mit einer Insomnie. Selbst wenn sich jedoch die
Einschlafzeit zwischen Patienten und Gesunden signifikant unterschied, lassen die
Rohdaten mancher Studien erkennen, dass Insomnie-Patienten bei einer SchlaflaborUntersuchung im Durchschnitt weniger als 20 Minuten zum Einschlafen benötigten (s.
z. B. Bonnet & Arand, 1998; Means et al. 2003; Nofzinger et al., 2004).
Auch beim Arousal-Index(TST) zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den
erwähnten Studien aus Tabelle 1. In der vorliegenden Untersuchung unterschieden
sich Patienten und Gesunde diesbezüglich signifikant voneinander. Entsprechendes
fanden Terzano et al. (2003) in ihrer Untersuchung an 24 medikamentenfreien
100
Patienten. Diese zeigten einen Index von 32.7 und lagen damit deutlich über dem
Arousal-Index der alters- und geschlechtsgematchten Gesunden (18.6). Allerdings
muss hinzugefügt werden, dass trotz eines ähnlichen Durchschnittsalters, unsere
Patienten im Mittel sogar unterhalb des Indizes der Gesunden aus der zitierten Studie
liegen. Die Schlussfolgerung der Autoren, polysomnographische Untersuchungen auf
die Ermittlung von EEG-Arousals (nebst CAPs) zu erweitern, da diese in angemessener
Weise zwischen Insomnie-Patienten und Gesunden unterscheiden würden, erscheint
für unsere Stichprobe eher fragwürdig. Unter Betrachtung anderer Studienergebnisse
wird jedoch klar, dass die Anzahl von Arousals im Schlaf-EEG sehr stark variiert. Es
bleibt zu vermuten, ob evtl. die Auswertung dieser EEG-Ereignisse unterschiedlich
gehandhabt wird.
Die Schlafarchitektur unterschied nur geringfügig zwischen Patienten und Gesunden.
Außer dem höheren Wachanteil zeigte nur noch der geringere REM-Schlafanteil bei
Patienten signifikante Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Überschaut man die
Tabelle 1a-1d im Hinblick auf REM-Schlaf-Charakteristika, so zeigen wenige Studien
überhaupt signifikante REM-Schlaf-Differenzen zwischen den untersuchten Gruppen. In
der Studie von Monroe (1967) betrug die prozentuale REM-Schlaf-Differenz zwischen
den „good“ bzw. „poor sleepers“ 7.41%. Unsere Patienten und Gesunde liegen, was
die reinen Zahlen anbelangt, zwischen den schlafgestörten Personen der erwähnten
Untersuchung (16.93% ± 5.75%) bzw. deren Kontrollpersonen (24.34% ± 5.43%). In
der Studie von Sugerman et al. (1985), in der Personen mit objektiver bzw. subjektiver
primärer Insomnie (s. Tabelle 1d) und gesunde Kontrollen verglichen wurden, zeigten
sich zwischen den objektiv und subjektiv Schlafgestörten keine Unterschiede
hinsichtlich der Ausprägung des REM-Schlafes. Ein signifikant geringerer REM-SchlafAnteil konnte allerdings beim Vergleich der subjektiv gestörten Patienten mit den
Gesunden ermittelt werden (19.7% ± 5.2 vs. 25.4% ± 2.9%). Es wäre zunächst
denkbar, dass ein Teil unserer Patienten eher subjektiv als objektiv schlafgestört war,
und sich daher Ähnlichkeiten zu dieser Studie ergeben. Betrachtet man aber die
Mittelwerte des prozentualen REM-Schlafanteils, so wird auch deutlich, dass eher die
Stichprobe unserer Gesunden von denen anderer Untersuchungen abweicht, als die
hier untersuchten Patienten. Hinsichtlich der REM-Latenz sowie der REM-Dichte zeigte
keine der erwähnten Studien aus Tabelle 1a-1d Differenzen zwischen den untersuchten
Gruppen. Auch unsere Stichproben unterschieden sich diesbezüglich nicht signifikant.
101
Lediglich die Anzahl der Augenbewegungen war in der Kontrollgruppe deutlich höher
als bei den Patienten.
Im
Hinblick
auf
geschlechtsbedingte
Unterschiede
in
der
Ausprägung
von
Schlafcharakteristika ließ sich ebenfalls ein moderater Haupteffekt errechnen. In
Übereinstimmung zu unserer früheren Studie über Geschlechtseffekte bei primären
Insomnie-Patienten (Voderholzer et al., 2003), unterschieden der Leicht- und der
Tiefschlaf männliche und weibliche Patienten signifikant voneinander. In einer Studie
von Armitage, Trivedi, Hoffmann und Rush (1997) wurde dieser Effekt bei Patienten
mit einer depressiven Störung ebenfalls deutlich. Hier erlebten männliche Patienten
signifikant weniger Tief- bzw. mehr Leichtschlaf als männliche und weibliche gesunde
Kontrollen. In unserer Stichprobe beschränkte sich dieser Effekt auf die Gruppe der
Patienten. Diese Ergebnisse verwundern vor dem Hintergrund der Tatsache, dass
Frauen häufiger über Schlafprobleme berichten als Männer (Hohagen et al., 1994).
Hinsichtlich des Schlafs bei Gesunden zeigen andere Untersuchungen ebenfalls wenige
bis gar keine Geschlechtsdifferenzen: Elsenbruch, Harnish und Orr (1999) fanden für
keine der untersuchten polysomnographischen Variablen Unterschiede zwischen
Männern und Frauen, derweil Antonijevic, Murck, Frieboes, Holsboer und Steiger
(1999) bei den Frauen eine signifikant stärkere Reduktion des Tiefschlafs von der
ersten zur zweiten Nachthälfte aufzeigen konnten.
Es ist nicht neu, dass altersabhängige Einflüsse sich in Schlafcharakteristika
widerspiegeln (s. z.B. Miles & Dement, 1980; Bliwise, 1993; Prinz et al.,1990). Diese
treten in Form vermehrter nächtlicher Aufwachereignisse sowie eines Rückgangs des
Tiefschlafs auf. Darüber hinaus können frühmorgendliches Erwachen und eine
Verkürzung der REM-Latenz – ähnlich wie bei depressiven Patienten – sichtbar werden.
Auch in der vorliegenden Untersuchung zeigte sich ein deutlicher Alterseinfluss.
Insgesamt konnte dies für jede der Variablen – außer der Einschlafzeit, des Stadiums 2
und der REM-Dichte - ausgemacht werden. Der Schlaf der älteren Personen war kürzer
und oberflächlicher. Sowohl unsere älteren Patienten als auch die älteren Gesunden
erlebten einen „leichteren“ Schlaf, gekennzeichnet durch häufigeres nächtliches
Erwachen und einen signifikanten Anstieg im Stadium Wach bzw. Stadium 1. Die
einzige Variable, die zusätzlich zum Alterseffekt noch einen Gruppeneffekt zeigt, war
der Arousal-Index, der bei Patienten einen signifikanten Einfluss durch das Alter
aufwies. Durch die Korrelationsberechnung konnte ermittelt werden, dass ein
Zusammenhang zwischen Alter und Arousal-Index für die Gruppe der Gesunden nicht
102
besteht. D. h., neben der Tatsache, dass das sog. Hyperarousal (nur) bei InsomniePatienten hier Bestätigung findet, zeigt sich zusätzlich eine Verstärkung dieses
physiologischen „Markers“ bei Patienten mit zunehmendem Alter. Dies steht in
Übereinstimmung zu einer Studie über EEG Arousals (Boselli, Parrino, Smerieri &
Terzano, 1998), in der zumindest an gesunden Personen ein linearer Anstieg des
Arousal Indizes/TST gezeigt werden konnte. Abgesehen von der Einschlaflatenz und
dem prozentualen Anteil an Stadium 2 stimmen diese Alterseinflüsse auf den Schlaf mit
denen in der bereits erwähnten Meta-Analyse von Ohayon et al. (2004) überein. Leider
wurden hier jedoch keine Informationen zum Arousal-Index gegeben.
5.3 Diskussion spektralanalytischer Befunde
In der Substichprobe von 60 Patienten und 60 Gesunden zeigten sich signifikante
Einflüsse
der
Faktoren
GRUPPE,
GESCHLECHT
und
der
Kovariate
ALTER.
Interaktionseffekte (GRUPPE x GESCHLECHT bzw. GESCHLECHT x ALTER) konnten
nicht ausgemacht werden. Auch Carrier, Land, Buysse, Kupfer und Monk (2001)
stellten fest, dass sich bei der Untersuchung des quantitativen EEGs Altersprozesse bei
Männern und Frauen nicht unterschiedlich auswirken.
Interessanterweise fallen Unterschiede des polysomnographisch gemessenen Schlafs in
dieser Substichprobe anders aus als in der Gesamtstichprobe von 100 Patienten und
100 Gesunden (s. Kap. 4.2). In der Substichprobe liegt die durchschnittliche
Gesamtschlafzeit sowie auch die REM-Latenz der Patienten höher als in der
Gesamtstichprobe, derweil beide Werte in der Gruppe der Gesunden (Sub- und
Gesamtstichprobe) annähernd gleich sind. Der signifikante Unterschied von TST und
REM-Latenz in der Gesamtstichprobe ist daher in der Substichprobe nicht mehr
vorhanden. Ähnlich verhält es sich mit dem prozentualen Wachanteil. Allerdings verliert
sich der signifikante Unterschied gegenüber den Gesunden in der Substichprobe
dadurch, dass Patienten einen geringeren Anteil an Wachphasen aufweisen als
Patienten der Gesamtstichprobe. Für den Arousal-Index verliert sich ebenfalls der
signifikante Unterschied, der noch in der Gesamtstichprobe vorhanden war, da er sich
für Patienten und Gesunde angleicht. Hinsichtlich der Geschlechtseinflüsse stimmen die
Ergebnisse
des
polysomnographisch
gemessenen
Schlafs
beider
Stichproben
annähernd überein. Lediglich der prozentuale Tiefschlafanteil ist im Gegensatz zur
Gesamtstichprobe in der Substichprobe nicht signifikant unterschiedlich zwischen
103
Männern und Frauen. Der Anteil des Tiefschlafs liegt bei den männlichen und
weiblichen Patienten dieser Substichprobe höher und gleicht sich damit dem der
Gruppe der Gesunden an. Der Alterseinfluss äußert sich in Bezug auf die
Schlafparameter ähnlich wie in der Gesamtstichprobe. Allerdings unterscheiden sich die
Signifikanzen bzgl. der REM-Parameter (REM%, REM-Latenz und Anzahl der
Augenbewegungen) deutlich. In der Substichprobe sind signifikante Alterseinflüsse
dieser REM-Komponenten nicht mehr ersichtlich. Es muss allerdings hinzugefügt
werden, dass die Gruppe der Gesunden in der Substichprobe eine andere
Altersverteilung aufweist (21 – 58 Jahre) als jene in der Gesamtstichprobe (20 – 79
Jahre).
Es bleibt zu vermuten, inwiefern diese Differenzen zwischen den beiden Stichproben
ein
Hinweis
auf
klinische
Subgruppen
nichtorganischer
Insomnien
in
der
Gesamtstichprobe sind (subjektive vs. objektive Insomnien). Ein Überhang an
Patienten mit subjektiver Insomnie könnte möglicherweise die Ursache für die
ausbleibenden Unterschiede im quantitativen EEG sein. In keinem der Frequenzbänder
des REM- bzw. NREM-Schlafs unterscheiden sich Patienten und Gesunde voneinander.
Allerdings fanden Krystal, Edinger, Wohlgemuth und Marsh (2002) auch bei Patienten
mit subjektiver Insomnie signifikante Unterschiede im NREM-EEG im Vergleich mit
Gesunden. Patienten mit rein subjektiven Beschwerden zeigten weniger Delta-, jedoch
mehr Alpha-, Sigma- und Beta-Aktivität im Vergleich zu Gesunden. Dieser Unterschied
konnte für Patienten mit objektiver Insomnie nicht nachgewiesen werden. Auch Perlis
et al. (2001) konnten einen inversen Zusammenhang zwischen hochfrequenter EEGAktivität und der Schlafwahrnehmung ausmachen. Zusätzlich zeigte sich in ihrer
Untersuchung,
in
der
primäre
sowie
sekundäre
Insomnien
und
Gesunde
gegenübergestellt wurden, dass die Patienten mit primärer Insomnie im Vergleich zu
beiden anderen Gruppen eine erhöhte Beta1-, Beta2- und Gamma-Aktivität aufwiesenein Befund, der in starker Diskrepanz zu unseren Ergebnissen steht.
Deutliche
Unterschiede
zeigen
sich
in
unserer
Substichprobe
in
einzelnen
Frequenzspektren hinsichtlich des Faktors GESCHLECHT. Abgesehen von der Delta1bzw. Gamma-Aktivität des NREM-Schlafs unterschieden sich Männer und Frauen in
allen übrigen Frequenzspektren voneinander. In der bereits erwähnten Studie von
Carrier et al. (2001) fanden die Autoren ebenfalls eine höhere Leistungsdichte in den
(NREM-) Bereichen Delta, Theta und Alpha bei Frauen im Gegensatz zu Männern. Die
signifikanten Geschlechtsunterschiede im niederfrequenten Bereich von NREM und REM
104
(Delta1/2) spiegeln den höheren slow-wave-Anteil bei unseren untersuchten Frauen
wieder, obgleich dieser Unterschied im polysomnographischen Schlafparameter „SWS“
nicht auszumachen war. Ähnliches zeigte sich in einer Untersuchung von gesunden
Personen von Curcio, Ferrara, Piergianni, Fratello und De Gennaro (2004). Auch in
höheren Frequenzbereichen (Alpha und Sigma) zeigten Frauen unserer Untersuchung
signifikant höhere Leistungswerte als Männer.
Hinsichtlich des Alters zeigten sich erwartungsgemäß höhere Leistungswerte für NREMDelta 1/2 bzw. REM-Delta1. Auch Ehlers und Kupfer (1989) fanden in ihrer Studie an
gesunden Männern einen Rückgang des Tiefschlafanteils mit zunehmendem Alter. Die
stärkste Reduktion ereignete sich in den Altersgruppen 21-30 Jahre und 31-40 Jahre.
Auch Åström und Trojaborg (1992) fanden einen inversen Zusammenhang zwischen
Alter und Delta-Schlaf. Gaudreau, Carrier und Montplaisier (2001) untersuchten 54
Gesunde und konnten ebenfalls eine Reduktion der SWS-Aktivität ausmachen.
Allerdings hatten die Autoren Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Erwachsene
mittleren Alters untersucht. Es zeigte sich, dass die Theta-, Alpha-, Sigma- und BetaAktivität mit steigendem Alter abnahm. Ein Ergebnis, das im Gegensatz zu unseren
Patienten und Gesunden steht: die Beta2- und Gamma-Aktivität steigt hier mit
zunehmendem Alter an. Tendenziell zeigt sich zudem ein etwas stärkerer Anstieg bei
den Patienten.
5.4 Diskussion psychometrischer Befunde
Die durch psychometrische Messungen erhobenen subjektiven Schlafmaße zeigen
durchgehend einen deutlichen Gruppeneffekt. Signifikante Unterschiede zeigen sich in
den Gesamtwerten zur Schlafqualität (PSQI) und Depressivität (BDI), sowie in den
durch die SF-A-Faktoren erhobenen Werte.
Der mittlere PSQI-Gesamtwert der Patientenstichprobe unterschied sich demnach
signifikant von dem in der Gruppe der Gesunden. Allerdings liegt er bei den Patienten
mit ca. 11 Punkten im Durchschnitt nicht besonders hoch, wenn man mögliche
Maximalwerte dieses Fragebogens bedenkt. Dies steht jedoch in Übereinstimmung zu
den
unter
2.4.2.2
erwähnten
Studien.
Hier
zeigten
Insomnie-Patienten
durchschnittliche Gesamtwerte im Bereich von ca. 10 bis 13. Die Gruppe unserer
Gesunden zeigten zusätzlich ähnliche Durchschnittswerte wie jene gesunde Kontrollen
aus den zitierten Studien.
105
Die durchschnittlichen Gesamtwerte des BDI liegen sowohl für die Gesunden als auch
die Patienten unterhalb der als auffällig geltenden Werte von 12 Punkten oder mehr
und gleichen damit den Ergebnissen aus den in 2.4.2.3 genannten Studien. Hinsichtlich
des Maximalwertes der Insomnie-Patienten (Range: 1 – 32) ist allerdings davon
auszugehen, dass zum einen die Items „Schlafstörungen“ und „Ermüdbarkeit“ stark in
das Gesamtergebnis mit einfließen. Zum anderen äußert sich hier vermutlich die
bereits erwähnte verstärkte Depressivität, die in Folge einer Insomnie auftreten kann.
Sowohl für PSQI- als auch BDI-Werte waren keine Einflüsse des Alters oder des
Geschlechts auszumachen. Die Tatsache jedoch, dass Frauen beider Stichproben einen
im Mittel „zahlenmäßig“ höheren BDI-Gesamtwert als Männer aufweisen, findet sich
ebenso bei depressiven Patienten (s. Hautzinger et al., 1995).
Subjektive Unterschiede zwischen Patienten und Gesunden werden in fast allen Skalen
des SF-A deutlich. Vor allem das „Gefühl des Erholtseins nach dem Schlaf“
unterscheidet sehr deutlich zwischen den Gruppen. Aber auch die anderen Skalen
führen den Beweis, dass Insomnie-Patienten ihren Schlaf subjektiv schlechter
empfinden als Gesunde, obwohl die objektiven Daten nicht befriedigend als Erklärung
für einen als „schlechter“ empfundenen Schlaf überzeugen. Z. B. differierte die
Einschlaflatenz überhaupt nicht zwischen den Gruppen. Dies führt einmal mehr zu der
von Rosekind (1992) geäußerten Schlussfolgerung, dass zwischen Insomnie-Patienten
und Gesunden die (objektiven) Schlafkennwerte häufig überlappen und ein Hinweis
dafür sind, dass manche Personen, auch wenn sie nicht über Schlafbeschwerden
berichten, trotzdem dem „polysomnographischen Profil“ der Insomnie entsprechen
würden.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Schlaf mit zunehmendem Alter an
Leichtschlafanteilen und Fragmentierung zunimmt, verwundert nicht, dass sich dies in
den SF-A-Variablen „Schlafqualität“ und „Gefühl des Erholtseins nach dem Schlaf“
widerspiegelt. Außerdem nehmen – vermutlich bedingt durch vermehrte körperliche
Beschwerden - psychosomatische Symptome während des Schlafs mit zunehmendem
Alter zu.
106
5.5 Bestehen Zusammenhänge zwischen objektiven, psychometrischen und
demographischen Befunden?
Die Berechnung eines möglichen Zusammenhangs zwischen der Schätzung des
eigenen Schlafs und seiner objektiven Ausprägung erbrachte nur wenige signifikante
Ergebnisse. Durch die Hinzunahme psychometrischer Daten konnte jedoch eine
moderate Korrelation aufgezeigt werden: Bei Aufteilung der Patientenstichprobe in jene
mit bzw. jene ohne Medikamentenkonsum zeigte sich ein Zusammenhang zum BDIGesamtwert. Vermutungen nach einer Ursache führen rasch zu der Überlegung, dass
es sich hier um primär depressiv gestörte Patienten handelt, deren Symptome durch
Absetzen eines (antidepressiven) Medikaments deutlicher werden. Andererseits spricht
die Tatsache, dass die Gruppe der konsumierenden Patienten einen mittleren BDIGesamtwert unterhalb des als klinisch auffälligen Wertes von 18 Punkten hatte (11.83
± 6.60), eher gegen dieses Argument. Ein weiterer Erklärungsversuch zielt auf die
Tatsache ab, dass das notwendige Absetzen eines Medikaments eine „ReboundInsomnie“ 21 hervorgerufen haben könnte, auf die jene Patienten möglicherweise nicht
vorbereitet waren und daher mit erhöhter Depressivität reagierten. Ein Argument, dass
diese These unterstützen würde, wäre die Tatsache, dass die konsumierenden
Patienten einen erhöhten prozentualen Wachanteil aufwiesen, als jene ohne
Medikamentenkonsum im Vorfeld.
Schließlich könnte auch die Erkenntnis, dass erholsames Schlafen nicht ohne
Medikation möglich ist bzw. die medikamentöse Behandlung nach Absetzen „ohne
Effekt“ geblieben ist, Hoffnung und Zuversicht reduzieren und in einem leicht erhöhten
BDI-Wert münden.
5.6 Subjektive Schätzungen objektiver Befunde
Die subjektive Schätzung objektiver Befunde wurde in der bisherigen InsomnieForschung häufig untersucht, um eine Erklärung für die mangelnde Übereinstimmung
von
subjektiven
Beschwerden
der
Patienten
und
den
Ergebnissen
polysomnographischer Untersuchungen zu erhalten. Die altbekannte Überschätzung
der Einschlafzeit ließ sich auch für die vorliegende Stichprobe der Insomnie-Patienten
21
Auftreten insomnischer Beschwerden über das Ausgangsniveau bei abruptem oder zu
schnellem Absetzen eines Hypnotikums [s. z.B. Roehrs, Merlotti, Zorick & Roth (1992)].
107
bestätigen und auch die Gruppe der Gesunden entsprach der Erwartung, dass sie in
der Schätzung ihrer Einschlafzeit genauer als Patienten sind. Untersuchungen von
Hauri & Olmstead (1983) hatten bereits zu der Erkenntnis geführt, dass Schlafgesunde
bis zum ersten Auftreten von Schlafstadium 2 sehr präzise ihre Einschlafzeit zu
schätzen vermögen. Hinsichtlich ihrer Ergebnisse zur Schätzung der Einschlafzeit
zeichnen unsere Insomnie-Patienten ein etwas anderes Bild. Stellten die Autoren fest,
dass ihre Patienten den Schlafbeginn zumeist erst nach mindestens 15 Minuten
ungestörten Schlafs vermuteten, so ist diese „Mindestzeit“ bei einem Großteil unserer
Patienten offensichtlich höher.
Die
Gesamtschlafzeit
wird
von
den
gesunden
Kontrollen
der
vorliegenden
Untersuchung eher überschätzt, derweil die meisten Insomnie-Patienten ihre gesamte
Schlafzeit deutlich unterschätzen. Mercer, Bootzin & Lack (2002) begründen die
Unterschätzung der Gesamtschlafzeit in ihrer Studie an Insomnie-Patienten damit, dass
die während des Erwachens vorangegangene Schlafzeit als Wach verkannt wird. Dies
entspricht auch dem Ergebnis der Studie von Borkovec et al. (1981), deren InsomniePatienten nach Erwecken aus Stadium 2 zu 70% - 80% angaben wach gewesen zu
sein, hingegen nur 30% - 40% der Gesunden.
Bei der Unterteilung in „Überschätzer“, „Unterschätzer“ und „Korrekt-Schätzer“ konnte
ermittelt werden, dass mehr als die Hälfte der Patienten die Einschlafzeit überschätzen
und die Gesamtschlafzeit unterschätzten. Seitens der Gesunden zeigte sich, dass ca.
37% ihre Einschlafzeit über- und ca. 20% ihre Gesamtschlafzeit unterschätzten. Die
Unterschiede
zwischen
Patienten
und
Gesunden
in
Bezug
auf
ihre
Schätzungsgenauigkeit waren signifikant. Trotzdem jedoch Patienten nicht derart
akkurat ihre Schlafparameter schätzen wie Gesunde, so liegen immerhin 22% (TST)
bzw. 28% (SOL) der Patienten richtig. Edinger und Fins (1995) fanden ebenfalls ein
breites Kontinuum, auf dem sich deutliche Unter- bzw. Überschätzer der jeweiligen
Schlafparameter abzeichneten. Auch Means et al. (2003) schlussfolgerten aus ihrer
Untersuchung, dass eine Verschätzung von Schlafzeiten keine allgemeingültigen
Eigenschaften
seien,
die
alle
Insomnie-Patienten
von
gesunden
Schläfern
unterscheidet. Ihrer Vermutung nach beeinflussen Persönlichkeitsmerkmale und
konstitutionelle Faktoren die Fähigkeit, Schlaf- sowie Wachzeiten einzuschätzen. Tang
& Harvey (2005) fanden in einer tagsüber durchgeführten Untersuchungsanordnung
heraus, dass die Fähigkeit Zeitphasen korrekt einzuschätzen, Insomnie-Patienten nicht
von gesunden Kontrollen unterscheidet. Allerdings korrelierte die Überschätzung von
108
Zeit in ihrer Studie positiv mit kognitivem und physiologischen Arousal während der
Zeitschätzungsaufgabe. Auch Fichten, Creti, Amsel, Bailes und Libman (2005)
schlussfolgerten aus einer ähnlichen Untersuchung, dass es keine Unterschiede in der
Fähigkeit gab, Zeiträume ihrer Länge nach einzuschätzen – schlechte und normale
Schläfer überschätzten die vorgegebenen Zeitphasen. Der Nachtschlaf hingegen wurde
von schlechten Schläfern unterschätzt und Wachzeiten überschätzt - im Gegensatz zu
normalen Schläfern. Darüber hinaus konnten Rioux, Trembley und Bastien (2006)
ermitteln, dass es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Schwere der
Insomnie-Beschwerde und der Schätzungsfähigkeit von Zeiträumen gibt.
In
der
vorliegenden
Untersuchung
erbrachte
die
Suche
nach
möglichen
Einflussfaktoren, dass „Alter“ sowie „Dauer der Insomnie“ die Schätzungsgenauigkeit
beeinflussen. Jüngere Gesunde waren demnach akkurater im Einschätzen der
Gesamtschlafzeit.
Der
Grund
hierfür
könnte
sein,
dass
Jüngere
weniger
Schlafunterbrechungen durch Wachphasen erleben und eine Fehlwahrnehmung
dadurch unwahrscheinlicher wird. Ähnliche Einflüsse des Alters konnten für die Gruppe
der Patienten nicht ausgemacht werden. Die Variable „Dauer der Insomnie“ stand
jedoch in Zusammenhang mit der Schätzungsgenauigkeit. Demnach waren Patienten
mit einer länger als sieben Jahre andauernden Insomnie weniger akkurat bei der
Schätzung der Einschlafzeit als jene Patienten, deren Krankheitsdauer weniger als
sieben Jahre betrug. Vermutlich werden Fehleinschätzungen mit zunehmender
Chronizität der Störung wahrscheinlicher. Die Variable „Medikamentenkonsum“ sowie
„Geschlecht“ erbrachte keine signifikanten Zusammenhänge.
5.7 First-Night- oder Reverse First-Night-Effekt?
Aufgrund der eher moderaten Unterschiede zwischen Patienten und Gesunden in
Bezug auf polysomnographische Schlafparameter der Baselinenacht (vgl. Kap. 4.2),
wurde die Adaptationsnacht zusätzlich herangezogen, um zu untersuchen, inwiefern
ein möglicher FNE als Erklärung hierfür herangezogen werden kann. In der bisherigen
Forschung hierzu sind die Ergebnisse nicht eindeutig. Manche Untersucher fanden
einen deutlich ausgeprägteren FNE bei Insomnie-Patienten als bei Gesunden (Coates et
al., 1981). Andere wiederum fanden bei Patienten einen schwächeren bzw. gar keinen
FNE (Toussaint et al., 1995; Morin, Kowatch, Barry & Walton, 1993). Dem steht der
109
RFNE, bei dem Patienten in der Adaptationsnacht besser schlafen als unter häuslichen
Bedingungen, gegenüber.
In der vorliegenden Untersuchung konnte ermittelt werden, dass sowohl Patienten als
auch Gesunde einen FNE zeigten. Die Ausprägung dieses Adaptationseffektes fällt
allerdings in der Patienten-Stichprobe stärker aus – etwas, dass in Übereinstimmung zu
früheren Untersuchungen steht (vgl. Williams, Hursch & Karacan, 1972). Unsere
Patienten zeigen bei allen Schlafparametern außer der REM-Dichte signifikante
Unterschiede zur zweiten Nacht. Im einzelnen zeigt sich, dass bei Patienten alle
Parameter der Schlafkontinuität, Schlafarchitektur sowie fast alle REM-Parameter
davon beeinflusst sind. Der Schlaf der Gesunden hingegen bleibt hinsichtlich der Anzahl
der Aufwachereignisse sowie prozentualen Anteilen der Stadien 1 und 2 „stabil“ über
die Nächte hinweg, d.h. Unterschiede zwischen den Nächten werden hier nicht
signifikant. Außerdem reagieren die Gesunden in allen anderen Variablen nicht derart
sensitiv wie die Patienten auf die Schlaflabor-Umgebung. Eine größere Variabilität
zwischen den Nächten, wie sie bereits in anderen Studien bestätigt werden konnte
(Frankel et al., 1976; Coates et al., 1982; Means et al., 2003; Vallières, Ivers, Bastien,
Beaulieu-Bonneau & Morin, 2005), zeigt sich also ebenfalls bei den Patienten der
vorliegenden Untersuchung. Unserer Hypothese eines FNE konnte also für die
Patienten-Gesamtstichprobe bestätigt werden. Entgegen vieler Forschungsmeinungen
auf diesem Gebiet, fiel der Schlaf bei den Patienten in der Adaptation nicht besser aus
als zum Zeitpunkt Baseline. Der umgekehrte Effekt eines RFNE, wie z.B. bei Riedel et
al. (2001) konnte hier also nicht gefunden werden. Allerdings untersuchten die Autoren
weitaus ältere Patienten mit primärer Insomnie (67.5 Jahre ± 6.3 Jahre). Sie fanden
heraus, dass 57% einen FNE und 26% einen RFNE zeigten. Bei den Patienten mit FNE
zeigten sich zudem höhere Werte im „State-Trait-Anxiety“-Inventar 22 .
Die zusätzlich berechnete Varianzanalyse der ersten Nacht bot neben dem Vergleich
der Nächte die Möglichkeit des Gruppenvergleichs. Es zeigt sich, dass Patienten in der
Adaptationsnacht deutlich mehr Leichtschlaf zuungunsten von Stadium 2 haben als
Gesunde. Dieser Unterschied ist in der Baselinenacht nicht mehr auszumachen. Auch
die REM-Latenz unterscheidet nur in der Adaptationsnacht zwischen den Gruppen
signifikant. In der zweiten Nacht ist die durchschnittliche REM-Latenz annähernd gleich
zwischen Patienten (69.92 Min.) und Gesunden (66.04 Min.). Interessanterweise
22
Angstinventar nach Spielberger, Gorsuch und Lushene (1970).
110
steigen die Anzahl der Aufwachereignisse sowie der Arousal-Index/TST von der ersten
zur zweiten Nacht an. Wenn man von einem FNE bei den untersuchten Personen
ausgeht, verwundert, dass jene Parameter, die als „Marker“ für einen gestörten Schlaf
angesehen werden können, in der ersten Nacht reduzierter sind.
Der Vergleich der Varianzanalysen der beiden Nächte zeigt auch, dass abgesehen von
Stadium 1, 2 sowie der REM-Latenz, die Befunde relativ konsistent sind. Vor allem
bestätigt sich dadurch ebenfalls der Befund, dass die Einschlaflatenz nicht unbedingt
zwischen den Insomnie-Patienten und Gesunden unterscheidet.
Betrachtet man insgesamt die polysomnographischen Ergebnisse der Adaptationsnacht,
so bleibt zu vermuten, ob die schlechtere Schlafqualität in jener Nacht einen
effizienteren Schlaf in der Baselinenacht hervorgerufen haben könnte. Gerade da
Patienten offensichtlich stärker auf die ungewohnte Umgebung im Schlaflabor
reagieren, bewirkt dies vermutlich einen stärkeren „Nachholeffekt“ in der zweiten
Untersuchungsnacht als bei den Gesunden. Dies könnte eine Erklärung dafür sein, dass
die signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen in der zweiten Nacht nicht mehr
so stark ausfallen.
Die subjektiven Schätzungen des Schlafs der ersten Nacht untermauern den Befund
eines
FNE.
Patienten
und
Gesunde
schätzen
die
Schlafqualität
sowie
das
Erholsamkeitsgefühl als signifikant schlechter ein im Vergleich von der ersten zur
zweiten Nacht. Ebenfalls spiegelt sich wider, dass die erste Nacht auf subjektiver
Ebene stärker zwischen den Gruppen unterscheidet.
111
5.8 Ausblick
In dieser Untersuchung wurde versucht anhand einer großen Stichprobe von Patienten
mit
einer
primären
Insomnie
herauszufinden,
ob
die
bereits
existierenden
polysomnographischen und psychometrischen Befunde, sowie deren Alters- und
Geschlechtseinflüsse nach dem Einsatz restriktiver Ausschlusskriterien erhalten bleiben.
Es bleibt anzuerkennen, dass – mit Einschränkung - die meisten unserer objektiven
und subjektiven Ergebnisse bereits in früheren Studien berichtet wurden.
Nach unserer Erfahrung sollten zukünftige Forschungsprojekte das Störungsbild der
primären Insomnie nach neuen verfügbaren Klassifikationssystemen in ihre Subformen
unterteilen. Dies führt möglicherweise dazu, dass Unterschiede zwischen Patienten und
gesunden Kontrollen besser aufgedeckt werden können. Unbedingt notwendig
erscheint
unserer
Meinung
nach
ein
günstigeres
Altersmatching.
Prospektive
Untersuchungen sollten zudem sicherstellen, dass soziodemographische Variablen in
gleicher Weise für die Stichprobe der Kontrollprobanden erhoben werden.
112
6 Zusammenfassung
Die vorliegende retrospektive Studie verfolgte das Ziel, das Störungsbild der primären
Insomnie
vor
dem
Hintergrund
soziodemographischer,
psychometrischer
und
polysomnographischer Gesichtspunkte zu untersuchen. Ausgangspunkt war die
Überlegung, dass zwar eine Fülle von derartigen Untersuchungen über Insomnien im
Allgemeinen existiert, die genaue Unterscheidung zwischen primären und sekundären
Insomnien jedoch häufig nicht unternommen wird. Zur Datenerhebung wurden die
Schlaflabor-Akten von Patienten mit der Diagnose „ICD-10: F51.0“ durchgesehen. In
die Studie mit einbezogen wurden lediglich jene Patienten, die die Diagnosekriterien
der primären/nichtorganischen Insomnie erfüllten. Untersucht wurden schließlich 100
medikamentenfreie Patienten, die mit einer nach Geschlecht und Alter angeglichenen
Stichprobe von 100 gesunden Kontrollprobanden verglichen wurde. Neben der
Erhebung soziodemographischer Daten, fanden sich subjektive und objektive
Unterschiede,
sowie
signifikante
Geschlechts-
und
Alterseinflüsse.
Polysomnographische Erhebungen konnten signifikante Unterschiede für Maße der
Schlafkontinuität,
sowie
der
Schlafarchitektur
aufdecken.
Spektralanalytische
Berechnungen erbrachten jedoch nicht die zwischen Patienten und Gesunden
erwarteten Unterschiede in hochfrequenten Spektren. Die Messung psychometrischer
Variablen bestätigte die von den Patienten geäußerten Schlafbeschwerden. Im direkten
Vergleich von objektiven und subjektiven Variablen zeigte sich jedoch eine
Unterschätzung der Gesamtschlafzeit und Überschätzung der Einschlafzeit bei den
Patienten. Es konnte allerdings gezeigt werden, dass nicht alle Insomnie-Patienten per
se sich bei ihren Schlafzeiten verschätzen. Die Dauer der Insomnie nimmt hier Einfluss
auf die Schätzungsgenauigkeit. Ein First-Night-Effekt (FNE) konnte für Patienten und
Gesunde bestätigt werden. Patienten zeigten jedoch einen stärker ausgeprägten FNE
sowie
eine
deutlichere
Nacht-zu-Nacht-Variabilität.
Die
zum
Teil
moderaten
Unterschiede zwischen Patienten und Gesunden lassen die Annahme zu, dass sich in
der Gesamtstichprobe der Patienten vermutlich auch Subformen der Insomnie
befinden, wie sie in neueren Klassifikationssystemen dargestellt werden. Durch den
retrospektiven Charakter dieser Untersuchung war eine weitergehende Klassifikation in
Unterformen der Insomnie jedoch nicht möglich. Für zukünftige prospektive
Untersuchungen erscheint diese Unterteilung jedoch zwingend notwendig.
113
7 Literaturverzeichnis
Adam, K, Tomeny, M and Oswald, I. Physiological and psychological differences
between good and poor sleepers. Journal of Psychiatric Research 1986; 20 (4): 301 316.
Agnew, HE, Webb, WB and Williams, RL. The first night effect: An EEG study of sleep.
Psychophysiology 1966, 2, 263 - 266.
Al-Shajlawi, A, Bootzin, RR, Lack, L and Wright, H (1999, Oktober). Interrelationships
between sleep diaries, actigraphy, and polysomnography in measuring improvement in
sleep onset during treatment [Abstract]. Posterpräsentation auf dem Third
International Congress of the World Federation of Sleep Research Societies (WFSRS),
Dresden, Deutschland.
American Academy of Sleep Medicine. ICSD-International classification of sleep
disorders, revised: Diagnostic and coding manual. Westchester, IL: American Academy
of Sleep Medicine, 2005.
American Psychiatric Association (Ed., 1994). Diagnostic and Statistical Manual of
Mental Disorders (Fourth Edition). Washington D. C.: APA.
Antonijevic, IA, Murck, H, Frieboes, RM, Holsboer, F and Steiger, A. On the gender
differences in sleep-endocrine regulation in young normal humans. Neuroendocrinology
1999; 70: 280 - 287.
Armitage, R, Trivedi, M, Hoffmann, R and Rush, AJ. Relationship between objective
and subjective sleep measures in depressed patients and healthy controls. Depression
and Anxiety 1997; 5: 97 - 102.
Åström, C and Trojaborg, W. Relationship of age to power spectrum analysis of EEG
during sleep. Journal of Clinical Neurophysiology 1992; 9 (3): 424 – 430.
114
Backhaus J, Junghanns, K, Broocks, A, Riemann, D and Hohagen, F. Test-retest
reliability and validity of the Pittsburgh Sleep Quality Index in primary insomnia.
Journal of Psychosomatic Research 2002; 53: 737 – 740.
Backhaus, J und Riemann, D (1999). Schlafstörungen. Fortschritte der Psychotherapie.
Band 7. Göttingen: Hogrefe-Verlag.
Beck, AT and Steer, RA (1987). Beck Depression Inventory. The Psychological
Corporation San Antonio.
Berger, M und Steiger, A (1992). Schlaf bei psychiatrischen Erkrankungen. In: Berger,
M (Hrsg.); unter Mitarbeit von Dieter Riemann und Axel Steiger. Handbuch des
normalen und gestörten Schlafs (S. 140 - 165). Berlin: Springer.
Billiard, M and Bentley, A. Is insomnia best categorized as a symptom or a disease?
Sleep Medicine 2004; 1: S35 – S40.
Bixler, EO, Kales, A, Soldatos, CR, Kales, JD and Healey, S. Prevalence of sleep
disorders in the Los Angeles Metropolitan area. American Journal of Psychiatry 1979;
136 (10): 1257 – 1262.
Bliwise, DL. Sleep in normal aging and dementia. Sleep 1993; 16: 40 - 81.
Bliwise, DL, King, AC, Harris, RB and Haskell, WL. Prevalence of self-reported poor
sleep in a healthy population aged 50 – 65. Social Science and Medicine 1992; 34 (1):
49 – 55.
Bonnet, MH and Arand, DL. Hyperarousal and insomnia. Sleep Medicine 1997. Rev 1:
97 – 108.
Bonnet, MH and Arand, DL. Heart rate variability in insomniacs and matched normal
sleepers. Psychosomatic Medicine 1998; 60: 610 - 615.
115
Bootzin, RR, Epstein, D and Wood, JM (1991). Stimulus control instructions. In: Hauri,
PJ (Ed.). Case studies in insomnia (p. 19 - 28). New York: Plenum Medical Book
Company.
Borbély, AA (1992). Die Beeinflussung des Schlafs durch Hypnotika. In: Berger, M
(Hrsg.); unter Mitarbeit von Dieter Riemann und Axel Steiger. Handbuch des normalen
und gestörten Schlafs (S. 120 - 139). Berlin: Springer.
Borkovec, TD, Lane, TW and Van Oot, PH. Short report: Phenomenology of sleep
among insomniacs and good sleepers. Wakefulness experience when cortically asleep.
Journal of Abnormal Psychology 1981; 90 (6): 607 – 609.
Bortz, J (1999). Statistik für Sozialwissenschaftler. 5. Auflage. Berlin: Springer.
Boselli, M, Parrino, L, Smerieri, A and Terzano, MG. Effect of age on EEG arousals in
normal sleep. Sleep 1998; 21 (4): 351 – 357.
Brooks, JO, Friedmann, L, Bliwise, DL and Yesavage, JA. Use of the Wrist actigraph to
study insomnia in older adults. Sleep 1993; 16 (2): 151 – 155.
Buysse,
D,
Ancoli-Israel,
S,
Edinger,
JD,
Lichstein,
KL
and
Morin,
CM.
Recommendations for a standard research assessment of insomnia. Sleep 2006; 29
(9): 1155 – 1173.
Buysse, D, Reynolds, CF, Monk, TH, Berman, SR and Kupfer, DJ. The Pittsburgh Sleep
Quality Index: A new instrument for psychiatric practice and research. Psychiatry
Research 1989; 28: 193 - 213.
Carrier, J, Land, S, Buysse, DJ, Kupfer, DJ and Monk, TH. The effects of age and
gender on sleep EEG power spectral density in the middle years of life (ages 20 -60
years old). Psychophysiology 2001; 38: 232 – 242.
116
Carskadon, MA, Dement, WC, Mitler, MM, Guilleminault, C, Zarcone, V and Spiegel, R.
Self-report versus sleep laboratory findings in 122 drug-free subjects with complaints
of chronic insomnia. American Journal of Psychiatry 1976; 12: 1382 - 1388.
Chen, Y-Y, Kawachi, I, Subramanian, SV, Acevedo-Garcia, D and Lee, Y-Y. Can social
factors explain sex differences in insomnia? Findings from a national survey in Taiwan.
Journal of Epidemiology and Community Health 2005; 59: 488 – 494.
Coates, TJ, George JM, Killen, JD, Marchini, E, Hamilton, S and Thoresen, CE. First
night effects in good sleepers and sleep-maintenance insomniacs when recorded at
home. Sleep 1981; 4 (3): 293 – 298.
Coates, TJ, Killen, JD, George JM, Marchini, E, Silverman, S, Hamilton, S and Thoresen,
CE. Discriminating good sleepers from insomniacs using all-night polysomnograms
conducted at home. The Journal of Nervous and Mental Disease 1982; 170 (4): 224 230.
Cochran, H. Diagnose and treat primary insomnia. The Nurse Practitioner 2003; 28 (9):
13 – 27.
Coursey, RD, Buchsbaum, M and Frankel, BL. Personality measures and evoked
responses in chronic insomniacs. Journal of Abnormal Psychology 1975; 84, 239 – 249.
Curcio, G, Ferrara, M, Piergianni, A, Fratello, F and De Gennaro. Paradoxes of the firstnight effect: a quantitative analysis of antero-posterior EEG topography. Clinical
Neurophysiology 2004; 115: 1178 – 1188.
Dauvilliers, Y, Morin, C, Cervena, K, Carlander, B, Touchon, J, Besset, A and Billiard, M.
Family studies in insomnia. Journal of Psychosomatic Research 2005; 58: 271 – 278.
Dijk DJ, Beersma, DGM and Bloem, GM. Sex differences in the sleep EEG of young
adults: visual scoring and spectral analysis. Sleep 1989; 12: 500 - 507.
117
Doghramji, K. The epidemiology and diagnosis of insomnia. The American Journal of
Managed Care 2006; 12: S 214 – S220.
Doi, Y, Minowa, M, Uchiyama, M, Okawa, M, Kim, K, Shibui, K and Kamei, Y.
Psychometric assessment of subjective sleep quality using the Japanese version of the
Pittsburgh Sleep Quality Index (PSQI-J) in psychiatric disordered patients and control
subjects. Psychiatry Research 2000; 97: 165 – 172.
Dorsey, CM and Bootzin, RR. Subjective and psychophysiologic insomnia: An
examination of sleep tendency and personality. Biological Psychiatry 1997; 41: 209 216.
Edinger, JD, Bonnet, MH, Bootzin, RR, Doghramji, K, Dorsey, CM, Espie, CA, Jamieson,
AO, McCall, WV, Morin, CM and Stepanski, EJ. Derivation of research diagnostic criteria
for insomnia: Report of an American Academy of Sleep Medicine work group. Sleep
2004; 27 (8): 1567 - 1596.
Edinger, JD and Fins, AI. The distribution and clinical significance of sleep time
misperceptions among insomniacs. Sleep 1995; 18 (4): 232 - 239.
Edinger, JD, Hoelscher, TJ, Webb, MD, Marsh, GR, Radtke, RA and Erwin, CW.
Polysomnographic assessment of DIMS: Empirical evaluation of its diagnostic value.
Sleep 1989; 12: 315 – 322.
Edinger, JD, Sullivan, RJ, Bastian, LA, Hope, TV, Young, M, Fins, AI, Glenn, DM, Marsh,
GR, Dailey, D, Shaw, E and Vasilas, D. Insomnia in the eye of the beholder: Are there
clinical markers of objective sleep disturbances among adults with and without
insomnia complaints? Journal of Consulting and Clinical Psychology 2000; 68 (4): 586 –
593.
Ehlers, CL and Kupfer, DJ. Effects of age on delta and REM sleep parameters.
Electroencephalography and Clinical Neurophysiology 1989; 72: 118 – 125.
118
Ehlers, CL and Kupfer, DJ. Slow-wave sleep: do young adult men and women age
differently? Journal of Sleep Research 1997; 6: 211 – 215.
Elsenbruch, S, Harnish, MJ and Orr, WC. Heart rate variability during waking and sleep
in healthy males and females. Sleep 1999; 22: 1067 - 1071.
Engel,
R
und
Engel-Sittenfeld,
P.
Schlafverhalten,
Persönlichkeit
und
Schlafmittelgebrauch von Patienten mit chronischen Schlafstörungen. Der Nervenarzt
1980; 51: 22 - 29.
Faust, V und Hole, G. (1991). Der gestörte Schlaf und seine Behandlung: Schlaf,
Schlafstörungen,
nichtmedikamentöse
Schlafhilfen,
Schlafmittel.
Ulm:
Universitätsverlag Ulm GmbH.
Feige, B, Voderholzer, U, Riemann, D, Hohagen and Berger, M. Independent sleep EEG
slow-wave and spindle band dynamics associated with 4 weeks of continuous
application of short-half-life hypnotics in healthy subjects. Clinical Neurophysiology
1999; 110: 1965 – 1974.
Fichten, CS, Creti, L, Amsel, R, Bailes, S and Libman, E. Time estimation in good and
poor sleepers. Journal of Behavioral Medicine 2005; 28 (6): 537 – 553.
Fischer, J, Mayer, G, Peter, JH, Riemann D und Sitter, H. Leitlinie S2 Nicht-erholsamer
Schlaf. Somnologie 2001; 5 (Suppl. 3): 1 - 258.
Fischer, J, Mayer, G, Peter, JH, Riemann, D und Sitter H (Hrsg.; 2002). Unter Mitarbeit
von Klaus Kunze, Thomas Penzel, Friedhart Raschke und Alfred Wiater. Nicht-
erholsamer Schlaf: Leitlinie „S2“ der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und
Schlafmedizin (DGSM). Berlin: Blackwell Wissenschafts-Verlag.
Ford, DE and Kamerow, DB. Epidemiologic study of sleep disturbances and psychiatric
disorders. An opportunity for prevention? Journal of the American Medical Association
1989; 262 (11): 1479 - 1484.
119
Frankel, BL, Coursey, RD, Buchbinder, R and Snyder, F. Recorded and reported sleep
in chronic primary insomnia. Archives of General Psychiatry 1976; 33: 615 - 623.
Frankl, VE. Paradoxical Intention: A logotherapeutic technique. American Journal of
Psychotherapy 1960; 14: 520 - 535.
Frankl, VE. Paradoxical Intention and dereflection. Psychotherapy 1975; 12: 226 - 237.
Freedman, R. EEG power in sleep onset insomnia. Electroencephalography and Clinical
Neurophysiology 1986; 63: 408 - 413.
Freedman, RR and Sattler, HL. Physiological and psychological factors in sleep-onset
insomnia. Journal of Abnormal Psychology 1982; 91 (5): 380 - 389.
Gaudreau, H, Carrier, J and Montplaisier, J. Age-related modifications of NREM sleep
EEG: from childhood to middle age. Journal of Sleep Research 2001; 10: 165 – 172.
Görtelmeyer, R. Schlaffragebogen SF-A und SF-B (1981). In
CIPS (Hrsg.),
Internationale Skalen für Psychiatrie (2. Auflage). Weinheim: Beltz Test GmbH.
Hajak, G, Rodenbeck, A, Staedt, J, Bandelow, B, Huether, G and Ruether, E. Nocturnal
plasma melatonin levels in patients suffering from chronic primary insomnia. Journal of
Pineal Research 1995; 19: 116 – 122.
Hajak, G (2001). Differenzierung der Schlafstörungen. In: Expertenkreis zur
Erarbeitung eines Stufenschemas zur Diagnostik und Therapie von Schlafstörungen in
der hausärztlichen Praxis von und in Zusammenarbeit mit dem BDA, Berufsverband der
Allgemeinärzte Deutschlands – Hausärzteverband – e.V. (Hrsg.). Schlaf-Manual (S. 3.1
– 3.25). Emsdetten: Kybermed GmbH & Co.
Hajak, G on behalf of the SINE Study Group. Epidemiology of severe insomnia and its
consequences in Germany. European Archives of Clinical Neuroscience 2001; 251: 49 –
56.
120
Hajak, G und Rüther, E (1995). Insomnie. Berlin: Springer.
Hajak, G, Rüther, E und Hauri, P. (1992). Insomnie. In: Berger, M (Hrsg.); unter
Mitarbeit von Dieter Riemann und Axel Steiger. Handbuch des normalen und gestörten
Schlafs (S. 67 - 119). Berlin: Springer.
Harvey, AG. Pre-sleep cognitive activity: A comparison of sleep-onset insomniacs and
good sleepers. British Journal of Clinical Psychology 2000; 39: 275 – 286.
Harvey, AG and Greenall E. Catastrophic worry in primary insomnia. Journal of
Behavior Therapy and Experimental Psychiatry 2003; 34: 11 - 23.
Hauri, P and Fisher, J. Persistent psychophysiological (learned) insomnia. Sleep 1986; 9
(1): 38 - 53.
Hauri, PJ and Olmstead, EM. Reverse first night effect in insomnia. Sleep 1989; 12 (2):
97 - 105.
Hauri, PJ and Olmstead, EM. What is the moment of sleep onset in insomniacs? Sleep
1983; 6 (1): 10 – 15.
Hautzinger, M, Bailer, M, Worall, H und Keller, F. Beck-Depressions-Inventar.
Testhandbuch. 2., überarbeitete Auflage 1995. Göttingen: Huber.
Haynes, SN, Fitzgerald, SG, Shute, G and O´Meary, M. Responses of psychophysiologic
and subjective insomniacs to auditory stimuli during sleep: A replication and extension.
Journal of Abnormal Psychology 1985; 94 (3): 338 – 345.
Hoch, CC, Reynolds, CF, Kupfer, DJ, Berman, SR; Houck RR and Stack, JA. Empirical
note: Self-report versus recorded sleep in healthy seniors. Psychophysiology 1987; 24:
293 - 299.
Hochstrasser, B. Epidemiologie von Schlafstörungen. Therapeutische Umschau 1993;
50 (10): 679 - 683.
121
Hohagen, F, Kaeppler, C, Schramm, E, Rink, K, Weyerer, S, Riemann, D and Berger, M.
Prevalence of insomnia in elderly general practice attenders and the current treatment
modalities. Acta psychiatrica Scandinavica 1994; 90: 102 - 108.
Hohagen F, Rink K, Schramm E, Riemann D, Weyerer S and Berger, M. Prevalence and
treatment of insomnia in general practice. A longitudinal study. European archives of
Psychiatry and Clinical Neuroscience, 1993; 242, 329 - 336.
Jacobs, G, Benson, H, and Friedmann, R. Home-based central nervous system
assessment of a multifactor behavioral intervention for chronic sleep-onset insomnia.
Behavior Therapy 1993; 24: 159 – 174.
Jacobs, EA, Reynolds, II CF, Kupfer, DJ, Lovni, BA and Ehrenpreis, AB. The role of
polysomnography in the differential diagnosis of chronic insomnia. Annual Journal of
Psychiatry 1988; 154: 346 – 349.
Johnson, EO, Roth, T, Schultz, L and Breslau, N. Epidemiology of DSM-IV Insomnia in
adolescence: Lifetime prevalence, chronicity, and an emergent gender difference.
Pediatrics 2006; 117: e257 – e261.
Käppler, C and Hohagen, F. Psychosocial aspects of insomnia. Results of a study in
general practice. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience 2003. 253:
49 – 52.
Kales, A, Caldwell, AB, Soldatos, CR, Bixler, EO and Kales JD. Biopsychobehavioral
correlates of insomnia, II: Pattern specifity and consistency with the Minnesota
Multiphasic Personality Inventory. Psychosomatic Medicine 1983; 45: 341 – 356.
Kales, A and Kales, JD. Sleep disorders: Recent findings in the diagnosis and treatment
of disturbed sleep. New England Journal of Medicine 1974; 290: 487 – 499.
122
Kales, JD, Kales, A, Bixler, EO, Soldatos, CR, Cadieux RJ, Kashurba, GJ and VelaBueno, A. Biopsychobehavioral correlates of insomnia, V: Clinical characteristics and
behavioural correlates. American Journal of Psychiatry 1984; 141 (11): 1371 – 1376.
Kales, A, Soldatos, CR, Bixler EO and Kales JD. Rebound insomnia and rebound
anxiety: A review. Pharmacology 1983; 26: p 121 – 137.
Karacan, I, Thornby, JI, Anch, M, Holzer, CE, Warheit, GJ, Schwab JJ and Williams, RL.
Prevalence of sleep disturbance in a primarily urban Florida county. Social Science and
Medicine 1976; 10: 239 – 244.
Karacan, I, Thornby, J and Williams RL (1983). Sleep disturbance. A community
survey. In: Guilleminault, C, Lugaresi, E, (Eds.): Sleep/wake disorders. Natural history,
epidemiology and long-term evolution (p. 37 – 60). New York: Raven.
Karacan, I, Williams, RL, Salis, PJ and Hursch, CJ. New approaches to the evaluation
and treatment of insomnia. Psychosomatics 1971; 12(2): 81 - 88.
Kazarian, S, Howe, M, Merskey H and Deinum, E. Insomnia: anxiety, sleepincompatible behaviors and depression. Journal of Clinical Psychology, 1978; 34 (4):
865 – 869.
Klink, ME, Quan, SF, Kaltenborn, WT and Lebowitz, MD. Risk factors associated with
complaints of insomnia in a general adult population. Influence of previous complaints
of insomnia. Archives of Internal Medicine 1992; 152 (8): 1634 - 1637.
Krishnan, V and Collop, NA. Gender differences in sleep disorders. Current Opinion of
Pulmonary Medicine 2006; 12: 383 – 389.
Kronholm, E, Alanen, E and Hyyppä, MT. Sleep movements and poor sleep in patients
with non-specific somatic complaints – no first night effect in poor and good sleepers.
Journal of Psychosomatic Research 1987; 31 (5): 623 – 629.
Krystal, AD. Insomnia in women. Clinical Cornerstone 2003; 5 (3): 41 – 48.
123
Krystal, AD, Edinger, JD, Wohlgemuth, WK and Marsh, GR. NREM sleep EEG frequency
spectral correlates of sleep complaints in primary insomnia subtypes. Sleep 2002; 25
(6): 630 – 640.
Kühnel, A, Al-Shajlawi, A, Burgos, I, Carl, C, Voderholzer, U and Riemann, D. One-year
course
of
primary
insomnia
after
polysomnographic
investigation
[Abstract].
Somnologie 2005 (Suppl.) 1 (9): S. 42.
Lamarche, CH and Ogilvie, RD. Electrophysiological changes during the sleep onset
period of psychophysiological insomniacs, psychiatric insomniacs and normal sleepers.
Sleep 1997; 20: 724 - 733.
Lavie, P. Sleep habits and sleep disturbances in industrial workers in Israel: Main
findings in some characteristics of workers complaining of excessive daytime
sleepiness. Sleep 1981; 4: 147 – 158.
Le Bon, O, Staner, L, Hoffmann, G, Dramaix, M, San Sebastian, I, Murphy JR, Kentos,
M, Pelc, I and Linkowski, P. The first-night effect may last more than one night.
Journal of Psychiatric Research 2001; 35 (3): 165 – 172.
Léger, D, Massuel M-A, Metlaine, A and The SISYPHE Study Group. Professional
correlates of insomnia. Sleep 2006; 29 (9): 171 – 178.
Léger, D, Stal, V, Guilleminault, C, Raffray, T, Dib, M et Paillard, M. Les consequences
diurnes de l’insomnie: impact sur la qualité de vie. Revue Neurologique (Paris) 2001;
157 (10): 1270 – 1278.
Liljenberg, B, Almoqvist, M, Hetta, J, Roos, BE and Agren, H (1988). The Prevalence of
insomnia. The importance of operationally defined criteria. Annals of Clinical Research
1988; 20 (6): 393 – 398.
124
Livingston, G, Blizard, B and Mann, A. Does sleep disturbance predict depression in
elderly people? A study in inner London. British Journal of General Practice 1993; 43:
445 – 448.
Lorenzo, JL and Barbanoj, MJ. Variability of sleep parameters across multiple
laboratory sessions in healthy young subjects: The “very first night effect”.
Psychophysiology 2002; 39 (4). 409 – 413.
Lugaresi, E, Cirignotta, F, Zucconi, M, Mondini, S, Lenzi, PL and Coccagna, G. (1983).
Good and poor sleepers. An epidemiological survey of the San Marino population. In:
Guilleminault,
C,
Lugaresi,
E
(Eds.):
Sleep/wake disorders. Natural history,
epidemiology and long-term evolution (p. 1 - 12). New York: Raven.
Lugaresi, E, Zucconi, M and Bixler, E. Epidemiology of sleep disorders. Psychiatric
Annals 1987; 17 (7): 446 – 453.
Means, MK, Edinger, JD, Glenn, DM and Fins, AI. Accuracy of sleep perception among
insomnia sufferers and normal sleepers. Sleep Medicine 2003, 4: 285 - 296.
Mellinger, GD, Balter, MB and Uhlenhuth, EH. Insomnia and its treatment. Prevalence
and Correlates. Archives of General Psychiatry 1985; 42: 225 – 232.
Mendelson, WB, Garnett, D, Gillin, JC and Weingartner, H. The experience of insomnia
and nighttime functioning. Psychiatry Research 1984; 12: 235 - 250.
Mendelson, WB, James, SP, Garnett, D, Sack, DA and Rosenthal, NE. A
psychophysiological study of insomnia. Psychiatric Research 1986; 19: 267 - 284.
Mercer, JD, Bootzin, RR and Lack, LC. Insomniacs’ perception of wake instead of sleep.
Sleep 2002; 25 (5): 564 - 571.
Merica, H, Blois, R and Gaillard JM. Spectral characteristics of sleep EEG in chronic
insomnia. European Journal of Neuroscience 1998; 10: 1826 - 1834.
125
Merica, H and Gaillard, JM. The EEG of the sleep onset period in insomnia: a
discriminant analysis. Physiology and Behavior 1992; 52: 199 - 204.
Miles, LE and Dement, WC. Sleep and aging. Sleep 1980; 3: 119 - 121.
Mniszek, DH. Brighton sleep survey. A study of sleep in 20 – 45 year olds. The Journal
of International Medical Research 1988, 16 (1): 61 – 65.
Monane, M. Insomnia in the elderly. Journal of Clinical Psychiatry 1992; 53 (suppl. 6):
23 – 28.
Monroe, LJ. Psychological and physiological differences between good and poor
sleepers. Journal of Abnormal Psychology 1967; 72(3): 255 - 264.
Morin, CM (1993). Insomnia – Psychological assessment and management. New York:
Guilford Press.
Morin, CM, Kowatch, RA, Barry, T and Walton, E. Cognitive-behavior therapy for latelife insomnia. Journal of Consulting and Clinical Psychology 1993; 61 (1): 137 – 146.
Morin, CM, LeBlanc, M, Daley, M, Gregoire, JP and Mérette, C. Epidemiology of
insomnia: Prevalence, self-help treatments, consultations and determinants of helpseeking behaviors. Sleep Medicine 2006; 7: 123 - 130
Moul, DE, Hall, M, Pilkonis, PA and Buysse, DJ. Self-report measures of insomnia in
adults: rationales, choices and needs. Sleep Medicine 2004; 8: 177 - 198.
Mourtazev, MS, Kemp, B, Zwindermann, AH and Kamphuisen, HAC. Age and gender
affect different characteristics of slow waves in the sleep EEG. Sleep 1989; 18: 557 –
564.
Neubauer, DN. Insomnia. Primary Care: Clinics in Office Practice 2005; 32: 375 – 388.
126
Nicassio, PM, Mendlowitz, DR, Fussell, JJ and Petras, L. The phenomenology of the
pre-sleep state: The development of the pre-sleep arousal scale. Behavior Research
and Therapy 1985; 23: 263 – 271.
Nicolas, A, Petit, D, Rompré, S and Montplaisier, J. Sleep spindle characteristics in
healthy subjects of different age groups. Clinical Neurophysiology 2001; 112: 521 –
527.
Nofzinger, EA, Buysse, DJ, Germain, A, Price, JC, Miewald, JM and Kupfer, DJ.
Functional neuroimaging evidence for hyperarousal in insomnia. American Journal of
Psychiatry 2004; 161 (11): 2126 - 2129.
Ohayon, MM. Epidemiological study on insomnia in the general population. Sleep 1996;
19 (3): 7 - 15.
Ohayon, MM. Epidemiology of insomnia: what we know and what we still need to
learn. Sleep Medicine Review 2002; 6: 97 - 111.
Ohayon, MM. Prevalence and correlates of nonrestorative sleep complaints. Archives of
Internal Medicine 2005; 165: 35 - 41.
Ohayon, MM, Carskadon, MA, Guilleminault, C and Vitiello, MV. Meta-analysis of
quantitative sleep parameters from childhood to old age in healthy individuals:
developing normative sleep values across the human lifespan. Sleep 2004; 27 (7):
1255 - 1273.
Oswald, I. Assessment of insomnia. British Medical Journal 1981; 283: 874 – 875.
Ott, H, Oswald, I, Fichte, K, Sastre-Hernandez, M (1986). Visuelle Analogskalen zur
Erfassung von Schlafqualität. In CIPS (Hrsg.), Internationale Skalen für Psychiatrie.
Weinheim: Beltz Test GmbH.
127
Parrino, L, Ferrillo, F, Smerieri, A, Spaggiari, MC, Palomba, V, Rossi, M and Terzano
MG. Is Insomnia a neurophysiological disorder? The role of sleep EEG microstructure.
Brain Research Bulletin 2004; 63: 377 – 383.
Perlis, ML, Smith, MT, Andrews, PJ, Orff, H and Giles, DE. Beta/Gamma EEG activity in
patients with primary and secondary insomnia and good sleeper controls. Sleep 2001;
24 (1): 1 - 8.
Prinz, PN, Vitiello, MV, Raskind, MA and Thorpy MJ. Geriatrics: Sleep disorders and
aging. The New England Journal of Medicine 1990; 323: 520 - 526.
Quera-Salva, MA, Orluc, A, Goldenberg, F and Guilleminault, C. Insomnia and use of
hypnotics: study of a French population. Sleep 1991; 14: 386 - 391.
Rechtschaffen, A and Kales, A. A manual of standardized terminology, techniques and
scoring system for sleep stages of human subjects 1968. Washington, DC: US Government Printing Office, Public Health Service.
Regestein, QR. Polysomnography in the diagnosis of chronic insomnia [Letter to the
editor]. American Journal of Psychiatry 1988; 145: 1483.
Reite, M, Buysse, D, Reynolds, C and Mendelson, W. The use of polysomnography in
the evaluation of insomnia. An American Sleep Disorders Association Review. Sleep
1995; 18 (1): 58 – 70.
Reynolds, CF. Sleep laboratory helps assess, treat chronic insomnia. The Psychiatric
Times 1987; September: 7.
Reynolds, CF, Kupfer, DJ, Buysse, DJ, Coble, PA and Yeager, A. Subtyping DSM-III-R
primary insomnia: A literature review by the DSM-IV work group on sleep disorders.
American Journal of Psychiatry 1991; 148: 432 – 438.
128
Riedel, BW, Winfield, CF and Lichstein, KL. First night effect and reverse first night
effect in older adults with primary insomnia: does anxiety play a role? Sleep Medicine
2001; 2: 125 - 133.
Riemann, D. Schlaf bei Depressiven. Störungen der Schlafstruktur und ihre
therapeutischen Implikationen. Psychopharmakotherapie 1999; 6 (3): S. 86 – 90.
Riemann, D und Backhaus, J (1996). Behandlung von Schlafstörungen. Ein
psychologisches Gruppenprogramm. Weinheim: Beltz/Psychologie Verlags Union.
Riemann, D and Berger, M. Sleep disorders and mental disorders. Current Opinion in
Psychiatry 1998, 11, 327 - 331.
Riemann D, Berger, M and Voderholzer, U. Sleep and depression - results from
psychobiological studies. Biological Psychology 2001; 57: 67 - 103.
Riemann, D, Klein, T, Rodenbeck, A, Feige, B, Horny, A, Hummel, R, Weske, G, AlShajlawi, A and Voderholzer, U. Nocturnal cortisol and melatonin secretion in primary
insomnia. Psychiatry Research 2003; 113:17-27.
Riemann, D, Peter, JH, Fischer, J and Mayer, G. The guidelines for non-restorative
sleep: Relevance for the diagnosis and therapy of insomnia. Somnologie 2002; 7: 66 76.
Riemann, D, Schnitzler, M, Hohagen, F und Berger, M. Depression und Schlaf – der
gegenwärtige Forschungsstand. Fortschritte der Neurologie/Psychiatrie 1994; 62 (12):
S. 458 – 478.
Riemann, D and Voderholzer, U. Consequences of chronic (primary) insomnia: effects
on performance, psychiatric and medical morbidity. Somnologie 2002; 6: 101 - 108.
Riemann, D and Voderholzer, U. Primary insomnia: a risk factor to develop depression?
Journal of Affective Disorders 2003; 76: 255 - 259.
129
Riemann, D, Voderholzer, U, Cohrs, S, Rodenbeck, A, Hajak, G, Rüther, E, Wiegand,
MH, Laakmann, G, Bghai, T, Fischer, W, Hoffmann, M, Hohagen, F, Mayer, G, Berger,
M. Trimipramine in primary insomnia: results of a polysomnographic double-blind
controlled study. Pharmacopsychiatry 2002; 35: 165 – 174.
Rioux, I, Trembley, S and Bastien, CH. Time estimation in chronic insomnia sufferers.
Sleep 2006; 29 (4): 486 – 493.
Rocha, FL, Hara, C, Rodrigues, CV, Costa, MA, Costa, ÉC, Fuzikawa, C and Santos VG.
Is insomnia a marker for psychiatric disorders in general hospitals? Sleep Medicine
2005; 6: 549 – 553.
Rodenbeck, A, Cohrs, S, Jordan, W, Wortelboer, U und Rüther, E. Zusammenhang
zwischen Schlafqualität, Morgen- und Tagesbefindlichkeit bei schlafgestörten Patienten.
Somnologie 2001; 5: 129 – 133.
Rodenbeck, A, Hajak, G, Staedt, J, Herrendorf, G, Lammers, S, Böhm, M und Rüther,
E. (1993). Subjektive versus objektive Schlafqualität bei Patienten mit einer chronisch
psychophysiologischen
Insomnie. In: Meier-Ewert, K und Rüther, E (Hrsg.).
Schlafmedizin. Fischer: Stuttgart, Jena
Roehrs, T, Kapke, A, Roth, T and Breslau, N. Sex differences in the polysomnographic
sleep of young adults: a community-based study. Sleep Medicine 2006; 7: 49 – 53.
Roehrs, T, Merlotti, L, Zorick, F and Roth, T. Rebound insomnia in normals and
patients with insomnia after abrupt and tapered discontinuation. Psychopharmacology
1992; 107 (4): 480 - 484.
Rosa, RR and Bonnet, MH. Reported chronic insomnia is independent of poor sleep as
measured by electroencephalography. Psychosomatic Medicine 2000; 62: 474 - 482.
Rosekind, MR. The Epidemiology and Occurrence of Insomnia. Journal of Clinical
Psychiatry 1992; 53 (6, suppl): 4 - 6.
130
Roth, T. Prevalence, associated risks and treatment patterns of insomnia. Journal of
Clinical Psychiatry 2005; 66 (Suppl 9): 1 – 13.
Salin-Pascual, RJ, Roehrs, TA, Merlotti, LA, Zorick, F and Roth, T. Long-term study of
the sleep of insomnia patients with sleep state misperception and other insomnia
patients. American Journal of Psychiatry 1992; 149 (7): 904 - 908.
Sanavio, E. Pre-sleep cognitive intrusions and treatment of onset-insomnia. Behavior
Research and Therapy 1988; 26 (6): 451 – 459.
Sanner, BM, Sturm, A und Doberauer, C. Schlaf und Alter. MMP 1999. 22 (2): 39 – 44.
Schneider-Helmert, D. Twenty-four-hour-sleep-wake function and personality patterns
in chronic insomniacs and healthy controls. Sleep 1987; 10 (5): 452 - 462.
Schneider-Helmert, D. Brauchen wir die Polysomnographie bei Insomnien? Praxis
2003; 92: 2061 – 2066.
Schramm, E (1992). Psychodiagnostische Erfassung von Schlafstörungen. In: Berger,
M (Hrsg.); unter Mitarbeit von Dieter Riemann und Axel Steiger. Handbuch des
normalen und gestörten Schlafs (S. 45 - 66). Berlin: Springer.
Sleep Disorders Atlas Task Force of the American Sleep Disorders Association. EEG
arousals: scoring rules and examples. Sleep 1992; 15: 173 - 184.
Shapiro CM and Dement WC. ABC of sleep disorders. Impact and epidemiology of sleep
disorders. British Medicine Journal 1993; 306: 1604 - 1607.
Soares, CN. Insomnia in women: an overlooked epidemic? Archives of Women’s Mental
Health 2005. 8: 205 – 213.
131
Spielberger, CD, Gorsuch, RL and Lushene, RE (1970). STAI. Manual for the StateTrait-Anxiety-Inventory.
Internationale
Palo
Psychiatriae
Alto.
Deutsche
Scalarum
(Ed.)
Übersetzung
(1981):
in
CIPS:
Internationale
Collegium
Skalen
für
Psychiatrie. Weinheim: Beltz.
Sugerman, JL, Stern, JA and Walsh, JK. Daytime alertness in subjective and objective
insomnia. Some preliminary findings. Biological Psychiatry 1985; 20: 741 - 750.
Sulz, SKD (2000). Verhaltensdiagnostik und Fallkonzeption. München: CIP-Medien.
Tang, NK and Harvey, AG. Time estimation ability and distorted perception of sleep in
insomnia. Behavioral Sleep Medicine 2005; 3 (3): 134 – 150.
Terzano, MG, Mancia, D, Salati, MR, Costani, G, Decembrino, A and Parrino, L. The
cyclic alternating pattern as a physiologic component of normal NREM sleep. Sleep
1985; 8 (2): 137 – 145.
Terzano, MG and Parrino, L. Clinical applications of cyclic alternating pattern.
Physiology and Behavior 1993; 54: 807 – 813.
Terzano, MG, Parrino, L, Cirignotta, F, Ferini-Strambi, L, Gigli, G, Rudelli, G, and
Sommacal, S, on behalf of the Studio Morfeo Committee. Studio Morfeo: insomnia in
primary care, a survey conducted on the Italian population. Sleep Medicine 2004; 5: 67
– 75.
Terzano, MG, Parrino, L, Fioriti, G, Spaggiari, MC and Piroli, A. Morphologic and
functional features of cyclic alternating pattern (CAP) sequences in normal NREM sleep.
Functional Neurology 1986; 1 (1): 29 - 41.
Terzano, MG, Parrino, L, Spaggiari, MC, Palomba, V, Rossi, M and Smerieri, A. CAP
variables and arousals as sleep electroencephalogram markers for primary insomnia.
Clinical Neurophysiology 2003; 114: 1715 - 1723.
Tjepkema, M. Insomnia. Health Reports 2005; 17 (1): 9 – 20.
132
Toussaint, M, Luthringer, R, Schaltenbrand, N, Carelli, G, Lainey, E, Jacqmin, A, Muzet,
A and Macher, JP. First night effect in normal subjects and psychiatric inpatients. Sleep
1995; 18 (6): 463 – 469.
Vallières, A, Ivers, H, Bastien, CH, Beaulieu-Bonneau, S and Morin, CM. Variability and
predictability in sleep patterns of chronic insomniacs. Journal of Sleep Research 2005.
14: 447 – 453.
Van Cauter, E, Leproult, R and Plat, L. Age-related changes in slow wave sleep and
REM sleep in relationship with growth hormone and cortisol levels in healthy men.
JAMA 2000; 284 (7): 861 – 868.
Vgontzas, AN. The diagnosis and treatment of chronic insomnia in adults. Sleep 2005;
28 (9): 1047 – 1048.
Vgontzas, AN, Bixler, EO, Kales, A, Manfredi, RL and Tyson, K. Validity and clinical
utility of sleep laboratory criteria for insomnia. International Journal of Neuroscience
1994; 77: 11 – 21.
Vgontzas, AN, Kales, A, Bixler, EO, Manfredi, RL and Vela-Bueno, A. Usefulness of
polysomnographic studies in the differential diagnosis of insomnia. International
Journal of Neuroscience 1995; 82: 47 – 60.
Voderholzer, U, Al-Shajlawi, A, Weske, G, Feige, B and Riemann, D. Are there gender
differences in objective and subjective sleep measures? A study of insomniacs and
healthy controls. Depression and Anxiety 2003; 17(3): 162 - 172.
Voderholzer, U und Hornyak, M. Urämische und andere Restless Legs Syndrome.
Psycho 1998; 24 (5): S. 282 - 291.
Völzke, H, Neuhauser, H, Moebus, S, Baumert, J, Berger, K, Stang, A, Ellert, Werner, A
und Döring, A. Rauchen: Regionale Unterschiede in Deutschland (Originalarbeit).
Deutsches Ärzteblatt 2006; 103 (42): 2327 – 2333.
133
Walsh, JK. Clinical and socioeconomic correlates of insomnia. Journal of Clinical
Psychiatry 2004; 65 (Suppl 8): 13 - 19.
Watson, NF, Goldberg, J, Arguelles, L and Buchwald, D. Genetic and environmental
influences on insomnia, daytime sleepiness and obesity in twins. Sleep 2006; 29 (5):
645 – 649.
Webb, WB. Sleep in older persons: sleep structures of 50-60-year-old men and
women. Journal of Gerontology 1982; 37 (5): 581 – 586.
Webb, WB. Age-related changes in sleep. Clinics in Geriatric Medicine 1989; 5 (2): 275
– 287.
Webb, WB and Campbell, SS. The first night effect revisited with age as a variable.
Waking and Sleeping 1979; 3 (4): 319 – 324.
Welstein, L, Dement, WC, Redington, D, Guilleminault, C and Mitler, MM (1983).
Insomnia in the San Francisco Bay area: A telephone survey. In: Guilleminault, C,
Lugaresi, E (Eds.): Sleep/wake disorders. Natural history, epidemiology and long-term
evolution (p. 73 – 85). New York: Raven.
Weyerer, S and Dilling, H. Prevalence and Treatment of Insomnia in the Community:
Results from the Upper Bavarian Field Study. Sleep 1991; 14(5): 392 - 398.
Williams, RL, Hursch, CJ and Karacan, I. Between subject variability and night to night
variability in insomniacs and normal controls. Sleep Research 1972; 1: 154.
Wohlgemuth, WK, Edinger, JD, Fins, AI and Sullivan, RJ. How many nights are
enough? The short-term stability of sleep parameters in elderly insomniacs and normal
sleepers. Psychophysiology 1999; 36: 233 – 244.
134
WHO:
Weltgesundheitsorganisation.
Internationale
Klassifikation
psychischer
Störungen: ICD-10, Kapitel V (F); klinisch-diagnostische Leitlinien. Übers. und hrsg.
von H. Dilling, W. Mombour und M.H. Schmidt unter Mitarbeit von E. Schulte-Markwort
– 4. durchgesehene und ergänzte Auflage. Göttingen: Huber, 2000.
Zhang, B and Wing, YK. Sex differences in insomnia: a meta-analysis. Sleep 2006;
Vol.29 (1): 85 – 93.
Zorick, FJ, Roth, T, Hartze, KM, Piccione, PM and Stepanski, EJ. Evaluation and
diagnosis of persistent insomnia. American Journal of Psychiatry 1981; 138: (6): 769 773.
135
8 Anhang
A) Arztbrief nach ambulanter Untersuchung
Frau H.F. , geb. am 28.04.1972
Hiermit berichten wir über die oben genannte Patientin, die sich am 09.10.2001 in der Schlafsprechstunde
unserer Klinik vorstellte.
Diagnose:
Verdacht auf nicht-organische Insomnie (ICD-10: F 51.0)
Schlafanamnese:
Die Patientin berichtete, seit März 1999 an Durchschlafproblemen zu leiden. Gründe für das Auftreten der
Schlafprobleme könne sie selbst nicht ausmachen. Eventuell bestünde ein Zusammenhang zur beruflichen
Situation; damals habe sie ein halbes Jahr vorher eine Umschulung durchgemacht. Ein halbes Jahr nach
Auftreten der Schlafbeschwerden habe sie das erste Mail vom Hausarzt Ximovan verschrieben bekommen.
Hierunter besserte sich der Schlaf, die Patientin berichtet jedoch, aus Angst vor einer Abhängigkeit bzw.
Nebenwirkungen das Medikament nur sehr selten einzunehmen. Die Patientin gehe derzeit zwischen 22.00
und 23.30 Uhr zu Bett. Zum Einschlafen benötige sie 10 bis 30 Minuten. Fast regelhaft wache sie zwischen
02.00 und 03.00 Uhr auf und liege bis 05.00 Uhr morgens wach. Aufgrund der Tatsache, daß sie gegen
07.00 Uhr aufstehen müsse, möchte sie dann nicht mehr einschlafen. Tagsüber fühle sie sich sehr müde.
Nach guten Nächten jedoch erfrischt. Die Patientin berichtet, einen relativ regelmäßigen Schlaf-WachRhythmus zu haben, auch am Wochenende. Tagschlaf selten, nur am Wochenende manchmal bis zu einer
Stunde. Kein Hinweis auf ein Schlaf-Apnoe- oder Restless legs-Syndrom.
Soziale Anamnese:
Abitur. Schneiderinnenlehre. Danach Studium der Bekleidungstechnik. Die Patientin arbeitet derzeit in der
Arbeitsvorbereitung. Mit dem beruflichen Bereich sei sie zufrieden, mitunter sei es jedoch sehr
anstrengend und fordernd. Die Patientin lebt in fester Beziehung, keine Kinder. Mit dem privaten Bereich
zufrieden. In der Freizeit Basteln, Lesen, Spazierengehen bzw. Wandern.
Familienanamnese:
Der Vater leide nach einem Schlaganfall und Herzinfarkt an Depressionen. Die Mutter leide ebenfalls an
Schlafstörungen.
Körperliche und psychische Erkrankungen:
Die Patientin berichtet, im Alter von 14 Jahren an Bluthochdruck gelitten zu haben. Damals nach einer
Gewichtsabnahme von 10% habe sich dies jedoch reguliert. Derzeit Hautbeschwerden (Ekzem). Ein
vormals durchgeführtes EKG habe den Verdacht auf ein „Nebengeräusch“ ergeben. Weitere
Untersuchungen diesbezüglich blieben jedoch ohne pathologischen Befund. Eine vor ca. 8 Wochen
durchgeführte Laboruntersuchung sei laut Patientin ohne pathologischen Befund geblieben. Nickelallergie.
Die Patientin ist Nichtraucherin und trinke täglich 1 Glas Rotwein. An Koffein 3 große Tassen Kaffee pro
Tag, jedoch nicht mehr nach 16.00 Uhr. Keine weiteren koffeinhaltigen Getränke.
Hinsichtlich psychischer Erkrankungen berichtet die Patientin, in der Vorgeschichte mitunter an
depressiven Verstimmungen gelitten zu haben. Dies stünde lt. Pat. jedoch in direktem Zusammenhang zu
den Schlafbeschwerden. Nach einer bisher einmaligen psychiatrisch-psychotherapeutischen Sitzung habe
der Arzt der Patientin Novoprotect verschrieben, welches sie aufgrund des Zweifels an der gestellten
Diagnose einer Depression nicht eingenommen habe.
Psychopathologischer Befund:
Im Vordergrund der Beschwerdeschilderung stehen die Durchschlafstörungen. Die Patientin ist
bewußtseinsklar und allseits orientiert. Es bestehen keine formalen oder inhaltlichen Denkstörungen. Keine
Gedächtnis- oder Konzentrationsbeschwerden. Die Patientin wirkt im Gespräch affektiv ausgeglichen,
berichtet jedoch über Stimmungsschwankungen nach mehreren aufeinander folgenden schlechten
Nächten. Keine Appetitminderung.
Medikamente: Kontrazeptiva; Ximovan bei Bedarf (sehr selten).
136
Zusammenfassung und Beurteilung:
Frau F. leidet seit 2 1/2 Jahren unter Durchschlafstörungen mit fast regelhaftem Erwachen zwischen der
ersten und zweiten Nachthälfte. Wir haben der Patientin aufgrund der Dauer der Schlafbeschwerden zu
einer gründlichen organmedizinischen Abklärung im Schlaflabor geraten. Wir bitten darum, nach
Möglichkeit dass Ximovan 14 Tage vor der Schlaflaboruntersuchung nicht einzunehmen.
Für weitere Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung und verbleiben
mit freundlichen kollegialen Grüßen
B) Arztbrief (Entlassbrief) nach stationärer Untersuchung
Frau H. F., geb. 28.04.1972
Hiermit berichten wir über die o. g. Patientin, die sich vom 04.12. – 07.12.2001 zur Untersuchung im
Schlaflabor unserer Klinik befand.
Diagnose:
Nicht organische Insomnie (ICD-10: F 51.0)
Anamnese:
Die Patientin berichtete, seit März 1999 an Durchschlafproblemen zu leiden. Bzgl. der ausführlichen
Anamnese verweisen wir auf unseren Bericht vom 19.10.2001.
Psychischer Befund:
Die Patientin ist bewusstseinsklar u. allseits orientiert. Es bestehen keine inhaltlichen und formalen
Denkstörungen, keine Ich-Störungen. Die Patientin wirkt im Gespräch affektiv ausgeglichen, berichtet
jedoch über eingeschränktes Freudeempfinden sowie geminderten Antrieb. Nach schlechten Nächten
empfinde sie sich als besonders „gereizt“. Gedächtnis sowie Konzentration seien ebenfalls bei verstärkter
Müdigkeit subjektiv verschlechtert. Keine Appetitminderung.
Allgemeine körperliche Untersuchung u. neurologischer Befund:
Strabismus vor allem rechts; die weitere körperliche u. neurologische Untersuchung blieb ohne
pathologischen Befund. Die Pat. wiegt 78 kg bei einer Köpergröße von 1,74 m. Blutdruck: 135/99;
Ruhepuls: 73; Kein Nikotin-Konsum, derzeit kein Alkohol-Konsum.
Medikamente:
1. Keine
Zusatzuntersuchungen:
Labor:
Blutbild, Schilddrüsenwerte, Leberwerte, Eiweiß, Kreatinin u. CRP unauffällig. Urin-Status
unauffällig, Drogen-Screening negativ.
EKG:
Sinusrhythmus, Indifferenztyp, Herzfrequenz: 73/min.
EEG:
Unauffällig.
Psychometrische Befunde (Selbstbeurteilungs-Skalen):
™ Im Pittsburgher-Schlafqualitätsindex mit 9 Punkten Hinweis auf subjektive Beeinträchtigung der
Schlafqualität.
™ Im Beck-Depressionsinventar mit 12 P. Hinweis auf schwache Depressivität.
137
Polysomnographische Befunde:
2. Siehe Anlage.
Zusammenfassung u. Beurteilung:
Durch die polysomnographische Untersuchung ließ sich eine deutliche Durchschlafstörung sowie
frühmorgendliches Erwachen objektivieren. Es zeigte sich ein deutlich fragmentiertes Schlafprofil mit
häufigen, zum Teil auch längeren Wachperioden. Ursächlich für einen gestörten Nachtschlaf konnten wir
das Vorliegen eines Schlafapnoe-Syndroms bzw. Restless-Legs-Syndroms ausschließen. Werte für die
Gesamtschlafzeit sowie Schlafeffizienz liegen für alle 3 Nächte unterhalb des Altersnormbereichs. Obgleich
sich durch psychometrische Befunde der Hinweis auf eine leichte Depressivität ergab, hatten wir klinisch
nicht den Eindruck, dass es sich bei der Patientin um eine primär depressive Erkrankung handelt. Vielmehr
gehen wir diagnostisch von dem Vorliegen einer psychophysiologischen Insomnie aus, die ihren Ursprung
in psychosozialen Belastungsfaktoren findet und sich in den letzten Jahren verselbstständigt hat.
Wir empfehlen derzeit folgende Maßnahmen:
3.
4.
5.
Schlafhygienische Maßnahmen. Diese haben wir mit der Patientin im Gespräch durchgearbeitet; Frau
F. hatte sich diesbezüglich bereits selbstständig sehr gut informiert. Wir haben der Patientin
angeboten, soweit sie dies hinsichtlich der Entfernung vereinbaren könne, an unserem kognitivverhaltenstherapeutischen
Gruppentherapie-Programm
teilzunehmen.
Ihr
Einverständnis
voraussetzend, werden wir die Patientin hierzu zum nächstmöglichen Turnus einladen.
An medikamentösen Behandlungsversuchen raten wir zunächst zur Einnahme von Tryptophan, einem
biologischen Schlafmittel (Dosierung 1 – 2 g, Einnahme 1 – 2 Std. vor dem Zubettgehen).
Sollte der medikamentöse Behandlungsversuch mit Tryptophan nicht ausreichen, so raten wir in
einem zweiten Schritt zur Einnahme von Trimipramin, einem sedierenden Antidepressivum
Für Rückfragen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung und verbleiben
mit freundlichen, kollegialen Grüßen
Anlage:
Polysomnographischer Ausdruck der Schlaflabornächte.
138
C) Anamnesefragebogen
Geschlecht:
Geb.-Datum:
Ableitedatum:
Buch-Nummer 23 :
Nacht 1:
Nacht 2:
Medikamenten-Einnahme:
Dauer der Schlafstörung:
Familienstand:
Schulbildung:
Familienanamnese:
Bemerkungen:
23
Jeder Nachtableitung wird eine fortlaufende Buchnummer zugeteilt, anhand derer z.B. polysomnographische und
psychometrische Daten zusammengeführt werden können und eine Anonymität der Patienten gewährleistet ist.
139
D) Auffälligkeiten im EEG/EKG/Blut/Urin laut Entlassbrief
EEG
EKG
Hämatologie
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Schilddrüse
Urin
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
EEG: unter HV eingestreute Theta-Wellen
EEG: artefaktreiches Alpha-EEG
EEG: Eingestreute steilere Wellen
EEG: grenzwertig
EEG: Seitendifferenz
EEG: unter Hyperventilation generierte Theta-Wellen
EKG-“Abnormitäten”
7 x EKG: inkompletter Rechtsschenkelblock
EKG: T-Negativierung: in III; bis V4; in V2
EKG: patholologisches Q mit präterminal negativem T
EKG: RSR in V1
EKG: Sinusbradykardie, AV-Block 1. Grades
EKG: Sinusbradykardie, Verdacht auf Linkshypertrophie
EKG: 3 x “unspezifische Erregungsausbreitung“
EKG: Extrasystolen, vorzeitige ventrikuläre Extrasystolen
Albumin: 5,2 g/dl
Anämie bei Zustand nach Blutspende
Bilirubin: 1,3 mg/dl; 1,6 mg/dl; 1,7 mg/dl; 2,1 mg/dl; 2,2 mg/dl; 2,2 mg/dl;
3,2 mg/dl; 3,2 mg/dl; 3,3mg/dl
Cholesterin (7 x “erhöht”)
Cholin-Esterase: 8136 U/I
CRP: 2.0 mg/dl; 3,1 mg/dl; 0,6 mg/dl; 2,3 mg/dl; 0,8 mg/dl; 1,0 mg/dl
Erythrozyten: 3,74 Mio/µl; 3,78 Mio/µl; 3,86 Mio/µl; 4 Mio/µl; 4,07 mio/µl;
4,12 Mio/µl; 4,17 Mio/µl
Elektrolyte (Natrium, Chlorid) abnorm
Ferritin mit 16 ng/ml; 17ng/ml; 18 ng/ml „im unteren Normbereich“
Gamma-GT: 38 U/I; 50 U/I; 54 U/I; 57 U/I; 67 U/I; 2x “erhöht”
Gesamteiweiß: 8,3g/dl
GPT: 25 U/I; 30 U/I; 34 U/I; 26 U/I; 1 x „erhöht“
Glukose nüchtern: 68 mg/dl; 1x „nüchtern erhöht“; 1 x „nüchtern reduziert“
Hämoglobin: 11,4 g/dl; 11,7 g/dl;
Hämatokrit: 34 %; 34,5 %; 36,6%
Harnsäure: 7,1 mg/dl
Leukozyten: 3800/µl; 3900/µl; 4200/µl; 4000/µl;13500/µ (Infekt)
MCV: 79 fl; 80,2 fl; 80,7 fl;
MCHC mit 36,4 “leicht erhöht”
Serum-Kreatinin: 1,2 mg/dl
Thrombozyten: 420 Tsd/µl
Suffiziente Einnahme von Jodid aufgrund einer Fehlfunktion der Schilddrüse
2x “Bakterien im Urin”
2x “Blut, Plattenepithelien im Urin“
2x “Erythrozyten im Urin-Sediment”
Erythrozyten, Bakterien u. Plattenepithelien im Urin
Eiweiß im Urin
140
9 Abkürzungsverzeichnis
Abb.
BDI
BM
bzgl.
CAP
d. h.
EEG
EKG
EM
EMG
evtl.
FNE
ggf.
i.d.R.
Kap.
MAO
MT
NREM
o.g.
PET
PLMS
PSQI
REM
RFNE
RLS
RSB
s.
S1
S2
SD
SEI
SF-A
Sign.
sog.
SOL
SPT
Std.
s.u.
SWS
Tab.
TIB
TST
vgl.
vs.
WASO
z.T.
zzgl.
Abbildung
Beck Depression Inventory
body movement
bezüglich
cyclic alternating pattern
das heißt
Elektroenzephalogramm
Elektrokardiogramm
eye movement
Elektromyogramm
eventuell
first night effect
gegebenenfalls
in der Regel
Kapitel
Monoaminooxidase
movement time
NonREM
oben genannte(n)
Positronenemissionstomographie
period leg movements
Pittsburgher Sleep Quality Index
rapid eye movement
reverse first night effect
Restless legs syndrome
Rechtsschenkelblock
siehe
Stadium 1
Stadium 2
standard deviation
sleep efficiency index
Schlaffragebogen A
signifikant
so genannt
sleep onset latency
sleep period time
Stunde(n)
siehe unten
slow wave sleep
Tabelle
time in bed
total sleep time
vergleiche
versus
wake after sleep onset
zum Teil
zuzüglich
141
Dipl.-Psych. Anam Al-Shajlawi,
Bonn
ERKLÄRUNG
Ich versichere hiermit, dass die vorliegende Dissertation
Psychobiologische Untersuchungen
bei Patienten mit Nichtorganischer Insomnie
von mir selbständig verfasst wurde. Andere als die von mir angegebenen Quellen und
Hilfsmittel habe ich nicht benutzt. Die Arbeit wurde noch nicht anderweitig als
Dissertation eingereicht.
……………………………………………………………
Anam Al-Shajlawi
142
Herunterladen