UNr. 3, Teil II: Heilbehandlung in der Antike (zusammengetragen von P. Scharwächter) Ägypten: Götter der Heilung: Sachmet Isis bringt und heilt Krankheiten Göttin der Magie: man konnte ihr Kräfte bei der Heilung von Kranken und Verletzten zu Hilfe rufen Thot Gott der Schriftkunst und Universalgenie war Schutzgott der Augenärzte Es gab Priesterärzte (Wabu), Laienärzte (Sunu) und Heilkundige: Priesterärzte: Edwin Smith Papyrus (ca. 1600 v. Chr. niedergeschrieben, als Abschrift eines ca. 4000 v. Chr. verfassten Papyrus) Verfasser war sehr wahrscheinlich der geniale Arzt und Baumeister der Pyramiden Imhotep. Das Papyrus gilt als ältestes Lehrbuch der Chirurgie. Als Wundpflaster diente rohes Fleisch, als Verband Honig. An einer Mumie fand man ca. 2500 v. Chr. eine korrekt hergestellte Schiene für einen Schienbeinbruch. Heilstätte waren die Tempel, meist waren die Ärzte Sachmet-Priester. Hier gab es auch Wasserkuren, Tempel- und Heilschlaf, Magie. Laienärzte: der Beruf ging meist vom Vater auf den Sohn über. Wandten schon wissenschaftliche Methoden an, tasteten den Puls, prüften den Schweiß und untersuchten Harn und Stuhl. Arbeiteten aber auch mit Zaubersprüchen. Sie waren auch schon der Ansicht, dass alle Krankheiten von der Nahrung und der Verdauung kämen und empfahlen 3 Tage/Monat eine Darmspülung zu machen. Heilkundige: Sie hatten keine medizinische Ausbildung, sondern arbeiteten eher als Magier. Papyrus Ebers: Zusammenstellung von vorwiegend magischen Getränken und schmerzlindernden Zaubersprüchen und Beschwörungsformeln. Dreckapotheke: Zubereitungen mit Mäuseschwänzen, Kot, Schlachtblut, Vogelschnäbeln oder Ziegenknochen. Auch in Europa im Mittelalter noch üblich. Griechische Heilkunde: ab ca. 800 v. Chr. werden in Homers Schriften „Illias“ und „Odyssee“ schon Blutstillung und Wundtherapie beschrieben, er nennt über 100 anatomische Begriffe, Chirurgie und Innere Medizin und erwähnt Berufsärzte, die gegen Entgelt in die Häuser kommen. Auch hier gab es in der Heilkunde religiöse, magische und empirische Anteile. © GDT Heilpraktikerschule Siegburg ca. 500 v. Chr. Asklepios (Äskulap): ein Halbgott war der Gott der Heilkunst Sein Symbol war die um einen Stab (Wanderstab) gewundene heilige Schlange (Symbol für den Übergang zw. Tag und Nacht, oben und unten, Leben und Tod). Nach ihm wurden die Asklepeiden benannt. Das waren Tempelanlagen, die an klimatisch und hygienisch günstigen Orten mit reiner Luft und klaren Quellen lagen. Hierin pilgerten die Patienten, um geheilt zu werden. Hier arbeiteten auch Priesterärzte, die sie versorgten. Diese Priesterärzte nannte man Asklepiaden. Parallel dazu wird auch von weltlichen Ärzten berichtet, die später auch als Asklepiaden bezeichnet wurden und deren Handwerkskunst vom Vater auf den Sohn übertragen wurden. Viele Asklepiaden waren ständig auf Wanderschaft von Stadt zu Stadt. Im 7. Jhd. prägten die Naturphilosophen die griechische Heilkunde, die versuchten die Natur und die Welt auf einer natürlichen Grundlage zu verstehen. Thales von Milet (624-548 v. Chr.): Wasser als Grundstoff aller Dinge Anaximenes von Milet (570-548 v. Chr.): Luft als Urstoff Heraklit von Ephesos (556-460 v. Chr.): Feuer als Grundelement Pythagoras von Samos (580-480 v. Chr.): die Zahl als Beherrscherin aller Dinge. Sein Grundsatz war, dass die Welt und die Natur einem ordnenden Prinzip, dem Gesetz der Harmonie unterworfen sind. Die Ärzte, die unter seinem Einfluss standen entwickelten daraus Vorschriften für eine vernünftige vorbeugende und heilende Lebensform durch gesunde Ernährung, Anstrengung, Erholung und Gymnastik. Alkmeon von Kroton (ca. 530 v. Chr.): sprach von Mischung und Entmischung verschiedener Grundelemente Empedokles von Agrigent ( 504-433 v. Chr.): 4-Elementen-Lehre aus Feuer, Wasser, Luft und Erde Diese Elementenlehre wird auch als Säftelehre bezeichnet und hatte bis ins 19. Jahrhundert Gültigkeit. Den Elementen wurden 4 Körpersäfte zugeordnet (Blut, Schleim, gelbe und schwarze Galle), diesen wiederum Organe (Herz, Gehirn, Leber, Milz) und Qualitäten (warm, feucht, kalt, trocken). Hippokrates von Kos (460-377 v. Chr.): „Vater der Heilkunde“ Er war Asklepiade, stammte aus einer Ärztefamilie, wirkte als Wanderarzt und gründete auf Kos eine Medizinschule. Er war schon zu Lebzeiten berühmt. © GDT Heilpraktikerschule Siegburg Das „Corpus Hippokratikum“ umfasst 50 – 70 medizinische Abhandlungen, die allerdings nicht von Hippokrates selbst verfasst wurden. Eid des Hippokrates: stammt wohl nicht von Hippokrates selbst Hippokratische Heilkunde: Die Hippokratiker interessierten sich mehr für den einzelnen Menschen, als für die Krankheit und sahen Ihn in seiner Ganzheit, verknüpft mit all seinen Umweltbedingungen. „Ganzheitsbehandlung“ Hierbei kam zuerst die Diätetik (= dialta = Lebensweise), dann das Medikament, dann der chirurgische Eingriff. Aristoteles (384-322 v. Chr.): Unter seinem Einfluss erwachte ein besonderes Interesse an naturwissenschaftlichen Grundfragen. Begründung der Anatomie. Galenos von Pergamon (129-199 n. Chr.): Letzter berühmter Arzt der griechischen Heilkunde. Mit 17 bereits Studium der Medizin , hier besonders der Anatomie. Arzt der Gladiatorenschule von Pergamon. Er hat erstmals ein geschlossenes Lehrgebäude der Medizin aufgebaut, das er durch Beobachten, Experimentieren und Sezieren von verschiedenen Tieren (Affen, Bären, Schweinen, Ziegen) untermauerte. Theorie über die Vorgänge bei der Blut- und Nährstoffbewegung. Er gab der Säftelehre ihre schlussendliche Gestalt (Humoralpathologie). Sein Gedankengut beeinflusste die Medizin bis ins 19. Jahrhundert. Rom: In der Frühzeit Priesterärzte, später heilkundige Sklaven (servus medicus) und Freigelassene. Dionysos von Halikarnassos erwähnt 451 v. Chr. Ärzte, früher taucht das Wort „Medicus“ bereits auf. 219 v. Chr. ließ sich als erster griechischer Arzt Archagatos („Guter Anfang“) in Rom nieder. 91 v. Chr. Asklepiades von Bithynien. Sein Schüler Antonius Musa gelangte zu großen Ehren. Ab dem 2. Jahrhundert hatte jede Stadt ihren eigenen Arzt. Die kaiserlichen Ärzte, die Vorsitzenden von Ärzte-Vereinen und die Ärzte von Vestalinnen © GDT Heilpraktikerschule Siegburg hießen „Archiater“, woraus sich wohl das heutige Wort „Arzt“ ableitet. Der „Kaiserschnitt“ entstand im Römischen Reich als „sectio caesare“, da keine schwanger gestorbene Frau begraben werden durfte. Die Frucht musste vorher aus dem Leib geschnitten werden. Aulus Cornelius Celsus verfasste eine 8-bändige medizinische Enzyklopädie, die bis in die Neuzeit genutzt wurde. Orient: Aus dem alten Orient sind die ältesten Schriften zu Arzneien, Zaubermitteln und den rechtlichen Regelungen für den Arztberuf bekannt. Die Araber entwickelten aufbauend auf die griechischen und lateinischen Texte ein Spezialistentum mit Krankenhäusern von hoher Qualität. Rhazes (864-930) war einer der ersten, deren Medizinerfahrung auf Experimenten beruhte. Der Perser Avicenna (980-1037) war ein bedeutender Arzt, der das Werk „Qanun“ verfasste, welches sich als Standartwerk der Medizin entwickelte. China: Bereits ca. 2900 v. Chr. soll der sagenhafte Kaiser Fu-Hsi die beiden grundlegenden Kräfte Yin und Yang erkannt haben. Geraten diese aus dem Gleichgewicht, sei es durch innere oder äußere ungünstige Einflüsse, so entsteht Krankheit. Chinesische Ärzte arbeiteten schon früh mit einer gründlichen Diagnose über 51 verschiedenen Pulsqualitäten und 37 Zungenschattierungen. Ein zweiter chinesischer Kaiser Sheng-Nung (ca. 2700 v. Chr.) soll die Arzneimittellehre mit über 100 Heilpflanzen sowie die Akupunktur erfunden haben. Später kannte die chinesische Medizin ca. 1800 Arzneimittel pflanzlichen, tierischen und mineralischen Ursprungs. Als Narkotika waren Opium und Alraun bekannt. Um 300 v. Chr. wurde von mehreren unbekannten Autoren das umfassende Werk Huang Di Nei Jing („Innerer Klassiker des Gelben Kaisers“) verfasst, das über mehrere Epochen immer wieder ergänzt, überarbeitet und neu interpretiert wurde. In der Tang-Dynastie (618 – 907 n. Chr.) wurden Akupunktur, Moxibustion und Pharmakologie zu anerkannten wissenschaftlichen Disziplinen. Ab 1118 n. Chr. gab es offiziell geprüfte Ärzte (Ru Yi). In der Ming-Dynastie (1368 – 1644) erfolgte die Systematisierung der Meridiane und Akupunkturpunkte. Während der Quin-Dynastie (1644 – 1840) sank die öffentliche Anerkennung der medizinischen Traditionen, da der Kaiser sie nicht mehr als angemessen ansah. Nach dem Ende der Opiumkriege (1843) hielt die westliche Medizin Einzug in China. 1954 wurden bestimmte traditionelle medizinische Verfahren offiziell in der Kategorie „Traditionelle chinesische Medizin (TCM) anerkannt. Hierzu gehören neben © GDT Heilpraktikerschule Siegburg Akupunktur auch Kräutermedizin, Qi Gong, Diätetik, Schröpfen und manuelle Therapien. Indien: Die ayurvedische Medizin in Indien ist eine umfasende Lehre, deren schriftliche Hauptwerke 600 – 400 v. Chr. entstanden sind. Ayurveda bedeutet: „Wissen über ein langes Leben“. Diese Lehre ging davon aus, dass Krankeheiten entstehen, wenn die Körpersäfte Galle und Schleim aus dem Gleichgewicht geraten sind. Es gab bereits einen Heilmittelschatz von über 1200 Arzneien, die in den Schriften genannt wurden. Dazu kamen weitere Behandlungsmethoden wie der Aderlass, gesundes Essen, Bewegungstherapie und Yoga-Meditation. Auch die Chirurgie war schon früh entwickelt. Die Ärzte kannten rund 100 chirurgische Instrumente und es gelangen erstaunliche Operationen wie Augen-, Blasen-, Nieren-OPs oder Nasen- und Ohrenplastiken. Zur Narkose verwendeten sie Wein oder die Hypnose. Zur Diagnose wurden die Patienten mit allen Sinnen untersucht, wie auch dem Geschmackssinn. So erkannten sie die Zuckerkrankheit schon lange vor den Europäern. Westeuropa: Hier gab es bis zum Mittelalter nur die sog. Klostermedizin, die vor allem durch Hildegard von Bingen (1100-1197) bekannt geworden ist. Ab dem 13. Jahrhundert kamen durch die Mauren Einflüsse der arabischen Medizin nach Mittel- und Westeuropa. Hier ist besonders wichtig die Schule von Salerno (Süditalien), die als eine der ersten medizinischen Hochschulen Europas gilt. Die europäische Klostermedizin trat hier zugunsten der griechischen und arabischen Lehrmeinungen in den Hintergrund. Bekannte Lehrer waren hier Konstantin von Afrika (1018 – 1087), der die Lehren von Hippokrates und Galen mit den arabischen verband, sowie Roger Frugardi, der 1170 einen chirurgischen Leitfaden, „Chirurgia“, verfasste. Salerno wurde zur Ausgangsstätte aller medizinischen Hochschulen Europas. Besonders bedeutend hier Paris, Bologna und Padua, wo nach der scholastischen Methode gelehrt wurde – d.h. es wurde theoretisch, durch Vorlesen aus den Werken Galens, unterrichtet. Im Mittelalter lag die mittlere Lebenserwartung bei 35 Jahren und die Menschen starben überwiegend an Infektionskrankheiten, besonders Pest (der schwarze Tod), Pocken, Masern und Lepra. Diagnosemethoden waren das Tasten des Pulses und die Untersuchung der Körpersäfte und Ausscheidungen, besonders die „Urinschau“. Behandelt wurde mit Aderlass, blutigem Schröpfen, Herbeiführen von Durchfall und Erbrechen. Im 13. Jahrhundert wurden in den Städten die ersten Apotheken gegründet und der Apothekerstand bildete sich. Die Ärzte durften nun keine Arzneimittel mehr selber © GDT Heilpraktikerschule Siegburg herstellen und verkaufen. (Erlass des Hohenstauferkönigs Friedrich II., 1240) Paracelsus (1493-1541) Philippus Aureolus Theophrastus Bombastus zu Hohenheim: berühmter Arzt, Alchemist, Mystiker, Laientheologe und Philosoph. Kritiker der Humoralpathologie Galens. Er achtete eher Hippokrates, der wie er praktische Erfahrungen für sehr wichtig hielt. Von ihm stammt der Satz: „Alle Ding sind Gift und nichts ist ohn Gift. Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“ Ab dem 15./16. Jahrhundert: neue Entdeckungen in Anatomie und Physiologie. Hier tat sich ca. 1535 besonders der Belgier Andreas Vesalius („Vesal“), der mit 23 Jahren bereits Professor in Padua war und durch Sezieren von Leichen viele bis dahin gültige anatomische Vorstellungen Galens widerlegte. Er veröffentlichte 1543 das erste mit Holzschnitten illustrierte Buch der Anatomie „Sieben Bücher über den Aufbau des menschlichen Körpers und präparierte das erste menschliche Ganzkörperskelett. Versuche, den ärztliche Stand als Berufsvereinigung zu organisieren gegenüber den Badern, Hebammen, Laienheilern, etc. 1546 machte der Arzt Girolamo Fracastoro (1483 – 1553) in einem Buch darauf aufmerksam, dass übertragbare Krankheiten durch winzige Lebewesen, die Keime, erzeugt werden. Es war das erste zusammenfassende Lehrbuch über die Infektionskrankheiten. Erst im 19. Jahrhundert konnten seine Theorien durch die Entdeckung der Keime unter dem Mikroskop bestätigt werden. Die ersten Lichtmikroskope kamen schon Ende des 16. Jahrhunderts auf, dienten aber eher der Unterhaltung (man betrachtete seine Flöhe). Erst ein Jahrhundert später beobachtete man Bakterien und Zellen. 17.Jhd. : Beschreibung des Blutkreislaufs und der Pumptätigkeit des Herzens durch den engl. Arzt William Harvey (1628). 18, Jhd.: Ausbau der universitären Medizin, Gynäkologie und Geburtshilfe, Chirurgie und Zahnheilkunde. 18./19. Jhd.: Neue Erkenntnisse, Entdeckung der Nerven, Idee von einer allgemeinen Lebenskraft. Enorme Fortschritte in Diagnose und Therapie. Rudolf Virchow (1821-1902) begründete die Zellularpathologie. Sie löste die bis dahin geltende Humoralpathologie endgültig ab. Es folgten Erkenntnisse in der Humangenetik, Antisepsis (I. Semmelweis 1818-1865) und Entwicklung der Operationstechniken. © GDT Heilpraktikerschule Siegburg