Elektrodynamik

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Hans Jürgen Lüdde
Elektrodynamik
[email protected]
ii
Umschlagbild:
Charles Augustine de Coulomb ∗ 14.6.1736 Angouleme, † 23.8.1806 Paris
André-Marie Ampére ∗ 20.1.1775 Lyon, † 10.6.1836 Marseille
Michael Faraday ∗ 22.9.1791 Newington Butts, Surrey, † 25.8.1867 Hampton Court
James Clerk Maxwell ∗ 13.6.1831 Edinburgh, † 5.11.1879 Cambridge
Vorwort
Die Elektrodynamik stellt die wichtigste Feldtheorie der klassischen Physik dar. Lange
Zeit galten elektrische und magnetische Felder als unterschiedliche Naturphänomene, hervorgerufen durch Ladungen bzw natürlich vorkommendes Magnetit. Die Erkenntnis, dass
Magnetfelder durch elektrische Ströme erzeugt werden und andererseits zeitlich veränderliche Magnetfelder ihrerseits elektrische Ströme und somit elektrische Felder induzieren,
hat Maxwell zu einer vereinheitlichten Theorie des Elektromagnetismus geführt. Neben
der Newton’schen Mechanik, welche die terrestrische Mechanik des Galilei und die Kepler’sche Himmelmechanik vereinigt, ist die Maxwll’sche Elektrodynamik ein weiteres Beispiel dafür, wie die Theoretische Physik durch Abstraktion (Modellbildung) scheinbar
unabhängige Naturphänomene auf gemeinsame Naturgesetze zurückführt.
Dieser Text gibt eine Einführung in die klassische Elektrodynamik und einen kleinen Ausblick auf ihre Anwendungen. Mathematische Grundkenntnisse der Vektoralgebra und Vektoranalysis werden vorausgesetzt. Methoden zur Lösung partieller Differentialgleichungen
werden, sofern benötigt, besprochen.
Hans Jürgen Lüdde
August 2012
iii
iv
Inhaltsverzeichnis
1 Elektrostatik
1.1 Ladungen im materiefreien Raum . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.1 Elektrisches Feld, Potential . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.2 Das Gesetz von Gauß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.3 Poisson Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.4 Multipolentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.5 Energie des elektrostatischen Feldes . . . . . . . . . . . .
1.2 Geladene Metallkörper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
~
1.2.1 Oberflächenladungen – Unstetigkeiten im E-Feld
. . . .
1.2.2 Randbedingungen des Feldes bei endlichen Randflächen .
1.2.3 Green’sche Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.4 Green Funktionen und die Methode der Spiegelladungen
1.2.5 Die Laplace Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.6 Zusammenfassung und Lösungsmuster . . . . . . . . . .
1.3 Dielektrika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.1 Polarisation von Medien . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.2 Poisson Gleichung im Medium . . . . . . . . . . . . . . .
1.3.3 Dielektrische Verschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3
5
5
9
11
11
17
18
18
22
24
25
28
37
38
38
41
42
2 Magnetostatik
2.1 Experimentelle Beobachtungen . . . . . . .
2.2 Feldgleichungen . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Vektorpotential . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Magnetostatik im Medium . . . . . . . . .
2.5 Lösungsmethoden . . . . . . . . . . . . . .
2.5.1 Vektorpotential für lineare Medien
2.5.2 Fälle mit ~ = 0 . . . . . . . . . . .
2.5.3 Harte Ferromagnetika . . . . . . .
2.6 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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45
45
47
49
50
52
52
53
53
56
3 Die
3.1
3.2
3.3
3.4
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59
62
64
65
Maxwell Gleichungen
Das Induktionsgesetz . . . . . . . .
Der Maxwell’sche Verschiebestrom .
Potentialgleichungen . . . . . . . .
Green Funktionen (G. F.) . . . . .
v
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vi
Inhaltsverzeichnis
3.5
Erhaltungssätze . . . . . .
3.5.1 Ladungsverteilung
3.5.2 Energiesatz . . . .
3.5.3 Impulssatz . . . . .
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68
68
71
4 Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
4.1 Ausbreitung elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Reflexion und Brechung em-Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3 Grundlagen der Festkörper Optik: Dispersion in Dielektrika und Leitern
4.3.1 Oszillatormodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Resonanzabsorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.3 Freie Elektronen im Medium – elektrische Leitfähigkeit . . . . .
4.4 Das em-Feld einer lokalen Quelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Streuung von em-Wellen bei großen Wellenlängen (Rayleigh-Streuung) .
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73
77
82
82
83
84
88
92
1
Elektrodynamik
In der Elektrodynamik lernen wir eine neue elementare Wechselwirkung kennen, die, wie
wir später sehen werden, wesentlich für den Aufbau komplexer Materie (Atome, Moleküle,
Cluster, Nanostrukturen, Biomoleküle, Festkörper) verantwortlich ist: die elektromagnetische Wechselwirkung. Ihre Entdeckung begann 1785 mit dem durch Charles Augustine de
Coulomb (∗ 14.6.1736 Angoulême, † 23.8.1806 Paris) empirisch ermittelten Grundgesetz
der Elektrostatik über die Kraft zwischen zwei ruhenden Punktladungen (Coulombgesetz).
35 Jahre später (1820/21) entwickelte sich mit dem Gesetz von Biot-Savart (Jean-Baptiste
Biot: ∗ 21.4.1774 Paris, † 3.2.1862 Paris; Felix Savart: ∗ 30.6.1791 Mézières, † 16.3.1841
Paris) ein quantitatives Verständnis der sehr viel schwieriger zugänglichen Magnetostatik.
Obwohl man schon sehr früh qualitative Kenntnisse über die Wechselwirkung zwischen
Permanentmagneten hatte und diese auch anwandt (Navigation mit Magnetkompass),
benötigte es den Begriff des stationären Stromes als Erzeuger eines Magnetfeldes, um
einen quantitativen Zugang zu erhalten. Wir werden sehen, dass Magnete eine Folge
von Eigenschaften bestimmter Materialien sind (Ferromagnetika: z. B. Eisen), die erst
durch ein äußeres Magnetfeld hervorgerufen werden. Um 1831 entdeckte Michael Faraday
(∗ 22.9.1791 Newington Butts, Grafschaft Surrey, † 25.8.1867 Hampton Court, Middlesex)
mit seinem Induktionsgesetz den Zusammenhang zwischen elektrischer und magnetischer
Wechselwirkung. Damit waren die Schlüsselexperimente zum Verständnis der elektromagnetischen Wechselwirkung bekannt. Es dauerte jedoch nochmals 30 Jahre bis zwischen
1861 und 1864 James Clerk Maxwell (∗ 13.6.1831 Edinburgh, † 5.11.1879 Cambridge)
mit der Einführung des Verschiebestromes eine widerspruchsfreie mathematische Formulierung der Elektrodynamik gelang (Maxwell Gleichungen). Sie ist der Ausgangspunkt für
alle makroskopischen Eigenschaften des Elektromagnetismus und der Optik.
Einheiten:
Die Wahl des optimalen Einheitensystems ist in der Elektrodynamik ein immer noch kontroverses Thema. Selbstverständlich gelten die aus der Mechanik bekannten SI Einheiten
mit den elementaren Größen Meter, Kilogramm, Sekunde, Ampere (MKSA). Wir werden
aber sehen, dass sich viele der physikalischen Gesetzmäßigkeiten sehr viel übersichtlicher
im Gauß’schen Maßsystem formulieren lassen. Deshalb möchte ich mit den folgenden Tabellen einen Leitfaden für die Umrechnung zwischen den Einheitensystemen bereitstellen,
auch wenn wir diese Größen erst später kennen lernen werden.
2
Inhaltsverzeichnis
Physikalische Größe
Länge
Masse
Zeit
Frequenz
Kraft
Arbeit
Energie
Leistung
Ladung
Ladungsdichte
Strom
Stromdichte
Elektrisches Feld
Potential
Polarisation
Dielektrische Verschiebung
Leitfähigkeit
Widerstand
Kapazität
Magnetischer Fluss
Magnetische Induktion
Magnetisches Feld
Magnetisierung
Induktivität
Symbol
l
m
t
ν
F~
W
E
P
q
ρ
I
~j
~
E
Φ, V
P~
~
D
σ
R
C
φ, F
~
B
~
H
~
M
L
SI (MKSA)
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
1
Meter (m)
Kilogramm (kg)
Sekunde (sec)
Hertz (Hz)
Newton (N)
Joule (J)
Joule (J)
Watt (W)
Coulomb (C)
C m−3
Ampere (A)
A m−2
V m−1
Volt (V)
C m−2
C m−2
Ω m−1
Ohm (Ω)
Farad (F)
Weber (W)
Tesla (T)
A m−1
A m−1
Henry (H)
Größe
Lichtgeschwindigkeit
Elektrisches Feld (Potential, Spannung)
Dielektrische Verschiebung
Ladungsdichte (Ladung, Stromdichte, Strom, Polarisation)
Gauss System
102
103
1
1
105
107
107
107
3 × 109
3 × 103
3 × 109
3 × 105
1
−4
3 × 10
1
300
3 × 105
12π × 105
9 × 109
1
−11
9 × 10
11
9 × 10
108
104
4π × 10−3
10−3
1
−11
9 × 10
Centimeter (cm)
Gramm (gm)
Sekunde (sec)
Hertz (Hz)
Dyn
Erg
Erg
Erg sec−1
statcoulomb
statcoul cm−3
statamperes
statamp cm−2
statvolt cm−1
statvolt
Dipolmoment cm−3
statvolt cm−1 (statcoul cm−2 )
sec−1
sec cm−1
cm
gauss cm2 oder maxwell
gauss
oersted
magnetisches Moment cm−3
Gauss System
SI (MKSA)
c
(µ0 ǫ0 )− 2
~
E(Φ,
V)
~
D
~ I, P~ )
ρ(q, J,
1
√
~
4πǫ
q0 E (Φ, V )
4π ~
ǫ0 D
√ 1 ρ(q,
4πǫ0
q
~ I, P~ )
J,
4π ~
µ0 B
Magnetische Induktion
~
B
Magnetisches Feld
~
H
Magnetisierung
~
M
Leitfähigkeit
σ
Dielektrizitätskonstante
ǫ
Permeabilität
µ
σ
4πǫ0
ǫ
ǫ0
µ
µ0
R(Z)
4πǫ0 R(Z)
Induktivität
L
4πǫ0 L
Kapazität
C
1
4πǫ0 C
Widerstand (Impedanz)
√
~
4πµ0 H
q
µ0 ~
4π M
Kapitel 1
Elektrostatik
Dass Kräfte zwischen geladenen Kugeln wirken, war schon bekannt lange bevor Coulomb
seine ersten Experimente machte. So kann man durch Reibung eines Glasstabes (Hartgummistabes) mit einem Seidentuch (Katzenfell) positive (negative) Ladungen erzeugen
und findet qualitativ, dass
• Objekte mit gleichnamiger Ladung sich abstoßen, während Objekte mit ungleichnamiger Ladung sich anziehen
• die Stärke der Kraft zwischen zwei Punktladungen proportional zur Ladung zunimmt, aber mit wachsendem Abstand abnimmt.
Quantitativ genauer hat C. A. de Coulomb 1785 die nach ihm benannte Kraft mit Hilfe
eines Torsionspendels bestimmt.
Er fand für die Kraft zwischen zwei Punktladungen
F~12 =
~r1 − ~r2
q1 q2
2
|~r1 − ~r2 | |~r1 − ~r2 |
Die Einheit der Kraft ist im Gaußsystem [F ] = 1 dyn = 1 g cm
. Daraus leitet sich die
s2
Einheit der Ladung ab
cm3
[ q1 q2 ] = dyn · cm = g 2
s
1
3
g 2 cm 2
= 1 esu
; [q] =
s
2
Im Gauß’schen Maßsystem nennt man die Einheit der Ladung elektrostatische Einheit
(esu), und erhält in Relation zum Systeme Internationale (SI)
1
· 10−9 Coulomb
3
Betrachtet man den Vektorcharakter der Coulombkraft, ergeben sich sofort einige wichtige
Konsequenzen:
1 esu =
3
4
1. Elektrostatik
F21
z
F12
r1
q
r − r
1 2
q
r1
q
q
1
r2
q
2
1
1
r
q
F
21
2
y
x
Abb. 1.1: Zum Vektorcharakter der Coulombkraft
r1
2
F12
q
1
2
> 0
q
2
r2
q
1
q < 0
2
Abb. 1.2: Die Coulombkraft kann repulsiv oder attraktiv sein
(i) Die Coulombkraft ist wie die Gravitationskraft eine Zweikörper Wechselwirkung.
Damit gilt das Superpositionsprinzip, d. h. die Kraft eines Systems von Ladungen
auf eine bestimmte Punktladung ist gleich der Vektorsumme der entsprechenden
Zweikörperkräfte.
(ii) Die Coulombkraft ist eine Zentralkraft. Sie wirkt entlang der Verbindungslinie zweier
Ladungen und es gilt F~12 = −F~21 .
(iii) Als Zentralkraft ist die Coulombkraft konservativ. D. h. sie lässt sich als Gradient
einer Potentialfunktion darstellen.
(iv) |F~ | ist proportional zum Betrag der Ladungen. Die Coulombkraft ist attraktiv, falls
q1 · q2 < 0, sonst repulsiv. Anschaulich bedeutet dies für F~21 (die Kraft von Ladung
q1 auf q2 ), dass F~21 bei gleichnamigen Ladungen parallel und bei ungleichnamigen
antiparallel zu (~r1 − ~r2 ) gerichtet ist.
Das Coulomb Gesetz ist die Grundlage für alle weiteren Überlegungen. Zunächst betrachten wir die Elektrostatik isolierter Raumladungen im Vakuum (Kap. 1.1), bevor wir
uns mit den Phänomenen geladener Metallkörper (Kap. 1.2) und Dielektrika (Kap. 1.3)
beschäftigen.
1.1 Ladungen im materiefreien Raum
1.1
1.1.1
5
Ladungen im materiefreien Raum
Elektrisches Feld, Potential
Die Kraft zwischen zwei Ladungen ist durch das Coulomb Gesetz gegeben und, da es
sich um eine Zentralkraft handelt, somit symmetrisch in der Stärke der beiden Ladungen. Um jedoch die Wirkung eines Systems von Ladungen oder einer kontinuierlichen
Ladungsverteilung auf den umgebenden Raum zu beschreiben, benötigt man eine Normierungsvorschrift. Die führt uns auf den Begriff des Feldes: Das elektrische Feld einer
Ladung q am Ort ~r ′ ist definiert als diejenige Coulombkraft, die pro Ladungseinheit am
Ort eines Beobachters ~r wirkt
′
~ = q ~r − ~r
E
|~r − ~r ′ |3
q<0
<)
r
E
r − r’
r’
Abb. 1.3: Das Feld, wie es ein Beobachter am Ort ~r sieht
Man kann sich also den abstrakten Begriff des Feldes so vorstellen, indem man die Kraft
auf eine kleine, das Feld nicht beeinflussende Probeladung misst. Da die Probeladung q ′
~
∂E
das Feld nicht verändern darf, muss ∂q
′ = 0 sein. Das Feld entspricht dann der Kraft
~ = ∂ F~′ . Alle Eigenschaften des Coulomb Gesetzes übertragen sich
pro Probeladung, also E
∂q
somit auf das elektrostatische Feld.
Aus dem Superpositionsprinzip folgt für das Feld einer Punktladungsverteilung (N Punktladungen qj an den Orten ~rj ) am Ort ~r
~ r) =
E(~
N
X
j=1
qj
~r − ~rj
|~r − ~rj |3
bzw für eine kontinuierliche Ladungsverteilung ̺(~r ′ ) begrenzt auf das Volumen V
ZZZ
~r − ~r ′ 3 ′
d r.
̺(~r ′ )
E(~r) =
|~r − ~r ′ |3
V
6
1. Elektrostatik
Dabei ist die Gesamtladung q dieser Ladungsverteilung gegeben durch
ZZZ
̺(~r ′ ) d3 r′ .
q=
V
~ r ) einheitlich auch für punktförmige, lineare oder
Mit Hilfe der δ-Funktion kann man E(~
flächenförmige Ladungsverteilungen angeben
•
punktförmig:
̺(~r ) = q · δ (~r − r′ )
→ Punktladung am Ort ~r ′
•
linear:
̺(~r ) = λ (x) δ (z) δ (y − y (x))
→ lineare Ladungsverteilung entlang
der Kurve y (x) in der xy Ebene
•
flächenförmig:
̺(~r ) = σ (xy) δ (z − z (xy))
→ z. B. Flächenladung auf der Oberfläche z (xy)
Darüber hinaus haben wir gesehen, dass die Coulomb Kraft und somit das elektrostatische
Feld konservativ sind. Man kann also das Feld als Gradient einer Potentialfunktion φ
schreiben
~ = −∇φ .
E
Damit ergibt sich für dieses elektrostatische Potential
φ(~r) =
~ Feld wirbelfrei
Offenbar ist das E
 PN

 j=1 qj ·

 RRR
̺(~
r ′)
r −~
r ′|
V |~
1
|~
r −~
rj |
d3 r ′
~ = − rot grad φ = 0,
rot E
da es ein Gradientenfeld ist.
Die graphische Darstellung eines Potentials ist i. a. recht schwierig: man benötigt ein
vierdimensionales Koordinatensystem, um φ an jedem Raumpunkt ~r abzubilden. Deshalb
begnügt man sich in der Regel mit einem Höhenlinienbild des Potentials, so genannten
Äquipotentialflächen (-linien). Das elektrische Feld ist als Gradientenfeld immer senkrecht
zu diesen Äquipotentiallinien gerichtet und lässt sich in einem Feldlinienbild veranschauli~ r) in jedem Punkt ~r Tangenten
chen. Feldlinien sind so definiert, dass die Feldvektoren E(~
an die Feldlinien bilden.
Analog zum Gravitationsfeld kann man die Arbeit berechnen, die man aufwenden muss,
~ zu bewegen. Da
um eine Ladung q zwischen zwei Punkten A und B in einem Feld E
~ ist, gilt für die Arbeit im Feld
F~ = q · E
1.1 Ladungen im materiefreien Raum
7
y
ρ( r ) mit
ρ( r ) = q > 0
φ = konst.
x
Abb. 1.4: Äquipotentiallinien und Feldlinien
W = −
= q
Z
Z
C(A,B)
C(A,B)
F~ · d~l = −q
∇φ · d~l = q
Z
Z
C(A,B)
B
A
~ · d~l
E
dφ = q (φB − φA )
R
(Das Symbol C(A,B) bezeichnet ein Linienintegral: Summation über alle Skalarprodukte
F~ · d~l entlang einer Raumkurve C zwischen den Punkten A und B. ∇φ · d~l ist das totale
Differential der Funktion φ.)
Offenbar ist die Arbeit unabhängig vom Weg zwischen A und B, was äquivalent ist zu
~ wirbelfrei ist. Diese Äquivalenz folgt aus dem Stounserer vorherigen Aussage, dass E
kes’schen Theorem
I
Z
~
~
~ · d~s,
0=
E · dl =
rot E
C
S(C)
dabei ist S(C) die von der Kurve C eingeschlossene Fläche.
~ = 0 sein.
Da die Arbeit entlang einer geschlossenen Kurve C verschwindet, muss rot E
Als ein Beispiel für das Superpositionsprinzip berechnen wir das Feld eines elektrischen
Dipols.
Zwei entgegengesetzt gleich große Ladungen vom Betrag q befinden sich an den Orten
~
± 2b . Das Potential ergibt sich wegen des Superpositionsprinzips zu
φ(~r) =
q
| ~r − 12 ~b |
+
−q
| ~r + 21 ~b |
8
1. Elektrostatik
y
−q
− _b
2
x
+ _b
2
+q
Abb. 1.5: Geometrie eines Dipols aus zwei Punktladungen
Ist der Aufpunkt ~r (Ort des Beobachters) hinreichend weit entfernt von den Orten der
Ladungen, kann man die Abstandsfunktion entwickeln. Für |x| < 1 gilt (siehe auch S. 12)
1
[1 ± x]
;
1
2
1
| ~r ± 21 ~b |
= 1∓
=
1·3 2 1·3·5 3
1
x+
x ∓
x + ···
2
2·4
2·4·6
1
1
[ r2 + 41 b2 ± ~r ~b ] 2
1
= ·
r [1 ±
1
~
r ~b
r2
+
b2
4r 2
1
=
1
r
]2
1 ~r · ~b
+ ...
1∓
2 r2
!
Damit erhält man für das Dipolpotential in der Ferne (r > b)
d~ · ~r
q · ~b · ~r
≡
; d~ = q · ~b heißt Dipolmoment
φ(~r ) ∼
=
r3
r3
~ ~r )
~ ~r )
d · r · cos (d,
d cos (d,
=
=
r3
r2
Alle Terme höherer Ordnung fallen schneller ab. Charakteristisch für ein Dipolpotential
ist
(i) in der Ferne fällt das Potential mit ∼ r12 ab (die beiden Monopolanteile liegen aus
der Ferne betrachtet übereinander und kompensieren sich somit)
(ii) das Potential des Dipols hat einen starken Richtungscharakter: für alle Richtungen
~r senkrecht zu ~b (Ebene in der Mitte zwischen den Ladungen) verschwindet das
~ ~r ) = 0), während es für ~r kolinear zu ~b maximal ist.
Potential (cos (d,
1.1 Ladungen im materiefreien Raum
1.1.2
9
Das Gesetz von Gauß
Die direkte Berechnung des elektrischen Feldes einer Ladungsverteilung in integraler Form
ist in der Regel nur bei einfachen Geometrien möglich. Wir wollen in diesem Kapitel
einen anderen Weg gehen, indem wir die Divergenz des Feldes berechnen und somit eine
Differentialgleichung (DGL) für das elektrostatische Feld erhalten.
ZZZ
~r − ~r ′ 3 ′
~ r ) = ∇~r · E(~
~ r) =
div E(~
̺(~r ′ ) ∇~r
dr
| ~r − ~r ′ |3
V
−~
r′
∇~r |~r~r−~
r ′ |3
Zur Berechnung von
d3 r′ wählt man ein Koordinatensystem, in dem ~r ′ den
Ursprung definiert. Dann gilt für ~r 6= 0
∇~r
∇~r · ~r
1
3
1 ~r
~r
=
+ ~r · ∇ 3 = 3 − 3 ~r · 4
3
3
r
r
r
r
r r
3
3
= 3 − 3 =0
r
r
Für ~r = 0 ist der Ausdruck nicht definiert. In diesem Fall betrachtet man ein Modellfeld
ZZZ
~r − ~r ′
3 ′
~ a (~r) =
E
̺(~r ′ )
3 d r ,
′
2
[| ~r − ~r | + a ] 2
das im Grenzfall a → 0 in das wahre Feld übergeht. Man erhält
~ a (~r )
div E
=
ZZZ
=
3 a2 ̺(~r )
~
r −~
r′ ≡~
x
=
Kugelkoord.
=
=
=
=
=
=
3 a2
′
̺(~r )
3 a2 ̺(~r )
3 a2 ̺(~r )
[| ~r − ~r ′ |2 + a2 ]
ZZZ
1
12 π a ̺(~r )
2
12 π a ̺(~r )
12 π a2 ̺(~r )
12 π ̺(~r )
Z
Z
Z
Z
[ x2
Z
+
∞
a2
5
2
d3 r ′
a2
]
5
2
d3 r ′
d3 x
]
x2 dx
5
0
∞
[ x 2 + a2 ] 2
x2 dx
5
[ x 2 + a2 ] 2
0
x2 2
a dx
a2
∞
a5
0
∞
0
∞
x2
+1
y a dy
a2
2 3
52
5
a5 [ y 2 + 1 ] 2
y 2 dy
5
0
+
1
dΩ
2
4π̺(~r ).
[| ~r
ZZZ
Z
− ~r ′ |2
5
2
(y 2 + 1) 2
Subst.:
x
= y 7→ dx = a dy
a
10
1. Elektrostatik
Damit hat man gezeigt, dass
~ =
div E
ZZZ
̺(~r ′ )∇r
V
~r − ~r ′ 3 ′
d r = 4 π ̺(~r ) .
| ~r − ~r ′ |3
(Offenbar kann man dieses Ergebnis auch erhalten, wenn man annimmt, dass
∇~r
~r − ~r ′
= 4 π δ(~r − ~r ′ )
| ~r − ~r ′ |3
gilt.)
~ Feld ein Quellfeld ist.
Dies ist die Form des Gauß’schen Gesetzes, das besagt, dass das E
Positive Ladungsverteilungen sind Quellen des Feldes, negative Ladungen Senken. Das
Feld ist von den positiven zu den negativen Ladungen gerichtet.
q>0
div E > 0
q<0
div E < 0
Abb. 1.6: Die Divergenz eines Vektorfeldes ist das Maß für die Stärke einer Feldquelle
oder Senke
Die entsprechende integrale Form erhält man durch die Berechnung des Flusses mit Hilfe
des Gauß’schen Integralsatzes
ZZZ
~ )d r
div E(r
′
V
3 ′
=
ZZZ
ZZ
~ · d~s = 4 π
̺(~r ′ ) d3 r′ = 4 π q
E
S(V )
V
ZZ
~ · ~n ds = 4 π q ,
; E
S(V )
wobei q die von der Oberfläche S im Volumen V eingeschlossene Ladung ist. D. h. der
Fluss des Feldes durch eine geschlossene Fläche S(V ) wird einzig bestimmt durch die in
V eingeschlossene Ladung.
1.1 Ladungen im materiefreien Raum
1.1.3
11
Poisson Gleichung
Wir haben nun ein System von Differentialgleichungen 1. Ordnung für das elektrostatische
Feld gefunden
~ = 0
rot E
~ = 4π̺
div E
~ Feld wirbelfrei ist und somit als Gradientenfeld dargestellt
Die erste besagt, dass das E
~ = −∇φ. Wenn wir diesen Lösungsansatz in die zweite DGL einsetzen,
werden kann – E
erhalten wir eine DGL 2. Ordnung für das elektrostatische Potential
~ = ∇ · ∇φ = △ φ = −4 π ̺,
− div E
die Poisson Gleichung. Eine spezielle Lösung der Poisson Gleichung kennen wir bereits
Z
̺(~r ′ ) 3 ′
φ=
dr
| ~r − ~r ′ |
wie man durch Einsetzen verifizieren kann.
Z
1
△~r φ =
̺(~r ) △
d3 r ′ = −
′
| ~r − ~r |
= −4 π ̺(~r ).
′
Z
̺(~r ′ ) ∇~r
~r − ~r ′ 3 ′
dr
| ~r − ~r ′ |3
Diese Lösung beschreibt das Potential einer beliebigen Raumladungsverteilung im freien
unbegrenzten Raum.
Die Poisson Gleichung
△φ = −4 π ̺
ist die Grundgleichung der Elektrostatik. Technisch handelt es sich um eine partielle DGL
2. Ordnung, die unter der Vorgabe von Randbedingungen zu lösen ist.
1.1.4
Multipolentwicklung
Solange wir uns, wie in diesem Kapitel, auf die Beschreibung von Potentialen von Raumladungen im unbegrenzten Raum beschränken, ist die Randbedingung einfach zu formulieren
lim φ(~r ) = 0
|~
r →∞|
Unter diesen Bedingungen ist die Lösung
Z
φ(~r ) =
̺(~r ′ ) 3 ′
dr
| ~r − ~r ′ |
12
1. Elektrostatik
(
>
r
α
r’
Abb. 1.7: Geometrie, die sich aus den Positionen ~r des Beobachters und ~r ′ der Ladung
ergibt.
gültig und wir müssen für beliebige Ladungsverteilungen dieses Volumenintegral ausführen.
Der Standardweg zur Lösung diese Integrals ist die Multipolentwicklung.
Dazu betrachten wir
− 1
1
= r2 − 2 rr′ cos α + r′2 2
′
| ~r − ~r |
und nähern die Wurzel in einer binomischen Reihe.
Für |x| < 1 gilt
1
1·3 2 1·3·5 3
1
x+
x +
x + ...
1 = 1 +
2
2·4
2·4·6
[ 1 − x ]2
Die Bedingung |x| < 1 für die Entwicklung können wir erfüllen, wenn wir den größeren
der beiden Abstände r bzw. r′ aus der Wurzel ziehen und schreiben
"
2 #− 21
1
r<
r<
1
=
cos α +
1−2
′
| ~r − ~r |
r>
r>
r>
r , r < r′
r , r > r′
r< =
r> =
′
′
r , r>r
r′ , r < r′
Fasst man gleiche Ordnungen im Kleinheitsparameter
1
1
=
′
| ~r − ~r |
r>
"
r<
r>
zusammen, so erhält man
r< 1
3 cos2 α − 1
+
1 + cos α
r> 2
∞
l
X
r<
=
Pl (cos α),
l+1
r>
l=0
r<
r>
2
+ ...
#
da die Koeffizienten der Potenzreihe gerade den Legendre Polynomen entsprechen. Aus
1
auch die Erzeugende der Legendre
diesem Grund nennt man die Abstandsfunktion | ~r−~
r ′|
Polynome. Zwei wichtige Eigenschaften der Legendre Polynome sind
1.1 Ladungen im materiefreien Raum
13
• Formel von Rodriguez zur rekursiven Berechnung der Pl
Pl (x) =
• Orthogonalitätsrelation
Z
1 dl
(x2 − 1)l
2l l ! dxl
1
Pl (x) Pm (x) dx =
−1
;
x = cos α
2
δlm .
2l + 1
z
r
ϑ
α
ϑ’
r’
y
x
ϕ’
ϕ
Abb. 1.8: Kugelkoordinaten
Im nächsten Schritt wollen wir die gefundene Entwicklung nach dem Zwischenwinkel α in
Kugelkoordinaten ausdrücken. Dazu verwendet man unter Bezug auf die Definition der
Kugelkoordinaten
x = r sin ϑ cos ϕ
y = r sin ϑ sin ϕ
z = r cos ϑ
~r · ~r′ = r · r′ cos α = xx′ + yy ′ + zz ′
= r · r′ {sin ϑ sin ϑ′ cos (ϕ − ϕ′ ) + cos ϑ cos ϑ′ }
⇒ cos α = {sin ϑ sin ϑ′ cos (ϕ − ϕ′ ) + cos ϑ cos ϑ′ }.
14
1. Elektrostatik
Die gefundenen Relationen zwischen cos α und den Kugelkoordinaten können wir bezüglich
Kugelflächenfunktionen ylm umschreiben
P1 (cos α) ≡ cos α = {sin ϑ sin ϑ′ cos (ϕ − ϕ′ ) + cos ϑ cos ϑ′ }
1
4π X ∗
=
y1m (θ′ ϕ′ ) y1m (θϕ).
3 m=−1
Mit Hilfe der Rekursionsformel für Legendrepolynome zeigt man für beliebige l das Additionstheorem der Kugelflächenfunktionen Ω → θ, ϕ
l
4π X ∗
y (Ω′ ) ylm (Ω)
Pl (cos α) =
2 l + 1 m=−l lm
Somit ergibt sich als Darstellung der inversen Abstandsfunktion in Kugelkoordinaten
∞
l
l
X
X
r<
1
1
∗
= 4π
ylm
(Ω′ ) ylm (Ω)
l+1
| ~r − ~r ′ |
2
l
+
1
r
> m=−l
l=0
Mit der Entwicklung der Abstandsfunktion ist nun das Potential bestimmt. Für Beobachtungspunkte außerhalb der Ladungsverteilung (r > r′ ⇒ r> = r und r< = r′ ) erhält man
z.B.
Z
l
∞ X
X
4π
1
∗
φ(~r ) =
y (Ω)
̺ (~r ′ ) r′l ylm
(Ω′ ) d3 r′ .
l+1 lm
2
l
+
1
r
V
l=0 m=−l
(Beobachtungspunkte ~r innerhalb der Ladungsverteilung sind komplizierter zu behandeln.
Man muss das Volumenintegral in ein Integral über die Kugel ~r = const und den Restraum
zerlegen. Nach Ausführung der Winkelintegration bleiben zwei Radialintegrale
1
rl+1
Z
r
′
′l
′2
′
f (r )r r dr + r
0
l
Z
∞
r
f (r′ )
1
r′l+1
r′2 dr′
zu lösen)
Die verbleibenden Integrale über die gewichtete Dichte nennt man Multipolmomente
qlm ≡
Z
V
∗
̺ (~r ′ ) r′l ylm
(Ω′ ) d3 r′
Deren wichtigste Vertreter Monopol (l = 0), Dipol (l = 1) und Quadrupol (l = 2) sind in
der folgenden Tabelle zusammengefasst (q : Ladung, d~ : Dipolmoment, Q : Quadrupoltensor)
1.1 Ladungen im materiefreien Raum
Monopol
Dipol
q00 =
q11 = −
q10 =
Quadrupol q22 =
q
q
1
4
1
2
q
q
√1
4π
ρ (~x ′ ) d3 x′ =
3
8π
3
4π
q
q21 = −
q20 =
R
√1
4π
15
R
15
2π
15
8π
R
′
3 ′
z ρ (~x ) d x =
q
3
4π
′
′
′
′
1
12
3 ′
z (x − iy ) ρ(~x )d x =
′2
′2
q
3
8π
(dx − idy )
dz
(x′ − iy ′ )2 ρ(~x ′ ) d3 x′ =
R
R
5
4π
(x′ − iy ′ ) ρ (~x ′ ) d3 x′ = −
′
R
q
′
(3z − r ) ρ (~x ) =
1
2
q
q
− 31
5
4π
15
2π
q
(Q11 − 2 i Q12 − Q22 )
15
8π
(Q13 − iQ23 )
Q33
Man sieht, dass sich das Potential dann einfach berechnen lässt, wenn die Ladungsdichte
nur wenig von der Kugelsymmetrie abweicht. Die Entwicklung wird nur langsam konvergieren, wenn die Symmetrie von ̺ stark von der Kugelsymmetrie abweicht. In solchen
Fällen ist es günstiger, die Abstandsfunktion in anderen, der Symmetrie von ̺ besser
angepassten Koordinaten zu entwickeln.
Beispiel:
Berechne das Potential einer homogen geladenen Kugel mit Radius R und ̺ (~r ′ ) =
̺0 r ′ < R
0 sonst.
a) Außenbereich: Position des Beobachters r > R
qlm = ρ0
Z
R
′l
′2
r r dr
0
′
Z
∗
dΩ′ ylm
(Ω′ )
Um die Winkelintegration durchzuführen nutzt man mit einem Trick die Orthogonalitätsrelation der Kugelflächenfunktion
Z
ylm (Ω) yl′ m′ (Ω) dΩ = δll′ δmm′
aus. y00 ist eine Konstante
,
dΩ = sin ϑ dϑ dϕ
16
1. Elektrostatik
√
1
y00 = √
⇒ 4 π y00 = 1
4π
Z √
Z R
∗
′l+2
′
; qlm = ̺0
r
dr
4 π y00 · ylm
dΩ′
|
{z
}
0
√
4 π δl0 δm0
q00 = ̺0
√
R
r′2 dr′
√
4π
0
4π
̺0 R 3
3
q00 =
֒→ φa (r > R) =
Z
qlm = 0 für l 6= 0
4
1
Q
π R 3 ̺0 · = ;
3
r
r
Q : Gesamtladung der Kugel
b) Innenbereich: r < R
√
δl0 δm0
Z z 4 π}|
Z R
{ 1 Z r
4π
1 ′2 ′
′l ′2
′
l
∗
′
′
ylm (Ω) ̺0 ylm (Ω ) dΩ · l+1
r dr
r r dr + r
φi (r) =
′l+1
2l + 1
r
o
r r
l=0 m=−l
√
1
11 3 1 2
2
= 4π√
̺0 4 π
r + (R − r )
r 3
2
4π
1 2 1 2
= 4 π ̺0
R − r
2
6
∞
X
l
X
φ (r)
E(r)
3Q
2R
Q
R
2π r
3
0
E =− φ
Q
r
R
4π
Q
r²
1
− 1 r²
0 2 R² 6
{
}
r
r
R
Abb. 1.9: Potential und Feld einer homogen geladenen Kugel
Auf der Kugeloberfläche passen sich φi und φa stetig an:
φi (R) = 4 π ̺0
1 2
R
3
φa (R) =
Q
4
= π ̺0 R 2
R
3
1.1 Ladungen im materiefreien Raum
1.1.5
17
Energie des elektrostatischen Feldes
In Kapitel 1.1.1 haben wir die Arbeit definiert, die man aufwenden muss, um eine Ladung
von A nach B zu bringen:
W = q (φB − φA )
Liegt der Punkt A im Unendlichen und befindet sich eine bestimmte Ladung qk am Ort
~rk , so gilt für die Arbeit
Wk = qk φ(~rk )
Das Potential gegenüber dem Arbeit aufgewandt wurde, könnte z. B. durch N − 1 andere
Ladungen hervorgerufen werden
φ(~rk ) =
N
X
j=1
j6=k
qj
,
| ~rk − ~rj |
so dass die potentielle Energie der Ladung qk im Feld der N − 1 Ladungen
Wk = qk
N
X
j=1
j6=k
qj
| ~rk − ~rj |
beträgt. Die totale potentielle Energie aller Ladungen ist dann (k < j vermeidet Doppelzählungen)
N X
N
N
X
qk qj
qk qj
1 X
W =
=
.
| ~rk − ~rj |
2 k,j=1 | ~rk − ~rj |
j=1 k<j
k6=j
Für eine kontinuierliche Ladungsverteilung erhält man entsprechend
ZZ
Z
̺ (~r ) ̺ (~r ′ ) 3 3 ′ 1
1
d rd r =
̺ (~r ) φ (~r ) d3 r.
W =
2
| ~r − ~r ′ |
2
Man kann diese potentielle Energie interpretieren als diejenige Energie, die im elektrischen
Feld gespeichert ist. Dazu eliminiert man ̺ über die Poisson Gleichung
Z
1
W =−
φ ∇2 φ d 3 r
8π
und integriert partiell
1
W =
8π
Z
1
| ∇φ | d r =
8π
2
3
Z
~ |2 d3 r.
|E
Da man den Integrand eines Volumenintegrals gewöhnlich als Dichte auffasst, erhält man
als Energiedichte des elektrostatischen Feldes
w=
1 ~ 2
|E | .
8π
18
1.2
1.2.1
1. Elektrostatik
Geladene Metallkörper
~
Oberflächenladungen – Unstetigkeiten im E-Feld
In Leitern können sich Ladungen frei bewegen. Ein Leiter mit der Gesamtladung 0, der
sich in einem feldfreien Raum befindet, besitzt überall die Ladungsdichte 0, da anderenfalls zwischen Gebieten verschiedener Ladungsdichte elektrische Felder entstünden, die
einen Ladungsausgleich zur Folge hätten. Bringt man jedoch einen neutralen Leiter in ein
elektrisches Feld, so werden seine Ladungen unter der Wirkung des Feldes so verschoben,
dass an der Oberfläche des Leiters Flächenladungen auftreten, die das ursprüngliche Feld
verändern. Ein statischer Zustand ist dann erreicht, wenn die Komponenten der elektrischen Feldstärke tangential zur Metalloberfläche 0 sind (dann können sich die Ladungen
im Leiter nicht mehr verschieben). Die elektrische Feldstärke steht dann überall senkrecht
auf der Oberfläche, die somit selbst zur Äquipotentialfläche wird. Man sagt, das elektrische Feld influenziert Ladungsdichte auf Leiteroberflächen und nennt dieses Phänomen
Influenz.
y
E=E ex
a
d
x
Gaußdose
Abb. 1.10: Plattenkondensator
Als einfachstes Beispiel für die Influenz von Oberflächenladungen betrachten wir einen
ebenen Plattenkondensator. Die Fläche der Platten ist a, der Abstand zwischen den Platten ist d. Auf der linken Metallplatte bringen wir mit einem geriebenen Glasstab positive
Ladungen auf. Durch das entstehende Feld werden auf der zunächst ungeladenen rechten
Platte die Leitungselektronen so verschoben, dass sie sich auf der Innenfläche der Kondensatorplatte konzentrieren. Zwischen den Innenflächen der beiden Platten entsteht so
1.2 Geladene Metallkörper
19
ein elektrisches Feld. Mit Hilfe des Gauß’schen Gesetzes können wir das Feld mit der
aufgebrachten Oberflächenladung σ = Qa in Relation bringen
ZZ
~ · ~n ds = E · a = 4 π Q ⇒ E = 4 π σ.
E
S
n
1
a’
a
n
4
n
2
E
n
3
Abb. 1.11: Zur Berechnung des Flussintegrals
Bemerkung:
ZZ
~ · ~n ds = a (E
~ · ~n4 + E
~ · ~n2 ) + a′ (E
~ · ~n1 + E
~ · ~n3 )
E
S
~ konstant ist, kann es aus dem Integral gezogen werden. E
~ ist senkrecht zu
Da E
~ nur nach rechts aus der
~n1 und ~n3 , so dass der zweite Term verschwindet. Da E
~ · ~n4 = 0 und somit
Dose fließt, ist E
ZZ
~ · ~n ds = E · a.
E
S
Da das Feld zwischen den Kondensatorplatten konstant ist, können wir auch leicht die
Potentialdifferenz (Spannung) zwischen den Platten berechnen. Wir erhalten
U ≡ | φ (d) − φ (0) | =
d
= 4πQ .
a
Z
C(0,d)
~ · d~l = E · d = 4 π σ · d
E
20
1. Elektrostatik
Die Gerätekonstante
erhält somit
1 a
4π d
≡ C bezeichnet man als die Kapazität des Kondensators und
Q=C ·U
Die Kapazität wird im SI in F arad und im Gauß-System in cm gemessen. Es gilt für die
Umrechnung 1 F arad = 9 · 1011 cm.
Kondensatoren sind wichtige Schaltelemente, die man in verschiedener Weise kombinieren
kann:
a)
b)
C1
C1
C2
C2
Abb. 1.12: Parallel- und Reihenschaltung von Kondensatoren
a) Parallelschaltung: Die Spannung an beiden Kondensatoren ist gleich, d. h. Q1 =
C1 U, Q2 = C2 U . Für die Gesamtladung erhält man dann Q = Q1 + Q2 = (C1 +
C2 ) U ≡ C · U also C = C1 + C2
b) Reihenschaltung: die Gesamtspannung setzt sich aus den Teilspannungen U1 und U2
(Die Ladungen von C1 und C2
zusammen, so dass U = U1 + U2 = Q ( C11 + C12 ) ≡ Q
C
sind durch die Reihenschaltung gleich). Daraus erhält man C1 = C11 + C12 .
Fassen wir noch einmal zusammen: Bringt man einen Leiter in ein elektrisches Feld, so
werden an seiner Oberfläche Influenzladungen erzeugt, die ihrerseits das Feld beeinflussen.
Dadurch dass diese Ladungen frei verschiebbar sind, stellt sich dann ein statisches Feld
ein, wenn die Tangentialkomponenten entlang der Leiterfläche verschwinden, das Feld
somit senkrecht auf der Leiterfläche steht. Das Feld auf beiden Seiten des Leiters ist
unterschiedlich proportional zur Dichte der Oberflächenladung.
Verallgemeinert man dieses Konzept, bringt man eine beliebige Oberflächenladung in
z
n
σ(r)
E1
E2
r
y
x
~
Abb. 1.13: Unstetigkeit des E-Feldes
bei beliebiger Oberflächenladung
1.2 Geladene Metallkörper
21
~
ein bereits bestehendes E-Feld.
Diese Oberflächenladung σ(~r) sei ortsabhängig und nicht
mehr (wie in einem Leiter) frei verschiebbar entlang der vorgegebenen Oberfläche. Nach
dem Gauß’schen Gesetz gilt dann für eine infinitesimal flache Gaußdose der Grundfläche
a
E2
a
G
E1
Abb. 1.14: Zum Nachweis der Unstetigkeit der Normalkomponente
ZZ
1
~ · ~n ds = E
~ 1 · (−~n ) + E
~ 2 · ~n
E
a
~2 − E
~ 1 ) · ~n = 4 π σ
= (E
← (σ =
Q
)
a
Das bedeutet, dass durch eine Oberflächenladung die Normalkomponente des elektrischen
Feldes unstetig wird
E2n = E1n + 4 π σ
Dagegen bleibt die Tangentialkomponente des Feldes beim Durchgang durch die Fläche
E2
dl
E 2t
E1
E 1t
E1t
Abb. 1.15: Zum Nachweis der Stetigkeit der Tangentialkomponente
~ Feld wirbelfrei ist. Man findet für eine infinitesimale Schleife
unverändert, da das E
I
~ · d~l = (E1t − E2t ) · dl ⇒ E1t = E2t
0= E
(Im Unterschied zu einem Leiter ist die verallgemeinerte Oberflächenladung nicht frei
verschiebbar, so dass eine Tangentialkomponente entlang der Oberfläche durch die Ortsabhängigkeit von σ = σ(~r ) bleibt).
22
1. Elektrostatik
Die Gegenwart von Oberflächenladungen verändert also die Eigenschaften elektrostatischer Felder. Man berücksichtigt solche Grenzflächen in Form von Randbedingungen für
die Poisson Gleichung.
1.2.2
Randbedingungen des Feldes bei endlichen Randflächen
Wir haben gesehen, wie sich die Grundgleichungen der Elektrostatik aus einigen wenigen
experimentellen Erkenntnissen ableiten lassen und konnten alle Eigenschaften elektrostatischer Felder im Vakuum in einer DGL – der Poisson Gleichung zusammenfassen
△ φ = −4 π ̺ (~r ).
Wir haben ebenfalls gesehen, dass eine spezielle Lösung der Poisson Gleichung durch
φ(~r) =
Z
V
̺ (~r ′ ) 3 ′
dr
| ~r − ~r ′ |
gegeben ist, was man durch Einsetzen leicht verifiziert
Z
1
̺ (~r ′ ) △r
d3 r ′
′|
|
~
r
−
~
r
V
Z
= −4 π
̺ (~r ′ ) δ (~r − ~r ′ ) d3 r′
△r φ(~r) =
= −4 π ̺ (~r ) .
Damit stellt sich natürlich die Frage, wie eine allgemeine Lösung der Poisson Gleichung,
insbesondere in Gegenwart von Grenzflächen, aussehen mag. Dazu betrachten wir das
Green’sche Theorem, das man als ein Spezialfall des Gauß’schen Integralsatzes für zwei
~ = φ ∇ψ − ψ ∇φ
skalare Funktionen φ, ψ und dem aus ihnen konstruierten Vektorfeld A
erhält. Aus
ZZZ
ZZ
3 ′
~ d~s
~
div A d r = A
V
S(V )
folgt dann mit
~ = ∇φ ∇ψ + φ △ψ − ∇ψ ∇φ − ψ △φ
div A
= φ △ψ − ψ △φ
ZZZ
V
3 ′
(φ △ψ − ψ △φ) d r
=
ZZ
(φ ∇ψ − ψ ∇φ) d~s.
S(V )
1.2 Geladene Metallkörper
23
Dabei bedeutet S(V ) die V umrandende Oberfläche. Definieren wir ~n als Normalenvektor
des Flächenelementes d~s, so können wir die rechte Seite entsprechend
∇ψ d~s = ∇ψ · ~n · ds =
∂ψ
ds
∂ ~n
gerade die Richtungsableitung des Skalarfeldes ψ in Richtung
umformulieren, wobei ∂ψ
∂~
n
der Flächennormalen bedeutet. Somit haben wir
ZZ ZZZ
∂ψ
∂φ
3 ′
(φ △ψ − ψ △φ) d r = φ
−ψ
ds′ .
∂ ~n
∂ ~n
V
S(V )
Was hat das alles mit Physik zu tun?
Nehmen wir an, φ sei unser gesuchtes elektrostatisches Potential und ψ ein Skalarfeld der
1
Form ψ = | ~r−~
, so findet man unter Ausnutzung der beiden DGL’n für die Skalarfelder
r ′|
△φ = −4 π ̺ ,
△ψ = −4 π δ (~r − ~r ′ )
4π
′
̺ (~r )
| ~r − ~r ′ |
V
ZZ 1
∂
1
∂φ
′
ds′ .
−
φ(~r )
∂ ~n ′ | ~r − ~r ′ | | ~r − ~r ′ | ∂ ~n ′
ZZZ −4 π φ(~r ′ ) δ(~r − ~r ′ ) +
;
=
S(V )
Unter der Voraussetzung, dass der Beobachtungspunkt ~r im Volumen V liegt, in dem
auch die Raumladungsverteilung ̺(~r ′ ) angenommen wird, ergibt sich
ZZZ
ZZ ̺ (~r ′ ) 3 ′
∂
1
1
1
∂φ
φ(~r ) =
ds′
dr −
−
φ
′
′
′
′
′
| ~r − ~r |
4π
∂ ~n | ~r − ~r | | ~r − ~r | ∂ ~n
V
S(V )
Offenbar ist unsere im vorigen Kapitel behandelte Lösung tatsächlich ein Spezialfall dieser
allgemeinen Lösung, nämlich für den Fall einer ins Unendliche verschobenen Oberfläche
1
S(V ). Unter der Voraussetzung, dass das Feld schneller als | ~r−~
abfällt gilt dann
r ′|
ZZ
ZZZ
̺ (~r ′ ) 3 ′
{. . .} = 0 ⇒ φ(~r ) =
d r.
| ~r − ~r ′ |
∞
V
Das Volumenintegral enthält die Informationen über die felderzeugenden Raumladungen,
während das Oberflächenintegral sämtliche Randbedingungen (Potential φ, bzw. Feld ∂∂~nφ′
auf der V begrenzenden Oberfläche S) berücksichtigt. In diesem Sinne ist φ (~r ) eine allgemeine Lösung der Poisson Gleichung. Man kann zeigen, dass nur eine der möglichen
Typen von Randbedingungen
φ = φ (~r )~r ∈S
∂ φ (~
r )
∂~
n
~
r ∈S
Dirichlet’sches Randwertproblem
Neumann’sches Randwertproblem
erforderlich ist, um eine spezielle Lösung eindeutig festzulegen.
24
1. Elektrostatik
1.2.3
Green’sche Funktionen
Man definiert eine Klasse von Funktionen G(~r, ~r ′ ) über die DGL
△G (~r, ~r ′ ) = −4 π δ(~r − ~r ′ ) .
1
G (~r, ~r ′ ) heißt Green’sche Funktion. Offenbar ist das Potential einer Punktladung | ~r−~
r ′|
eine spezielle Green Funktion, denn es erfüllt die DGL. Eine allgemeine Form der Green
Funktion erhält man durch den Ansatz
1
+ F (~r, ~r ′ )
G(~r, ~r ′ ) =
| ~r − ~r ′ |
△F (~r, ~r ′ ) = 0 , in V
→ Damit beschreibt G (~r, ~r ′ ) das elektrostatische Potential einer Punktladung im Volumen V (Beobachtungspunkt ~r ) und einer das Potential F erzeugenden Ladungsverteilung außerhalb von V .
1
Wir können für unsere allgemeine Lösung φ (~r ) anstatt | ~r−~
die allgemeinere Form
r ′|
′
G (~r, ~r ) in das Green’sche Theorem einsetzen, also
ZZ ZZZ
r, ~r ′ )
r ′)
1
′ ∂ G (~
′ ∂ φ (~
′
′
3 ′
ds′
− G (~r ~r )
φ (~r )
̺ (~r ) G (~r, ~r ) d r −
φ (~r) =
′
′
4π
∂ ~n
∂ ~n
V
S(V )
• Dirichlet’sche Randbedingungen realisiert man durch die Forderung
GD (~r, ~r )
′
= 0
ZZ
ZZZ
∂ GD (~r, ~r ′ ) ′
1
′
′
3 ′
ds
φ (~r ′ )
֒→ φ (~r ) =
̺ (~r ) GD (~r, ~r ) d r −
4π
∂ ~n ′
~
r ′ ∈S
V
S(V )
weil für diese Wahl der Green Funktion die Randbedingung durch Vorgabe des Potentials
auf der Oberfläche festgelegt wird.
• Neumann’sche Randbedingungen werden realisiert durch
∂ GN (~r, ~r ′ )
4π
=−
′
∂ ~n
<S>
,
<S>
ist die Größe der Randfläche
Diese Wahl ist konsistent mit dem Gauß’schen Integralsatz
ZZZ
V
3 ′
div (−∇G ) d r
ZZ
ZZ
∂G
= − ∇G d~s = − ds
∂ ~n
S(V )
=
4π
<S>
S(V )
ZZ
ds = 4 π
S(V )
1.2 Geladene Metallkörper
; φ (~r )
=
ZZZ
V
25
ZZ 4π
1
r ′)
′
′ ∂ φ (~
−
ds
φ (~r ) −GN (~r, ~r )
̺ (~r )GN (~r, ~r ) d r −
4π
S
∂ ~n ′
S(V )
|
{z
}
′
′
3 ′
(∗)
(∗) < φ >← Konstante: über die Randfläche gemitteltes Potential
GN erfordert die Angabe der Normalkomponente des Feldes auf der Oberfläche S. Dies
ist äquivalent zur Angabe der Oberflächenladungsdichte σ(~r )|~r ∈ S .
Wozu ist das gut?
(i) Wir haben nun eine formale Lösung der Poisson Gleichung unter Einbeziehung der
Randbedingungen
(ii) In der Darstellung von G(~r, ~r ′ ) wurde F (~r, ~r ′ ) als das Potential derjenigen Ladungsverteilung außerhalb von V interpretiert, die zusammen mit einer Punktladung innerhalb von V das Potential G(~r, ~r ′ ) erzeugt. Um nur die Green Funktion eines
Problems zu bestimmen, mussten wir F (~r ~r ′ ) so einrichten, dass die Randbedin′
4π
gung GD (~r, ~r ′ )|~r ′ ∈ S = 0 bzw. ∂ G∂N~n(~r′,~r ) |~r ′ ∈ S = − <S>
erfüllt werden.
Wir erzeugen also außerhalb des von uns betrachteten Volumens eine künstliche
Ladungsverteilung (Spiegelladung), die Potential bzw. Feld der Punktladung im Inneren des Volumens auf der Randfläche S (V ) kompensiert. G(~r, ~r ′ ) enthält also die
Geometrie des speziellen Problems, vorgegeben durch die Symmetrien der Randflächen.
(iii) G(~r, ~r ′ ) ist für eine vorgegebene Geometrie der Randfläche universell und unabhängig
von der speziellen Ladungsverteilung im Inneren von V .
1.2.4
Green Funktionen und die Methode der Spiegelladungen
Wir stehen also vor folgender Aufgabenstellung: die allgemeine Lösung der Poisson Gleichung.
△ φ = −4 π ̺
für Dirichlet’sche Randbedingungen (also Vorgaben des Potentials auf endlichen Randflächen) ist
φ(~r ) =
Z
ZZ
1
∂ GD (~r ~r ′ ) ′
̺ (~r ) GD (~r ~r ) d r −
ds .
φ (~r ′ )
4π
∂ ~n ′
′
V
′
3 ′
S(V )
Das Oberflächenintegral gewinnt für den Fall endlicher Grenzflächen eine entscheidende
Bedeutung: Gibt es z. B. keine Raumladungen ̺ (~r ), sondern nur ein auf einer Oberfläche
vorgegebenes Potential, so ist die Lösung der Laplacegleichung in V
26
1. Elektrostatik
△φ = 0
ZZ
1
∂ GD (~r, ~r ′ ) ′
ds
φ (~r ) = −
φ (~r ′ )
4π
∂ ~n ′
S(V )
vollständig durch das Oberflächenintegral gegeben.
Wir hatten erwähnt, dass man in die spezielle Form der Green Funktion die Geometrie
(Randbedingungen) des Randwertproblems verpackt. Zur Berechnung von Green Funktionen bieten sich prinzipiell zwei Wege an: die direkte Lösung der DGL
△G (~r, ~r ′ ) = −4 π δ (~r − ~r ′ )
oder bei einfachen Geometrien die Methode der Spiegelladung. Die GF
G (~r, ~r ′ ) =
1
+ F (~r, ~r ′ )
′
| ~r − ~r |
ist das Potential einer Einheitspunktladung im Volumen V überlagert mit dem (fiktiven)
Potential F einer Ladungsverteilung außerhalb von V , so dass sich die (Dirichlet’sche)
Randbedingung
′ GD (~r, ~r )
= 0
~
r ∈ S(V )
auf der das Volumen V begrenzenden Oberfläche S erfüllen lässt. D. h. die Berechnungen von Greens Funktionen lassen sich reduzieren auf das Problem einer Punktladung in
Gegenwart einer leitenden Oberfläche.
Beispiel: GF einer leitenden Kugel mit Radius R
z
r
(>
r’
y
x
Abb. 1.16: Geometrie
~r ′ ist der Positionsvektor der Einheitsladung, ~r die Position des Beobachters. Die gezeichnete Geometrie entspricht einem Volumen V außerhalb der Kugel. Damit muss das
1.2 Geladene Metallkörper
27
Korrekturpotential F (~r, ~r ′ ), das die Randbedingungen GD (~r, ~r ′ ) = 0 garantiert, von einer
Ladungsverteilung innerhalb der Kugel erzeugt werden. Natürlich ist diese Ladungsverteilung auch von der Position der Punktladung ~r ′ abhängig. Aus Symmetriegründen wird
man die Spiegelladung auf dem Radiusvektor ~r erwarten. Wir setzen an
GD (~r, ~r ′ ) =
1
q̃
+
,
′
| r~er − r ~er′ | | r~er − r̃~er′ |
wobei q̃, r̃ Ladung bzw. Position der Spiegelladung bedeuten. Die Randbedingung erfordert
q̃
1
~ ~r ′ ) =
=0
+
GD (R,
R
r′ | r′ ~er − ~er′ | R | ~er − Rr̃ ~er′ |
Dabei wurde so ausgeklammert, dass man beide Abstände entwickeln kann
(vergl. wieder S. 12)(~er · ~er′ = cos α):
~ ~r ′ ) =
GD (R,
∞
X
Pl (cos α)
l=0
Rl
r̃l
+
q̃
r′l+1
Rl+1
=0
1
q̃
R
=−
֒→ q̃ = − ′ .
′
r
R
r
l
l
r̃
r̃l
R
=
−q̃
=
l=
6 0 :
r′l+1
Rl+1
r ′ Rl
l l
R2
r̃
R
; r̃ = ′ .
=
;
r′
R
r
⇒ l=0
:
Anhand des Ergebnisses sieht man, warum es sich bei q̃ um eine Spiegelladung handelt:
Nähert sich die Punktladung einer Kugeloberfläche, so nähert sich auch die Spiegelladung
der Oberfläche
r′ → R
r̃ → R
q̃ → −1
′
r →∞
r̃ → 0
q̃ → 0
Eine unendlich entfernte Punktladung hat das Bild q̃ = 0 im Zentrum der Kugel. Somit
hat man
1
R
.
GD (~r, ~r ′ ) =
−
2
′
′
| ~r − ~r | r | ~r − R
· ~r ′ |
r ′2
Wir können nun überprüfen, dass GD eine Lösung von △GD = −4 π δ (~r − ~r ′ ) zur Rand~ ~r ′ ) = 0 ist. Dazu berechnen wir
bedingung GD (R,
△GD (~r, ~r ′ ) = −4 π δ (~r − ~r ′ ) +
Da wir angenommen haben, dass r, r′ > R, ist
R
r′
4πR
R2 ′
δ(~
r
−
· ~r )
r′
r′2
<1
R2 ′ R2
· ~r = ′ · ~er′ = R ·
r′2
r
R
· ~er′
r′
28
1. Elektrostatik
ein Vektor innerhalb der Kugel und somit für alle Punkte ~r außerhalb der Kugel δ ~r −
0.
; △GD (~r, ~r ′ ) = −4 π δ(~r − ~r ′ ) ,
d.h. F (~r, ~r ′ ) = −
R
2 ′
r |
r′ | ~
r − R′2 ~
R2
r ′2
· ~r ′ =
erfüllt die Laplace Gleichung ∆F = 0. Ferner erfüllt GD die
r
Randbedingung, denn es gilt mit
− 21
r2 r′2
2
′
GD (~r, ~r ) = r + r − 2 r r cos α
+ R − 2 r r cos α
−
R2
1
1 ~ ~r ′ ) = R2 + r′2 − 2 R r′ cos α − 2 − r′2 + R2 − 2 R r′ cos α − 2 = 0 .
GD (R,
′
2
′2
− 21
′
Für das Oberflächenintegral benötigen wir noch die Richtungsableitung der Green Funktion auf der Kugeloberfläche entlang der Normalen zur Oberfläche. ~n ′ ist der Vektor, der
senkrecht auf der begrenzenden Oberfläche steht und vom betrachteten Volumen nach
außen zeigt. Somit ist ~n ′ = −~er′ und man erhält
∂ GD (~r ~r ′ ) ∂ GD (~r ~r ′ ) r 2 − R2
=
=
−
3
∂ ~n ′ r′ =R
∂ ~er′ r′ =R
R [r2 + R2 − 2 R r cos α] 2
′
= −∇r′ GD (~r, ~r ) · ~er′ = −∂r′ GD (~r, ~r ′ ) .
(∗)
′
r =R
(∗) : ∇r′ in Kugelkoordinaten
Somit erhält man für das Potential einer beliebigen Ladungsverteilung außerhalb einer
leitenden Kugel mit dem Potential φ0 (R, Ω) (ds′ = R2 dΩ′ = R2 sin ϑ′ dϑ′ dϕ′ )
φ (~r ) =
Z
̺ (~r ′ )
V
1
+
4π
ZZ
(
R
1
−
2
′
′
| ~r − ~r | r | ~r − R
· ~r ′ |
r ′2
φ0 (R Ω′ )
)
d3 r ′
R (r2 − R2 ) ′
dΩ .
~ |3
| ~r − R
Für das Potential innerhalb einer leitenden Kugel werden die Rollen von Außen- und
Innenraum vertauscht (Raumladung innerhalb der Kugel, etc. . . . – Wie sieht das Potential
innerhalb der leitenden Kugel aus, wenn sich die Raumladung außerhalb befindet?).
1.2.5
Die Laplace Gleichung
Haben wir keine Raumladung, so wird das Potential ausschließlich durch die Randbedingungen für die Laplace Gleichung △φ = 0 bestimmt. Für das Potential der leitenden
Kugel erhält man aus der allgemeinen Lösung sofort
ZZ
R (r2 − R2 ) ′
1
dΩ
φ0 (R Ω′ )
φ (~r ) =
~ |3
4π
| ~r − R
1.2 Geladene Metallkörper
29
Wegen der Leitfähigkeit der Kugel ist φ0 natürlich konstant, so dass
ZZ
2
− 3
φ0 R (r2 − R2 )
r + R2 − 2 r R cos α′ 2 dΩ′ .
φ (~r ) =
4π
Die Integration über die Oberfläche der Kugel ist über alle alle Orientierungen von R zu
nehmen: cos α′ hängt also von Ω′ ab. Analog zu Seite 12 entwickeln wir die Abstandsfunktion, nachdem wir zuvor r2 + R2 ausgeklammert haben. Mit |x| < 1 und
1
erhalten wir
(1 − x)
a=
rR
,
r 2 +R2
b
φ0
φ (~r ) =
4π
Z
=1+
3
2
b=
3·5 2 3·5·7 3
3
x+
x +
x + ...
2
2·4
2·4·6
R (r 2 −R2 )
3
(r 2 +R2 ) 2
2π
dϕ
′
Z
′
′
′
′
′
, dΩ = sin ϑ dϑ dϕ ≡ d(cos ϑ ) dϕ
1
′
1
d (cos ϑ′ )
3
(1 − 2 a cos α) 2
Z 2π
b
15 2
′
2
′
=
φ0
dϕ
a cos α + . . .
d (cos ϑ ) 1 + 3 a cos α +
4π
2
0
−1
0
−1
Z 1
~ bezüglich der Kugelwinkel (ϑ′ ϕ′ ) ausgedrückt werden
Da der Winkel zwischen ~r und R
kann (vergl. Seite 13)
cos α = sin ϑ sin ϑ′ cos(ϕ − ϕ′ ) + cos ϑ cos ϑ′ ,
erhält man für die Terme niedrigster Ordnung
Z 2π
Z 1
b
′
′
∼
sin ϑ sin ϑ′ d(cos ϑ′ )
φ(~r) =
φ0 2 π · 2 + 3 a
cos (ϕ − ϕ ) dϕ
{z
} −1
|
4π
0
=0
Z 2π
Z 1
15 2
2
′
′
cos2 (ϕ − ϕ′ ) dϕ′ ×
a sin ϑ
cos ϑ cos ϑ d(cos ϑ ) +
+2 π
|
{z
}
2
0
−1
=0
Z 1
Z 1
′
2 ′
′
2 ′
cos ϑ d (cos ϑ )
1 − cos ϑ d (cos ϑ ) + cos ϑ 2 π
−1
−1
b
2
2
15 2
2
2
=
+ cos ϑ 2 π
φ0 4 π + 0 +
a sin ϑ π 2 −
4π
2
3
3
5 r 2 R2
5
R (r2 − R2 )
1+
= b φ 0 1 + a2 = φ 0
.
3
2
2 (r2 + R2 )2
(r2 + R2 ) 2
Z 2π
cos(ϕ − ϕ′ ) dϕ′ ≡ 0
(∗) : der Mischterm verschwindet, weil
0
Man sieht: das Potential ist radialsymmetrisch, unterscheidet sich jedoch in seiner rAbhängigkeit vom Potential einer homogen geladenen Kugel (φ = Qr , r > R vergl. Seite
15).
30
1. Elektrostatik
• Separationsansatz
Für Systeme mit einfacher Geometrie ist häufig auch eine direkte Lösung der Laplace
Gleichung möglich. Lässt sich die Randbedingung in einer der folgenden elementaren Symmetrien formulieren, so kann man die Laplace Gleichung separieren und in unabhängige
gewöhnliche DGL’n umformen
Symmetrie
Darstellung von △
Kartesische (x, y, z)
△=
∂2
∂ x2
Zylinder (̺, ϕ, z)
△=
1 ∂
̺ ∂̺
Kugel (r, ϑ, ϕ)
△=
+
∂2
∂ y2
+
∂2
∂ z2
(̺ ∂∂̺ ) +
1 ∂
(r2 ∂∂r )
r2 ∂ r
2
1
+ r2 sin2 ϑ ∂∂ϕ2
Ansatz
1 ∂2
̺ 2 ∂ ϕ2
+
φ (~r ) = X(x) Y (y) Z(z)
+
∂2
∂ z2
φ (~r ) = R(̺) Q(ϕ) Z(z)
1
∂
(sin ϑ ∂∂ϑ )
r 2 sin ϑ ∂ ϑ
φ (~r ) =
U (r)
r
P (ϑ) Q(ϕ)
Die verbleibenden gewöhnlichen DGL’n lassen sich in der Regel durch Orthogonale Polynome (spezielle Funktionen der Theoretischen Physik) lösen.
z
c
U
C
y
a
b
x
Abb. 1.17: Potential im Innenraum eines Quaders
Um den Lösungsweg an einem Beispiel zu erläutern, berechnen wir das Potential im
Inneren eines Quaders mit den Abmessungen a b c in x y z Richtung. Alle Oberflächen des
Quaders sind geerdet. Zwischen den Flächen parallel zur xy-Ebene liegt eine Spannung
Uc an. Somit gilt für die Randbedingungen
φ (0 y z) = φ (a y z) = φ (x 0 z) = φ (x b z) = φ (x y 0) = 0
φ (x y c) = Uc
1.2 Geladene Metallkörper
31
Wegen der Symmetrie der Randbedingungen lösen wir die Laplace Gleichung in kartesischen Koordinaten
∂ 2φ
∂ 2φ
∂ 2φ
+
+
=0
△φ =
∂ x2 ∂ y 2 ∂ z 2
• Ansatz zur Lösung der Laplace Gleichung
φ (~r ) = φx (x) φy (y) φz (z)
• Einsetzen und Division durch φ liefert
1 ∂ 2 φx
1 ∂ 2 φy
1 ∂ 2 φz
+
+
=0
φ x ∂ x2
φy ∂ y 2
φz ∂ z 2
• Separation: damit diese Gleichung für alle x y z erfüllt ist, muss jeder Term für sich
konstant sein und die Summe der Konstanten verschwinden
;
1 d 2 φx
= −α2 ;
φx dx2
→
1 d 2 φy
= −β 2 ;
φy dy 2
−α2 − β 2 + γ 2 = 0
⇒
1 d 2 φz
= γ2
φz dz 2
γ 2 = α2 + β 2 .
• Die Lösungen der drei gewöhnlichen DGL’n sind (überprüfen durch Einsetzen)
φx (x) = A sin αx + B cos αx
φy (y) = C sin βy + D cos βy
φz (z) = E sinh γz + F cosh γz
• Der Produktansatz ist nur eine spezielle Lösung der Laplace Gleichung. Um eine
allgemeine Lösung zu erhalten, müssen wir über alle Partikulärlösungen summieren
φym (y)
φxn (x)
}|
{ z
}|
{
Xz
(An sin αn x + Bn cos αn x) · (Cm sin βm y + Dm cos βm y)
φ (~r ) =
n,m
· Enm sinh γnm z + Fnm cosh γnm z)
|
{z
}
φzmn (z)
Dabei haben wir ausgenutzt, dass wir ein Produkt aus 3 Reihen in ein Produkt aus
2 Reihen mit den Koeffizienten Enm , Fnm zusammenfassen können. Alle Konstanten
müssen jetzt über die Randbedingungen festgelegt werden.
32
1. Elektrostatik
• Randbedingungen:
φ (0 y z) =
X
Bn φym (y) φzmn (z) = 0
nm
φ (a y z) =
X
⇒
Bn = 0
An sin αn a φym (y) φzmn (z) = 0
nm
(∗) :
⇒
αn =
nπ
(∗)
a
An 6= 0 sonst erhält man die triviale Lösung φ = 0
Analog erhält man aus den anderen Bedingungen
Dm = 0,
Fnm = 0,
mπ
βm =
b
⇒
γnm
1
n 2 m 2 2
=π
+
a
b
֒→ Bisher mit anm ≡ An Cm Enm :
φ (~r ) =
X
nm
anm
" #
n 2 m 2 12
nπx
mπy
sin
sin
sinh π
+
z
a
b
a
b
• Bestimmung von anm aus φ (x y c) = Uc
Uc =
X
nm
anm
mπy
nπx
sin
sinh γnm c
sin
a
b
Z
n′ π x
dx
sin
a
Z
sin
m′ π y
dy
b
Unter Ausnutzung der Orthogonalitätsrelation
Z a
nπx
n′ π x
a
sin
sin
dx = δnn′
a
a
2
0
16
Uc
, n′ , m′ ungerade!
′
′
n m sinh γn′ m′ · c
Somit sieht das Potential im Inneren des Quaders wie folgt aus
֒→ an′ m′ =
φ (~r ) =
π2
1
(2 n + 1) π x
(2 m + 1) π y sinh γnm z
16 Uc X
sin
sin
·
2
π nm (2 n + 1)(2 m + 1)
a
b
sinh γnm c
"
2 2 # 12
2n + 1
2m + 1
γnm = π
+
a
b
• Numerische Lösungsverfahren
Zuletzt möchte ich Ihnen andeuten, wie man die Laplace Gleichung numerisch löst. Das
Verfahren geht von einer äquidistanten Diskretisierung des Raumes aus. Am Beispiel einer elektrostatischen Rohrlinse (Fokusierelement für Elektronenstrahlen) sieht man wie
die Laplace Gleichung ausgehend von den Randbedingungen iterativ auf dem Gitter gelöst
wird.
1.2 Geladene Metallkörper
33
F1
F2
R1
R2
2r
0
− 1000 V
+ 1000 V
2d
Abb. 1.18: Geometrie einer elektrostatischen Linse
(I) Aufgabenstellung
Eine einfache elektrische Linse kann man entsprechend der untenstehenden Abbildung
konstruieren, indem man das Führungsrohr, in dem der Elektronenstrahl verläuft, an
einer Stelle durch zwei Flansche unterbricht. Zwischen den beiden Flanschen liegt eine
Spannung von 2000V (+1000V an F2 , −1000V an F1 ). Wir wollen annehmen, dass sich
die Metallstruktur in einem idealen Vakuum befindet, so dass sich das Potential im Rohr
und zwischen den Flanschen mit Hilfe der Laplacegleichung
△φ = 0
berechnen lässt.
Die Lösung ist eindeutig, wenn wir das Potential auf den Randflächen des Integrationsz
V = 1000 _
d
+1000
−1000
2d
V = − 1000 V
V = + 1000 V
2r
0
Abb. 1.19: Randbedingungen
volumens kennen. Dazu stellen wir uns vor, dass wir die Rohrenden in genügend weitem
34
1. Elektrostatik
Abstand von den Flächen mit Metalldeckeln verschließen, ohne dass wir dadurch den
Potentialverlauf stören würden. Um das Integrationsvolumen auch an den Flanschen zu
schließen, montieren wir einen Isolatorring zwischen den Flanschen in einem Abstand von
der Rohrachse, in dem zwischen den Flanschen nur noch das homogene Feld eines Plattenkondensators anliegt. D. h. zwischen den Platten ändert sich das Potential linear in z.
Symmetrien
Zunächst sieht man, dass das Problem zylindersymmetrisch ist und somit nur von den
_0
z>
ϕ=0
>
_0
r
0
ϕ=0
z
ϕ =180
d
Abb. 1.20: Symmetrien
zwei Zylinderkoordinaten ̺ und z abhängt. D. h. wir beschränken uns auf das Lösungsgebiet ϕ = 0. Außerdem ist das Potential antisymmetrisch bezüglich der Ebene z = 0
φ (z, ̺) = −φ (−z, ̺) ,
so dass wir uns zusätzlich auf den Bereich z ≥ 0 beschränken können. Die Laplace Gleichung hat dann die Form
2
∂
1 ∂
∂2
z≥0
△φ =
φ (z, ̺) = 0
+
+
2
2
̺
≥0
∂z
̺ ∂̺ ∂̺
(II) Numerisches Lösungsverfahren
a)Diskretisierung
Zunächst diskretisieren wir die Laplace Gleichung in ̺ und z
zi = i h, ̺k = k h, φik = φ (zi , ̺k )
1.2 Geladene Metallkörper
35
und ersetzen 1. und 2. Ableitungen durch die entsprechenden Dreipunkt-Formeln
f (x + h) − f (x − h)
+ 0 [ h2 ]
2h
f (x + h) + f (x − h) − 2 f (x)
+ 0 [ h2 ].
f ′′ (x) =
h2
f ′ (x) =
Damit erhalten wir im Inneren des Integrationsbereichs ̺ > 0)
△φ =
=
∂2
∂2
1 ∂
+
+
2
2
∂z
∂̺
̺ ∂̺
φ (z, ̺)
1
(φ (z, ̺ + h) + φ (z, ̺ − h) + φ (z + h, ̺) + φ (z − h, ̺)
h2
1 1
2
−4 φ (z, ̺) +
(φ (z, ̺ + h) − φ (z, ̺ − h)) + 0 [ h ] = 0 · h2
̺ 2h
bzw. in Gitterpunktschreibweise (für k > 0)
(i) (φi,k+1 + φi,k−1 + φi+1,k + φi−1,k − 4 φi,k ) +
1
(φi,k+1 − φi,k−1 ) = 0
2k
Auf der Symmetrieachse k = 0 gilt diese Rekursionsformel nicht (da der Term ̺1 ∂̺ divergiert). Für diesen Fall betrachten wir uns die Laplace Gleichung in kartesischen Koordinaten und erhalten für die mit der Dreipunkt-Formel diskretisierte Form
△φ (x y z) =
(ii)
1
φ (x + h, y, z) + φ (x − h, y, z) + φ (x, y + h, z)
h2
+ φ (x, y − h, z) + φ (x, y, z + h) + φ (x, y, z − h)
− 6 φ (x y z) + 0 [ h2 ]
; △φ (x = 0, y = 0, z) = 0 → 4 φi,1 + φi+1,0 + φi−1,0 − 6 φi,0 = 0
b)Relaxationsverfahren
Die Gleichungssysteme (i) und (ii) sind nun zu lösen für alle Gitterpunkte (i, k). Zunächst
sehen wir, dass nur jeweils 3 benachbarte Gitterebenen (für i = const bzw. k = const)
gekoppelt sind. Das liegt an der Verwendung der Dreipunkt-Formeln. Bei Diskretisierungen höherer Ordnung füllt sich die Matrix entsprechend. Es wird also die Lösung eines
Gleichungssystems mit Tridiagonalstruktur erfordern, um das Potential an allen Gitterpunkten (i, k) zu bestimmen. Wir wollen das Gleichungssystem (i) und (ii) mit Hilfe des
Iterationsverfahrens lösen
(1) Vorgabe von φik im Innenbereich es Gitters (z. B. φik = const)
36
1. Elektrostatik
(2) Berechnung des Potentials an den Stellen (i, k) aus den Potentialwerten der benachbarten Punkte mit Hilfe von (i) und (ii)
φ =







1
4
(φi,k+1 + φi,k−1 + φi+1,k + φi−1,k )+ i ∈ (0, imax )
+ 81k (φi,k+1 − φi,k−1 ), k ∈ (0, kmax )
1
(φi+1,k + φi−1,k + 4φi,k+1 , i ∈ (0, imax )
6
k=0
mit den Randwerten


0, i = 0
1000,i[m,imax ],k=n
1000, i = imax , k ≤ n; 1000,i=m,k[n,k
φ =
max ]

1000 mi , k = kmax ; m = hd dimensionsloser Flanschabstand
Man beachte, dass durch die Randbedingungen φ 6= φik , obwohl wir in 0. Näherung
φik = const setzen.
W
Würden wir nur für jeden Punkt φik durch φ ersetzen, d.h. φik = φ i,k so hätten
U
d
m= _
h
U max
φ = 1000 _i
m
φ= 0
φ = 1000
r
n = _0
h
i max
i
Abb. 1.21: Punktgitter
wir ein einfaches Iterationsverfahren (Gauß Seidel Verfahren). Die Zahl der Iterationen, die man benötigt, um eine bestimmte Genauigkeit zu erzielen ist proportional zur Zahl der Gitterpunkte (imax · kmax ). Diese Konvergenzgeschwindigkeit ist
sehr klein und das Verfahren i. a. deshalb inpraktikabel. Jedoch schon eine kleine
Modifikation in der Konstruktionsvorschrift erhöht die Konvergenzgeschwindigkeit
beträchtlich. Schreiben wir für
alt
alt
(iii) φneu
ik = φik + ω (φ − φik ),
ω ∈ [1, 2],
so ist die Zahl der Iterationen bei optimaler Wahl von ω und gleicher Genauigkeitsschranke wie oben proportional zu max{imax , kmax }. Man nennt das durch (iii)
1.2 Geladene Metallkörper
37
definierte Iterationsschema sukzessive Überrelaxation für ω > 1. Man kann zeigen,
dass für ω ≥ 2 das Verfahren instabil wird. Für ω = 1 haben wir wieder das G-S
Verfahren.
(3) Im letzten Schritt überprüfen wir, ob die neuen Potentialwerte bereits eine vorgegebene Genauigkeitsschranke erreicht haben
_
alt
−7
| φneu
(iv)
ik − φik | < ∈ . (z. B. : ∈= 10 φmax )
i,k
Falls nicht, werden die Schritte (2) und (3) so lange wiederholt, bis (iv) erfüllt ist.
1.2.6
Zusammenfassung und Lösungsmuster
Wir haben nun eine Vielzahl von Methoden kennen gelernt, elektrostatische Felder im
Vakuum zu berechnen. Ich möchte zum Abschluss die Lösungsmuster im Zusammenhang
gegenüberstellen:
(i) Das Feld eines Systems von Punktladungen:
~ r) =
E(~
N
X
j=1
qj
~r − r~j
2
| ~r − r~j | | ~r − r~j |
(ii) Keine Raumladungen im betracheten Volumen vorhanden:
Lösung der Laplace Gleichung △φ = 0 in Koordinaten, die der Geometrie der Randbedingungen angepasst sind (d.h. Koordinaten, in denen sich die Randbedingungen am
einfachsten formulieren lassen)
Lösungsschritte:
• Separationsansatz
• Fundamentalsystem der resultierenden gewöhnlichen DGL’n (i. a. Spezielle Funktionen)
• Fundamentalsystem der Laplace Gleichung (allgemeine Lösung)
• Bestimmung der Koeffizienten durch Einsetzen der Randbedingungen
(iii) Raumladungen vorhanden:
a) Keine endlichen Grenzflächen im Volumen:
Allgemeine Lösung der Poisson Gleichung △φ = −4 π ̺
Z
̺ (~r ′ ) 3 ′
φ (~r ) =
dr
| ~r − ~r ′ |
1
Berechnung des Integrals in Multipolentwicklung, d. h. Entwicklung von | ~r−~
in
r ′|
der Symmetrie der Ladungsverteilung ̺ (~r ) angepassten Koordinaten → führt i. a.
auf Spezielle Funktionen
38
1. Elektrostatik
b) Endliche Grenzflächen im Volumen:
Allgemeine Lösung mit Hilfe von Green Funktionen entsprechend Dirichlet’schen
oder Neumann’schen Randbedingungen:
(1) Dirichlet’sche R. B.: Vorgabe des Potentials auf der Randfläche (φ0 (~r )|~r ∈ S )
φ(~r ) =
GD (~r, ~r ′ ) =
Z
ZZ
1
∂ GD (~r r′ ) ′
̺ (~r ) GD (~r, r ) d r −
ds
φ0 (~r ′ )
4π
∂ ~n′
′
V
′
3 ′
S(V )
1
+ F (~r, ~r ′ ) und △r′ F (~r, ~r ′ ) = 0 und
| ~r − ~r ′ |
Randbedingung GD (~r, ~r ′ )|~r ′ ∈ S = 0.
Typische Randbedingungen für leitende Oberflächen: in diesem Fall ist φ0 i. a. konstant und kann vor das Oberflächenintegral gezogen werden!
(2) Neumann’sche R. B.: Vorgabe der Normalkomponente des Feldes ∂∂~nφ′ |~r ′ ∈ S auf
der Randfläche. Nach dem Gauß’schen Gesetz ist dies äquivalent zur Vorgabe der
Oberflächenladung σ(~r ′ )|~r ′ ∈ S .
ZZ
Z
r ′) ′
1
′ ∂ φ (~
′
′
3 ′
GN (~r, ~r )
ds + < φ >S
φ (~r ) =
̺ (~r ) GN (~r, ~r ) d r +
4π
∂ ~n ′
V
S(V )
GN (~r, ~r ′ ) =
1
+ F (~r, ~r ′ ) und △r′ F (~r ~r ′ ) = 0
| ~r − ~r ′ |
∂ GN (~r, ~r ′ ) 4π
und Randbedingung
=−
′
∂ ~n
<S>
~
r ′∈ S
< S >: Größe der Randfläche
< φ >S : über die Randfläche gemitteltes Potential
1.3
1.3.1
Dielektrika
Polarisation von Medien
Zu Beginn der Diskussion der elektrischen Felder hatten wir gesehen, wie man durch
geeignete Mittelung über mikroskopische Eigenschaften von Atomen oder Molekülen makroskopische Ladungsverteilungen erhält, die ein elektrostatisches Potential bewirken. Dabei sind wir davon ausgegangen, dass die Ladungsverteilung von freien Ladungsträgern
herrühren, und das Feld im Vakuum wirkt. (Metallische) Randflächen konnten in diesem
Rahmen als Randbedingungen behandelt werden, entweder durch die Vorgabe von Oberflächenladungen oder durch Potentiale.
Die Situation ändert sich jedoch, wenn man sich für das Verhalten elektrischer Felder in
ausgedehnten Medien (Isolatoren) interessiert. In diesem Fall muss man die Rückwirkung
1.3 Dielektrika
39
P=0
E
P =/ 0
Abb. 1.22: Medien mit permanentem molekularen Dipolmoment. a) Die statistische Überlagerung der molekularen Dipole führt im feldfreien Raum zu einem makroskopisch verschwindendem Dipolfeld. b) Wird ein äußeres Feld eingeschaltet, so orientieren sich die
molekularen Dipole im Feld so, dass sie ein Gegenfeld aufbauen.
(Antwort, Response) des Mediums auf das äußere Feld berücksichtigen.
Stellen wir uns die Moleküle eines Mediums als kleine Dipole vor (in guter Näherung sind
höhere Multipolmomente von Molekülen unbedeutend), so wird die Polarisation des feldfreien Mediums wegen der statistischen Orientierung der Moleküle verschwinden. Legen
wir dagegen ein äußeres Feld an, werden sich die negativen elektronischen Ladungswolken
entsprechend dem Feld orientieren (die positiven Atomrümpfe (Kerne + Rumpfelektronen) bleiben im Festkörperverband stationär), so dass sich in unserem Bild die mikroskopischen Dipolmomente zu einem makroskopischen Dipolmoment addieren. In kovalenten
Verbindungen besitzen die Moleküle kein permanentes Dipolmoment. In diesem Fall wird
das äußere Feld nicht zur Orientierung, sondern zur Erzeugung der molekularen Polarisation benötigt. Wie das Bild andeutet, wird eine Polarisation des Mediums ein Gegenfeld
erzeugen, welches das eingeprägte Feld schwächt.
Natürlich ist die Polarisation P~ eines Mediums i. a. nicht konstant. Sie hängt von der Art
der Moleküle ab. Deshalb definieren wir
P~ (~r ) =
X
Nα < d~α >,
α
wobei < d~α > das mittlere Dipolmoment der Molekülart α bedeutet und Nα die Zahl der
Moleküle α pro Volumeneinheit.
Das Volumen τ , über das gemittelt wird, befindet sich am Ort ~r
40
1. Elektrostatik
z
dα
1
τ
r
rα
1
dα
rα
2
2
y
x
Abb. 1.23: Zur Definition der makroskopischen Dipoldichte.
1
< d~α > =
τ
Z
d~α (~rα ) =
Z
d~α (~rα ) d3 rα
τ
VM olekuele
̺ (~r ′ ) · ~r ′ d3 r′ .
P~ (~r ) ist somit die makroskopische Dipoldichte des Mediums. Auf Seite 7 haben wir das
Potential eines Punktdipols berechnet und für Abstände ~r groß im Vergleich zur Dipolachse
d~ · ~r
φD = 3
r
erhalten, wobei d~ das Dipolmoment des Punktdipols bedeutet. Für eine ausgedehnte Dipolverteilung erhält man entsprechend
φD (~r ) =
Z
V
P~ (~r ′ ) · (~r − ~r ′ ) 3 ′
d r,
| ~r − ~r ′ |3
wobei man über das Volumen des Mediums integrieren muss. Wir schreiben den Integranden um
~r − ~r ′
1
P~ (~r ′ )
= P~ (~r ′ ) · ∇r′
′
3
| ~r − ~r |
| ~r − ~r ′ |
und berechnen das Integral mit Hilfe des Green’schen Theorems unter der Bedingung,
1
dass P (~r ′ ) |~r−~
für unendlich entfernte Randflächen verschwindet
r ′|
Z
V
P~ (~r ′ ) ∇r′
1
d3 r ′ = −
| ~r − ~r ′ |
Z
V
1
∇r′ P~ (~r ′ ) d3 r′
| ~r − ~r ′ |
1.3 Dielektrika
41
Damit erhalten wir für das Potential hervorgerufen durch Raumladungen (Monopole) und
die Polarisation des Mediums
Z
n
o
1
3 ′
′
′
~
φ (~r ) = d r
̺(~r ) − ∇r′ P (~r ) .
| ~r − ~r ′ |
Dieses Potential wird offenbar erzeugt durch eine modifizierte Ladungsverteilung ̺˜ =
̺ − ̺P mit ̺P ≡ ∇P~ = div P~ . Man nennt ̺P die Polarisationsladungsdichte.
1.3.2
Poisson Gleichung im Medium
Dieses Potential erfüllt in Abwesenheit von endlichen Grenzflächen die Poisson Gleichung
△φ = −4 π (̺ − ̺P )
~ = −∇φ
bzw. wegen E
~ = 4 π (̺ − div P~ ) .
div E
Betrachten wir die letzte Gleichung in der Form
~ + 4 π P~ ) = 4 π ̺,
div (E
so sehen wir, dass wir P~ als elektrostatisches Feld auffassen können, dessen Quellen we~ Feld sieht also neben den
gen div P~ = ̺P gerade die Polarisationsladungen sind. Das E
freien Ladungen ̺ auch Polarisationsladungen ̺P , die es selbst durch die Wechselwirkung
mit dem Medium erzeugt. Diese Polarisationsladungen führen zu einer Verringerung der
Feldstärke im Medium.
Nehmen wir an, das Polarisationsfeld P~ reagiert linear auf das äußere Feld (linear response) und das Medium sei isotrop, dann gilt
~
P~ = χ E
χ : elektrische Suszeptibilität
und somit
~ = 4 π ̺ − 4 π χ div E
~
div E
4π̺
4π
~ =
; div E
≡
̺ ;
1 + 4πχ
ǫ
ǫ = 1 + 4 π χ.
Man bezeichnet ǫ als Dielektrizitätskonstante des Mediums. Experimentell findet man für
alle Medien ǫ > 1
Medium
Vakuum
Luft
Glas
Alkohol
Wasser
ε
1
1,0005
5-8
26
81
Bemerkung
–
Gas; geringe Dichte
Flüssigkeit; hohe Dichte
Flüssigkeit (nicht polar)
Flüssigkeit (polar ≡ permanentes Dipolmoment)
~
d. h. die freie Ladungsdichte wird um den Faktor ǫ verringert, das E-Feld
im Medium
somit kleiner.
42
1. Elektrostatik
1.3.3
Dielektrische Verschiebung
Um die formale Analogie mit der E-Statik im Vakuum herzustellen, führt man das Hilfsfeld
~ = ǫE
~ ein, die Dielektrische Verschiebung und erhält
D
~ = 4π̺
div D
die Grundgleichung der Elektrostatik. Zusammen mit
~ =0
rot E
~ Feld ist eine Hilfsgröße und nicht direkt
ist damit das elektrische Feld festgelegt. Das D
messbar. Es sieht nur die wahren Ladungen, spührt also nichts vom Medium. Aber mit
diesem Hilfsfeld kann man nun alle Methoden der Vakuum-Elektrostatik auf das Medi~ und E
~ Felder den folgenden Randbedingungen
um übertragen. Insbesondere genügen D
(Gauß’sches Gesetz)
~2 − D
~ 1 ) · ~n = 4 π σ
(D
~2 − D
~ 1 ) × ~n 6= 0
(D
~2 − E
~ 1 ) · ~n = 4 π (σ − σpol )
(E
~2 − E
~ 1 ) × ~n = 0
(E
Bemerkungen:
~ Felder sehen nur die wahren Ladungen. Entsprechend ist die Normalkomponente
• D
stetig, wenn keine Oberflächenladungen an den Grenzflächen existieren.
~ Felder sehen wahre und Polarisationsladungen. D. h. die Normalkomponente des
• E
~
E Feldes springt an der Grenzfläche zwischen zwei Dielektrika
~ Felder sind wirbelfrei; somit ist die Tangentialkomponente stetig
• E
~ Feldes
• Als Konsequenz daraus springt die Tangentialkomponente des D
~2 − D
~ 1 ) × ~n = (ǫ2 E
~ 2 − ǫ1 E
~ 1 ) × ~n
(D
~2 − E
~ 1 ) × ~n + (ǫ2 − ǫ1 ) E
~ 1 × ~n
= ǫ2 ( E
> 0 ǫ2 > ǫ1
~ 1 × ~n 6= 0 . ⇒
= (ǫ2 − ǫ1 ) E
< 0 ǫ2 < ǫ1
Beispiel:
Betrachte den ladungsfreien Raum, der zur Hälfte durch das Dielektrikum ǫ1 und zur
anderen Hälfte durch ǫ2 ausgefüllt wird. Wie ändert sich ein homogenes Feld an der
Grenzfläche?
~ und E
~ Felder in gleicher Weisse gebrochen
Für den Fall ǫ2 > ǫ1 findet man, dass D
werden beim Übergang zwischen den Medien. Es gilt
~ und E
~ Felder werden vom Einfallslot weg gebrochen (β > α) wenn sie
• ǫ2 > ǫ1 : D
in das stärkere Dielektrikum eindringen
~ und E
~ Felder werden zum Einfallslot hin gebrochen (β < α)
• ǫ2 < ǫ1 : D
1.3 Dielektrika
43
n 12
E 2 > E1
D2t > D1t
α
D1t
β
n
D2 = D1n
D1
n
D1
E 2t = E 1t
α
β
E n2 = E 1n − 4 π σ pol
E1t
E1n
Abb. 1.24: Grenzbedingungen für das elektrostatische Feld beim Übergang zwischen zwei
Dielektrika.
44
1. Elektrostatik
Kapitel 2
Magnetostatik
Die Magnetostatik war in ihrer geschichtlichen Entwicklung weitaus schwerer zugänglich
als die Eektrostatik. Zwar hat man schon sehr früh den Rohstoff für Permanentmagneten
(Magnetit) entdeckt und auch sehr schnell die technische Verwertbarkeit begriffen, jedoch
war ein quantitativer Zugang erst möglich, nachdem man erkannt hatte, dass elektrische
Ströme ebenfalls Magnetfelder erzeugen. Erst danach konnte man Magnetfelder beliebiger
Stärke im Labor systematisch untersuchen.
2.1
Experimentelle Beobachtungen
Genauso wie die Elektrostatik sich aus einfachen experimentellen Beobachtungen entwickelt hat, muss eine Theorie der Magnetostatik den grundlegenden Erfahrungen entsprechen:
• man beobachtet keine magnetischen Monopole. D. h. ein Magnetfeld besitzt im
Gegensatz zum elektrostatischen Feld keine Quellen und Senken
• stationäre Ströme erzeugen stationäre Magnetfelder
Was aber bedeutet der Begriff stationärer Strom? Zur Beantwortung dieser Frage betrachten wir ein infinitesimales Volumen in einem Leiter, an den wir eine Spannungsquelle
angeschlossen haben: durch den Leiter fließt somit ein Strom I. In dem infinitesimalen
Volumen am Ort ~r ′ des Leiters wird dieser Strom charakterisiert durch die entsprechende
Stromdichte ~j(~r ′ ). Nun betrachten wir den Stromfluss durch das infinitesimale Volumen
am Ort ~r ′ : div ~. Ist das Volumen frei von Stromquellen, so gilt:
div ~ = 0,
d. h. der Strom, der in das Volumen hineinfließt, muss das Volumen wieder verlassen: bezogen auf das infinitesimale Volumen hat sich die Stromdichte nicht verändert. Stationäre
Ströme sind somit divergenzfreie Ströme.
45
46
2. Magnetostatik
x3
j ( r ’)
B(r)
r − r’
r
r’
x2
x1
Abb. 2.1: Geometrie zum Biot-Savart’schen Gesetz.
Für stationäre Ströme beobachtet man ein Magnetfeld nach dem Biot-Savart’schen Gesetz
Z
~r − ~r ′ 3 ′
1
~
dr
~ (~r ′ ) ×
B=
c
| ~r − ~r ′ |3
dabei bedeutet c die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum.
′
~ = 1 ~ (~r ′ ) × ~r−~r′ 3 d3 r′ : der infinitesimale Anteil des Magnetfeldes am Ort des
(i) dB
c
|~
r −~
r |
Beobachters ~r hervorgerufen durch den Strom ~ am Ort ~r ′ steht senkrecht auf ~
und dem Abstandsvektor ~r − ~r ′
(ii) Die Stärke des Magnetfeldes ist proportional zum Strom und erfüllt das gleiche
Abstandsgesetz wie das Coulombfeld.
Z. B. erhält man für das Magnetfeld eines geraden stromdurchflossenen Leiters
I = const.
Abb. 2.2: Feldlinien des Magnetfeldes.
folgendes Feldlinienbild: die Feldlinien sind konzentrische Kreise mit dem Leiter im
Mittelpunkt; die Liniendichte nimmt proportional zu R12 mit dem Abstand R zum
Leiter ab, die Richtung der Feldlinien ist so orientiert wie die Finger der rechten
2.2 Feldgleichungen
47
Hand, wenn der Daumen (gestreckt) die Richtung des Stromes symbolisiert (rechte
Hand Regel).
~ direkt, sondern ihre WirÄhnlich dem Coulombgesetz misst man nicht die Feldgröße B
kung auf einen anderen stromdurchflossenen Leiter: also wieder ein Kraftgesetz.
A
A
Isolatoren
Abb. 2.3: Kraft zwischen stromdurchflossenen Drähten.
Die Kraft auf den Leiter ergibt sich aus der Beobachtung zu
Z
1
~ r ′ ) d3 r ′
~
~ (~r ′ ) × B(~
F =
c
gleichgerichtet
sich an
Stromdurchflossene Leiter ziehen
stoßen sich ab wenn die Ströme entgegengerichtet sind. Aus diesen experimentellen Grundlagen werden wir die Grundgleichungen der Magnetostatik ableiten.
2.2
Feldgleichungen
Wir haben in der Elektrostatik gesehen, dass sich ein Feld aus der Kenntnis seiner Divergenz und Rotation vollständig bestimmen lässt.
~ nicht eindeutig durch
Zum Beweis nehmen wir an, dass das Feld A
~ = q(~r )
div A
~ = ~ (~r )
rot A
~ 1 und A
~ 2 gibt. Die Differenzlösung D
~ =A
~ 1 −A
~2
bestimmt wird, sondern es zwei Lösungen A
erfüllt dann die DGL’n
~ =0
~ =0
div D
rot D
~ keine Quellen kennt, muss ihre
in einem beliebigen Volumen V . Da die Differenzlösung D
Normalkomponente auf der Randfläche des Volumens (S(V )) verschwinden, also
~
~
D = −∇φ ; div D = − div grad φ = −△φ = 0 ; (~n · ∇)φ =0
~
r∈S
48
2. Magnetostatik
durch ein Potential φ darstellbar, welches der Laplace Gleichung unter der gegebenen
Randbedingung genügt (Neumann’sche R.B.). Die einzige mögliche Lösung unter der R.B.
ist somit
(~n · ∇) φ =0
~
r∈S
~ = −∇φ ⇒ D
~ = 0 , also A
~1 = A
~ 2.
ist jedoch φ = const und somit wegen D
qed
Diese Eigenschaft werden wir nutzen, um die Feldgleichungen abzuleiten. Aus der Tatsache, dass man keine magnetischen Monopole beobachtet, folgt sofort
~ =∇
~ ·B
~ =0
div B
Zur Ableitung der zweiten Feldgleichung benutzt man das Biot-Savart’sche Gesetz
Z
1
~r − ~r ′ 3 ′
~ =
B
dr
~ (~r ′ ) ×
c
| ~r − ~r ′ |3
Z
Z
1
1
1
1
3 ′
′
= −
dr =
× ~(~r ′ ) d3 r′
~(~r ) × ∇~r
∇~r
′
c
| ~r − ~r |
c
| ~r − ~r ′ |
Z
~ (~r ′ ) 3 ′
1
∇r ×
dr
=
c
| ~r − ~r ′ |
~
und bildet die Rotation von B
Z
~ (~r ′ ) 3 ′ 1
~ = ∇ ∇A
~ − △A
~
~ =
benutze:
∇
×
∇
×
A
∇×∇×
d
r
rot B
c
| ~r − ~r ′ |
Z
Z
1
1
1
1
′
3 ′
′
=
∇ ~ (~r ) ∇r
d
r
−
d3 r ′
~

(~
r
)
△
r
c
| ~r − ~r ′ |
c
| ~r − ~r ′ |
Zur weiteren Umrechnung nutzt man
∇r
1
1
= −∇r′
,
′
| ~r − ~r |
| ~r − ~r ′ |
△r
1
= −4 π δ(~r − ~r ′ )
| ~r − ~r ′ |
Z
1
4π
1
~
7 rot B = − ∇ ~ (~r ′ ) · ∇r′
→
d3 r ′ +
~ (~r )
′
c
| ~r − ~r |
c
Z
4π
1
1
∇ (∇r′ ~ (~r ′ ))
+
~ (~r )
partielle Integr. =
′
c
| ~r − ~r |
c
4π
~ (~r )
∇~ = 0 für stationäre Ströme =
c
Diese zweite Feldgleichung
~ = 4 π ~
rot B
c
2.3 Vektorpotential
49
nennt man das Ampere’sche Gesetz. Es ist das eigentliche Analogon zum Coulomb Gesetz, denn es enthält als Inhomogenität die Feld erzeugende Größe ~ (~r ). Es ist ebenso
speziell eine Eigenschaft stationärer Ströme (bei der Ableitung wurde div ~ = 0 benutzt),
~ = 0 eine Eigenschaft beliebiger Magnetfelder ist. Die Integrale Form des
während div B
Ampere’schen Gesetz erhält man mit dem Integralsatz von Stokes
ds
ds
dr
S
C( S)
Abb. 2.4: Zum Integralsatz von Stokes.
Z
S
I
~ · d~r = 4 π
B
c
C(S)
4π
I.
=
c
~ d~σ =
rot B
Z
~ (~r ′ ) d~s′
S
Analog zum Gauß’schen Gesetz besagt Ampere’s Gesetz: das Linienintegral entlang einer
~ entspricht der Summe der eingeschlossenen
geschlossenen Kurve C über das Magnetfeld B
Ströme.
2.3
Vektorpotential
Analog zur Elektrostatik wäre es wünschenswert, anstatt mit Feldgleichungen
~ = 0
div B
~ = 4 π ~
rot B
c
mit Potentialen zu arbeiten. Für den Fall eines stromfreien Gebietes hätten wir mit
~ = 0 die Möglichkeit, ein skalares magnetisches Potential über B
~ = −∇φM zu
rot B
definieren, so dass die beiden Feldgleichungen zur Laplace Gleichung
△φM = 0
zur Bestimmung des skalaren magnetischen Potentials zusammengefasst werden können.
I. a. kann man aber für das Magnetfeld kein Skalarpotential definieren. Hier macht man
50
2. Magnetostatik
~ = 0) die homogene Feldgleichung div B
~ = 0 zu nutzen.
sich (wie in der Elektrostatik rot E
~ = 0 gilt, definiert man ein Vektorpotential A
~ in der
Da für beliebige Vektoren div rot A
Form
~ = rot A
~ ⇐⇒ div B
~ = div rot A
~=0
B
~ nicht eindeutig bestimmt, denn mit A
~ ergibt
Durch diese Definitionsgleichung wird A
~′ = A
~ + ∇ψ dasselbe B
~ Feld (B = rot A
~ ′ = rot A
~ + rot grad ψ = rot A).
~ D. h. das
A
~ ist nur bis auf eine Eichtransformation der Form
Vektorpotential A
~′ = A
~ + ∇ψ
A
bestimmt. Im Gegensatz dazu war das elektrostatische Potential bis auf eine Konstante
durch die Poisson Gleichung festgelegt. Diese Eichfreiheit ergibt sich, da wir bei der De~ keine Aussage über div A
~ machen können. Setzt man den Ansatz für das
finition von A
Vektorpotential in das Ampere’sche Gesetz ein, so erhält man
~ = ∇(∇ · A)
~ − △A
~ = 4 π ~.
rot rot A
c
~ jede beliebige Form annehmen darf (Eichinvarianz), wählt man z. B.
Da div A
~ =∇·A
~=0
div A
Coulombeichung
~ zu erhalten (Analogon zur Poisson Gleichung)
um eine möglichst einfache DGL für A
~=−
△A
4π
~.
c
Analog zur Elektrostatik findet man auch eine Lösung für das Vektorpotential im unbegrenzten freien Raum
Z
~ (~r ′ ) 3 ′
1
~
dr
A=
c
| ~r − ~r ′ |
(Beweis durch Einsetzen).
2.4
Magnetostatik im Medium
Ähnlich zur Elektrostatik des Vakuums, wo wir annehmen, dass die freien Ladungsträger
in Form einer lokalen Ladungsdichte ̺(~r ) beschrieben werden können, haben wir in der
Magnetostatik bisher angenommen, dass die Stromdichte ~ (~r ) eine vollständig bekannte
Funktion des Ortes ist. In einem ausgedehnten dichten Medium kommt es jedoch durch
makroskopische Prozesse (Stöße der Elektronen etc.) zu örtlich starken Fluktuationen der
Stromdichte, so dass man nur eine Aussage über mittlere (über ein Volumen, das makroskopisch klein aber bezogen auf Atome groß ist) Stromdichten erhalten kann. Hinzu
kommt die Reaktion des Mediums auf ein äußeres Magnetfeld. Diese Anwort (Response)
des Mediums äußert sich in der Form einer mittleren magnetischen Momentdichte (Ma~ ) analog zur Polarisationsdichte P~ in elektrischen Feldern. Führt man die
gnetisierung M
2.4 Magnetostatik im Medium
51
Mittelung wie in der E-Statik durch, so erhält man als Konsequenz der Magnetisierung
~ eine effektive Stromdichte
M
~ = c rot M
~.
~M = c∇ × M
~
Sie ist das Analogon zur Polarisationsladung ̺P = div P~ . Die magnetische Induktion B
sieht somit den wahren Strom und den Magnetisierungsstrom
~ = 4 π ~ + 4 π rot M
~.
rot B
c
Führt man das Feld
~ =B
~ − 4 πM
~
H
ein, so erhält man die makroskopischen Gleichungen
~ = 4 π ~
rot H
c
~
div B = 0
~
~
d. h. wie das D-Feld
der Elektrostatik spürt das H-Feld
nur die wahren Ströme, nicht aber
den Magnetisierungsstrom. Zur vollständigen Beschreibung der Magnetostatik benötigt
~ und H-Feld
~
man Materialgleichungen, die Bverknüpfen. Für diamagnetische (µ < 1)
und paramagnetische (µ > 1) isotrope Medien gilt
~ = µH.
~
B
Man bezeichnet µ als magnetische Permeabilität. Da sie für Dia- und Paramagnetika unabhängig vom äußeren Magnetfeld sind, bezeichnet man diese Stoffe als lineare Medien.
~ und H
~ nichtlinear, ja sogar keine
Für Ferromagnetika ist der Zusammenhang zwischen B
eindeutige Funktion (Hysterese).
~ wird das Medium magnetisiert (untere KurDurch das Anschalten eines Magnetfeldes H
B(H) für magnetisiertes
Ferromagnetikum
B
BS
H
Br
C
H
H
S
B(H) für ein unmagnetisiertes Ferromagnetikum
Abb. 2.5: Hysterese: B(H) in einem Ferromagnetikum.
~ wieder abschaltet (Remanenzwert)
ve). Die Magnetisierung bleibt bestehen, wenn man H
und lässt sich nur durch ein Gegenfeld wieder aufheben (Koerzitivfeld).
52
2.5
2. Magnetostatik
Lösungsmethoden
Bisher haben wir die Feldgleichungen der Magnetostatik erhalten
~ = 0
∇·B
~ = 4 π ~,
∇×H
c
die man mit Hilfe der Materialgleichung
~ = H(
~ B)
~
H
auf verschiedenen Wegen lösen kann. Erschwerend gegenüber der E-Statik ist zum einen,
~ = 4 π ~ im Vergleich zu
dass die inhomogene Feldgleichung eine Vektorgleichung ist (rot H
c
~ = 4 π̺), was den mathematischen Lösungsaufwand verdreifacht, zum anderen der
div D
~ und B
~ Feldern. Das führt auf eine Vielzahl
i. a. komplizierte Zusammenhang zwischen H
praktikabler Lösungsmethoden, von denen einige skizziert werden sollen.
2.5.1
Vektorpotential für lineare Medien
Wir haben für die Magnetostatik im Vakuum den Vorteil des Vektorpotentials bereits diskutiert. Für die Feldgleichungen im Medium ist die Einführung des Vektorpotentials durch
die Materialgleichungen bestimmt. Ausgehend von der Definition des Vektorpotentials
~ = rot A
~
B
erhält man durch Einsetzen in die Ampere’sche Gleichung
4π
~ rot A
~ ].
~ = rot H[
c
I. a. ist diese DGL kompliziert außer für isotrope, lineare Medien (Para- und Diamagne~ = 0)
tika). In diesem Fall erhält man mit Hilfe der Coulomb Eichung (∇A
~ rot A
~]
rot H[
⇒
~
∇·A=0
~
△A
=
1
~ = 4 π ~
∇ × ( ∇ × A)
µ
c
=
−
~ 1B
~
H=
µ
4 πµ
~.
c
Es sind also drei Poisson Gleichungen mit der modifizierten Stromdichte µ~ zu lösen (entsprechend den 3 Komponenten des Vektorpotentials). Entsprechend der E-Statik behandelt man verschiedene lineare Medien durch Anpassen der Teillösungen über die Grenzbedingungen
~ 1 · ~n (aus div B
~ = div H
~ = 0)
~ 2 · ~n = B
~ 1 · ~n , H
~ 2 · ~n = µ1 H
B
µ2
~ 4 πµ ~
µ2 ~
rot B=
c
~
~
~
B1 × ~n , H2 × ~n = H1 × ~n
aus rot H=
B2 × ~n =
~ 4 π ~
µ1
c
2.5 Lösungsmethoden
2.5.2
53
Fälle mit ~ = 0
Gibt es keine wahren Ströme im betrachteten Volumen, so gilt
~ =0
rot H
D. h. man kann das Feld mit Hilfe eines magnetischen Skalarpotentials beschreiben
~ = −∇φ,
H
~ [ −∇φ ] = 0 für isotrope, lineare Medien die Laplace Gleichung erfüllt
das wegen div B
~ = −∇(µ∇φ) = −µ△φ = 0
∇B
7 △φ = 0
→
Verschiedene Medien werden über die Grenzbedingungen behandelt.
2.5.3
Harte Ferromagnetika
Unter harten Ferromagnetika versteht man Stoffe, deren Magnetisierung für nicht zu große
äußere Felder konstant, also unabhängig vom äußeren Feld ist.
~ = 0
~ gegeben. Es gibt wegen
In diesem Fall ist das Feld nur durch die Magnetisierung M
~ = 0 wieder ein magnetisches Skalarfeld H
~ = −∇φ, das die DGL
rot H
~ = ∇(H
~ + 4 πM
~) = 0
∇·B
~.
; △φ = 4 π div M
erfüllt. Dies ist die Poisson Gleichung für eine effektive magnetische Ladungsdichte
(Magnetisierungsdichte)
~.
̺M = − div M
Bei Abwesenheit endlicher Randflächen ist die Lösung mit Hilfe der Green Funktion G =
1
formal gegeben durch
|~
r −~
r ′|
φ=−
Partielle Integration ergibt
Z
~ (~r ′ )
∇r ′ M
d3 r ′ .
′
| ~r − ~r |
54
2. Magnetostatik
Z
~ (~r ′ )
∇~r ′ M
d3 r ′
′
| ~r − ~r |
Z 1
M (~r ′ )
′
~
− M (~r )∇~r ′
d3 r ′
∇~r ′
−
| ~r − ~r ′ |
| ~r − ~r ′ |
Z
Z
~ (r′ )
M
1
3 ′
~ (~r ′ )∇~r ′
− div
dr + M
d3 r ′
′
′
| ~r − ~r |
| ~r − ~r |
Z
ZZ ~ ′
1
M (~r ) ~′
~ (~r ′ )∇~r
dσ − M
d3 r ′
−
′
| ~r − ~r |
| ~r − ~r ′ |
Z ~ ′
M (~r ) 3 ′
dr
0 − ∇~r ·
| ~r − ~r ′ |
Z ~ ′
M (~r ) 3 ′
− div
d r.
| ~r − ~r ′ |
φ = −
=
=
(∗)
=
=
=
(*) : Der Fluss verschwindet für eine unendlich entfernte Randfläche
Wie in der E-Statik löst man das Integral i. a. in Multipolentwicklung, deren niedrigste
Ordnung
Z
1
1
′
3 ′
~
M (~r ) d r + 0 2
φ (~r ) ≈ −∇ ·
r
r
~r
= 3 ·m
~
r
das Potential eines magnetischen Dipols ergibt. D. h. jeder beliebig magnetisierte Körper
erscheint asymptotisch als Dipol, was uns an die Aussage erinnert: es gibt keine magnetischen Monopole.
Will man ein Problem mit endlichen Randflächen lösen, so kann man die Grenzbedingung
in Form einer Oberflächen-Magnetisierung einbauen.
n
2
1
Σ
Abb. 2.6: Zur Berechnung der Grenzbedingungen.
Mit dem Divergenztheorem gilt für ein infinitesimales Volumen ∆V
ZZZ
ZZ
3
~ · ~n ds = (M
~2 −M
~ 1 ) · ~n.
~
div M d r = M
∆V
dS(∆V )
2.5 Lösungsmethoden
55
Ist der Teilraum (1) mit einem Ferromagnetikum gefüllt, der Teilraum (2) aber leer, so
~ 2 = 0, M
~1 = M
~ und man erhält auf der Grenzfläche S : div M
~ |S = −M
~ · ~n|S . Die
gilt M
gesamte Magnetisierungsdichte setzt sich somit zusammen aus der effektiven Raumdichte
~ und der Oberflächendichte σM = M
~ ·~n|S und wir können wieder die Lösung
̺M = − div M
n
0inV
1
~ | = 6=
verwenden
|
M
mit der Green Funktion | ~r−~
′
0sonst
r |
φ(~r )
=
−
Z
V
S.54
=
ZZ ~ ′
~ (~r ′ )
∇r ′ · M
M (~r ) · ~n′ ′
3 ′
d
r
+
ds
| ~r − ~r ′ |
| ~r − ~r ′ |
S(V )
ZZ ~ ′
Z
ZZ ~ ′
1
M (~r ) · ~n′ ′
M (~r ) · ~n′ ′
′
3
′
~
M
(~
r
)
ds
−
∇
d
r
+
ds
− r
| ~r − ~r ′ |
| ~r − ~r ′ |
| ~r − ~r ′ |
V
S(V )
=
− div
Z
V
S(V )
~ (~r ′ )
M
d3 r ′ .
′
| ~r − ~r |
Offenbar gilt die Lösung von S. 54, die wir für ein unendlich ausgedehntes mit der Ma~ erfülltes Volumen erhalten haben auch für ein endliches Volumen V wenn
gnetisierung M
die Magnetisierung außerhalb von V verschwindet. Wir haben also mit dieser Beziehung
eine allgemeine Lösung des magnetostatischen Randwertproblems für ~ = 0. Z. B. lässt
sich das Feld eines Permanentmagneten mit endlichen Randflächen über diese Beziehung
in Multipolentwicklung angeben.
~ 6= 0
~ und somit (vergl. S.
Der allgemeine Fall erfordert die Berechnung des Vektorpotentials A
51)
~ = rot(B
~ − 4π M
~ ) = rot(rot A
~ − 4π M
~ ) = 4π ~.
rot H
c
~
Da M für ein hartes Ferromagnetikum unabhängig von den Feldern sein soll, erhalten wir
~ = 0) die Vektor-Poisson Gleichung (Rechnung vergl. S. 50)
in Coulombeichung (∇A
4π
(~ + ~M )
c
~.
= c rot M
~ = −
△A
~M
Die allgemeine Lösung in Abwesenheit endlicher Randflächen ist dann wie vorher
Z
1 ~ (~r ′ ) + ~M (~r ′ ) 3 ′
~
d r.
A(~r ) =
c
| ~r − ~r ′ |
Für den Fall eines endlich ausgedehnten harten Ferromagnetikums kommt der Oberflächenterm hinzu
ZZ ~
Z
M × ~n′ ′
1 ~ (~r ′ ) + ~M (~r ′ ) 3 ′
~
dr + ds .
A(~r ) =
c
| ~r − ~r ′ |
| ~r − ~r ′ |
V
S(V )
56
2.6
2. Magnetostatik
Beispiele
(a) Berechne das Feld einer Kugelschale, die radial magnetisiert ist.
~ = M (r) · ~er gilt ~M = c · rot M
~ = c · M (r) rot ~r = 0 und
Lösung: Wegen M
|r|
n ’= e r
M
V
Abb. 2.7: Radial magnetisierte Kugelschale.
~ × ~n ′ = M (r) · ~er × ~er = 0
M
~ r) =
; A(~
Z
V
ZZ ~
M × ~n ′ ′
~M (~r ′ ) 3 ′
d
r
+
ds = 0
| ~r − ~r ′ |
| ~r − ~r ′ |
S(V )
~ = rot A
~ = 0 Wegen H
~ =B
~ − 4 πM
~
;B
~ = −4 πM (r) ~er
H
gilt somit
~ ist offenbar radialsymmetrisch. Trotzdem handelt es sich nicht um
Bemerkung: H
~ = 0 ist.
das Feld eines magnetischen Monopols, da div B
(b) Berechne das Feld eines Hohlzylinders, der in Azimutalrichtung magnetisiert wurde.
y
M
ρ
ϕ
x
z
Abb. 2.8: Azimuthal magnetisierter Hohlzylinder.
Lösung: Benutze Zylinderkoordinaten (̺, ϕ, z).
2.6 Beispiele
57
~ = Mϕ (̺) · ~eϕ
Dann ist M
~ · ~n = M · ~eϕ · ~er = 0
und es gilt M
~ = 1 ∂ (̺M̺ ) + 1 ∂ Mϕ + ∂ Mz = 0
und div M
̺ ∂̺
̺ ∂ϕ
∂z
Da ~ = 0, ist es bequemer mit dem Skalarpotential zu arbeiten
Z
ZZ ~ ′
~ (~r ′ )
div M
M (~r ) · ~n ′ ′
3 ′
֒→ φ(~r) = −
d
r
+
ds = 0
| ~r − ~r ′ |
| ~r − ~r ′ |
V
S(V )
~ = −∇φ = 0 und B
~ =H
~ + 4 πM
~ = 4πMϕ (̺) ~eϕ .
Somit ist H
(c) Berechne das Feld eine homogen magnetisierten Kugel mit Radius R
x
M =M
0
e z
z
R
Abb. 2.9: Homogen magnetisierte Kugel.
Lösung: da es keine wahren Ströme gibt, berechnen wir das Skalarpotential
φ(~r ) = −∇
Z
V
~ (~r ′ )
M
d3 r ′
| ~r − ~r ′ |
∂
= −M0
∂z
ZR
0
′2
r dr
′
Z
;
dΩ′
~ = M0 · ~ez
M
1
| ~r − ~r ′ |
Entwicklung der Green Funktion nach Kugelflächenfunktionen
l
∞ X
l
X
r<
1
1
y ∗ (Ω′ ) ylm (Ω)
=
4
π
l+1 lm
| ~r − ~r ′ |
2l
+
1
r
>
l=0 m=−l
58
2. Magnetostatik
Mit einem Trick kann man das Winkelintegral berechnen:
man nutzt aus, dass y00 = √14 π und erhält wegen der Orthogonalitätsrelation der
Kugelflächenfunktionen
Z
∗
dΩ′ ylm
(Ω′ ) y00 (Ω′ ) = δl0 δm0
nur einen Beitrag aus der Reihe – den Monopolterm
RR r′2 ′ √
∂
dr · 4 π · y00 (Ω)
֒→ φ(~r ) = −4 πM0 ∂z
r>
, r> =
0
dr ∂
= −4 πM0 dz
∂r
= −4 πM0 zr











RR r′2
0
∂
∂r
∂
∂r
= −4 πM0 zr


∂
∂r
−4 πM0 zr


2
3
=
=
4π
M0
3

dr
dz
dr′
r>
Rr
0
Rr
0
r ′2
r
dr′ +
r ′2
r
dr′
1
3
r2 +
∂
∂r
∂
∂r
RR
r′ dr′
R2 − 12 r2
∂ 1 R3
∂r 3 r
r−r
3
[x2 + y 2 + z 2 ]
1/2
=
r<R

− 13 Rr2

θ
R3 rz3 = R3 cos
r2

 z
d
dz
r′ r′ > r
r r > r′
z
r
Potential innerhalb der Kugel
r<R
Potential außerhalb der Kugel
r>R
r
1
2
=
r>R
r<R
r>R
Im Außenbereich der Kugel sieht man wieder das Potential eines Dipols, im Innenbereich ändert sich das Potential linear mit z.
Kapitel 3
Die Maxwell Gleichungen
In den vorangegangenen Kapiteln haben wir die Eigenschaften stationärer elektrischer und
magnetischer Felder diskutiert. Die Felder werden durch stationäre Quellterme erzeugt,
wie z. B. Raum- und Oberflächenladungen oder stationäre Ströme. Bisher haben wir keine
Wechselbeziehungen zwischen elektrostatischen und magnetischen Feldern beobachtet.
3.1
Das Induktionsgesetz
Eine Wechselwirkung zwischen elektrischen und magnetischen Feldern entsteht mit zeitabhängigen Quelltermen. Im Rahmen der Faraday’schen Induktionsexperimente beobachtet
man:
1
2
1
S
N
2
Abb. 3.1: Ein- und Ausschaltvorgänge im Stromkreis (1) induzieren eine
Spannung im Stromkreis
(2) .
Abb. 3.2: Die Bewegung einer Leiterschleife (2) relativ zu einer stromdurchflossenen Schleife (1) erzeugt eine Spannung in der
Schleife (2).
Abb. 3.3: Die ruckartige Bewegung eines Permanentmagneten in einer
Leiterschleife induziert eine Spannung.
a) Ein- und Ausschaltvorgänge induzieren eine Spannung in einer benachbarten Leiterschleife
59
60
3. Die Maxwell Gleichungen
b) Durch die Bewegung einer Leiterschleife in der Nähe eines stromdurchflossenen Leiters wird eine Spannung induziert
c) Die ruckartige Bewegung eines Permanentmagneten in der Nähe einer Leiterschleife
induziert eine Spannung
Alle drei Beobachtungen deuten an, dass eine Wechselbeziehung zwischen elektrischen
und magnetischen Feldern besteht. Die Beobachtungen a) und b) zeigen, dass sowohl
eine Spannung induziert wird (und damit ein elektrisches Feld) wenn sich das Magnetfeld
zeitlich ändert, als auch dann, wenn das Feld zwar konstant ist, sich aber infolge der
Bewegung der Leiterschleife die Orientierung des Feldes bezüglich der Fläche, die durch die
Schleife festgelegt wird, ändert. Offenbar hängt die induzierte Spannung mit der zeitlichen
Änderung des magnetischen Flusses zusammen
ZZ
1d
~ · ~n ds.
Uind = −
B
c dt
S
Dabei ergibt sich das negative Vorzeichen aus der Tatsache, dass der Induktionsstrom
immer ein Magnetfeld erzeugt, das dem äußeren Magnetfeld entgegen wirkt (Lenz’sche
Regel). Andernfalls würde es zu einer Verstärkung des äußeren Feldes kommen und somit
zu einer Energieerzeugung, die einem perpetum mobile entspräche.
Betrachten wir die totale zeitliche Änderung des magnetischen Flusses. Da die Oberfläche
als zeitlich konstant angenommen wird, gilt
ZZ ZZ
d
d
~ · ~n ds =
~ · ~n ds.
B
B
dt
dt
S
S
Den Versuch b) können wir durch den Versuch c) ersetzen, indem wir ein zeitlich konstantes Magnetfeld mit der Geschwindigkeit ~v relativ zur Leiterschleife bewegen. Dann
ändert sich das Magnetfeld für einen Beobachter räumlich, d. h.
~
~
∂B
dB
~
=
+ (~v · ∇)B
dt
∂t
~
∂B
~ × ~v ) + ~v (∇ · B)
~ ;
=
+ ∇ × (B
∂t
~
∂B
~ × ~v ).
+ ∇ × (B
=
∂t
~ = 0,
∇·B
~v konstant
Einsetzen in die zeitliche Änderung des Flussintegrals ergibt
ZZ S
d ~
B
dt
· ~n ds =
ZZ
=
ZZ
~
∂B
· ~n ds +
∂t
ZZ
~ × ~v ) · ~n ds
rot(B
~
∂B
· ~n ds +
∂t
I
~ × ~v ) · d~l.
(B
S
S
S
C(S)
3.1 Das Induktionsgesetz
61
Die Induktionsspannung Uind auf der linken Seite des Induktionsgesetzes erhalten wir,
indem wir das Linienintegral über das induzierte Feld entlang der Leiterschleife berechnen
Uind =
I
~ · d~l
E
C(S)
Somit sind alle Zutaten für das Faraday’sche Induktionsgesetz vorbereitet
(i)
I
~ · d~l = − 1 d
E
c dt
~ · ~n ds
B
S
C(S)
(ii)
ZZ
bzw. in einer mehr expliziten Darstellung
ZZ ~
I ∂B
1
1
~
~
~
· ~n ds.
E − ~v × B dl = −
c
c
∂t
S
C(S)
Bemerkungen:
Die beiden Formen (i) und (ii) unterscheiden sich darin, dass bei unbewegter
Leiterschleife aus (i) folgt
(i) → (iii)
I
C(S)
~ · d~l = − 1
E
c
ZZ
~
∂B
· ~n ds
∂t
S
während bei bewegter Leiterschleife der Zusatzterm in (ii) berücksichtigt werden muss.
~
Jetzt wollen wir (iii) und (ii) neu interpretieren: Ein Beobachter, der das EFeld misst, befinde sich in Ruhe bezogen auf die Leiterschleife. In diesem Fall
gilt (iii). Bewegt sich der Beobachter mit konstanter Geschwindigkeit ~v relativ
~ ′ − 1 ~v × B.
~ Da jedoch alle
zur Leiterschleife, misst er wegen (ii) das Feld E
c
Messgrößen unabhängig vom gewählten Inertialsystem sein müssen, ist das
~ aus Sicht des bewegten Systems, also
Feld E
~
~ =E
~ ′ − 1 ~v × B
E
c
Somit erhalten wir eine wichtige Aussage über das Transformationsverhalten
~
des E-Feldes
zwischen verschiedenen Inertialsystemen: die starre Trennung
zwischen elektrischem und magnetischem Feld wird aufgehoben; es ist nur
noch sinnvoll, von einem elektromagnetischen Feld zu sprechen.
~ und B
~ Feld im gleichen Bezugssystem definiert – kann also das E-Feld
~
Sind E
nur durch
~
eine zeitliche Änderung des B-Feldes induziert werden und nicht durch die Bewegung der
Leiterschleife – so erhält man aus (iii) mit Hilfe des Stokes’schen Integralsatzes
62
3. Die Maxwell Gleichungen
I
~ · d~l =
E
~
~ + 1 ∂B
rot E
c ∂t
S
)
~+
; rot E
~ · ~n ds
rot E
S
C(S)
ZZ (
ZZ
· ~n ds = 0
~
1 ∂B
= 0
c ∂t
die differentielle Form des Induktionsgesetzes.
3.2
Der Maxwell’sche Verschiebestrom
Wir haben gesehen, wie die zeitliche Änderung eines Magnetfeldes ein elektrisches Feld
induziert. Dieses seinerseits zeitabhängige elektrische Feld bewirkt einen nicht stationären
Strom in der Leiterschleife, der wiederum ein Magnetfeld erzeugt. Bisher haben wir gesehen, wie stationäre Ströme (∇ · ~ = 0) Magnetfelder erzeugen. I. A. werden über das
Induktionsgesetz aber Ströme erzeugt, die eine zeitliche Fluktuation der Ladungsdichte
bewirken, so dass
∂̺
div ~ = −
∂t
D. h. eine lokale zeitliche Änderung der Ladungsdichte erzeugt einen lokal veränderlichen
Stromfluss im Leiter. Diese Kontinuitätsgleichung kann man mit Hilfe des Coulombgesetzes
~ = 4 π̺
∇D
neu interpretieren, nämlich als Divergenz eines effektiven Stromes ~̃ mit
!
~
1 ∂D
∇ · ~ +
= ∇ · ~̃ = 0
4 π ∂t
Die einzige Bedingung für die Gültigkeit des Ampere’schen Gesetzes war die Voraussetzung eines divergenzfreien Stromes. Damit erhalten wir eine Verallgemeinerung mit
~ =
rot H
~
1 ∂D
4 π~ 4 π
̃ =
~ +
,
c
c
c ∂t
d. h. nicht nur Ströme, sondern auch ein zeitlich veränderliches elektrisches Feld erzeugt
~
ein Magnetfeld. Die Größe 41π ∂∂tD bezeichnet man als Maxwell’schen Verschiebestrom. Wir
werden sehen, wie durch die Annahme des Verschiebestromes das Phänomen der Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle überhaupt erst möglich wird.
Damit haben wir als Grundgleichungen der Elektrodynamik die Maxwell Gleichungen
(MGL):
3.2 Der Maxwell’sche Verschiebestrom
63
Inhomogene MGL:
C:
A:
Homogene MGL:
~ = 4 π̺
∇D
~ = 4 π ~ +
∇×H
c
~
1 ∂D
4 π ∂t
F:
~ =0
∇B
~+
∇×E
~
1 ∂B
c ∂t
Materialgl.
=0
~ = D(
~ E,
~ B)
~
D
~ = H(
~ E,
~ B)
~
H
~ B)
~
~ = ~ (E,
(C: Coulombgesetz, A: Ampere’s Gesetz, F: Faraday’s Induktionsgesetz)
Die 4 Maxwell Gleichungen sind eine unmittelbare Konsequenz der Beobachtung: Die
Struktur des Feldes wird durch die homogenen MGL bestimmt. Die inhomogenen MGL
verknüpfen die Feldquellen mit den Feldern. Die Materialgleichungen stellen schließlich
~ E,
~ H,
~ B
~ dar, ohne den die MGL nicht lösbar
den Zusammenhang zwischen den Feldern D,
wären. Im einfachsten Fall linearer Medien hat man
~ = ~~ǫ · E,
~
D
~ = ~~µ · H,
~
B
~
~ = ~~σ · E.
~~ǫ, µ
~~ und ~~σ sind Tensoren, welche die dielektrischen, magnetischen und ohmschen Materialeigenschaften repräsentieren. I. A. sind diese Materialeigenschaften orts- und zeitabhängig,
bzw. ihre Fouriertransformierten
Z
Z
~
3
~
f (k, ω) = d r dtf (~r t) e−ik~r+iωt
abhängig von Frequenz ν = ω/(2π) und Wellenlänge λ = 2π/k z. B. einer sich im Medium
ausbreitenden elektromagnetischen (em) Welle. Aus diesen Zusammenhängen lassen sich
z. B. optische Eigenschaften von Festkörpern erklären.
Eine wichtige Ergänzung der MGL sind die Grenzbedingungen der Felder beim Übergang
Medium
1
E2
B2
D2
H
2
V
∆a
E1
D
1
n
B1
H
1
∆l
Medium
2
Abb. 3.4: Grenzbedingungen des em Feldes zwischen zwei Materialien.
zwischen verschiedenen Medien. Dazu schreibt man die vier MGL in ihre integrale Form
um
64
3. Die Maxwell Gleichungen
C:
RR
R
~ · ~n ds = 4 π ̺ d3 r = 4 πq
o D
V
S(V )
RR
o
S(V )
A:
H
C(S)
F:
H
C(S)
~ · ~n ds = 0
B
~ · d~l =
H
RR 4 π
S
~ · d~l = − 1
E
c
RR
c
~ +
~
∂B
S ∂t
~
1 ∂D
c ∂t
· ~n ds
· ~n ds
und nimmt an, dass auf der Grenzfläche idealisierte Oberflächenladungen σ und Oberflächenströme χ
~ existieren. Die Integrale der beiden ersten Gesetze (Coulomb Gesetz und
die Aussage: es werden keine magnetischen Monopole beobachtet) integriert man über
einen infinitesimalen Zylinder (Gaußdose) und erhält wie im Fall statischer Felder
~
~
D2 − D1 · ~n = 4 πσ
B~2 − B~1 · ~n = 0.
Die Linienintegrale in Ampere’s und Faraday’s Gesetz werden über die infinitesimale
Schleife C ausgewertet
~2 − H
~1 = 4 π χ
~n × H
~
c
~n × E~2 − E~1 = 0.
Die Grenzbedingungen ermöglichen die Teillösung der MGL in verschiedenen Medien und
die Anpassung der Lösungen an den endlichen Oberflächen entsprechend den Sprungbedingungen.
3.3
Potentialgleichungen
Wir haben schon in der stationären Theorie die Vorteile, die sich durch die Einführung
von Potentialen bieten, ausgenutzt. Betrachten wir zunächst die homogenen Gleichungen,
so erhalten wir Aussagen über die Feldstruktur und wie sich die Felder aus Potentialen
ableiten lassen
~ =0 ⇒ B
~ = rot A
~
div B
!
~
~
1
1
∂
B
∂
A
~+
~+
rot E
=0
= 0 ⇒ rot E
c ∂t
c ∂t
~
~ + 1 ∂A
⇒E
c ∂t
~
;E
= −∇φ
= −∇φ −
~
1 ∂A
.
c ∂t
3.4 Green Funktionen (G. F.)
65
Die Dynamik der über die homogenen MGL definierten Potentiale wird durch die inhomogenen MGL bestimmt. Betrachtet man den Spezialfall linearer, isotroper Medien, so
erhält man aus dem Coulomb Gesetz
~ = ǫE
~ , B
~ = µH
~
D
1∂
~ = − 4 π ̺ (∗)
; △φ +
(∇ · A)
c ∂t
ǫ
und aus dem Ampere’schen Gesetz
2~
∂
A
µǫ
4π
∂φ
µǫ
~+
~−
−
∇
∇
A
µ~.
=
−
△A
c2 ∂t2
c ∂t
c
~ über seine Divergenz
Da nur die Rotation des Vektorpotentials festgelegt wurde, kann A
geeicht werden. In diesem Fall wählt man die Lorenzeichung
~ = − µǫ ∂φ
div A
c ∂t
und erhält so eine Entkopplung der Potentialgleichungen
µǫ ∂ 2 φ
4π
= − ̺
2
2
c ∂t
ǫ
2~
~ − µǫ ∂ A = − 4 π µ~
△A
c2 ∂t2
c
△φ −
Diese Potentialgleichungen sind klassische Wellengleichungen. Sie beschreiben die Ausbreitung einer elektromagnetischen Welle mit der Geschwindigkeit v = √cµǫ < c. D. h. em
Wellen breiten sich in einem Medium langsamer aus als im Vakuum (µǫ = 1).
Die Potentialgleichungen (zusammen mit der Lorentzeichung des Vektorpotentials) sind
äquivalent zu den MGL. Ohne den Verschiebestrom, der sich im Coulombgesetz (*) im
∂
~ verbirgt, würde die Wellengleichung für das Skalarpotential φ zur stati(∇A)
Term ∂t
onären Poissongleichung zusammenbrechen.
3.4
Green Funktionen (G. F.)
Ähnlich wie man in der stationären Potentialtheorie die Potentialgleichungen mit Hilfe
von G. F. löst und auf diesem Wege die Randbedingungen explizit in die Lösung einbaut, wollen wir nun die Wellengleichungen für den Fall eines
freien Gebietes
Randflächen
n φ
diskutieren. Die allgemeine Form der Wellengleichung ist ψ = A~
△ψ −
1 ∂2
ψ ≡ 2 ψ = −4 πf (~r t)
v 2 ∂t2
1 ∂2
2 ≡ △ − 2 2 (Operator Quabla)
v ∂t
66
3. Die Maxwell Gleichungen
Eine weitere Klasse von zeitabhängigen G. F. werden über die DGL
2 G(~r, ~r ′ , t, t′ ) = −4 πδ(~r − ~r ′ ) δ(t − t′ )
definiert. Durch Einsetzen überprüft man, dass der folgende Ausdruck Lösung der DGL
für G. F. ist
Z∞ ±ik(ω)|~r−~r ′ |
e
1
iω(t−t′ )
±
′
′
e
dω
G (~r, ~r , t, t ) =
2π
|~r − ~r ′ |
−∞
Dabei ist k(ω) die Dispersionsrelation des Mediums, in dem sich die Welle ausbreitet.
”Beweis”:
△ r G±
1
=
2π
Z∞ ′
△ e±ik(ω)|~r−~r |
−∞
′
+ e±ik(ω)|~r−~r | △
Z∞ 1
| ~r − ~r ′ |
1
1
′
+ 2 ∇ e±ik(ω)|~r−~r | ∇
′
| ~r − ~r |
| ~r − ~r ′ |
′
e−iω(t−t ) dω
2ik
k2
′
±ik(ω)|~
r−~
r ′|
e
e±ik|~r−~r |
−
′
2
′
| ~r − ~r |
| ~r − ~r |
−∞
2 ik
′
±ik|~
r−~
r ′|
±ik|~
r −~
r ′|
′
e
e−iω(t−t ) dω
−4 πδ(~r − ~r ) · e
∓
′
2
| ~r − ~r |
1
=
2π
∂2 ±
G
=
∂t2
; 2G
±
=
1
2π
1
2π
Z∞
−∞
Z∞
−
e
±
ω2
±ik|~
r −~
r ′ |−iω(t−t′ )
e
dω
| ~r − ~r ′ |
±ik|~
r −~
r ′ |−iω(t−t′ )
−∞
−
1
ω2
k2
′
−
4
π
δ(~
r
−
~
r
)
+
′
2
| ~r − ~r |
v | ~r − ~r ′ |
dω
ω2
(Dispersionsrelation).
v2
′
In diesem Fall gilt (für ~r = ~r ′ ist e±ik|~r−~r | = 1)
Z∞
′
′ 1
e−iω(t−t ) dω
= −4 π δ(~r − ~r )
2π
→ G± ist eine Lösung für k 2 =
2 G±
′
−∞
= −4 π δ(~r − ~r ) δ(t − t′ ).
qed.
Ist v unabhängig von ω – solche Medien nennt man dispersionsfrei – kann man die GF
explizit angeben
3.5 Erhaltungssätze
67
Z∞ |~
r −~
r ′|
1
1
iω t−t′ ∓ v
e
dω
=
| ~r − ~r ′ | 2 π
−∞
r ′|
δ t′ − t ∓ |~r−~
v
=
′
| ~r − ~r |
G±
′
r |
G+ nennt man die retardierte GF. Sie trägt nur bei für die Zuordnung t′ = t − |~r−~
< t.
v
Ist also t′ die Zeit, zu der eine Quelle am Ort ~r ′ die Ausbreitung einer Welle verursacht,
deren Wirkung zur Zeit t vom Beobachter am Ort ~r registriert wird, so entspricht die
retardierte GF dem Prinzip der Kausalität. Betrachtet man die entsprechende zeitliche
Fouriertransformierte
′
eik|~r−~r |
G+ (ω, ~r ~r ′ ) =
,
| ~r − ~r ′ |
so beschreibt die retardierte GF gerade eine von der Quelle auslaufende Kugelwelle (siehe
auch hier die Kausalität: die Welle breitet sich von der Quelle ~r ′ zum Beobachter ~r hin
aus, denn mit wachsendem Abstand | ~r − ~r ′ | wird der Radius der Welle immer größer).
Im Gegensatz dazu ist G− eine einlaufende Kugelwelle: sie ist nicht kausal. Die avancierte
GF G− beschreibt den Empfang eines Signals, bevor es von der Quelle abgesandt wurde.
Die Lösung der Wellengleichung ist nun formal möglich
±
ψ (~r t) =
Einsetzen ergibt
±
ZZ
G± (~r ~r ′ , t, t′ ) f (~r ′ , t′ ) d3 r′ dt′ .
ZZ
2~rt G± (~r, ~r ′ , t, t′ ) f (~r ′ , t′ ) d3 r′ dt′
ZZ
= −4 π
δ(~r − ~r ′ ) δ(t − t′ ) f (~r ′ , t′ ) d3 r′ dt′
2~r,t ψ (~r t) =
= −4 πf (~r t).
Setzt man die retardierte GF für ein dispersionsfreies Medium (z. B. Vakuum) in die
kausale Lösung ein, so erhält man
ψ + (~r t) =
3.5
Z f ~r ′ , t −
| ~r
Erhaltungssätze
Das em Feld enthält ausgehend von den MGL
|~
r −~
r ′|
v
− ~r ′ |
d3 r ′
68
3. Die Maxwell Gleichungen
(C)
(A)
~ =
∇D
~ − 1 ∂ D~ =
∇×H
c ∂t
4 π̺ (F)
4π
~
c
~+
∇×E
~ = µH
~
B
~
~ = σ E
für lineare isotrope Medien
~ = ǫE
~
D
~
1 ∂B
c ∂t
=
~
∇B =
0
0
Erhaltungsgrößen, die in diesem Kapitel abgeleitet werden.
3.5.1
Ladungsverteilung
Bildet man die Divergenz des Ampere’schen Gesetzes, so erhält man
~ −
div rot H
1∂
~ = 4 π div ~
div D
c ∂t
c
~ = 0 ergibt sich die
Zusammen mit dem Coulombgesetz und der Tatsache, dass div rot H
Kontinuitätsgleichung
∂̺
+ div ~ = 0
∂t
Die Kontinuitätsgleichung ist ein Ausdruck der lokalen Ladungserhaltung: Beobachtet
d3 r, so ist damit loman in einem Volumenelement d3 r eine zeitliche Ladungsänderung ∂̺
∂t
kal ein elektrischer Fluss durch die Begrenzungsfläche (div ~ ) des infinitesimalen Volumens
verbunden. Die Ladungserhaltung gilt natürlich auch integral
Z
V
∂̺ 3
dr = −
∂t
Z
div ~ d3 r
V
ZZ
dq
= − ~ · ~n ds.
dt
S(V )
3.5.2
Energiesatz
Bevor wir uns mit dem Energiesatz auseinandersetzen können, müssen wir zunächst die
Kraft bestimmen, die auf eine Ladung im em Feld wirkt. Dazu betrachten wir als Ausgangspunkt die Kraft auf einen Strom durchflossenen Leiter in einem Magnetfeld
Z
1
~ r ′ )d3 r′ .
~j(~r ′ ) × B(~
F~ =
c V
Der Strom beschreibt mit welcher Geschwindigkeit sich eine Ladungsverteilung durch
einen Leiter bewegt, d.h.
~j = ρ~v .
Für eine bewegte Punktladung ρ = qδ(~r − ~r ′ ) ergibt sich somit im Magnetfeld die Lorentzkraft
Z
q
~ r ′ )d3 r′
~
δ(~r − ~r ′ )~v (~r ′ ) × B(~
F =
c V
q
~ .
= ~v × B
c
3.5 Erhaltungssätze
69
Die Kraft, die ein em Feld auf eine Ladung ausübt ist dann die Summe der elektrischen
und magnetischen Kräfte
1
~
~
~
F = q E + ~v × B ,
c
sofern sich die Ladung mit konstanter Geschwindigkeit durch den Raum bewegt. Wir
können die mechanische Arbeit berechnen, die wir gegen die Felder aufbringen müssen,
um die konstante Geschwindigkeit der Ladung aufrecht zu erhalten
1
~ + ~v × B
~ · ~v dt.
dW = F~ · d~l = q E
c
~
Zunächst sieht man, dass das Magnetfeld keine Arbeit aufbringt, weil ~v senkrecht zu ~v × B
steht und somit das Skalarprodukt verschwindet. Damit erhält man für die Arbeit pro
Zeiteinheit
dW
~
= q · ~v · E
dt
bzw. bei einer kontinuierlichen Ladungsverteilung pro Zeit und Volumeneinheit
dW
~
= ̺ · ~v · E
dt
In diesem Fall kann man dW
als die zeitliche Änderung der mechanischen Energiedichte
dt
interpretieren. Da ̺ · ~v = ~ – eine bewegte Ladung erzeugt einen Strom – erhält man für
die zeitliche Änderung der mechanischen Energiedichte
dW
~
= ~ · E.
dt
~ aus den MGL erhalten:
Im nächsten Schritt betrachten wir, was wir für den Ausdruck ~· E
• Einsetzen des Ampere’schen Gesetzes für ~ :
(
)
~
1
∂
D
~ =
~ · rot H
~ −E
~
~ · E
cE
4π
∂t
• benutze:
~ × H)
~ = H
~ · (∇ × E)
~ −E
~ · (∇ × H)
~
∇(E
(
)
~
~ · rot E
~ − ∇(E
~ × H)
~ −E
~ ∂D
~ = 1 c H
⇒ ~ · E
4π
∂t
~
• Einsetzen des Induktionsgesetzes für rot E:
(
)
~
~
∂
B
∂
D
1
~
~ × H)
~ +E
~
~ =
H
+ c∇(E
−~ · E
4π
∂t
∂t
70
3. Die Maxwell Gleichungen
Da wir lineare Materialgleichungen vorausgesetzt haben, gilt (z. B. für die Magnetfelder)
1∂ ~ ~
1
(B · H) =
2 ∂t
2
~
~
∂B
~ +B
~ · ∂H
·H
∂t
∂t
!
1
=
2
~
~
~ ∂ B + µH
~ 1 ∂B
H
∂t
µ ∂t
!
~
~ · ∂B .
= H
∂t
Definiert man den Skalar
1 ~ ~
~ · D),
~
(H · B + E
8π
kann man die Terme mit der Zeitableitung zusammenfassen. Führt man zusätzlich den
Vektor
~ = c (E
~ × H)
~
S
4π
ein, so erhält man schließlich
U=
~ =
−~ · E
∂U
~
+ div S
∂t
Diese Bezeichnung sieht ähnlich aus wie die Kontinuitätsgleichung, allerdings in diesem
Fall mit einem zusätzlichen Quellterm. Um aber den physikalischen Inhalt zu verstehen,
~ interpretieren. Analog zur Kontinuitätsgleichung
müssen wir zunächst die Terme U und S
~ als
interpretiert man ∂U
als zeitliche Änderung der Energiedichte des em Feldes und div S
∂t
~ ist also ein Maß
Energiefluss durch eine infinitesimale Oberfläche. Der Poyntingvektor S
für die Energiestromdichte des em Feldes
→ Die Summe aus der zeitlichen Änderung der in einem Volumen enthaltenen em
Energie und dem Energiestrom, der pro Sekunde durch die Begrenzungsfläche des
Volumens austritt, entspricht der mechanischen Arbeit, die das em Feld pro Zeiteinheit an den Quellen innerhalb des Volumens leistet. Diese mechanische Arbeit
~ gerade der Joule’schen Wärme, die bei einem endlientspricht in Leitern (~ = σ E)
chen Leitungswiderstand R = σ1 dem em Feld entzogen wird
~ = 1 j2 = R · j2
~ · E
σ
Integral erhält man z. B. im Vakuum
Z
V
~ d3 r + 1 ∂
~ · E
8 π ∂t
Z
V
2
2
3
(E + B ) d r = −
I
~ · ~n ds
S
I
~ · ~n ds.
S
S(V )
dWmech dWem
+
= −
⇔
dt
dt
S(V )
3.5 Erhaltungssätze
71
Eine Änderung der Energie des em Feldes wird einerseits durch den Strahlungsstrom
durch die Oberfläche S und andererseits durch die mechanische Arbeit an den Feldquellen
hervorgerufen: die Energie des em Feldes lässt sich also in mechanische- (Wärmeenergie)
und in Strahlungsenergie verwandeln.
3.5.3
Impulssatz
Der mechanische Impuls, der auf ein geladenes Teilchen im em Feld übertragen wird, lässt
sich ebenfalls mit Hilfe der elektromotorischen Kraft formulieren
dP~
~v
~
~
~
≡F =q E+ ×B .
dt
c
Für eine ausgedehnte Ladungsverteilung erhält man analog die zeitliche Änderung der
Impulsdichte
dP~
~ + 1 ~ × B.
~
= ̺E
dt
c
Zur weiteren Ableitung nehmen wir an, dass der Raum frei von Medien ist, also die
inhomogenen MGL lauten
!
~
1 ~
c
1
∂
E
~−
̺=
∇E
,
~ =
∇×B
.
4π
4π
c ∂t
Einsetzen ergibt
~ = 1
~ + 1 ~ × B
̺E
c
4π
(
~
~ E)
~ +1B
~ × ∂E − B
~ × (∇ × B)
~
E(∇
c
∂t
)
und mit Hilfe der Produktregel und Faraday’s Gesetz
~
~
~ × ∂ E = − ∂ (E
~ × B)
~ +E
~ × ∂ B ← Faraday
B
∂t
∂t
∂t
∂ ~
~ − cE
~ × (∇ × E).
~
= − (E × B)
∂t
~ · (∇B)
~ = 0 erhält man
Addiert man B
~ + 1 ~ × B
~ =
̺E
c
o
1 n~
~ × B).
~
~ + B(∇
~ B)
~ −E
~ × (∇ × E)
~ −B
~ × (∇ × B)
~ − 1 ∂ (E
E(∇E)
4π
4 πc ∂t
~ × B)
~ = 12 S
~ als em Impulsdichte interprieren kann, muss man obige
Damit man ~g = 4 1πc (E
c
Gleichung als eine Kontinuitätsgleichung auffassen können, d. h. den Term innerhalb der
72
3. Die Maxwell Gleichungen
geschweiften Klammern als Divergenz eines Impulsstromes schreiben. Dazu betrachten
wir exemplarisch eine Komponente des elektrischen Anteils
n
~ E)
~ −E
~ × (∇ × E)
~
E(∇
o
1
= E1 (∂1 E1 + ∂2 E2 + ∂3 E3 ) − E2 (∂1 E2 − ∂2 E1 )
+E3 (∂3 E1 − ∂1 E3 )
= ∂1 (E12 ) + ∂2 (E1 E2 ) + ∂3 (E1 E3 ) −
1
∂1 (E12 + E22 + E32 ).
2
Für den vollständigen Vektor können wir also schreiben (hier für die Komponente α)
n
o
X ∂ 1
~ ·E
~ δαβ .
~ E
~ −E
~ × (∇ × E)
~
Eα Eβ − E
=
E∇
∂x
2
α
β
β
Den Ausdruck in der Klammer bezeichnet man als einen Tensor 2. Stufe. Analoges erhält
~
man für das B-Feld.
Definiert man den Maxwell’schen Spannungstensor Tαβ
1 ~ ~
1
~
~
Eα Eβ + Bα Bβ − (E · E + B · B) δαβ ,
Tαβ ≡
4π
2
so erhält man für die Kontinuitätsgleichung der Impulsdichte (Komponente α)
~ + 1 ~ × B
~
̺E
c
=
α
X
β
∂β Tαβ −
∂
gα .
∂t
Da wir es mit einer vektoriellen Erhaltungsgleichung zu tun haben, hat man für den
Impulsstrom eine Matrix (Tensor) Struktur. D. h. zur zeitlichen Änderung jeder Komponente der Impulsdichte des em Feldes gehört der infinitesimale Fluss eines Impulsstromes
∇ · T~α . Die Summe ist die Ursache für eine mechanische (pondoromotorische) Kraft auf
die Quellterme des Feldes.
Kapitel 4
Spezielle Anwendungen der
Elektrodynamik
4.1
Ausbreitung elektromagnetischer Wellen
Die quellenfreien MGL einer sich in einem isotropen linearen Medium ausbreitenden emWelle sind
~ =0
div B
~ =0
div E
~
~ − µ ǫ ∂E = 0
rot B
c ∂t
~
~ + 1 ∂B = 0
rot E
c ∂t
Dabei haben wir zusätzlich angenommen, dass das Medium ein idealer Isolator ist (σ = 0).
D. h. die em-Welle verliert im Medium keine Energie in Form von Joul’scher Wärme. Die
zu den MGL korrespondierende Welle wird also ungedämpft durch das Medium bleiben.
Die vier MGL lassen sich zu zwei Wellengleichungen (WGL) kombinieren.
rot (Ampere) :
allgemein :
~−
rot rot B
~
rot E
=
0
~ = ∇(∇B)
~ − △B
~
rot rot B
=
~
−△B
~+
△B
~
rot E
=
0
~
1 ∂B
c ∂t
=
0
rot (Ampere) →
µǫ ∂
c ∂t
µǫ ∂
c ∂t
~+
rot E
Faraday →
Faraday ⇒
~−
△B
~
µ ǫ ∂2B
c2 ∂t2
=
0
Analog aus rot (Faraday) ⇒
~−
△E
~
µ ǫ ∂2E
c2 ∂t2
=
0
Diese homogenen Wellengleichungen sind äquivalent zu den MGL und entsprechen der
73
74
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
allgemeinen Form
1 ∂ 2ψ
=0,
v 2 ∂t2
die wir bereits für die Potentiale kennen gelernt haben. Die Ausbreitungsgeschwindigkeit
v ist typisch für das Medium
2 ψ = △ψ −
c
c
≡
v=√
µǫ
n
⇔
n≡
√
µ ǫ.
Man definiert das Verhältnis der Ausbreitungsgeschwindigkeiten im Vakuum und Medium
als Brechungsindex n
c
n=
v
Eine Lösung der WGL ist die ebene Welle (*)
ψ = exp {i~k · ~r − iωt}
((*) ψ stellt eine ebene Wellenfront dar, die sich in Richtung von ~k ausbreitet.)
unter der Voraussetzung, dass Wellenzahl ~k und Frequenz ω die Dispersionsrelation
k=
ω
ω√
ω
= ·n=
µǫ
v
c
c
erfüllen. Man nennt ein Medium dispersionsfrei, wenn v und damit n unabhängig von der
Frequenz ω sind. Die allgemeine Lösung der WGL ist ein Wellenpaket der Form
Z
1
~
ψ(~r t) = p
φ (~k) ei(k·~r−ω(k)t) d3 k.
(2 π)3
Jetzt erkennt man auch, was der Begriff Dispersion bedeutet: Jede ebene Wellenkomponente hat ihre eigene Geschwindigkeit v = ωk = nc . Ist diese Geschwindigkeit frequenzabhängig (dispergierendes Medium), so breiten sich die einzelnen Fourierkomponenten
unterschiedlich schnell aus und es muss zu einem Auseinanderlaufen (dispergieren) des
Wellenpaketes kommen.
Eine monochromatische Welle besitzt nur eine Fourierkomponente (e. g. Laser): jede Kom~ und B
~ Feldes wird durch eine ebene Welle bestimmt.
ponente des E
~ r t) = E~ ei(~k·~r−ωt)
E(~
~ r t) = B~ ei(~k·~r−ωt)
B(~
Die Eigenschaften der Amplituden werden durch die Divergenzgleichungen bestimmt
~ = 0 ⇒ ~k · E~ = 0
div E
~ = 0 ⇒ ~k · B~ = 0
div B
4.1 Ausbreitung elektromagnetischer Wellen
75
~ und B
~ stehen jeweils senkrecht auf der Ausbreitungsrichtung ~k als Konsequenz
D. h. E
der Quellenfreiheit des Mediums. Em-Wellen sind also Transversalwellen. Die ’Rotationsgleichungen’ stellen einen Zusammenhang zwischen den Amplituden E~ und B~ her:
~ + 1 ∂ B~ = 0 folgt mit
Aus rot E
c ∂t
~ex
~
e
~
e
y
z
~
∂y
∂z · e−iωt
rot E = ∂x
Ex ei~k·~r Ey ei~k·~r Ez ei~k·~r ~ex ~ey ~ez ~
= i kx ky kz · ei(k·~r−ωt)
Ex Ey Ez ~
= i ~k × E~ · ei(k·~r−ωt)
~
∂B
~
= −i ω B~ · ei(k·~r−ωt)
∂t
c
⇒ B~ = ~k × E~ ⇒ B~ · E~ = 0
ω
~
~
D. h. B steht ebenfalls senkrecht auf E.
√
√
Solange der Brechungindex n = µ ǫ und damit k = ωc µ ǫ reell sind, besitzen B~ und E~
die gleiche Phase. Definiert man die zueinander senkrechten Vektoren ~e1 , ~e2 , ~k kann man
√
die Eigenschaften der Feldamplituden zusammenfassen zu ( ωc k = µǫ)
E~ = ~e1 E0
√
B~ = ~e2 µ ǫE0 = ~e2 B0
~ B
~ und ~k stehen zueinander senkrecht, sind in Phase und das Verhältnis der AmD. h. E,
√
0
plituden ist B
= µ ǫ = n.
E0
e1
B
k
e
2
E
Abb. 4.1: Darstellung einer linear polarisierten elektromagnetischen Welle
Dieser Spezialfall zeigt eine linear polarisierte em-Welle. Wir hätten die Welle auch anders
angeben können.
√
E~ = ~e2 E0′ , B~ = −~e1 µ ǫE0′ .
Dies ist ebenfalls eine linear polarisierte Welle, aber gegenüber der vorigen um 90◦ gedreht.
D. h. eine beliebig polarisierte Welle erhalten wir durch die Überlagerung zweier linear
polarisierter Wellen
76
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
~ r t) = (~e1 E1 + ~e2 E2 ) · ei(~k·~r−ωt)
E(~
~ r t) = (~e1 B1 + ~e2 B2 ) · ei(~k·~r−ωt)
B(~
√ µǫ ~
~
k × Ej ~ej
Bj = Bj ~ej =
k
j = 1, 2.
e1
E1
θ
e
E2
2
Abb. 4.2: Beliebige Polarisationsrichtung
Sind beide Amplituden E1 und E2 reell, so handelt es sich wiederum um eine linear
1
polarisierte Welle mit der Amplitude E = [E12 + E22 ] 2 und dem Polarisationswinkel
θ = arctan
E1
E2
~ 1 und E
~ 2 komplexwertig, d. h.
Sind hingegen E
~ 1 = a1 · eiδ1 ~e1
E
~ 2 = a2 · eiδ2 ~e2
E
und besitzen verschiedene Phasen (z. B. δ2 −δ1 = 90◦ ), so handelt es sich um eine elliptisch
polarisierte Welle
a2 ±i π
~
iδ1
~
2
~e2 ei(k·~r−ωt)
E(~r t) = a1 e
~e1 + e
a1
E2
~
= E1 ~e1 ± i ~e2 · ei(k·~r−ωt)
E1
~
~ r t)
Zur Veranschaulichung identifizieren wir ~e1 → ~ex , ~e2 → ~ey , kk → ~ez , so lässt sich E(~
schreiben als
Ex = E1 (cos (kz − ωt) − i sin (kz − ωt))
Ey = ± i E2 (cos (kz − ωt) − i sin (kz − ωt))
Betrachten wir nur den Realteil, so folgt
4.2 Reflexion und Brechung em-Wellen
77
ℜEx = E1 cos (kz − ωt)
ℜEy = ±E2 sin (kz − ωt)
also gerade die Parameterdarstellung einer Ellipse mit den Halbachsen E1 und E2 . Das
~ (positive und negative Helizität).
Vorzeichen liefert uns den Drehsinn des Vektors E
D. h. die Kenntnis der Teilamplituden a1 , a2 und der Phasendifferenz δ2 − δ1 legt die Geometrie und Dynamik der monochromatischen Welle vollständig fest. Diese Größen lassen
sich indirekt bestimmen mit Hilfe der Stokes’schen Parameter, die direkte Messgrößen
sind
~ 2 + |~e2 · E|
~ 2 = a21 + a22
s0 = |~e1 · E|
~ 2 − |~e2 · E|
~ 2 = a21 − a22
s1 = |~e1 · E|
h
∗ i
~
~
s2 = 2ℜ
~e1 · E
~e2 · E = 2a1 a2 cos (δ2 − δ1 )
h
i
s3 = 2ℑm
···
= 2a1 a2 sin (δ2 − δ1 ) .
~ und B
~ gemeinsame,
Die si sind nicht unabhängig, denn die Welle ist bis auf eine für E
nicht messbare Phase durch 3 Größen bestimmt. Entsprechend findet man für eine ideale
monochromatische Welle
s20 = s21 + s22 + s23 .
Für nicht monochromatisches Licht gilt
s20 > s21 + s22 + s23 ,
d. h. man kann die si auch als Maß für die Qualität eines Lasers benutzen.
Aus der Polarisation einer em-Welle lassen sich Rückschlüsse auf mikroskopische Eigenschaften einer Strahlungsquelle ziehen. Für natürliches unpolarisiertes Licht findet man
s1 = s2 = s3 = 0, da im Mittel alle Amplituden und Phasenkombinationen auftreten.
4.2
Reflexion und Brechung em-Wellen
In diesem Abschnitt wollen wir betrachten, wie sich eine monochromatische Welle an der
Grenzschicht zweier dispersionsfreier (n unabhängig von ω), isolierender (σ = 0) Medien
verhält. Man beobachtet Brechung und Reflexion. Die Fragen die sich stellen sind
a) unter welchen Bedingungen finden Brechung und Reflexion statt?
b) wie groß sind die Intensitäten der gebrochenen bzw. reflektierten Welle im Vergleich
zur einfallenden Welle?
78
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
z
k’
α’
ez
µ’ ’
∋
∋
µ
x
α
k
α ’’
k ’’
Abb. 4.3: Reflexion und Brechung von em-Wellen
Stellen wir uns vor, die einfallende Welle breite sich in der xz-Ebene aus und die Trennfläche zwischen den Medien werde durch die Ebene z = 0 beschrieben. Die allgemeine
Form der monochromatischen Welle ist dann
einfallende Welle:
~
E
~
B
gebrochene Welle:
~′
E
~′
B
reflektierte Welle:
~ ′′
E
~ ′′
B
~ 0 · ei(~k·~r−ωt)
= E
√
~ ,
n = µǫ
= nk ~k × E
~ 0′ · ei(~k′ ·~r−ωt)
= E
√
n′ ~ ′
′
~
= k ′ k × E , n′ = µ ′ ǫ′
~ 0′′ · ei(~k′′ ·~r−ωt)
= E
~ ′′
= n′′ ~k ′′ × E
k
Dabei haben wir bereits die Tatsache berücksichtigt, dass bei Brechung und Reflexion keine Frequenzverschiebung (also Farbänderung des monochromatischen Lichts) beobachtet
wird. Die Beträge der Wellenzahlvektoren können wir mit Hilfe der Dispersionstrelation
spezifizieren
ω p ′ ′
ω
ω √
ǫ µ ; k′ =
µǫ,
k = k ′′ = · n =
c
c
c
wobei zu berücksichtigen ist, dass sich die reflektierte und einfallende Welle im selben
~ und B
~ Feldern an der Grenzschicht
Medium ausbreiten. Die Grenzbedingungen von E
zwischen den Medien sind die Grundlage des Brechungsgesetzes. Zunächst muss man
fordern, dass die Lösung der Wellengleichung am Übergang zwischen den Medien stetig
ineinander übergehen. Damit dies an jedem Ort der Ebene z = 0 und zu jeder Zeit t
möglich ist, müssen die Phasen der 3 Wellen auf der Ebene z = 0 identisch sein, d. h.
′
′′
~k · ~r ~
~
=
k
·
~
r
=
k
·
~
r
z=0
z=0
z=0
4.2 Reflexion und Brechung em-Wellen
79
Schreibt man das Skalarprodukt in kartesischen Koordinaten auf, so erhält man die Bedingungen
(kx − kx′ ) x + ky − ky′ y = 0
(kx − kx′′ ) x + ky − ky′′ y = 0
die für alle Orte (x, y, 0) erfüllt sein müssen. Das ist nur dann der Fall, wenn
kx = kx′ = kx′′
und
ky = ky′ = ky′′ .
Da ky = 0 folgt ky′ = ky′′ = 0: einfallende, gebrochene und reflektierte Welle liegen in einer
Ebene. Die Bedingung für die x-Komponenten liefert dann das Snellius’sche Brechungsgesetz und das Reflexionsgesetz
kx = k sin α = k ′ sin α′ = k ′′ sin α′′
sin α
k ′′
n
⇒
=
= = 1 ⇒ α = α′′
′′
sin α
k
n
sin α
n′
k′
=
=
sin α′
k
n
Ist n′ > n gilt α > α′ : beim Übergang in das optisch dichtere Medium (|µ′ ǫ′ | > |µ ǫ|) wird
die em-Welle auf das Einfallslot hin gebrochen.
Eine wichtige Anwendung stellt der umgekehrte Fall dar: die Totalreflexion beim Übergang vom optisch dichteren in das optisch dünnere Medium. In diesem Fall wird der
gebrochene Strahl vom Einfallslot weggebrochen. Ist der Brechungswinkel größer als 90
Grad, verbleibt die em-Welle im optisch dichteren Medium und man spricht von Totalreflexion. Die Bedingung für den Einfallswinkel ist somit (α′ ≥ 90)
sin α = sin α′
n′
n′
=
n
n
Für den Übergang von Glas (n=1.5) in Luft (n’=1) ergibt sich somit α ≥ 41.8 Grad. Die
erwähnte wichtige Anwendung sind Lichtleiter, ohne die in der modernen Kommunikationstechnik eine breitbandige Datenübertragung nicht denkbar wäre.
Die Frage nach den Intensitätsverhältnissen beantwortet sich aus den Grenzbedingungen
der Feldamplituden an der Grenzschicht beider Medien. Sie ist wesentlich aufwändiger zu
beantworten und führt auf die so genannten Fresnel’schen Gleichungen. So erhält man z.
~ liegt in der
B. (ohne Ableitung) für Licht, das parallel zur Einfallsebene polarisiert ist (E
xz Ebene)
E0′′
=
E0
E0′
=
E0
Bemerkungen:
µ
µ′
µ
µ′
µ
µ′
1
n′2 cos α − n n′2 − n2 sin2 α 2
1
n′2 cos α + n n′2 − n2 sin2 α 2
2 nn′ cos α
1
n′2 cos α + n n′2 − n2 sin2 α 2
80
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
z
k’
E’
α’
∋
’µ’ >
B’
ez
µ
x
E
µ
∋
∋
k
B
α
E ’’
B ’’
k ’’
Abb. 4.4: Grenzbedingungen der Feldamplituden sind die Ursache des Brechungsgesetzes
a) In der Abbildung sieht man, dass beim Übergang in das Medium mit ǫ′ > ǫ das
~
E-Feld
vom Einfallslot weggebrochen wird im Einklang mit dem Ergebnis in der
Elektrostatik.
~ liegt
b) Bei der Polarisation des Lichtes parallel zur Einfallsebene (siehe Abbildung: E
in der Einfallsebene) existiert ein Winkel (Brewster Winkel) für den es keine Reflexion gibt (setze µ = µ′ )
E0′′ = 0 ⇒
;
1
n′2 cos α − n n′2 − n2 sin2 α 2 = 0
n′4 cos2 α = n2 n′2 − n2 sin2 α
n′4 cos2 α + n4 sin2 α = n2 n′2
| : n4
′ 2
′ 4
n
n
cos2 α + sin2 α =
n
n
′ 4 ′ 2
1
n
n
−
+ tan2 α = 0
n
n
cos2 α
Lösung:
n′
n
2
=
=
cos2 α = 1 − sin2 α : =
=
=
quadrat. Gl in
21
1
1
2
±
− tan α
2 cos2 α
4 cos4 α
21 1
2
2
1
±
1
−
4
sin
α
cos
α
2 cos2 α
12 1
2
4
1
±
1
−
4
sin
α
+
4
sin
α
2 cos2 α
1
2
1
±
1
−
2
sin
α
2 cos2 α
sin2 α
1
− cos
für +
2α = 1
cos2 α
2
tan α
für −
n′
n
2
4.2 Reflexion und Brechung em-Wellen
81
Für den Brewsterwinkel gilt somit (Lösung + ist trivial)
′
′ 2
n
n
2
.
= tan α
⇒
α = arctan
n
n
Hat man eine unpolarisierte Welle, so wird das Licht unter dem Brewsterwinkel
~ parallel zur Einfallsebevollständig polarisiert reflektiert, da die Komponente mit E
ne herausgefiltert wird: das reflektierte Licht ist dann senkrecht zur Einfallsebene
polarisiert. Für die Reflexion an Wasser (n′ = 1.33) ist der Brewster Winkel 53◦ . D.h.
steht die Sonne unter 37◦ (Nachmittagssonne), wird das von der Wasseroberfläche
in das Auge des Beobachters reflektierte Licht polarisiert. Mit einem Polarisationsfilter lassen sich so interessante Gegenlichtaufnahmen von einer Wasseroberfläche
gewinnen.
c) Um auszurechnen, wie viel Strahlungsenergie des em-Feldes durch eine Grenzfläche
transportiert werden kann, müssen wir den Poyntingvektor (Energiestromdichte)
auswerten. Für eine ebene Welle gilt
~ = c (E
~0 × H
~ 0 ) = c n (E
~ 0 × (~k × E
~ 0 ))
S
4π
4π kµ
r
ǫ1 ~
c
~ 0 (E
~ 0~k))
(k|E0 |2 − E
=
4π µ k
r
~k
ǫ
c
=
|E0 |2
4π µ
k
Gibt ~en die Orientierung der Grenzfläche zwischen den beiden Medien an, so ist
ein Maß für (i) die Durchlässigkeit an der Grenzfläche der Transmissionskoeffizient
T und (ii) das Reflexionsvermögen der Grenzfläche der Reflexionskoeffizient R. Im
Einzelnen gilt
~ref l~en
S
E ′′2
R =
= 02
~einf ~en
E0
S
s
~gebr~en
E0′2 ǫ′ µ cos α′
S
= 2
T =
~einf ~en
E0 ǫµ′ cos α
S
Damit kann man jetzt den Transmissionskoeffizienten von z.B. einer Glasscheibe
berechnen. Bei senkrechtem Einfall (α = α′ = 90 Grad) erhält man
r
r
ǫ′
4n2 n′2
E0′2 ǫ′
=
T =
E02 ǫ
(n′2 + nn′ )2 ǫ
4n2 n′2
4nn′
=
=
n′2 n(n′ + n)2
(n′ + n)2
An den beiden Grenzflächen der Glasplatte mit Luft werden jeweils 4% der emStrahlung reflektiert, so dass man für die gesamte Transmission der Strahlung
92.16% erhält. Es ist wichtig zu verstehen, dass dieses Transmissionsverhalten ausschließlich eine Konsequenz der Grenzbedingungen des em-Feldes an der Mediengrenze ist und nichts mit Absorption zu tun hat. Letzteres werden wir im Rahmen
der Dispersionseigenschaften von Medien im nächsten Abschnitt untersuchen.
82
4.3
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
Grundlagen der Festkörper Optik: Dispersion in
Dielektrika und Leitern
Bisher nahmen wir an, dass die Medien, in denen wir die Ausbreitung von em-Wellen
beobachtet haben, dispersionsfrei waren. Um jedoch optische Eigenschaften von Medien
verstehen zu können (z. B. Farbe von Kristallen, metallischer Glanz), müssen wir analog
zur Elektrostatik ein dynamisches Modell des Mediums entwickeln, das seine Polarisierbar~
keit in einem zeitabhängigen E-Feld
berücksichtigt. Wir werden sehen, dass jedes Medium
dispergierend ist, also ǫ = ǫ(ω). Für die einfachen Modelle nehmen wir an, dass µ = 1 ist.
4.3.1
Oszillatormodell
Nehmen wir an, eine monochromatische Welle dringe in ein Medium ein. Wir wollen die
Dielektrizitätsfunktion ǫ = ǫ(ω) bestimmen, die sich ergibt, wenn die Atome (Moleküle)
~ r t) polarisiert werden. Analog zum elektrostadurch das zeitabhängige äußere Feld E(~
tischen Fall beschränken wir uns auch hier auf die Bestimmung von Dipolverformung, d.
h. wir suchen ein Modell für das Polarisationsfeld P~ .
Ein Elektron im Molekül- oder Gitterverband lässt sich modellieren als harmonischer
Oszillator
~ r, t),
m ~r¨ + γ ~r˙ + ω02 ~r = e E(~
(e = 7, 803250(21) · 10−10 esu = 1, 6021917(70) · 10−19 C : Elementarladung,
m = 9, 109534(47) · 10−28 kg : Masse des Elektrons)
~ r t). Die Eigenfrequenz des
angeregt durch das elektrische Feld der einfallenden Welle E(~
Elektrons ω0 hängt von der Stärke der Bindung ab und γ ist ein Dämpfungsfaktor, der
die Tendenz des Elektrons berücksichtigt, in seine Gleichgewichtslage (Grundzustand)
zurückzukehren. Wir wollen ferner annehmen, dass die maximale Auslenkung r0 klein im
Vergleich mit der Wellenlänge 2π
= λ der einfallenden Welle ist (Dipolnäherung), so dass
k
wir für
~
~ r t) = E~0 · e−iωt ≡ E(t)
E(~
schreiben können. Wir interessieren uns für Zeiten lange nach dem Einschwingvorgang
(Grenzzykluslösung (vergl. Mechanik)), d. h. das Elektron schwingt mit der Frequenz der
Anregung
~r(t) = r~0 · e−iωt .
Einsetzen in die DGL liefert die Amplitude r~0 der Partikulärlösung
m r~0 −ω 2 − i γ ω + ω02 = e E~0
−1
e ~ 2
E0 ω0 − ω 2 − i γ ω
.
m
Entsprechend der Auslenkung r~0 des Elektrons aus seiner Gleichgewichtslage wird das
Atom polarisiert. Das Dipolmoment ist dann
r~0 =
2
~ r t) = e · ~r (t) = e ω 2 − ω 2 − i ω γ −1 E(t).
~
d(~
m 0
4.3 Grundlagen der Festkörper Optik: Dispersion in Dielektrika und Leitern
83
Nun müssen wir berücksichtigen, dass wir in der E-Dynamik nur die makroskopischen
Effekte der mikroskopischen Polarisierbarkeit beobachten. D. h. wir betrachten zunächst
das mittlere Dipolmoment der j. Molekülsorte pro Volumeneinheit
−1
e2 2
~
ωj − ω 2 − i ω γj
E(t).
< d~j >=
m
Nehmen wir an, im Medium (pro Volumeneinheit) befinden sich N Moleküle,
wovon fj
P
Elektronen der Molekülart j die Bindungsfrequenz ωj besitzen und N j fj = Z die
Gesamtzahl der Elektronen bedeutet, so erhalten wir für die makroskopische Polarisierbarkeit
P~ = N
X
fj < d~j >
j
2
=
−1
Ne X
~
fj ωj2 − ω 2 − i γj ω
E(t).
m j
~ = ǫE
~ =E
~ + 4 π P~ erhält man daraus die Dielektrizitätsfunktion (Drude’sche
Wegen D
Formel)
−1
4 πN e2 X
ǫ(ω) = 1 +
fj ωj2 − ω 2 − i ω γj
m
j
Die molekularen Größen ωj (Bindungsenergie) und γj (Dämpfungskonstante) erhält man
aus quantenmechanischen Überlegungen.
4.3.2
Resonanzabsorption
Wir haben bei der Ableitung der Drude Formel bisher angenommen, dass alle Elektronen
gebunden sind, d. h. es handelt sich bei dem Medium um einen Isolator. Um die Drude
Formel etwas detailierter zu verstehen, nehmen wir an, eine monochromatische Welle
(Laser) beleuchte den Isolator mit der Resonanzfrequenz ω = ωl . In diesem Fall wird die
Summe in der Dielektrizitätsfunktion dominiert durch den Term j = l (weil der Nenner
minimal wird unter Resonanzbedingung) und man erhält
ǫ(ωl ) ≈
4πN e2
4πN e2
1
1
fl
fl
=1+i
m
− i ωl γl
m
ωl γl
Damit erhält man für Real- und Imaginärteil von ǫ(ωl )
ℜ ǫ(ωl ) ≈ 1
4πN e2
1
ℑ ǫ(ωl ) ≈
fl
m
ωl γl
Um die Rolle des Imaginärteils der Dielektrizitätsfunktion zu verstehen, definiert man
eine verallgemeinerte komplexe Wellenzahl
α
k =β+i .
2
84
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
Mit Hilfe der Dispersionsrelation (Annahme: µ = 1)
k=
ω√
ω
n=
ǫ
c
c
erhält man
α2
ω2
k2 = β 2 −
+ iαβ = 2 ǫ
c 2
4
2
c2
c
α
⇒ǫ =
+ i 2 αβ.
β2 −
2
ω
4
ω
Ein Vergleich mit der Drude Formel ergibt für α ≪ β
c2
c2
α2
2
= ℜe ǫ
αβ
=
ℑm
ǫ
,
β
−
ω2
ω2
4
⇓
⇓√
ω
⇓
←−
β ≈ c ℜe ǫ
ǫ
α ≈ ωc √ℑm
ℜe ǫ
Entsprechend der Definition interpretiert man α als Dämpfungskonstante → Absorptionskoeffizient, weil
α
~
eik·~r = eik~n·~r = eiβ~n·~r · e− 2 ~n·~r
Für den Fall, dass ℑm ǫ 6= 0 absorbiert das Medium (α 6= 0) den Anteil des Lichtes mit
ω = ωk (Resonanzabsorption). Die Energie der em-Welle wird vom Medium in Form
von Anregungsenergie der Elektronen aufgenommen. Mögliche Anregungsformen sind
Moleküloszillationen im Isolator (Phononen) oder Elektronenanregung (Exzitonen). Man
nennt den Bereich der Resonanz anormale Dispersion, den Bereich, in dem ℜ ǫ monoton
mit ω wächst normale Dispersion. Durch die Absorption bestimmter Frequenzen aus dem
Licht der einfallenden Welle erklären sich die Farben von Medien: Die Farbe ergibt sich als
Komplementärfarbe zur Resonanzfrequenz. Bspl.: entspricht die Resonanzfrequenz rotem
Licht, so erscheint das Medium grün (Chlorophyl der Blätter einer Pflanze).
α
Da die em-Welle beim Eindringen in das Medium mit dem Faktor e− 2 r gedämpft wird, ist
1
ein Maß für die Eindringtiefe (Extinktionslänge) der Strahlung. Das wichtigste Kennα
zeichen der Resonanzabsorption ist die Tatsache, dass das Medium nur für bestimmte
Frequenzen undurchsichtig wird. Im nächsten Abschnitt wollen wir das kontinuierliche
Verhalten der Drude Formel untersuchen.
4.3.3
Freie Elektronen im Medium – elektrische Leitfähigkeit
Wir haben im Rahmen des Oszillatormodells bisher angenommen, dass alle Elektronen
des Mediums mit einer Bindungsfrequenz ωj gebunden sind. Das ist charakteristisch für
Isolatoren, aber nicht für Leiter.
Das einfachste Modell eines Leiters (Jellium Modell von Metallen) geht davon aus, dass
eine Anzahl von Elektronen im ansonsten unstrukturierten Medium frei verschiebbar sind,
also nicht mehr an die positiven Ionenrümpfe der Gitteratome gebunden sind. Unter der
4.3 Grundlagen der Festkörper Optik: Dispersion in Dielektrika und Leitern
85
Annahme, dass es N · f0 freie Elektronen gibt, kann man diesen Anteil der Drude Formel
abtrennen (ω0 = 0 für freie Elektronen)
1
4 πN f0 e2
ǫ (ω) = ǫR (ω) + i
m
ω (γ0 − i ω)
Dabei steht ǫR (ω) für den Anteil der gebundenen Elektronen. Den Vorfaktor bezeichnet
man als Plasmafrequenz
4 πN f0 e2
ωp2 =
m
aus der Vorstellung heraus, dass die freien Elektronen sich im Leiter wie ein Elektronengas
(Plasma) verhalten. Die Plasmafrequenz ist proportional zur Zahl der Elektronen N · f0
pro Volumeneinheit, also proportional zur Elektronendichte. Physikalisch ist ωp gerade
die Frequenz, mit der das Elektronenplasma zur kollektiven Schwingung gegenüber dem
positiven Ionengitter angeregt werden kann.
Um ein tieferes Verständnis für den Plasmaanteil der Drude Formel zu gewinnen, betrachten wir das Ampere’sche Gesetz
~
~ = 4 π ~ + 1 ∂ D
rot H
c
c ∂t
~ Vernachlässigt man die Frequenzabhängigkeit der DielekFür lineare Medien gilt ~ = σ E.
~ = ǫ0 E
~ ≈ eiωt ergibt sich
trizitätsfunktion, also D
~
∂D
~
≈ −i ωǫ0 E
∂t
ω
4 πσ ~
~
; rot H = −i
ǫ0 + i
E
c
ω
Fasst man die Klammer als verallgemeinerte Dielektrizitätsfunktion auf, so zeigt ein Vergleich mit der Drude Formel
σ=
ωp2
f0 N e 2
1
=
m (γ0 − i ω)
4 π γ0 − i ω
Da die Plasmafrequenz eines Leiters i. a. bekannt ist (die Dichte der freien Ladungen
ergibt sich aus der Struktur der chemischen Bindung), kann man durch Messung der
Leitfähigkeit γ0 bestimmen. Man findet für Metalle γ0 ≈ 3 · 1013 1s . Im Grenzfall kleiner
Frequenzen (weit unterhalb der niedrigsten Resonanzfrequenz, so dass ℜ ǫ = ǫ0 = konst
gilt) erhält man aus der Drude Formel
ωp2
ǫ (ω) = ǫ0 + i
⇒
γ0 ω
(
ℜ ǫ = ǫ0 = konst
ω2
ℑ ǫ = γ0pω ∼ ω1
Mit Hilfe der verallgemeinerten Wellenzahl (siehe Seite 84) kann man den Niederfrequenzlimes betrachten
ω2 ℑ ǫ
c2
→ β= 2
ℑ ǫ = 2 αβ
ω
c α
86
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
Einsetzen für ℑ ǫ (ω) ergibt
1 ωωp2
β=
α c2 γ 0
und mit
c2
ℜ ǫ = ǫ0 = 2
ω
α2
β −
4
2
eine Gleichung 4. Ordnung für die Absorptionsfunktion
ω 2 ωp4
ω2 2 2
α + 4 2 ǫ0 α − 4 4 2 = 0
c
c γ0
4
mit der Lösung
ω2
α2 = 2 2
c
ωp2
ǫ20 + ǫ40 + 2 2
γ0 ω
21 !
Im Grenzfall kleiner Frequenzen dominiert der 2. Term der Wurzel und man erhält
√
ω 2 ωp
α −→ 2 2
⇒ α∼ ω
ω→0
c γ0 ω
2
D. h. mit wachsender Frequenz
werden em-Wellen daran gehindert, in leitende Materialien
√
einzudringen (da α ∼ ω ist die Extinktionslänge und damit die Eindringtiefe ∼ √1ω ).
Im Grenzfall großer Frequenzen (ω ≫ γ0 ≈ 3 · 1013 s−1 ) können wir die Drude Formel
ebenfalls abschätzen (beachte: ω muss weit oberhalb der größten Resonanzfrequenz liegen)
ǫ (ω) = ǫ0 + i
ωp2
ωp2
≈ ǫ0 − 2
ω (γ0 − i ω)
ω
√
Für den Fall ω ≫ ωp ist ǫ (ω) < 0 und n = ǫ rein imaginär. D. h. die em-Welle dringt
kaum in das Medium ein, sie wird fast vollständig reflektiert. Das ist i. a. im optischen
Bereich der Fall und damit die qualitative Erklärung für den Glanz von Metallen. Mit
wachsender Frequenz wird ǫ (ω) > 0, somit n reell, so dass das leitende Medium für solche
Frequenzen durchsichtig wird.
Zum
Verhalten von Brechungsindex n =
p Abschluss wollen wir am Beispiel Hω2 Oℑ ǫdas
(ω)
∼
ℜ µ ǫ(ω) und Absorptionskoeffizient α = c √
als Funktion der Frequenz der einfallenden em-Welle qualitativ diskutieren
ℜ ǫ (ω)
4.3 Grundlagen der Festkörper Optik: Dispersion in Dielektrika und Leitern
87
Abb. 4.5: Dielektrizitätsfunktion und Absorptionskoeffizient für Wasser
Bereich
Dielektrizitätsfunktion
ǫ(ω) = ǫ0 +
kleine Frequenzen
>
ω < 108 , λ ∼ 1m
ωp2
i ω(γ0 −iω)
ω2
i γ0pω
≈ ǫ0 +
√
α ∼ ω√
n = ℜ ǫ = konst.
α = 0 n = konst.
mittlere Frequenzen
108 < ω < 1018
1 Å < λ < 1m
Resonanzabsorption
siehe Abbildung
große Frequenzen
ω > 1018
λ < 1 Å
α = 0 n = konst.









Bemerkungen
Salzwasser: leitendes Medium
Absorption von Radiowellen
Aqua dest.: Isolator
Anregung innerer Freiheitsgrade
im Molekül: Mikrowellen
Molekülrotation), IR (Vibration)
UV (Anregung der O Elektronen)
weiche Röntgenstrahlung
Hohe Durchlässigkeit von
Wasser für harte Röntgenstrahlung
γ − Strahlung
88
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
Eigentümlich ist das Absorptionverhalten
im optischen Bereich: rotes Licht wird in Wasser
1
stark absorbiert α ≈ 1m während die Extinktionslänge für blaues Licht α1 ≈ 20m groß
ist. Das ist die Ursache dafür, dass einem Taucher die Unterwasserwelt blau-grün erscheint.
Resonanzabsorption erhält man im Bereich der Mikrowellen (Radar, Mikrowellenherd),
IR-Strahlung, harte UV bzw. weiche Röntgenstrahlung.
4.4
Das em-Feld einer lokalen Quelle
Bisher haben wir uns mit Ausbreitungsphänomenen elektromagnetischer Wellen befasst
und dabei die Grundlagen der Optik diskutiert. Es stellt sich natürlich die Frage, wie emWellen erzeugt werden. Dazu werden wir annehmen, dass eine lokalisierte, oszillierende
Quelle durch die zeitabhängige Dichte bzw. Stromdichte
̺(~r t) = ̺(~r ) · e−iωt
~ (~r, t) = ~ (~r ) · e−iωt
beschrieben wird. Jede beliebige zeitliche Äbhängigkeit lässt sich durch eine Fourierüberlagerung dieses speziellen Ansatzes gewinnen. Das Feld, das durch eine solche Quelle
erzeugt wird, kann durch die Potentialgleichungen
2 φ = −4 π̺
~ = − 4 π ~
2A
c
beschrieben werden. Vorausgesetzt es gibt keine endlichen Grenzflächen im Volumen, lassen sich die Wellengleichungen für die Potentiale mit Hilfe der (retardierten) Greensfunktion allgemein lösen
1
A~+ (~r, t) =
c
Z
d3 r ′
V
φ+ (~r, t) =
Z
V
d3 r ′
~j ~r ′ , t −
|~
r −~
r ′|
c
| ~r − r~ ′ |
̺ ~r ′ , t −
|~
r −~
r ′|
c
| ~r − ~r ′ |
,
wobei wir bereits das Kausalitätsprinzip berücksichtigt haben (retardierte Potentiale).
Setzt man den harmonischen Ansatz für ~ und ̺ ein, so erhält man (z. B. für A~+ )
Z
~ (~r ′ ) −iωt i ω | ~r−~r ′ |
1
+
~
e
d3 r ′
A (~r, t) =
·e c
.
c
| ~r − ~r ′ |
V
4.4 Das em-Feld einer lokalen Quelle
89
Mit Hilfe der Dispersionsrelation k =
der oszillierenden Quelle
ω
c
(im Vakuum) ergibt sich für das Strahlungsfeld
Z
ik| ~
r −~
r ′|
1
+
3 ′
′ e
~
e−iωt
A (~r, t) =
d r ~ (~r )
c
| ~r − ~r ′ |
V
Z
ik| ~
r −~
r ′|
3 ′
′ e
+
e−iωt
d r ̺(~r )
φ (~r, t) =
| ~r − ~r ′ |
V
Abhängig von der Geometrie der Quellterme werden die Potentiale des em-Feldes von
auslaufenden Kugelwellen bestimmt. Durch Vorgabe von ~ und ̺ lassen sich so im Prinzip
die Strahlungsfelder bestimmen.
Wir wollen uns hier auf Spezialfälle beschränken. Dazu müssen wir einige systembestimmende Größen definieren:
d:
λ=
2π
k
=
2 πc
:
ω
|~r| = r:
typisches Maß der Quelle;
d3 = V ist das effektive Volumen, in dem die Raumintegration beiträgt.
Wellenlänge des Senders; Annahme: λ ≫ d
(Beispiel: Radiowellen λ ≈ 1km, d = 10cm).
Position des Empfängers (Beobachters);
er befindet sich im großen Abstand von der Quelle (r ≫ d).
Unter diesen Voraussetzungen kann man das Strahlungsfeld in drei Raumbereichen diskutieren:
(1)
(2)
(3)
r≪λ
r≈λ
r≫λ
Nahfeld
mittlerer Bereich
Fernfeld
zu (1):
Im Nahfeldbereich
(kr)3
(kr)2
ik·r
−i
± ··· ≈ 1
r ≪ λ ⇒ kr ≪ 1 ⇒ e = 1 + ikr −
2!
3!
erhalten wir für die Potentiale
Z
1
1
−iωt
+
~
~
~
mit A(~r ) ≈
A (~r t) = A(~r ) · e
~ (~r ′ )
d3 r ′
c
| ~r − ~r ′ |
Z V
1
φ+ (~r t) = φ(~r ) · e−iωt mit φ(~r ) ≈ ̺(~r ′ )
d3 r ′ .
′
| ~r − ~r |
V
90
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
D. h. die Raumanteile der Potentiale des Nahfeldes verhalten sich wie die Potentiale stationärer Felder. Zeitlich oszillieren die Potentiale wie die Feldquellen.
zu (3):
Für das Fernfeld r ≫ λ sieht die Situation völlig anders aus. Unter dieser Bedingung ist
| ~r | ≫ d, also | ~r | ≫ | ~r ′ |, so dass
1
r2 + r′2 − 2 ~r~r ′ 2
"
# 21
′ 2
r
r′
= r 1+
− 2 cos(~r, ~r ′ )
r
r
r′
′
= r 1 − cos(~r~r ) ± . . .
r
∗)
~r
.
= r − ~r ′ · ~n ± . . . ; ~n =
| ~r |
| ~r − ~r ′ | =
mit
cos(~r · ~r ′ ) =
∗)
; −r
r′
cos(~r~r ′ ) =
r
=
=
~n =
~r · ~r ′
r · r′
r′ ~r · ~r ′
−r
r rr′
~r
−~r ′ ·
r
′
−~r · ~n
~n(θϕ)
1
≈
Berücksichtigt man | ~r − ~r ′ | bis zur 1. Ordnung im Exponenten und | ~r−~
r ′|
~
polnäherung im inversen Abstand, so erhält man exemplarisch für A
Z
1 eikr
1 eikr
′
~
A(~r ) =
f (θ, ϕ).
j(~r ′ ) · e−ik~n·~r d3 r′ =
c r
c r
1
r
die Mono-
V
D. h. das Fernfeld verhält sich wie eine durch eine winkelabhängige Gewichtsfunktion
f (θ, ϕ) verbeulte Kugelwelle.
Gehen wir noch einen Schritt weiter in der Näherung für r ≫ r′ und setzen |~r − ~r ′ | ≈ r,
so erhalten wir in niedrigster Ordnung
Z
1 eikr
~
~ (~r ′ ) d3 r′
A(~r ) =
c r
V
Partielle Integration
Z
V
′
3 ′
~ (~r ) d r = −
Z
V
~r ′ (∇′~ (~r ′ )) d3 r′
4.4 Das em-Feld einer lokalen Quelle
91
ergibt unter Berücksichtigung der Kontinuitätsgleichung und ̺ = ̺(~r) · e−iωt
Z
′
3 ′
~ (~r ) d r
=
Z
~r
′ ∂̺
∂t
3 ′
d r = −i ω
V
V
Z
~r ′ ̺(~r ′ ) d3 r′
V
~
= −i ω d,
wobei d~ das elektrische Dipolmoment bedeutet. Somit erhalten wir in Monopolnäherung
eikr
i ω ~ eikr
~
~
A(~r ) = −
d
= −i k d
.
c
r
r
Da
erhält man für die Felder aus
~ r t) = A(~
~ r ) · e−iωt
A(~
~ = rot A
~
B
~
∂E
~ ; −i ω E
~ = c rot B
~ ;E
~ = i rot B
~
(Ampere)
= c rot B
∂t
k
eikr
1
2
~
~
; B = k (~n × d)
1−
r
ikr
ikr
h
i 1
i
k
r
e
e
i
k
2
~ = k (~n × d~ ) × ~n
+ 3 ~n (~n · d~ ) − d~
−
E
r
r2
r
r
(~n ist der Einheitsvektor ~n = | ~~rr | in Richtung des Empfängers)
Der leitende Term für r → ∞ ist
~ e
~ = k 2 (~n × d)
B
ikr
r
ikr
e
~
~ × ~n
~ = k 2 (~n × d)
× ~n = B
E
r
~ und E
~ sind charakteridas Strahlungsfeld, wie es vom Empfänger aufgenommen wird: B
stisch für Dipolstrahlung.
Interessiert man sich für die Strahlungsleistung P des em-Feldes, also die Energie, die
~ über eine gegebene
pro Zeiteinheit abgestrahlt wird, muss man den Poyntingvektor S
Oberfläche integrieren
Z
c
∗
~
~
P =
ℜ E × B · ~n ds.
8π
S(V )
Für die abgestrahlte Leistung in ein Raumelement dΩ ergibt sich somit (ds = r2 dΩ)
c
dP
~ ×B
~ ∗ · ~n
=
ℜ r2 E
dΩ
8π
92
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
~ und B
~ für das Fernfeld ein, so erhält man
setzt man E
dP
dΩ
=
c 4
~ × ~n|2
k |(~n × d)
8π
∗)
c 4 2 2
k p sin (~n, d~ )
8π
~n × d~
,
∗) ~n × d~ = p sin(~nd~ )
| ~n × d~ |
=
~n × d~
d~
× ~n = −
d
| ~n × d~ |
wobei (~n, d~ ) die Orientierung (Winkel) des Senders gegenüber dem Empfänger bedeutet.
zu (2):
Der Übergangsbereich zwischen Nah- und Fernfeld ist komplizierter zu behandeln und
soll hier nicht erörtert werden.
Als Standardbeispiel für einen lokalisierten Oszillator betrachten wir eine Linearantenne
mit symetrischer Speisung, d. h. d~ = d · ~ez . Diese Quellengeometrie ist typisch für eine
Dipolantenne.
z
Richtung zum Empfänger
dP = c 4 2
k p sin 2 θ
dΩ 8π
z
θ
y
ϕ
y
x
Abb. 4.6: Antennengeometrie einer Dipolantenne
4.5
Abb. 4.7: Abstrahlcharakteristik des
Fernfeldes: Dipolstrahlung
Streuung von em-Wellen bei großen Wellenlängen
(Rayleigh-Streuung)
Wir werden uns in diesem Kapitel auf die Streuung von em-Wellen an kleinen Streukörpern
beschränken. Genauer werden wir annehmen, dass die Wellenlänge der einfallenden Strahlung groß im Vergleich zur geometrischen Ausdehnung des Streukörpers ist. Ferner stellen
4.5 Streuung von em-Wellen bei großen Wellenlängen (Rayleigh-Streuung)
93
wir uns den Streuprozess so vor, dass die einfallende Welle im Streukörper Polarisationsladungen induziert, die in fester Phasenbeziehung mit den zeitabhängigen Feldern oszilliert
und nach allen Raumrichtungen Energie abstrahlen kann. Dabei haben die gestreuten Kugelwellen die selben Wellenlängen wie die einfallende Welle: dies bezeichnet man als einen
elastischen Streuprozess, bei dem keine Anregung innerer mikroskopischer Freiheitsgrade
zu erwarten ist.
Aus dieser anschaulichen Vorstellung des Streuvorgangs ergibt sich seine mathematische
Behandlung: wir betrachen den Streukörper als lokalisierte oszillierende Quelle und können
somit die Ergebnisse des vorangegangenen Kapitels übertragen. Insbesondere haben wir
gesehen, dass für Wellenlängen, die groß im Vergleich mit den Dimensionen des Streukörpers
sind, nur die niedrigsten Multipolfelder (Dipolnäherung) von Bedeutung sind.
Als einfallende em-Welle (i: initial) nehmen wir eine polarisierte monochromatische Welle
an, deren Ortsanteil durch
~ i = ~ei · E0 · eik·~ni ·~r
E
~ i = ~ni × E
~i
B
(ebene Welle. ~ni : Einfallsrichtung; ~ei : Polarisationsvekor)
beschrieben wird. Der Zeitanteil ergibt sich aus der üblichen Phasenbeziehung (Dispersionsrelation) k = ωc . Das elektrische Feld induziert im Streukörper (Isolator) vorwiegend
~ In abgeschwächter Form wird auch ein magnetisches Diein elektrisches Dipolmoment d.
polmoment (nur in einem Leiter)
Z
1
m
~ =
(~r ′ × ~ (~r ′ )) d3 r′
2c
erzeugt, das man aus der Berücksichtigung des Dipolterms im Vektorpotential (S. 90)
erhält. (Diese Komponente besitzt auch ein elekrisches Quadrupolfeld).
Für das Fernfeld des im Streukörper induzierten elektrischen Dipolmoments d~ gilt (siehe
voriges Unterkapitel):
(s: scattered – gestreute Welle)
i
ikr h
2 e
~
~
~ns × d × ~ns
Es = k
r
~ s = ~ns × E
~s
B
Z
d~ =
~r ′ ̺(~r ′ ) d3 r′
(~ns : Richtung zum Beobachter; ~ni · ~ns = cos θ : Streuwinkel zwischen ~ni und ~ns ).
Als Maß für die Strahlungsleistung der gestreuten Welle berechnet man die relativen
Intensitäten in Form eines Differentiellen Wirkungsquerschnittes (DWQ):
94
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
Der DWQ ist definiert als die in einem Raumwinkelelement in Richtung ~ns
mit der Polarisation ~es abgestrahlte Leistung bezogen auf die Leistung der
einfallenden Strahlung:
~ s |2
dσ
| ~e∗ · E
≡ r2 s
~ i |2
dΩ
| ~e∗ · E
i
Der Polarisationsvektor ~es ist komplexwertig, um auch die Helizität bei zirkularer Polarisation beschreiben zu können (vergl. ersten Abschnitt dieses Kapitels).
Die Intensitäten | . . . |2 erhält man durch Einsetzen der Felder. (Beachte: |~ei |2 = 1)
i
dσ
k 4 ∗ h
2
~
= 2 ~es (~ns × d ) × ~ns dΩ
E0
Das doppelte Kreuzprodukt lässt sich umrechnen
(~ns × d~ ) × ~ns = −~ns × (~ns × d~ )
= −(~ns · d~ ) · ~ns + (~ns · ~ns ) · d~
= −(~ns · d~ ) · ~ns + d~
Der erste Term zeigt in Richtung von ~ns und steht somit senkrecht auf dem Polarisationsvektor ~es , so dass wir mit
h
i
∗
~
~es (~ns × d ) × ~ns = ~e∗s · d~
erhalten
k4
dσ
= 2 |~e∗s · d~ |2 .
dΩ
E0
Dies ist das Rayleigh Gesetz für die Streuung langwelliger Strahlung an einem bezüglich
der Wellenlänge kleinen Streukörper. Die wesentliche Näherung besteht in der Annahme,
dass nur induzierte Dipole im Streukörper für den Streuvorgang relevant sind. Typisch
für solche Streuprozesse ist die Proportionalität des DWQ zu k 4 und wegen k ∼ λ1 somit
dσ
1
∼ 4
dΩ
λ
Ist der Streukörper isotrop, so ist die Polarisation proportional zum äußeren Feld, d. h.
ǫ−1
~
~
.
d = f (χ)Ei
χ=
4π
Dabei bedeutet f (χ) ein Formfaktor, der die Geometrie des Streukörpers berücksichtigt.
Einsetzen ergibt die spezielle Form für das Rayleigh Gesetz
dσ
= k 4 f 2 (χ) | ~e∗s · ~ei |2 .
dΩ
4.5 Streuung von em-Wellen bei großen Wellenlängen (Rayleigh-Streuung)
95
z
ns
ni
θ
ei
θ
x
es
ei
− es
y
Abb. 4.8: Zur Polarisation bei Rayleigh Streuung
I. A. ist die Polarisierungsrichtung der einfallenden Welle nicht bekannt, falls es sich (wie z.
B. beim Sonnenlicht) um unpolarisierte Strahlung handelt. Um den DWQ zu bestimmen,
müssen wir über die Polarisierungsrichtung der einfallenden Strahlung mitteln. Definiert
man als Strahlebene die Ebene, die durch die Richtungen ~ni und ~ns aufgespannt wird, so
∗k
k
k k
gibt es zwei ausgezeichnete Polarisationsrichtungen ~ei , ~es mit ~es · ~ei = cos ϑ parallel zur
Streuebene und ~e⊥
e⊥
e⊥
e⊥
i = ~
s mit ~
i ·~
s = 1 senkrecht zur Streuebene. Entsprechend erhält
man für den DWQ
dσk
= k 4 f 2 (χ) cos2 θ
dΩ
dσ⊥
= k 4 f 2 (χ)
dΩ
dσk dσ⊥
dσ
=
+
= k 4 f 2 (χ)(1 + cos2 θ)
dΩ
dΩ
dΩ
Die Polarisation der gestreuten Strahlung definiert man mit Hilfe des Polarisationsparameters
dσ
dσ⊥
− dΩk
sin2 θ
1 − cos2 θ
dΩ
=
Π(θ) =
=
dσ
dσ⊥
1 + cos2 θ
1 + cos2 θ
+ dΩk
dΩ
An dieser Stelle sind wir bereit, einige alltägliche Phänomene zu verstehen.
a) Warum ist der Himmel blau?
Die Erklärung ist relativ einfach und hängt direkt mit der Wellenlängenabhängigkeit
des DWQ zusammen:
dσ
1
∼ k4 ∼ 4 .
dΩ
λ
Das bedeutet, das langwellige rote Licht wird mit geringerer Intensität gestreut als
das kurzwellige blaue Licht. Der Himmel erscheint uns blau (bei trockener klarer
Luft ohne Wolken) weil das kurzwellige Streulicht dominiert.
96
4. Spezielle Anwendungen der Elektrodynamik
b) Warum erscheint die Sonne bei Auf- und Untergang rot?
Hierbei handelt es sich um die zu (1) komplementäre Frage: wir schauen direkt in
A
E
Abb. 4.9: Wegstrecke des Lichtes bei verschiedenen Sonnenständen
die Sonne. Was wir sehen ist der Anteil des Lichtes, der nicht gestreut wurde, also
vorwiegend der langwellige Anteil des Spektrums. Nun hängt es davon ab, welche
Wegstrecke das Licht durch die Atmosphäre zurücklegt, bis es auf unser Auge trifft.
Ist der Weg kurz (Sonne im Zenit), so ist die Zahl der Streukörper (Luftmoleküle)
kleiner als bei streifendem Lichteinfall (Sonnenauf- und Untergang). Im ersten Fall
erscheint die Sonne gelblich, im zweiten Fall rötlich, weil sehr viel mehr Streulicht
aus dem ursprünglichen Sonnenlicht verlorengeht.
c) Wie ist das Streulicht polarisiert?
Die Polarisation Π(θ) ist maximal für θ = 90◦ und verschwindet für θ = 0◦ , 180◦
1
Π(θ)
1−
(1+cos² θ )
2
0
1
_
dσ
dΩ
0
_ 0
1
cos θ
Abb. 4.10: DWQ und Polarisation für Rayleigh Streuung
4.5 Streuung von em-Wellen bei großen Wellenlängen (Rayleigh-Streuung)
97
relativ zur Einfallsrichtung der Primärstrahlung. Für θ = 90◦ ist
dσk
= 0,
dΩ
das Streulicht ist also vollständig senkrecht zur Streuebene polarisiert, während für
θ = 0◦ ; 180◦ gilt
dσk
dσ⊥
=
,
dΩ
dΩ
dass das Streulicht vollkommen unpolarisiert ist. Diese Eigenschaft der gestreuten
Strahlung findet man z. B. im Himmelslicht bestätigt. Orientiert man sich mit einer
Kamera plus Polarisationsfilter kolinear zur Sonne, so beobachtet man durch Drehung des Polarfilters keine Veränderung, während Streulicht, das unter 90◦ auf die
Kamera trifft durch Drehen des Polarfilters stark abgedunkelt wird.
Man muss bei diesen Beobachtungen allerdings berücksichtigen, dass neben Streuprozessen auch anormale Dispersion in der Atmosphäre eine große Rolle spielt. So ist z. B.
bei großer Luftfeuchtigkeit (Wolken) der Absorptionsanteil durch Anregung von Vibrationsbanden von H2 O wesentlich größer als der Anteil des Streulichtes: im Durchlicht
erscheinen uns Wolken dunkel. Im Auflicht erscheinen Wolken hell, denn nach Snellius
wird an der Grenzschicht Licht auch reflektiert.
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