Video Gestaltungs- und Produktionsgrundlagen

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Video
Gestaltungs- und Produktionsgrundlagen
VIDEO
GESTALTUNGS- UND PRODUKTIONSGRUNDLAGEN
Ulrich Herburger
© 2005 Ulrich Herburger
Alle Rechte vorbehalten.
Fachliche Beratung: Paul Sedlacek,
Gunther Rothfuss, Robert Lang,
Wolfgang Reutz
Über den Autor
Gestaltung: Birgit Hofer; Scribbles:
UlrichHerburger, Prof.(FH), MA, Lehramtsprüfungen für Deutsch und Geschichte,
Daniel Flax; Lektorat: Albert Ruetz;
unterrichtet seit 1996 an der Fachhochschule Vorarlberg Videogrundlagen und
Druck: Vigl Druck, Dornbirn; Buchbin-
betreut angewandte und experimentelle Videoprojekte.
dearbeiten: Konzett, Bludenz
Von 1981 bis 2001 arbeitete er als Radio- und Fernsehredakteur für das ORF
Entstanden im Rahmen einer Master-
Landesstudio Vorarlberg, war im Aktuellen Dienst stellvertretender Chefredak-
These an der Donau-Universität Krems
teur, Ressortleiter Kultur und Leiter der Fernsehredaktion. Er gestaltete zahlreiche
als Lehrmittel für die Fachhochschule
Beiträge für regionale und österreichweite ORF Programme und 3 Sat. Er ist Autor
Vorarlberg. Betreuer: Gerald Trimmel
und Gestalter von ORF- und freien Dokumentationen.
INHALTSVERZEICHNIS
4
1.
1.1
1.2.
Einleitung
Problemstellung: Generalisten und Spezialisten
Zielsetzung
7
7
9
2.
Videoelemente
15
3.
3.1.
3.2.
3.3.
3.4.
3.5.
3.6.
Konzeption (preproduction)
Briefing
Recherche
Normative Ebene, Ziele
Strategische Festlegungen, Exposé, Ideenskizze
Von der Einstellung zur Sequenz
Operative Ebene
21
21
22
26
32
37
43
4.
4.1.
4.2.
4.3.
4.4.
4.5.
4.6.
Produktion
Das Produktionsteam
Sprache als Metapher für Videoeinheiten
Frame
Mise en Scéne
Kameraeinstellung
Schnittfreundliche Einstellungen
51
51
53
53
54
54
90
5.
5.1.
5.2.
Licht und Schatten
Licht
Schatten
97
97
107
6.
6.1.
6.2.
6.3.
6.4.
6.5.
Montage und Postproduktion
Shotlist
Papierschnitt
Digitalisierung
Kuleschow Effekt
Schnitt – Begriffsklärung
117
117
120
120
121
122
6.6.
6.7.
6.8.
6.9.
Harter Schnitt, Blende, Schwarzkader
Montagearten
Compositing
Text im Bild
126
128
128
129
7.
7.1.
7.2.
Ton
Bild, Geräusch, Musik und Text
Sprache
133
133
136
8.
Resümee
143
9.
Literaturverzeichnis
145
10.
Abbildungsverzeichnis
149
11.
Literaturtipps und Links
151
12.
Anhang: Konzeption Dokumentation
„René reist nach Finnland“
155
5
1. Einleitung | Problemstellung
1. EINLEITUNG
„Als Anfänger sagte ich, man brauche nicht mehr als vier Stunden – und zwar wenn man nicht begabt ist –, um zu lernen,
wie man einen Film inszeniert. Ich bin immer noch dieser Meinung. Vier Stunden reichen, um zu lernen, was notwendig ist:
Die Wahl der Objektive, die kleine Grammatik der Blickrichtungen, die Kameraführung, die Schärfentiefe.“1 Dieses Statement
stammt von Claude Chabrol, einem der bedeutendsten französischen Regisseure, Filmtheoretiker und Vertreter des Nouvelle Vague, der neuen Kinowelle, die in Frankreich als Antithese
zum etablierten Kino der 1950er Jahre begründet wurde. Heute
sind wir ebenfalls mitten in einer neuen Welle, einer neuen Video-Welle. Das Zitat steht – provokativ gemeint – als Präambel
dieser Masterthese. Das Genie mag es in vier Stunden schaffen,
das Nicht-Genie braucht wesentlich mehr Zeit und die gründliche Befassung mit den Grundlagen der Videogestaltung und
Videoproduktion, um in seinem Bemühen erfolgreich zu sein.
Warum also dann das Zitat? – Es soll Mut machen, zur Tat zu
schreiten. Video ist das wichtigste Bewegtbild-Medium der
Gegenwart und technisch und gestalterisch in stetiger Entwicklung, also selbst ständig in Bewegung. Wer fasziniert ist von
den Bewegtbildern und diese selbst gestalten will, sollte es tun.
Das Tun soll aber in einen gezielten Lernprozess eingebettet
und von permanenter kritischer Reflexion begleitet sein, nur
das bringt uns weiter.
1.1. Problemstellung: Generalisten und Spezialisten
Die Videowelt ist von zwei gegenläufigen Entwicklungen gekennzeichnet. Im Amateurbereich und im semiprofessionellen
Bereich haben die Digitalisierung und der Preissturz bei Vide1
6
Chabrol, Claude und Guérif, Francois: Wie man einen Film macht. Berlin 2004, S. 48
7
1. Einleitung | Problemstellung
1. Einleitung | Zielsetzung
okameras und Computern dafür gesorgt, dass Video in einer
akzeptablen technischen Qualität allgemein verfügbar und auch
finanziell leistbar wurde. Im High-End-Bereich hingegen gibt es
eine hochgradige Spezialisierung mit höchsten Ansprüchen an
Know How und Qualität, die nur mit Hilfe von teuren Geräten
und Studioeinrichtungen erreicht werden können. Die technische Komplexität ist gegenüber der vordigitalen Zeit heute geringer. Die inhaltliche, gestalterische ist hingegen größer, weil
es deutlich mehr Möglichkeiten gibt.
Produktionsmittel zu einer „Verrohung der Gestaltungsmittel“
geführt hätten, die Qualität von Fernsehbeiträgen werde nicht
besser, sondern schlechter. Video erfordere nun einmal einen
hohen Spezialisierungsgrad: Produktion, Redaktion, Script, Regie, Kamera, Licht, Schnitt etc. Dem kann ich so nicht beipflichten. Spezialisierung alleine ist noch keine Qualitätsgarantie.
Auch der Vertrieb von Videos hat sich gravierend verändert.
Durch die Verbesserung der Bandbreiten wird Video immer
häufiger übers Internet verfügbar gemacht. Video wird in Präsentationen eingebunden. Mit der Verbreitung der Menü geführten DVD wird das umständliche Suchen auf Videobändern
überflüssig. Die neuen Vertriebskanäle ermöglichen neue Anwendungen, wie zum Beispiel Instruktionsvideos, Videos in ELearning-Modulen, Unterhaltungs- und Musikvideos, interaktive Videoapplikationen in Ausstellungen etc.
Neue Ausbildungsmöglichkeiten im Medienbereich, wie sie
zum Beispiel auch an der Fachhochschule Vorarlberg mit dem
Studiengang InterMedia geschaffen wurden, greifen diesen
oben geschilderten Trend auf. Das heißt aber nicht, dass sie die
Vorreiter für Personal-Einsparungsargumente der Medienunternehmen sind. In diesen Ausbildungsstätten werden VideoGrundlagen praxisbezogen und auf einer theoretischen Basis
vermittelt, die es den Universalisten ermöglichen, einfache Aufgabenstellungen selbst zu realisieren. Die Spezialisten sollen auf
der Grundausbildung ihr Expertentum weiter ausbauen können.
Diejeinigen, die in anderen Medienbereichen ihre Profession
suchen, sollen sich zumindest eine fundierte Mitsprachekompetenz erwerben können.
Diese Entwicklung, die sich zu Beginn der 1990er Jahre angekündigt hatte und ab Mitte der 1990er Jahre galoppierend verlief, führte allerdings nicht dazu, dass parallel zur technischen
Qualitätsverbesserung auch die gestalterische Qualität gestiegen wäre. Im Gegenteil. Die Zahl der Videoproduzenten hat
sich zwar vervielfacht. Gestalterisch gesehen sind aber viele Arbeiten laienhaft geblieben. Es fehlt bis heute an Know-How.
Der Produktions- und Gestaltungsprozess beruht häufig auf
Versuch und Irrtum.
Verrohung der Gestaltungsmittel?
Kolleginnen und Kollegen aus der Fernsehbranche argumentieren häufig damit, dass die heute einfacher als früher verfügbaren
8
1.2. Zielsetzung
Ich möchte diese Ausbildungsziele mit einem Vergleich der Videowirtschaft mit der Medizin untermauern. Rückgrat unseres
medizinischen Systems ist die Zusammenarbeit zwischen Allgemeinmedizinern und Spezialisten. Den weit überwiegenden
Teil medizinischer Behandlungen erledigen die Allgemeinmediziner, also die Praktischen Ärztinnen und Ärzte. Diese wissen
aber genau, und das gehört zu ihrer Kernkompetenz, wann es
zweckmäßig ist, die Patientinnen und Patienten zum Facharzt
zu überweisen. Denn die Praktiker haben während der Turnuszeit im Krankenhaus von Fachärzten gelernt. Die Allgemeinme-
9
1. Einleitung | Zielsetzung
Generalisten
Experten
Überblick
Qualitätsbewusstsein
Demokratisierung des Mediums
10
1. Einleitung | Zielsetzung
diziner haben also in verschiedenen Fachgebieten der Medizin
zumindest Überblickswissen. Das ist Voraussetzung dafür, dass
sie die eigenen Grenzen erkennen können und die Überweisung zur Fachmedizin ausstellen. Sie wissen um das Potential
der Fachmedizin.
nur einige Beispiele zu nennen. Auch wenn im semiprofessionellen Bereich die Anforderungen nicht so hoch sind, ist es
doch sinnvoll und zeitsparend, wenn die Anweder die Grundlagen der Videogestaltung beherrschen und nicht nur auf Versuch und Irrtum bauen.
Dualität: Generalisten und Experten
Diese Arbeit will Grundlagen für das Arbeiten mit dem Medium
Video vermitteln, von der ersten Idee bis zur fertigen Videoarbeit. Die Distribution von Video wird hier nicht weiter erörtert.
Dazu braucht es fundiertes medientechnisches Grundwissen,
was den Rahmen des Video Gestaltungsgrundlagen-Unterrichts
überschreitet. Hier muss eine systemische Grenzziehung vorgenommen werden.
Eine ähnliche Dualität hat sich in der Medienwirtschaft entwickelt. Es braucht Generalisten, die Anwendungen selbst entwickeln, gestalten und produzieren können, die aber auch genau
wissen, wann sie Expertinnen und Experten, z.B. für die Programmierung oder für die Produktion einer speziellen Video-applikation einbinden müssen. Es geht einerseits darum, das eigene
Vermögen richtig einschätzen zu lernen und zu wissen, wo die
Grenzen sind. Andererseits geht es um die Kenntnis der Möglichkeiten, die außerhalb des eigenen Wirkungskreises liegen.
Diese Arbeit will beitragen, Studierenden mit einem generalistischen Anspruch an das Medium Video einen Überblick über
die Gestaltungs- und Produktionsgrundlagen zu gegeben und
einige wichtige Aspekte zu beleuchten. Dadurch wird ein Beitrag zur Hebung des Qualitätsbewußtseins geleistet und auch
dazu ermutigt, selbst die Kamera in die Hand zu nehmen und
zu experimentieren, auch die Nachbearbeitung selbst anzugehen. Die Zeiten sind vorbei, in denen einige wenige Videogestalterinnen und -gestalter ihr Herrschaftswissen über den Produktionsablauf hüteten. Heute geht es darum, möglichst viele
Interessierte zu qualifizieren. Nur dadurch wird man der Demokratisierung des Mediums gerecht. Video soll also nicht nur
speziell ausgebildeten Kameraleuten und Cuttern vorbehalten
bleiben. Durch die allgemeine Verfügbarkeit greift Video über
das Medium Fernsehen, das Kino und die Wirtschaft hinaus in
die Freizeit, in den Bildungsbereich und in die Sozialarbeit, um
Grundlagen
Formatierung
Wir leben in einer Zeit, in der die Fernsehprogramme immer
stärker formatiert sind, das heißt, dass Themen und Beiträge
vordefinierten TV-Sujets zu folgen haben. Der Maßstab für den
Erfolg der Formatprogramme ist die Zuseherquote. Dies führt
dazu, dass die Fernsehprogramme zum Verwechseln ähnlich
geworden sind. Und viele wichtige Themen werden gar nicht
mehr behandelt. Dazu gehört z.B. auch die Auseinandersetzung
mit gesellschaftlichen Randgruppen, die nicht mehrheitsfähig
ist und keine hohen Zuseherquoten erzielt. Dennoch kann man
diesen wichtigen Themen gerecht werden, indem man selbst
die Kamera in die Hand nimmt und dokumentiert.
Die theoretische Erörterung der Video-Grundlagen wird deshalb von einer praktischen Arbeit begleitet. In der Dokumentation „René reist nach Finnland“ wird mit einfachsten Mitteln
gearbeitet, eine „Rucksackproduktion“, in der nur mit Hilfe der
Kamera und des Computers ein Thema dokumentiert wird, von
dem der Autor glaubt, dass es gesellschaftlich relevant ist. Es
„René reist nach Finnland“
11
1. Einleitung | Zielsetzung
geht um die Integration von Menschen mit Behinderungen im
akademischen Umfeld. Dabei wurden auch erste Erfahrungen
mit dem neuen Videformat HDV gemacht, das eine deutliche
technische Qualitätsverbesserung gegenüber dem DV-Format
mit sich bringt.
Keine Dogmen
Kenntnis des Regelsystems
Noch ein Wort zum Regel-Charakter der nachfolgenden Arbeit.
Die beschriebenen Gestaltungsparameter sind natürlich nicht
wie ein Gesetzbuch zu lesen und dogmatisch zu verstehen.
Regeln dürfen in Abhängigkeit von der Aufgabenstellung auch
gebrochen werden. Wenn es um einen bewussten Gestaltungsprozess geht, dann steht hinter jeder Gestaltungsentscheidung
eine Begründung. Voraussetzung für das Brechen von Regeln ist
aber die Kenntnis des Regelsystems. Dazu leistet diese Arbeit
einen Beitrag. Zielgruppe sind Studierende in Medienstudiengängen, die noch keine Videoerfahrung haben.
Handhabung
Es wird hier verzichtet, glossarhaft Fachbegriffe zu erklären.
Studierende sollen dazu angeregt werden, sich selbst Informationsquellen zu erschließen. Unter den Links am Ende dieser Arbeit sind mehrere, die bei Unklarheit ein leichtes Nachschlagen
ermöglichen. Die vorliegende Printversion soll in den nächsten
Monaten im Internet zugänglich und mit anderen Sites verknüpft werden.
Kursiv ausgewiesene Hinweise lassen Gestaltungsentscheidungen
am Beispiel der Dokumentation „René reist nach Finnland“ nachvollziehen. Die Nummerierung, z.B. „DVD-K1....“, entspricht den
Kapitelmarken auf der DVD, sodass ein leichtes Anwählen möglich ist.
12
13
2. Videoelemente
2. VIDEOELEMENTE
In unserer alltäglichen Fernseh- und Kinorezeption sind wir es
gewohnt, Videobeiträge gesamthaft wahrzunehmen. Wir fällen
deshalb häufig auch Pauschalurteile. Als Gestalter bringt uns
diese Haltung aber nicht weiter. Wir müssen der Sache auf den
Grund gehen, denn wir treffen viele der in gestalterischer Hinsicht relevanten Entscheidungen auf anderen Ebenen. Wo diese
Gestaltungsentscheidungen getroffen werden, will das folgende
Kapitel bewusst machen.
Der Erfolg eines Videos hängt wesentlich vom Publikumsurteil
ab. Kommuniziert wird, ob das Video gefallen hat oder nicht.
Dabei ist oft entscheidend, ob es unterhalten oder betroffen
gemacht hat. Bei einem derartigen Gesamturteil sind meist der
Inhalt und die Art und Weise, wie der Inhalt erzählt wird, ausschlaggebend. Für die Videogestalter ist dieser Gesamteindruck
zwar wichtig, weil er möglicherweise über den kommerziellen
Erfolg entscheidet, aber er sagt letztlich wenig über die Qualität
der einzelnen Gestaltungsentscheidungen aus.
Bevor es nun um die Betrachtung der Ebenen geht, auf denen
die Gestaltungsentscheidungen getroffen werden, sollte mit der
Verwendung des Begriffs Gestalter vorerst geklärt werden, auf
wen dieser Begriff überhaupt anzuwenden ist. Am einfachsten
– und das ist schon schwierig genug – kann man sich mit einer
rechtlichen Abgrenzung behelfen. Gestalter sind demnach alle,
die Urheberrechte geltend machen können oder Anspruch auf
Leistungsschutz haben, also alle, die bei einer Videoproduktion einen kreativen Beitrag leisten. Das sind ohne Anspruch
auf Vollständigkeit in der Regel Regisseurinnen und Regisseure,
Drehbuchautorinnen und -autoren, Kamerafrauen und -männer, Soundgestalterinnen und -gestalter, Cutterinnen und Cutter, Schauspielerinnen und Schauspieler.
14
Gestalter
15
2. Videoelemente
2. Videoelemente
Stellen wir uns nun die Frage, wo sich die gestalterischen Entscheidungen auswirken, kann uns ein einfaches System dienlich
sein, das der Schweizer Theoretiker Christian Doelker veröffentlicht hat und das hier in geringfügiger Adaption Anwendung
findet. Ausgangspunkt für Doelkers Überlegungen ist die gesamthafte Rezeption des Mediums Fernsehen. Wenn wir uns
die Frage stellen, was wir bei der Betrachtung des Mediums im
Detail wahrnehmen, dann sind dies folgende Elemente:2
Video
Bild
Bild
Ton
Wort
Schrift
Realbild
Landkarte
Gestaltungsentscheidungen
Ton
Gesprochenes
Wort
Generiertes Alphanumerisches Gesprochenes
Bild
Zeichen
Wort
Musik
Geräusch
Dieses Schema ist wie eine Landkarte, die aufzeigt, wo die Gestaltungsentscheidungen im Videoproduktionsprozess fallen.
Dabei spielen die Ebenen permanent ineinander und bedingen
sich oft gegenseitig, beispielsweise ob über eine Musikpassage
noch zusätzlich Sprache gelegt wird oder nicht, ob und wie lange eine Schrift eingeblendet werden soll etc.
Solche Entscheidungen hängen häufig von den Rezeptionsbedingungen der Zielgruppe ab, an die sich das Video richtet.
Wenn ein Video über das Internet verbreitet wird und auch
von Telefonmodem-Benutzern empfangen werden soll, müssen bestimmte technische Voraussetzungen erfüllt werden. Es
darf z.B. nur eine geringe Datenmenge umfassen. Dies wird
erreicht durch ein kleines Bildformat, eine geringe Bildfrequenz und eine hohe Kompression, Voraussetzungen also, die
zunächst das Video gesamthaft betreffen. Auf Gestaltungsentscheidungen in der untersten Ebene des Doelker-Schemas hat
2
16
dies gravierende Auswirkungen: Auf totale Einstellungen sollte
möglichst verzichtet werden. Denn die Differenzierung des Motivs einer totalen Einstellung ist in der kleinen Bildgröße und in
der niedrigen Bandbreite der Internetübertragung nicht mehr
zu erkennen. Schriftgrößen müssen entsprechend groß gewählt
werden, sonst kann der Text nicht gelesen werden. Nuancierte
Sprach-, Musik- und Geräuschmischungen werden beim Rezipienten nicht ankommen. Das Pauschalurteil der Empfänger wird
schlecht ausfallen, wenn diese Bedingungen nicht eingehalten
werden.
Bei großen Kinoproduktionen sind viele Mitwirkende in den
künstlerischen Entscheidungsprozess involviert oder zumindest
davon betroffen, von der Regie bis zu den kleinsten Komparsen. Alle Personen, die gestalterische Verantwortung tragen,
können den Feldern des Doelker-Schemas zugeordnet werden,
ebenso wie jede einzelne Entscheidung.
Die Reise auf der Landkarte der Videogestaltung kann beginnen. Sie wird in vier wichtige Etappen eingeteilt:
— Preproduction, Konzeption
— Production
— Postproduction
— Distribution
Einzelgestaltungsentscheidungen
vier Etappen
Diese vier Bereiche sind zwar in einer zeitlich linearen Abfolge. Wie weiter oben bereits erwähnt, bedingen sie sich jedoch
gegenseitig. Deshalb ist es wichtig, bereits bei der Konzeption
die Drehbedingungen zu kennen, beim Dreh zu wissen, welches Material für den Schnitt gebraucht wird etc. Bereits in der
Konzeption wird der schnittfreundliche Dreh mitgedacht.
Auch wenn im Zeitalter der Digitalisierung einfachere Produktionen von einer Person im Alleingang realisiert werden können,
Doelker, Christian: Kulturtechnik Fernsehen. Analyse eines Mediums. Stuttgart 1989, S. 172
17
2. Videoelemente
Final Cut
18
bleiben Videoarbeiten häufig das Ergebnis eines arbeitsteiligen
Prozesses. In jeder Etappe der Produktion können Expertinnen
und Experten zum Einsatz kommen, zum Beispiel in den Bereichen Skript, Kamera, Licht, Schnitt etc. Es braucht zudem
auch Funktionen, die den Gesamtüberblick über die Produktion haben und diese vom Anfang bis zum Schluss begleiten,
dies sind die Produktion und die Regie. Bei kleineren Projekten
werden diese Funktionen oft in Personalunion erfüllt. Produzenten wickeln das Projekt organisatorisch, finanziell ab. Die
künstlerische Verantwortung trägt die Regie. Wer die letzte
Entscheidungsgewalt über das künstlerische Produkt hat, den
„Final Cut“, ist unterschiedlich geregelt. In Amerika ist es der
Produzent, in Europa oft der Regisseur. Am besten ist es, man
einigt sich vor Projektbeginn darüber.
19
3. Konzeption (Preproduction) | Briefing
3. KONZEPTION (PREPRODUCTION)
Der Produktionsprozess bei großen Videoproduktionen gleicht
industriellen Fertigungsmethoden. Leerläufe kosten viel Geld.
Aus ökonomischen Gründen müssen deshalb Videoproduktionen bis ins kleinste Detail geplant werden. Die Grundlage der
Planung bildet die Konzeption, deren wichtigste Schritte nun
erläutert werden.
3.1. Briefing
Der Begriff Briefing stammt aus der Militärsprache und benennt
die tägliche Kurzinformation, die von Vorgesetzten gegeben
wird, um im operativen Bereich tätiges Personal über die anstehenden Aufgaben zu informieren. Im Medien-Briefing hat der
Auftraggeber das Wort und informiert den Produzenten über
die Zielsetzung und die Rahmenbedingungen eines Auftrages.
Ziel und Zweck des Produktes, das hergestellt werden soll,
müssen nach dem Briefing klar sein. Zu den Rahmenbedingungen gehören auch die Klärung der Fragen, bis wann die Arbeit
abgeschlossen sein muss, der Kostenrahmen für die Produktion,
welche Zielgruppen wo und unter welchen Bedingungen erreicht werden und wie lange das Video sein soll. Wichtig ist es
auch, das Abgabeformat des Videoproduktes festzulegen. Der
mögliche Auftragnehmer sollte alle W-Fragen in Bezug auf die
Produktion umfassend beantworten können (Wer, was, wann,
bis wann, wo, wie, warum, womit, mit welchen Auswirkungen
etc.). Vorteilhaft ist es, wenn der Auftraggeber ein BriefingPapier vorbereitet hat. Dies kann dann durch Frageergebnisse
beim Briefing-Meeting ergänzt werden.
Briefing
W-Fragen
Die Erfahrung zeigt aber, dass insbesondere im angewandten
Bereich Auftraggeber selbst nicht so genau wissen, was sie ei-
20
21
3. Konzeption (Preproduction) | Recherche
Sozialkompetenz
gentlich wollen. Oft haben wir es mit Laien zu tun, die zwar
vage Vorstellungen von einer Kommunikationsaufgabe haben,
aber die Lösungsmöglichkeiten zu wenig kennen. In so einer
Situation ist es wichtig, mit Sozialkompetenz vorzugehen und
durch gute Fragen die Informationen zu erfahren, die man als
Grundlage braucht, um ein Projekt zu entwickeln. Wer fragt,
führt! Aber Vorsicht: Kein Auftraggeber liebt es, bei einem Briefing mitgeteilt zu bekommen, dass er von der Erfüllung einer
Aufgabenstellung eigentlich keine Ahnung hat. Noch einmal:
Sozialkompetenz und Fingerspitzengefühl sind nötig.
3.2. Recherche
Recherche
Nach dem Briefing gehört das Recherchieren zu den wichtigsten Tätigkeiten von Gestaltern. Unter Recherche versteht man
den Prozess der Beschaffung sämtlicher für eine Kommunikationsaufgabe relevanten Informationen. Journalistische Recherche ist eine eigenverantwortliche Tätigkeit, ein Nachforschen,
um einen Hintergrund zu erhellen. Im Gegensatz dazu steht das
bloße Bearbeiten von bereitgestellter Information. Allgemein
gesprochen sollte jeder Kommunikationsaufgabe eine Recherche vorausgehen, die auf belegbare Fakten abzielt. Einen besonders hohen Stellenwert hat die Recherche bei journalistischen Arbeiten.
In seinem Buch „Recherchieren“ beschreibt Michael Haller die
Ziele und die wesentlichen Elemente der Recherchetätigkeit:
„Das Ziel jeder journalistischen Arbeit besteht eigentlich darin, Geschehnissen möglichst auf den Grund zu gehen und die
dabei gewonnenen Informationen, soweit sie zutreffend sind,
in einen Sinnzusammenhang zu bringen, ehe sie öffentlich gemacht werden. (...) Folgende drei Hauptmerkmale stecken das
Terrain dieser publizistischen Verantwortung ab:
3. Konzeption (Preproduction) | Recherche
Relevanz: Ist das Thema tatsächlich von allgemeiner Bedeutung, bringen also die beschafften Informationen die wichtigen
Aspekte des Ereignisses zum Vorschein (...)?
Gültigkeit: Sind die Informationen – also in der Regel die Aussagen der Information – in bezug auf die Sachverhalte, über die
sie berichten, tatsächlich zutreffend? (...)
Verstehbarkeit: Sind die Informationen hinreichend präzise und
umfänglich, um das Geschehene und seine Zusammenhänge,
wenn möglich auch seine Bedeutung verstehen zu können? Die
sprachliche Verständlichkeit wird ohnehin erwartet.“3
Die Recherche bezieht sich zunächst auf Aspekte der Themenstellung und wird Inhaltsrecherche genannt. Die Inhaltsrecherche ist Medien unabhängig zu sehen. Ob jemand einen Text
schreibt oder ein Video gestaltet, er wird sich immer zuerst mit
dem Thema vertraut machen wollen, sich einlesen, mit Experten
sprechen, Information, die er bekommt, auf den Wahrheitsgehalt hin überprüfen. Recherchequellen sind Personen, Schriftstücke, Archive, natürlich auch das Internet. Die Qualität eines
Rechercheergebnisses hängt aber immer von der Qualität der
Quelle ab, aus der es stammt. Die Inhaltsrecherche folgt dem
Check und Gegen-Check-Prinzip. Informationen dürfen nicht
als wahr angesehen werden, ohne dass sie auf ihre Verlässlichkeit hin überprüft werden. Oft bekommt man von Auskunftspersonen Informationen, die im ersten Moment als glaubhaft
eingestuft werden. Nach einer Überprüfung stellen sich aber
Fakten als unhaltbar heraus.
Für Videogestalter ist neben der Inhaltsrecherche die Bild- und
Tonrecherche von größter Bedeutung. Denn eine Geschichte
soll ja in erster Linie mit Bildern erzählt werden können. Der
Tonraum spielt dabei auch eine sehr wichtige Rolle. Gebhard
Plangger macht in seinem Beitrag über optisches Berichten im
Standardwerk „Fernsehjournalismus“ klar, dass es dem Gestal3
22
Qualität der Quelle
Haller, Michael: Recherchieren. Ein Handbuch für Journalisten. 4. üa. Aufl., München 1991,
S. 17 f.
23
3. Konzeption (Preproduction) | Recherche
ter eines Bewegtbild-Mediums nicht nur um die Bildgestaltung
gehen kann: „Inhalt und Form der Bilder sind ein wesentlicher
Teil der Gesamtgestaltung eines Fernsehfilms, bei der Bild, OTöne und Text in fester Beziehung zueinander stehen sollen
und gemeinsam zum Träger der Information werden.“4
Motivsuche
Tonraum
Bei der Bildrecherche geht es neben der Motivsuche auch um
die Beantwortung der Frage, wie sich ein Inhalt darstellen lässt.
Dabei sind Sonnenstände, mögliche Kamerastandpunkte etc.
zu berücksichtigen. Die Bildrecherche wird zweckmäßigerweise
gleich mit einem ersten Location-Scouting verbunden. Dabei
wird abgeklärt, ob sich das Motiv zum Zeitpunkt des geplanten Drehs im gewünschten Zustand befindet (Öffnungszeiten,
Verkehrsbedingungen, Wetteranfälligkeit, akustische Störfaktoren etc.). Es wird überprüft, wo an möglichen Drehorten Stromanschlüsse sind, wie sich der Tonraum gestaltet, bei größeren
Produktionen wird auch nach Parkmöglichkeiten etc. gesucht.
Zur Bildrecherche gehört auch die Suche nach bildlichen Darstellungen, Urkunden etc. Solche Flachware ist wichtig, gerade
bei historischen Stoffen.
Das Klären von Rahmenbedingungen ist ebenfalls ein wichtiger
Recherchebereich. Dazu gehört beispielsweise die Rezeptionssituation, wo wird das Video gezeigt, wer ist die Zielgruppe,
wie wird es vertrieben. Gerade im Wirtschaftsbereich kann es
vorkommen, dass ein Auftraggeber ein Kommunikationsziel
verfolgt und glaubt, es mit einem Video erreichen zu können.
Bei genauerem Hinterfragen stellt sich aber heraus, dass Video
nicht das geeignete Medium ist. Dann ist es besser, die Situation zu erklären und von einer Produktion Abstand zu nehmen.
Man verliert in so einem Falle zwar einen Auftrag, dafür behält
man den Kunden, was längerfristig von größerem Nutzen ist.
Mindmapping
Die Methode des Mindmappings ist hilfreich, Rechercheergeb4
24
3. Konzeption (Preproduction) | Recherche
nisse festzuhalten. Diese von Tony Buzan entwickelte Arbeitsmethode erlaubt es, Fakten übersichtlich darzustellen und in
eine Art Baumstruktur zu bringen. Zudem ist es offen, kann also
einfach ergänzt werden. Die Inhaltsrecherche kann mit einem
zusätzlichen Layer für die Visualisierung versehen werden. Mit
diesem System können Videogestalter einfach inhaltlich relevante Fakten und deren mögliche bildliche Darstellung auf einem Blatt Papier festhalten. Das ist eine wertvolle Übersicht,
die einen über den gesamten Produktionsprozess begleiten
kann.
Visualisierung
Mindmap-Beispiel zur René Kremser Dokumentation: Stichworte zum Inhalt, blau, werden mit Visualisierungsmöglichkeiten, rot, verknüpft. Es geht um die Antwort auf die Frage, was
wie dargestellt werden kann. Eine weitere Detaillierung kann in
den jeweiligen Themenbereichen erfolgen. Jeder Hauptast bildet dann eine eigene Mindmap.
Plannger, Gebhard: „Optisches Berichten“. In: Schult, Gerhard und Buchholz, Axel (Hrsg.):
Fernsehjournalismus. München 1990, S. 22
25
3. Konzeption (Preproduction) | Normative Ebene, Ziele
3.3. Normative Ebene, Ziele
Improvisation
Planung
Produktion
Controlling
Gestaltungsentscheidungen sollten nicht dem Zufall überlassen
werden, obwohl Kreativität Spielraum braucht. Videoarbeiten
unterliegen oft einem großen Kostendruck. Dies trifft für LowCost-Produktionen ebenso zu wie für High-End-Produktionen.
Je enger das Budget ist, desto kleiner ist der spontane Improvisationsspielraum. Denn Improvisation bedeutet immer auch
Risiko. Bei komplexen industriellen Produktionsformen, wie sie
fürs Kino Anwendung finden, kosten zusätzliche Drehtage oder
Nachdrehs enorm viel Geld. Manchmal sind Nachdrehs gar
nicht mehr möglich, weil Teammitglieder bereits andere Verpflichtungen eingegangen sind. Im Bereich der Dokumentation,
beim Industrie- und Werbevideo oder gar beim Kunstvideo,
wo die Künstler selbst als Auftraggeber fungieren, scheint das
einfacher. Aber auch hier muss Ressourcen schonend und eng
kalkuliert werden. Ähnlich wie der Architekt auf die Bedürfnisse
des Bauherrn eingeht und in Abstimmung mit ihm einen Plan
für ein Gebäude entwirft, der dann in der organisatorischen
Umsetzung ein hohes Maß an Professionalität erfordert, wird
für eine Videoarbeit geplant.
Für den Videoauftraggeber ist der Videoproduzent oder -gestalter in der Rolle des Architekten zu sehen. Den Produzenten
und Gestaltern obliegt es, den Planungsprozess in die Hand zu
nehmen, die Produktion zu steuern, das Controlling durchzuführen und am Ende ein Produkt abzuliefern, das den Intentionen des Auftraggebers entspricht.
Wer ist nun Auftraggeber? Als Auftraggeber können Fernsehstationen fungieren, Wirtschaftsbetriebe, Kulturinstitutionen,
wissenschaftliche Einrichtungen, E-Learning Einrichtungen,
Kommunikationsagenturen, kurz alle, die eine Videoarbeit für
Kommunikations- oder Unterhaltungszwecke einsetzen möch-
3. Konzeption (Preproduction) | Normative Ebene, Ziele
ten. Auftraggeber kann aber auch der Videogestalter selbst
sein, der den Drang in sich spürt sich mittels dieses kreativen
Mediums zu äußern. Wer immer es ist, es erscheint sinnvoll, die
hier skizzierten Schritte im Arbeitsprozess einzuhalten und anzuwenden. Auch wenn man nur sein eigenes Budget zu verwalten hat, ist planvolles Vorgehen sinnvoll. Und jedes planvolle
Vorgehen beginnt mit der Formulierung der Zielsetzungen.
3.3.1. Kommunikationsziele
Ein Ziel beschreibt einen gewünschten Endzustand oder den
Abschluss eines Prozesses. In der Kommunikation geht es um
einen Verständigungsprozess zwischen Sender und Empfänger,
und zwar auf zwei Ebenen: auf der Sachebene und auf der Beziehungsebene. Dies geschieht mit expliziten und impliziten
Botschaften. Hier ein Beispiel mit einer banalen Aussage:
Jemand sagt nach einer längeren Regenwetterperiode: „Endlich ist das Wetter schön!“ Damit wird zweierlei zum Ausdruck
gebracht, nämlich explizit: Das Wetter ist schön. Die implizite
Botschaft lautet, dass sich der Informant freut, dass das Wetter
schön ist.
Die von Mediengestaltern produzierten Werke kommunizieren
ebenfalls immer auf der Sach- und der Beziehungsebene, sie
verbreiten explizite und implizite Botschaften, aber damit nicht
genug. Der Kommunikationspsychologe Schulz von Thun hat
ein Modell entwickelt, das Kommunikationsquadrat. Es macht
uns deutlich, dass im Kommunikationsprozess der Sender immer auch über sich Aussagen trifft, selbst wenn dies explizit gar
nicht geplant war. Diese Aussagen betreffen die Selbstdarstellung und sind als Appell an den Empfänger der Botschaft gerichtet.5
5
26
Sach- und Beziehungsebene
Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Band 2. Hamburg 1992, S. 19 ff.
27
3. Konzeption (Preproduction) | Normative Ebene, Ziele
Bei der Konzeption von Kommunikationsaufgaben im Allgemeinen und von Videoaufgaben im Besonderen ist es wichtig,
diese oft unbedachten Seiten des Verständigungsprozesses zu
berücksichtigen. Warum gerade bei Video? – Von allen Medien
kommunizieren Laufbildmedien über die meisten Sinneskanäle
und wirken deshalb emotional stark. Dies mag mit ein Grund
sein, dass sich das Fernsehen seit der Mitte des 20. Jahrhunderts seinen festen und trotz Internet unumstrittenen Platz als
Leitmedium erobert hat.
Tatsächlich stößt man bei der an Gestalterinnen und Gestalter
gerichteten Forderung, Kommunikationsziele zu formulieren,
häufig auf Widerstand. Dabei geht es letztlich darum, die eigenen Ideen auf den Punkt zu bringen und Verbindlichkeiten
einzugehen. Damit ist ein gewisses Risiko verbunden, denn wie
die Rezipienten des Mediums reagieren, kann im Vorhinein nur
geahnt werden, selbst wenn man viel über die Zielgruppe weiß
und diese gut zu kennen glaubt.
Kommunikationsziele
28
3. Konzeption (Preproduction) | Normative Ebene, Ziele
fen, einen potentiellen Auftraggeber oder Produzenten von den
eigenen Ideen zu überzeugen und den Auftrag für die Umsetzung zu erhalten. Videoprojekte erstrecken sich oft über einen
langen Zeitraum und brauchen dem entsprechend einen langen
Atem. Das Hinterfragen der Kommunikationsziele dient auch
dazu, sich Rechenschaft über die eigene Motivation abzulegen.
Vor der eigentlichen Zielformulierung des Videos wird die Zielgruppe beschrieben, Alter, soziale Merkmale, der Bildungslevel, die Milieus, die Lebensauffassungen und Lebensweisen.
Dann ist es hilfreich festzuhalten, unter welchen Rezeptionsbedingungen die Videoarbeit gesehen wird. Es macht einen großen Unterschied, ob fürs Kino, das Fernsehen oder das Internet
produziert wird, ob zum Beispiel Passanten auf einer Messe die
Videoarbeit sehen oder ob man zu Hause im Wohnzimmersessel sitzt. Die eigentlichen Kommunikationsziele formuliert man
am besten in wenigen einfachen, knappen Aussagesätzen.
Zielgruppe
Im weiteren Verlauf geht es um die Beschreibung des Genres
der Videoarbeit. Handelt es sich um eine fiktionale Arbeit oder
um eine dokumentarische Arbeit, ist es ein Instruktionsvideo
oder ein Werbespot fürs Kino, um nur einige Beispiele zu nennen. Alle diese Informationen resultieren aus dem Briefing und
den Rechercheergebnissen.
Genres der Videoarbeit
Ohne die Formulierung von Kommunikationszielen wird es
aber nur schwer möglich sein, die Voraussetzungen zu schaf-
29
3. Konzeption (Preproduction) | Normative Ebene, Ziele
3.3.2. Informieren – Emotionalisieren – Experimentieren
Die Einsatzmöglichkeiten von Video sind äußerst vielfältig. Oft
sind sie von vornherein gar nicht so eindeutig und die Absichten der Gestalter sind nicht eindeutig zu bezeichnen. Sie liegen
in einem dreieckigen Feld zwischen den Eckpunkten informieren, emotionalisieren, experimentieren.
Wenn es darum geht, die Zielsetzung einer Arbeit zu formulieren, ist es hilfreich, die Position zwischen den drei Eckpunkten
herauszuarbeiten. Jeder Eckpunkt verlangt vom Gestalter eine
spezielle Herangehensweise.
Informieren
Informieren bedeutet, mit dem Medium konkret fassbare Inhalte zu transportieren. Das Hauptziel ist, dem Publikum die
Möglichkeit zu einem Erkenntnisgewinn zu geben, der möglicherweise Ursache für eine Verhaltensänderung ist. Für den
3. Konzeption (Preproduction) | Normative Ebene, Ziele
Gestalter bedeutet dies, Inhalt und Form der Videoarbeit so
zu wählen, dass die übermittelten Informationen beim Publikum ankommen und möglichst eindeutig dechiffriert werden
können. Das heißt, das Publikum versteht die Codes des Senders. Voraussetzung dafür ist ein gemeinsamer Horizont zwischen den Gestaltern und den Rezipienten, ein gemeinsamer
Wissens- und Erfahrungsstand. Ist diese Voraussetzung nicht
gegeben, wird der Empfänger die Botschaft des Senders nicht
einordnen und folglich nicht verstehen können. Kommunikationsaufgaben mit informierender Zielsetzung stellen sich beispielsweise in den Informationssendungen des Fernsehens, in
Dokumentarvideos oder in Videos, die im Bereich des E-Learnings angesiedelt sind.6
Emotionalisieren bedeutet, dass mit Videogestaltungsmitteln
bei den Zusehern Stimmungen erzeugt werden sollen. Die
Informationsabsicht tritt in den Hintergrund und wirkt unterschwellig. Im Vordergrund stehen Gefühle, die ausgelöst werden, nicht der Erkenntnisgewinn. Das Publikum soll in erster
Linie fühlen, nicht wissen. Sehr viele Musikvideoclips haben
diese Zielrichtung. Auch bei Corporate Videos, Imagevideos
und beim fiktionalen Video steht oft das Emotionalisieren im
Vordergrund.
Emotionalisieren
Experimentieren ist die Domäne des Kunstvideos. Vielfach zielt
dieses Genre darauf ab, visuelle Innovationen zu schaffen und
Entwicklungen zu forcieren, die dann oft viel später in Kino und
Fernsehen Eingang finden. Kunstvideos üben häufig auch Kritik an gesellschaftlichen Phänomenen und stellen das Medium
selbst in Frage. Viele Kunstvideos könnte man als eine Art Forschungs- und Experimentallabor im ihnen eigenen Medienfeld
ansehen. Den Nachweis dafür liefert Ulf Poschardt in seinem
Katalogbeitrag zur Düsseldorfer Ausstellung „Look at me – Video 25 Jahre Videoästhetik“, und er resümiert: „Videos sind
Experimentieren
6
30
Vgl.: Kramarek, Johannes; Pockrand, Rainer und Kerstan, Peter: DuMont‘s Handbuch für
praktische Filmgestaltung. Köln 1986, S. 44 ff.
31
3. Konzeption (Preproduction) | Strategische Festlegungen, Exposé, Ideenskizze
Laboratorien“7. – In diesem Experimentierfeld kommt auch den
akademischen Ausbildungsstätten eine wichtige Bedeutung zu.
Experimentalvideo
Während Videos mit informierendem oder emotionalisierendem Charakter häufig in einem ökonomischen AuftraggeberAuftragnehmer-Verhältnis entstehen, ist das Experimentalvideo
meist ein künstlerisches, freies Produkt.
3.4. Strategische Festlegungen, Exposé, Ideenskizze
USP Unique Selling Point
Exposé
Im strategischen Bereich der Konzeption geht es um Festlegungen, wie die Zielsetzungen erreicht werden. Zunächst beschreibt
ein Exposé oder eine Ideenskizze in kurzer Form, worum es
geht. Das Exposé dient beispielsweise dazu, ein Projekt einer
Fernsehredaktion anzubieten oder einem möglichen Auftraggeber eine Entscheidungsgrundlage in die Hand zu geben. Für den
Verkauf einer Projektidee ist es die wichtigste Unterlage. Das
Alleinstellungsmerkmal, der Unique Selling Point (USP), wird
darin klar herausgearbeitet. Schließlich geht es darum, im Wettbewerb mit anderen Anbietern zu bestehen. Im Exposé werden
nochmals die Zielsetzungen aufgeführt, die Handlung wird hier
bereits skizziert, die Dramaturgie und die Art der künstlerischen
Umsetzung, die gestalterische Handschrift, werden sichtbar gemacht. Ein Exposé umfasst wenige Seiten, für ein Fernsehspiel
in der Länge von ca. 60 Min. ca. drei DinA4 Seiten.
3.4.1. Pitch
Unter einem Pitch versteht man eine rhetorische Form des Exposés. Für einen Pitch stehen nur wenige Minuten zur Verfügung, oft nur fünf bis sieben Minuten, je nach Vorgabe. Diese
Zeitspanne darf nicht überschritten werden. Denn in Pitching
7
32
3. Konzeption (Preproduction) | Strategische Festlegungen, Exposé, Ideenskizze
Sessions werden mehrere Projekte vorgestellt. Bei solchen
messeähnlichen Veranstaltungen versucht ein Autor, Regisseur
oder Produzent, einer Gruppe von möglichen Auftraggebern
seine Idee schmackhaft zu machen. In wenigen Minuten kann
sich also entscheiden, ob ein Projekt eine Chance auf Realisierung hat oder nicht. Die Kunst des Pitchens kann in Seminaren, Trainings und auch in Lehrveranstaltungen an Filmschulen
erlernt werden.
Der Pitch nennt die Eckdaten des Projektes, beantwortet die
W-Fragen, beinhaltet eine erste Kostenschätzung und er nennt
– geht es ums Fernsehen – mögliche Programmslots. Diese Inhalte müssen möglichst attraktiv vorgetragen werden, denn es
geht ja darum, dass bei potentiellen Auftraggebern Interesse
geweckt wird. Günstig ist, wenn beim Pitch das Exposé als
Handout vorliegt. Falls es bereits Probeaufnahmen gibt, können
diese angespielt werden. Auch Beamer unterstützte Präsentationen sind möglich. Letztlich entscheidend ist aber die Glaubwürdigkeit des Vortrags.
3.4.2. Dramaturgie
Einer der wichtigsten Gestaltungsbereiche ist die Dramaturgie,
die Festlegung der Handlungsstruktur. Die Funktion der Dramaturgie kann verglichen werden mit der Funktion der Statik
in der Architektur. In unserer westlichen Kultur ist die Dramaturgie vor allem geprägt von einer langen Geschichte, die aus
der klassischen Tradition stammt und die deshalb hier kurz beleuchtet sein soll. Es gibt aber auch andere, zum Beispiel epische Erzählformen oder offene dramaturgische Formen. Musik
und Kunstvideos experimentieren häufig mit dramaturgischen
Strukturen. Die Interaktivität von Medien ermöglicht ebenfalls
neue dramaturgische Formen, die zum Beispiel Werner von
Handlungsstruktur
Poschardt, Ulf: Das Video als Laboratorium. In: Poschardt, Ulf (Hrsg.): Video – 25 Jahre
Videoästhetik. Düsseldorf 2004, S.10
33
3. Konzeption (Preproduction) | Strategische Festlegungen, Exposé, Ideenskizze
Appeldorn in seinem Buch „Programme für Zuschauer“ zur Diskussion stellt und meint: „Die Dramaturgie wird sich wandeln
müssen, wie auch die technischen Gegebenheiten sich wandeln. Für HDTV und Cybernetics werden neue Gestaltungsmittel gefunden werden. Insoweit entsteht eine neue Dramaturgie,
die die alten Gestaltungsregeln erweitert, aber nicht in jedem
Falle überflüssig macht.“8
Drei-Akt Prinzip
Vielen fiktionalen Arbeiten liegt ein Drei-Akt Prinzip zu Grunde, das von zahlreichen Autoren, die sich mit dem Drehbuchschreiben befassen, wiedergegeben wird. Hier eine Zusammenfassung nach Christopher Vogler:
1. Exposition, Wendepunkt 1 (ein Viertel der Gesamtlänge)
2. Entwicklung des Konflikts, Wendepunkt 2 (zwei Viertel
der Gesamtlänge)
3. Lösung des Konflikts (ein Viertel der Gesamtlänge)9
Diesem 3-Akt-Prinzip folgen auch viele Video-Kurzformen und
Werbefilme.
Die Dokumentation „René reist nach Finnland“ folgt in groben
Zügen diesem 3-Akt-Modell.
1. Exposition: Rene zu Hause, als Student der Fachhochschule
Vorarlberg mit dem Wunsch, ein Auslandssemester zu absolvieren, Abreise
2. Entwicklung des Stoffes (hier ist es nicht angebracht von
Konflikt zu sprechen), René im Alltag, bei Lehre uns Studium,
beim Erleben der Stadt und beim Reisen
3. Resümee des Auslandssemesters aus unterschiedlichen Perspektiven.
3. Konzeption (Preproduction) | Strategische Festlegungen, Exposé, Ideenskizze
John Vorhaus hat sich ein eigenes Schema zurechtgelegt, das
zwar auch auf die klassischen Vorbilder zurückgeht und mit einem ironischen Unterton formuliert ist:
„Wer ist der Held?
Was will der Held?
Die Tür geht auf.
Der Held meistert die Lage.
Ein Knüppel kommt geflogen.
Alles fällt auseinander.
Der Held erreicht den Tiefpunkt.
Der Held riskiert alles.
Was kriegt der Held?“10
Etwas komplexer ist das 5-Akt-Prinzip, das in der Franzschen
Pyramide dargestellt ist und auf das 3-Akt-Prinzip aufbaut
1.
2.
3.
4.
5.
Exposition und Vorstellung der Charaktere
Plot Point 1 und Vorstellung des Konflikts
Entwicklung des Konflikts
Plot Point 2, Wende, Peripetie
Neutralisierung der Gegensätze
Die Akte selbst sind wieder untergliedert in einzelne Themenblöcke. Diese dramaturgischen Strukturen lassen sich leicht erkennen, wenn man erst einmal danach auf die Suche geht.
Appeldorn, Werner van: Programme für Zuschauer. Eine moderne Dramaturgie. Köln Rodenkirchen, ohne Jahreszahl, S. 12
9
Vgl.: Vogler, Christopher: The Writers Journey. London 1996, S. 237
8
34
10
Vorhaus, John: The Comic Toolbox. Los Angeles 1994, S. 123
35
3. Konzeption (Preproduction) | Strategische Festlegungen, Exposé, Ideenskizze
Franzsche Pyramide
1.
Exposition
Hier die Visualisierung der Franzschen Pyramide von Pierre
Kandorfer in seinem Lehrbuch für Filmgestaltung:11
2.
Ereignis
Aufbau des
Konflikts
3.
Kärung
Höhepunkt der
Hauptfigur
4.
Wende (Peripetie)
äußere Initiative
führt Niedergang
herbei
5.
Neutralisierung
der Gegensätze
Untergang der
Hauptfigur
3. Konzeption (Preproduction) | Von der Einstellung zur Sequenz
kum gestaltet werden, wie dies etwa auf Messen anzutreffen
ist, sollten deutlich kürzer als 8-10 Minuten gehalten werden.
Weniger ist in diesem Falle mehr.
3.5. Von der Einstellung zur Sequenz
Bevor es nun an die Umsetzung der strategischen Überlegungen in Richtung Produktion geht, müssen einige Voraussetzungen geschaffen werden. Denn eine Videoarbeit setzt sich aus
verschiedenen Bausteinen zusammen. Es geht zunächst darum,
diese kennen zu lernen. Die wichtigsten sind die Einstellung,
die Szene und die Sequenz.
Szene
Tragödie
Komödie
1.
Exposition
2.
Ereignis
Aufbau des
Konflikts
3.
Tiefpunkt der
Hauptfigur
4.
Peripetie durch
äußere Initiative
Wendung zum
Guten
5.
Neutralisierung
der Gegensätze
Happy End der
Hauptfigur
Kandorfer postuliert, „Eingleisig aufgebaute Filme oder Filmpassagen dürfen 8-10 Minuten nicht überschreiten“, und er
nennt als Grund für diese These, dass das Publikum weitgehend
nur an den Höhepunkten interessiert sei.12
Längenfestlegungen
Zeitliche Längenfestlegungen hängen zudem eng von den Rezeptionsbedingungen ab. Videoarbeiten, die für ein Laufpubli-
Die Begriffsbildung im Film- und Videobereich ist in Bezug auf
„Szene“ und „Sequenz“ uneinheitlich. Dort, wo einige Autoren den Begriff Szene verwenden, reden andere von Sequenz
und umgekehrt. Nach der Definition von „Einstellung“ schreibt
Hans Beller:
„Schwerer tun sich die Theoretiker mit der Bezeichnung für die
nächst größere Filmeinheit, die aus montierten Einstellungen
besteht. Hiefür gibt es die unterschiedlichsten Termini, die Szene, die Sequenz, das Syntagma oder das Segment, aus dem sich
dann das Filmganze zusammensetzt. In der Praxis ging man von
der zu filmenden Szene aus, die anfangs aus einer Einstellung
bestand (...). Aus der Theatertradition ist die Szene durch die
Einheit von Ort und Zeit definiert. Beim Film kann diese Einheit
der Szene durch die Auflösung von Einstellungen innerhalb einer Sequenz aufgehoben werden. Beim Drehen ist man dabei
nicht an die raum–zeitliche Kontinuität gebunden, da man die
einzelnen Einstellungen achronologisch und mit Unterbrechungen aufnehmen kann. Später muß die Szene eines Filmes innerhalb der montierten Sequenz wieder eine organische, formal
und gedanklich sinnvolle Einheit ergeben. Daher ist die durch
montierte Sequenz
Abbg. vlg.: Kandorfer, Pierre: Lehrbuch der Filmgestaltung. Theoretisch technische Grundlagen der Filmkunde. Köln-Lövenich 1978, S. 222
12
Kandorfer (wie Anm. 11), S. 221
11
36
37
3. Konzeption (Preproduction) | Von der Einstellung zur Sequenz
Montage zusammengesetzte Szene filmterminologisch eine Sequenz...“13
3.5.1. Frame
Frame, Kader
Das Frame, auch Kader genannt, ist die kleinste bearbeitbare
Bildeinheit innerhalb eines Videos. Es handelt sich in Wirklichkeit um ein Stehbild, das nur kurze Zeit sichtbar ist. Beim europäischen PAL-Standard ist es 1/25 Sekunde; genau genommen
handelt es sich um 50 Halbbilder, 25 Frames bilden also eine
Video-Sekunde.
3. Konzeption (Preproduction) | Von der Einstellung zur Sequenz
dem Zusammenhang heraus, beantwortet werden. Innerhalb
einer Szene spielt die Kontinuität eine wichtige Rolle. Meist gilt
der Grundsatz, dass der Schnitt vom Publikum möglichst nicht
bemerkt werden soll. (Eine Ausnahme bilden z.B. Jump-Cuts).
Dem Aussagewunsch kommt bei der Szenenbildung eine zentrale Bedeutung zu. „Der Aussagewunsch beschreibt den idealen Informationstransfer an den Zuschauer.“14
Kontinuität
Aussagewunsch
3.5.2. Einstellung, Take
Die Einstellung wird durch das Ein- und Ausschalten der Videokamera begrenzt. Ort, Zeit und Handlung bilden eine Einheit.
Take
Der englische Begriff Take wird meist dann verwendet, wenn
in einer Produktion von einer Einstellung mehrere Varianten
gedreht werden, was bei Ein-Kamera-Produktionen häufig der
Fall ist. Die Bezeichnung lautet dann z.B. Einstellung 3, Take 4.
Abbildung 6: Screenshot aus der Szene „Renés Fest“
1.
2.
3.
4.
…
Orientierung
Annäherung
Konkretisierung
Integration
Rückorientierung
DVD-K1 (siehe DVD-Kapitel 1): Szene „Der Weg zum Studium“
3.5.3. Szene
Eine Szene setzt sich aus mehreren Einstellungen zusammen, die
zusammen eine Aussage bilden. Es handelt sich um eine Handlungseinheit, vergleichbar mit einem Hauptsatz. Innerhalb der
Szene bilden Ort, Zeit und Handlung eine Einheit. Eine Szene
besteht meistens aus mehreren Einstellungen, die Fragen nach
dem Wer, Was, Wo, Wie, Wann, Warum beantworten. Diese
Fragen können häufig nicht explizit, sondern implizit, d.h. aus
13
38
Beller, Hans: „Einheiten der Montage“. In: ders. Hrsg.: Handbuch der Filmmontage. 2. Aufl.
München 1995, S. 11
Eine Normalszene umfasst meist ca. 5 bis 7 Einstellungen, die
– wie oben schon erwähnt – die W-Fragen beantworten. Der
Begriff Normalszene ist allerdings nicht so zu verstehen, dass
die Reihenfolge der Einstellungen immer von der Übersichtstotalen zur großen Einstellung und dann wieder zur Totalen
zurückführt. Die Videogestalter sind hier vielmehr gefordert,
kreative Anreize zu entwickeln, die von hohem Schauwert für
die Zuseher sind.
14
Normalszene
Kerstan, Peter: Bildsprache und Gestaltung des berichterstattenden Films. Seminardokumentation. http://www.youth4media.com/new/artmedia/documents/kerstan.pdf in der Fassung
vom 15.07.2005, S. 4
39
3. Konzeption (Preproduction) | Von der Einstellung zur Sequenz
Der bekannte österreichische Regisseur Paul Sedlacek, erfahrener Trainer an der ORF Berufs-, Aus- und Fortbildungsakademie
(ORF BAF) und Dozentenkollege an der Fachhochschule Vorarlberg merkt dazu an:
„Hier geht es um eines der häufigsten Missverständnisse bei
der Gestaltung: Die erste Einstellung dient der Exposition. Die
Frage ist nur: Wovon? Und nur wenn der ORT exponiert werden soll, ist die Totale wichtig. In allen anderen Fällen muss ich
zeigen, worum es geht. Geht es z.B. um einen Menschen, dann
muss ich ihn exponieren – und das geht in einer Totalen überhaupt nicht. Geht es um Gefühle oder Stimmungen, dann muss
ich diese in entsprechenden Bildern zeigen – und das sind auch
nur ganz selten Totale.
Ausserdem gilt diese Methode nur, solange der Ort nicht bekannt ist. Ist einmal der Ort der Handlung ‚gelernt’, kennt sich
der Zuschauer bereits aus, brauche ich nur Teile des gelernten
abrufen und das Gesamt-Bild wird vom Rezipienten ergänzt.
Das gleiche gilt auch für Achsensprünge. Diese sind nur solange verwirrend, wie der Rezipient braucht, um Orientierung zu
erlangen. Danach werden solche bei Kurz-Videos irritierenden
Methoden als positiver Anreiz gesehen.“15
3. Konzeption (Preproduction) | Von der Einstellung zur Sequenz
Screenshot aus der Sequenz „Renés Winterspaziergang“
DVD-K2: Sequenz „Vaasaspaziergang“
Von einer Montagesequenz wird gesprochen, wenn zum Beispiel zum Zwecke der Emotionalisierung eine rasche Bildfolge
geschnitten wird. Solche Montagetechniken werden häufig in
Videoclips eingesetzt. In diesem Falle erfüllt oft eine einzige
Einstellung die Funktion einer Szene.
Montagesequenz
3.5.5. Akt
Wie beim Schauspiel im Theater bilden Akte im Video die großen Abschnitte, die einer Gesamtdramaturgie folgen.
3.5.6. Format und Videostil
3.5.4. Sequenz
Mehrere Szenen können zusammen eine Sequenz bilden. Ort,
Zeit und Handlung sind dabei oft nur noch zum Teil einheitlich,
es geht vielmehr um eine inhaltliche und gedankliche Gesamtaussage.
15
40
Sedlacek, Paul. Anmerkungen zum Manuskript der vorliegenden Masterthese, am 11.9.2005
Neben dramaturgischen Überlegungen behandelt das Exposé
auch stilistische Fragestellungen und Formatfestlegungen. Unter dem beim Fernsehen verwendeten Begriff Format versteht
man „die Gesamtheit aller charakteristischen Merkmale einer
Fernsehsendung oder eines Films, die in jeder Folge wiederkehren. Damit stellt das Format die Grundlage jeder Art von
Sendungen dar, unabhängig ob Show, Serie oder Film, da alle
ein unverwechselbares, sie kennzeichnendes Erscheinungsbild
aufweisen, welches ihnen zu einer eigenen Identität verhilft.“16
16
Lausen, Matthias: Der Rechtsschutz von Sendeformaten, 1998, S. 112. Zitiert nach: Formatschutz in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Auszug aus der Studie „Wirtschaftliche und rechtliche Aspekte der internationalen Entwicklung und Vermarktung von Fernsehformaten“ erstellt von der Format Recognition and Protection Association (FRAPA), Köln,
download von URL http://www.newmedianrw.de, Stand 01.07.2005
41
3. Konzeption (Preproduction) | Von der Einstellung zur Sequenz
Videostil
Der Videostil wird wesentlich geprägt durch die Bildgestaltung,
die wiederum von der Kameraführung und Lichtgestaltung
abhängig ist. Das Exposé gibt Auskunft, ob etwa ein direkter
Kamerastil eingesetzt wird, ob mit Stativ oder Handkamera gearbeitet wird oder wie mit Kamerabewegungen umgegangen
wird.
Für die Bildgestaltung ist aber auch der gesamte Postproduktionsprozess mit der Montage und dem Compositing von großer Bedeutung, ob z.B. Animationen und Effekte eingesetzt
werden. Ebenso wichtig wie Angaben über die Bildgestaltung
sind Informationen über die Tongestaltung, wie wird mit dem
Originalton umgegangen, wird Musik verwendet, gibt es eine
erklärende Textebene etc.
3.5.7. Treatment
Konkretisierung des Exposés
Das Treatment ist die Konkretisierung des Exposés. Es richtet
sich an Entscheider über ein Projekt und schildert die Handlung
des Films. Diese Schilderung wird so detailliert ausformuliert,
dass im Kopf der Leser der Film gleichsam ablaufen kann, dass
Bilder entstehen können und die Handlung schlüssig nachvollziehbar ist. Der Text wird in Prosa und im Präsens formuliert.
Für ein Fernsehspiel in der Länge von rund 60 Minuten umfasst
ein Treatment zehn bis fünfzehn DinA4 Seiten. Je nach Vereinbarung werden Treatmentaufträge honoriert.
Fallweise kommt es vor, dass Autoren Treatmentaufträge bekommen, ohne dass Zielformulierungen und/oder ein Exposé
vorliegen. In diesem Falle empfiehlt es sich, die Ziele der Videoarbeit und die Inhalte des Exposés, die zum Projektverständnis
notwendig sind, dem Treatment voranzustellen.
42
3. Konzeption (Preproduction) | Operative Ebene
3.6. Operative Ebene
Wenn Einigkeit über das Exposé erzielt ist, geht es an die Konkretisierung der Konzeption. Zunächst wird die Videoarbeit
weiter inhaltlich entwickelt. Dann folgen die für die organisatorische Umsetzung notwendigen Entwicklungsschritte.
organisatorische Umsetzung
3.6.1. Motiv Begehung
Für die weiteren Konzeptionsschritte ist es zunächst wichtig,
sich ein detailliertes Bild über die Drehorte und die Motive zu
verschaffen. Diese Begehung wird von der Regie- und Kamerabesetzung durchgeführt. Dabei werden sämtliche für die Produktion relevanten Informationen, die auch schon im Locationscouting andiskutiert wurden, im Detail erhoben. Besonders
wichtig sind die Lichtverhältnisse, Kamerastandpunkte, Perspektiven, die sich daraus ergeben, die akustischen Verhältnisse
etc.
3.6.2. Drehbuch, Script
Das Drehbuch ist die Textvorlage der Videoarbeit und folgt
formell diversen Richtlinien, je nachdem, in welchem Land
der Adressat sitzt. Für die Abfassung von Drehbüchern können
Computerprogramme oder einfache Textvorlagen hilfreich sein.
Unter den Internet-Links http://www.mevito.de und http://
www.drehbuchforum.at/links.html gibt es Übersichten zum
Thema. Zwei Formen von Drehbüchern sind weit verbreitet.
43
3. Konzeption (Preproduction) | Operative Ebene
3.6.3. Drehbuch für fiktionale Arbeiten
Das Drehbuch wird vom Drehbuchautor oder von einem Autorenteam geschrieben und in der Regel mehre Male überarbeitet.
Oft dienen literarische Werke als Vorbilder. Drehbücher, für die
es keine Literaturvorlagen gibt, werden als Originaldrehbücher
bezeichnet. Als Faustregel gilt, dass pro Filmminute eine Seite
im Drehbuch reserviert ist, das bedeutet, dass ein Drehbuch
mit 120 Seiten eine Filmlänge von 120 Minuten vorsieht.
Die wichtigsten Inhalte eines Drehbuchs sind die Handlungsführung und die Dialoge der Figuren des Films, die zudem im
Hinblick auf Alter, Geschlecht, äußere Merkmale, Beruf etc.
kurz charakterisiert werden. Das Drehbuch weist Schauplätze
zu und die Zeit, in der das Video spielt. Wichtig sind dabei auch
die Angaben wie Tag, Nacht, außen, innen. Die Drehbuchautoren halten alles fest, was unbedingt notwendig ist, um die
Handlung schlüssig erzählen zu können, aber meist nicht mehr
als das. Denn die für die Videogestaltung notwendige Interpretation des Drehbuchs erfolgt durch die Regie.
3.6.4. Drehbuch im nicht fiktionalen Bereich
Bei nicht fiktionalen Drehbüchern, bei Dokumentationen, bei
Informationsvideos für Nachrichtensendungen, im Industriebereich, bei der Werbung etc. werden oft Drehbücher in Listenform entwickelt. Diese Listen beinhalten vier Spalten. Der
ersten Spalte kommt eine Ordnungsfunktion zu, und sie bezeichnet die ungefähre Einstellungslänge und die Nummer der
Einstellung in der Szene und Sequenz. Dann folgen Bildangaben
wie Einstellungsmerkmale und Bildinhalte, Tonangaben und
der Rohtext, der dann beim Schnitt noch verfeinert und dem
Bild angepasst wird.
3. Konzeption (Preproduction) | Operative Ebene
Zeit,
Einstellungen
Einstellungsmerkmale
Bildinhalt
Ton
Text
10“, 1.1.1
T von unten
(tvu), René im
Rollstuhl kommt
mit Studierenden
den Gang entlang
Musik/Originalton
René Kremser im
Kreis von Studiengkolleginnen
und Kollegen
Vgl. Schult17
3.6.2. Storyboard
Das Storyboard ist die Visualisierung des Drehbuches. Meist
wird das Storyboard gezeichnet, gescribblet oder mit Computerprogrammen entworfen, hin und wieder – vor allem bei
nicht fiktionalen Arbeiten – wird auch fotografiert. Je nachdem,
wie detailliert das Storyboard ausgeführt ist, kann es auch die
Vorlage für das Filmset sein. Je teurer eine Videoproduktion
kommt, desto mehr Geld wird in die Entwicklung eines Storyboards investiert. Besonders bei Animationsvideos sind Storyboards wichtig. Denn meist arbeiten mehrere Zeichner an
einer Sequenz, sodass anhand des Storyboards Einstellung für
Einstellung abgearbeitet wird.
Das Storyboard hat auch eine wichtige Funktion für die Kontinuität im Film. Bei einer komplexen Führung von Handlungsachsen kann eine Visualisierung sehr hilfreich sein. Steven Katz
schreibt in seinem Standardwerk „shot by shot“:
„Visualisierung ist nur ein Schritt, wenn ein Film entsteht. Kein
Film kann ausschließlich auf dem Papier entworfen werden, weder in einem Drehbuch noch als Storyboard. Sobald die Dreharbeiten beginnen, ändert sich ein Storyboard, wie sich jede
andere Art der Visualisierung wandelt. Ziel des Visualisierens ist
17
44
Visualisierung des Drehbuches
Schult, Gerhard: „Drehbuch“ In: ders. Hrsg.: Fernsehjournalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. 3. erw. Aufl. München 1999, S. 126
45
3. Konzeption (Preproduction) | Operative Ebene
es nicht allein, Entscheidungen auf dem Set vorweg zu nehmen
oder den Produktionsablauf reibungsloser zu gestalten (obwohl
es dafür oft förderlich ist). Visualisierung bietet die Chance, auf
neue visuelle und erzählerische Ideen zu stoßen, bevor das Drehen beginnt. (...) Visualisierung kann dabei helfen, den dramatischen Schwerpunkt einer Szene zu finden oder eine unglaubwürdige Dialogszene zu entlarven.“18
3.6.6. Auflösung
Storyboards zu produzieren, ist eine recht zeit- und kostenaufwändige Form der theoretischen Drehvorbereitung. An ihrer
Stelle wird sehr häufig die Methode der Auflösung angewendet. In diesem Projektschritt werden von Regie und Kamera alle
Einstellungen bestimmt. Besonders wichtig sind die aufwändigen Einstellungen mit Schienen, Kran und Spezialeffekten. Die
Festlegungen mit ihren organisatorischen Konsequenzen finden
Eingang in den Drehplan.
3.6.7. Drehplan
Der Drehplan ist der Ablaufplan für die produktionstechnische
Umsetzung des Drehbuchs und stellt die Arbeitsbasis für das
gesamte Team dar. Während das Drehbuch linear im Sinne der
Chronologie der Videoarbeit geschrieben wird, fasst der Drehplan die organisatorische Umsetzung der Produktion nach logistischen und ökonomischen Prinzipien zusammen. Wenn zum
Beispiel am Beginn und am Ende des Films der gleiche Schauplatz vorgesehen ist, dann wird niemand auf die Idee kommen,
an diesem Schauplatz zwei Mal das Set aufzubauen. Der Dreh
wird vielmehr so organisiert werden, dass möglichst wenig Ressourcen verbraucht werden. Die Produktionsleitung wird des18
46
Katz, Steven D.: Shot by Shot. Die richtige Einstellung. 3. Aufl. Frankfurt am Main 2000,
S. 26
3. Konzeption (Preproduction) | Operative Ebene
halb versuchen, die Drehtermine möglichst an einem oder zumindest an aufeinander folgenden Tagen zu fixieren. Dies wird
im Drehplan festgehalten. Erst nachdem der Drehplan steht,
kann eine Detailkalkulation erfolgen.
3.6.8. Kalkulation
Die Basis für eine seriöse Kalkulation ist eine detaillierte Konzeption. Jeweils aktuelle Richtpreise und Richtsätze können
über die Berufsverbände und Kammern in Erfahrung gebracht
werden. Neben dem Personaleinsatz sind die technischen Standards, mit denen produziert wird, höchst budgetrelevant. An
dieser Stelle kann nicht näher auf betriebswirtschaftliche Gesichtspunkte und Finanzierungsmodelle eingegangen werden.
Die wichtigsten Budgetpositionen sollen hier in Anlehung an
das Produktionshandbuch der Schweizer Film und Videoproduzenten dennoch erwähnt sein.19
Budgetpositionen
— Konzept, Treatment, Drehbuch, Storyboard
— Casting und Produktionsvorbereitung
— Produktionsteam (die wichtigsten Positionen: Regie,
Kamera, Ton, Licht, allenfalls mit Assistentinnen und
Assistenten...)
— Darstellerinnen und Darsteller, Stunts, allenfalls auch Tiere
— Technische Ausrüstung
— Rohmaterial, Laborarbeiten
— Visualisierungen, CGI (computer generated images)
— Studiobauten, Ausstattung
— Organisation, Transporte, Verpflegung
— Spesen, Versicherungen, Reisekosten
— Schnitt, Postproduction
— Sound, Musik, Mischung, Tonstudio
— Sprecherinnen und Sprecher, Übersetzungen
19
Sollberger, Udo: Das Produktionshandbuch für audiovisuelle Auftragsproduktionen. Zürich
1998, S. 63
47
3. Konzeption (Preproduction) | Operative Ebene
—
—
—
—
—
kollektivvertragliche Bestimmungen
Produktionsvoraussetzungen
48
Masterbänder, Kopien, Belegkassetten
Handlungsunkosten
Budget Reserve
Schlechtwetterrisiko
Gewinn
Die Film- und Fernsehbranche und damit auch die Videoproduktion unterliegen je nach Land unterschiedlichen kollektivvertraglichen Bestimmungen, teilweise sind sie gewerkschaftlich hoch organisiert. Wer im Ausland produziert, tut gut daran,
sich vorab im Detail über die jeweiligen Produktionsvoraussetzungen und Landesbestimmungen zu informieren.
49
4. Produktion | Das Produktionsteam
4. PRODUKTION
4.1. Das Produktionsteam
Das Produktionsteam ist je nach Projekt unterschiedlich groß.
Bei großen Videoprojekten, deren Produktionsweise industriellen Fertigungsprozessen gleicht, können dutzende Menschen
einem Produktionsteam angehören. Bei kleinen Produktionen
kann das Produktionsteam im Extremfall aus einer Person bestehen, die sowohl die redaktionelle Entwicklung, als auch die
Produktion und die Postproduktion selbst durchführt. Die ersten Produktions-Erfahrungen sammelt man aber am besten in
einem kleinen Produktionsteam, das sich versteht und wo ein
intensiver Diskurs möglich ist. Gerade als Newcomer – in welchem Bereich man auch immer tätig ist – kann man von erfahrenen Regisseuren, Kameraleuten etc. viel lernen, wenn man
zuvor deren Bereitschaft erwirkt hat, aus der Schule zu plaudern
und ihre Entscheidungen zu begründen.
In einem arbeitsteiligen Verfahren, z.B. bei der Produktion eines größeren Werbesepots fürs Fernsehen, werden folgende
Funktionen festgelegt: Produktion, Regie und Regieassistenz,
Aufnahmeleitung, Kamera und Kameraassistenz, Tonmeisterei
und Tonassistenz, Lichtmeisterei und Lichtassistenz, Dekoration, Kostümbildner, Maske. Sinnvoll ist es, wenn jedes Teammitglied seinen definierten Aufgabenbereich hat, dass man sich
aber in der gemeinsamen Arbeit auch gegenseitig unterstützt.
Gerade beim Einleuchten sind oft wechselseitige Hilfestellungen notwendig. Im Team sollten keine hierarchischen Entscheidungen notwendig sein, vielmehr sollte versucht werden, einen
Konsens zu erzielen. Letztlich trägt aber die Regie die Verantwortung, denn sie bildet die Klammer über den gesamten Gestaltungsprozess, von der Preproduction bis zur Fertigstellung
50
intensiver Diskurs
Klammer über Gestaltungsprozess
51
4. Produktion | Das Produktionsteam
4. Produktion | Frame
und ist gegenüber dem Produzenten oder dem Auftraggeber
verantwortlich.
4.1.1. Eindeutigkeit und Gemeinsamkeit
Teamfindung
Moodboards
52
Etwas vom Wichtigsten im Produktionsprozess ist, dass alle
Teammitglieder die Aufgabenstellung exakt kennen und sich
darauf einlassen. Wenn der Kameramann vom Regisseur über
Gestaltungsfragen nicht detailliert in Kenntnis gesetzt wird,
er auch nicht weiß, welches Thema behandelt und wofür der
Beitrag produziert wird, es zudem unklar bleibt, unter welchen
Rezeptionsbedingungen das Publikum die fertige Arbeit sieht,
wird er sich schwer tun, einen adäquaten Kamerastil zu finden.
Wenn der Assistent die Aufgabenstellung nicht kennt, wird
dieser möglicherweise das falsche Equipment zusammenstellen
und am Drehort fehlt dann zum Beispiel das so dringend benötigte Funkmikrofon. Gerade bei einer erstmaligen Zusammenarbeit ist die Teamfindung sehr wichtig. Dafür sollte auch Zeit
eingeräumt werden. Es ist hilfreich, in frühere Produktionen
Einschau zu nehmen, diese zu diskutieren und zu begründen.
Erfahrungsgemäß helfen solche Gespräche bei der gemeinsamen Festlegung gestalterischer Parameter.
Eine hilfreiche Methode ist auch die Gestaltung eines „Moodboards“. Ein Moodboard ist eine Sammlung von Materialien,
die Stimmung und Tonlage einer geplanten Videoarbeit wiedergibt. Einigt sich das Produktionsteam auf ein Moodboard,
kann dies immer wieder hergenommen und wie eine Stimmgabel eingesetzt werden. Der Chor der Mitwirkenden in einem
Videoprojekt kann sich auf diesen gemeinsamen „Grundton“
einlassen und von ihm aus den gemeinsamen Zugang zum Arbeitsauftrag suchen.
4.2. Sprache als Metapher für Videoeinheiten
Zum leichteren Verständnis der Syntax von Video sei hier ein
Vergleich mit der Textgestaltung angeboten. Jede Videoeinheit
findet ihre Entsprechung in Textbausteinen.
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Textbausteine
Buchstabe – Frame, Bild, Kader
Wort – Einstellung
Satz – Szene (oft auch als Sequenz bezeichnet)
Absatz – Sequenz
Kapitel – Akt
Werk – Werk
4.3. Frame
Ein Einzelbild eines Videos wird auch als Frame oder Kader
bezeichnet. Davon leitet sich der Begriff Kadrage ab. Wie der
englische Begriff „framing“ meint er die Gestaltung des Bildausschnittes, es geht dabei um die Art und Weise, wie das Motiv
ins Bild gesetzt wird.
Die Anzahl der Frames in Bewegtbild-Medien ist unterschiedlich. Im europäischen PAL-Fernsehen wird mit 25 Bildern pro
Sekunde gearbeitet. Genaugenommen sind es 50 Halbbilder,
die über den Bildschirm gesendet werden. Der 35mm Kinofilm
arbeitet mit 24 Vollbildern. Beim Transfer von einem Medium
ins andere sind die jeweiligen technischen Voraussetzungen genau zu klären und zu berücksichtigen.
53
4. Produktion | Kameraeinstellung
4. Produktion | Kameraeinstellung
4.4. Mise en Scéne
Abgeleitet vom Theater hat sich in der Filmwelt der Begriff von
Mise en Scéne etabliert. James Monaco stellt in seinem Standardwerk „Film verstehen“ fest:
„Der Filmemacher sieht sich mit drei Fragen konfrontiert: Was
er filmen soll, wie er es filmen soll, wie er die Einstellung präsentieren soll. Die Mise en Scéne ist wichtig für die ersten zwei
Bereiche, die Montage für den letzten.“20
In der Phase der Filmproduktion – und damit in den folgenden
Abschnitten des Kapitels 3 – geht es vor allem um die Frage,
was und wie gefilmt werden soll.
4.5. Kameraeinstellung
Kategorisierung
Zunächst zur Kategorisierung von Kameraeinstellungen, die ja
– wie früher schon erläutert – durch das Ein- und Ausschalten
der Kamera begrenzt werden. Gleichzeitig mit dem Realbild
zeichnet die Kamera auf das Videoband auch den Timecode
auf. Abhängig von der Wahl des Timecodesystems wird jeder
Kader numerisch exakt definiert.
Die Angaben enthalten in der Regel: Stunden:Minuten:Sekunden:Frames
Die Länge der Einstellung kann im Kamerasucher oder im Kameradisplay ersichtlich gemacht werden. Der Timecode bleibt
immer in Verbindung mit dem Videobild, auch während der
Nachbearbeitung im Computer.
Die Kadrage von Einstellungen erfordert Übung und Erfahrung,
macht sie doch die ästhetische Haltung der Kamerafrau, des
Kameramannes sichtbar. Im Englischen wird der Begriff Einstellung als Shot bezeichnet. Werden von einem Shot mehrere Varianten gedreht, spricht man vom Take. Ein Beispiel: Von
der Einstellung oder dem Shot 18 werden mehrere Varianten,
Takes, gedreht, die dann ebenfalls nummeriert werden. Auf der
Filmklappe heißt es dann z.B.: Shot 18, Take 3. Oft werden aber
die Begriffe Shot und Take synonym verwendet.
Kadrage
Shot, Take
Wir unterscheiden zwischen zwei großen Gruppen von Einstellungen:
1. Stand (Simple shot)
2. Kamerabewegung
a. Kamerabewegungen bei unverändertem Standpunkt (im
Englischen Complex Shot), das sind Schwenk (Pan, Tilt)
und Zoom
b. Die Kamera bewegt sich im Raum (Kameragang, Kamerafahrt, im Englischen Developing Shot)
Hier werden in Anlehnung an Roy Thompsons Büchlein „Grammar of the Edit“ die englischen Bezeichnungen favorisiert, da
sie aus Erfahrung besser geeignet sind, die Einstellungstypen
auseinander zu halten.21
20
54
Monaco, James: Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films
und der Medien mit einer Einführung in Multimedia. Reinbeck bei Hamburg 1995, S. 187 f.
21
Vgl. Thompson, Roy: Grammar of the Edit. Oxford 2001, S. 14 ff.
55
4. Produktion | Kameraeinstellung
4. Produktion | Kameraeinstellung
Objektiv
Kamera
Stativ
Simple Shot
Motiv
x
Complex Shot
x
x
Developing Shot
x
x
x
x
x
Die Kreuze stehen für die den shot charakterisierenden Veränderungen.
Bei der Gestaltung von Einstellungen geht es immer um die
Antworten auf einen grundlegenden Fragenkatalog und die
Möglichkeiten der Kamerafrauen, -männer, die Ergebnisse zu
beeinflussen.
Paul Sedlacek formuliert die drei grundlegenden Fragen so:
— „Die erste Frage müsste sein: was ist handlungsrelevant?
Was will ich zeigen?
— Die zweite Frage: Welche Einstellung kommt in der Montage vorher? Welche nachher? Welche Einstellungsgröße
brauche ich?
— Die dritte Frage: Was muss ich im Sinne der Kontinuität bei
den Anschlüssen beachten? Welche Bewegungsrichtung hat
mein Motiv? Welche Blickrichtung haben die Darsteller?“22
Kameraposition
Licht, Farbe
Weitere Tehmen sind: Wo positioniere ich die Kamera im Verhältnis zum Motiv? – Kamerabewegungen, Handkamera oder
Stativ (Kran, Dolly, Panther, Wahl der Perspektive)
Wie sind Licht und Farben bestellt? – Lichtintensität (Blende,
Shutter, vorhandenes Licht, Zusatzbeleuchtung, Schatten), Farbe des Lichts (Weißabgleich, Tageslicht oder Kunstlicht, Folien,
Filter), Farben des Motivs … Wie sieht es mit der Schärfe aus?
– Tiefenschärfe, Schärfenverlagerung
22
56
Welche Position nimmt das Motiv im Bild ein, wie bewegt es
sich im Raum? – Bild- und Bewegungskomposition, Personenund Objektführung, Shutterzeit (z.B. bei Sportaufnahmen)
4.5.1. Einstellungsdauer
Entscheidend für die Wahl der Einstellungslänge ist die Zeit,
die Zuseher benötigen, um den Aussagewunsch eindeutig zu
erkennen. Am Drehort besteht häufig die Gefahr, dass zu kurze
Einstellungslängen gewählt werden. Der Grund dafür liegt darin, dass die Motive dem Produktionsteam bestens bekannt sind
und auch räumlich wahrgenommen werden. Zuseher sehen das
Motiv meist zum ersten Mal. Der erstmalige Erkennungsprozess
dauert länger als der Prozess des Wiedererkennens. Deshalb ist
es wichtig, am Drehort die Einstellungsdauer lange genug zu
wählen. Die Einstellung kann dann beim Schnitt immer noch
gekürzt werden.
Einstellungslänge
4.5.2. Brennweite
Die Brennweite ist eine Längenangabe über den Abstand der
Linse des Objektivs zum Brennpunkt auf den Bildsensoren. Bei
Videokameras sind diese Bildsensoren Röhren oder – bei digitalem Video – Chips. Bei einer langen Brennweite des Teleobjektivs ist der Winkel des Objektivs schmal, das Motiv wird groß
dargestellt. Beim weiten Winkel eines Weitwinkelobjektivs ist
der Winkel – wie der Begriff ja vermuten lässt – groß. Der abgebildete Gegenstand erscheint hingegen kleiner.
Teleobjektiv
Weitwinkelobjektiv
Sedlacek (wie Anm. 15)
57
4. Produktion | Kameraeinstellung
4. Produktion | Kameraeinstellung
Das Teleobjektiv lässt ein Bild flacher wirken. Weitwinkelaufnahmen haben hingegen eine starke räumliche Tiefe.
Wir teilen die Einstellungsgrößen in drei Bereiche, nämlich totale Einstellungen, mittlere Einstellungsgrößen und in große
Einstellungen ein. Jeder dieser Bereiche von Einstellungsgrößen
wird wiederum in drei Größenbereiche unterteilt, sodass wir
eine Skala mit neun Einstellungsgrößen zur Verfügung haben.
Brennweite
4.5.3. Tiefenschärfe
Tiefenschärfe
Die Tiefenschärfe steht in engem Zusammenhang mit der Blendenwahl und der Wahl der Brennweite. Eine kleine Blendenöffnung mit einem großen numerischen Blendenwert ergibt eine
größere Tiefenschärfe. Umgekehrt ergibt eine große Blendenöffnung mit kleinem Blendenwert eine geringe Tiefenschärfe.
4.5.4. Einstellungsgröße
Einstellungsgröße
58
ein Interpretationsspielraum gegeben. Ein plakatives Beispiel:
Wenn ein Haus für die Handlung wesentlich ist, dann ist es
sinnvoll, das Haus in einer totalen Einstellung darzustellen. Es
braucht dann natürlich keine Flugaufnahme der Stadt oder gar
eine Satellitenaufnahme.
totale, mittlere, große Einstellungen
Jede Einstellungsgröße erfüllt eine spezielle Kommunikationsaufgabe. Totale Einstellungen liefern einen Überblick. Mittlere
Einstellungsgrößen konkretisieren oder neutralisieren, je nach
vorangegangener Einstellung, sie zeigen Interaktion. Große Einstellungsgrößen eröffnen einen nahen Blick, einen Einblick in
Geschehnisse oder psychische Zustände. Große Einstellungen
haben grundsätzlich eine größere Bedeutung, mehr Gewicht als
totale.
Im täglichen Produktionsprozess ist es wichtig, dass zwischen
Regie und Kamera Übereinstimmung in der Definition der Einstellungsgrößen herrscht. Im Zweifelsfall ist es besonders bei
einer erstmaligen Zusammenarbeit ratsam, die Größenbezeichnungen, vor allem auch im Zusammenhang mit der zur Verfügung stehenden Kameraoptik zu überprüfen. Sonst kann es vorkommen, dass der Regisseur eine totale Einstellung wünscht,
der Kameramann aber eine weite totale Einstellung liefert.
Übereinstimmung
Die Definition der Einstellungsgröße ist wichtig für die Beschreibung von Einstellungen in der Kommunikation mit dem
Produktionsteam. Die Skala ist allerdings nicht so scharf, wie
beispielsweise bei metrischen Angaben. Denn Einstellungsgrößen beziehen sich immer auf das Motiv und damit ist auch
59
4. Produktion | Kameraeinstellung | Einstellungsgröße
4.5.4.1. Extrem weite Totale, Extremely Long
Shot (ELS)
Überblick
Diese Einstellungsgröße liefert einen Überblick über eine Örtlichkeit. Sie ist neutral, lässt im Hinblick auf künftige Ereignisse
alles offen oder neutralisiert Vorangegangenes.
4.5.4.2. Weite Totale, Very Long Shot (VLS)
kommendes Geschehen
60
Auch die weite Totale ist eine Überblickseinstellung. Sie lässt
kommendes Geschehen erahnen oder sie entfernt sich vom Geschehen. Noch ist die Umgebung wichtiger als das eigentliche
Motiv.
4. Produktion | Kameraeinstellung | Einstellungsgröße
4.5.4.3. Totale, Long Shot (LS)
Die Totale Einstellung vermittelt ein Gesamtmotiv in seiner
Umgebung. Totale verlangen nach größeren Einstellungen, sie
sind emotional schwach, die Originaltonzuordnung ist oft noch
schwierig, Einzelheiten gehen unter.
Gesamtmotiv
4.5.4.4. Halbtotale und Amerikanische, Medium
Long Shot (MLS)
Die Halbtotale gehört zu den mittleren Einstellungsgrößen. Wird
von einer Totalen auf mittlere Einstellungsgröße geschnitten,
gewinnt das Motiv an Bedeutung, während das Umfeld an Bedeutung verliert. Eine Sonderform der halbtotalen Einstellung
bildet die sogenannte Amerikanische, eine Einstellung, die im
Western oft zu sehen ist und einen Menschen ab den Knien
aufwärts darstellt, damit der Colt neben der baumelnden Hand
noch zu sehen ist.
61
4. Produktion | Kameraeinstellung | Einstellungsgröße
Amerikanische
Western
Das Hauptmotiv ist nun eindeutig der wichtigste Bildinhalt,
wichtiger als der umgebende Bereich.
4. Produktion | Kameraeinstellung | Einstellungsgröße
4.5.4.6. Nahe, Medium Close Up (MCU)
Die Nahe ist eine häufige Fernseheinstellung, in der z.B. eine
Person direkt in die Kamera spricht. Es handelt sich um die klassische „Aufsager-Position“, in der der Oberkörper ab der Hüfte
dargestellt wird. Die Betrachter sind schon realtiv nahe beim
Motiv. Der Abstand erlaubt aber noch Entscheidungsfreiheit,
ob man gleichsam ins Geschehen einsteigen oder sich zurückziehen will.
„Aufsager-Position“
4.5.4.5. Halbnahe, Medium Shot (MS)
Respektabstand
In der halbnahen Einstellung wird noch Respektabstand gewahrt, aber es wird bereits eine Beziehung zum Motiv aufgebaut. Erste, noch schwache Emotionen werden vermittelt. Bei
Menschen ist die Körpersprache deutlich erkennbar. Körpersprache, Körperzonen verlangen zuordenbare, totalere Einstellungen oder sie wecken die Neugierde auf größere Einstellungen.
4.5.4.7. Große, Close Up (CU)
Die große Einstellung vermittelt kleinste emotionale Regungen,
die Betrachter sind quasi ins Motiv einbezogen und im unmittelbaren Kontakt mit ihm. Die Umgebung ist nicht mehr wichtig und wird nur noch neben den Konturen des Hauptmotivs
frei gegeben.
62
63
4. Produktion | Kameraeinstellung | Einstellungsgröße
Große
Die Große Einstellung ist Ausgangspunkt für die Darstellung
des Details oder für die Entfernung in eine mittlere Einstellungsgröße.
4. Produktion | Kameraeinstellung | Einstellungsgröße
4.5.4.9. Detail, Extreme Close Up (ECU)
Eine Detaileinstellung lässt das Hauptmotiv oft nur noch vermuten und wirkt oft nur noch symbolhaft und abstrakt. Sie verlangt nach einer totaleren Einstellung. Die Detailaufnahme und
die Sehr Große sollten als Informationszuwachs empfunden
werden und nicht als Informationsbeschränkung.
symbolhaft, abstrakt
4.5.4.8. Sehr Große, Big Close Up (BCU)
Intimität
64
Eine Sehr Große Einstellung vermittelt Intimität und macht betroffen. Es gibt keine sichtbare Umgebung mehr. Nur noch das
Motiv ist sichtbar. Der Wunsch nach einer totaleren Einstellung
wird spürbar.
65
4. Produktion | Kameraeinstellung
4. Produktion | Kameraeinstellung
4.5.5. Weitere standardisierte Einstellungsbezeichnungen
Doppel
Mit dem Doppel ist eine klassische, nicht unbedingt durch die
Motivgröße definierte Einstellung gemeint, die die Beziehung
und Interaktion zwischen zwei Personen zum Inhalt hat.
Over Sholder
bezeichnet eine wichtige Einstellung bei der Darstellung einer
Gesprächssituation zwischen zwei Personen. Die handelnde
Person wird dabei von vorne dargestellt. Die Kamera nimmt die
Position hinter der von ihr angeschnittenen Schulter der zuhörenden Person ein.
66
Three Shot
Der Three shot zeigt drei Personen in Interaktion und liefert
eine Totale des Geschehens. Meist ist der Three Shot eine
Übergangseinstellung entweder näher hin zum Geschehen oder
weg von ihm.
Subjektive Einstellung, Point of View (POV)
Die Subjektive Einstellung bringt die Sicht einer handelnden
Person und zeigt, was diese Person sieht. (Es ist eine Einstellung, die die Handlungsachse neutralisiert, wie unter dem Kapitel Handlungsachse näher erläutert wird.)
67
4. Produktion | Kameraeinstellung
Schuss – Gegenschuss
Der Begriff stammt aus der Welt des Westerns und ist in den
Duellszenen deutlich ausgeprägt. Dieses Prinzip, das in der Dramatik des Show Down sehr ausgeprägt dargestellt wird, wurde
auch für die Gesprächssituation übernommen und ist für viele
Reizreaktionssituationen anwendbar.
z.B.
1. Einstellung: Übersichtstotale über die Gesprächssituation
2. Einstellung: Over Sholder des Befragten, Fragesteller mit
der Eröffnungsfrage
3. Einstellung: Subjektive des Befragten, zeigt Ende der Frage
des Fragestellers
4. Subjektive des Fragestellers mit der Antwort
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildgestaltung
4.5.6. Bildgestaltung
4.5.6.1. Perspektive
Die Perspektive wird auch als Einstellungsrichtung bezeichnet.
Sie bestimmt das räumliche Verhältnis zwischen der Kamera
und dem Motiv. Ändert sich der Standpunkt der Kamera, dann
ändert sich auch die Perspektive und damit ändern sich zumindest Teile des Bildinhalts und die Bildwirkung.
Einstellungsrichtung
Bei der Definition der Normalperspektive gibt es unterschiedliche Auffassungen. Während die einen von in der Natur vorkommenden Größenverhältnissen ausgehen, nehmen andere
die Bildwirkung als Maßstab. Dies sei am Beispiel der Augenhöhe erläutert. Erstere gehen davon aus, dass bis zu einer Abweichung der Kamerahöhe von +/- 10% der Augenlinie von
Normalperspektive
Hier zwei Over-Shoulder-Einstellungen im Schuß- und Gegenschuß-Prinzip:
68
69
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildgestaltung
Normalperspektive gesprochen werden kann, denn etwa 10%
beträgt die Größenabweichung von durchschnittlich großen Erwachsenen. Andere wiederum vertreten die Ansicht, dass nur
dann von Normalperspektive gesprochen werden kann, wenn
die Kamera exakt in Augenhöhe positioniert ist. Faktum ist,
dass bereits bei geringer Abweichung der Kamerahöhe von der
Augenhöhe der Mensch stärker oder schwächer wirkt. Auch
hier gilt wieder: Das Team von Gestalterinnen und Gestaltern
muss wissen, wovon die Rede ist.
„von unten“
„von oben“
Die Perspektive „von unten“ findet ihre extreme Ausprägung
in der Bezeichnung Froschperspektive. Wird ein böswilliger
Mensch in der Froschperspektive aufgenommen, wirkt er noch
bedrohlicher. Darüber hinaus wird eine ganze Palette von Eigenschaften, wie z.B. Arroganz, Selbstsicherheit, Machtbewusstsein, Kraft verstärkt. Das kann bedrohlich sein, muss es
aber nicht. Umgekehrt verhält es sich mit der Perspektive „von
oben“. Auch hier kann Vieles ausgelöst werden: Mitleid, Kompetenzverlust, Angst vor Bedrohung ect. In einer extremen
„von oben“ Ausprägung wird von der Vogelperspektive gesprochen, die zusätzlich zu den geschilderten Bildwirkungen auch
einen Überblick über ein Geschehen oder einen Ort vermitteln
kann.23
Zusammenfassend seien hier die in der Kommunikation von
Produktionsteams geläufigsten Perspektivenbegriffe erwähnt:
Froschperspektive
Vogelperspektive
—
—
—
—
von unten, Froschperspektive
Normalperspektive
von oben, Vogelperspektive
von vorn, seitlich rechts, seitlich links, von hinten
Die Wahl der Perspektive sollte nie beliebig erfolgen, schließlich
wird mit der Wahl der Kameraposition im Verhältnis zu einem
23
70
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildgestaltung
Motiv immer auch ein Standpunkt bezogen. Jede Einstellung
hat ihre psychologische Wirkung. Gut lässt sich dies mit dem
Kind-Erwachsenen-Verhältnis erklären. In der Regel sieht ein
Kind einen vor ihm stehenden Erwachsenen in der „von unten“
Perspektive. Der Erwachsene wirkt übermächtig. Aus der „von
oben“ Sicht des Erwachsenen wirkt das Kind hingegen hilfsbedürftig.
Bildwirkung, von unten und von oben
DVD-K3: Szene „René an Deck“
Wie das Motiv, der Inhalt des Bildausschnitts angeordnet wird,
ist eine Frage der Bildkomposition. Zuseher erleben Bilder auf
ganz unterschiedliche Art und Weise, manchmal als spannend
oder auch als fad und flach. Wird der wichtigste Bildinhalt immer in der Mitte des Kaders platziert, entsteht schnell Langeweile. Die Beachtung einiger Regeln kann helfen, Bilder interessant und spannend zu gestalten.
Bildkomposition
4.5.6.2. Drittel Regel, Goldener Schnitt
Viele Kunstwerke von der Antike bis in die Gegenwart, in der
bildenden Kunst und in der Architektur, gehorchen einer un-
von der Antike bis in die Gegenwart
Vgl. Sedlacek (wie Anm. 15)
71
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildgestaltung
Verhältnis
Balance
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildgestaltung
bewusst bleibenden Gesetzmäßigkeit, dem sogenannten Goldenen Schnitt. Das Verhältnis der beiden Teilstrecken C zu B
entspricht dem Verhältnis von B zu A. Der Goldenen Schnitt
beschreibt ein Teilungsverhältnis von etwa 3:5, exakt 1:1,618.
Dieses Verhältnis wird als besonders harmonisch empfunden.
Teilt man nun die Seitenlänge und Seitenbreite eines Videobildes im Verhältnis des Goldenen Schnitts auf und verbindet
diese Teilungspunkte mit den gegenüberliegenden Teilungspunkten, entstehen Schnittpunkte, die auch als Hauptbildpunkte bezeichnet werden. Hier liegen, falls eine harmonische
Darstellung erreicht werden soll, ideale Platzierungen für die
aussagekräftigen Motive. Die Balance darf jedoch nicht verloren gehen. Natürlich kann auch besondere Spannung dadurch
erzeugt werden, dass diese Hauptbildpunkte von Gestaltern bewußt kontakariert werden.
4.5.6.4. Tiefenschärfe
Analysieren wir ein Videobild, dann werden wir feststellen, dass
die Bildschärfe meist nicht über das gesamte Bild gleichmäßig
verteilt ist. Oft wird der Schärfenbereich nur auf einen Bildausschnitt konzentriert, beispielsweise auf das Gesicht eines Protagonisten, während Gegenstände im Vorder- und Hintergrund
unscharf erscheinen.
Schärfenbereich, Bildausschnitt
4.5.6.3. Vordergrund, Mittelgrund, Hintergrund
Die Einteilung in die drei „Gründe“ des Bildes ist dann besonders wichtig, wenn die Gliederung des Motivs in der Tiefenwirkung wichtiger ist als in der Breite. Zu beachten ist, dass das
Bild möglichst einen visuellen Abschluss durch einen Fluchtpunkt erhält und im Hintergrund nicht einfach zerfließt.
72
73
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildgestaltung
Durch Schärfen-Verlagerungen kann der Blick der Betrachter
gelenkt werden.
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildgestaltung
4.5.6.5. Blick lenkende Gestaltungsparameter,
Vektoren
Vektoren lenken den Blick der Betrachter, deren Aufmerksamkeit. Wenn möglich, sollte der Fluchtpunkt, das ist der Punkt,
an dem sich Vektoren treffen, innerhalb des Bildes liegen, es sei
denn, man möchte auf etwas außerhalb des Bildes hinweisen.
Gibt es innerhalb des Bildes keinen Punkt, an dem sich die Bild
gestaltenden Linien treffen, sprechen wir von einem Bild, das
zerfließt.
Auch hiezu ein Beispiel aus der René Kremser Dokumentation:
Grafische Vektoren ergeben sich aus der Bildkomposition, beispielsweise aus Architekturlinien oder aus der Lichtführung.
Grafische Vektoren
DVD-K5: „grafischer Vektor“
DVD-K4, Umschärfen, Szene: „Dialog im Unterricht“
Aufmerksamkeit
Indexvektoren verweisen auf etwas. Indexvektoren können z.B.
Gesten oder Richtungspfeile sein.
Indexvektoren
Auf die in einer Gesprächssituation jeweils aktive Person kann
durch das Umschärfen die Aufmerksamkeit gelenkt werden.
Das formale Gestaltungsmittel des Umschärfens kann in parallel
laufenden Aktivitäten zum Einsatz gebracht werden, erfordert
aber für eine perfekte, spontane Ausführung eine gute Kamerabeherrschung.
DVD-K6: „Hinweisender Vektor“
74
75
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildgestaltung
Bewegungsvektor
Bewegungsvektoren entstehen durch ein sich im Bild bewegendes Motiv. Aus der Bewegungsrichtung ergibt sich eine Richtungsdynamik, die eine Lenkungsfunktion für die Betrachter
übernimmt. Das Auge folgt der Bewegung.
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildausschnitt und Motiv
Geschehen – wie im nachstehenden Beispiel – von außen in
das Bildmotiv hinein spielt. Hier ist aus dem Kontext heraus
klar, dass es sich um ein Fotoshooting handelt. Geschehen von
außen spielt also in die Bildkomposition hinein. Es handelt sich
deshalb um eine offene Form, die in der Szenenbildung auch
aufgelöst werden sollte, es sei denn, die Gestalter wollen Fragen aufwerfen, die nicht beantwortet werden, z.B. wer der Fotograf sei.
offene Form
DVD-K7: „Bewegungsvektor“
Gerade in einem ansonsten ruhigen Motiv fällt die kleinste Bewegung auf. Eine stärkere Bewegung dominiert die schwache,
eine schnelle Bewegung die langsame. Dabei ist es aber wichtig
zu beachten, dass damit die Bewegung am Screen gemeint ist
und nicht die physikalische Geschwindigkeit. Das Flugzeug im
Hintergrund fliegt zwar in der Realität schnell. Die Bewegung
am Screen ist im Vergleich dazu jedoch langsam. Die Bewegung
der Person im Vordergrund mag real langsam sein, wird aber,
weil wesentlich näher an der Kamera, am Screen als viel schneller wahrgenommen.
Hingegen bedeutet eine geschlossene Form, dass Protagonisten
ständig ins Bild gesetzt sind, oft auch in einer mittigen Anordnung. Die Aufmerksamkeit der Betrachter wird dadurch ausschließlich bei der handelnden Personengruppe gehalten.
geschlossene Form
4.5.7. Bildausschnitt und Motiv
4.5.7.1. Offene und geschlossene Form
Spielt in einer Szene die Umgebung des Motivs mit, dann sprechen wir von einer offenen Form. Dies ist zum Beispiel dann der
Fall, wenn der Protagonist den Bildraum betritt oder verlässt,
76
77
4. Produktion | Kameraeinstellung | Bildausschnitt und Motiv
4.5.7.2. Kopfraum und Blickraum
Kopffreiheit
In einer nahen Einstellung einer Person sollte oberhalb des
Kopfes noch etwas Raum gelassen werden. In der Regel will
man ja nicht den Eindruck vermitteln, dass jemandem die Decke auf den Kopf fällt.
Bei Zufahrten und Zooms ist darauf zu achten, dass die Augenlinie erhalten bleibt. In einer großen Einstellung deckt das Motiv
den gesamten Kader ab.
4. Produktion | Kameraeinstellung
Diese Regeln gelten immer dann, wenn es um eine harmonische Bildkomposition geht. Will ich als Gestalter die Harmonie
brechen, dann kann auch dieses Regelwerk gebrochen werden.
4.5.7.3. Raum in Bewegungsrichtung
Raum braucht ein Motiv auch in der Bewegungsrichtung. Öffnet sich der Raum hingegen hinter der Bewegungsrichtung, entsteht der Eindrck, dass sich das Motiv auf der Flucht befindet.
4.5.8. Physiologische Anmerkungen
Zunächst seien zwei kleine Experimente vorgeschlagen:
— Beobachten Sie bei einer lesenden Person die Pupillen: Sie
sehen, dass sich die Pupillen von einem Fixpunkt zum nächsten
Fixpunkt tasten. Nur an den Fixpunkten wird der Text gelesen,
also nur am Fixpunkt wird der Inhalt des Textes aufgenommen.
Blickrichtung Raum
Das Motiv braucht in der Blickrichtung Raum. Vor dem Gesicht
sollte in der Regel mehr Raum sein als hinter dem Kopf.
richtig
78
falsch
— Ein kleiner Selbstversuch: Blicken Sie mit einer drehenden
Kopfbewegung von einem Gegenstand, der sich links von ihnen befindet, relativ rasch zu einem Gegenstand am rechten
Rand ihres Gesichtsfeldes: Wie wird der Raum zwischen den
Gegenständen wahrgenommen? – Er erscheint ver-wischt, verschwommen.
Was können wir daraus schließen? Das menschliche Auge ist
kein Scanner, der kontinuierlich ein Bildmotiv abtastet. Vielmehr springt es von Fixpunkt zu Fixpunkt und nimmt in einem Augenblick der relativen Ruhe den Bildinhalt auf. Genau
genommen handelt es sich nicht um Fixierungen des Auges,
denn selbst innerhalb der Fixierungen kommt es zu Microbewegungen, sodass der Fixpunkt des Auges eine Ansammlung
das Auge ist kein Scanner
Fixpunkte
79
4. Produktion | Kameraeinstellung
4. Produktion | Kameraeinstellung
von Fixierungen ist. An den Fixpunkten nimmt das Auge die Information auf, leitet diese Information über Formen und Farben
an das Gehirn weiter, wo das Gesehene verarbeitet wird. Den
Sprung von einem Fixpunkt zum nächsten nennt man Saccaden.
In den Saccaden wird so gut wie keine Information aufgenommen. Die Aufnahme eines Motivs mit einer stehenden, sich in
Ruheposition befindlichen Kamera, kommt dieser natürlichen
Sehweise des Menschen sehr entgegen.
Video-Laien versuchen oft die Enge des Suchers dadurch aufzubrechen, indem sie mit der Kamera ständig schwenken und
zoomen. Genau das widerspricht aber der natürlichen Informationsaufnahme über den Sehsinn. Wer schon einmal Besucher
einer Ausstellung beobachtet hat, stellt fest, dass beim Studium
eines Bildes die Betrachter sich meist aus einer gewissen Entfernung einen Überblick über das Kunstwerk verschaffen. Dann
gehen sie näher zum Bild, verändern den Blickwinkel, studieren
aus unterschiedlichen Positionen Details, um sich am Schluss
nochmals einen Überblick zu verschaffen. Die Betrachtung erfolgt aber meist aus einer Ruheposition heraus.
In den nachfolgenden Kapiteln werden die Kameraeinstellungen weiter erläutert und es wird erklärt, wie man mit Hilfe von
mehreren Kameraeinstellungen eine Situation auflöst.
4.5.9. Überblick über die Einstellungsarten
Wie schon erwähnt, unterscheidet Roy Thompson in seinem
Buch „The Grammar of the Edit“ drei verschiedene Kategorien
von Einstellungen, nämlich:
— simple shot
— complex shot
— developing shot24
24
80
In der Übersetzung könnten dafür die Begriffe Stand, Schwenk
und Kamerafahrt stehen.
Die englische Bezeichnung ist treffend gewählt. Denn die Anforderungen an die Kamerabedienung steigen vom simple shot
zum devloping shot exponentiell an. Viel Übung ist erforderlich. Neben einer guten Kameraführung müssen sämtliche bereits genannten Gestaltungsparameter der Mise en Scéne und
der Kadrage berücksichtigt werden, dazu kommt dann noch die
Führung des Motivs.
Die Entwicklung von zum Teil elektronisch steuerbaren Stativen, Kameraseilbahnen, Kamerakränen etc. hat zu einer wesentlich häufigeren Verwendung von dynamischen Einstellungen geführt. Die Firma des öster-reichischen Kameramannes
Georg Riha nimmt dabei eine weltweit führende Stellung ein.
In seinem bekannten und mehrfach ausgezeichneten Universum-Portrait über den Wiener Stephansdom, mit dem Titel
„Der lebende Dom“, aus dem Jahre 1997, wird die Pionierleistung besonders deutlich.
Dennoch ist es für die Gestalter möglich, fast jeden Aussagewunsch auch mit einer Reihe von simple shots zu formulieren,
vielleicht nicht so spektakulär, aber dennoch inhaltlich adäquat.
Erfahrene Kameraleute nennen als Faustregel für Kameraeinstellungen in Dokumentarvideos ein Verhältnis von 1:10, auf
zehn simple shots kommt ein complex oder developing shot.
dynamische Einstellung
Verhältnis 1 : 10
4.5.10. Stand
Der oben geschilderten Eigenheit der menschlichen Wahrnehmung entspricht der Kamerastand am ehesten. Allerdings steht
der Mensch nicht statisch wie die Kamera am Stativ. Sedlacek
Kamerastand
Thompson (wie Anm. 21), S. 14 ff.
81
4. Produktion | Kameraeinstellung | Kamerabewegungen
spricht deshalb davon, dass es sich bei dieser als natürlich empfundenen Art der Wahrnehmung um die traditionelle, eingelernte Filmsprache handle.25 Die Einstellungslänge ist dabei so
zu bemessen, dass dem Auge Zeit gegeben wird, die Information aufzunehmen. Die Kamera bewegt sich dabei nicht, bleibt
also starr, lediglich das Motiv kann sich in Bewegung befinden.
4. Produktion | Kameraeinstellung | Kamerabewegungen
4. Kamerabewegungen werden langsam ausgeführt. Nur dann
ist gewährleistet, dass die Augen des Betrachters die Haltepunkte finden, um die Bildinhalte aufnehmen zu können.
Dies gilt vor allem dann, wenn es darum geht, eine eindeutige Bildinformation zu erzielen. Überall dort, wo es um
emotionale, atmosphärische oder assoziative Kommunikationsziele geht, wird oft mit sehr schnellen Kamerabewegungen gearbeitet.
langsam
5. Sämtliche Kamerabewegungen bedürfen einiger Übung, um
sie kontinuierlich ausführen zu können, vor allem dann,
wenn sie im Telebereich ausgeführt sein sollen. Ruckelschwenks stören beim Betrachten der Einstellungen und
wirken unprofessionell. Bei Schwenks im Telebereich ist zu
beachten, dass die Veränderung des Bildinhaltes sehr dynamisch ist. Sie müssen deshalb in der Regel besonders langsam ausgeführt werden. (s. auch Reißschwenk, 4.5.12.2.)
Übung
4.5.11. Kamerabewegungen, Überblick
Drei Voraussetzungen nennt Paul Sedlacek für die Entscheidung, Kamerabewegungen einzusetzen:
1. Kamerabewegungen sollten der Aussage entsprechen oder
sie zumindest verstärken. Es braucht also eine inhaltliche
Begründung dafür.
2. Man muss zwischen sogenannten Ausgleichsbewegungen
und dramaturgisch bedingten Blickänderungen unterscheiden.
3. Die Bewegung hängt von der Komplexität des Bildes ab.26
eindeutige Bildaussage
Stand – Stand
Gegenrichtung
Für die Ausführung von Kamerabewegungen sind beim Dreh
zudem folgende Hinweise handwerklicher Art hilfreich:
1. Kamerabewegungen werden dann, wenn es um das Erzielen von eindeutigen Bildaussagen geht, sparsam eingesetzt.
2. Kamerabewegungen beginnen in einem Stand und enden
in einem Stand. Oft entscheidet sich erst beim Schnitt, wie
die bewegte Einstellung angelegt wird.
3. Wenn möglich wird, vor allem bei lebenden Objekten, jede
Kamerabewegung auch in der Gegenrichtung ausgeführt.
Das ist darin begründet, dass sich oft erst bei der Montage
herausstellt, welche Bewegung gewählt wird, z.B. der
Rechtsschwenk oder der Linksschwenk.
25
26
82
Hier ein Überblick über die Kamerabewegungen
4.5.12. Schwenk, complex shot
Vgl. Sedlacek (wie Anm. 15)
ebd.
83
4. Produktion | Kameraeinstellung | Kamerabewegungen
Kamerabewegung am Ort
Unter einem Schwenk versteht man eine Kamerabewegung
am Ort, d.h. dass der Kamerastandort räumlich gesehen unverändert bleibt, die Kamera also weder in vertikaler noch in
horizontaler Hinsicht im Raum bewegt wird. Werner von Appeldorn beschreibt in seinem Handbuch der Film- und Fernsehproduktion, dass beim horizontalen oder vertikalen Schwenken
die Objekte durch das Bild wanderten. Dieser Vorgang komme
beim normalen Sehen niemals vor und weise dadurch einen
hohen Abstraktionsgrad auf.27 Deshalb sollten Schwenks sparsam eingesetzt werden. Wie bereits mehrfach erwähnt, ist die
inhaltliche Begründung das Wichtigste, z.B.: die Ausdehnung
einer Landschaft, Übersicht über eine Soll-Strecke, etc.
4. Produktion | Kameraeinstellung | Kamerabewegungen
ziehung zu bringen oder schon vorhandene Beziehungen noch
zu verstärken. Dies funktioniert, indem die Kamera vom Motiv
A weggerissen und auf ein Motiv B hingerissen wird. Mit einer
kurzen Blende in der Unschärfe des Reißschwenks, die in der
Postproduktion ausgeführt wird, können dann die beiden Motive verbunden werden.
Der Begleitschwenk verfolgt ein sich bewegendes Objekt. Aufgrund der Dynamik kann dabei der Hintergrund unscharf werden. Zu beachten ist, dass in der Bewegungsrichtung genug
Raum bleibt. Oft eilt der Begleitschwenk dem bewegten Motiv
etwas voraus, darf es dabei jedoch nicht verlieren.
Begleitschwenk – genug Raum
4.5.12.1. Schwenk: Pan und Tilt
Horizontalschwenk
Pan ist der Horizontalschwenk. Der langsame Horizontalschwenk, der die Absicht hat, einen Überblick zu geben, wird
als Panoramaschwenk bezeichnet. Tilt ist der Vertikalschwenk.
4.5.12.2. Verbindender Schwenk, Reißschwenk,
Begleitschwenk
Parallelgeschehnisse verbinden
Schwenks können eingesetzt werden, um Parallelgeschehnisse
zu verbinden. Denken sie an das Fußballpublikum und den Aussagewunsch: Während die einen das soeben geschossene Tor
feiern, sind die Fans der anderen Mannschaft zu Tode betrübt.
Beide Aussagen können (müssen aber nicht) mit einem Schwenk
vom einen zum anderen Fanblock verbunden werden.
Der Reißschwenk ist der sehr schnell ausgeführte verbindende Schwenk. Die Technik des Reißschwenks kann angewendet
werden, um Geschehnisse oder Lokalitäten miteinander in Be27
84
4.5.12.3. Zoom und Umschärfen
Genau genommen handelt es sich hier nicht um Kamerabewegungen, sondern um Manipulationen am Objektiv. Die Kamera bleibt also am Standort, während der Zoomring oder das
Schärferad bewegt werden. Da aber diese Handgriffe nicht zu
perspektivischen, wohl aber zu inhaltlichen Veränderungen
der Einstellungen führen, werden sie hier dem complex shot
Vgl. Appeldorn, Werner van: Handbuch der Film- und Fernsehproduktion. Psychologie
– Gestaltung – Technik. 4. Aufl. München, 1997. S. 41
85
4. Produktion | Kameraeinstellung | Kamerabewegungen
zugeordnet. Die Grundsatzregeln für den Dreh sind auch beim
Zoom und dem Umschärfen dienlich.
Zoom mißbräuchlich
Die Zoombewegung dient dazu, eine größere Darstellung des
Motivs in einen Gesamtzusammenhang zu stellen oder aus einem Überblick heraus auf eine größere Darstellung hinzuweisen. Oft wird die Zoombewegung missbräuchlich verwendet,
nämlich dann, wenn sie als Ersatz für eine Kamerafahrt dient.
DVD-K9, Zoom, Szene „Universität“
Wie schon erwähnt, ist eine Zoombewegung eigentlich keine
Kamerabewegung im klassischen Sinne, sondern eine Positionsveränderung der Linsen in einem Objektiv. Das Zoom verändert
die Brennweite des Objektivs in Richtung Weitwinkel oder in
Richtung Tele. Dadurch wird das Motiv verkleinert oder vergrößert. Die natürliche Sehweise des Menschen kennt allerdings
keine Entsprechung zum Zoom. Die Zoombewegung sollte deshalb nur dann angewendet werden, wenn sie inhaltlich motiviert ist, also zum Beispiel dann, wenn ein Motiv im Gesamtzusammenhang dargestellt oder wenn auf ein Detail hingewiesen
werden soll.
Sedlacek bemerkt dazu ergänzend, dass der Zoom eines der
stärksten dramaturgischen Mittel ist. Den Hin-Zoom vergleicht
er mit drei Rufezeichen. „Wenn z.B. von einer Totalen eines
Wohnblocks auf ein Fenster hingezoomt wird, dann ist dieses
Fenster besonders wichtig, dort ist etwas passiert oder dort
wird etwas passieren. Der Rückzoom ist das Gegenteil: das Untergehen eines Objektes, einer Person in der Weite. Wenn ich
von einer Nahen eines Menschen zurückzoome in eine Totale
einer Menschenmenge, dann lasse ich ihn klein und anonym
zurück.“28
28
86
4. Produktion | Kameraeinstellung | Kamerabewegungen
Ein Zoom bewirkt zudem eine unnatürliche Dynamik an den
Bildrändern, während der Inhalt des Bildmittelpunktes unverändert bleibt. Die Perspektive verändert sich nicht.
Beim Zoomen von einer totalen in eine große Einstellung geht
die Schärfe verloren. Es ist deshalb zu beachten, dass die Schärfe immer in der großen Einstellung gezogen wird. Wenn in ein
Motiv hineingezoomt wird, muss vorerst, ohne dass die Kamera
läuft, in der Endposition des Zooms, in der großen Einstellung
geschärft werden, dann wird in die Totale aufgezogen. Erst jetzt
wird die Kamera eingeschaltet und die Einstellung von total
nach groß gezoomt.
unnätürliche Dynamik
Schärfe in der großen Einstellung
4.5.13. Fahrt, developing shot
Bei der Kamerafahrt wird die Kamera durch den Raum bewegt.
Beim Zuseher entsteht der Eindruck als bewege er sich selbst
durch den Raum. Die einfachste Form einer Kamerafahrt ist der
Gang mit der Handkamera. Dies erfordert Übung im Umgang
mit der Kamera und einer Art des Gehens, die durch leicht abgewinkelte, weiche Knie unterstützt wird. Die Handkamera entspricht weitgehend der natürlichen Form des Sehens und wird
deshalb häufig in persönlichen, subjektiven Gestaltungsformen
eingesetzt, z.B. in Reportagen.
DVD-K8: „Gang“
einfachste Form – Gang mit der
Handkamera
4.5.13.1. „Schwebende Kamera“
Im Gegensatz zur Handkamera entspricht die schwebende Kamera eher dem Zustand von Traum, Vision, Entrückung. Häufig
wird sie auch als Mittel zur Veredelung von Einstellungen eingesetzt, in Spielfilmen ebenso wie z.B. bei Bühnenshows.
Vgl. Sedlacek (wie Anm. 15)
87
4. Produktion | Kameraeinstellung | Kamerabewegungen
Schwebestativ
Easyrig
Dolly
ästhetische Qualität
88
Steadycam, Easyrig, Dolly, Panther, Kamerakran, dies sind einige wichtige Geräte, die bei Kamerafahrten verwendet werden.
Steadycam ist ein Markenname für ein Schwebestativ (siehe
auch http://www.steadycam.com/), der aber auch allgemein
für Schwebestative einfacher und komplexer Bauart verwendet
wird. Im Internet finden sich Anleitungen zum Selbstbau einfacher Schwebestative. http://www.homebuiltstabilizers.com/
Ein Easyrig (siehe auch http://www.easyrig.se/) ist eine Art
Rucksackstativ mit einem Über-Kopf-Bügel, an den die Kamera
angehängt werden kann.
Ein Dolly ist ein Gerät für die klassische Kamerafahrt. Die Kamera wird gemeinsam mit dem Operator auf Schienen durch den
Raum bewegt und ist meist auch in der Höhe veränderbar, z.B.
bei den Panther-Produkten. Eine besondere Form eines Dollys
bildet die Kameraseilbahn. Dabei wird die Kamera auf einem
oder mehreren Seilen durch den Raum geführt. Mit der Entwicklung derartiger High-Tech-Geräte hat sich die österreichische Firma des bereits erwähnten Georg Riha, Brains and Pictures, (siehe auch http://www.brainsandpictures.com/movie.
html) Weltgeltung verschafft. Ein von Riha entwickelter 360°
Stativkopf erlaubt Bewegungen in alle Richtungen. Die Kamera
befindet sich an der Spitze eines Kranauslegers und wird ferngesteuert. Das Kamerabild wird an einem Kontrollmonitor am
Kranfuß mit verfolgt.
Wichtig ist zu beachten, dass jedes dieser Geräte eine besondere Ästhetik in der Bildgestaltung bewirkt. Oft hört man in
der Produktionsplanung, dass aus Budgetgründen anstatt eines Dollysystems eine Steadycam zum Einsatz gebracht werden könne, da beide Geräte Kamerafahrten ermöglichten. Argumentiert wird, dass eine Dolly-Aufnahme im Vergleich zur
Steadycam mehr Bedienungspersonal benötige, die Steadycam
4. Produktion | Kameraeinstellung | Kamerabewegungen
also kostengünstiger sei. Solche Aussagen sind, wie oben bereits begründet, problematisch. Für Videogestalter sollte es zunächst um die ästhetische Qualität gehen, also um die Frage,
wie eine Einstellung aussehen soll. Finanzielle Argumente sind
zwar wichtig, aber letztlich sollten sie nicht alles entscheidend
sein.
4.5.13.2. Entfesselte Kamera
Der Begriff bezeichnet eine spezielle Art der Kameraführung, die
zum ersten Mal im Jahre 1924 vom Kameramann Karl Freund
im Video „Der letzte Mann“ von Wilmhelm Murnau eingesetzt
wurde. Freund ließ sich die Kamera auf die Brust schnallen
und an einem Fahrrad befestigen. Dies war zur damaligen Zeit
höchst innovativ, denn Filmkameras waren bis dahin groß und
unhandlich. Im Videozeitalter wird die „entfesselte Kamera“
häufig eingesetzt. Diese Art der Kameraführung bewirkt beim
Zuseher einen Eindruck von Dynamik bis hin zu Verwirrung. Oft
wird der entfesselte Kamerastil mit kleinen Zusatzkameras im
DV-Format umgesetzt.
Eindruck von Dynamik
4.5.13.3. Begleitende Kamerafahrt
Die begleitende Kamerafahrt wird dann eingesetzt, wenn es darum geht, ein sich bewegendes Motiv mit der Kamera zu verfolgen, meist mit derselben Geschwindigkeit, die das Motiv hat.
Der Abstand zwischen Motiv und Kamera bleibt also, zumindest eine Zeit lang, gleich. Oft wird die Kamera am Fahrzeug
selbst angebracht, z. B. am Auto, um von außen in den Innenraum des Fahrzeugs zu filmen. Wie beim Begleitschwenk wird
der Hintergrund dadurch unscharf.
Geschwindigkeit
89
4. Produktion | Schnittfreundliche Einstellungen
4.5.13.4. Umfahrt
360˚ Raum
Bei der Umfahrt wird die Kamera um ein Motiv herum bewegt.
Diese Einstellung löst manche Probleme, die mit dem Überschreiten der Handlungsachse entstehen können. Die Umfahrt
nimmt die Zuseher im 360° Raum mit (siehe folgendes Kapitel).
4.6. Schnittfreundliche Einstellungen
kontinuierlich
Lange Zeit wurde im Kino der Bildschnitt, den das Publikum
nicht merkt, postuliert. Die Zuseher sollten in die Einheit von
Ort, Zeit und Handlung ohne jede Irritation einbezogen werden. Dies funktioniert nur dann, wenn der Schnitt von einem
Take auf den nächsten nicht spürbar wird, sich also unmerklich vollzieht. Die Handlung innerhalb einer Szene und darüber
hinaus von einer Szene zur nächsten sollte sich kontinuierlich
entwickeln. Dies erreicht man, indem bereits beim Drehen auf
die Gesetzmäßigkeiten des Schnitts Rücksicht genommen wird.
Kamerafrauen und Kameramänner sollten mit der Cutter-Schere im Kopf drehen, das heißt, bereits beim Dreh einige Grundregeln des Schnitts beachten. Deshalb ist an dieser Stelle ein
kleiner Exkurs in die Postproduction, zum Videoschnitt, angebracht.
4.6.1. Coveragesystem und Achssprung
Kontinuitätsprinzip
Diese Begriffe sind eng miteinander vernetzt. Das Coveragesystem (das englische Verb „to cover“ bedeutet bedecken, abdecken) will eine Handlung so abbilden, dass sie einer inneren
Logik folgend, ohne Brüche, also kontinuierlich erlebbar wird.
Dieses nennt man Kontinuitätsprinzip. Sedlacek ergänzt mit
dem menschlichen Wahrnehmungsphänomen, dass „die beim
4. Produktion | Schnittfreundliche Einstellungen
Dreh angelegte und beim Schnitt erzielte Fortsetzung einer Bewegung als harmonische Weiterführung empfunden wird, eine
Gegenbewegung jedoch als Disharmonie, Gegnerschaft, Irritation.“29
Bei (Live-)Übertragungen im Fernsehen, Shows, Talks oder bei
Webcasts wird das Geschehen mit mehreren Kameras übertragen. Die Bilder werden an einen Regieplatz gesendet und von
der Regie für die Übertragung ausgewählt. Die Regie ist über
eine Gegensprecheinrichtung, die Intercom, mit den Kamerafrauen und Kameramännern verbunden und gibt Anweisungen
über die Gestaltung der Einstellungen.
Diese Anweisungen folgen dem Coverage-System, das seine
Wurzeln in der Produktionsweise der Hollywoodstudios hat.
Denn was bei modernen Live-Übertragungen mit mehreren Kameras bewerkstelligt wird, wird bei fiktionalen Bewegtbild-Arbeiten in der Regel mit einer Kamera gedreht. (Ausnahmen bilden Soap Operas, auch Soaps genannt, mit vielen Folgen. Hier
wird aus produktionstechnischen und ökonomischen Gründen
häufig mit mehreren Kameras gedreht. Die Standpunkte der Kameras folgen meist dem Coverage-System. Man stelle sich ein
Videoset vor, in dem zwei Schauspieler agieren. Die Kamerapositionen sind fix vorgegeben, und das Licht ist entsprechend der
Handlung und der Kamerastandpunkte eingerichtet.
In diesem – zugegebener Maßen – simplen System bleiben die
Zuseher, ähnlich wie beim Theater, wo Bühne und Zuschauerraum fix angeordnet sind, zunächst einmal auf einer Seite der
Handlungsachse. Sind drei oder mehr Schauspieler am Set, wird
das System komplex.
29
90
Sedlacek, (wie Anm. 15)
91
4. Produktion | Schnittfreundliche Einstellungen
Was versteht man nun unter dem für Videogestalter wichtigen
Begriff Handlungsachse? Steven Katz schreibt dazu in seinem
Buch, „Die richtige Einstellung“:
„Der Sinn und Zweck der Handlungsachse ist relativ simpel:
Sie ordnet die Kamerapositionen so, dass auf der Leinwand
die Richtung von Bewegungen durchgängig erscheint und die
räumliche Einheit erhalten bleibt. Die Handlungsachse ist auch
nützlich, um die Einstellungsliste zu erstellen. Man kann nämlich Einstellungen aus ähnlichen Kamerapositionen zusammenlegen und sie nacheinander abdrehen. Damit wird vermieden,
dass mehrmals eingeleuchtet werden muss. Wir können uns die
Handlungsachse als eine imaginäre Trennlinie vorstellen, die
durch den Raum vor der Kamera verläuft. Ursprünglich wurde
sie erfunden, um sicherzustellen, dass man im Schnitt Einstellungen von einer Szene verwenden kann, die man aus unterschiedlichen Perspektiven gedreht hat, ohne auf der Leinwand
eine irritierende Umkehr von links und rechts hervorzurufen.“30
Single-Space-Scene
Multiple-Shot-Scene
Hans Beller stellt dazu fest
„Die klassische Auflösung der Szene (Single-Space-Scene) für
die Montage unterschiedlicher Einstellungen (Multiple-ShotScene) erfolgte mit der Durchsetzung des Tonvideos nach dem
standardisierten Coverage-System, dessen Regelsystem aber
eher einem Geheimwissen ähnelte, als dass man es systematisch lehrte. Innerhalb des Systems erfolgte die Auflösung wiederum nach drei Prinzipien:
1. Die Auflösung des Handlungsraums findet innerhalb des
180°Schemas statt.
2. Das Kontinuitätsprinzip dominiert die Schnittübergänge
innerhalb des Handlungsraums.
3. Der Einstellungswechsel folgt außerdem noch der
30°Regel“.31
30
31
92
4. Produktion | Schnittfreundliche Einstellungen
Das Coverage-System erfüllt also gestalterische und ökonomische Anforderungen. Hier eine schematische Darstellung mit
typischen Kamerapositionen:
Vgl. Beller, S. 16
Wird innerhalb einer Szene von der einen Seite der Handlungsachse auf die andere Seite geschnitten, dann sprechen wir von
einem Achsensprung (crossing the line). Beim Publikum findet
eine Desorientierung statt, denn die Handlungsperson, die in
der einen Einstellung auf der linken Seite etabliert wurde, befindet sich nach dem Achsensprung plötzlich auf der anderen
Seite.
Katz (wie Anm. 17), S. 81
Beller, Hans: Coverage-System. Über die Hartnäckigkeit einer Studio-Konvention.
URL http://www.schnitt.de/themen/artikel/goldener_schnitt_-_coverage-system.shtml?print
in der Fassung vom 25.07.2005, S. 1 f.
93
4. Produktion | Schnittfreundliche Einstellungen
Im 180° Bereich kann innerhalb des Dreiecks A, B, C zwischen
den Kamerapositionen geschnitten werden. Dabei ist jedoch
zu beachten, dass sich die Kamerastandpunkte deutlich unterscheiden, d.h. um mindestens 30°. Und auch bei der Wahl der
Einstellungsgrößen sollte es deutliche Unterschiede geben.32
Größenskala
Eine Faustregel besagt, dass in der Größenskala jeweils mindestens eine Einstellungsgröße übersprungen werden sollte, z.B.
von einer halbtotalen Einstellung nicht auf eine halbnahe oder
totale, sondern mindestens auf eine nahe oder auf eine weite
totale Einstellung.
Analysieren wir aktuelle Stile in den diversen Video-Genres,
dann wissen wir, dass das Regelwerk des Hollywood-Style
längst aufgebrochen und nicht allein gültig ist.
Heute muss ein Schnitt nicht mehr “unsichtbar” und innerhalb
der Kontinuität des Coverage bleiben. Harte und abrupte Schnitte kann und soll man merken. Jump-Cuts, Straight-Cuts und
Direct-Editing haben sich in den 90er Jahren endgültig durchgesetzt. Andererseits ersetzen eine fließende Kamera (Fluent
Camera Style) und ungeschnittene Inszenierungen in die Tiefe
des Raumes die klassische Auflösung. Auch Hollywood braucht
die innovative Befreiung vom Methodenzwang und normierter Studioanfertigung, will es den kreativen Machern und der
Schaulust des widerspenstigen Publikums entgegenkommen.
Doch bemißt sich alles hartnäckig am Coverage-System.33
32
33
94
Beller (wie Anm. 24) S. 4 f.
Beller (wie Anm. 24) S. 6
95
5. Licht und Schatten
5. Licht und Schatten
5. LICHT UND SCHATTEN
Licht und Schatten und, seitdem die Laufbilder bunt sind, auch
die Farbe, spielen im Video eine bedeutende Rolle. Hilmar Mehnert, der in der ehemaligen DDR Standardwerke zum Themenkreis Licht und Farbe geschrieben hat, stellt fest: „Grundsätzlich
können sowohl dem Licht als auch der Farbe zwei verschiedene
Wirkungen zugeschrieben werden; dies ist einmal die beschreibende und erklärende Wirkung und einmal die psychologische,
dramaturgische Wirkung.“34
psychologische, dramaturgische
Wirkung
5.1. Licht
Es ist eine Binsenwahrheit: Ohne Licht kein Video. Das heißt
aber nicht, dass es beim Videofilmen immer eine zusätzliche
Beleuchtung braucht. Der Dogma-Video-Stil verbietet sogar
das Verwenden von Zusatzlicht, ausgenommen eine Kopfleuchte auf der Kamera. Oft hört man die Annahme, dass das Licht
bei Video weniger wichtig sei als beim Film. Dies wird mit lichtstarken Kameras begründet, die damit beworben werden, dass
bereits bei einer Lichtstärke von wenigen Lux gedreht werden
kann. Doch diese Annahme ist falsch. Denn Film hat einen größeren Kontrastumfang als Video. Und die Videokamera ist auch
nur durch das Verwenden von Restlichtverstärkern in der Lage,
bei wenig Licht noch ein einigermaßen brauchbares Bild zu liefern, das dann aber entsprechend verrauscht ist.
Beleuchten erfordert neben physikalischem Wissen eine gute
Beobachtung und viel Erfahrung. Die Auswirkungen von Beleuchtung sind in Gestalt der Lichtführung in jeder Einstellung
sichtbar. Aus der Lichtanalyse kann man also viel lernen, z.B.
auch dadurch, dass man versucht, die Lichtführung einer beeindruckenden Einstellung nachzubauen.
34
96
Mehnert, Hilmar: Filmfotografie. Bildgestaltung, Lichtgestaltung, Farbgestaltung. 2. Aufl.
Leipzig, 1963, S. 121
97
5. Licht und Schatten | Licht
5. Licht und Schatten | Licht
Ebenso viel kann man aus der Beobachtung der Natur lernen.
Denn die Lichtstimmungen verändern sich im Tagesablauf.
Je näher der Zeitpunkt der Dämmerung rückt, desto weicher
wird das Licht. Mittags dagegen ist es hart. Je nach Drehort
und Sonnenstand ergeben sich natürliche Drehzeiten. Diese gut
auszunützen, kann viel Einleuchtungszeit und damit auch Geld
einsparen.
Das Männerlicht, kommt seitlich und ist hart. Falten, Kanten
werden betont.
Männerlicht – hart
Das Kriminallicht kommt von unten. Licht von unten bedeutet
Gefahr. In der Natur kommt das Licht in der Regel von oben,
es sei denn es handelt sich um Feuerschein, floureszierendes
Getier oder Spiegelungen, die aber wiederum Licht von oben
voraussetzen.
Kriminallicht – von unten
5.1.1. Lichtstimmungen
Ein erfahrener Kameramann hat vor Jahren bei einem Vortrag
einmal die folgenden Licht-Kategorien genannt, die er wiederum von einem anderen Kameramann erfahren habe: Frauenlicht, Männerlicht, Kriminallicht und Totenlicht. Licht erzeugt
also immer Stimmungen, Atmosphäre.
Frauenlicht – diffuses Licht
98
Das Frauenlicht kommt flach von vorne und ist geringfügig über
der Augenhöhe angebracht. Es handelt sich um ein diffuses
Licht.
99
5. Licht und Schatten | Licht
Totenlicht – von oben
5. Licht und Schatten | Licht
Das Totenlicht kommt direkt von oben.
Ein Reportageteam hat in der Regel mindestens einen Lichtkoffer mit vier Leuchten und einem Kopflicht, das auf der Kamera
montiert wird, im Equipment. Dazu kommen diverse Folien zur
Farbkorrektur und ein Schirm für eine indirekte Beleuchtung.
Zum Equipment gehören auch Reflektorfolien zum Aufhellen.
Es kann aber auch durchaus vorkommen, dass an einem Drehort
zu viel Licht vorhanden ist. Dann wird mit einem sogenannten
Butterfly oder mit Abedeckfahnen die Lichtintensität verringert.
Diese Geräte sind meist so gebaut, dass sie am Beleuchtungsstativ befestigt werden können.
In Low-Cost-Produktionen oder im Studienbetrieb kann man
sich oft mit einfachen Mitteln helfen, mit aufgespannten Leintüchern, schwarz gestrichenen Kartons zur Verringerung des
Lichts, bzw. mit Reflektoren aus Styropor zum Aufhellen.
Lichtkoffer
Schirm
Reflektorfolie
Butterfly
Verringerung des Lichts
5.1.2. Standardbeleuchtung aus dem Reportagekoffer
Aufhellung
Die Annahme, dass das Licht bei Video weniger wichtig ist als
bei Film, ist falsch. Im Informationsbereich und bei Reportagen
kann in der Regel kein großes Licht transportiert werden. Der
erste Blick der Kamerapersonen gilt deshalb immer dem vorhandenen Licht. Oft kann durch Schreibtischlampen etc. eine
Aufhellung erreicht werden. Fenster können oft abgedunkelt
werden, weil Gegenlicht stört oder im Außenraum ein anderes
Farbklima herrscht. Kunstlicht muss zu Tageslicht umgefiltert
werden.
Unterschiedliche Lichtquellen bringen unterschiedliche Farbtemperaturen, z.B. die Mischung aus Glühbirnenlicht, Neonlicht und Tageslicht. Ist dies der Fall, ist es ratsam, sich nur für
eine Lichtcharakteristik zu entscheiden.
100
101
5. Licht und Schatten | Licht
5. Licht und Schatten | Licht
5.1.3. Führungslicht, Keylicht
definiert
102
Das Führungslicht definiert die Licht-Schatten-Richtung und ist
entscheidend für die Wahl der Blende.
5.1.4. Aufhelllicht, Fill
Das Aufhelllicht ist schwächer als das Führungslicht, als Faustregel kann das Verhältnis 2:1 angenommen werden, also ein
Blendenwert weniger.
103
5. Licht und Schatten | Licht
5. Licht und Schatten | Licht
5.1.5. Spitzlicht, Kante
Triangel
104
Spitze oder Kante sind zwei identisch verwendete Begriffe. Die
Spitze ist etwas heller als das Führungslicht und richtet sich
nach der Haarfarbe, Kleidung etc. Die Kombination aus Führungslicht, Aufhelllicht und Spitzlicht wird als Triangel-Licht
bezeichnet.
5.1.6. Kulissenlicht
Das zusätzliche Kulissenlicht, mit dem der Hintergrund angestrahlt wird, verleiht dem Bild Tiefe. Dieses Licht ist auch
deshalb besonders wichtig, weil wir es bei Video mit einem
zweidimensionalen Medium zu tun haben, das eine dreidimensionale Welt abbildet.
Tiefe
105
5. Licht und Schatten | Licht
5. Licht und Schatten | Schatten
5.1.7. Augenlicht
Gefahr – überstrahlt
Das Augenlicht wird direkt auf der Kamera angebracht und vor
allem dann verwendet, wenn das Führungslicht sehr seitlich gesetzt wird. Bei Reportagen oder wenn zu wenig Zeit ist, eine Situation auszuleuchten, muss oft mit dem Augenlicht, das dann
mit Strom aus einem Batteriegürtel gespeist wird, das Auslangen gefunden werden. Bei zu starkem Augenlicht besteht die
Gefahr, dass das Motiv geblendet und hervortretende Details
überstrahlt werden.
5.1.8. Normalstil, High-Key, Low-Key
Normalstilausleuchtung
normales Tageslicht
Von einer Normalstil-Ausleuchtung sprechen wir, wenn Motive
mit einem gleichen Reflexionsvermögen, in gleicher Entfernung
einer Lichtquelle von gleicher Leuchtdichte sind. Der Normalstil entspricht etwa der Beleuchtung bei normalem Tageslicht.
5.1.9. Kontrast
Den begrenzten Kontrastumfang einer Kamera registriert man
schmerzlich bei Gegenlichtaufnahmen. Während man mit dem
Auge ohne Probleme beispielsweise die Gesichtszüge eines
Menschen erkennen kann, gehen diese beim Blick durch den
Sucher im Dunkel des Gegenlichtes unter. Der Kontrastumfang
des Auges kann 1000:1 betragen. Wir sehen bei hellem Tag
und auch in der schwärzesten Nacht zumindest noch ein bisschen etwas. Der Kontrastumfang beim Video beträgt nur rund
ein Zwanzigstel davon. Ist der Kontrast zu hoch, fordert uns
eine modernde Videokamera auf, den Graufilter oder ND-Filter
zu verwenden. Er reduziert den Kontrast, ist aber farbneutral.
Viele Videokameras bieten zur Kontrolle des Kontrastes das
Zebra-Muster an, das bei zu hohem Kontrast auf den hellen
Bildpartien erscheint.
5.2. Schatten
High-Key
Kontrast sehr gering
Low-Key
harte Kontraste
106
Beim High-Key überwiegen die hellen Töne und starke Kontraste fehlen. Der Kontrast zwischen Grundlicht, Führungslicht und
Aufhelllicht ist sehr gering.
Beim Low-Key ist es hingegen umgekehrt. Die dunklen Töne
überwiegen, es gibt harte Kontraste, das Kontrastverhältnis beträgt bei den Gangsterfilmen der 50er Jahre durchaus bis zu
5:1. Noch stärkere Kontraste werden in Nachtszenen verwendet. Der Schatten ist dann kaum oder gar nicht mehr durchgezeichnet.
Ebenso wichtig wie das Licht ist der Schatten. Die Hell-DunkelVerteilung in einem Bild ist entscheidend für die Bildkomposition.
Hell-Dunkel-Verteilung – entscheidend für Bildkomposition
5.2.1. Der Schlagschatten
Ein Objekt, das von einer punktartigen Lichtquelle beleuchtet
wird, erzeugt einen Schlagschatten auf einer Projektionsfläche.
Das Schattenspiel nützt diesen Effekt.
107
5. Licht und Schatten | Schatten
5. Licht und Schatten | Schatten
5.2.2. Kernschatten
Unter Kernschatten versteht man jene Fläche, die von der Lichtquelle nicht direkt angestrahlt wird.
Weicher Schatten
Harter Schatten
Bei Neonlicht kann die Schattenintensität verstärkt oder verringert werden, je nachdem wie der Gegenstand ins Licht gesetzt
wird. Ein Gegenstand, der parallel zur Lichtwelle gesetzt wird,
erzeugt einen härteren Schatten als ein Gegenstand, der quer
zum Lichtwellenverlauf steht.
Lichtwelle
5.2.4. Körperschatten
Der Körperschatten wird durch die Unregelmäßigkeit eines
Gegenstandes erzeugt, etwa durch die Kontur eines Gesichtes,
Kinns etc.
Kontur
5.2.5. Blende
5.2.3. Halbschatten
Übergangsbereich
108
Der Halbschatten ist der Übergangsbereich zwischen dem Kernschatten und der direkt beleuchteten Fläche. Bei einem harten
Schatten ist dieser Übergangsbereich sehr klein, bei einem weichen Schatten ist der Übergangsbereich ausgedehnt
Die Blende oder Iris ist die Öffnung des Objektivs, die dem
Licht den Weg in die Videokamera frei gibt. Die Größe dieser
Öffnung ist variabel. Bei großer Öffnung tritt viel Licht in die
Kamera ein, bei kleiner Öffnung wenig. Bei Videokameras erfolgt die Kontrolle über den Sucher der Kamera oder das LCD
Display. Doch Vorsicht ist geboten, denn Displays und Sucher
können in punkto Helligkeit und Farbintensität verstellt werden. Es ist also wichtig, sich vorerst mit der Kamera vertraut zu
machen, evtl. sogar das Bild über einen genormten Vorschaumonitor zu kontrollieren.
109
5. Licht und Schatten | Schatten
Automatikfunktion
Mittelwert
umgekehrt
Tiefenschärfe
5. Licht und Schatten | Schatten
Viele Kameras bieten für die Blendenwahl Automatikfunktionen an. Diese regeln einen Mittelwert. Doch ist der Mittelwert häufig nicht brauchbar, vor allem bei Gegenlichtsituationen oder wenn zum Beispiel in dunklen Bildpartien noch
eine Durchzeichnung erreicht werden soll. Deshalb ist es meist
besser, manuell auszusteuern. Entscheidend für die Wahl der
Blende ist das Hauptmotiv. Es kann also durchaus sein, dass zu
Gunsten eines gut belichteten Hauptmotivs Über- oder Unterbelichtungen in anderen, weniger wichtigen Bildteilen in Kauf
genommen werden.
Teleobjektiv
110
Weitwinkel-Objektiv
Die Werte, mit denen die Blende gemessen wird, verhalten sich
umgekehrt zur durchgelassenen Lichtmenge. Die Blendenstufen sind 0,7; 1; 1,4; 2; 2,8; 4; 5,6; 8; 11; 16; 22; 32 und 45. Je
kleiner die Blendenzahl ist, desto mehr Licht wird durchgelassen, desto heller also das Bild. Bei großer Blendenzahl ist die
Öffnung eng, und es wird nur wenig Licht durchgelassen. Die
runde Öffnung der Blende wird jeweils um den Faktor 1,4 vergrößert, die Lichtmenge wird von Blendenstufe zu Blendenstufe
entweder verdoppelt oder halbiert.
Die Wahl der Blende beeinflusst die Tiefenschärfe. Bei weit geöffneter Blende mit kleiner Blendenzahl, z.B. Blende 2, ist die
Tiefenschärfe geringer als bei einer kleineren Blendenöffnung,
z.B. Blende 22.
5.2.6. Brennweite, Lichtmenge. Lichtstärke des
Objektivs
Brennweite
kleinem Bildwinkel ist die Lichtmenge kleiner als bei der Wahl
eines Weitwinkel-Objektivs. Dies ist vor allem beim Zoomen
zu berücksichtigen, das oft mit einer Veränderung der Blende
einhergehen muss. Ohne Übung und gute Kamerabeherrschung
wird kein gutes Ergebnis erzielbar sein.
Die Lichtmenge, die in die Kamera eintritt, wird aber nicht nur
durch die Blende beeinflusst, sondern auch durch die Brennweite des Objektivs. Bei langer Brennweite (Teleobjektiv) und
5.2.7. Graufilter
Der Graufilter oder ND-Filter ist farbneutral. Er verringert die
Menge des eintretenden Lichtes, wenn die Blendenregelung
nicht mehr ausreicht, um die Lichtmenge zu reduzieren. Bei
vielen Kameras ist der Graufilter Bestandteil der elektronischen
Aussteuerung. Wenn dies nicht der Fall ist, sollte man sich einen Satz Graufilter zulegen, den man auf das Objektiv schrauben kann.
ND-Filter
111
5. Licht und Schatten | Schatten
5. Licht und Schatten | Schatten
5.2.8. Shutter
Verschlusszeit
variabel
Die Verschlusszeit (Shutterspeed) wird in Sekunden gemessen
und bezeichnet, wie lange der Verschluss den Weg auf den
lichtempfindlichen Chip der Kamera pro Frame freigibt. Im in
Europa am meisten verbreiteten PAL-System wird mit 25 Bildern pro Sekunde gearbeitet. Bei einer Verschlusszeit von
1/100 wird also jedes Frame mit einer 1/100 Sekunde belichtet.
Die Geschwindigkeit des Shutters ist variabel. Der Haupteffekt
des Shutters ist, dass schnelle Bewegungen bei kurzen Shutterzeiten noch scharf abgebildet werden, während bei langen
Belichtungszeiten das Motiv unscharf wird. Durch eine lange
Verschlusszeit, beispielsweise länger als 1/50 Sekunde, wird bei
Bewegungen des Bildes und/oder der Kamera eine Unschärfe
erzielt, die vielfach als Gestaltungsmittel angewendet wird, z.B.
dann, wenn seelische Zustände abgebildet werden sollen.
sie vorfindet. Bei farbigem Licht wirkt das Motiv also farblich
verändert.
Im Laufe des Tages verändert sich die Lichtfarbe. Schattenlicht
hat eine andere Farbe als Sonnenlicht, die Farbe des Kunstlichts
differiert zum Tageslicht. Die Farbe des Lichts wird in Kelvin
angegeben. (Siehe auch http://www.videoscanner.info/Farbtemperatur.html)
Schattenlicht
Sonnenlicht
Kunstlicht
Hier einige typische Werte:
Bei kurzen Belichtungszeiten kann es notwendig werden, die
Blende zu öffnen, um noch genügend Licht in die Kamera zu
bekommen. Dies hat dann wiederum Auswirkungen auf die
Tiefenschärfe.
5.2.9. Farbe des Lichts
RGB-Farbraum
Weißabgleich
112
Im Medium Video arbeiten wir im RGB-Farbraum. Dies bedeutet, dass sich die Grundfarben Rot, Grün, Blau zu Weiß addieren lassen. Jede Farbe ist in 255 Stufen unterteilt, sodass je
nach Mischung die im Motiv vorgefundene Farbe mit einer sehr
hohen Annäherung wiedergegeben werden kann. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass mit der Kamera ein Weißabgleich
gemacht wird. Denn im Gegensatz zur menschlichen Rezeption, die bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen die Farben zu
interpretieren weiß, gibt die Kamera farblich das wieder, was
Abg. Vergl.: http://www.videocollege.de
Kerze
Glühbirne 100 W
Glühbirne 200 W
Halogenlampe
Spätabendsonne vor Dämmerung
Leuchtstoffröhre (kaltweiß)
1500 K
2800 K
3000 K
3200 K
3500 K
4000 K
113
5. Licht und Schatten | Schatten
5. Licht und Schatten | Schatten
Mond
Morgen- und Abendsonne
Vormittags- und Nachmittagssonne
Mittagssonne
Bedeckter Himmel
Nebel
Blauer Himmel im Schatten
4100 K
5000 K
5500 K
5500 – 6000 K
6500 – 7500 K
8000 K
9000 – 12000 K
Vor dem Dreh muss die Kamera auf die Lichttemperatur abgestimmt werden. Ausgangspunkt für diese Abstimmung ist das
Weiß. Von einer weißen Referenzfläche ausgehend, werden
dann die Farbnuancen des RGB Farbraumes berechnet. Diesen
Vorgang bezeichnet man als Weißabgleich.
5.2.9.2. Filter
Probleme gibt es bei Mischlicht, immer dann also, wenn Tageslicht und Kunstlicht aufeinander treffen. Dies ist oft in künstlich
beleuchteten Räumen mit großen Fensterflächen der Fall, oder
auch dann, wenn sich Neonlicht und Licht von Glühbirnen mischen. Kommt noch Tageslicht dazu, wird die Situation umso
schwieriger. In so einem Fall muss man sich für eine Lichtfarbe
entscheiden und Kunstlicht zu Tageslicht umfiltern.
Mischlicht
Kunstlicht oder Tageslicht
Eine weitere Möglichkeit ist die bewusste Anwendung von
Mischlicht, z.B. die blau-orange Lichtführung. Diese wird in der
Werbung und in Action Filmen seit den 1980er Jahren oft eingesetzt. Die emotionale Wirkung wird häfig mit durch Farbfolien gefärbtem Licht verstärkt.
5.2.9.1. Weißabgleich
Weißabgleich
114
Viele Kameras bieten neben dem automatischen Weißabgleich
die Möglichkeit, Voreinstellungen abzuspeichern und einen
manuellen Weißabgleich zu ziehen. Beim automatischen Weißabgleich berechnet die Kamera von der hellsten Fläche ausgehend den Weißwert. Ist die hellste Fläche nicht weiß, werden
die Farben unnatürlich wiedergegeben, eine gewisse Unsicherheit bleibt also. Sicherer geht man mit einem manuellen Weißabgleich. Eine formatfüllende weiße Fläche wird dabei in das
vorherrschende Licht gehalten. Dann wird der Weißabgleich
aktiviert. Wichtig ist zu beachten, dass das von der weißen Fläche reflektierte Licht den dominanten Lichtverhältnissen entspricht.
Eine andere Möglichkeit wäre zu verdunkeln, um das Eindringen von Tageslicht zu verhindern und von Grund auf künstlich
zu beleuchten. Die dritte Möglichkeit wäre, mit Folien über
den Fensterscheiben das Tageslicht umzufiltern. Dafür werden
Korrekturfilter verwendet, meist sind das Folien, die vor der
Lichtquelle angebracht werden. Es gibt aber auch Korrekturfilter, die direkt vor dem Objektiv angebracht und in einer Filterhalterung, dem Kompendium, fixiert werden.
verdunkeln
Effektfilter erfüllen eine andere Funktion als Korrekturfilter.
Sie färben Bilder teilweise ein, um beispielsweise das Blau des
Himmels zu verstärken, machen Konturen weicher (Weichzeichner), fächern Lichtquellen sternförmig auf (Sternfilter) und viele
Effekte mehr. Polfilter sind hilfreich bei spiegelnden Flächen,
etwa bei Aufnahmen von gerahmten Kunstgegenständen oder
Objekten in Vitrinen. Der ND-Filter oder Graufilter (siehe auch
3.2.7) verringert die Menge des einfallenden Lichtes.
Effektfilter
115
6. Montage und Postproduktion
6. MONTAGE UND POSTPRODUKTION
Viele der im 3. Kapitel angeführten Gestaltungsparameter gelten nicht nur für Video, sondern auch für die Fotografie. Video
zeichnet sich im Vergleich zur Fotografie aber dadurch aus, dass
Aussagen nicht nur mit einer Einstellung getroffen werden, sondern durch das Zusammenfügen mehrerer Einstellungen. Den
Prozess dieses Zusammenfügens bezeichnet man als Schnitt
oder Montage und diese folgen zeitlich nach dem Dreh, also
nach der Produktion. Der Schnitt oder die Montage sind das
Kernstück der Postproduktion.
6.1. Shotlist
Bevor die Montage beginnt, wird das aufgenommene Material
gesichtet und in einer Shotlist beschrieben. Die Shotlist bietet
einen Überblick über das Rohmaterial und dient zur Selektion
der besten Einstellungen. In der Regel wird wesentlich mehr
Material gedreht, als tatsächlich Verwendung findet. Dies wird
durch das Drehverhältnis ausgedrückt. Im News-Bereich kann
man davon ausgehen, dass das Drehverhältnis ca. 1:10 beträgt,
d.h. dass für eine Minute geschnittenes Material zehn Minuten
Rohmaterial aufgenommen wurden. Wer mit Film dreht, weiß,
dass Drehverhältnis und Kosten in einer engen Korrelation stehen. Ein Vorteil von Video im Vergleich zu Film ist, dass das
Bandmaterial vergleichsweise billig ist und, je nach Produktion,
auch öfters Verwendung findet.
116
Drehverhältnis
117
6. Montage und Postproduktion | Shotlist
6. Montage und Postproduktion | Shotlist
Eine Shotlist besteht in der Regel aus vier großen, weiter unterteilbaren Bereichen.
In der Zeitspalte wird der auf dem Videoband mitgeschriebene Timecode eingetragen, daneben folgen die Länge und die
Größe der Einstellung. Wichtig ist auch das Festhalten der Perspektive und der Kamerabewegung, wobei man sich hier einiger Kürzel bedienen kann, die sich im journalistischen Bereich
etabliert haben.35
Abb. vgl. Schult, S. 168
Beim Spielfilm werden die Muster – das sind die Takes, die beim
Drehen als gelungen bezeichnet wurden – auf ein eigenes Tape
kopiert. Mehrmals wöchentlich werden diese von Regie, Kamera und Schnitt gesichtet und die besten Szenen ausgewählt.
Diese Vorschau ist die Basis des Cutters, der selbständig nach
dem Drehbuch parallel zu den Dreharbeiten den Rohschnitt
meist in einer überlangen Erstfassung herstellt.
35 vgl. Sobeck-Skal, Alexander von: „Bild Bearbeitung“. In: Schult, Gerhard und Buchholz,
Axel (Hrsg.): Fernsehjournalismus. Ein Handbuch für Ausbildung und Praxis. 3. erw. Aufl.
München 1990, S. 168
118
119
6. Montage und Postproduktion
6. Montage und Postproduktion
6.2. Papierschnitt
Shotlist-Bewertung
Festplatte
Bei größeren Projekten empfiehlt es sich, einen Papierschnitt
herzustellen. Darunter versteht man die Auflistung der Einstellungen, die aufgrund der Materialsichtung und Shotlist-Bewertungen als Takes ausgewählt wurden und aller Voraussicht nach
dann auch im Film zu sehen sein werden. Manche Videobearbeitungsprogramme ermöglichen es, bereits auf die Computerfestplatte eingespieltes Rohmaterial auszuwählen und das
erste Frame des Take als Thumbnail darzustellen. Thumbnails
sind kleinformatige Darstellungen des ersten Frames einer Einstellung und charakterisieren den Inhalt der Einstellung. Die
Aneinaderreihung dieser Thumbnails ersetzt den Papierschnitt
weitgehend.
6.3. Digitalisierung
Nun wird das Rohmaterial in den Computer eingespielt. Handelt es sich um analoges Videomaterial, wird dieses mit Hilfe
einer Videokarte digitalisiert. Ist es digitales Material, wird es
vom Band auf die Computerfestplatte kopiert.
6.4. Kuleschow Effekt
Lew Kuleschow, sowjetischer Regisseur und Filmtheoretiker
aus der Frühzeit des Films, hat in Experimenten nachgewiesen,
dass das Wesen filmischer Aussagen im Zusammenspiel von
Einstellungen begründet ist. Seine Erkenntnisse könnte man
zusammenfassen mit dem Satz: Einstellungen beeinflussen sich
wechselseitig.
Kuleschow hat drei Einstellungen, nämlich einen Teller Suppe,
einen Sarg und ein totes junges Mädchen mit dem Gesicht eines
Schauspielers in unterschiedlicher Reihenfolge geschnitten. Dies
führte zu unterschiedlichen Interpretationen des Gesichtsausdrucks des Schauspielers.36 (vgl. Beller, Seite 20 ff.) Hans Beller
hat an der Hochschule für Film und Fernsehen in München im
ähnlichen Sinne experimentiert. Er kommt dabei zum Schluss,
dass sich der Kuleschow Effekt auch noch heute erzielen ließe.
Allerdings sei die klassische experimentelle Anordnung fraglich
geworden, was er auf die geänderten Sehgewohnheiten beim
Publikum zurückführt.37
Neue Kamerasysteme zeichnen zum Teil schon direkt auf Festplatte auf, sodass das Videomaterial dann nicht mehr eigens
eingespielt werden muss. Es müssen die Files nur noch von
Festplatte auf Festplatte kopiert werden, oder die Festplatten
lassen sich direkt an den Computer anschließen. Dies spart
enorm Zeit und dadurch auch Kosten. Es gibt vielerlei digitale
Videoformate, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen
wird. Hiezu soll nur so viel bemerkt werden: Medientechnische
Grundkenntnisse sind eine wichtige Voraussetzung für alle, die
sich mit der Bearbeitung von Videomaterial beschäftigen.
Abb. Beller, S. 158
Beller, Hans: „Aspekte der Filmmontage“. Eine Einführung. In: ders. Hrsg., (wie Anm. 13)
S. 20 ff.
37
Beller, Hans: „Vorstellung prägnanter Experimente“. 1. „Das Kuleschow-Remake“.
In: ders. Hrsg., (wie Anm. 12) S. 157 ff.
36
120
121
6. Montage und Postproduktion | Schnitt
6.5. Schnitt – Begriffsklärung
Schnitt bezeichnet sowohl den harten Übergang von einer Einstellung zur nächsten als auch den gesamten Prozess des Zusammenfügens der Einzelelemente, die im Film zu sehen und zu
hören sein werden.
Der deutsche Begriff „Filmschnitt“ assoziiert in erster Linie die
Tätigkeit des Trennens von Einstellungen, die auf einer Filmrolle sind, wobei das im Selektionsprozess ausgewählte Material
schließlich zum Film zusammengefügt wird. Die Auswahl und
die Art des Zusammenfügens von Einstellungen entscheidet der
Cutter. Als Entscheidungsgrundlagen dienen das Drehbuch und
der Aussagewunsch. Im fertigen Film ist schließlich nur noch
ein kleiner Teil des ursprünglich aufgenommenen Materials zu
sehen. Das Verhältnis zwischen aufgenommenem und verwendetem Material wird mit dem Begriff Drehverhältnis bezeichnet.
Montage
Editing
Die aus dem Französischen und Englischen stammenden Begriffe „Montage“ und „Editing“ treffen den Kern der wichtigsten
Tätigkeit in der Phase der Postproduction im Grunde genommen besser als der Begriff „Schnitt“. So wie ein Orchesterklang
ganzheitlich wahrgenommen wird, obwohl er eigentlich aus vielen Instrumentenstimmen besteht, so fügt der Filmschnitt viele
einzelne Bestandteile zu einem großen Ganzen zusammen.
„Filmmontage ist eine Sammelbezeichnung für einen komplexen Vorgang, der den Film in seinem Ablauf strukturiert, seine
visuellen und akustischen Elemente auswählt, anordnet und sie
organisiert, indem sie durch Schnitt gegenübergestellt, aneinandergereiht und/oder in ihrer Dauer begrenzt werden. ... Im
ersten Schritt, der dem Schnitt vorausgeht, wird das Drehbuch
in Handlungseinheiten untergliedert. Der zweite Schritt erfolgt
6. Montage und Postproduktion | Schnitt
beim Drehen, wo die Auflösung der Einstellungen von der Kamera in Zusammenarbeit mit der Regie vorgenommen wird. Die
Gesamtheit dieser Einstellungen ergibt die Muster, mit denen
die eigentliche Filmmontage, das Filmediting, der Filmschnitt
beginnt.“38
Im Zeitalter des Video-Desktop-Editings, also des Videoschnitts
am Computer, wird ohnehin nicht mehr im ursprünglichen Sinne des Wortes physikalisch geschnitten. Denn die Einstellungen
werden nicht mehr getrennt sondern lediglich ausgewählt. In
den sogenannten nondestruktiven Verfahren des Computerschnitts bleibt das Bild- und Tonmaterial, das als Daten abgespeichert wurde, auf der Festplatte erhalten. In der Montage
werden dann Einstellungen ausgewählt, in ihrer Länge bestimmt, in eine bestimmte Reihenfolge gebracht, und es wird
die Art des Überganges von einer Einstellung in die folgende
bestimmt.
6.5.1. Begründungen für den Schnitt
Lange Zeit galt als wichtigstes Kriterium für den Filmschnitt
das Einhalten der Kontinuität. Das Publikum sollte den Schnitt
nicht bemerken. Ein guter Schnitt ist ein Schnitt, den man nicht
sieht, lautet bis heute eine Grundregel des Fernsehens. Der
Hollywood Stil hat darin eine Meisterschaft entwickelt. Walter
Murch, einer der großen Hollywood Cutter (Apokalypse Now),
löst sich von dieser Auffassung und nennt sechs Kriterien, die
ein guter Schnitt erfüllen muss:
sechs Kriterien für guten Schnitt
1. er trifft das Gefühl des jeweiligen Moments;
2. er treibt die Handlung voran;
3. er erfolgt an einer Stelle, die vom Rhythmus her interessant
und „richtig“ ist.
38
122
Kontinuität
Beller, Hans: „Filmediting/Filmmontage/Filmschnitt – Berufsbild: Cutter/Schnittmeister“.
In: ders. Hrsg. (wie Anm. 12), S. 78
123
6. Montage und Postproduktion | Schnitt
4. er berücksichtigt das, was man „Augenspur“ nennen könnte
– worauf sich das Zuschauerinteresse konzentriert und wohin es sich innerhalb des Bildes bewegt;
5. er respektiert die „Planarität“ – wie die Gesetzmäßigkeiten
der Dreidimensionalität durch fotografische Aufnahme in
zwei Dimensionen übertragen werden (die Probleme der
Bildachse usw.)
6. er respektiert die dreidimensionale Kontinuität des Raums
(mehrere Leute befinden sich in einem Zimmer und haben
einen räumlichen Bezug zueinender).
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Gefühl 51%
Handlung 23%
Rhythmus 10%
Augenspur 7%
Zweidimensionale Fläche der Leinwand 5%
Dreidimensionaler Handlungsraum 4%
Gefühl, das die Liste anführt, ist das Kriterium, das man unter
allen Umständen erfüllen sollte. Stellt man fest, dass man bei
einem Schnitt eines oder mehrere dieser sechs Kriterien opfern
muss, sollte man sich Punkt für Punkt von unten nach oben
hocharbeiten.“39
Lidschlag
Beim Schnitt eines Filmes mit Gene Hackman beobachtete Walter Murch, dass der Protagonist immer in unmittelbarer Nähe
zum geplanten Schnitt das Augenlid schloss. Daraus entwickelte er die Theorie, dass überall dort ein Filmschnitt platziert werden könne, wo ein Lidschlag gemacht werde. In seinem Buch,
„Ein Lidschlag, ein Schnitt“, zitiert Murch John Huston, der gesagt habe, dass für ihn der perfekte Film so wirke, als ob er
hinter den Augen ablaufe und von den Augen selbst projiziert
werde, so dass diese das sähen, was sie zu sehen wünschten.40
34
40
124
Thompson (wie Anm. 29), S. 50 ff.
Murch (wie Anm. 33), S. 59
6. Montage und Postproduktion | Schnitt
Tatsächlich liefert der gedachte Lidschlag einen guten Anhaltspunkt für den Filmschnitt. Durch den Lidschlag wird einerseits
der Augapfel befeuchtet und gereinigt. Der Lidschlag portioniert aber auch die visuellen Eindrücke in Informationshappen,
die dann auch „verdaut“ werden können, wichtige Informationseinheiten werden abgespeichert, weniger wichtige werden
vergessen.
portioniert
In der Praxis zeigt sich noch ein weiterer Kriterienkatalog als
nützlich für die Kontrolle von Gestaltungsentscheidungen im
Zusammenhang mit dem Videoschnitt. Dieser Kriterienkatalog
folgt den Regeln von Roy Thomson, die er im Buch „Grammar
of the Edit“ veröffentlicht hat. Er nennt zunächst drei Möglichkeiten des Übergangs von einem Take zum nächsten, nämlich
— Schnitt
— Mix
— Blende
Jeder dieser Übergänge sollte sechs Funktionen erfüllen41 , die
hier zur Verdeutlichung jeweils an einem Beispiel herausgearbeitet werden:
Übergänge sollen sechs Funktionen
erfüllen
— Motivation, z.B. ein Reiz-Reaktionsschema:
Einstellung 1: Zwei Fußgänger gehen über die Straße, ein
Auto hupt
Einstellung 2: abbremsendes Auto
— Information:
Einstellung 1: Zwei Fußgänger gehen über die Straße
Einstellung 2: die Ampel zeigt rot
— Komposition:
Einstellung 1: gr. Die Ampel zeigt rot
41
Thompson (wie Anm. 29)
125
6. Montage und Postproduktion | Schnitt
Einstellung 2: gr. runder Tachometer eines Autos mit
Tempoanzeige 80 km/h
— Ton
Einstellung 1: zwei Personen gehen sprechend über die
Straße, Originalton Einstellung 2: gr. Ampel rot zeigend,
Originalton von Einstellung 1 wird weitergezogen.
— Kamerawinkel
Einstellung 1: nahe von vorne, 2 Personen gehen über die
Straße
Einstellung 2: Positionswechsel um 180°, also von hinten,
Halbtotale mit den zwei Fußgängern, die Ampel zeigt rot.
— Kontinuität
Einstellung 1: t. Zwei Gesprächspartner gehen im Restaurant zu einem freien Tisch und wollen sich setzten, im
Niedersitzen Umschnitt.
Einstellung 2: nah. Einer der Gesprächspartner setzt sich.
Andere wichtige Grundprinzipien für den Schnitt nennt Ursula
Höf: „Blickrichtungen müssen korrespondieren, Bewegungsrichtungen dürfen sich nicht gegenseitig aufheben, Bildkompositionen sollten zusammenpassen. Häufig passen zwei aufeinander
folgende Einstellungen nicht zusammen, weil Figuren innerhalb
des Bildes „springen“.42
6.6. Harter Schnitt, Blende, Schwarzkader
harter Schnitt
Bildinhalt austauschen
Ein harter Schnitt ist der unmittelbare Übergang von einer Einstellung zur nächsten. Von einem Frame zum nächsten wird
der Bildinhalt ausgetauscht. Der harte Schnitt ist die Regel und
nicht die Ausnahme.
42
126
6. Montage und Postproduktion | Schnitt
Wann immer es möglich ist, empfiehlt es sich, innerhalb eines
Bewegungsablaufs zu schneiden. Die menschliche Wahrnehmung ist auf Bewegungen konditioniert. Der Schnitt in die Bewegung eines Motivs lenkt vom eigentlichen Schnitt ab.
Der Mix hingegen bedeutet den weichen Übergang von einer
Einstellung in die nächste. Zwei auseinander liegende Zeitpunkte werden z.B. mit Hilfe der Blende miteinander in eine enge
Beziehung gebracht. Ein Beispiel: Vor der Überblendung sieht
der Zuseher ein Kind beim Klavierüben – Überblendung – jetzt
ist das Kind erwachsen, der Mann sitzt am Flügel und begleitet
einen großen Liedsänger beim Konzert. Die Blende verbindet in
diesem Falle harmonisch zwei Zeitpunkte, die Jahre auseinander liegen können.
Blenden können aber auch andere Übergangsformen, engl.
shapes genannt, haben, z.B. dass sich Einstellungen aus dem
Bild schieben, drehen etc. Die meisten Videoschnittprogramme bieten eine breite Palette von Übergängen. Häufiges Überblenden nimmt dem Video allerdings Kraft. Effekte, eingesetzt
um der Effekte willen, haben im Hinblick auf die Gestaltung
kein bedeutendes Gewicht. Blenden werden oft eingesetzt, um
Fehler in der Kameraarbeit zu kaschieren. Dieses Bemühen ist
aber nur sehr begrenzt von Erfolg gekrönt, denn Überblendungen teilen auf der inhaltlichen Ebene immer auch mit, dass Zeit
vergangen ist oder ein Ortswechsel stattgefunden hat. Deshalb:
Vorsicht vor zu häufigem Überblenden.
Mix – weicher Übergang
shapes
Vorsicht vor zu häufigem Überblenden
Die Verwendung von Schwarzkadern, also unbelichtetem Videomaterial, entspringt dem Wunsch der Film- und Videogestalter, im Fluss der Bilder eine Zäsur zu schaffen. Die Gründe dafür
können vielfältig sein, z.B. bei einem Schauplatzwechsel oder
um zu verdeutlichen, dass Zeit zwischen der vorangegangenen
und der nachfolgenden Szene vergangen ist. Roy Thomson er-
Höf, Ursula: „Werkstatt-Notizen aus dem Schneideraum“. In: Beller (wie Anm. 13), S. 115
127
6. Montage und Postproduktion
6. Montage und Postproduktion
achtet sämtliche Kombinationen von Bildschnitt und Ein- und
Ausblendungen in Schwarzkader als für prinzipiell möglich. Die
einzige Ausnahme bildet der Schnitt in einen Schwarzkader
in der Kombination mit dem Schnitt aus dem Schwarzkader.
Der Schnitt nach und aus dem Schwarz wird vom Publikum als
Schnittfehler interpretiert.43
6.7. Montagearten
Polemik
Über den Stellenwert der Montage gab und gibt es in der Filmwissenschaft immer wieder einen heftigen Diskurs bis hin zur
Polemik. Während die einen Exponenten die Position vertreten,
dass erst durch die Montage die filmische Arbeit entsteht, sind
andere der Auffassung, dass Film und Videoarbeiten weitestgehend ohne Montage auskommen sollen. In seinem Lehrbuch
über die Filmgestaltung fasst Pierre Kandorfer die breite Palette
an Montagearten in drei Kategorien zusammen:
a) Montage von Raum und Zeit
b) Montage als Ideenassoziation
c) Montage als Formalprinzip44
werden kann. Die wichtigsten Kategorien seien jedoch erwähnt:
—
—
—
—
Implemtentierung von Schrift und Grafik
Möglichkeiten der Farbkorrektur
Filter
Keying
Während die Farbkorrektur dazu dient, Einstellungen besser
aufeinander abzustimmen, geben Filter den Videobildern einen
speziellen Look. Mit Hilfe von Keytricks werden Farben oder
Helligkeitsinformationen des aufgenommenen Videobildes
durch andere Bildinformationen ersetzt. Am besten bekannt
sind die Bluebox oder Greenbox-Tricks. Ein Beispiel: Ein Präsentator wird in einem von einheitlichem Blau geprägten Studio
aufgenommen. Die Farbe blau wird ausgekeyt und stattdessen
das Realbild eines Sportstadions eingeblendet. Zu beachten ist
hier, dass der Präsentator keine blaue Kleidung trägt. Trüge er
ein Sakko in einem blauen Farbton, wäre anstelle des Sakkos
ebenfalls das Stadionbild sichtbar.
6.9. Text im Bild
6.8. Compositing
Im ursprünglichen Sinne bedeutet Compositing das Zusammenführen mehrerer Bildelemente. Der Begriff gewinnt, seit Video
am Computer bearbeitet wird, rasch an Bedeutung. Er steht für
die immer komplexer werdenden Möglichkeiten, Videobilder
über den eigentlichen Schnitt hinaus nachzubearbeiten.
Bereits einfache Video-Bearbeitungsprogramme bieten vielfältige Möglichkeiten, auf die hier im Detail nicht eingegangen
43
44
128
Die Schriftgestaltung im Videobild unterscheidet sich wesentlich von der Schriftgestaltung am Computer-Bildschirm. Das Videobild arbeitet mit einer Auflösung von 72 dpi. Im PAL-System
ist das Bild nur 720x576 Pixel groß. Die Konturen von zarten,
am Computerbildschirm ästhetisch wirkenden Schriften, gehen
deshalb am Fernsehbildschirm häufig verloren oder fransen aus.
Gestaltungsentscheidungen sollten deshalb nicht in erster Linie
am Computer-Bildschirm, sondern viel mehr an einem VideoKontrollmonitor getroffen werden.
Schriftgestaltung
Auflösung von 72 dpi
Video-Kontrollmonitor
Thompson (wie Anm. 29) S. 117
Kandorfer (wie Anm. 10) S. 224 ff.
129
6. Montage und Postproduktion
Titelsafebereich
6. Montage und Postproduktion
Erschwerend kommt noch hinzu, dass das Videobild, das im
Computer-Bearbeitungsprogramm zu sehen ist, nicht zur Gänze
am Fernsehbildschirm erscheint. Rund 10 Prozent des Videobildes werden vom Fernsehbildschirm nicht dargestellt. Der Titelsafebereich im Monitor des Video-Bearbeitungsprogrammes
gibt uns an, welcher Bildausschnitt auf jeden Fall in allen Fernsehgeräten zu sehen ist, bzw. welcher möglicherweise nicht
mehr dargestellt wird.
onen nicht aufnehmen, weil sie zu kurz sichtbar sind, entstehen
Frustrationen. Diese führen dann dazu, dass umgeschaltet oder
abgeschaltet wird, was weder im Sinne des Auftraggebers noch
des Videogestalters sein kann.
Der Mensch hat einen Lesezwang. Sobald eine Schrift zu sehen
ist, beginnt er zu lesen, was möglicherweise von anderen Bildinhalten ablenkt. Ebenso folgt die Aufmerksamkeit des Publikums
im Bild sichtbaren Bewegungen. Bewegte Schriftelemente, z. B.
Namensinserts, bekommen mehr Aufmerksamkeit. Doch zu viel
an Bewegung stumpft ab
Lesezwang
Screenshot „Titelsave“: außerhalb der äußeren Linie ist die Darstellung auf TV-Geräten nicht garantiert. Innerhalb der inneren
Line befindet sich der Titlesave-Bereich.
langsames Lesetempo
130
Was die Einblendungsdauer von Schriften anbelangt, so gilt als
Faustregel, dass die Schrift so lange eingeblendet werden soll,
dass sie mit langsamem Tempo leicht mitgelesen werden kann.
Es empfiehlt sich dabei, laut zu lesen. Denn die Augen tasten Wörter und Sätze schneller ab, als sie der Mund spricht.
Gestalter erliegen oft der Gefahr, Inserts zu kurz zu zeigen, da
ihnen ja die Information bereits bekannt ist. Das Publikum hat
aber dieses Vorwissen nicht. Kann das Publikum die Informati-
131
7. Ton
7. TON
Die Tonebene gibt dem zweidimensionalen Medium Video so
etwas wie eine dritte Dimension. Die Bedeutung des Tons offenbart sich dann am deutlichsten, wenn an einer spannenden
Stelle eines Films plötzlich der Ton abgedreht wird. Die spannendste Szene wird dann plötzlich fad und flach. Oft wird darüber diskutiert, was denn nun wichtiger ist, das Bild oder der
Ton.
„Dieser Streit um die Vormachtstellung ist jedoch ebenso unsinnig wie fruchtlos. Bild und Ton sind nicht Gegner sondern
Partner.“45
Aus der Lernpsychologie wissen wir, dass Information, die auf
der Bild- und Tonebene transportiert wird, den größten Lerneffekt erzielt.
7.1. Bild, Geräusch, Musik und Text
Im menschlichen Sinnesspektrum kann die Tonwahrnehmung
im Normalfall nicht ausgeblendet werden, die Ohren können
nun einmal nicht geschlossen werden. Bei der Bildwahrnehmung ist dies anders. Die Augen können geschlossen werden.
Im Normalfall hört der Mensch immer, entscheidet aber bewusst
oder unbewusst, ob er sehen will oder nicht. Im Konzertsaal
steht die Musik im Vordergrund des Interesses des Publikums.
Beim Ballett besteht eine Ausgewogenheit des akustischen und
visuellen Interesses. In einer Ausstellung wird das visuelle Interesse dominieren. Ob in einer Rezeptionssituation dem Bild
oder dem Ton das Hauptaugenmerk geschenkt wird, entscheidet jedes Individuum im Publikum selbst. Die Videogestalter
können aber diese Entscheidung beeinflussen, indem sie aus
45 Kungel, Reinhard: Filmmusik für Filmemacher. Die richtige Musik zum besseren Film.
Gau-Heppenheim 2004, S. 142
132
133
7. Ton
7. Ton
dem Spektrum der Informationskanäle Bild, Geräusch, Musik,
Text einen oder mehrere dominant anbieten. Die gleichwertige
Kombination aller vier Kanäle ist nicht sinnvoll, weil die Gefahr
besteht, dass sich die Informationen überlagern und auslöschen
und letztendlich nichts bewirkt wird.
Sprache und Musik
Interferenzen
Reinhard Kungel vertritt in seinem Buch „Filmmusik für Filmemacher“ die Ansicht, dass dann, wenn sich eine Überlagerung
von Sprache und Musik nicht vermeiden lasse, die Musik so
einfach wie möglich gehalten werden sollte. Wünschenswert
sei aber ein wechselseitiger Einsatz. Auf jeden Fall ist es problematisch, zu einer Sprachinformation, vor allem einem Off-Text,
Gesang hinzuzumischen. Hier kommt es zu Interferenzen, die
mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beide Kanäle
stören, den Off-Text und den Liedtext.
Filmmusik will Bildwirkungen unterstützen. Je nach Art der
Musik werden beim Publikum unterschiedliche Interpretationen derselben Bilder entstehen. Musik unterstützt die filmischen Möglichkeiten, beispielsweise in der Sequenz- und Szenenbildung, sie kann leitmotivisch wirken und die Dramaturgie
stützen.
Das Geräusch unterstützt die Bildaussage wesentlich. Wird auf
das Geräusch verzichtet, entsteht ein unwirklicher Eindruck.
Selbst in Musikpassagen sollte die Geräuschebene in der Regel
noch mitspielen. Allerdings gibt es auch gestalterische Motive, auf die Tonspur überhaupt zu verzichten. Mit diesem Effekt
arbeiten hin und wieder Werbefilme und erzielen durch die
Verwendung dieses Gestaltungsmittels Irritation und gleichzeitig Aufmerksamkeit. Wird auf das Geräusch verzichtet und zu
den Bildern nur Musik gespielt, dann bekommt die Musik einen
sehr hohen Stellenwert, die filmische Außenwelt wird isoliert.
Viele Musikvideos bedienen sich dieses Effekts.
46
134
7.1.1. Toneinsatz
7.1.1.1. Aktueller und kommentierender Ton
Der aktuelle Ton wird während den Dreharbeiten parallel zum
Bild, der kommentierende Ton wird hingegen im Studio aufgenommen.
parallel
7.1.1.2. Synchronismus und Asynchronismus
Bild und Ton stimmen metrisch und rhythmisch überein, so wie
in der Natur. Asynchronismus bildet zwar im Medium eine Einheit, kommt aber in der Realität so nicht vor. (Streng genommen handelt es sich bei einer Synchronstimme um einen Asynchronismus. Im Film bildet die Synchronstimme eine Einheit
mit den Protagonisten, in der Realität hingegen nicht.)
7.1.1.3. Parallelismus und Kontrapunkt
Parallelismus bedeutet, dass Bild und Ton derselben Intention
folgen und eine eindeutige Aussage erzielen wollen. Beim kontrapunktischen Soundeinsatz wollen Bild und Ton Verschiedenes aussagen, Bild und Ton ergänzen sich.
7.1.1.4. Das Pauli Modell
Hansjörg Pauli hat die Wirkung von Musik auf drei Prinzipien
hin verdichtet: „Als paraphrasierend bezeichne ich eine Musik,
deren Charakter sich direkt aus dem Charakter der Bilder, aus
den Bildinhalten ableitet. Als polarisierend bezeichne ich eine
Musik, die Kraft ihres eindeutigen Charakters inhaltlich neutra-
drei Prinzipien
Kungel (wie Anm. 39) S. 145
135
7. Ton
7. Ton
le oder ambivalente Bilder in eine eindeutige Ausdrucksrichtung schiebt. Als kontrapunktierend bezeichne ich eine Musik,
deren eindeutiger Charakter den Bildern, den Bildinhalten klar
widerspricht“47
Der Autor hat zwar sein Modell später als zu einfach verworfen.
Dennoch veranschaulicht es die Funktion von Musik im Film.
7.1.1.5. Schnitt von Bild und Ton
Bild
Rhythmus
Wird das Bild wenige Kader vor dem Rhythmus der Musik geschnitten, sprechen wir von einem weichen Schnitt. Er wird
dort verwendet, wo Harmonie unterstützt werden soll. Bei einem harten Schnitt wird das Bild exakt auf dem Rhythmusschlag
der Musik geschnitten. Der abrupte Bildwechsel wird dadurch
akzentuiert. Ein aggressiver Schnitt wird einen bis wenige Kader nach dem Schlag angesetzt und wirkt dadurch unnatürlich,
Stress erzeugend. Dies deshalb, weil er unserer gewohnten
Wahrnehmung widerspricht. Der visuelle Reiz ist in der Natur
schneller als der auditive. Zuerst ist der Blitz und erst verspätet
der Donner. Wird dieses Schema umgedreht, führt dies zu Irritationen.
7.2. Sprache
7.2.1. Sprachgestaltung
Wer für Video schreibt, schreibt in der Regel fürs Hören. Eine
Ausnahme bilden Texte in Form von alphanumerischen Zeichen
im Bild, wie z.B. Untertitelungen, Inserts etc. Das Publikum
kann in der Regel nicht nachhören, während nachlesen bei der
Lektüre eines Buches sehr wohl möglich ist. Dies ist wohl das
47
136
Pauli, Hansjörg: Filmmusik: Ein historisch-kritischer Abriß. In: Schmidt, H.-Chr. (Hrsg.):
Musik in den Massenmedien Rundfunk und Fernsehen. Perspektiven und Materialien, Mainz
1976, S. 104
wichtigste Faktum, das den Autor eines Lesemediums von dem
eines Hörmediums unterscheidet. Wer einen Lesetext nicht
versteht, kann ihn nochmals lesen. Wer einen Hörtext nicht
versteht, kann nur dann nachhören, wenn dieser umständlich
zurückgefahren und von einem gewissen Punkt aus nochmals
gestartet wird. Bei Fernsehprogrammen und in öffentlichen
Aufführungen ist auch das nicht möglich. Die wichtigste und
zugleich einfachste Regel für Video-Texte lautet: Schreibe wie
du sprichst. Die gesprochene Sprache ist in der Regel leichter
verständlich als die geschriebene.
Schreibe wie du sprichst
7.2.2. Verständlichkeit
Die Hamburger Schule der Verständlichkeit liefert wichtige
Anhaltspunkte für die Sprachgestaltung. Sie lehrt, dass Texte
grundsätzlich dann leichter verständlich sind, wenn sie vier Kriterien erfüllen. Diese Kriterien sind:
—
—
—
—
Verständlichkeit
einfach und klar
gegliedert, geordnet
kurz und prägnant
anregend und anschaulich48
Im Büchlein „Sich verständlich ausdrücken“ sind zahlreiche
Übungen enthalten, die Leser für die Problemstellung sensibilisieren. Wer dieses Büchlein durcharbeitet, erzielt nachhaltigen
Profit nicht nur für Lesetexte, sondern auch für Hörtexte. Zusammengefasst geht es darum, die Kriterien der Verständlichkeit in einzelnen Faktoren kennen zu lernen. Diese Faktoren
erschließt man sich am Besten von der Negativseite.
Ein Text verstößt dann gegen das Gebot von einfach und klar,
wenn er kompliziert und verschwommen ist. Die Satzkonstruk48
vgl. Langer, Inghard: Sich verständlich ausdrücken, München
137
7. Ton
7. Ton
tionen sind komplex und abstrakt. Das Kriterium von gegliedert
und geordnet wird dann nicht eingehalten, wenn Unordnung
herrscht und kein klarer Handlungsstrang ersichtlich ist, wenn
in der chronologischen Schilderung eines Ereignisses beispielsweise plötzlich die Chronologie verlassen wird und keine Dramaturgie erkennbar ist. Kürze und Prägnanz sind dann nicht
gegeben, wenn etwas langatmig und umständlich erzählt und
das Wesentliche nicht herausgearbeitet wird. Gegen das Prinzip von anregend und anschaulich wird durch Texte verstoßen,
die abstrakt sind, viele Substantivierungen und keine Beispiele
beinhalten.
Gute Dialoge
Gefahr – Fachjargon
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Bei der Gestaltung von Texten für das Medium Video ist zunächst zu unterscheiden zwischen Texten für fiktionale Arbeiten
und solche, die eher dokumentarische Aufgaben erfüllen. Im
fiktionalen Video dominieren Aussagen von Protagonisten und
Dialoge. Gute Dialoge zu schreiben, gehört zu den anspruchsvollsten Aufgaben im Videogeschäft. Denn die Dialoge treiben
die Handlung wesentlich voran und charakterisieren gleichzeitig die Protagonisten. Hauptzuständig für das Schreiben der Dialoge sind die Autorinnen und Autoren von Drehbüchern. Oft
werden eigene Dialogautoren damit beauftragt, eine vorgegebene Handlung auszuformulieren.
Auch im Dokumentarischen gibt es Äußerungen von Protagonisten, und zwar meist in Form von Statements, Interviews und
anderen Gesprächssituationen. Das gesprochene Wort folgt in
der Regel eher den Kriterien der Verständlichkeit. Vor allem
aber dann, wenn Expertinnen und Experten befragt werden,
besteht die Gefahr, sich in einem Fachjargon zu verlieren, der
von einer über die Expertengruppe hinaus gehenden größeren
Zielgruppe nicht oder nur mehr schwer verstanden wird. Dann
müssen die Auskunftspersonen gebeten werden, einfacher zu
formulieren, die Kriterien der Verständlichkeit einzuhalten.
Dieser Wunsch wird oft nur ungern erfüllt, denn die Fachleute befürchten einen Imageverlust , wenn sie sprachlich einfach
agieren. Diese Angst ist aber völlig unbegründet. Die Verständlichkeits-Untersuchung zeigt, dass die Einhaltung der Kriterien
allen hilft, auch den Experten, die den Fachjargon verstehen.
7.2.3. Off-Text
Wichtiger als die Dialoge sind im dokumentarischen Video und
auch im Bereich von Corporate Video Off-Texte, die Informationen zu den Bildern liefern, ohne dass die sprechende Person
im Bild zu sehen ist. Hier ist besonders darauf zu achten, dass
die Texte formal so gebaut sind, dass die Regeln der Verständlichkeit eingehalten werden. Auf der inhaltlichen Ebene sollten
die Texte nicht Bild beschreibend angelegt werden, vielmehr
sollten sie Zusatzinformationen zum Bild liefern. Das Bild soll
seinen Stellenwert behalten und nicht zugetextet werden. Das
Lesetempo muss so angelegt sein, dass die Rezipienten dem
Text folgen können. Zu beachten ist, dass im Gegensatz zum
Gestalterteam, das den Inhalt, die Bilder und Texte vom Produktions- und Postproduktionsprozess her bestens kennt, das
Publikum zum ersten Mal mit der Videoarbeit konfrontiert ist.
Das Video muss also unmittelbar ansprechen, ansonsten steigen die Zuseher aus. Bei einer auf Informationstransfer angelegten Arbeit muss es möglich sein, die Information gleichzeitig
aufzunehmen und zu verarbeiten.
Texte sollen
nicht Bild beschreiben
Bereits bei der Sequenzbildung wurde davon gesprochen, dass
sich Einstellungen wechselseitig beeinflussen. Nachfolgende Information löscht dann vorangegangene aus, wenn diese keine
Chance hatte, sich zu verankern. Zu viel Text und zu schnell,
das sind die häufigsten Fehler, die bei Informationsvideos gemacht werden.
139
7. Ton
Horizont der Zuseher
Gestalter müssen der Bild- und Sprachinformation die Möglichkeit geben, den Horizont der Zuseher zu erreichen und sich zu
verankern.49
7.2.4. Text-Bildschere
Text- und Bildinformation auseinander driften
Ein besonderes Problem entsteht dann, wenn Text- und Bildinformation auseinander driften. Wir sprechen dann von einer
Text-Bildschere. Beschreibt die Sprache etwas, das völlig losgelöst vom Bild ist, kommen die Zuseher in eine Konfliktsituation. Wem soll man folgen, den Bildern oder der Sprache? Diese
Konfliktsituation endet häufig damit, dass sich die Rezipienten
verweigern.
49
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vgl. Kramarek (wie Anm. 7), S. 43 ff.
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8. Resümee
8. RESÜMEE
„Was in der Leichtathletik der Zehnkampf ist, das ist in der Mediengestaltung Video.“ Dieser Satz von Paul Sedlacek fiel bei
einer seiner Lehrveranstaltungen an der Fachhochschule Vorarlberg. Er muss es wissen, schließlich ist er seit vielen Jahren
Ausbildner und Gestalter für den ORF, zuletzt überaus erfolgreicher Regisseur der Hugo-Portisch-Zeitgeschichte Dokumentationen im österreichischen Gedenkjahr 2005.
Mit dieser Arbeit sollte die Komplexität des Mediums Video
bewusst und transparent gemacht werden. Die Leserinnen und
Leser sollten klarer erkennen können, wo die wesentlichen Gestaltungsentscheidungen getroffen werden. Das Studium dieser
den Unterricht ergänzenden Lernunterlage sollte mit dazu beitragen, begründete Gestaltungsentscheidungen zu treffen.
Der Überblick will den Studierenden der Mediengestaltung, die
nur wenig mit Video zu tun haben werden, zumindest Mitsprachekompetenz sichern. Für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger
will er eine Grundlage bieten, auf der die am Medium ernsthaft
Interessierten weiter aufbauen können. Wer planvoll vorgeht,
verringert das Risiko und erhöht die Chancen auf Erfolg.
142
143
9. Literaturverzeichnis
9. LITERATURVERZEICHNIS
Appeldorn, Werner van: Handbuch der Film- und Fernsehproduktion. Psychologie – Gestaltung – Technik. 4. Aufl. München,
1997.
A
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Studio-Konvention. URL http://www.schnitt.de/themen/artikel/goldener_schnitt_-_coverage-system.shtml?print in der Fassung vom 25.7.2005.
B
Beller, Hans (Hrsg.): Handbuch der Filmmontage. 2. Auflage.
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Buckan, Marcel: Der Rhythmus im Filmschnitt. Analyse des
Blickverhaltens von Zuschauern unter Aspekten des Rhythmus.
Diplomarbeit. Potsdam-Babelsberg, HFF „Konrad Wolf“ 2001.
Chabrol, Claude und Guérif, Francois: Wie man einen Film
macht. Berlin 2004.
C
Doelker, Christian: Kulturtechnik Fernsehen. Analyse eines Mediums. Stuttgart 1989.
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4. üa. Aufl., München 1991.
H
Höf, Ursula: Werkstatt-Notitzen aus dem Schneideraum. In:
Beller, Hans (Hrsg.): Handbuch der Filmmontage. 2. Auflage.
München 1995.
144
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9. Literaturverzeichnis
9. Literaturverzeichnis
K
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Kandorfer, Pierre: Lehrbuch der Filmgestaltung. Theoretisch
Technische Grundlagen der Filmkunde. Köln-Lövenich 1978.
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Kerstan, Peter: Bildsprache und Gestaltung des berichterstattenden Films. Seminardokumentation. http://www.
youth4media.com/new/artmedia/documents/kerstan.pdf in der
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Kungel, Reinhard: Filmmusik für Filmemacher. Die richtige
Musik zum besseren Film. Gau-Heppenheim 2004.
L
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Murch, Walter: Ein Lidschlag, ein Schnitt. Die Kunst der Filmmontage. Berlin 2004.
Pauli, Hansjörg: Filmmusik: Ein historisch-kritischer Abriß. In:
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P
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1990.
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Langer, Inghard: Sich verständlich ausdrücken, München
Lausen, Matthias: Der Rechtsschutz von Sendeformaten, 1998,
S.112. Zitiert nach: Formatschutz in Deutschland, Frankreich
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und rechtliche Aspekte der internationalen Entwicklung und
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S
Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander Reden. Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Band 2. Hamburg 1992,
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Mehnert, Hilmar: Filmfotografie. Bildgestaltung, Lichtgestaltung, Farbgestaltung. 2. Auflage. Leipzig 1963.
Sobeck-Skal, Alexander von: Bild Bearbeitung. In:Schult,
Gerhard und Buchholz, Axel (Hrsg.): Fernsehjournalismus. Ein
Handbuch für Ausbildung und Praxis. 3. erw. Aufl. München
1990.
Monaco, James: Film verstehen. Kunst, Technik, Sprache, Geschichte und Theorie des Films und der Medien mit einer Ein-
Sollberger, Udo: Das Produktionshandbuch für audiovisuelle
Auftragsproduktionen.Zürich 1998.
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9. Literaturverzeichnis
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T
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10. ABBILDUNGSVERZEICHNIS
V
Vogler, Christopher: The Writers Journey. London 1996.
Abb.: 2 – 4, 9 – 24, 26 – 29, 32, 33, 36 – 39, 40 – 54. Flax,
Daniel, im Auftrag des Autors.
Vorhaus, John: The Comic Toolbox. Los Angeles 1994.
Abb.: 1, 5 – 8, 25, 30, 31, 34, 35, 56. Der Autor: Grafiken und
Stills aus der Dokumentation „René reist nach Finnland“.
Abb.: 4. Kandorfer, Pierre. Lehrbuch der Filmgestaltung. Theoretisch Technische Grundlagen der Filmkunde. Köln-Lövenich
1978, S. 222.
Abb.: 55. Serzinger Rolf. In: Beller, Hans (Hrsg.): Handbuch der
Filmmontage. 2. Auflage. München 1995, S. 158.
148
149
11. Literaturtipps und Links
11. LITERATURTIPPS UND LINKS
Balázs, Béla: Der Geist des Films. Frankfurt a. Main 2001
Burder, John: Handbuch der Postproduktion für Video&Video.
Köln 1999
Büchele, Fridhelm: Digitales Videoen. Einfach gute Videovideoe drehen und nachbearbeiten. Bonn 2004
Evans, Russel: Practical DV videomaking. A step-by-step guide
for beginners. Oxford 2003
Holden, Tom: Video Making. London 2002
Kochberg, Searle: Introduction to Documentary Production. A
guide for media students. London 2002
Mikunda, Christian: Kino spüren. Strategien der emotionalen
Videogestaltung. Wien 2002
Pauli, Hansjörg: Filmmusik: Ein historisch-kritischer Abriß, in:
Schmidt, H.-Chr. (Hrsg.): Musik in den Massenmedien Rundfunk und Fernsehen. Perspektiven und Materialien, Mainz
1976, 91 – 119.
Schadt, Thomas: Das Gefühl des Augenblicks. Zur Dramaturgie
des Dokumentarvideos. Bergisch Gladbach 2002
Schmidt, Ulrich: Digitale Bild- und Videotechnik. München,
Wien. 2002
Truffaut, Francois: Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?
München 2000
150
151
11. Literaturtipps und Links
11. Literaturtipps und Links
Nachstehend einige nützlich Links, meist von Institutionen und
Verbänden, die wiederum auf Partnerverbände hinweisen:
http://www.discovery-campus.de/
http://www.ibc.org/
http://www.aacamera.org/
http://mediaresearch.orf.at/quick.htm
http://www.afc.at/
http://www.movie-college.de/
http://www.austrian-directors.com/
http://www.bbc.co.uk/learning/subjects/media_studies.shtml
http://www.obs.coe.int/index.html.de
(Europäische Audiovisuelle Informationsstelle)
http://www.bfs-cutter.de/index.php?action
(Berufsverband freischaffender Cutter, D)
http://cgi.snafu.de/ohei/user-cgi-bin/mcats.pl
(online Filmwörterbuch)
http://www.cybercollege.com/tvp_ind.htm
http://www.coe.int/T/E/Cultural_Co-operation/Eurimages/
http://www.crew-united.com/
http://www.drehbuchforum.at/
http://www.ebu.ch/en/index.php
http://www.editors.at/
http://www.european-docuzone.com/
http://www.filmfestivals.com/index.shtml
http://www.filminstitut.at/
http://www.digitalcinema-europe.com/
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12. Anhang
12. ANHANG: KONZEPTION DER DOKUMENTATION
„RENÉ REIST NACH FINNLAND“
12.1. Kommunikationsziele
— Sachebene: Das Publikum soll wissen …
… dass die Auslandserfahrung von René intellektuell und
persönlich ein wichtiger Entwicklungsschritt war
… dass es auch für behinderte Menschen int. Studienaustauschprogramme gibt
… dass das persönliche Umfeld von René, die FH Vorarlberg und Vaasa Polytechnic die damit verbundenen Herausforderungen aktiv in Angriff genommen und bewältigt
haben
— Beziehungsebene: Der Beitrag soll …
… nachdenklich und optimistisch stimmen, sich Herausforderungen zu stellen
… das Gefühl vermitteln, dass behinderte und nicht behinderte Menschen gleiche Bedürfnisse haben
— Appell: Der Beitrag fordert dazu auf …
… sich an René ein Vorbild zu nehmen, wenn es darum
geht, „Alltagsprobleme“ zu meistern und sich auch nicht zu
gut zu sein, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
— Selbstdarstellung: Den Auftraggebern und dem Gestalter ist
das Thema ein Anliegen …
… weil sie für die Gleichberechtigung von Menschen mit
und ohne Behinderung eintreten und sie das Auslandsstudium von René Kremser als exemplarisch dafür ansehen
154
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12. Anhang
12. Anhang
12.2. Projektbeschreibung für Subventionsansuchen in
Exposé-Form
(Beispiel: An das Amt der Vorarlberger Landesregierung, Kulturabteilung)
Das nachstehende Exposé ist durch eine erste Kostenkalkulation ergänzt, weil es als Grundlage für die Gespräche mit den
Subventionsgebern und Sponsoren diente. Für die Entscheidungsfindung von Geldgebern ist es wichtig, die Person, die
die Projektverantwortung trägt, vorzustellen. Deshalb sei auch
empfohlen, eine Referenzliste von Produzenten und Gestaltern
beizufügen.
die Frage, warum er die Beschwerlichkeiten auf sich nehmen
will, wo doch Sightseeing für ihn von vornherein ausgeschlossen sei, antwortet er: „Dafür höre ich alles“, und lacht.
Die Video Dokumentation im Überblick
Ein akademischer Studienaustausch von Menschen mit einem
so hohen Behinderungsgrad wie der von René Kremser ist
höchst selten, für Österreich singulär.
Ziel
Videodokumentation „René reist nach Finnland“
René Kremser, 25, ist ein außergewöhnlicher Student des Studienganges Sozialarbeit an der Fachhochschule Vorarlberg. Er
ist blind und aufgrund einer cerebralen Schädigung auf den
Rollstuhl angewiesen. Er kann nur wenige Schritte an Stöcken
gehen, aber er ist reiselustig und absolviert nun ein Auslandssemester samt Berufspraktikum im finnischen Vaasa.
„René reist nach Finnland“ will auf nicht belehrende Art Mut
machen, sich Herausforderungen im Sinne der Gleichstellung
von Menschen mit und ohne Behinderung zu stellen. Die Dokumentation hilft verstehen, wie blinde Menschen ihre Umwelt
wahrnehmen und dass behinderte Menschen mindestens so erlebnisfähig sind wie nicht behinderte.
Form
Die Reise ist voller Herausforderungen. Die alltäglichen Selbstverständlichkeiten eines nicht behinderten Menschen bergen
für René Kremser viele Hürden. Deshalb hilft ihm ein Betreuer.
Diesen zu finden, war die erste Aufgabe, die es zu lösen galt.
Dann ging es um die Finanzierung und die Suche nach einem
geeigneten Studienplatz.
Die Dokumentation in der Länge von ca. 45 Minuten wird formal im Stile eines Roadmovies gehalten. Die Geschichte wird
vom Autor gestaltet und produziert.
Zielgruppe
Umso mehr freut sich Herr Kremser jetzt, dass die Hochschule
Vaasa Polytecnic den Studienplatz zur Verfügung stellt. Somit
kann er ab Jänner 2005 das Studium in Finnland beginnen. Im
April folgt dann, ebenfalls in Finnland, das Berufspraktikum. Auf
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Internationale Tagungen, universitäre Organisationen, das akademische Umfeld, Behindertenverbände, Festivals, TV-Publikum.
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12. Anhang
12. Anhang
Distribution
Die Dokumentation wird in einer DVD-Kleinauflage vertrieben.
Sie kann auch gratis per Download über die Webpage der FH
Vorarlberg bezogen werden und wird den Campus-TV-Networks zur Verfügung gestellt. Auch eine TV-Auswertung ist geplant, die diesbezüglichen Verhandlungen laufen.
Versionen
Langversion ca. 45 Minuten.
Kurzfassung ca. 3 Minuten,
Trailer in der Länge von ca. 45 Sekunden
Fassungen in Deutsch und Englisch
Technisches Format: Mater HDV 1080i,
Produktions-Rahmenbedingungen
Anhand der Aufgabenstellung wird das Berufsbild KameraredakteurIn näher untersucht und beschrieben.
Das Video wird zudem als didaktisches Material im Rahmen
der FH-Vorarlberg und im universitären Mediennetzwerk eingesetzt.
Produktionsplan
Konzeption, Finanzierung
Dreh 1, Finnland, Studium, 4 Tage, 2 Reisetage
Dreh 2, Finnland, Berufspraktikum, 4 Tage,
2 Reisetage
Dreh 3, Vorarlberg, privates Umfeld und FH,
3 Tage
Postproduction, Versioning, 20 Tage
DVD Authoring, Untertitelung, 2 Tage
Gesamtproduktionsaufwand, 37 Tage
Fertigstellung
01.2005
03.2005
04.2005
05.2005
08/09.2005
08/09.2005
Kalkulation
Die Kosten entstehen durch die Anmietung von technischem
Equipment (Kamera, Nachbearbeitung, DVD Authoring), die
Abgeltung von Musikrechten, Reisekosten und Verbrauchsmaterial (Bänder, DVD, etc.).
Die Produktion wird in ehrenamtlicher Tätigkeit durchgeführt,
sodass keinerlei Personalkosten anfallen.
Die Gesamtkosten belaufen sich auf ca. 12.000,– Euro.
Gegenleistung für Geldgeber
Produktion und Gestaltung
Prof.(FH) Ulrich Herburger,
Produktionsassistenz: Katja Kenttala
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Die Geldgeber werden im Abspann der Dokumentation, auf der
DVD-Hülle und in den Presseunterlagen aufgeführt und erhalten drei DVD Belegexemplare. Eine höhere Auflage wird zum
Selbstkostenpreis zur Verfügung gestellt.
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12. Anhang
Notizen
Subventionsansuchen laufen bei der Vorarlberger Landesregierung und der Stadt Feldkirch
Sponsorenansuchen laufen bei Privatstiftungen mit sozialer und
kultureller Zielsetzung sowie bei Privatunternehmen.
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Notizen
Notizen
Notizen
Notizen
Notizen
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