Anhang zum Eckpunktepapier 2016 Tracerdiagnose schweres Schädelhirntrauma U.M. Mauer1), M. Fischer2,3,*), E. Kehrberger2,4,*), H. Marung5,6,*), Hp. Moecke(†)6,*), S. Prückner7,*), H. Trentzsch7,*), B. Urban7,*) und Fachexperten der Eckpunktepapier- Konsensus-Gruppe 1) Abt. Neurochirurgie, Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Ulm 2) Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn), Filderstadt 3) Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinik am Eichert, Göppingen 4) Klinik für Anästhesiologie und operative Esslingen – Paracelsus-Krankenhaus, Ruit Intensivmedizin, Kreiskliniken 5) Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel, Kiel 6) Institut für Notfallmedizin (IfN), Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg 7) Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München *) Core Group, in alphabetischer Reihenfolge Einführung / Vorbemerkung In Deutschland muss pro Jahr von 332 Patienten mit Schädelhirnverletzungen pro 100.000 Einwohner ausgegangen werden, davon sind 91% als leicht, 4% als mittel und 5% als schwer einzustufen. Hochgerechnet sind ca. 250.000 Patienten mit Schädelhirntrauma (SHT) pro Jahr in Deutschland zu versorgen, wovon etwa 2.750 Patienten versterben. Die gesamtgesellschaftlichen Kosten betragen für das SHT in Deutschland ca. 2,8 Milliarden €/Jahr [1]. Prozessqualität Leitstelle Bei einem Verletzten mit Hinweisen auf schwere Verletzung gelten die Kriterien des Notarztindikationskataloges der BÄK: Neben ganz offensichtlichen Verletzungen des Kopfes muss insbesondere bei Verletzten mit kurzzeitiger oder andauernder Bewusstlosigkeit an ein Schädelhirntrauma gedacht werden. Auch wenn der Patient nach kurzer Bewusstlosigkeit wieder kontaktfähig ist, besteht die Indikation zur Entsendung eines Notarztes. Diagnostik und Therapie durch Notarzt und Rettungsdienst Für die Ersteinschätzung von schädelhirnverletzten Patienten sollte der Unfallmechanismus berücksichtigt und die Bewusstseinslage, die Pupillomotorik und das Vorliegen einer Hemi- bzw. Paraparese untersucht werden. Die Schwere des Schädelhirntraumas kann klinisch anhand der Glasgow-Coma-Scale (GCS) abgeschätzt werden. Liegt keine Bewusstlosigkeit vor, kann zusätzlich Orientierung, Amnesie, Hirnnervenfunktion, Koordination und Sprachfunktion beurteilt werden. Insbesondere bei nicht beurteilbaren (z.B. intubierten, analgo-sedierten, intoxikierten) Patienten ist eine regelmäßige Kontrolle der Pupillomotorik im Verlauf sehr wichtig. Es sollte bedacht werden, dass Bewusstseinsstörungen als Unfallursache auch aus anderer Ursache entstehen können, z.B. Hypoglykämie, kardiovaskuläre (Herzinfarkt, Lungenembolie) und zerebrovaskuläre Erkrankungen (Schlaganfall, Subarachnoidalblutung) sowie Intoxikationen. Absoluten Vorrang hat die Sicherstellung der Herz-Kreislauffunktionen durch Stillen offensichtlicher Blutungen, Substitution von Flüssigkeitsverlusten und ggf. die Gabe geeigneter Katecholamine. Es sollten iso-osmolare, balancierte Lösungen verwendet werden. Hypo-osmolare Lösungen sollen nicht verwendet werden. Hyper-osmolare Lösungen können verwendet werden [2]. Anzustreben ist eine arterielle Normotonie. Beim Erwachsenen sollte der systolische Blutdruck nicht unter 90mmHg sinken [2, 3]. Bei Patienten mit schwerem SHT soll einem sekundären Hirnschaden durch eine adäquate Oxygenierung und einem ausreichenden zerebralen Perfusionsdruck vorgebeugt werden. Für das konkrete therapeutische Vorgehen sei auf die gültigen Leitlinien verwiesen. Bei bewusstlosen Patienten (Orientierungswert GCS ≤8) besteht die Indikation zur Notfallnarkose mit Rapid Sequence Induction, Intubation und Beatmung [4]. Begleitende Verletzungen, die die Oxygenierung und/oder Ventilation beeinträchtigen (z.B. Pneumothorax, Hämatothorax) sollen erkannt und notfallmäßig behandelt werden. Anzustreben sind eine Normoxie und Normokapnie. Bei schwieriger oder unmöglicher Intubation kann auf eine supraglottische Atemwegssicherung (SGA) ausgewichen werden. Ein Absinken der pulsoximetrischen Sauerstoffsättigung unter 90% sollte vermieden werden [2, 3] Bei offenem Schädelhirntrauma ist die Wunde steril zu verbinden. Perforierende Fremdkörper sollten belassen werden. Bei bewusstlosen Patienten sollte bis zum Abschluss der radiologischen Diagnostik vom Vorliegen einer instabilen Wirbelsäulenfraktur ausgegangen werden. Einsatztaktik und Zeitmanagement Patienten mit schwerem Schädelhirntrauma sollen höchstens 60 Minuten nach Notrufeingang in einer geeigneten Klinik aufgenommen werden. Geeignetes Krankenhaus Bei schwerem Schädelhirntrauma sollte ein zertifiziertes Traumazentrum mit einer neurochirurgischen Fachabteilung und einer jederzeit einsatzbereiten Computertomographie (CT) angefahren bzw. angeflogen werden. Überregionale Versorgungsmöglichkeiten unter Einbeziehung der Luftrettung müssen in die Planung einbezogen werden. Ist unter den am nächsten erreichbaren Krankenhäusern keine Einrichtung mit neurochirurgischer Fachabteilung vorhanden, so sollte, insbesondere bei kardiopulmonal instabilen Patienten und/oder Patienten mit Zeichen der Einklemmung, ein langer primärer Transport vermieden werden und als Alternative ein zertifiziertes Traumazentrum mit der Möglichkeit zur Bildgebung und zur neuro-traumatologischen Intervention angefahren bzw. angeflogen werden. Klinische Erstversorgung Für die frühklinische Versorgung gelten die aktuellen Leitlinien-Empfehlungen [2, 3] bzw. S2e-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurochirurgie (derzeit in Überarbeitung). Nach initialer Stabilisierung im Schockraum soll der Patient unmittelbar mittels CT untersucht werden. Raumfordernde intrakranielle Verletzungen sollen notfallmäßig operativ versorgt werden [2]. Daher wird empfohlen, dass es möglich sein sollte bei gegebener OP-Indikation innerhalb von 90 Minuten nach Notrufeingang mit einer lebensrettenden Notfalloperation beginnen zu können. Ziel der Therapie ist die Aufrechterhaltung der physiologischen Homöostase mit Gewährleistung einer ausreichenden Perfusion und Oxygenierung des Gehirns. Im Falle einer neurologischen Verschlechterung soll eine (Kontroll-) CT durchgeführt werden [2]. Liegen interventionspflichtige Verletzungen vor oder reichen konventionelle Maßnahmen zur Kontrolle des Hirndrucks alleine nicht aus, so kann es erforderlich sein, durch eine chirurgische Intervention eine Druckentlastung z.B. mittels Entlastungscraniektomie oder Blutungskontrolle herbeizuführen. Es gilt, das Ausmaß der sekundären Hirnschädigung zu begrenzen und den funktionsgeschädigten, aber nicht zerstörten Zellen des Gehirns optimale Bedingungen für die funktionelle Regeneration zu geben. Als nicht-operative Maßnahmen bei Verdacht auf stark erhöhten intrakraniellen Druck, insbesondere bei Zeichen der transtentoriellen Herniation (Pupillenerweiterung, Strecksynergismen, Streckreaktion auf Schmerzreiz, progrediente Bewusstseinstrübung), können Hyperventilation, Mannitol, Hypertone Kochsalzlösung angewandt werden. Die Messung des intrakraniellen Druckes kann bei bewusstlosen schädelhirnverletzten Patienten erfolgen [2]. Instrumente des Qualitätsmanagements Die Versorgungsqualität sollte durch externen Qualitätsvergleich (Benchmarking) überprüft werden. Hierbei sollten die Einhaltung der o.g. Zeitintervalle, aber auch der leitliniengerechten Therapie und der Anteil von Sekundärverlegungen als Indikator für die adäquate Patientenversorgung herangezogen werden. Als externes Qualitätsmanagement-Verfahren steht primär das TraumaRegister DGU® zur Verfügung, an dem alle Traumazentren im Rahmen der TraumaNetzwerke DGU® teilnehmen. Kliniken und der Rettungsdienst sollten diese Daten für ihr Qualitätsmanagement nutzen. Literatur 1. 2. 3. 4. Rickels, E., ed. Schädel‐Hirn‐Verletzung Epidemiologie und Versorgung : Ergebnisse einer prospektiven Studie. Vol. München ; New York. 2006, Zuckschwerdt. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. S3 – Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten‐ Behandlung, 2011. Herunterladen unter: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/012‐ 019.html [letzter Zugriff: 15.12.2015]. Bullock, M. and J. Povlishock, eds. Guidelines for the management of severe traumatic brain injury. 3rd Edition. 2007/05/22 ed. J Neurotrauma. Vol. 24 Suppl 1. 2007. S1‐106. Bernard, S.A., et al., Prehospital rapid sequence intubation improves functional outcome for patients with severe traumatic brain injury: a randomized controlled trial. Ann Surg, 2010. 252(6): p. 959‐65. Anhang zum Eckpunktepapier 2016 Tracerdiagnose Schlaganfall J. Röther1) ,M. Dichgans2), A. Bohn3), M. Fischer4,5,*), E. Kehrberger4,6,*), H. Marung7,8,*), Hp. Moecke(†)8,*), S. Prückner9,*), H. Trentzsch9,*), B. Urban9,*) und Fachexperten der Eckpunktepapier- Konsensus-Gruppe 1) Neurologische Abteilung mit überregionaler Stroke Unit, Neurophysiologie und Neurologischer Intensivmedizin, Asklepios Klinik Altona, Hamburg 2) Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD), Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München 3) Ärztlicher Leiter Rettungsdienst, Feuerwehr Münster, Münster 4) Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn), Filderstadt 5) Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinik am Eichert, Göppingen 6) Klinik für Anästhesiologie und operative Esslingen – Paracelsus-Krankenhaus, Ruit Intensivmedizin, Kreiskliniken 7) Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel, Kiel 8) Institut für Notfallmedizin (IfN), Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg 9) Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München *) Core Group, in alphabetischer Reihenfolge Vorbemerkung: Jährlich ereignen sich 260.000 Schlaganfälle, die nach Versorgung durch den Rettungsdienst zu einer stationären Aufnahme führen [1]. Aufgaben des Rettungsdienstes sind das Erstellen der Verdachtsdiagnose, die rasche Stabilisierung der Vitalfunktionen und die schnellstmögliche Zuführung in ein geeignetes Krankenhaus mit Stroke Unit und neuroradiologischer Diagnostik. Damit leistet der Rettungsdienst einen wichtigen Beitrag bei der zielgerichteten Zuweisung ausnahmslos in Krankenhäuser, die Versorgungsstrukturen für eine sofortige differenzierte Diagnostik und Therapie vorhalten. Eine hohe Prozessqualität im Rettungsdienst trägt zur Begrenzung von Folgeschäden bei und hat somit direkte Auswirkungen auf das neurologische Ergebnis der Behandlung. Prozessqualität Leitstelle Zuverlässige Erkennung der Notfallsituation Das Erkennen des Notfallbildes „Akute zerebrale Ischämie“ durch den Disponenten der Leitstelle kann eine schwierige Aufgabe sein, gerade wenn unspezifische Beschwerden wie Schwindel, Unwohlsein und Erbrechen im Vordergrund stehen. Standardisierte Abfrage-Schemata sollen genutzt werden, um die Angaben des Meldenden zu strukturieren und die differenzierte Alarmierung von Rettungsmitteln zu unterstützen. Zwar sind Sensitivität und Spezifität einiger gebräuchlicher Instrumente noch nicht optimal [2]. Typische Symptom-Bilder wie Paresen und Sprech- oder Sprachstörungen sind aber bereits im Rahmen der standardisierten Notrufabfrage gut erkennbar. Differenzierte Alarmierungskriterien Die Empfehlung der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) zum standardisierten Vorgehen in der Prähospitalphase des Schlaganfalls empfiehlt nur bei Manifestationen mit Störung der Vitalfunktionen die Alarmierung eines Notarztes [2, 3]. Die Entscheidung, welche Einsatzmittel zu entsenden sind, soll generell neben dem klinischen Zustand auch regionale Gegebenheiten wie Eintreff- und Fahrzeiten berücksichtigen. Für jeden Leitstellenbereich sind unter der medizinischen Verantwortung des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ÄLRD) entsprechende Festlegungen zu treffen. Diagnostik und Therapie durch Notarzt und Rettungsdienst Das Erkennen der Schlaganfall-Symptome ist der Schlüssel zur korrekten Krankenhauszuweisung des Patienten. Unabhängig davon, ob ärztliches oder nicht-ärztliches Rettungspersonal die Notfallversorgung übernimmt, soll Erfahrung in der Erkennung von Schlaganfall-Symptomen vorliegen. Anamnese und Erstuntersuchung des Patienten sollten neben Angaben zur Vorgeschichte, Dauermedikation (v.a. Antikoagulantien) und Allergien auf spezifische Symptome fokussieren. Bei der für die Versorgung entscheidenden Bestimmung des letzten sicher symptomfreien Zeitpunktes des Betroffenen kommt dem Rettungsdienst eine Schlüsselposition zu. Dieser Zeitpunkt soll verlässlich dokumentiert werden. Mittels des sog. „Face-Arm-Speech-Test“ (FAST), der auf Paresen der Gesichtsmuskulatur und der oberen Extremität sowie auf Sprachstörungen abzielt, können ca. 80% der zerebralen Ischämien korrekt identifiziert werden. Allerdings weist er eine eher mäßige Spezifität auf [3] und erkennt Ischämien im hinteren Stromgebiet nur unzureichend (z.B. Sehstörungen, Doppelbilder, Parästhesien). Die Pupillomotorik ist bei Eintreffen zu untersuchen und soll im Verlauf überprüft und dokumentiert werden. Eine neu auftretende einseitig weite Pupille ist ein Alarmzeichen und bis zum Beweis des Gegenteils als Symptom einer akuten intrakraniellen Blutung zu werten, die eine unverzügliche Diagnostik und gegebenenfalls operative Entlastung erfordert. Bei allen Störungen, die mit einer Vigilanzminderung einhergehen, ist die Bestimmung des Blutzuckerwertes obligat. Auf mögliche Begleitsymptome des hypertensiven Schlaganfallpatienten, wie gleichzeitig auftretende kardiale Ischämien mit Endstreckenveränderungen, die bei Patienten mit zerebralen Durchblutungsstörungen nicht selten feststellbar sind, soll besonders geachtet werden. Ein 12-Kanal-EKG soll abgeleitet werden [4]. Die häufig auftretenden hypertonen Kreislaufverhältnisse sind als Bedarfshochdruck zu werten, durch den ein ausreichender zerebraler Perfusionsdruck aufrechterhalten werden soll. Die Blutdruck-Senkung hat kontrolliert zu erfolgen, wenn der Blutdruck 220 mmHg systolisch bzw. 120 mmHg diastolisch überschreitet, z.B. durch fraktionierte Gabe von Urapidil. Umgekehrt sollten arterielle Hypotonien (systolischer Blutdruck unter 110 mmHg) nach Ausschluss anderer Ursachen durch zügige Gabe balancierter VollelektrolytLösungen behandelt werden. Geeignete Katecholamine sollten differenziert erst nach Ausgleich eines Volumenmangels eingesetzt werden [4]. Bei einer pulsoximetrisch gemessenen Sauerstoffsättigung von <95% oder klinischen Zeichen einer Hypoxie (Atemnot, beschleunigte Atmung) erfolgt die Gabe von 4L O2/min. Wenn möglich sollten alle Patienten mit einer peripheren Verweilkanüle im nicht paretischen Arm versorgt werden. Überflüssige und schädliche therapeutische Maßnahmen Die Gabe von gerinnungsaktiven Substanzen (Acetylsalicylsäure oder Heparin) vor Abschluss der bildgebenden Diagnostik ist streng kontraindiziert, da ohne zerebrale Bildgebung eine Unterscheidung zwischen Ischämie und Blutung nicht möglich ist. Auf den Einsatz nitrathaltiger Präparate, insbesondere als Spray, sollte in der Frühphase verzichtet werden, weil deren Wirkung schlecht steuerbar ist, sie die Autoregulation der Hirngefäße weiter einschränken und damit die Zone der kritischen Perfusion (Penumbra) vergrößern können. Einsatztaktik und Zeitmanagement Für Patienten mit einer akuten zerebralen Ischämie gelten enge zeitliche Vorgaben: Die Prähospitalzeit vom Anruf in der Leitstelle bis Eintreffen im Krankenhaus sollte so kurz wie möglich sein. Eine telemedizinische Befundübermittlung vom Rettungsdienst in die Klinik kann die Zeit bis zur definitiven Versorgung relevant verkürzen. Eine Prähospitalzeit bis maximal 60 Minuten bei einem Zielerreichungsgrad von 95% bis zur Übergabe des Patienten an das nächste geeignete Krankenhaus mit zertifizierter Stroke Unit ist akzeptabel [5]. In ländlichen Regionen sollte zur Einhaltung dieser Vorgaben frühzeitig der Einsatz eines Rettungshubschraubers erwogen werden. Mit den aufnehmenden Kliniken ist abzustimmen, wie der Umgang mit Angehörigen gestaltet werden sollte. Das bloße Notieren der Telefonnummer reicht häufig nicht aus. Bei vielen Patienten, insbesondere mit Bewusstseinsstörung oder ausgeprägter Sprachstörung, bietet sich die Mitnahme eines Angehörigen in einem Rettungsdienstfahrzeug an, um Entscheidungen für oder gegen z.B. invasive Maßnahmen ohne zeitliche Verzögerung treffen zu können. Bei Patienten mit Indikation zur mechanischen Thrombektomie soll der Transport von der Stroke Unit in eine neuroradiologische Einrichtung mit Thrombektomiebereitschaft als Notfalltransport erfolgen [6-8]. Geeignetes Krankenhaus Die Zielklinik soll über eine zertifizierte Stroke Unit mit 24-Stunden CTBereitschaft verfügen. Klinische Erstversorgung Nach Eintreffen in der Klinik und Durchführung eines CCT soll unverzüglich über die Art der Therapie entschieden werden. Da das Behandlungsergebnis unmittelbar mit der „door-to-needle-time“ korreliert, sollte diese kürzer als 30 Minuten sein („time is brain“), entsprechend einer Zeit von unter 90 Minuten ab Notrufeingang. Deswegen ist es günstig, das CT in unmittelbarer Nähe der Notaufnahme zu lokalisieren und Patienten mit stabilen Vitalparametern direkt auf den CT-Tisch umzulagern [9][9][9][9, 10]. Die adäquate Überwachung der Vitalfunktion während der CT-Untersuchung ist sicherzustellen. Die Zeitvorgaben gelten völlig unabhängig von Zulassungsbeschränkungen der angewendeten Thrombolytika, da im Einzelfall auch nach Überschreitung des sog. „Lyse-Zeitfensters“ eine Therapie durchgeführt wird bzw. ein neurointerventionelles Verfahren zur Anwendung kommt. Alle Patienten sollten unabhängig von der Schwere der klinischen Symptome rechtzeitig telefonisch in der Zielklinik angemeldet werden [4]. Instrumente des Qualitätsmanagements Alle an der Schlaganfallversorgung teilnehmenden Akteure im Rettungsdienst und in den Kliniken sind angehalten, für jeden Patienten strukturiert Qualitätsparameter zu erfassen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass die Organisation benachbarter Kliniken in einem „Schlaganfall-Netzwerk“ die Versorgungsqualität positiv beeinflusst [11]: Durch gezielte Fortbildungsmaßnahmen und die Rückmeldung von Kennzahlen an den Rettungsdienst können Qualitätsindikatoren wie die Thrombolyserate verbessert werden. Daher empfiehlt die Schlaganfall-Leitlinie der DSG die Bildung derartiger Netzwerke ausdrücklich [4]. Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. Herdt, J. and M. Karbstein, Effektivität und Effizienz des Rettungsdienstes in Hessen. Hessen Agentur Wiesbaden 2009 2009. Krebes, S., et al., Development and validation of a dispatcher identification algorithm for stroke emergencies. Stroke, 2012. 43(3): p. 776‐81. Harbison, J., O. Hossain, and D.e.a. Jenkinson, Diagnostic accuracy of stroke referrals from primary care, emergency room physicians, and ambulance staff using the face arm speech test. Stroke, 2003. 34(71–76). Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Akuttherapie des ischämischen Schlaganfalls, 2012. Herunterladen unter: http://www.dgn.org/leitlinien‐online‐2012/inhalte‐nach‐kapitel/2310‐ ll‐22‐2012‐akuttherapie‐des‐ischaemischen‐schlaganfalls.html [letzter Zugriff: 7.7.2015]. Ahnefeld, F.W., et al., Eckpunktepapier zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in Klinik und Präklinik. Notfall + Rettungsmedizin, 2008. 11(6): p. 421‐422. Campbell, B.C., et al., Endovascular therapy for ischemic stroke with perfusion‐imaging selection. N Engl J Med, 2015. 372(11): p. 1009‐18. Goyal, M., et al., Randomized assessment of rapid endovascular treatment of ischemic stroke. N Engl J Med, 2015. 372(11): p. 1019‐30. Saver, J.L., et al., Stent‐retriever thrombectomy after intravenous t‐PA vs. t‐PA alone in stroke. N Engl J Med, 2015. 372(24): p. 2285‐95. Meretoja, A., et al., Reducing in‐hospital delay to 20 minutes in stroke thrombolysis. Neurology, 2012. 79(4): p. 306‐13. Bauer de Torres, A., et al., Reduktion der Door‐to‐Needle‐Zeit durch Patientenübergabe am CT‐Tisch – Von der Rettungsliege auf den CT‐Tisch. Aktuelle Neurologie, 2013. 40(8): p. 462‐ 464. Ziegler, V., et al., Qualitätsmanagement in der akuten Schlaganfallversorgung: Wie kann man die präklinisch‐klinische Schnittstelle beim Schlaganfall bewerten und verbessern? . Der Notarzt, 2012. 28(6). Anhang zum Eckpunktepapier 2016 Tracerdiagnose Schwerverletzte/Polytrauma U. Schweigkofler1), S. Flohé2), R. Hoffmann1), G. Matthes3), T. Paffrath4), C. Wölfl5), M. Fischer6,7,*), E. Kehrberger6,8,*), H. Marung9,10,*), Hp. Moecke(†)10,*), S. Prückner11,*), H. Trentzsch11,*), B. Urban11,*) und Fachexperten der Eckpunktepapier- Konsensus-Gruppe 1) Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie, BG Unfallklinik Frankfurt am Main gGmbH, Frankfurt am Main 2) Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie, Städtisches Klinikum Solingen gemeinnützige GmbH, Solingen 3) Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie, Unfallkrankenhaus Berlin, Berlin 4) Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie & Sporttraumatologie, Lehrstuhl für Unfallchirurgie & Orthopädie, Klinikum der Privaten Universität Witten/Herdecke, Köln 5) Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie, Krankenhaus Hetzelstift, Neustadt/Weinstraße 6) Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn), Filderstadt 7) Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinik am Eichert, Göppingen 8) Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Kreiskliniken Esslingen – Paracelsus-Krankenhaus, Ruit 9) Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel, Kiel 10) Institut für Notfallmedizin (IfN), Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg 11) Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München *) Core Group, in alphabetischer Reihenfolge Einführung / Vorbemerkung In Deutschland verunfallen jährlich rund 8 Millionen Menschen im häuslichen Umfeld, bei der Arbeit, bei Freizeitaktivitäten oder im Straßenverkehr [1]. Aktuelle Analysen zeigen, dass in Deutschland jährlich mit etwa 18.200 bis 18.400 Schwerverletzte mit einem Injury Severity Score (ISS) ≥16 Punkte zu rechnen ist [2]. Bei einer Mortalität von 10% stellt das Polytrauma nach wie vor die häufigste Todesursache in der Altersgruppe bis 40 Jahre dar. Prozessqualität Leitstelle Die Alarmierungsgrundlage sollte der NA-Indikationskatalog der BÄK sein. Durch eine strukturierte Abfrage sollte der Disponent Informationen zur Unfallkinematik bzw. zum Mechanismus erheben. Eine situationsbezogene frühe Alarmierung der Rettungsmittel unter Einbeziehung der Luftrettung [3] und Allokation der Patienten in ein dem Verletzungsmuster entsprechend geeignetem Krankenhaus wirkt sich positiv auf das Outcome aus. Zeitverzögerungen durch Nachalarmierungen bei offenkundigem Bedarf an sekundär angeforderten Rettungsmitteln soll vermieden werden. Um die Entscheidungsfähigkeit des Disponenten zu verbessern sollte dieser eine spezifische Ausbildung/Training erhalten. Diagnostik und Therapie durch Notarzt und Rettungsdienst An der Einsatzstelle soll die Situation schnell erfasst werden, um eine Gefährdung des Patienten und auch der Einsatzkräfte (Eigenschutz) auszuschließen. Eine umfassende Einschätzung seines Zustandes soll erfolgen, um den kritisch verletzten Patienten zuverlässig zu erkennen. Bestimmte lebensbedrohliche Zustände sind häufig schon ohne aufwendige technische Diagnostik erkennbar. Der Analyse des Unfallmechanismus kommt hierbei im Hinblick auf mögliche Verletzungsfolgen eine enorme Bedeutung zu. Lebensbedrohliche Zustände und Verletzungen sollen schnell erkannt und prioritätengesteuert, dem Leitspruch: „behandle als erstes, was als erstes tötet“ folgend [4], gemäß den Empfehlungen der gültigen S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletztenversorgung [5] behandelt werden. Grundsätzlich sollte jeder schwerverletzte Patient im Rahmen der präklinischen Versorgung das folgende Maßnahmenbündel erhalten [6]: A. Sicherstellen eines freien Atemweges B. Klinische Untersuchung des Thorax und Sicherstellen der Atemfunktion C. Blutungskontrolle und Anlage geeigneter Gefäß-Zugänge D. Erfassung von Bewusstseinslage, Motorik und Sensibilität E. Wärmeerhalt sicherstellen, Ruhigstellung der Wirbelsäule verletzter Extremitäten sowie Versorgung von Wunden und Die detaillierte Darstellung aller empfohlenen Therapiemaßnahmen ist für die heterogene Gruppe der Schwerverletzten im Rahmen dieser Empfehlung nicht vollumfänglich möglich. Bedürfnisse wie z.B. differenzierte Infusionstherapie und eine angepasste Schmerztherapie/ Narkose sollten vom Notarzt dem individuellen Bedarf des Patienten angepasst werden. Einsatzkräfte sollten in den erforderlichen Maßnahmen und Entscheidungsprozessen in speziellen Ausbildungsprogrammen unterwiesen und trainiert werden. Einsatztaktik und Zeitmanagement Gerade bei der Schwerverletztenversorgung ist der Zeitfaktor wesentlich [7]. Schwere Blutungen durch stumpfe, insbesondere aber durch penetrierende Verletzungen [8] sowie schwere Schädelhirntraumata (SHT) [9] können in kürzester Zeit nach dem Unfallereignis zur kritischen Vitalbedrohung [10] werden, die eine umgehende operative Therapie erforderlich machen. Gerade unter präklinischen Bedingungen können lebensbedrohliche Hämorrhagien bzw. schwere SHT nicht mit hinreichender diagnostischer Sicherheit identifiziert und nicht kausal therapiert werden. Da solche Verletzungen potentiell bei jedem Patienten mit einem entsprechenden Unfallereignis vorliegen können, müssen konsequenter Weise alle diese Patienten so schnell wie möglich einer definitiven Versorgung im geeigneten Krankenhaus zugeführt werden [7]. Zur Vermeidung einer verlängerten Prähospitalzeit sollte man sich an der Einsatzstelle auf die notwendigen Maßnahmen am Patienten beschränken und die benötigten Rettungsmittel auch im Hinblick auf die erforderliche Transportlogistik (einschließlich Luftrettung) für die Erreichung des geeigneten Krankenhauses vorausschauend alarmieren. Schwerverletzte Patienten/Polytrauma sollen höchstens 60 Minuten nach Notrufeingang im geeigneten Krankenhaus aufgenommen werden. Geeignetes Krankenhaus Das geeignete Krankenhaus ist ein zertifiziertes Traumazentrum im gemäß den Empfehlungen im Weißbuch TraumaNetzwerk DGU® Schwerverletztenversorgung der DGU [11] und den Empfehlungen der S3Leitlinie [5]. Nach Möglichkeit sollte der schwerverletzte Patient primär in ein überregionales oder regionales Traumazentrum transportiert werden. Um aber regional bestehenden Besonderheiten in der Krankenhausverteilung gerecht zu werden, sollen die Zuweisungskriterien im jeweiligen Traumanetzwerk erörtert und festgelegt werden. Klinische Erstversorgung Polytrauma/Schwerverletzte sollen über den Schockraum aufgenommen werden. Maßgeblich für die Schockraumalarmierung ist die Einschätzung des prähospital behandelnden Teams. In der S3-Leitlinie Polytrauma/ Schwerverletztenversorgung finden sich Aktivierungskriterien für den Schockraum, die sich an den Empfehlungen des Center for Disease Control (CDC) orientieren und die geeignet sind um Patienten mit einem hohen Gefährdungspotential für schwere Verletzungen zu identifizieren [5, 12]. Die Versorgung im Schockraum soll prioritätenorientiert vorgenommen werden und folgt den Prinzipen, die in der S3-Leitlinie [5] beschreiben sind. Falls erforderlich soll im geeigneten Krankenhaus innerhalb von 90 Minuten nach Notrufeingang mit einer lebensrettenden Notfalloperation begonnen werden können. Instrumente des Qualitätsmanagements Örtliche Qualitätszirkel stellen die Basis eines Qualitätsmanagementprozesses dar. Die Einbindung des Rettungsdienstes ist als erstes Glied der Behandlungskette notwendig. Weiterhin können Treffen mit Vertretern der an einem zertifizierten Traumanetzwerk beteiligten Krankenhäuser und dem Rettungsdienst dazu beitragen, Probleme in den Schnittstellenbereichen sowohl zwischen Rettungsdienst und Krankenhaus als auch interhospital (Verlegung innerhalb der Traumanetzwerkstrukturen) zu reduzieren. Die verpflichtende Dateneingabe von präklinischen und klinischen Daten schwerverletzter Patienten durch zertifizierte Traumazentren in das TraumaRegister DGU® der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie generiert einen umfassenden Datenpool [13] und soll den teilnehmenden Krankenhäuser und dem Rettungsdienst als externes Qualitätsmanagementinstrument dienen. Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Unfallstatistik: Unfalltote und Unfallverletzte 2011 in Deutschland, 2013. Herunterladen unter: http://www.baua.de/de/Informationen‐fuer‐die‐ Praxis/Statistiken/Unfaelle/Gesamtunfallgeschehen/Gesamtunfallgeschehen.html [letzter Zugriff: 15.12.2015]. Debus, F., et al., Anzahl der Schwerverletzten in Deutschland. Dtsch Arztebl International, 2015. 112(49): p. 823‐9. Gries, A., et al., Praklinische Versorgungszeiten bei Einsatzen der Luftrettung. Einfluss der Dispositionsstrategie der Rettungsleitstelle. Anaesthesist, 2014. 63(7): p. 555‐62. American College of Surgeons Committee on Trauma, ed. Advanced Trauma Life Support (ATLS) Student Course Manual. 9th ed. 2012, American College of Surgeons: Chicago, IL, United States of America. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie. S3 – Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzten‐ Behandlung, 2011. Herunterladen unter: http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/012‐ 019.html [letzter Zugriff: 15.12.2015]. Matthes, G., et al., Wesentliche Massnahmen zur prahospitalen Versorgung schwerverletzter Patienten: Das Trauma Care Bundle. Unfallchirurg, 2015. 118(8): p. 652‐6. Wyen, H., et al., The golden hour of shock ‐ how time is running out: prehospital time intervals in Germany‐‐a multivariate analysis of 15, 103 patients from the TraumaRegister DGU(R). Emerg Med J, 2013. 30(12): p. 1048‐55. Clarke, J.R., et al., Time to laparotomy for intra‐abdominal bleeding from trauma does affect survival for delays up to 90 minutes. J Trauma, 2002. 52(3): p. 420‐5. Tien, H.C., et al., Reducing time‐to‐treatment decreases mortality of trauma patients with acute subdural hematoma. Ann Surg, 2011. 253(6): p. 1178‐83. Sauaia, A., et al., Epidemiology of trauma deaths: a reassessment. J Trauma, 1995. 38(2): p. 185‐93. Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie, Weißbuch Schwerverletztenversorgung, 2. erweiterte Auflage ‐ Empfehlungen zur Struktur, Organisation und Ausstattung der Schwerverletztenversorgung in der Bundesrepublik Deutschland. Orthopädie und Unfallchirurgie Mitteilung und Nachrichten, 2012(Supplement 1): p. 4‐34. Trentzsch, H., B. Urban, and S. Huber‐Wagner, Evidenzbasierte Triage von verletzten Patienten am Unfallort. Notfall + Rettungsmedizin, 2012. 15(ger). Lefering, R. and T. Paffrath, Versorgungsrealitat auf der Basis der Daten des TraumaRegister DGU(R). Unfallchirurg, 2012. 115(1): p. 30‐2. Anhang zum Eckpunktepapier 2016 Tracerdiagnose Sepsis F. Brunkhorst1), M. Fischer2,3,*), E. Kehrberger2,4,*), H. Marung5,6,*), Hp. Moecke(†)6,*), S. Prückner 7,*), H. Trentzsch7,*), B. Urban7,*) und Fachexperten der Eckpunktepapier- Konsensus-Gruppe 1) Klinik für Anästhesiologie und Intensivtherapie, Universitätsklinikum Jena, Jena 2) Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn), Filderstadt 3) Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinik am Eichert, Göppingen 4) Klinik für Anästhesiologie und operative Esslingen – Paracelsus-Krankenhaus, Ruit Intensivmedizin, Kreiskliniken 5) Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel, Kiel 6) Institut für Notfallmedizin (IfN), Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg 7) Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München *) Core Group, in alphabetischer Reihenfolge Einführung / Vorbemerkung Sepsis, landläufig oft als „Blutvergiftung“ bezeichnet, ist eine komplexe systemische inflammatorische Reaktion des Körpers auf eine Infektion. Sepsis, schwere Sepsis und septischer Schock definieren ein Krankheitskontinuum, welches sich klinisch mit unterschiedlicher zeitlicher Dynamik manifestieren kann [1]. Sepsis ist eine häufige und oft unterschätzte Erkrankung [2]. Eine frühzeitige Diagnose und Therapieeinleitung verbessern die sonst hohe Sterblichkeit deutlich [3-6]. Da das klinische Bild je nach zugrundeliegender Infektion und individuellen Risikofaktoren hochvariabel ist und die diagnostischen Kriterien über eine Vielzahl von veränderten Vitalparametern, Laborwerten und Organfunktionen definiert sind ist es schwer, die Sepsis insbesondere im frühen ambulanten Verlauf zuverlässig zu erkennen [1, 7]. Entsprechend ist es für den Notarzt- und Rettungsdienst wichtig, ein situationsangepasstes Bewusstsein im Umgang mit Sepsis zu entwickeln, damit bei Verdacht auf Sepsis über die Schnittstellen zwischen den Behandlungsteams hinaus Diagnostik und Therapie so schnell wie möglich eingeleitet werden können. Prozessqualität Leitstelle Die Sepsis ist im Rahmen des Notrufes nicht eindeutig von anderen Krankheitsbildern abgrenzbar. Schildert der Anrufer Symptome wie neu aufgetretene Verwirrtheit, Agitation, schwere Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens oder Apathie, so sollte der Disponent fragen, ob der Patient Fieber hat oder ob sich der Patient „heiß“ anfühlt oder Schüttelfrost hat/hatte. Wird das bejaht, sollte der „V.a. Sepsis“ geäußert werden und der Alarm mit diesem Einsatzstichwort versehen werden. Die Alarmierung erfolgt nach üblichen Kriterien für den Notfalleinsatz mit RTW bzw. Notarzt-Einsatz gemäß NotarztIndikationskatalog. Diagnostik durch Notarzt und Rettungsdienst Die Diagnose und Differentialdiagnose der Sepsis erfordert große ärztliche Erfahrung. Eine Sepsis sollte bei Erwachsenen angenommen werden, wenn zwei oder mehr Kriterien der Liste „Anhalt für systemische Entzündungsreaktion“ vorliegen (Box 1) und aufgrund von Anamnese (Box 2) und/oder körperlicher Untersuchung (Box 4) klinische Zeichen für eine Infektion oder der Verdacht auf eine Infektion bestehen. Besonderen Risikofaktoren, die für eine Sepsis begünstigend wirken; sollte dabei besondere Beachtung entgegengebracht werden (Box 3). Die Kriterien und Grenzwerte dieser Empfehlung berücksichtigt die begrenzten diagnostischen Möglichkeiten im Notarzt- und Rettungsdienst und orientiert sich an den sonst üblichen Definitionen [7, 8]. Nachdem die Sepsis klinisch schwer zu erkennen ist, sollten umgekehrt aber auch immer die jeweiligen Differenzialdiagnosen in Betracht gezogen werden. Therapie durch Notarzt und Rettungsdienst Im Rahmen der präklinischen Versorgung sollen alle Patienten mit/oder V.a. auf Sepsis eine Basistherapie einschließlich Sauerstoffgabe bekommen und schnellstmöglich in ein geeignetes Krankenhaus transportiert werden. Bei begleitender Hypotension sollte eine forcierte intravenöse Flüssigkeitstherapie mit kristalloider Lösung (30ml/kg KG) begonnen werden [9]. Das Ziel der Infusionstherapie ist die Normalisierung der Kreislaufparameter mit einem MAP ≥65 mmHg [8]. Als pragmatischer Surrogatparameter soll ein systolischer Blutdruck ≥100mmHg angestrebt werden [10]. Bei der Übergabe sollte dem weiterbehandelnden Team der „V.a. Sepsis“ mitgeteilt werden. Es liegen widersprüchliche Daten über den Nutzen einer präklinisch eingeleiteten Antibiotikatherapie vor. Wegen der begrenzten Möglichkeiten, vor dem Start der Therapie Blutkulturen oder andere mikrobiologische Proben zur Erreger- und Resistenzbestimmung zu gewinnen, sollte gegenwärtig auf eine präklinisch begonnene Antibiotikagabe außerhalb kontrollierter Studien verzichtet werden. Einsatztaktik und Zeitmanagement Patienten mit V.a. Sepsis sollen spätestens 60 Minuten nach Eingang des Notrufs im geeigneten Krankenhaus eintreffen. Je nach Zustand des Patienten ist eine Vorankündigung sinnvoll; ggf. ist es erforderlich, den Patienten mit akuter Vitalbedrohung für den Schockraum anzumelden. Geeignetes Krankenhaus Das geeignete Krankenhaus verfügt über eine rund um die Uhr einsatzbereite Notaufnahme, eine Intensivstation, ein rund um die Uhr einsatzbereites CT und Labor und hat außerdem Möglichkeiten zur Sanierung des Infekt-Fokus mit entsprechender fachspezifischer Qualifikation. Klinische Erstversorgung Die Deutsche Sepsis-Gesellschaft (DSG) und die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) haben in der S2k-Leitlinie „Prävention, Diagnose, Therapie und Nachsorge der Sepsis“ Behandlungsempfehlungen der schweren Sepsis und des septischen Schocks publiziert [8]. Es wurde auch gezeigt, dass die frühzeitige Einleitung der Maßnahmen des Surviving Sepsis Campaign (SSC) Resuscitation Bundles [9] mit einer Senkung der Sterblichkeit [3-6], Verminderung der Erkrankungsschwere [5] und Reduktion der Behandlungskosten sowie der Schonung von Gesundheitsressourcen (z.B. Intensivkapazität) [3, 6] assoziiert ist. Die bereits in der prähospitalen Phase angelaufenen Maßnahmen sollten daher im Krankenhaus fortgesetzt und entsprechend erweitert werden. Mit dem Empfehlungsgrad 1C wird der Beginn einer antibiotischen Therapie innerhalb der ersten Stunde empfohlen [8, 9, 11]. Es zeigt sich aber auch, dass dieses Ziel in der Realität oft nicht erreicht werden kann. Daher wird für das entsprechende Maßnahmenbündel ein Zeitfenster von bis zu 180 Minuten eingeräumt. Bei einer Prähospitalzeit von 60 Minuten kann die verbleibende Zeit von insgesamt 120 Minuten (180 Minuten ab Notruf) als ausreichend betrachtet werden, um die zeitgerechte Einleitung weiterer Maßnahmen sicherzustellen [5, 9, 12]. Für das Eckpunktepapier schlagen wir aus pragmatischen Gründen als Zielmarke für die Einleitung der weiteren Maßnahmen des Resuscitation-Bündels einschließlich Diagnostik und mikrobiologischer Probenentnahme einen Zeitraum von höchstens 90 Minuten ab Notruf vor. Dies beinhaltet die Abnahme von mindestens 2-3 Paar Blutkulturen (aerob und anaerob) und ggf. Entnahme von weiteren geeigneten Proben zur mikrobiologischen Untersuchung bevor die empirische Antibiotikatherapie gestartet wird. Ist eine Probengewinnung in diesem Zeitrahmen nicht möglich, so soll bei Verdacht auf Sepsis auch ohne Probenentnahme innerhalb von 120 Minuten ab Aufnahme (bzw. 180 Minuten ab Notruf) mit einer empirischen Antibiotikatherapie begonnen werden. Zur Diagnose des Schocks und zur Erfolgskontrolle der Schocktherapie soll die Messung des Serumlaktatwertes vorgenommen werden. Bei erhöhten Serumlaktatwerten muss eine Optimierung der Hämodynamik erfolgen, so dass sich die Serumlaktatwerte schnell normalisieren können. Als wichtige Kausaltherapie ist die zügige Sanierung des Infektfokus zu nennen. Zeitgleich erfolgt zunächst eine kalkulierte – später eine an die mikrobiologischen Befunde angepasste - antiinfektive Therapie. [1, 8, 9]. Instrumente des Qualitätsmanagements Ein Register aus prähospital und innerklinisch erhobenen Daten über die Prozesszeiten, Maßnahmen, Infektfokus, Keimspektrum, Ressourcenverbrauch und Outcome könnte helfen, die Versorgungsqualität bei der Sepsis weiter zu optimieren1. Die Analysen der Registerdaten sollten für die Prozessoptimierung auch dem Notarzt- und Rettungsdienst zugänglich gemacht werden. In diesem Zusammenhang ist es wünschenswert, dass Rettungsdienste von der Klinik ein Feedback bezüglich der Genauigkeit ihrer Verdachtsdiagnosen erhalten. Beispiele hierfür sind AlertsNet (http://www.alertsnet.de/) und SAPFIRE (http://www.sapfire‐ registry.org/). des Universitätsklinikums Jena 1 BOX 1: „ANHALT FÜR SYSTEMISCHE ENTZÜNDUNGSREAKTION“ Atemfrequenz ≥20/min Systolischer Blutdruck (RRsys) <90mmHg Verwirrtheit Herzfrequenz ≥90/min Blutzucker >140 mg/dL bzw. 7,8 mmol/l (ohne vorbestehenden Diabetes) Körpertemperatur ≥38,0 °C (=Fieber) oder ≤36°C (=Hypothermie)2 Pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung ≤90% Box 2: Hinweise auf Infektion in der Anamnese Pneumonie: Husten und Auswurf, Dyspnoe, atemabhängiger Thoraxschmerz Intraabdominale Infektion: Durchfall, Bauchschmerzen, Operationen Harnwegsinfekt: Brennen beim Wasserlassen, auffälliger Geruch, Verfärbung des Urins Weichteil- und Knocheninfektion: Chronische Wunden, Gelenk- und Wirbelsäulenschmerzen, Rötung, Bewegungseinschränkung Fremdkörper-assoziierte Infekte: Chemotherapie (z.B. Portkatheter), Inkontinenz (Dauerkatheter), Operationen (z.B. Prothese, Herzklappe, Herzschrittmacher, AICD, sonstige Fremdkörper), Körperschmuck (z. B. Piercing) Meningitis: Nackensteifigkeit, Kopfschmerz, veränderte Bewusstseinslage Endokarditis: Rhythmusstörungen, Klappenersatz Box 3: Hinweise für Risikofaktoren/prädisponierende Erkrankungen in der Anamnese Therapien, die Resistenz gegenüber Infektionen herabsetzen (z.B. Immunsuppression, Chemotherapie, Bestrahlung, Steroiddauertherapie etc. Erkrankung, die das Immunsystem stark beeinträchtigen (z.B. Leukämie, Lymphome, AIDS, Z.n. Splenektomie) Diabetes mellitus, chronische Dialyse, Leberzirrhose Krankenhausaufenthalt in den letzten 30 Tagen 2 Insbesondere ältere Patienten können trotz Sepsis dennoch Körpertemperaturen <38°C aufweisen. Box 4: Hinweise für Infektion in der körperlichen Untersuchung ZNS: verwirrt, agitiert, desorientiert, delirant, Nackensteifigkeit Thorax: Auskultation (z.B. Rasselgeräusche, Herzgeräusche), Rötung, inspiratorischer Schmerz Schock: Hypotonie (RRsys <90 mmHg), Zentralisierung, Rekapillarisierungszeit vermindert (>2 Sekunden) Gerinnung: Petechien, Ekchymosen Abdomen: Druckschmerz, Loslassschmerz, Narben, Rötung Extremitäten: Überwärmung, Rötung, Schwellung, Gelenkerguss, Narben Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Angus, D.C. and T. van der Poll, Severe sepsis and septic shock. N Engl J Med, 2013. 369(9): p. 840‐51. Engel, C., et al., Epidemiology of sepsis in Germany: results from a national prospective multicenter study. Intensive Care Med, 2007. 33(4): p. 606‐18. Cannon, C.M., et al., The GENESIS project (GENeralized Early Sepsis Intervention Strategies): a multicenter quality improvement collaborative. J Intensive Care Med, 2013. 28(6): p. 355‐68. Chamberlain, D.J., E.M. Willis, and A.B. Bersten, The severe sepsis bundles as processes of care: a meta‐analysis. Aust Crit Care, 2011. 24(4): p. 229‐43. 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Im Februar 2016 veröffentlichte eine internationale Task-Force mit SEPSIS-3 eine neue Empfehlung von diagnostischen Kriterien der Sepsis [3]. SEPSIS-3 definiert Sepsis als lebensbedrohliche Organdysfunktion, die Folge einer fehlregulierten Antwort des Körpers auf eine Infektion ist [3]. Die Organdysfunktion wird dabei am Sequential [Sepsis-Related] Organ Failure Assessment-(SOFA) Score festgemacht. Als klinisches Kriterium soll bei akuter Veränderung des Gesamt-SOFA Scores von 2 oder mehr Punkten im Zusammenhang mit einer Infektion eine Sepsis erwogen werden. Die Krankenhaus-Mortalität dieser Patienten beträgt selbst bei nur moderater Organdysfunktion über 10%. Damit ist die Definition Sepsis viel komplexer geworden, weshalb SIRS, schwere Sepsis und die Vorstellung eines Krankheitskontinuums nun wegfallen[3]. Der septische Schock, der nur eine Teilmenge der Sepsis-Patienten mit besonders schwerer Störung der Zirkulation und des Stoffwechsels charakterisiert, wird definiert als Sepsis mit persistierender Hypotension, bei der zur Aufrechterhaltung eines MAP von mehr als 65°mmHG Vasopressoren erforderlich sind UND bei der ein Serum-Laktat-Spiegel >2 mmol/L trotz adäquater Volumengabe vorliegt. Die Sterblichkeit gegenüber der Sepsis ist erhöht (>40%) [3]. Für die Prähospitalphase ist der SOFA-Score wenig praktikabel. Der quick SOFAScore (qSOFA) ist ein einfaches Screening-Tool zur Anwendung in Präklinik und Notaufnahme, das ohne Labordiagnostik auskommt und eine Sepsis ähnlich gut vorhersagt wie der SOFA-Score. Patienten mit Verdacht auf eine Infektion sollten daher mit dem qSOFA gescreent werden. Die Kriterien und zugehörigen Schwellenwerte sind Tabelle 1 zu entnehmen. Bei einem qSOFA ≥2 Punkte sollte nach Aufnahme in der Klinik so schnell wie möglich mit Hilfe des SOFA-Scores das weitere Ausmaß der Organdysfunktion untersucht werden. Weder SOFA noch qSOFA sind als alleinige Diagnosekriterien zu sehen. Sind weniger als 2 Kriterien erfüllt obwohl ein hinreichender Verdacht auf eine Infektion besteht, sollte die weitereDiagnostik und Therapie nicht verzögert werden. Die SIRS-Kriterien (insbesondere Fieber oder Leukozytose) aber auch andere unspezifische Symptome (z.B. Blutzuckerentgleisungen), wie sie aus den bisherigen Sepsis-Definition bekannt sind, und die auch in den diagnostischen Kriterien für eine Sepsis in das Eckpunktepapier eingegangen sind, behalten somit auch weiterhin Bedeutung als allgemeiner Hinweis auf das Vorhandensein einer Infektion, während spezifische Symptome der jeweiligen Infektion die Aufmerksamkeit gezielt auf den anatomischen Fokus oder den auslösenden Mikroorganismus lenken (z.B. Husten und Auswurf bei Pneumonie oder Dysurie bei Harnwegsinfekten). Anamnese und körperlicher Untersuchungsbefund bleiben damit zentraler Bestandteil der Diagnostik. Grundlage dieser Überlegungen sind den Boxen 2 und 3 der Empfehlung zur Sepsis bereits richtig beschrieben. Als Folge neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse haben sich die, in der Empfehlungen genannten diagnostischen Kriterien (Box 1: ANHALT FÜR SYSTEMISCHE ENTZÜNDUNGSREAKTION) relevant geändert. Alle anderen Empfehlungen zum Umgang mit dieser Tracerdiagnose gelten aber trotzdem weiter wie beschreiben. Der Grund dafür, dass die neue Definition nicht mehr in das Papier eingearbeitet wurde liegt darin, dass damit der bereits abgeschlossene Konsensusprozess neu hätte aufgerollt werden müssen. Auf der anderen Seite sollte aber die Veröffentlichung nicht weiter verzögert werden. Somit empfehlen die Fachexperten, die die Tracerdiagnose Sepsis formuliert haben folgende Änderungen zu beachten: Die BOX 1: „ANHALT FÜR SYSTEMISCHE ENTZÜNDUNGSREAKTION“ soll in der medizinischen Praxis ersetzt werden durch den qSOFA-Score (Tabelle 1). H. Trentzsch F. M. Brunkhorst B. Urban S. Prückner Zusätzliche Literatur 1. Levy, M.M., et al., 2001 SCCM/ESICM/ACCP/ATS/SIS International Sepsis Definitions Conference. Crit Care Med, 2003. 31(4): p. 1250‐6. 2. Bone, R.C., et al., Definitions for sepsis and organ failure and guidelines for the use of innovative therapies in sepsis. The ACCP/SCCM Consensus Conference Committee. American College of Chest Physicians/Society of Critical Care Medicine. Chest, 1992. 101(6): p. 1644‐55. 3. Singer, M., et al., The Third International Consensus Definitions for Sepsis and Septic Shock (Sepsis‐3). JAMA, 2016. 315(8): p. 801‐10. Anhang zum Eckpunktepapier 2016 Tracerdiagnose ST-Hebungsinfarkt (STEMI1) K.H. Scholz1), D. Andresen2), M. Fischer3,4,*), E. Kehrberger2,5,*), H. Marung6,7,*), Hp. Moecke(†)7,*), S. Prückner 8,*), H. Trentzsch8,*), B. Urban8,*) und Fachexperten der Eckpunktepapier- Konsensus-Gruppe 1) Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin - Medizinische Klinik I, St. Bernward Krankenhaus GmbH, Hildesheim 2) Kardiologie an der Evangelischen Elisabeth Klinik, Berlin Mitte, Berlin 3) Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn), Filderstadt 4) Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinik am Eichert, Göppingen 5) Klinik für Anästhesiologie und operative Esslingen – Paracelsus-Krankenhaus, Ruit Intensivmedizin, Kreiskliniken 6) Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel, Kiel 7) Institut für Notfallmedizin (IfN), Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg 8) Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München *) Core Group, in alphabetischer Reihenfolge 1 ST‐segment elevation myocardial infarction Einführung / Vorbemerkung Die koronare Herzkrankheit (KHK) ist weltweit die häufigste Todesursache. In Deutschland verstarben im Jahr 2011 mehr als 50.000 Menschen am akuten Herzinfarkt. Die Krankenhaussterblichkeit des STEMI liegt nach aktuellen Daten bei bis zu 12% [1, 2]. Auch die Folgeerkrankungen nach STEMI - wie Herzinsuffizienz und Rhythmusstörungen - sind von erheblicher medizinischer und ökonomischer Bedeutung. Es sind somit maximale Anstrengungen zur Verbesserung der Patientenversorgung in der Akuttherapie und der Sekundärprävention des STEMI notwendig. Prozessqualität Leitstelle In der Notfallversorgung des STEMI kommt es im Wesentlichen auf zwei Dinge an: die schnelle Diagnose und den schnellstmöglichen Transport in ein Krankenhaus mit einsatzbereitem Herzkatheterlabor (PCI2-Bereitschaft). Diese Ziele lassen sich u.a. durch die rasche Disposition der richtigen Rettungsmittel und die schnelle Zuweisung an eine geeignete Klinik erreichen. Hierfür ist das zuverlässige Erkennen der Notfallsituation durch die Leitstelle notwendig. Eine strukturierte Abfrage soll die sichere Erkennung typischer als auch atypischer Symptome des Herzinfarktes unterstützen. Zu den typischen Zeichen zählt insbesondere der akut aufgetretene starke Thoraxschmerz, häufig in Kombination mit Übelkeit und/oder Luftnot. Gerade bei weiblichen Patienten können jedoch auch atypische Symptome wie neu aufgetretener, starker Schwindel, oftmals begleitet von Bauch- oder Rückenschmerzen im Vordergrund stehen. Die Notarztindikation ist hierbei jeweils gegeben, u.a. wegen der Gefährlichkeit und den möglichen schwerwiegenden Komplikationen des akuten Myokardinfarktes, aber auch wegen der potentiell lebensbedrohlichen Differentialdiagnosen. Aus diesem Grund ist eine weitere Differenzierung bei der Alarmierung nicht zielführend. Notarzt und RTW sind zeitgleich zu alarmieren. 2 Perkutane koronare Intervention (percutaneous coronary intervention) Diagnostik und Therapie durch Notarzt und Rettungsdienst Notarzt und Rettungsdienst sind für die STEMI-Versorgung von herausragender Bedeutung. Der Notarzt soll zügig nach medizinischem Erstkontakt die Diagnose des Herzinfarktes mittels Anamnese, klinischem Zustandsbild, 12-Kanal-EKG und differentialdiagnostischer Abwägung stellen und die notwendige medikamentöse Therapie einleiten. Basierend auf Diagnose, Schwere des Krankheitsbildes und den Absprachen innerhalb der Herzinfarktnetzwerke sollte der Notarzt beim STEMI Thrombozytenaggregationshemmer, Heparin, eine bedarfsangepassten Analgesie, eine antiarrhythmischen Therapie sowie ggf. eine Volumenund Katecholamintherapie durchführen [3]. Gemeinsam bewerkstelligen Notarzt und Rettungsdienst den schnellen Transport des Patienten unter kontinuierlichem Monitoring (EKG, Blutdruck und SpO2) und Fortführen der Therapie in das geeignete PCI-Krankenhaus zur definitiven Behandlung. Das Personal des Rettungsdienstes muss nach den Leitlinien in der Lage sein, ein EKG zu registrieren und zu interpretieren oder zu transmittieren. Auf jedem Rettungsmittel sollen ein 12-Kanal-EKG-Gerät und ein Defibrillator-System zur Verfügung stehen, da bei einem Herzinfarkt jederzeit lebensbedrohliche Rhythmusstörungen auftreten können. Entsprechend dieser Anforderungen soll das Rettungsdienstfachpersonal in der STEMI-Diagnostik als auch im Basic Life Support (BLS) geschult sein. Der Notarzt soll darüber hinaus den STEMI sicher diagnostizieren können und im Advanced Life Support (ALS) ausgebildet sein. Einsatztaktik und Zeitmanagement Oberstes Behandlungsprinzip ist es, durch eine schelle Revaskularisierung des Myokards - bevorzugt mittels PCI - den ischämisch bedingten Untergang von Herzmuskelgewebe zu verhindern. Jede Zeitverzögerung bei der Revaskularisierung bedeutet potentiell ein schlechteres Behandlungsergebnis für den Patienten und soll daher strikt vermieden werden. Eine telemedizinische Befundübermittlung vom Rettungsdienst in die Klinik kann die Zeit bis zur definitiven Versorgung relevant verkürzen. Die Akut-PCI soll 60 bis spätestens 90 Minuten nach Notrufeingang erfolgen. Das Katheterlabor sollte im Vorfeld umgehend informiert werden. Dabei sollte ein direktes Gespräch zwischen Notarzt und dem verantwortlichen Kardiologen im Zielkrankenhaus erfolgen. Wenn die Akut-PCI nicht innerhalb von 120 Minuten durchführbar ist, sollte spätestens 30 Minuten nach Erstkontakt eine Thrombolysetherapie durch den Notarzt eingeleitet werden und die PCI darauffolgend durchgeführt werden [4]. Die primäre Einweisung des Patienten Zeitvorgaben zwingend erforderlich. Rettungsdienstbereiches soll planerisch entsprechende Vorhaltemaßnahmen verhindert werden. in ein PCI-Krankenhaus ist wegen der Eine mögliche Unterversorgung des vom Träger des Rettungsdienstes durch unter Einbeziehung der Luftrettung Geeignetes Krankenhaus Das geeignete Krankenhaus verfügt über ein Herzkatheterlabor, das Interventionen jederzeit (24 h und 365 Tage) innerhalb von 20 Minuten durchführen kann. Darüber hinaus sind u.a. ein Schnelllabor zur Infarktdiagnostik und eine Intensivstation erforderlich. Klinische Erstversorgung Die Diagnose des ST-Hebungsinfarktes stützt sich auf das klinische Bild, die typischen EKG-Veränderungen (ST-Elevationen oder neu aufgetretener Linksschenkelblock) und entsprechende laborchemische Befunde. Die Infarktdiagnose soll 10 Minuten nach Eintreffen des Notarztes/Rettungsdienstes anhand der o.g. Kriterien gestellt werden [4]. Mit der schon präklinisch getroffenen Diagnose eines STEMI können die intrahospitalen Abläufe deutlich beschleunigt werden, sie ist also die Basis für die Einleitung einer zeitnahen Reperfusionstherapie. STEMI Patienten sollten nach den neuen Leitlinien möglichst unter Umgehung der Notaufnahme, einer Coronary-Care-Unit oder Intensivstation vom Notarzt- und Rettungsdienst direkt in das Herzkatheterlabor gebracht werden. Instrumente des Qualitätsmanagements Bezugnehmend auf die Leitlinien scheint eine flächendeckende Umsetzung der o.g. Zeitvorgaben am besten in regionalen Herzinfarktnetzwerken, welche über ein rund um die Uhr verfügbares zentrales PCI-Krankenhaus, mehrere umgebende Nicht-PCI-Kliniken und einen funktionstüchtigen Notarzt- und Rettungsdienst verfügen. Für die optimale Notfallversorgung ist die gesamte Rettungskette entscheidend. Die Kommunikation von der Leitstelle über den Rettungsdienst bis hin zum PCI-Krankenhaus muss sicher funktionieren. Das Gesamtsystem soll anhand eines sektorübergreifenden Ablauf-Protokolls gut trainiert sein. Flächendeckend für Deutschland sollte innerhalb der Netzwerke – entsprechend der Leitlinien - eine überprüfbare Qualitätssicherung erfolgen. Alle Behandlungszeiten sollen erfasst werden, die Behandlungsergebnisse müssen dokumentiert werden und es sollen regelhaft Maßnahmen zur Optimierung veranlasst werden [5], wie es zum Beispiel im FITT-STEMI Projekt umgesetzt wird [6]. Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. Freisinger, E., et al., German nationwide data on current trends and management of acute myocardial infarction: discrepancies between trials and real‐life. Eur Heart J, 2014. 35(15): p. 979‐88. Zeymer, U., et al., Kommentar zu den Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) zur Therapie des akuten Herzinfarkts bei Patienten mit ST‐Streckenhebung (STEMI). Der Kardiologe 2013. 7(6): p. 410‐422 Arntz, H.R., et al., 2010 GRC ‐ Teil 05 ‐ Initiales Management des akuten Koronarsyndroms. Notfall + Rettungsmedizin, 2010. 13(7): p. 621‐634. Steg, P.G., et al., ESC Guidelines for the management of acute myocardial infarction in patients presenting with ST‐segment elevation. Eur Heart J, 2012. 33(20): p. 2569‐619. Scholz, K.H., et al., Contact‐to‐balloon time and door‐to‐balloon time after initiation of a formalized data feedback in patients with acute ST‐elevation myocardial infarction. Am J Cardiol, 2008. 101(1): p. 46‐52. Scholz, K.H., et al., Reduction in treatment times through formalized data feedback: results from a prospective multicenter study of ST‐segment elevation myocardial infarction. JACC Cardiovasc Interv, 2012. 5(8): p. 848‐57. Anhang zum Eckpunktepapier 2016 Tracerdiagnose Reanimation bei plötzlichem Kreislaufstillstand J.-T. Gräsner1), M. Fischer2,3,*), E. Kehrberger2,4,*), H. Marung1,5,*), Hp. Moecke(†)5,*), S. Prückner 6,*), H. Trentzsch6,*), B. Urban6,*) und Fachexperten der Eckpunktepapier- Konsensus-Gruppe 1)Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel, Kiel 2) Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn), Filderstadt 3) Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinik am Eichert, Göppingen 4) Klinik für Anästhesiologie und operative Esslingen – Paracelsus-Krankenhaus, Ruit Intensivmedizin, Kreiskliniken 5) Institut für Notfallmedizin (IfN), Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg 6) Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München *) Core Group, in alphabetischer Reihenfolge Einführung/Vorbemerkung: Der „plötzliche Kreislaufstillstand“ ist das Krankheitsbild, bei dem jede Minute Verzögerung über Leben und Tod entscheidet. Im Rettungsdienst Deutschlands werden mehr als 100.000 unerwartete Todesfälle pro Jahr beobachtet. Die Inzidenz beträgt 120 bis 200 pro 100.000 Einwohner und Jahr [1, 2]. Jedoch wird nicht jeder Patient so rechtzeitig vom Notarzt- und Rettungsdienst erreicht, dass eine Reanimation auch begonnen wird. Die Reanimationsinzidenz beträgt deshalb 30-90 pro 100.000 Einwohner im Jahr [3, 4]. Die Reanimationsbehandlung kann nur erfolgreich sein, wenn alle Glieder der Rettungskette optimal ineinander greifen [5]. Die Laienreanimation nimmt eine wichtige Sonderstellung ein, da sie das therapiefreie Intervall relevant verkürzt, jedoch nur eingeschränkt vom Rettungsdienst organisiert werden kann. Die Ausbildung von Schülern und Laien in lebensrettenden Sofortmaßnahmen muss daher als eine vordringliche gesellschaftliche Aufgabe gesehen werden [6, 7]. Die Wahrscheinlichkeit, einen Herz-Kreislaufstillstand unbeschadet zu überleben, nimmt ohne Therapie pro Minute um ca. 10 Prozent ab. Die vor Jahren u.a. von der Bundesärztekammer definierte Hilfsfrist von 10 min für 80% der Patienten ist daher in vielen Fällen nicht ausreichend [8]. Darüber hinaus wird diese medizinisch unzureichende - Vorgabe nur in 30% der Rettungsdienste in Deutschland erfüllt. Hier besteht also dringender Handlungsbedarf. Im Interesse der Patienten sollte die Hilfsfrist von 8 min zwischen „Notrufeingang“ und „Ankunft der ersten organisierten Helfer, die ausgebildet und ausgestattet sind, um eine effektive Herz-Lungen-Wiederbelebung unverzüglich und selbständig zu beginnen“, in der Regel in 80% der Fälle eingehalten werden. Der Notarzt sollte spätestens 4 min nach Beginn der ersten rettungsdienstlichen Maßnahmen am Einsatzort aktiv werden. Hilfsfrist und Erreichungsgrad sollen deshalb erfasst und von den Aufsichtsbehörden kontrolliert werden. Prozessqualität Leitstelle Der Leitstelle kommt eine lebensentscheidende Rolle bei der Versorgung von Patienten mit einem Herz-Kreislaufstillstand zu. Die Notrufabfrage soll standardisiert erfolgen, um den Herz-Kreislaufstillstand sicher erkennen, Notarzt und Rettungsdienst schnell alarmieren und umgehend eine „Telefonreanimation“ mit dem Ersthelfer beginnen zu können [9-11]. Die Telefonreanimation soll entsprechend hinterlegter Protokolle erfolgen. Ein Qualitätsmanagement dieser Prozesse soll erfolgen. Diagnostik und Therapie durch Notarzt und Rettungsdienst Die initiale Diagnostik beim Herz-Kreislaufstillstand folgt den aktuellen ERCLeitlinien [5, 12, 13]. Neben der Feststellung des Kreislauf-Stillstandes anhand von Bewusstlosigkeit und fehlender oder nicht normaler Atmung folgt die Differenzierung in defibrillierbare (Kammerflimmern/pulslose ventrikuläre Tachykardie (VF/pVT)) und nicht defibrillierbare Rhythmen (Asystolie/pulslose elektrische Aktivität (PEA)). Während der Reanimation sollen EKG, Sauerstoffsättigung und Kapnographie kontinuierlich erfasst werden. Die Ableitung eines 12-Kanal EKGs nach Wiederherstellung eines Eigenkreislaufes (ROSC) zur Erkennung eines ST-Hebungsinfarktes soll durchgeführt werden. Die Übertragung des EKGs in das Zielkrankenhaus kann regional sinnvoll sein. Die Therapie des Herz-Kreislaufstillstands folgt den aktuellen ERC-Leitlinien [5, 12, 13]. Die wichtigste Basismaßnahme ist die Durchführung von optimierten Thoraxkompressionen. Parallel wird die Oxygenierung durch Ventilation sichergestellt. Als Goldstandard gilt weiter die endotracheale Intubation, wenn der Anwender entsprechend trainiert ist. Unterbrechungen der Thoraxkompressionen sollen auf jeden Fall minimiert werden. Ein Gefäßzugang soll umgehend etabliert werden (iv oder intraossär). Adrenalin zur Steigerung der myokardialen Reperfusion wird bei Asystolie/PEA früher eingesetzt als bei VF/pVT. Amiodaron ist indiziert bei persistierendem VF/pVT. Parallel zu den Basis- und erweiterten Maßnahmen der Reanimation erfolgt nach notärztlicher Diagnose die Therapie der reversiblen Ursachen. Dies soll, je nach Ursache, das Atemwegsmanagement bei Hypoxie, die Elektrolytsubstitution, die Volumentherapie, die Entlastung einer Herz-Beutel-Tamponade oder eines Spannungspneumothorax, die Antidot-Therapie oder die thrombolytische Therapie sein. Nach Wiederherstellung eines Spontankreislaufs (ROSC) soll der Notarzt unmittelbar mit der Post-Reanimationstherapie beginnen. Hierzu zählen hämodynamische Optimierung mit einer bedarfsgerechten Flüssigkeits- und Katecholamintherapie, das Temperaturmanagement und ggf. eine Analgosedierung und Narkose. Ein automatisches Thoraxkompressions-System sollte beim Transport unter laufender Reanimation und bei prolongierter Reanimation insbesondere bei reversiblen Ursachen verwendet werden [14]. Hingegen zeigen aktuelle Studien keinen Vorteil dieser Systeme für einen routinemäßigen Einsatz im Vergleich mit guter manueller Thoraxkompression [15-18]. Einsatztaktik und Zeitmanagement Beim Herz-Kreislaufstillstand ist das therapiefreie Intervall nach Kollaps die entscheidende Determinante für die Überlebenswahrscheinlichkeit und die Überlebensqualität. Der Notarzt- und Rettungsdienst soll dieses Intervall durch die Telefonreanimation und kurze Hilfsfristen verkürzen. Die Leitstelle soll den Herz-Kreislaufstillstand sicher erkennen und den Anrufer/Laien zur Telefonreanimation anleiten. Das Krankenhaus sollte spätestens 60 Minuten nach dem ersten medizinischen Kontakt erreicht werden, um die Kausaltherapie des möglicherweise zugrundeliegenden Herzinfarktes nach spätestens 90 Minuten beginnen zu können. Ein Transport unter fortlaufender CPR kann in seltenen Fällen indiziert sein, wenn die geeignete Kausaltherapie im Krankenhaus das Leben des Patienten retten kann. Zu diesem Transport sollten Thoraxkompressions-Systeme verwendet werden. Die Auswahl des Transportmittels erfolgt anhand der vermuteten Transportzeit. Geeignetes Krankenhaus Nach primär erfolgreicher Reanimation sollte die Weiterversorgung der Patienten im nächsten geeigneten Krankenhaus erfolgen, welches unmittelbar und jederzeit über die Möglichkeit zur kardiologischen Katheter-Intervention, CT-Untersuchung, therapeutischen Hypothermie/zielgerichtetem Temperaturmanagement und zur standardisierten Intensivtherapie verfügt [19, 20]. Ein derart spezialisiertes Krankenhaus könnte zukünftig die Bezeichnung Cardiac-Arrest-Center erhalten. Klinische Erstversorgung In der geeigneten Klinik soll eine standardisierte Post-Reanimationsbehandlung inklusive des Temperaturmanagements durchgeführt werden [21, 22]. Für reanimierte Patienten mit akutem ST-Hebungsinfarkt (STEMI) oder Trauma sollen Ablaufprotokolle verwendet werden. Bei reanimierten Patienten besteht bei Vorliegen eines Myokardinfarktes die Möglichkeit zur Kausaltherapie. Ein großer Teil der reanimierten Patienten mit akutem Myokardinfarkt befindet sich bei Eintreffen im Krankenhaus im kardiogenen Schock. Generell sollte bei Patienten mit STEMI eine zeitnahe Wiedereröffnung des verschlossenen Kranzgefäßes durchgeführt werden, um die Prognose entscheidend zu verbessern [23, 24]. Hierfür ist ein strukturierter Ablauf erforderlich mit dem Ziel der Direktübergabe der Patienten im Katheterlabor. Entscheidend dabei sind die frühe Diagnosestellung durch den Notarzt mittels 12-Kanal-EKG bereits unmittelbar nach ROSC und eine sofortige Infarktankündigung in der Zielklinik. Entsprechend der Empfehlungen bei STEMI Patienten sollen auch CPR-Patienten innerhalb von 90 bis 120 Minuten nach rettungsdienstlichem Erstkontakt im Herzkatheterlabor [25] behandelt werden. Hierfür sollen verbindliche Netzwerkstrukturen - analog der Trauma-Netzwerke – entwickelt und zertifiziert werden. Instrumente des Qualitätsmanagements Die Behandlungsergebnisse nach „plötzlichem Kreislaufstillstand“ können durch den Notarztund Rettungsdienst nur durch ein umfassendes Qualitätsmanagement nachhaltig verbessert werden. Zu diesem Zweck sollen der gesamte Prozess und die Überlebensraten - beginnend mit der Leitstelle bis zur Versorgung in der Zielklinik - dokumentiert und allen Beteiligten kontinuierlich transparent dargestellt werden [26]. Als etabliertes Instrument zur Qualitätssicherung für die Reanimationsbehandlung steht das Deutsche Reanimationsregister zur Verfügung [26, 27]. Innerhalb der Teilnehmer des Deutschen Reanimationsregisters haben sich Netzwerke zur Qualitätssicherung und Versorgungsforschung gebildet, in denen die eigenen Ergebnisse mit anderen verglichen werden können. Kennzahlen zur Stärken- und Schwächenanalyse des Notarzt- und Rettungsdienstes stehen mit Prozesszeiten, Maßnahmenkatalogen und differenzierter Darstellung der Ergebnisqualität zum Selbst- oder Fremdaudit zur Verfügung [6, 26, 28]. Für eine bessere Patientenversorgung sollte die Teilnahme z. B. am Deutschen Reanimationsregister für Rettungs- und Notarztdienste verpflichtend werden. Darüber hinaus sollten Echtzeit-Feedbacksysteme verwendet werden, da diese Geräte im realen Einsatzfall helfen, Kompressionsfrequenz und Drucktiefe zu optimieren [29]. Feedbacksysteme reduzieren die No-Flow-Zeit und können die Überlebensraten steigern. Im Sinne eines Debriefings sollen diese Einsatzdaten auch für nachfolgende Teambesprechungen genutzt werden [29-31]. Um 10.000 Leben in Deutschland nach „plötzlichem Kreislaufstillstand“ retten zu können, wurden in den Bad Boller Reanimationsgesprächen folgende Ziele definiert [4, 32, 33]: 1. Hilfsfristerreichung 1 von >80% innerhalb von 8 Minuten, 2. Inzidenz von begonnenen Reanimationsmaßnahmen von >80 pro 100.000 Einwohner und Jahr, 3. ROSC Rate / RACA 2-ROSC Verhältnis >1, 4. Klinikaufnahmerate >50%, 5. Klinikentlassungsrate mit gutem neurologischen Ergebnis >16%, 6. Entlassungsinzidenz von >10 Patienten/100.000 Einwohner/Jahr, 7. Erkennungsrate eines Kreislaufstillstandes in den Leitstellen bei >90%, 8. Notarztnachforderungsquote 3 <10%, 9. Anteil der Telefon-CPR bei Herz-Kreislaufstillstand >80%. 1 siehe Glossar RACA: ROSC after cardiac arrest, Score zum Benchmarking der Ergebnisqualität nach präklinischer Reanimation 3 Anteil der Nachforderungen eines Notarztes an allen Einsätzen ohne ursprüngliche Notarztbeteiligung 2 Diese Ziele sind als herausfordernd, aber realisierbar zu klassifizieren, da sie in den besten Notarzt- und Rettungsdiensten in Deutschland schon heute erreicht werden. Literatur 1. Arntz, H.R., et al., Diurnal, weekly and seasonal variation of sudden death. Population-based analysis of 24,061 consecutive cases. European heart journal, 2000. 21(4): p. 315-20. 2. Fischer, M., N.J. Fischer, and J. Schuttler, One-year survival after out-of-hospital cardiac arrest in Bonn city: outcome report according to the 'Utstein style'. Resuscitation, 1997. 33(3): p. 233-43. 3. Berdowski, J., et al., Global incidences of out-of-hospital cardiac arrest and survival rates: Systematic review of 67 prospective studies. Resuscitation, 2010. 81(11): p. 1479-87. 4. Neukamm, J., et al., The impact of response time reliability on CPR incidence and resuscitation success: a benchmark study from the German Resuscitation Registry. Crit Care, 2011. 15(6): p. R282. 5. Monsieurs, K.G., et al., European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2015: Section 1. Executive summary. Resuscitation, 2015. 95: p. 1-80. 6. Gräsner, J., et al., Einfluss der Basisreanimationsmaßnahmen durch Laien auf das Überleben nach plötzlichem Herztod. Notfall Rettungsmed, 2012. 15(7): p. 593-599. 7. Hossfeld B, L.D., Szepannek M, Seewald S, Müller M, Wnent J, Geldner G, Werner C, Friedrich K, Hackstein A, Bohn A, Beckers SK, Braun J, Leben retten ist cool These 2 – Die Wiederbelebung durch Laien muss eine Selbstverständlichkeit sein. Notfall Rettungsmed, 2014. 17: p. 319-320. 8. Ahnefeld, F.W., Grundlagen und Grundsätze zur Weiterentwicklung der Rettungsdienste und der notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland. Anästhesiologie & Intensivmedizin, 1998. 39(5): p. 255-261. 9. Berdowski, J., et al., Importance of the first link: description and recognition of an out-of-hospital cardiac arrest in an emergency call. Circulation, 2009. 119(15): p. 2096-102. 10. Hackstein A, v.K.F., Beckers SK, Bohn A, Gliwitzky B, Hossfeld B, Kanz KG, Kreimeier U, Lemke H, Lohs T, Prückner S, Marung H, Die Leitstelle beeinflusst den Ausgang der Wiederbelebung entscheidend These 9 – Die telefonische Anleitung zur Wiederbelebung muss flächendeckend verfügbar sein. Notfall Rettungsmed, 2014. 17: p. 333-335. 11. Hardeland, C., et al., Comparison of Medical Priority Dispatch (MPD) and Criteria Based Dispatch (CBD) relating to cardiac arrest calls. Resuscitation, 2014. 85(5): p. 612-6. 12. Soar, J., et al., European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2015: Section 3. Adult advanced life support. Resuscitation, 2015. 95: p. 100-47. 13. Perkins, G.D., et al., European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2015: Section 2. Adult basic life support and automated external defibrillation. Resuscitation, 2015. 95: p. 81-99. 14. Fischer, M., et al., Mechanische Reanimationshilfen. Der Anaesthesist, 2014. 63(3): p. 186-97. 15. Perkins, G.D., et al., Mechanical versus manual chest compression for out-of-hospital cardiac arrest (PARAMEDIC): a pragmatic, cluster randomised controlled trial. The Lancet, 2014. 16. Rubertsson, S., et al., Mechanical chest compressions and simultaneous defibrillation vs conventional cardiopulmonary resuscitation in out-of-hospital cardiac arrest: the LINC randomized trial. Jama, 2014. 311(1): p. 53-61. 17. Smekal, D., et al., CPR-related injuries after manual or mechanical chest compressions with the LUCAS device: A multicentre study of victims after unsuccessful resuscitation. Resuscitation, 2014. 18. Wik, L., et al., Manual vs. integrated automatic load-distributing band CPR with equal survival after out of hospital cardiac arrest. The randomized CIRC trial. Resuscitation, 2014. 19. Kill, C., et al., Die spezialisierte Krankenhausbehandlung nach erfolgreicher Wiederbelebung ist überlebenswichtig. These 8 - Diese Patienten müssen in spezialisierten Krankenhäusern (Cardiac-ArrestZentren) behandelt werden. Notfall + Rettungsmedizin, 2014. 17(4): p. 331–332. 20. Nolan, J.P., et al., European Resuscitation Council and European Society of Intensive Care Medicine Guidelines for Post-resuscitation Care 2015: Section 5 of the European Resuscitation Council Guidelines for Resuscitation 2015. Resuscitation, 2015. 95: p. 202-22. 21. Fischer, M., Die Postreanimationsbehandlung (Post Resuscitation Care), in Reanimation - Empfehlungen für die Wiederbelebung, Bundesärztekammer, Editor. 2011, Deutscher Ärzte-Verlag: Köln. p. 159-173. 22. Tomte, O., et al., Strong and weak aspects of an established post-resuscitation treatment protocol-A five-year observational study. Resuscitation, 2011. 82(9): p. 1186-93. 23. Scholz, K.H., et al., Reduction in treatment times through formalized data feedback: results from a prospective multicenter study of ST-segment elevation myocardial infarction. 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Lukas, R.P., et al., Chest compression quality management and return of spontaneous circulation: a matched-pair registry study. Resuscitation, 2012. 83(10): p. 1212-8. 30. Couper, K., et al., Debriefing to improve outcomes from critical illness: a systematic review and metaanalysis. Intensive care medicine, 2013. 39(9): p. 1513-23. 31. Wolfe, H., et al., Interdisciplinary ICU cardiac arrest debriefing improves survival outcomes*. Critical care medicine, 2014. 42(7): p. 1688-95. 32. Gräsner, J., et al., Optimierung der Reanimationsversorgung in Deutschland Bad Boller – Reanimationsgespräche 2014 – 10 Thesen für 10.000 Leben. Notfall Rettungsmed, 2014. 17: p. 314–316. 33. Messelken, M., et al., Ohne Daten kein messbarer Fortschritt. These 6 – Jede Wiederbelebung muss im Deutschen Reanimationsregister vollständig erfasst werden. Notfall Rettungsmed, 2014. 17: p. 327-328. Anhang zum Eckpunktepapier 2016 Pädiatrische Aspekte Tracerdiagnosen bei der präklinischen Versorgung der T. Nicolai1), F. Hoffmann1), M. Fischer2,3,*), E. Kehrberger2,4,*), H. Marung5,6,*), Hp. Moecke(†)6,*), S. Prückner7,*), H. Trentzsch7,*), B. Urban7,*) und Fachexperten der Eckpunktepapier- Konsensus-Gruppe 1) Kinderintensivstation, Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, Klinikum der Universität München, LudwigMaximilians-Universität, München 2) Arbeitsgemeinschaft Südwestdeutscher Notärzte e.V. (agswn), Filderstadt 3) Klinik für Anästhesiologie, Operative Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie, Klinik am Eichert, Göppingen 4) Klinik für Anästhesiologie und operative Esslingen – Paracelsus-Krankenhaus, Ruit Intensivmedizin, Kreiskliniken 5) Institut für Rettungs- und Notfallmedizin, Universitätsklinikum SchleswigHolstein, Campus Kiel, Kiel 6) Institut für Notfallmedizin (IfN), Asklepios Klinikum Harburg, Hamburg 7) Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), Klinikum der Universität München, Ludwig-Maximilians-Universität, München *) Core Group, in alphabetischer Reihenfolge Vorbemerkung: Diese Anlage zum Eckpunktepapier 2016 ist eine inhaltliche Ergänzung zu den bisher im Eckpunktepapier berücksichtigten Notfällen Schädelhirntrauma, Schlaganfall, Schwerverletzte/Polytrauma, Sepsis, ST-Hebungsinfarkt und Reanimation bei plötzlichem Kreislaufstillstand. Sie enthält ergänzende Anmerkungen aus kinder-notfallmedizinischer Sicht und komplettiert so die Empfehlungen des Eckpunktepapiers für alle Altersgruppen der Bevölkerung einschließlich Kinder im Alter 0 bis 14 Jahre. Die Versorgung von Geburten und Neugeborenen ist nicht Gegenstand dieser Pathways. Schädelhirntrauma Die Empfehlung zum Schädelhirntrauma (SHT) steht in enger Beziehung zur Empfehlung für schwerverletzte Kinder. Für die prähospitale Versorgung ergeben sich daher keine anderslautenden Empfehlungen. Das SHT steht von der Häufigkeit der Verletzungen bei Kindern noch weiter im Vordergrund als beim Erwachsenen und bestimmt maßgeblich die Mortalität und Morbidität. Eine sofortige Bildgebung mittels CT (in Zukunft evtl. alternativ MRT) ist bei entsprechender klinischer Symptomatik sofort notwendig. Daher soll bei der Bestimmung der Transportwege immer ein Krankenhaus mit der Möglichkeit zur sofortigen Intervention beim Kind (Verlaufs-CCT, Trepanation, evtl. Anlage Hirndrucksonde) erfolgen. Um bei bestimmten, weniger schweren Fällen keine zu häufigen CT-Indikationen zu stellen und dadurch unnötige Strahlendosen einzusparen, sollen die PECARN-Kriterien zur Indikationsstellung herangezogen werden [1, 2]. Sollte eine Primärversorgung in einem Haus ohne Kinderklinik erfolgen, so muss eine vorher etablierte Verfahrensweise zur Weiterverlegung an eine Kinderabteilung oder Kinderklinik mit Kinderchirurgie und Kinderintensivstation bestehen. „Pediatric Stroke“ – Schlaganfall im Kindesalter Im Vergleich zu den Erwachsenen ist der kindliche Schlaganfall deutlich seltener, in Deutschland sind pro Jahr ca. 300-500 Kinder betroffen. Aktuelle Studien zeigen, dass nicht jeder kindlicher Schlaganfall sofort als solcher erkannt und behandelt wird. Weniger als 10% der Kinder werden innerhalb von 3h versorgt und bei 50% der Kinder wird der Schlaganfall primär nicht als solcher erkannt [3]. Der Schlaganfall beim Kind ist jedoch in der Ätiologie sehr verschieden vom Erwachsenen-Schlaganfall. Die Vielzahl an kinderspezifischen Differentialdiagnosen erfordert zeitnahe standardisierte Diagnostik und Therapie im interdisziplinären Team aus Kinderneurologen, Kinderintensivmediziner, Kinderhämostaseologen und Kinder-Neuroradiologen. Die Symptomatik ist ähnlich wie bei Erwachsenen: Hemiparese, Aphasie, Krampfanfälle, Visusstörungen, Bewusstseinsstörung usw. Diagnostik und Therapie durch den Rettungsdienst/Notarzt unterscheiden sich nicht vom Erwachsenen. Auch im Kindesalter bestimmt wie im Erwachsenenalter Versorgung des akuten Schlaganfalls das Outcome. die frühzeitige Bei der präklinischen Versorgung des kindlichen Schlaganfalls heißt Ziel der präklinischen Einsatztaktik und des Zeitmanagements je schneller desto besser. Daher sollen Patienten so schnell wie möglich in die Pediatric Stroke Unit oder eine Kinderklinik mit dienstbereitem Kinderneurologen und Computertomographie transportiert werden. Schwerverletzte/Polytrauma Verletzungen zählen seit Jahren zu den häufigsten Einweisungsanlässen bei Kindern und Jugendlichen. Im Jahr 2010 mussten rund 196.000 Kinder unter 15 Jahren wegen einer Verletzung im Krankenhaus behandelt werden. Ab dem Alter von einem Lebensjahr sind Verletzungen die häufigste Todesursache bei Kindern und Jugendlichen. Im Jahr 2010 starben hieran insgesamt 1.003 Kinder und Jugendliche, darunter 347 Kinder (unter 15 Jahren) und 656 Jugendliche (15 – 19 Jahre) [4]. Die S3-Leitlinie Polytrauma/Schwerverletztenversorgung [5] enthält keine kinderspezifischen Empfehlungen für Diagnostik und Therapie im Rahmen der prähospitalen oder frühklinischen Beurteilung und Therapie. Die Primärversorgung erfolgt nach denselben diagnostischen und therapeutischen Leitlinien wie bei Erwachsenen [6]. Es ist aber unklar, ob das Zeitmanagement der prähospitalen Versorgung für Kinder angepasst werden sollte [7, 8]. Ein geeignetes Krankenhaus ist z.B. ein zertifiziertes Traumazentrum gemäß den Kriterien der DGU. Das Weißbuch 2012 der Gesellschaft für Unfallchirurgie enthält eine Stellungnahme bezüglich Ausstattungsempfehlung zur Schockraumversorgung von Kindern, die implementiert werden sollte [9]. Bei der Auswahl des Zielkrankenhauses sollten Häuser mit ausgewiesener kindertraumatologischer Kompetenz oder einer eigenen Abteilung für Kinderchirurgie bevorzugt werden. Erfolgt die Therapie in einer interdisziplinären Notaufnahme in einem Krankenhaus ohne Kinderklinik, so muss eine vorher etablierte Verfahrensweise zur Weiterverlegung an eine Kinderabteilung oder Kinderklinik mit Kinderchirurgie und Kinderintensivstation bestehen. Wie auch beim Erwachsenen wird sich die frühklinische Versorgung am Verletzungsmuster und an den einschlägigen Empfehlungen zur Traumaversorgung orientieren. Die Durchführung einer Ganzkörpercomputertomographie ist bei Säuglingen und Kleinkindern im Vergleich zu Erwachsenen weniger häufig indiziert und muss individuell bei jedem Patienten in Abwägung von Strahlenbelastung und Notwendigkeit abgewogen werden. Anders als beim Erwachsenen sollte eine routinemäßige Traumaspirale keinesfalls einfach unkritisch bei jedem Kind durchgeführt werden. Die CTDiagnostik muss jeweils individuell gestellt werden. Bei vitaler Indikation darf jedoch eine radiologische Diagnostik nicht hinausgezögert werden, vor allem, wenn von der Bildgebung eine Managemententscheidung abhängig ist. Die Ultraschalldiagnostik insbesondere des Abdomens ist von besonderer Bedeutung, da im Kleinkindes- und Säuglingsalter eine Entscheidung zur konservativen Therapie initial z.B. bei V. a. Milzruptur manchmal auch ohne CT-Diagnostik erfolgen kann. Sepsis Als besonders relevantes Krankheitsbild in der präklinischen Situation tritt bei Kindern und Jugendlichen die Meningokokken-Sepsis auf. Bei der Diagnostik steht neben den üblichen Sepsiskriterien insbesondere die Kreislaufbeurteilung präferenziell durch die Bewertung der Kapillarfüllungszeit im Vordergrund. Diese sollte am Stamm oder über der Stirn bestimmt werden und normwertig nicht mehr als 2 Sek. betragen. Bei Vorliegen einer Sepsis ist diese auf 3 Sek. oder mehr verlängert und stellt eine spezifische und frühe Untersuchungsmethode dar. Der arterielle Blutdruck und der Schockindex sind präklinisch nicht geeignet. Selbst bei Vorliegen eines normalen Blutdrucks ist eine Sepsis im Kindesalter keineswegs ausgeschlossen. Das häufig vorliegende typische Exanthem mit Petechien und Hautblutungen bei Meningokokken-Sepsis muss am entkleideten Patienten gesucht werden. Essentiell zur Frühbehandlung der Sepsis ist die hochdosierte Volumenzufuhr. Gelingt beim Kind im Schock ein entsprechend dimensionierter venöser Zugang nicht innerhalb von einer Minute, ist nach ERC-Leitlinien beim lebensbedrohlich erkrankten Kind sofort ein intraossärer Zugang indiziert [10]. Die Volumenzufuhr muss in wenigen Minuten gewichtsangepasst als repetitive Bolusgabe erfolgen. Zielparameter ist unter anderem eine Normalisierung der Kapillarfüllungszeit. Hierbei werden in den ersten 15 min. der Versorgung 3 x 20ml/kg einer kristalloiden isotonen Lösung infundiert [11]. Diese Flüssigkeitsmengen können nur durch spritzenweise Applikation „aus der Hand“ erreicht werden. Eine präklinische Antibiotikagabe sollte nur bei langen Transportzeiten erwogen werden und darf keinesfalls zu Einschränkungen der Stabilisierung der Kreislauffunktion durch die Volumengabe führen. Da eine präklinische Blutentnahme beim Kind im Schock eine große Herausforderung darstellt, sollte auf die Entnahme einer Blutkultur verzichtet werden. Ggf. kann durch das aufnehmende Krankenhaus trotz bereits begonnener Antibiotikatherapie die Erregeridentifikation mittels Eu-Bakterien-PCR-Untersuchung durchgeführt werden. ST- Hebungs-Infarkt Dieses Krankheitsbild kommt im Kindesalter praktisch nicht vor. Ausgenommen sind Patienten mit angeborenen oder erworbenen Koronaranomalien, z.B. mit Anamnese eines Kawasaki Syndroms (sehr selten =antibiotikaresistentes Fieber, Exanthem, Konjunktivitis, cervikale Lymphadenopathie, kann zu Beteiligung der Koronararterien führen im Sinne einer Vaskulitis oder Aneurysmen). Meist (75%) tritt der Infarkt im 1. Jahr nach dem Kawasaki Syndrom auf, die Symptome sind atypisch und die Diagnose oft verzögert. Die Diagnostik unterscheidet sich nicht wesentlich vom Erwachsenenalter, zur Therapie gibt es keine Studien. Empfohlen werden jedoch initial ähnliche Maßnahmen wie beim Erwachsenen, einschließlich der Antikoagulation (Aspirin 3-5mg/kg, evtl. rtPA 0,6-1mg/kg/Std für 1 Stunde dann 0,12mg/kg/Std. für 6 Stunden + Heparin (60I.E./kg, dann 12I.E./kg/Std.)). Die Therapie sollte von einem Kinderkardiologen gesteuert werden und ist wegen der Blutungsgefahr komplex. Katheterinterventionen scheinen wenig erfolgreich zu sein [12]. Reanimation bei plötzlichem Kreislaufstillstand Die Therapie erfolgt nach den Empfehlungen der ERC-Leitlinien zur Reanimation im Kindesalter [10]. Inhaltliche Unterschiede ergeben sich aus dem Umstand, dass kindliche Herzkreislaufstillstände vornehmlich auf respiratorische Ursachen zurückzuführen sind und dass es sich bei den in diesem Zusammenhang vorherrschend beobachteten Rhythmusstörungen eher um Asystolien statt Kammerflimmern handelt. Im Vordergrund steht im Gegensatz zum Erwachsenen die große Bedeutung der Atemspende. Eine Chest-compression-only-Strategie kann nicht umgesetzt werden. Das zur Beherrschung der Kinderreanimation notwendige Material muss auf allen Rettungsmitteln vorgehalten werden. Eine therapeutische Hypothermie nach Reanimation mit persistentem Koma ist jenseits der Neugeborenen Periode bei Kindern bisher nicht wissenschaftlich untermauert. Daher erfordert die Entscheidung zu einer eventuellen Anwendung besondere klinische kinderintensivmedizinische Erfahrung und eine Einwilligung als Therapieversuch. Die Weiterversorgung sollte auf einer Kinderintensivstation mit Expertise in der Postreanimationsbehandlung erfolgen sowie die Möglichkeit eines CCT bei V. a. hypoxisches Hirnödem beinhalten. Literatur 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. Kuppermann, N., et al., Identification of children at very low risk of clinically‐important brain injuries after head trauma: a prospective cohort study. Lancet, 2009. 374(9696): p. 1160‐70. 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Dichgans Prof. Dr. med. Martin Dichgans Direktor Institut für Schlaganfall- und Demenzforschung (ISD) Klinikum der Universität München Ludwig-Maximilians-Universität Feodor-Lynen-Straße 17 81377 München M. Fischer Prof. Dr. med. Matthias Fischer 1. Vorsitzender Notärzte e.V. Arbeitsgemeinschaft agswn e.V. Geschäftsstelle Rita-Maiburg-Straße 2 Südwestdeutscher 70794 Filderstadt und Chefarzt Klinik für Anästhesiologie, Operative Notfallmedizin und Schmerztherapie Intensivmedizin, Klinik am Eichert Eichertstr. 3 73035 Göppingen S. Flohé Prof. Dr. med. Sascha Flohé Chefarzt Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Handchirurgie Städtisches Klinikum Solingen gemeinnützige GmbH Gotenstraße 1 42653 Solingen J.T. Gräsner Priv.-Doz. Dr. med. Jan-Thorsten Gräsner Direktor Institut für Rettungs- und Notfallmedizin Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel Arnold-Heller-Str. 3 24105 Kiel F. Hoffmann PD Dr. med. Florian Hoffmann Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Klinikum der Universität München Ludwig-Maximilians-Universität Lindwurmstr. 4 80337 München R. Hoffmann Prof. Dr. med. Reinhard Hoffmann Ärztlicher Direktor Chefarzt Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie BG Unfallklinik Frankfurt am Main gGmbH Friedberger Landstraße 430 60389 Frankfurt am Main E. Kehrberger Dr. med. Eduard Kehrberger Stellvertretender Vorsitzender Südwestdeutscher Notärzte e.V. agswn e.V. Arbeitsgemeinschaft Geschäftsstelle Rita-Maiburg-Straße 2 70794 Filderstadt und Ltd. Oberarzt Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin, Kreiskliniken Esslingen – Paracelsus-Krankenhaus, Ruit Hedelfinger Straße 166 73760 Ostfildern H. Marung Dr. med. med. Hartwig Marung Oberarzt und Leiter Bereich Qualitätsmanagement Institut für Rettungs- und Notfallmedizin Universitätsklinikum 3 Schleswig-HolsteinArnold-Heller-Str. 24105 Kiel bis August 2015: Asklepios Kliniken Hamburg Institut für Notfallmedizin (IfN) c/o Eißendorfer Pferdeweg 52, Haus 2 b 21075 Hamburg G. Matthes Prof. Dr. med. Gerrit Matthes Oberarzt Klinik für Unfallchirurgie und Orthopädie Unfallkrankenhaus Berlin Warenerstr. 7 12683 Berlin und Universitätsmedizin Greifswald Klinik und Poliklinik für Chirurgie Abteilung für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie Ferdinand-Sauerbruch-Str. 17475 Greifswald U.M. Mauer Prof. Dr. med. U. M. Mauer Leitender Oberarzt, OFA Abt. Neurochirurgie Bundeswehrkrankenhaus Ulm 89081 Ulm Hp. Moecke (†) Prof. Dr. med. Heinzpeter Moecke Konzernbereich Medizin &Wissenschaft Asklepios Kliniken GmbH Leiter des Instituts für Notfallmedizin Hamburg T. Nicolai Prof. Dr. med. Thomas Nicolai Leitender Oberarzt Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital Klinikum der Universität München Ludwig-Maximilians-Universität Lindwurmstr. 4 80337 München T. Paffrath Dr. med. Thomas Paffrath Ltd. Oberarzt der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie & Sporttraumatologie Lehrstuhl für Unfallchirurgie & Orthopädie Klinikum der Privaten Universität Witten/Herdecke Ostmerheimer Str. 200 51109 Köln S. Prückner Dr. med. Stephan Prückner Geschäftsführender Direktor Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement – INM Klinikum der Universität München Ludwig-Maximilians-Universität Schillerstr. 53 80336 München J. Röther Prof. Dr. med. Joachim Röther Chefarzt Neurologische Abteilung mit überregionaler Stroke Unit, Neurophysiologie und Neurologischer Intensivmedizin Asklepios Klinik Altona Paul-Ehrlich-Straße 1 22763 Hamburg K. H. Scholz Prof. Dr. med. Karl Heinrich Scholz Chefarzt Klinik für Kardiologie und Internistische Intensivmedizin Medizinische Klinik I St. Bernward Krankenhaus GmbH Treibestraße 9 31134 Hildesheim U. Schweigkofler Dr. med. Uwe Schweigkofler Leitender Arzt des Notfall- und Rettungszentrums Geschäftsführender Oberarzt Unfallchirurgie und Orthopädische Chirurgie BG Unfallklinik Frankfurt am Main gGmbH Friedberger Landstraße 430 60389 Frankfurt am Main H. Trentzsch Dr. med. Heiko Trentzsch Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement – INM Klinikum der Universität München Ludwig-Maximilians-Universität Schillerstr. 53 80336 München B. Urban Dr. med. Bert Urban Institut für Notfallmedizin und Medizinmanagement – INM Klinikum der Universität München Ludwig-Maximilians-Universität Schillerstr. 53 80336 München C. Wölfl Priv. Doz. Dr. med. habil Christoph G. Wölfl Chefarzt Klinik für Orthopädie, Sporttraumatologie Krankenhaus Hetzelstift Stiftstraße 10 67434 Neustadt/Weinstraße Unfallchirurgie und