MAT 701 Topologie / Geometrie Prof. Dr. Anna Beliakova Prof. Dr. Viktor Schroeder Mitschrift der Vorlesung im HS11 von Markus Neumann Inhaltsverzeichnis I Topologie 3 1 Topologie der Teilmengen des Rn 4 1.1 Oene und abgeschlossene Mengen . . . . . . . . . . . . . . . 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 1.1.1 Oene Mengen 1.1.2 Relativ oene Mengen 1.1.3 Abgeschlossene Mengen 1.1.4 Relativ abgeschlossene Mengen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 . . . . . . . . . . . . . 1.2 Stetige Abbildungen 1.3 Homöomorphismus und Quotientenabbildung 1.4 1.5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 10 10 1.3.1 Homöomorphismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 1.3.2 Partition und Quotientenabbildung . . . . . . . . . . . 11 Zusammenhängende Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Kompaktheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Topologische Flächen 2.1 8 15 19 Nützliche Ergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . n Flächen in R . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 2.2.2 . . . . . . . . 23 Konstruktion von Flächen durch Kleben 19 2.3 Intrinsische Eigenschaften von Flächen . . . . . . . . . . . . . 32 2.4 Klassikation von kompakten Flächen . . . . . . . . . . . . . . 33 3 Simpliziale Flächen 41 3.1 Simplexe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.2 Simplizialkomplexe 45 3.2.1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 3.3 Simpliziale Flächen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unterteilungen: 50 3.4 Euler Charakteristik 52 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 4 Beweis des Hauptsatzes 4.1 53 Flächen mit Rand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 Gauss-Bonnet / Brouwer 58 59 5.1 Simpliziale Krümmung und simplizialer Gauss-Bonnet Satz . . 59 5.2 Brouwer Fixpunktsatz 60 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Teil I Topologie 3 Kapitel 1 Topologie der Teilmengen des Rn Der Begri Topologie stammt aus dem Griechischen (topos = Ort, logos = Lehre) und bezeichnet die Wissenschaft über den Raum. In der Geometrie sind zwei Objekte äquivalent, falls sie kongruent sind. So sind z.B. zwei Dreiecke äquivalent, falls man sie aus Papier ausschneiden und aufeinander legen kann und sie punktweise übereinstimmen. In der Topologie betrachtet man Objekte bis auf eine andere Äquivalenzrelation, gegeben durch stetige Deformation. Man kann sich die Objekte als Gummimasse vorstellen, welche man ziehen, stauchen, verbiegen und drehen kann, (nur nicht zerschneiden), und wenn nach all diesen Deformationen zwei Objekte übereinstimmen, so sind sie topologisch äquivalent. Wir befassen uns Abbildung 1.1: Kreis und Quadrat sind äquivalent in der Topologie mit wesentlichen Eigenschaften eines Raumes. Topologie entstand im 19. Jahrhundert aus der Analysis und den Dierentialgleichungen. Das Problem: Den Lösungsraum einer Dierentialgleichung verstehen. Zum Beispiel: • Kann man durch Deformation von einer Lösung zu jeder anderen gelangen? 4 • Ist der Lösungsraum zusammenhängend, kompakt, oen oder abgeschlossen? 1.1 Oene und abgeschlossene Mengen Beispiel n = 1: (a, b) = {x ∈ R | a < x < b} oenes Intervall [a, b] = {x ∈ R | a ≤ x ≤ b} abgeschlossenes Intervall 1.1.1 Oene Mengen Denition 1.1. p ∈ Rn , r > 0. Or (p, Rn ) = Or (p) = {x ∈ Rn | ||x − p|| < r} heisst oener Ball mit Zentrum p und Radius r. Or (p, Rn ) = Or (p) = {x ∈ Rn | ||x − p|| ≤ r} heisst abgeschlossener Ball. Denition 1.2. Sei Eine Teilmenge A ⊂ Rn ist oen ⇔ ∀p ∈ A ∃ > 0 : O (p) ⊂ A Beispiel • Rn ist oen in Radius r Rn . (Für jeden Punkt nehmen und R2 , Or (p) p∈R kann man einen beliebigen n liegt immernoch in R ) x ∈ R in R2 durch (x, 0) identiziert wird und daher ist für jeden Radius r Or ((x, 0)) keine Teilmenge von R,, da (x + r, r) ∈ / R. • R ist nicht oen in • ∅ ist oen, da keine Punkte enthalten sind und damit die Aussage da jeder Punkt immer wahr ist. Lemma 1.1. Beweis. Ein oener Ball ist oen. x ∈ Rn und 0 < r ∈ R beliebig. n Wir betrachten Or (x) ⊂ R . Zu Zeigen: ∀y ∈ Or (x)∃ > 0 : O (y) ⊂ Or (x). Sei < r − ||y − x||. Dann gilt: ∀z ∈ O (y) : Seien 5 ||z − x|| ≤ ||z − y|| + ||y − x|| < + ||y − x|| < r − ||y − x|| + ||y − x|| = r | {z } < ⇒ z ∈ Or (x) ⇒ O (y) ⊂ Or (x) Eigenschaften von oenen Teilmengen in Rn : • Rn • ∅ ist oen ist oen • Eine Vereinigungen von oenen Mengen ist oen (auch unendlich viele) • Eine Schnittmenge endlich vieler oener Mengen ist oen 1.1.2 Relativ oene Mengen Denition 1.3. A ⊂ Rn Or (p, A) := Or (p) ∩ A = {x ∈ A | ||x − p|| < r} Zentrum p und Radius r . Denition 1.4. Eine Teilmenge i) ii) ∃ Sei A ⊂ Rn S ⊂ A ist relativ heisst oener Ball in A mit Sei eine oene Menge oen bezüglich U ⊂ Rn , so dass ∀p ∈ S ∃p > 0 : Op (p, A) ⊂ S 6 A (oder oen in S =U ∩A A) ⇐⇒ Beispiele Sei A = [0, 4] × [0, 4] Abbildung 1.2: O1 ((2, 2), A) ist relativ oen Abbildung 1.3: O1 ((0, 2), A) ist relativ oen (Diese Bälle sehen nicht unbedingt wie Bälle aus) Lemma 1.2. i) ⇐⇒ ii) Beweis. i) ⇒ ii) ∃U ∈ Rn oen, mit S = U ∩ A. ∀p ∈ S ⇒ p ∈ U . Da U oen ⇒ ∃ > 0 : O (p) ⊂ U ⇒ O (p) ∩ A = O (p, A) ⊂ S ii) ⇒ i) ∀p ∈ S ∃p > 0 : Op (p, A) ⊂ S S Sp∈S Op (p, A) ⊂ S undSes gilt: p∈S Op (p, A) ⊃ SS⇒ p∈S Op (p, A) = S n n Sei U ⊂ R , U := p (p, R ). p∈S O S n U ist oen und U ∩ A = O (p, R ) ∩A p p∈S S = p∈S Op (p, A) = S 7 Eigenschaften: • A und ∅ sind oen in A. (A kann auch abgeschlossen sein bezüglich Rn und ist doch relativ oen in A!) • Eine Vereinigung von relativ oenen Teilmengen von • Eine Schnittmenge von endlich vielen relativ oenen Teilmengen von A ist oen in A ist oen in A. A. 1.1.3 Abgeschlossene Mengen Denition 1.5. Eine Teilmenge C ⊂ Rn ist abgeschlossen in Rn , falls Rn \C oen ist. Beispiele • ∅, Rn n sind abgeschlossen. (R • p ∈ Rn \ ∅ = Rn , Rn \ Rn = ∅) ist abgeschlossen. • [a, b] ⊂ R ist abgeschlossen, da Lemma 1.3. i) ∅, Rn (−∞, a) ∪ (b, ∞) oen ist. sind abgeschlossen ii) Eine Vereinigung von endlich vielen abgeschlossenen Mengen ist abgeschlossen. iii) Der Durchschnitt von abgeschlossen Mengen ist abgeschlossen. 1.1.4 Relativ abgeschlossene Mengen Denition 1.6. sen in A, ∃ A ⊂ Rn . Eine Teilmenge C⊂A ist relativ abgeschlos- falls: i) die Menge ii) Sei A\C relativ oen in eine abgeschlossene Teilmenge Lemma 1.4. i) ⇔ ii) 8 A ist. D ⊂ Rn : C = D ∩ A Beweis. i) ⇒ ii): A \ C ist oen in A ⇒ ∃U ⊂ Rn oen mit A \ C = U ∩ A ⇒A\U =C n Sei D := R \ U abgeschlossen. D ∩ A = (Rn \ U ) ∩ A = (Rn ∩ A) \ U =A\U =C ii) ⇒ i): ∃D ⊂ Rn abgeschlossen mit C = D ∩ A n Sei U := R \ D oen A \ C = A \ (D ∩ A) = A \ D = A ∩ (Rn \ D) = A ∩ U ⇒ A \ C ist oen. Beispiele • [a, b) ⊂ R • Für ist weder oen noch abgeschlossen. c < a ist [a, b) ⊂ [c, b) abgeschlossen in [c, b), da [c, a) oen in [c, b). Eigenschaften: • A, ∅ • A Eine Vereinigung von endlich vielen in von • abgeschlossen in A ist abgeschlossen in A abgeschlossenen Teilmengen A Der Durchschnitt von abgeschlossenen Teilmengen von schlossen in Denition 1.7. ist abge- A D ⊂ A ⊂ Rn . Der Abschluss D von D in A ist der Teilmengen von A, die D enthalten. Beispiele A Sei D = (0, 1), A = [0, 1) 0 Finde D in A und in A DA = [0, 1), DA0 = (0, 1] Seien 9 Durchschnitt aller abgeschlossenen und A0 = (0, 1] 1.2 Stetige Abbildungen Denition 1.8. f A, B ⊂ Rn Seien und f :A→B eine Abbildung. ist stetig falls 1. ∀p ∈ A : ∀ > 0 ∃δ > 0 : ||x − p|| < δ ⇒ ||f (x) − f (p)|| < 2. ∀U ⊂ B 3. ∀p ∈ A und ∀U ⊂ B und f (V ) ⊂ U oen ⇒ f −1 (U ) ⊂ A oen oen mit f (p) ∈ U ⇒ ∃V ⊂ A oen mit p∈V Satz 1.5. 1. ⇔ 2. ⇔ 3. Beweis. In Analysis I Eigenschaften: • f ◦g stetig ⇔f und g stetig oen oen oen • f : A → B ist abgeschlossen ⇔ ∀U ⊂ A abgeschlossen ⇒ f (U ) ⊂ B abgeschlossen 1.3 Homöomorphismus und Quotientenabbildung 1.3.1 Homöomorphismus Denition 1.9. f Seien A, B ⊂ Rn und f :A→B eine Abbildung. ist eine Homöomorphismus falls sie bijektiv und sowohl f als auch f −1 stetig sind. Bemerkung f :A→B schreibt A ≈ B . Falls ein Homöomorphismus man A ist homöomorph zu B und Dies deniert eine Äquivalenzrelation. 10 existiert, dann sagt Beispiele 1. (a, b) ≈ R ∀a, b ∈ R : f: g: g◦f : π π (a, b) → − , 2 2 π(b + a) π x− x 7→ b−a 2(b − a) π π − , →R 2 2 x 7→ tan(x) (a, b) → R ist Homöomorphismus 2. [0, 1] ∪ (2, 3] → [0, 2] x, x ∈ [0, 1] x 7→ x − 1, x ∈ (2, 3] g: • g ist injektiv und surjektiv • g ist stetig ⇒ bijektiv • g ist jedoch kein Homöomorphismus, da g −1 : [0, 2] → [0, 1] ∪ (2, 3] nicht stetig: U = (0, 1] ist oen in [0, 1] ∪ (2, 3] (g −1 )−1 (U ) = (0, 1] ist nicht oen in [0, 2]. 1.3.2 Partition und Quotientenabbildung Denition 1.10. Eine Partition einer Menge X ist eine Menge P , deren X sind, s.d. jedes Element Elemente nicht-leere, disjunkte Teilmengen von von X in genau einem Element von P ∀Ai ∈ P : S • X = Ai ∈P Ai Es gilt • Ai ∩ Aj = ∅ ∀i 6= j • Ai 6= ∅ 11 enthalten ist. Beispiel = [0, 1] ∪ (2, 4] = [3, 4] ∪ {1 elementige Mengen} = [0, 1] ∪ (2, 3] →Y x, x ∈ [0, 1] ∪ (2, 3] x 7→ 3, x ∈ [3, 4] X P Y q:X q : X → Y ist surjektiv U ⊂ Y oen ⇔ q −1 (U ) oen in X Denition 1.11. Seien A, B ⊂ Rn , q : A → B ist eine Quotientenabbildung falls • q ist surjektiv • ∀U ⊂ B oen Denition 1.12. ⇔ q −1 (U ) ist oen in A X, Y ⊂ Rn , P eine Partition von X . Y ist Identikationsraum von X und P , falls eine Quotientenabbildung q : X → Y existiert mit {q −1 (y)|y ∈ Y } = P . Seien Bemerkung • q • ist stetig. Es muss nicht sein, dass für alle Partitionen von X ein solches Y exi- stiert, aber falls es existiert, ist es eindeutig. 1.4 Zusammenhängende Räume Denition 1.13. A ⊂ Rn . A ist zusammenhängend falls A 6= A1 ∪ A2 : A1 ∩ A2 6= ∅, A und Ai 6= ∅. Sei wobei Oder: A = A1 ∪ A2 : A1 ∩ A2 = ∅ und Ai oen in A ⇒ A1 ∨ A2 = ∅ Im Fall n = 1 : A ⊂ R zusammenhängend ⇔ A ist ein Intervall 12 Ai oen in A nicht zusammenhängend ⇒A S Aj = ∅, A = i Ai , Ai 6= ∅. Satz 1.6. besteht aus Komponenten A ⊂ Rn , B ⊂ Rm und f : A → B A zusammenhängend ⇒ f (A) zusammenhängend. Beweis. Seien Sei f (A) Ai , wobei Ai ∩ stetig. Dann gilt: nicht zusammenhängend. disjunkte Vereinigung ⇒ f (A) = V t W mit V, W 6= ∅ −1 −1 A = f (V ) ∪ f (W ), da f stetig ist, folgt f −1 (V ) in A ⇒ A nicht zusammenhängend. Denition 1.14. und f −1 (W ) sind oen A ⊂ Rn und x, y ∈ A. Ein Weg von x nach y in A ist c : [0, 1] → A stetig mit c(0) = x und c(1) = y . Sei Denition 1.15. A von x nach ist wegzusammenhängend falls ∀x, y ∈ A ∃ ein Weg y. Beispiel Rn ist wegzusammenhängend. y1 .. .. x = . , y = . xn yn y 1 − x1 x1 .. .. c(t) = t · . + . y n − xn xn Lemma 1.7. x1 Gerade Wegzusammenhängende Teilmengen in Rn sind zusammenhän- gend. Beweis. Sei A ⊂ Rn wegzusammenhängend. Annahme: A ist nicht zusammenhängend. ⇒ A = A1 t A2 , Ai 6= ∅. Sei x ∈ A1 , y ∈ A2 . ⇒ ∃c : [0, 1] → A, 0 7→ x, 1 7→ y . Wegen der Stetigkeit von c([0, 1]) ⊂ A = (c([0, 1]) ∩ A1 ) t (c([0, 1]) ∩ A2 ) ⇒ {z } | {z } | c([0, 1]) ist nicht zusammenhängend. 13 oen nach Denition oen nach Denition Mittelwertsatz: ∀z zwischen f (a) [a, b] ⊂ R, f : [a, b] → R f (b) ∃c ∈ [a, b] : f (c) = z Sei und stetig. Beweis. [a, b] ist zusammenhängend ⇒ f ([a, b]) ist auch zusammenhängend. ⇒ f ([a, b]) ist ein Intervall (da jede zusammenhängende Teilmenge von ⇒ f (a) ∈ f ([a, b]) 3 f (b) ⇒ ∀z Beispiel zwischen R ein Intervall ist.) f (a) und f (b) ⇒ z ∈ f ([a, b]) nicht jede zusammenhängende Menge ist wegzusammenhängend. p = (0, 1) ∈ R2 K : = {p} ∪ [0, 1] × {0} ∪ ∞ [ 1 n=1 Abbildung 1.4: K 2. ist zusammenhängend. K ist nicht zusammenhängend. A, B oen, p ∈ A Annahme: ⇒K =AtB 1. × [0, 1] zusammenhängend, aber nicht wegzusammenhängend. Behauptung: K Beweis. n mit A \ {p} = 6 ∅ Betrachte K \ {p} ⇒ K \ {p} = (A \ {p}) t B A \ {p} oen in K \ {p} ⇒ K \ {p} ist nicht zusammenhängend. aber nach der Konstruktion von K ist K \ {p} wegzusammenhängend. A = {p} Da A oen ⇒ ∃ > 0 : O (p, K) ⊂ A Da A = {p} ⇒ O (p, K) = {p}, dies widerspricht der Konstruktion 1 von K , da ∀ > 0 ∃n ∈ N : × [0, 1] ∩ O (p, K) 6= ∅. n 14 Lemma 1.8. K Beweis. ist nicht wegzusammenhängend K ist wegzusammenhängend. ⇒ ∃c : [0, 1] → K : c(0) = p, c(1) = (1, 1). 1. Annahme: c ∩ ([0, 1] × {0}) = ∅ 2 Sei π1 : R → R die Projektion auf die x-Achse f1 := π1 ◦ c : [0, 1] → R ist stetig mit f1 (0) = 0 und f1 (1) = 1. Nach dem Mittelwertsatz gilt: ∀r ∈ [0, 1]∃a : f1 (a) = r Sei r ∈ R \ Q ⇒ r ∈ /K 2. c ∩ ([0, 1] × {0}) 6= ∅ c−1 ([0, 1] × {0}) ist abgeschlossene Teilmenge von [0, 1]. ⇒ dies ist ein abgeschlossenes Intervall, z.B. [w, z] da c(0) = p ∈ / c−1 ([0, 1] × {0}) gilt, dass w > 0. 2 Sei π2 : R → R die Projektion auf die y -Achse. f2 := π2 ◦ c : [0, 1] → [0, 1] ist stetig mit f2 (0) = 1 und f2 (w) = 0. 1 Nach dem Mittelwertsatz ∃d ∈ [0, w] : f2 (d) = 2 ⇒ c([0, d]) ∩ ([0, 1] × {0}) = ∅ Nun sind wir wieder im Fall 1. c|[0,d] : [0, d] → K ergibt den selben Widerspruch wie bei 1. 1.5 Kompaktheit Denition 1.16. Eine Familie von A ⊂ Rn Teilmengen {Ai }i∈I Sei wenn A= von [ A heisst eine Überdeckung von A Ai i∈I |I| < ∞ oen ∀i ∈ I . Überdeckungen von A, so Eine Überdeckung ist endlich, falls Eine Überdeckung ist oen, falls Sind {Ai }i∈I und überdeckung von {Cj }j∈J {Ai }i∈I , Ai heisst {Cj }j∈J eine Teil- falls ∀j ∈ J ∃i ∈ I : Cj = Ai Denition 1.17. Überdeckung von Eine Teilmenge A A ⊂ Rn ist kompakt, wenn jede oene eine endliche Teilüberdeckung besitzt. 15 Bemerkung Es ist nicht einfach, mit der Denition zu zeigen, dass eine Menge kompakt ist, da man für alle Überdeckungen eine endliche Teilüberdeckung nden muss. Einfacher ist es, mit Hilfe der Denition zu zeigen, dass etwas nicht kompakt ist. Beispiele 1. A = {p1 , ..., pn } ⊂ R, kompakt. Sei {Ai }i∈I eine oene Überdeckung von A. ⇒ ∀pk ∈SA ∃Aik : p ∈ Aik m Also ist k=1 Aik = A eine endliche Teilüberdeckung. 2. (0, 1) ⊂ R ist nicht kompakt: 2 n 1 ), ...} Sei U = {(0, ), (0, ), ..., (0, 2 3 n+1 eine Überdeckung von (0, 1) Annahme: Es existiert eine endliche Teilüberdeckung. Sei N die grösste N Zahl, so dass (0, ) ⊂ {Teilüberdeckung} ⇒ (0, 1) * (0, NN+1 ) N +1 3. Rn ist nicht kompakt Lemma 1.9. ⇒B (a) Sei A ⊂ Rn ist abgeschlossen in A ⊂ Rn kompakt ⇒ C ist kompakt. (b) Sei Beweis. und (a) Angenommen, und B⊂A kompakt. A. C⊂A abgeschlossen. A \ B 6= ∅ (sonst trivial) A \ B ist oen. ∀x ∈ A \ B gilt {B ∩ (A \ O 1 (x, A))}n<N ist eine oene Überdeckung n von B Da B kompakt ist, existiert eine endliche Teilüberdeckung. Sei also N die grösste Zahl s.d. B ∩ (A \ O 1 (x, A)) zur Teilüberdeckung gehört. N ⇒ B ⊂ B ∩ (A \ O 1 (x, A)) ⇒ O 1 (x, A) ⊂ A \ B n n ⇒ A \ B ist oen. zu Zeigen: U = {Ui }i∈I eine oene Überdeckung von C . 0 0 Ui oen S in 0C sind ⇒ ∃Ui ⊂ A oen mit Ui = C ∩ Ui ⇒ C ⊂ i∈I Ui {Ui0 }i∈I ∪ (A \ C) ist eine oene Überdeckung von A 0 m Da A kompakt ist, existiert eine endliche Teilüberdeckung Ui . k i=1 (b) Sei Da 16 m ⇒ Ui0k ∩ C i=1 ist dann eine endliche Überdeckung von C . m 0 Da Ui = Ui ∩ C folgt, das {Uik }i=1 eine Teilüberdeckung von U Denition 1.18. ist. A ⊂ Rn . A ist beschränkt, wenn ein R > 0 existiert, s.d. A ⊂ OR (0, Rn ) Wenn kein solches R existiert, ist A unbeschränkt. Beispiel Jeder oene Ball ist beschränkt. Lemma 1.10. A kompakt Sei Sei ⇒A A ⊂ Rn . ist beschränkt. Beweis. Sei {Un }n∈N eine Überdeckung von A mit Un = A ∩ On (0) A kompakt ist, existiert eine endliche Teilüberdeckung ⇒ ∃N max A ⊂ ON (0) ⇒ A ist beschränkt. Da Satz 1.11 . Eine Teilmenge n beschränkt und abgeschlossen in R (Heine - Borel) A ⊂ Rn ist kompakt mit ⇔ A ist Beweis. ⇒ folgt aus Lemma 5.1 und 5.2 ⇐: ? Wir verwenden folgende Aussagen, die in [ ] bewiesen sind: • Jedes abgeschlossene Intervall ist kompakt. • Das Produkt von endlich vielen kompakten Teilmengen ist kompakt. [a, b] × [a, b] Annahme: A ist abgeschlossen und beschränkt. ×n Aus Beschränktheit ⇒ ∃R : A ⊂ OR (0) ⇒ A ⊂ [−R, R] ⇒ [−R, R]×n ist kompakt. Nach 1.9 (b) ist A kompakt. z.B. Satz 1.12. Sei A ⊂ Rn und Aus der Kompaktheit von A B ⊂ Rm f : A → B stetig. f (A) kompakt ist. und folgt, dass Beweis. Sei U = (Ui )i∈I eine oene Überdeckung von f (A). Zu Zeigen: U besitzt eine endliche Teilüberdeckung. ∀i ∈ I ∃Ui0 ⊂ B oen mit Ui = Ui0 ∩ f (A) (Denition der Oenheit f −1 (Ui0 ) ist oen in A (da f stetig ist) {f −1 (Ui0 )}i∈I ist eine oene Überdeckung von A Da A kompakt ist, existiert eine endliche Teilüberdeckung. 17 in f (A)) A = f −1 (Ui01 ) ∪ ... ∪ f −1 (Ui0m ) Sm S 0 −1 oder f (A) = f f (Ui01 ) ∪ ... ∪ f −1 (Ui0m ) = m k=1 Uik k=1 Uik ∩ f (A) = das ist eine endliche Teilüberdeckung von f (A) D.h. Lemma 1.13. A ⊂ Rn kompakt und f : A → R, dann Maximum/Minimum in A an. Das heisst: ∃xmax , xmin : f (xmin ) ≤ f (x) ≤ f (xmax ) ∀x ∈ A Sei Proposition 1.14. Sei ⇒f A ⊂ Rn , B ⊂ Rm , f : A → B (a) A kompakt (b) A kompakt und f surjektiv (c) A kompakt und f bijektiv nimmt f ein stetig. ist abgeschlossen ⇒f ⇒f ist Quotientenabbildung ist Homöomorphismus Beweis. (a) Sei C ⊂ A abgeschlossen. Zu Zeigen: f (C) ⊂ B ist abgeschlossen. Aus 1.9(b) ⇒ f (C) (b) ⇒ C ist kompakt. Mit 1.12 ist abgeschlossen. √ ⇒ f (C) ist kompakt. 1.11 ⇒ f −1 (U ) oen ∀U ⊂ B oen. Zu Zeigen: ∀U ⊂ B : f −1 (U ) oen ⇒ U ⊂ B ist oen. A\f −1 (U ) ist abgeschlossen in A (nach Voraussetzung) ⇒(a) f (A \ f −1 (U )) −1 ist abgeschlossen. Da f surjektiv folgt f (A \ f (U )) = B \ U ⇒ U ist √ oen in B f stetig (c) Übung 18 Kapitel 2 Topologische Flächen In diesem Kurs werden wir uns mit Flächen auseinandersetzen, d.h. Mengen, 2 welche lokal wie R aussehen. Es gibt • topologische Flächen • glatte Flächen • simpliziale Flächen Dieses Kapitel ist den topologischen Flächen gewidmet. Bevor wir eine Denition der topologischen Fläche geben, brauchen wir etwas Vorbereitung: 2.1 Nützliche Ergebnisse Satz 2.1 . (Invarianz des Gebietes) n X morph und sei Beweis. oen in R X, Y ⊂ Rn Y oen in Rn . Seien . Dann ist zueinander homöo- ? In [ ] Bemerkung Die Existenz eines Homöomorphismus f : f : Rn → Rn mit f (X) nicht, dass ein Homöomorphismus Korollar 2.2 (Invarianz der Dimension) n homöomorph zu R ist. 19 . Aus m 6= n X → Y bedeutet = Y existiert. folgt, dass Rm nicht Beweis. m Für m<n gilt: n R ⊂ R nicht oen, aber Rn ist ⇒ Rm nicht homöomorph zu Rn oen in Rn Notationen: D2 : = {x ∈ R2 | ||x|| ≤ 1} =: O1 (0, R2 ) S 1 : = ∂D2 = {x ∈ R2 | ||x|| = 1} Int D2 = {x ∈ R2 | ||x|| < 1} = O1 (0, R2 ) Denition 2.1. • [−1, 1] Eine Teilmenge von Rn , die homöomorph ist zu heisst Bogen (eng. arc) • D2 heisst Kreisscheibe (eng. Disc) • S1 heist 1-Sphäre Lemma 2.3. B ⊂ Rn eine Kreisscheibe. Seien h1 , h2 : D → B Homöomorphismen. ⇒ h1 (Int D2 ) = h2 (Int D2 ) und h1 (∂D2 ) = h2 (∂D2 ) Beweis. Sei 2 Es reicht zu zeigen, dass oder h−1 2 h1 (Int D2 ) = h2 (Int D2 ) ◦h | {z }1 (Int D2 ) = Int D2 Homöomorphismus −1 2 Aus 2.1 folgt, dass h2 ◦ h1 (Int D ) oen ist. −1 2 1 Annahme: h2 ◦ h1 (Int D ) ∩ S 6= ∅ −1 2 1 ⇒ ∃x ∈ h2 ◦ h1 (Int D ) ∩ S (∗) −1 2 2 Da h2 ◦ h1 (Int D ) oen ⇒ ∀ > 0 : O (x, R ) Annahme (∗) −1 2 2 1 ⇒ h−1 2 ◦ h1 (Int D ) ∩ S = ∅ ⇒ h2 ◦ h1 (Int D ) ⊂ ⊂ D2 , Widerspruch zur Int D2 Vertausche h1 und h2 : −1 2 2 h−1 1 ◦ h2 (Int D ) ⊂ Int D . Wende h2 ◦ h1 auf beiden Seiten −1 2 2 2 ⇒ Int D2 ⊂ h−1 2 ◦ h1 (Int D ) ⇒ h2 ◦ h1 (Int D ) = Int D Denition 2.2. B ⊂ Rn eine Kreisscheibe. 2 Für alle Homöomorphismen h : D → B gilt: 2 Int B = h(Int D ) ∂B = h(S 1 ) • Sei 20 an. • Sei T ein Bogen. Für alle Homöomorphismen h : [−1, 1] → T gilt: Int T = h((−1, 1)) ∂T = h({−1} ∪ {1}) Satz 2.4 . C ⊂ R2 eine 1-Sphäre. 2 2 1 Dann existiert ein Homöomorphismus H : R → R mit H(S ) = C 2 und es existiert eine Kreisscheibe B ⊂ R , s.d. H|R2 \B = Id. {z } | (Satz von Schönies) Sei (∗) (∗) H ist ausserhalb einer Kreisscheibe die Identität. Beweis. ? In [ ] Korollar 2.5 (Jordan Kurvensatz) (a) Die Menge R2 \ C . Sei C ⊂ R2 eine 1-Sphäre. hat 2 zusammenhängende Komponenten, eine davon beschränkt, die andere unbeschränkt. C mit der beschränkten Komponente ist eine Kreis∂B = C . (b) Die Vereinigung von scheibe Beweis. B mit Übung Korollar 2.6. Seien B1 , B2 ⊂ R2 Kreisscheiben. 2 Dann existiert ein Homöomorphismus H : R → R2 mit H(B1 ) = B2 , wel- cher ausserhalb einer Kreisscheibe die Identität ist. Beweis. ∃H1,2 : R2 → R2 mit Hi (S 1 ) = ∂Bi . Hi (D2 ) = Bi ⇒ H := H2 ◦ H1−1 ⇒ H(B1 ) = B2 . Aus 2.4 folgt, Die Komposition von 2 Abbildungen, welche aussehalb einer Kreisscheibe die Identität sind, ist auch die Identität ausserhalb einer Kreisscheibe. 2.2 Flächen in Rn Denition 2.3. Eine Teilmenge Q ⊂ Rn ist eine (topologische) Fläche, wenn ∀p ∈ Q eine oene Umgebung in Q existiert, die zu 2 Int | {zD} ≈R2 21 homöomorph ist. Beispiele 2-Sphäre = S 2 = {x ∈ R2 | ||x|| = 1} • Eine • Eine Donutoberäche • Ein gequetschter Donut ist keine Fläche. • Ein Zylinder = T 2 = S1 × S1 = S 1 × [a, b] ist eine Fläche. (Torus) ist eine Fläche. ist keine Fläche (höchstens eine Fläche mit Rand). = S 1 × (a, b) • Ein oener Zylinder • 2.1 ist keine Fläche, da alle roten Punkte keine Umgebung homöomorph 2 zu R haben. ist eine Fläche. Abbildung 2.1: Keine topologische Fläche 22 2.2.2 Konstruktion von Flächen durch Kleben Klebt man die blauen Linien in Pfeilrichtung zusammen, entsteht ein Zylinder. Klebt man nun die Seiten des Zylinders aufeinander, entsteht ein Torus. Klebt man die blauen Linien in unterschiedlicher Richtung, entsteht ein Möbiusband. Dazu auf YouTube: http://www.youtube.com/watch?v=4mdEsouIXGM Klebt man die Seiten des Zylinders umgekehrt zusammen, entsteht eine Kleinsche Flasche. Klebt man einen Kreis in entgegengesetzter Richtung, entsteht eine 2 projektive Ebene P . 23 P2 3 ist die Menge aller Geraden durch den Ursprung in R oder der Identi2 kationsraum von D und einer Partition, wo die Teilmengen Geraden durch den Ursprung sind. Denition 2.4. Sei D Ein Verklebungsschema ein Polygon (mit der Fläche) mit S 2n Ecken. ist eine Markierung aller Kanten von D mit Pfei- len und Buchstaben, wobei jeder Buchstabe doppelt vorkommt. Ein Verklebungsschema S P (S) induziert eine Partition von ∂D wie folgt: Wähle eine ane Abbildung h zwischen zwei gleich markierten Kanten: h : Ka → Ka0 , die die Anfangs- und Endpunkte der Kante respektiert. Die Punkte x und h(x) ∀x ∈ Ka und alle Markierungen a gehören dann zu einer Teilmenge der Partition P (S) P (S). induziert auch eine Partition der Ecken von D, die wir dann Vertex- partition nennen. Diese Vertexpartition besteht aus Eckenmengen. Beispiel eines Verklebungsschemas: Die Vertexpartition dieses Beispieles ist gen davon sind {u, v, w, y, z} und {{u, v, w, y, z}, {x}}, die Eckenmen- {x}. Abbildung 2.2: Beispiel eines Verklebungsschemas Denition 2.5. Wir sagen X Sei D Satz 2.7 S ein Verklebungsschema. ist das Ergebnis der Verklebung von Identikationsraum von ∃q : D → X ein Polygon und D und P (S) Quotientenabbildung mit ? . (Theorem 2.4.3 in [ ]) D entlang S, falls X der ist, d.h. −1 {q (x)|x ∈ X} = P (S) (a) Sei D ein Polygon und S sein Ver- klebungsschema. Dann gilt: Das Ergebnis der Verklebung von 24 D entlang S ist eine Fläche Q ⊂ Rn Q ⊂ Rn eine beliebige kompakte und zusammenhängende Fläche. Dann gilt: ∃D und S , s.d. Q das Ergebnis der Verklebung von D entlang S ist. (b) Sei Um diesen Satz beweisen zu können, brauchen wir einige Vorbereitungen: Lemma 2.8. Sei W eine Eckenmenge in einer Vertexpartition mit k ≥ 1 Ecken. W = {w1 , w2 , ..., wk }, s.d i ∈ {1, ..., k} eine Seite, die wi enthält, mit einer Seite, die wi+1 verklebt wird, (wobei k + 1 = 1). Dann existiert eine Nummerierung von Beweis k = 1: (2.8) . durch Induktion über √ Induktionsannahme: enthält, k: In diesem Fall werden beide Seiten, die verklebt. für alle w1 enthalten, mit einander Die Aussage gilt für alle Vertexpartitionen mit bis k − 1 Ecken. W eine Vertexpartition eines Polygons D mit k Ecken und sei v ∈ W eine Ecke. Wir schneiden nun aus D einen Keil, der v und die beiden Seiten, die v enthalten (a, b), enthält, heraus und kleben den Keil wieder zu. So er0 halten wir ein neues Polygon D mit zwei Seiten weniger als D . zu Sei nun → Abbildung 2.3: D → Abbildung 2.4: ohne D v D0 D0 wie folgt: Wir nehmen S für alle Seiten, welche nicht mit a oder b verklebt werden. Die beiden Seiten, welche mit a und b verklebt würden, verkleben wir miteinanWir denieren ein Verklebungsschema S0 Abbildung 2.5: für der. W 0 die Eckenmenge von D0 und S 0 , welche alle Ecken von W enthält, v . W 0 hat k − 1 Ecken, also gilt die Induktionsannahme. Wir können Sei nun ausser 25 W0 so wählen, dass wk−1 in b enthalten ist und w1 in a. (Dies funktioniert, da in D0 a und b verklebt werden.) Setzen wir 0 nun v = wk in diese Vertexpartition ein (also setzen den Keil wieder in D ), nun die Nummerierung von haben wir wieder eine gewünschte Nummerierung von W Nun können wir mit dem Beweis des Satzes beginnen. Beweis (2.7) . (a) Plan: Zuerst konsturieren wir Abbildungen von ver2 schiedenen Teilen eines Polygons D zu gewissen Kreisscheiben in R . m Damit werden wir eine stetige Abbildung H : D → R konstruie- m von der Seitenanzahl von D und dem Verklebungsschema S abhängt. Danach werden wir zeigen, dass für alle x, y ∈ D gilt: H(x) = H(y) ⇔ x, y liegen in der selben Menge von P(S). Sei D ein Polygon mit n Seiten, wobei n gerade ist. O.b.d.A. können wir annehmen, dass n ≥ 4; sonst wäre n = 2 und man könnte beide Seiten halbieren, womit man wieder im Fall n = 4 wäre. Weiter nehmen wir an, dass D ein reguläres Polygon mit Zentrum 0 ∈ R2 und Innkreisradius 1 ist. Damit gilt, dass die Seitenlänge = 2 tan πn ist. Wir denieren An = tan πn . Sei E eine Kantenmenge von D und dem Verklebungsschema S . Seien a und a0 die Kanten in E und p, p0 deren Mittelpunkte. Wir denieren ren, wobei die Menge UE := OAn (p, D) ∪ OAn (p0 , D). UE ist die Vereinigung von zwei Halbkreisen mit Teilen ihrer Ränder. 2 Wir konstruieren eine Abbildung gE : UE → OAn (0, R ) indem wir OAn (p, D) auf die obere Hälfte von OAn (0, R2 ) und OAn (p0 , D) auf die untere Hälfte abbilden, so dass die Seiten der beiden Halbkreise nach dem Verklebungsschema S verklebt werden. (Evt. muss man einen Halbkreis spiegeln.) gE ist oensichtlich injektiv ausser auf den Kan0 ten a und a und es gilt gE (x) = gE (y) für alle x, y ∈ UE , falls x und y in der selben Teilmenge von P(S) liegen. Das Bild von gE ist die OAn (0, R2 ). Diese Abbildung gE existiert für jede ganze Kreisscheibe Kantennmenge Nun sei W E. eine Eckenmenge der Vertexpartition von D hält mindestens eine Ecke. Wir denieren die Mengen UE : UW := [ w∈W 26 OAn (w, D). und Uw S; W ent- analog zu UW ist eine Vereinigung von keilförmigen Stücken. Wir wollen eine Ab2 bildung gW : UW → OAn (0, R ) mit gleichen Eigenschaften wie gE konstruieren: Nehme an, Ecke w. W enthalte k Ecken. Ist k = 1, so enthält W eine einzige Diese bilden wir auf den Ursprung ab und spannen den Keil darum, bis die beiden Seiten aufeinander liegen. Dies überdeckt genau OAn (0, R2 ). Abbildung 2.6: k ≥ 2. W mit nur einer Ecke OAn (0, R2 ) in k gleichF1 , ..., Fk ). Wir können die Ecken in W mit w1 , ..., wk nummerieren, so wie in 2.8. Die Abbildung gW ist so deniert, dass sie alle wi auf den Ursprung abbildet und jeden Keil OAn (wi , D) auf den Keil Fi . (So dass die Seiten der benachbarten Keile aufeinander Sei nun Wir teilen die Kreisscheibe grosse Keile (Kuchenstücke liegen.) Es gibt jeweils zwei Möglichkeiten, wie wir einen Keil abbilden. (Man kann die Seiten vertauschen, oder nicht.) Fixiert man aber die Abbildung eines Keils, so werden mit 2.8 alle andere Abbildungen entsprechend auch xiert. Man sieht, dass gW injektiv ist, ausser auf den Seiten der Keile und den Eckpunkten, und dass für alle x, y ∈ Uw g(x) = g(y), falls x, y in der selben Teilmenge von P(S) liegen. Das gW ist OAn (0, R2 ) und für jede Eckenmenge der Vertexpartition existiert eine Abbildung gW . Um die Analogie zu wahren, denieren wir UD als die oene Kreisschei2 2 be Int D , welche dem Polygon D eingeschrieben ist. gD : UD → Int D Bild von sei die Identität, welche sowohl stetig als auch injektiv ist. Bezeichne mit E die Menge aller Kantenmengen von die zugehörige Vertexpartition. 27 D unter S und V Es ist leicht zu sehen, dass die Familien von Mengen {UE }E∈E ∪ {UW }W ∈V ∪ {UD } eine oene Überdeckung von D ist. (Die Mengen sind relativ oen in D) Wähle 2 > 1 > 0 und deniere die folgenden Mengen: UE0 = OAn −1 (p, D) ∪ OAn −1 (p0 , D) UE00 = OAn −2 (p, D) ∪ OAn −2 (p0 , D) ∀E ∈ E ; 0 UW = [ OAn −1 (w, D) w∈W 00 UW = [ OAn −2 (w, D) w∈W ∀W ∈ V ; UD0 = O1−1 (0, R2 ) UD00 = O1−2 (0, R2 ) Für 1,2 klein genug, sind die Familien von Mengen 0 {UE0 }E∈E ∪ {UW }W ∈V ∪ {UD0 } 00 {UE00 }E∈E ∪ {UW }W ∈V ∪ {UD00 } 00 0 00 0 oene Überdeckungen von D . Beachte, dass jeweils UE ( UE , UW ( UW 0 00 und UD ( UD . Damit haben wir den ersten Schritt dieses Teils des Beweises geschat. 28 Für den nächsten Schritt denieren wir einige Hilfsfunktionen: Seien λ, µ : [0, ∞) → [0, ∞) Funktionen mit folgenden Graphen: Abbildung 2.7: Hilfsfunktionen Deniere nun für jede E∈E λ und µ eine reellwertige Funktion λ(||x − p||), φE (x) = λ(||x − p0 ||), 0, für für für φE : D → R; x ∈ OAn −1 (p, D); x ∈ OAn −1 (p0 , D); x ∈ D \ UE0 , p, p0 wie oben sind. φE ist wohldeniert und stetig. Wichtig ist, dass φE (x) = φE (y) ist, wenn x und y durch S verklebt werden. Weiter 0 haben wir φE (x) > 0 ∀x ∈ UE . Wir denieren φW : D → R genau analog zu φE und dazu φD : D → R durch φD (x) = µ(||x||), welche die analogen Eigenschaften wie φE und φW besitzt. Um Platz zu sparen, denieren wir ∆ := E ∪ V ∪ {D}. 0 00 Dadurch erhalten wir für alle δ ∈ ∆ die Mengen Uδ , Uδ und Uδ sowie wobei 29 die Funktionen gδ und φδ überdecken, folgt, dass für jedes s.d. Uδ0 ganz D δ ∈ ∆ existiert, wie oben deniert. Da die Mengen x∈D mindestens ein φδ (x) > 0. Als nächstes denieren wir für jedes durch hδ (X) = δ ∈ ∆ eine Abbildung hδ : D → R2 φδ (x) · gδ (x), 0, für für x ∈ Uδ ; x ∈ D \ Uδ0 . Auch diese Abbildung ist wohldeniert und stetig. Nun sind wir bereit für den letzten Schritt: Wir nehmen an, dass ∆ aus d Elementen besteht (δ1 , ..., δd ). (d hängt von der Anzahl der Seiten von D und dem Verklebungsschema ab.) Wir denieren 2 ... × R}2 = R3d H : D → |R × {z ... × R} × R | × {z d-mal d-mal durch H(x) = (φδ1 (x), ..., φδd (x), hδ1 (x), ..., hδd (x)). Die Abbildung H ist die zu Beginn des Beweises gesuchte. Da jede H stetig. Durch die KomH eine Quotientenabbildung Komponentenfunktion stetig ist, ist auch paktheit von D und 1.14 (b) folgt, dass ist. Um den Beweis zu vervollständigen, müssen wir noch zeigen, dass 1. H(D) 2. H(x) = H(y) ⇔ x und y 2. Seien eine Fläche ist x, y ∈ D. Gilt liegen in der selben Teilmenge von x = y, P(S) so haben wir nichts zu zeigen, da x P(S) gehören. Sei also x 6= y . Aus der Denition von H folgt, dass φδi (x) = φδi (y) und hδi (x) = hδi (y) ∀1 ≤ i ≤ d. Wie früher bemerkt, gibt es mindestens ein δj mit φδj (x) > 0 und somit auch φδj (y) > 0. Durch die Denition von φδj folgt, dass x, y ∈ Uδj . Da hδj (x) = hδj (y) ist, folgt dass φδj (x) · gδj (x) = φδj (y) · gδj (y) und daraus, dass gδj (x) = gδj (y). und y zur selben Teilmenge von 30 Es gibt nun also 3 Fälle: δj ist eine Eckenmenge δj ist eine Kantennmenge δj = D Ist δj = D, so ist gδj x=y gδj injektiv auf Uδj ∩D wenn x und y in der selben injektiv und damit Ist δj eine Ecken- oder Kantennmenge, so ist und gδj (x) = gδj (y) genau P(S) liegen. dann, Teilmenge von 1. Wir müssen zeigen, dass jeder Punkt H(x) ⊂ H(D) eine oe2 00 ne Umgebung homöomorph zu Int D besitzt. Da {Uδ }δ∈∆ eine 00 Überdeckung von D ist, existiert ein η ∈ ∆ s.d. x ∈ Uη . Um den Beweis zu beenden, brauchen wir einen Homöomorphismus zwi2 schen H(Uη00 ) und einer abgeschlossenen Kreisscheibe in R . Wir denieren π : H(Uη00 ) → R2 wie folgt: Für einen beliebigen Punkt y ∈ H(Uη00 ) sei π(y) = gη (z), wobei z ein Punkt in Uη00 ist mit y = H(z). Wir müssen zeigen, dass π injektiv ist. Seien π(y1 ) = π(y2 ). Dann ist gη (z1 ) = gη (z2 ). D.h. z1 und z2 werden durch S miteinander verklebt und damit ist H(z1 ) = H(z2 ) und damit y1 = y2 . Also ist π injektiv und π ist stetig. Da Uη00 abgeschlossen und beschränkt ist, ist sie nach 1.11 auch kompakt. Da H stetig ist, ist auch H(Uη00 ) kompakt. Da π stetig und injektiv ist, ist es ein Homöomorphismus auf sein Bild. 00 2 Das Bild von π ist gη (Uη ), was der Kreisscheibe OAn −2 (0, R ) entspricht. Damit haben wir gezeigt, dass H(D) eine Fläche ist und sind fertig. (b) Für diesen Beweis verwenden wir die Ergebnisse des nächsten Kapitels, insbesondere den Satz von Moise (3.8): ∀Q∃K 2-Komplex mit Q ≈ |K|, wobei K eine simpliziale Fläche ist. |K| bekommt man durch Verkleben der 2-Simplexe entlang ihrer Seiten. Wir führen den Beweis durch Induktion über die Anzahl der Polygone. Im Fall n=1 folgt die Behauptung. Angenommen, wir haben Falls ein Polygon Di n Polygone D1 , ..., Dn . existiert, bei dem die Kanten alle miteinander 31 verklebt werden, dann ist die Fläche nicht zusammenhängend. ⇒ es gibt mindestens eine Kante in deren Polygons Dj Di , die mit einer Kante eines an- Dj entlang dieser Kante und da- verklebt ist. In diesem Fall verkleben wir Di mit durch wird die Anzahl der Polygone um 1 verringert. Mit der Induktionsannahme folgt somit die Behauptung. 2.3 Intrinsische Eigenschaften von Flächen Lemma 2.9. Eine Fläche in zusammenhängend ⇔ Rn ist wegzusammenhängend Beweis. ⇐ bereits bewiesen. Q ⊂ Rn zusammenhängend. Sei p ∈ Q und A = {q ∈ Q|∃ Weg von p nach q} Strategie: wir zeigen, dass A oen und abgeschlossen ist. Stimmt die Behauptung, dann folgt, dass A eine nicht leere Zusammenhangskomponente von Q ist und da Q zusammenhängend ist, folgt A = Q. D.h. ∀q1 , q2 ∈ Q∃ Weg von qi nach p. Dann aber existiert ein Weg von q1 zu q2 . ⇒ A ist wegzusammenhängend. Beweis, dass A oen und abgeschlossen ist: ∀q ∈ Q ∃W ⊂ Q oen mit q ∈ W, W ≈ Int D2 . 2 Da Int D wegzusammenhängend ist, folgt q ∈ A ⇒ W ∈ A ⇒ A ist oen. Sei s ∈ Q \ A (∗). Es existiert eine oene Umgebung U von s in Q \ A ⇒ es gibt einen Punkt t ∈ U , der zu A gehört. ⇒ ∃ ein Weg von t zu p ⇒ ∃ Weg von s zu p, was ein Widerspruch zu (∗) ist. ⇒ die ganze Umgebung liegt in Q \ A ⇒ Q \ A ist oen ⇒ A ist abgeschlossen. ⇒: Sei Denition 2.6. Eine Fläche ist orientierbar, falls sie kein Möbiusband ent- hält, sonst ist sie nicht orientierbar. 32 2.4 Klassikation von kompakten zusammenhängenden Flächen Ziel: Eine vollständige Liste aller kompakten, zusammenhängender Flä- chen zu geben, s.d. alle Flächen in der Liste verschieden sind. Denition 2.7. Seien Q1 , Q2 ⊂ Rn zwei kompakte, zusammenhängede Flä- chen. Für i ∈ {1, 2} sei Bi ⊂ Qi eine Kreisscheibe und h : ∂B1 → ∂B2 ein Homöo- morphismus. Die zusammenhängende Summe Q1 #Q2 : Q1 #Q2 := (Q1 \ Int B1 ) ∪h (Q2 \ Int B2 ) Satz 2.10 ? . Q1 #Q2 (Proposition 2.6.1 in [ ]) ist wohl-deniert. D.h. Die Homöomorphismus-Klasse des Ergebnisses hängt nicht von der Wahl der Bi und h ab. Für den Beweis müssen wir uns zuerst noch etwas mit den Homöomor1 phismen von S auf sich selbst befassen: Denition 2.8. 1 Seien x, y ∈ S mit x 6= y . 1 unterteilen S in zwei Teile, nämlich − → und − →. x und y xy yx − → ist die Verbindungsstrecke im Gegenuhrzeigersinn von x nach y xy − → und yx die entsprechnde Verbindung von y nach x (hier blau). Abbildung 2.8: Verbindungsstrecken auf 33 S1 (hier rot) Denition 2.9. Sei h : S1 → S1 ein Homöomorphismus. Wir sagen, h ist orientierungserhaltend, falls es zwei unterschiedliche Punkte −−−−→ → =− x, y ∈ S 1 gibt, mit h(− xy) h(x)h(y). Anderenfalls heisst h orientierungsum- | {z } rot kehrend. | {z } blau Abbildung 2.9: orientierungserhaltend und orientierungsumkehren Lemma 2.11. 1 1 1 Sei h : S → S ein Homöomorphismus und x, y ∈ S , x 6= y − − − − − → − → sodass h(xy) = h(x)h(y). −−−0−−−→ −→ 0 0 1 0 0 0 0 0 Dann gilt ∀x , y ∈ S mit x 6= y , dass h(x y ) = h(x )h(y ). Beweis. Wir nehmen an, dass x, x0 , y, y 0 alle verschieden sind. Die übrigen Fälle sind ähnlich. y 0 liegt entweder in − → oder in − →. Wir betrachten den ersten Fall: xy yx − − − − − → −−−−−−→ −→0 −→0 − → 0 Da h(xy) = h(x)h(y), folgt dass h(xy ) ⊂ h(x)h(y ). Also muss h(xy ) der 1 0 Bogen in S sein, der im Gegenuhrzeigersinn von h(x) nach h(y ) führt. Also −−−−−−→ −→0 − → 0 ist h(xy ) = h(x)h(y ). Der Beweis für y ∈ h(yx) verläuft analog. Fixieren 0 0 wir nun y und verwenden das selbe Argument, wobei wir x durch x ersetzen, − − − − − − → −→ 0 0 0 0 folgt, dass h(x y ) = h(x )h(y ). Bemerkung In Dimensionen grössers als 2 ist es schwierig, über eine Ori2 entierung zu entscheiden, da man nicht wie in R von im Uhrzeigersinn sprechen kann. Deshalb die folgende Denition 2.10. Sei C ⊂ Rn eine 1-Sphäre phismus. 34 und h:C→C ein Homöomor- ist orientierungserhaltend ⇐⇒ für alle Homöomorphismen −1 gilt: f ◦ h ◦ f ist orientierungserhaltend. h f f : S1 → C f −1 h S1 → C → C → S1 Lemma 2.12. Q ⊂ Rn Sei eine zusammenhängende Fläche und B1 , B2 ⊂ Q Kreisscheiben. Dann existiert ein Homöomorphismus Beweis. H : Q → Q, s.d. H(B1 ) = B2 . ? in [ ] Lemma 2.13. ∂B → ∂B Q ⊂ Rn Sei eine Fläche, B ⊂Q eine Kreisscheibe und h: ein orientierungserhaltender Homöomorphismus. Dann existiert ein Homöomorphismus H : Q → Q, so dass H(B) = B H|∂B = h Beweis. ? in [ ] Denition 2.11. Q Sei Q ⊂ Rn eine Fläche. heisst disk-umkehrbar, falls eine Kreisscheibe phismus h:Q→Q existieren, s.d. h(B) = B B ⊂ Q und ein Homöomorh|∂B orientierungsumkeh- und rend ist. Beispiele S 2 , T 2 sind disk-umkehrbar. Alle nicht-orientierbaren Flächen sind disk-umkehrbar. Proposition 2.14. 1. Seien Bi ⊂ Qi , i = 1, 2 Q1 , Q2 ⊂ Rn Fläche. h : ∂B1 → ∂B2 ein Homöomorphismus. Dann existiert der Verklebungsraum (Q1 \ Int B1 ) ∪h (Q2 \ Int B2 ) und ist eine Fläche in irgendeinem Rm . eine Kreisscheibe und 2. Man erhält mit obigem Verfahren nur 2 Flächen (bis auf Homöomorphismen). 3. Wenn mindestens eine Fläche (Q1 oder Q2 ) disk-umkehrbar ist, dann erhält man genau eine Fläche (bis auf Homöomorphismen). Damit können wir den Satz 2.10 beweisen: 35 Beweis (2.10) . Aus 1. und 2. folgt, dass (Q1 \ Int B1 ) ∪h (Q2 \ Int B2 ) = Q1 #Q2 eine Fläche ist und mit dem Hauptsatz (2.20), welcher am Ende dieses Kapitels gegeben wird, folgt, dass jede Fläche disk-umkehrbar ist. Damit folgt mit 3., dass Beweis. Q1 #Q2 wohldeniert ist. ? von Proposition 2.14 kann in [ ] nachgelesen werden. Lemma 2.15. Seien A, B und a) A#B ≈ B#A b) (A#B)#C ≈ A#(B#C) c) A#S 2 ≈ A Beweis. C kompakt und zusammenhängend. Übung Proposition 2.16. Seien A, B kompakte, zusammenhängede Flächen, s.d. 2 A#B ≈ S ⇒ A ≈ S2 und B ≈ S2 Beweis. X X ⇒X X ⇒X = A#B#A#B#A#B#... = (A#B)#(A#B)#(A#B)#... ≈ S 2 #S 2 #S 2 ... ≈ S 2 = A#(B#A)#(B#A)#(B#... ≈ A#S 2 ≈ A 36 Lemma 2.17. P 2 #P 2 ≈ K 2 Beweis. durch Konstruktion: Abbildung 2.10: Abbildung 2.12: P 2 #P 2 D einfügen Abbildung 2.14: Das eine Dreieck spiegeln und drehen 37 Abbildung 2.11: Verklebt entlang C Abbildung 2.13: Zerschneiden bei D Abbildung 2.15: Verkleben an A Lemma 2.18. P 2 #T 2 ≈ P 2 #P 2 #P 2 Beweis. durch Konstruktion: Abbildung 2.16: Abbildung 2.18: Er- gebnis Abbildung 2.21: An Abbildung 2.17: An Abbildung 2.19: An E zerschneiden F zerschneiden Abbildung 2.24: An P 2 #T 2 Abbildung 2.22: An verkleben B verkleben C verkleben Abbildung 2.20: An verkleben D Abbildung 2.23: An zerschneiden Abbildung 2.25: Endergebnis 38 A G Proposition 2.19. Seien Q1 und Q2 kompakte, zusammenhängende Flä- chen. Q1 #Q2 ⇔ Q1 ist orientierbar und Q2 sind orientierbar. Beweis. ⇐: Q1 nicht orientierbar: ⇒ ∃M ⊂ Q1 . Da M keine Fläche ist ⇒ ∃p ∈ Q1 \ M von p ∈ Q1 \ M . Wähle B1 ⊂ Q1 \ M ⇒ Q1 #Q2 ist nicht orientierbar. ⇒: Sei Q1 #Q2 nicht orientierbar. ⇒ ∃M ⊂ Q1 #Q2 = Q1 ∪C=∂B1 =∂B2 Q2 Sei 1. M ∩C = ∅ ⇒ M liegt in Q1 oder Q2 ⇒ entweder und eine Umgebung Q1 oder Q2 ist nicht orientierbar. 2. M ∩C = S2n ⇒ ∃i, Ii i=1 Ii Angenommen, von Ik zu Ik+1 ändert der Pfeil seine Orientierung, erhalten wir kein Möbiusband. Ii+1 die Orientierung nicht ändert. Das Stück von M zwischen I1 und Ii+1 liegt vollständig in Q1 oder Q2 . M 0 ∪ N ist ein Möbiusband, das in Q1 oder Q2 liegt ⇒ Q1 oder Q2 ist s.d zu nicht orientierbar. ? Abbildung 2.26: Graken zum Beweis aus [ ] 39 Satz 2.20 (Hauptsatz: vollständige Klassizierung von kompakten, zusam- menhängenden Flächen) . Jede kompakte, zusammenhängende Fläche ist ho- möomorph zu S2 T 2 T 2 #T 2 T 2 #T 2 #T 2 ... T 2 # |{z} ... #T 2 ... ·n P 2 P 2 #P 2 P 2 #P 2 #P 2 ... P 2 # |{z} ... #P 2 ... ·n Strategie des Beweises: 1. Jede Fläche ist auf der Liste 2. Alle Flächen auf der Liste sind verschieden Für den Beweis von 1. brauchen wir Satz 2.10 Jede kompakte Fläche bekommt man durch ein Verklebungsschema. Aus jeder Verklebungsvorschrift bekommt man eine Fläche. Für den Beweis von 2. brauchen wir topologische Invariante (Euler Charakteristik). Daher werden wir den Satz in Kapitel 4 beweisen. 40 Kapitel 3 Simpliziale Flächen 3.1 Simplexe Denition 3.1. Sei v, w ∈ Rn vw := {x ∈ Rn |x = tv + (1 − t)w 0 ≤ t ≤ 1} Eine Menge Beispiel X ⊂ Rn ist konvex, falls Jede Gerade in Bemerkung Rn ∀v, w ∈ X ⇒ vw ⊂ X ist konvex Jede konvexe Teilmenge von Rn ist wegzusammenhängend. Stetige Abbildungen respektieren Konvexität nicht, dafür tuen es die anen Abbildungen. Denition 3.2. Die konvexe X ⊂ Rn . Hülle von X : \ conv X := {C ⊂ Rn |X ⊂ C, C Sei Übung: Zeige, dass Denition 3.3. conv X konvex } konvex ist. a0 , a1 , a2 , ..., ak ∈ Rn an unabhängig (k ≥ 0). a1 − a0 , a2 − a0 , ..., ak − a0 sind linear unabhängig.) Seien (D.h. die Vektoren ha0 , ..., ak i := conv{a0 , ..., ak } 41 ist ein k -Simplex. Lemma 3.1. Seien a0 , ..., ak ∈ Rn ( ha0 , ..., ak i = x ∈ Rn |x = k X an unabhängige Punkte. ti ai : ti ∈ R i=0 Die Koezienten ti mit k X ) ti = 1 und ti ≥ 0∀i i=0 sind eindeutig. (baryzentrische Koordinaten) Beweis. (∗) Induktion auf k: Für k=0 ist t0 = 1 und wir sind fertig. Induktionsannahme: für k − 1 gelte (∗). Nennen wir die rechte Seite von (∗) D. Wir müssen folgendes überprüfen: 1. ai ∈ D 2. Sei 3. 1. 2. D S eine konvexe Menge, die ai (∀i) enthält. ⇒D⊂S konvex √ ai = 0a0 + 0a1 + ... + 1ai + ... + 0ak ∈ D Pk Sei x = i=0 ti ai ∈ D . Z.z. x ∈ S : Falls tk = 1 ⇒ x = ak ⇒ x ∈ S Falls tk 6= 1: ! k−1 X ti ai + tk ak x = (1 − tk ) 1 − t k i=0 P k−1 ti ti ≥ 0, i=0 1−tk = 1. 1−tk Pk−1 ti n Ich setze y := i=0 1−tk ai ∈ R . Nach Induktionsannahme gilt y ∈ ha0 , ..., ak−1 i ⇒ y ∈ S Da S konvex ist und ak ∈ S , folgt dass yak ⊂ S ⇒ x ∈ S 42 √ (∗) P w = ki=0 si ai in D. zu Zeigen: z = rv + (1 − r)w für r ∈ [0, 1] ⇒ z ∈ D 3. Seien v= Pk i=0 ti ai und z=r = k X ti ai + (1 − r) i=0 k X k X s i ai i=0 (rti + si − rsi )ai i=0 ⇒z∈D Lemma 3.2. {a0 , ..., ak } und {b1 , ..., bp } an unabhängig. ha0 , ..., ak i = hb0 , ..., bp i ⇔ {a0 , ..., ak } = {b0 , ..., bp }, insbesondere gilt k = p. Seien Bemerkung σ := ha0 , ..., ak i Denition 3.4. τ (τ τ ≤ σ k -Simplex und < σ) Beispiel Ein Dreieck hat 6 eigentliche Seiten: Denition 3.5. und k = dim σ . σ, τ ⊂ Rn Simplexe. σ (τ ≤ σ ), wenn die Ecken von τ auch Ecken von σ sind. τ 6= σ , dann ist τ eigentliche Seite (proper face) von σ . Seien heisst Seite von Wenn ist ein Der Rand von σ: ∂σ := G τ <σ 43 τ Lemma 3.3. Sei σ = ha0 , ..., ak i ein k -Simplex in Rn . 1. ( x ∈ Rn |x = ∂σ = ( x ∈ Rn |x = Int σ = k X i=0 k X i=0 2. Seien Dann 3. ∂σ t i ai : ti ai : k X i=0 k X ) ti = 1 und ti ≥ 0∀i und ti = 0 für einige ) ti = 1 und ti > 0∀i i=0 Dk = {x ∈ Rk | ||x|| ≤ 1} und S k−1 = ∂Dk = {x ∈ Rk | ||x|| = 1}. ∃h : Dk → σ Homöomorphismus mit h(S k−1 ) = ∂σ . und σ sind kompakt und wegzusammenhängend. Beweis. 3. 1. Sei x ∈ ∂σ ⇒ x ∈ 'eigentliche Seite' von σ . x ∈ η mit dim η < dim σ x ∈ ha0 ,P ..., aj−1 , aj+1 , ..., ak i ⇒ x = i6=j si ai F ∂σ = τ <σ τ . Jedes τ ist konvex, also auch wegzusammenhängend. Sowohl ∂σ als auch σ sind beschränkt und abgeschlossen, also kompakt. (1.11) 2. Ich verschiebe σ ⊂ Rn mit einer anen Abbildung, s.d. 0 ∈ Int σ . Wir suchen: h : Dk → σ g : σ → Dk x . g(x) = ||x|| g ist bijektiv und stetig. Da σ kompakt ist, ist g|∂σ ein Homöomorphis−1 mus ⇒ g |∂σ ist stetig. −1 Deniere h|S k−1 := g . k Wir setzen h, g auf D (resp. σ ) linear fort. Bleibt zu verizieren, dass h, g stetig sind. (Übung) Sei g : ∂σ → S k−1 , Bemerkung mit Jeder 2-Simplex ist eine Kreisscheibe und jeder 1-Simplex ist ein Bogen. 44 i 3.2 Simplizialkomplexe Denition 3.6. n Ein Simplizialkomplex K (in R ) ist eine endliche Menge n von Simplexen in R mit folgenden Eigenschaften: 1. σ∈K 2. σ, τ ∈ K und τ <σ⇒τ ∈K und σ ∩ τ 6= 0 ⇒ σ > σ ∩ τ < τ . Die 0-Simplexe nennen wir Ecken, die 1-Simplexe Kanten. dim K = max{dim σ|σ ∈ K}. Denition 3.7. Sei K ein Simplizialkomplex. • K (i) := {σ ∈ K| dim σ = i} • star(σ, K) := {η ∈ K|η auch σ als Seite hat} ist das i-te Skelett. ist eine Seite von einem Simplex in K, der • link(σ, K) := {η ∈ star(σ, K)|η ∩ σ = ∅} Denition 3.8. Eine Abbildung Seien K, L Simplizialkomplexe. f : K (0) → L(0) ist simplizial, falls ∀σ = ha0 , ..., ak i in K gilt: f (σ) ∈ L ist der Simplex in L, der von den Ecken f (a0 ), ..., f (ak ) aufgespannt ist. Beispiel Denition 3.9. Eine simpliziale Abbildung ist ein simplizialerIsomorphismus, wenn sie bijektiv und f −1 auch simplizial ist. 45 Beispiel f ist simplizial und bijektiv, aber Denition 3.10. Die Teilmenge Sei |K| = f −1 ist nicht simplizial: SK ein Simplizialkomplex in m heisst σ∈K σ ⊂ R der dem Simplizialkomplex K Rn . zugrunde liegende, topologische Raum. Beispiel K = ha, b, ci ∪ ha, b, di ∪ ha, c, di ∪ hb, c, di ⇒ |K| ≈ S 2 Abbildung 3.1: ∪ Denition 3.11. Seien K, L ∪ K ∪ Simplizialkomplexe und f : K (0) → L(0) eine simpliziale Abbildung. |f | :P |K| → |L| ist deniert als lineare Erweiterung P |f | |σ ( ti ai ) := ki=0 ti f (ai )) Die induzierte Abbildung von f. (d.h. 46 Lemma 3.4. Seien K, L wie oben. 1. Wenn f : K (0) → L(0) 2. Wenn f 3. Falls K eine simpliziale Abbildung ist, dann ist ein simplizialer Isomorphismus ist, dann gilt und L |f | stetig. |K| ≈ |L|. isomorphe Unterteilungen haben, so gilt |K| ≈ |L|. 3.2.1 Unterteilungen: Denition 3.12. K, K 0 Simplizialkomplexe. K 0 ist eine Unterteilung von K , falls jeder Simplex eines Simplexes von K ist. P Denition 3.13. Es gilt x ∈ σ ⇒ x = ki=0 ti ai Der Baryzenter oder Schwerpunkt von σ ist Seien σ̂ := k X i=0 Denition 3.14. K 0 1. Die Ecken von von K0 1 ai k+1 heisst baryzentrische Unterteilung von K0 eine Teilmenge K falls sind die Schwerpunkte der Simplexe von K 0 spannen genau dann einen zu K gehören0 q den q -Simplex auf, wenn für die zugehörigen Simplexe σ , ..., σ ∈ K 0 1 q bei geeigneter Nummerierung σ < σ < ... < σ in K gilt. 2. Die Ecken Beweis σ̂ 0 , ..., σ̂ q (Lemma 3.14) . von K0 (von Punkt 2. des Lemmas) Falls ein simplizialer Isomorphismus ist, so ist nach 1. −1 zeigen, dass |f | = |f −1 |. Dann folgt mit 1., dass |L| |f | stetig und wir müssen f −1 stetig ist. Da |K| und |f | bijektiv Zur Injektivität von |f |, betrachte x, y ∈ |K| mit x 6= y . ⇒ ∃σ und τ in K mit x ∈ Int σ und y ∈ Int τ . ⇒ |f |(x) ∈ Int |f |(σ), |f |(y) ∈ Int |f |(τ ). 1.Fall: σ = τ |f ||σ ist bijektiv ⇒ |f |(x) 6= |f |(y) 2. Fall: σ 6= τ Int |f |(σ) ∩ Int |f |(τ ) = ∅ ⇒ |f |(x) 6= |f |(y) Die Surjektivitätä von |f | kann man analog zeigen. kompakt sind (1.11), bleibt zu zeigen, dass 47 f : K (0) → L(0) ist. ⇒ |f | ist bijektiv. Eine stetige Bijektion zwischen kompakten Räumen ist ein Homöomorphismus. Der Beweis von Punkt 1. ist Übungsaufgabe. Denition 3.15. Seien K, L Simplizialkomplexe. f : K (0) → L(0) ist eine Eine simpliziale Abbildung simpliziale Quotientenab- bildung, falls ∀hb0 , ..., bp i ⊂ L ∃ha0 , ..., ap i ⊂ K : f (ai ) = bi ∀i Beispiele Dies ist keine simpliziale Quotientenabbildung, da Dies ist eine simpliziale Quotientenabbildung, da 48 ha, b, ci = 6 hb, c, di ha, b, di = hb, c, di Lemma 3.5. Seien K, L Simplizialkomplexe und sei f : K (0) → L(0) eine simpliziale Quotientenabbildung. 1. Die induzierte Abbildung |f | : |K| → |L| ist Quotientenabbildung. x ∈ |L|. ∃!η = ha0 , ..., ak i ∈ L mit x ∈ Int η und seien ti die −1 baryzentrischen Koordinaten von x. ⇒ |f | (x) = {y ∈ |K| : y = Pk i=0 ti bi mit hb0 , ..., bk i ist k -Simplex in K mit f (bi ) = ai } 2. Sei Beweis. |K|, |L| 1. Da kompakt Quotientenabbildung. |f | ist stetig, |f | ist surjektiv. 2. Nach der Denition von Denition 3.16. ⇒ jede stetige, surjektive Abbildung ist √ |f |: X X |f |( ti bi ) = ti ai n ein Simplizialkomplex in R . (0) (0) Eine erlaubte Partition von K ist ν = {Ai }i∈I , Ai ⊂ K s.d K (0) und keine zwei Ecken eines Simplexes gehören zu Ai (∀i). Sei K S i∈I Ai = Die induzierte Partition P(ν) = {Bi }i∈I auf |K| hat die folgende Eigenschaft: x, y ∈ |K| liegen in einer Bi , falls x ∈ Intha0 , ..., ak i y ∈ Inthb0 , ..., bk i, wobei ∀i∃ki ∈ I , s.d. (ai , bi ) ∈ Aki und es existiert ein aner Isomorphismus F mit F (ai ) = bi und F (x) = y . Lemma 3.6. tion von Sei K ein Simplizialkomplex in Rn und ν eine erlaubte Parti- K (0) . 1. 0 m ein Simplizialkomplex K in R und eine simpliziale Quotientenab(0) 0(0) −1 bildung f : K →K mit {f (v)|v ∈ K 0(0) } = ν 2. P(ν) = {|f |−1 (x)|x ∈ |K 0 |} ∃ ist die induzierte Partition von 3. Der Identikationsraum von Beweis. Angenommen Rm . |K| und ν = {A1 , ..., Am } P(ν) und ist |K|. |K 0 |. e1 , ..., em die Standardbassis- vektoren von δ = he1 , ..., em i (m − 1)-Simplex. K 0 besteht aus den Seiten von δ , genauer gesagt, hei1 , ..., eip i ⊂ K 0 ∃hbi1 , ..., bip i in K mit bij ∈ Aij für verschiedene j . 0 0 Jede Seite von hei1 , ..., eip i ⊂ K ⇒ K ist Simplizialkomplex. 49 falls 3.3 Simpliziale Flächen Satz 3.7. |K| Sei K ein Simplizialkomplex in Rn . ist eine Fläche, genau dann wenn 1. dim K = 2 2. jede Kante ist eine gemeinsame Seite von genau zwei 3. | link(v, K)| ≈ S 1 ∀v ∈ K (0) Beweis. ⇐ Gegeben ist K mit 1.,2. und 3. zu Zeigen: |K| ist eine topologische Fläche, d.h. ∀x ∈ |K| bung homöomorph zu 2-Simplexen hat eine Umge- R2 ⇒ x ∈ Int σ • dim σ = 2: x ist innerer Punkt eines Dreiecks und hat damit eine oene 2 Umgebung homöomorph zu R . • dim σ = 1: x liegt auf einer gemeinsamen Kante zweier Dreiecke und 2 hat damit eine oene Umgebung homöomorph zu R . • dim σ = 0: In diesem Fall muss x die Ecke von mehreren Dreiecken sein, welche alle aneinander liegen (2. und 3.) und hat damit eine oene 2 Umgebung homöomorph zu R . ⇒ Sei K ein Simplizialkomplex mit zu Zeigen: K |K| ≈ Fläche. erfüllt 1.,2. und 3.: 1. Angenommen dim K = m ⇒ ∃η mit dim η = m x ∈ Int η . Nach Lemma 3.3 folgt: jede oene Umgebung von x ist m m homöomorph zu Int D ≈ R . Aus der Invarianz der Dimension wissen m 2 wir, dass R nicht homöomorph zu R ist, wenn m 6= 2 ist. Sei 1-Simplex in K und x ∈ Int ν und U ⊂ |K| eine x. ⇒ U ≈ R2 . Angenommen, η ist keine gemeinsame Seite zweier 2-Simplexe: 2. Sei ν ein oene Umgebung von • @σ ∈ K : η < σ . Jede Umgebung von (a, b) ≈ R x ist x ist homöomorph zu nicht homöomorph zu R2 . • ∃!σ ∈ K : η < σ . Jede Umgebung von R2+ (positive Halbebe- ne). Diese ist nicht oen und nach der Invarianz des Gebietes nicht 2 homöomorph zu R . 50 • η ist gemeinsame Seite von p 2-Simplexen: ⇒ ∃σ1 , ..., σp ∈ K : η < σi ∀i. S Wähle eine Umgebung U von x, s.d. U ⊂ Int η ∪ 1≤i≤p σi 2 Wenn p = 2: Int η ∪ Int σ1 Int σ2 ≈ R Wenn p > 2: Sei V eine oene Teilmenge von Intη ∪ Int σ1 ∪ Int σ2 2 mit x ∈ V . ⇒ V ≈ R . S Aber V ist nicht oen in Int η ∪ S 1≤i≤p σi . (da V nicht als Schnitt eines oenen Balls mit Int η ∪ 1≤i≤p σi dargestellt werden kann.) Also ist jede oene Umgebung U von x nicht homöomorph zu V 2 und damit nicht homöomorph zu R . w ∈ K (0) . zu Zeigen: | link(w, K)| ≈ S 1 . Da dim K = 2, sind in link(w, K) nur 0- und 1-Simplexe enthalten. Wir zeigen zuerst, dass | link(w, K)| keinen Rand hat. Angenommen, | link(w, K)| ≈ Bogen, dann gehört zu jedem 0-Simplex in link(w, K) genau ein 1-Simplex in star(w, K) \ link(w, K). Aus 2. folgt, dass dieser 1-Simplex gemeinsame Seite von zwei 2-Simplexen 1 1 1 sein muss. ⇒ | link(w, K)| = S ∪ S ∪ ... ∪ S . Es bleibt zu zeigen, dass | link(w, K)| wegzusammenhängend ist. Angenommen, | link(w, K)| ist nicht wegzusammenhängend. (?) ⇒ | star(w, K)| \ {w} ist nicht wegzusammenhängend. 2 Andereseits ist jede Umgebung von w homöomorph zu R . Int | star(w, K)| ist auch eine Umgebung von w, welche wegzusammenhängend ist. Dies gibt den Widerspruch zu (?) 3. Sei Denition 3.17. Ein 2-Komplex K heisst simpliziale Fläche, falls 2. und 3. aus dem vorherigen Satz erfüllt sind, oder eleganter: ∀σ ∈ K mit dim σ = i (0 ≤ i ≤ 2) gilt: | link(σ, K)| ≈ S i−1 (S −1 = ∅) Übung: Bedingung 2. ist redundant. Satz 3.8 (Satz von Moise) . 1. Jede kompakte, topologische Fläche in Rn ist triangulierbar. K1 , K2 gilt, dass |K1 | ≈ |K2 | und beide K1 und K2 simplizial-isomorphe Unterteilun- 2. Wenn für 2 Simplizialkomplexe Fläche sind, dann haben gen. 51 Bemerkung Der Satz gilt analog in Dimension 3 aber nicht in höheren Dimensionen. 3.4 Euler Charakteristik Denition 3.18. C ein 2-Komplex, E die Anzahl der Ecken in C , K die Anzahl der Kanten in C und F die Anzahl der 2-Simplexe in C . Die Euler Charakteristik von C ist Sei χ(C) := E − K + F Beispiel Thetraeder-Hülle: Bemerkung Satz 3.9. Sei Falls Q χ(C) = 4 − 6 + 4 = 2 dim C = 1, gilt χ(C) := E − K eine kompakte topologische Fläche und seien K1 , K2 Trian- χ(K1 ) = χ(K2 ) Q = |K|. gulierungen dieser Fläche. Dann gilt Daraus folgt Beweis. χ(Q) := χ(K) wobei Nach dem Satz von Moise haben terteilung K. K1 und K2 eine gemeinsame Un- Angenommen, die Euler Charakteristik ändert sich nicht bei Unterteilungen, so folgt, dass χ(K1 ) = χ(K) = χ(K2 ). Beispiel χ(T 2 ) Lemma 3.10. Seien Q1 , Q2 kompakte Flächen in Rn . χ(Q1 #Q2 ) = χ(Q1 ) + χ(Q2 ) − 2 Beweis. Nach dem Satz von Moise (Satz 3.8) gibt es lierungen von und Q2 . 2-Komplex, der entlang der Partition ν . ⇒ |K| = Q1 #Q2 Sei K Q1 ein Seien σi 2-Simplexe in K1 und K2 durch die Identizierung von K1 \ σ1 χ(K) = χ(Q1 #Q2 ) = E1 + E2 − 3 − (K1 + K2 − 3) + F1 + F2 − 2 = χ(Q1 ) + χ(Q2 ) − 2 52 Triangu- Ki . mit K2 \ σ 2 Kapitel 4 Beweis des Hauptsatzes Satz 2.20: Jede kompakte, zusammenhängende Fläche ist homöomorph zu: S2 T 2 T 2 #T 2 T 2 #T 2 #T 2 ... T 2 # |{z} ... #T 2 ... ·n P 2 P 2 #P 2 P 2 #P 2 #P 2 ... P 2 # |{z} ... #P 2 ... ·n Um zu zeigen, dass die aufgelisteten Flächen nicht homöomorph sind, benutzen wir die Euler Charakteristik: χ(S 2 ) = 2 χ(gT 2 ) = 2 − 2g χ(g 0 P 2 ) = 2 − g 0 Wir zeigen nun, dass jede kompakte, zusammenhängende Fläche in der Liste enthalten ist. Es reicht zu zeigen, dass Q ≈ S2 oder Q ≈ mT 2 #nP 2 . Q das Ergebniss der Verklebung eines Polygons D entlang eines Verklebungsschemas S . Dies schreiben wir mit Hilfe eines Wortes im Alphabet, indem wir im Gegenuhrzeigersinn durch D gehen. Nach Satz 2.10 ist 53 Beispiel Ein Wort für dieses Verklebungsschema: BCAA−1 BC Wir beweisen den Satz durch Induktion über die Anzahl n der Kanten von D. Sei Sei n = 2: ⇒ Q ≈ S 2 oder P 2 . n ≥ 4 beliebig und die Aussage gelte für n − 2. Es treten folgende 4 Fälle auf: 1. Es existiert ein Buchstabe, der im Wort zweimal mit der gleichen Potenz vorkommt. (a) Die beiden gleichen Buchstaben kommen gerade nacheinander im Wort vor (b) Die beiden gleichen Buchstaben liegen nicht nebeneinander 2. Jedere Buchstabe kommt sowohl mit der Potenz Potenz −1 1 als auch mit der im Wort vor und es existieren zwei aneinander grenzende Kanten mit der gleichen Markierung. 3. Jeder Buchstabe kommt mit der Potenz 1 als auch mit der Potenz −1 im Wort vor und es gibt keine Kanten mit der gleichen Markierung, welche aneinander grenzen. a, a−1 , s.d. alle anderen Kanten mit der selben beiden Zusammenhangskomponenten von D \ Es gibt aber zwei Kanten Markierung in einer der {a, a−1 } liegen. 4. Alle anderen Varianten 54 1. (b) Sei a der Buchstabe, der zweimal mit der selben Potenz vorkomt. Wir fügen zwei Kanten ein, jeweils vom Anfang der einen Kante a zum Ende der anderen Kante a. Dadurch entstehen ein Möbiusband M und eine neue Fläche Q̂1 . M = P 2 − D2 und Q̂1 ∪ D2 := Q1 hat n − 2 Kanten. Nach Induk2 2 tionsannahme ist Q̂1 also entweder homöomorph zu S \ D oder nT 2 #mP 2 \ D2 . 2 2 2 2 2 Also Q1 = D ∪ Q̂1 ≈ S oder nT #mP ⇒ Q = P #Q1 . Abbildung 4.1: Abbildung 4.2: 55 M Q und Q̂1 (a) Hier erhalten wir wieder ein Möbiusband und eine Fläche mit n−2 Kanten: Abbildung 4.3: Abspalten des Möniusbands 2. Hier gilt Q = Q1 ∪ D2 , 3. Hier zerteilen Wir wobei Q1 wieder Q in 2 Teile (Q1 und n−2 Kanten hat. Q2 ) mit jeweils höchstens n − 2 Kanten: 4. n ≥ 4, also haben wir mindestens 2 verschiedene Buchstaben a, b im Wort. Da wir nicht im Fall 3 sind, ist unser Wort von der Form 56 ...a...b...a−1 ...b.... Abbildung 4.4: Q Abbildung 4.5: Zerschneiden an Abbildung 4.7: Q e Abbildung 4.6: Abbildung 4.8: Q1 und D 2 , Q1 Q2 2 2 Also können wir einen punktierten Torus T \ D herausschneiden. Es 2 2 gilt dann Q = Q1 ∪ (T \ D ) und damit die Induktionsannahme: Abbildung 4.9: Abbildung 4.10: Q1 57 Q und T 2 \ D2 4.1 Flächen mit Rand Denition 4.1. Eine Teilmenge Rand, falls für alle p∈Q Q ⊂ Rn ist eine topologische Fläche mit eine oene Umgebung hat homöomorph zu: Typ 1 Int D2 Typ 2 2 D+ := {(x, y) ∈ R2 |x2 + y 2 < 1, y ≥ 0} Denition 4.2. für alle v∈K (0) Ein 2-Komplex K heisst simpliziale Fläche mit Rand, falls gilt: | link(v, K)| ≈ 58 S1 [0, 1] Typ 1 Typ 2 Kapitel 5 Satz von Gauss-Bonnet und Brouwerscher Fixpunktsatz 5.1 Simpliziale Krümmung und simplizialer GaussBonnet Satz Denition 5.1. Für einen Sei 2-Simplex K eine simpliziale Fläche und v ∈ K (0) . σ ∈ K , der v enthält, sei L(v, σ) der Winkel von v in σ. Die simpliziale Krümmung (engl. angle defect) ist deniert durch: X d(v) := 2π − L(v, σ) σ∈K,dim σ=2 Bemerkung d(v) = 0 falls v ein Schwerpunkt von einem Simplex in K P Descartes hat bemerkt, dass Satz 5.1 . (Gauss-Bonnet) 2 |K| ≈ S ⇒ K X Sei σ∈K (0) ist. d(v) = 4π eine simpliziale Fläche. d(v) = 2πχ(K) v∈K (0) Beweis. Da K eine simpliziale Fläche ist. ⇒ jede Kante gehört zu genau 2-Simplexen. Sei E die Anzahl der Ecken, K die Anzahl der Kanten und F die Anzahl der Flächen. Es gilt 2K= 3F . zwei 59 ! X X d(v) = v∈K (0) 2π − X L(v, σ) σ∈K π v∈K (0) X zX }| { = 2πE − L(v, σ) σ∈K σ∈K = 2πE − πF = 2πE − 3πF + 2πF = 2πE − 2π K + 2πF = 2πχ(K) Korollar 5.2. von Sei K eine simpliziale Fläche in Rn und L eine Unterteilung K. Dann gilt Beweis. 1. Fall χ(L) = χ(K) Für alle v ∈ L(0) tritt einer der folgenden Fälle auf: v ∈ K (0) ⇒ dL (v) = dK (v) v∈ / K (0) ⇒ v ∈ Int σ, σ ∈ K ⇒ d(v) = 0 P P ⇒ v∈L(0) d(v) = v∈K (0) d(v) ⇒ χ(L) = χ(K) 2. Fall 5.2 Brouwer Fixpunktsatz Denition 5.2. x ist ein Fixpunkt Denition 5.3. X X nach X X ⊂ Rn und f : X → X . von f , falls f (x) = x. Sei hat Fixpunkteigenschaft, falls jede stetige Abbildung von einen Fixpunkt hat. Übung: Die Fixpunkteigenschaft bleibt unter Homöomorphismen erhalten. Denition 5.4. K eine simpliziale Kreisscheibe in Rn . Eine Schälung von K ist eine geordnete Liste der 2-Simplexe σ1 , ..., σm , s.d. die Menge {σ1 , ..., σk } zusammen mit allen Seiten eines Simplexes eine simpliziale Kreisscheibe ist für alle 1 ≤ k ≤ m. Sei 60 Beispiel Abbildung 5.1: Abbildung 5.2: Abbildung 5.3: Satz 5.3 σ1 , σ2 , ..., σ6 σ1 , σ3 , σ5 , ... . (Brouwer Fixpunktsatz) K ist eine Schälung ist keine Schälung Jede stetige Abbildung f : D2 → D2 hat einen Fixpunkt. Satz 5.4. Es gibt keine stetige Abbildung Proposition 5.5. r : D2 → S 1 , s.d r|∂D2 =S 1 = Id Die Sätze 5.3 und 5.4 sind entweder beide falsch oder beide richtig. Beweis. Wenn Satz 5.4 falsch ⇒ Satz 5.3 falsch: 2 1 Nehme an, es gibt eine stetige Abbildung r : D → S s.d r|∂D 2 =S 1 1 1 1 2 Seien R : S → S Rotation um 180 Grad, j : S ,→ D Inklusion. √ 2 2 j ◦ R ◦ r : D → D ist stetig und hat keinen Fixpunkt. 61 = Id. Wenn Satz 5.3 falsch ⇒ Satz 5.4 falsch: f : D2 → D2 sei stetig ohne Fixpunkt. 2 1 Ich deniere r : D → S wie folgt: r(x) := S 1 ∩ (Strahl von f (x) zu x) (r ist wohl deniert, da f (x) 6= x ∀x) 1 Es gilt r(x) = x für alle x ∈ S . Damit haben wir einen Widerspruch, da laut Satz 5.4 dieses r nicht existieren dürfte. Nehme an, Denition 5.5. K ein Simplizialkomplex in Rn . m Eine Abbildung f : |K| → R ist simplexweise linear ane Abbildung ist für alle σ ∈ K . Bemerkung Sei SL ist keine simpliziale Abbildung, da in (SL) falls Rm f |σ eine keine simpliziale Struktur vorhanden sein muss. Denition 5.6. Sei ∆ = ha, b, ci gegeben, sei K eine simpliziale Kreisscheibe f : |K| → ∆ eine SL Abbildung, s.d. ∀v ∈ K (0) f (v) ∈ {a, b, c}. f |∂K ist gerade (bzw ungerade), falls jede Kante von ∆ Bild einer geraden (bzw ungeraden) Anzahl von Kanten von K ist. f ist gerade (bzw ungerade) falls ∆ das Bild einer geraden (bzw ungeraden) Anzahl von 2-Simplizes in K ist. in Rn und 62 Beispiele Abbildung 5.4: Lemma 5.6. Sei f und f |∂K sind ungerade Abbildung 5.5: f und f |∂K sind gerade Abbildung 5.6: f und f |∂K sind gerade K eine schälbare Kreisscheibe in 63 Rn und f : |K| → ∆ SL f |∂K wie in der Denition 5.2.5. Wenn f gerade (bzw ungerade) ist, so ist auch gerade (bzw ungerade). Beweis. Falls Induktion über n=1 n :=die Anzahl der siehe Beispiele oben. √ 2-Simplexe in K Simplexe und sei σ1 , ..., σn eine Schälung von K . K 0 . Für K 0 stimmt die Behauptung nach 0 0 Induktionsannahme. D.h. f |K 0 := f und f |∂K 0 haben die gleiche Parität. K = K 0 ∪σn . Für f |σn hat man wieder genau die 3 Fälle wie in den Beispielen Angenommen wir haben Sei σ1 , ..., σn−1 n eine Schälung von oben. Da wir nun zu f0 respektive wieder die selbe Parität wie Beweis (Satz 5.2.2.) . Sei f 0 |∂K 0 f |∂K jeweils die selbe Parität addieren, hat f D2 = ∆. Angenommen, es existiert eine Abbildung r : ∆ → ∂∆, s.d. r|∂∆ = Id. ∆ kompakt ist und r stetig, ∃δ : ∀x, y ∈ ∆ : ||x − y|| < δ ⇒ ||f (x) − f (y)|| < 81 . Sei K eine schälbare Unterteilung von ∆, s.d. ||x − y|| < δ ∀x, y ∈ σ ∀σ ∈ K . Sei L : |K| → ∆ eine SL Abbildung wie folgt: 1 0 0 0 von den Mittelpunkten entfernt Wähle a , b , c so dass sie nicht weiter als 8 und keine Bilder der Ecken von K sind. a falls r(v) ∈ [c0 , a] ∪ [a, b0 ] (0) b falls r(v) ∈ [c0 , b] ∪ [b, a0 ] ∀v ∈ K : L(v) := c falls r(v) ∈ [b0 , c] ∪ [c, a0 ] Da L ist gerade, aber L|∂K ist ungerade 64