Insulintherapie Nicht zu früh, nicht zu spät Thomas C Wascher 1. Med. Abt. des HKH Fachbereich Diabetes und Stoffwechsel Wann und wie ? • Rechtzeitig • So einfach wie möglich Zusammenhang zwischen Insulinsensitivität und Betazellfunktion zur Aufrechterhaltung der Normoglykämie "Das hyperbolische Gesetz der Normoglykämie" normale Glukosetoleranz (NGT) verminderte Glukosetoleranz (IGT) Typ 2-Diabetes 3,0 Betazellfunktion 2,5 Normoglykämie: Betazellen gleichen Insulinsensitivität = Insulinbedarf durch Insulinproduktion aus 2,0 1,5 IGT: Betazellen können Insulinsensitivität = Insulinbedarf nicht mehr vollständig ausgleichen 1,0 0,5 0 0 20 40 Insulinsensitivität 60 80 Diabetes: Betazellen können Insulinsensitivität = Insulinbedarf nicht mehr ausgleichen Modifiziert nach Stumvoll M. Diabetologia 2004; 47: 770-81 Ein diabetologisches Axiom: Ohne dysfunktionelle Betazelle (= dysfunktionelle Insulinsekretion) kein Diabetes !!! Antihyperglykämische Sequentialtherapie • Erster Schritt: Nicht pharmakologische Maximierung der Insulinsensitivität • Zweiter Schritt: Pharmakologische Maximierung der Insulinsensitivität • Dritter Schritt: Pharmakologische Unterstützung der Betazellen (Alphazellen?) • Vierter Schritt: Exogenes Insulin (zu hoher relativer oder absoluter Insulinmangel) Wann ? • Wenn das individuelle HbA1c Ziel (Blutzuckerziel) unter Ausschöpfung von Lebensstilmaßnahmen und oralen Antidiabetika nicht erreicht werden kann. • Wenn der Patient Symptome eines Insulinmangels hat • Wenn der Patient lieber Insulin als Therapie hätte Insulintherapie bei Diabetes mellitus • Einzeitige Therapie - BOT: Basal unterstützte orale Therapie - MOT: Mischinsulin unterstützte orale Therapie • Zweizeitige Therapie mit Mischinsulinen • Mahlzeitenbezogene Therapie - dreizeitige Therapie, Misch- oder Bolusinsuline • Intensivierte Insulintherapie - Basis-Bolus, FIT, Insulinpumpe Komplexität Endogene Insulinproduktion • Nüchtern – Ca. 1 IE pro Stunde Wesentlich mehr bei Insulinresistenz ! • Nahrungsaufnahme – Ca. 1,5 IE pro 10 g KH Wesentlich weniger für Eiweiß und Fett Normal physiological profile of serum insulin concentration Meal-time insulin excursions Rapid rise; short duration 50 40 Serum insulin 30 (mU/l) 20 Smooth basal insulin profile 10 0 0800 1200 1600 Kruszynska, et al. Diabetologia 1987; 30: 16 2000 2400 0400 0800 Time (h) Anforderungen an eine initiale Insulintherapie bei Typ-2 Diabetikern • Niederschwelliger Zugang • Möglichst durchgängige Therapiestrategie • Möglichst geringes Hyporisiko • Erlaubt „Treat to target“ • Einfach zu handhabende Geräte Insulintherapie bei DM-2: Strategien zur Einleitung und Intensivierung Mischinsulin 1x tägl. Start* Basalinsulin 1x tägl. Start* Intensivierung Intensivierung Mischinsulin 2x tägl. Mischinsulin 3x tägl. Basis Bolus Therapie (fixer Bolus) Basis Bolus Therapie (variabler Bolus) Normalinsulin 3x tägl. Start *Weiterführung von entsprechenden OAD Metformin (Glitazone ?) bleibt auch bei weiteren Intensivierungen Was ist der Unterschied zw. den Studien rechts und links der grünen Linie? mit konsequentem Treat to Target ohne konsequentem Treat to Target Erreichtes HbA1c in publizierten Insulinstudien ohne Treat to Target Zugang: HbA1c ~8% mit Treat to Target Zugang: HbA1c ~7% Was ist Treat to Target? “Erreichen eines individuell vereinbarten Zieles mittels einer vordefinierten stufenweisen Dosisanpassung (vorgegebener Algorithmus)” Treat to Target = Definiertes BZ-Ziel Vorgegebener + Algorithmus Fix Fasting First Vergleich von 24-Stunden-Blutzuckerspiegeln von gesunden Kontrollpersonen vs. Typ-2-Diabetiker 400 Mahlzeit Mahlzeit Mahlzeit 20 300 15 Prandiale Hyperglykämie 200 Basale Hyperglykämie Typ-2-Diabetes BOT/MOT 100 10 Plasmaglukose (mmol/l) Plasmaglukose (mg/dl) Typ-2-Diabetes 5 Normal 0 0 6 10 14 18 22 2 6 Tageszeit (h) Modifiziert nach Polonsky KS et al. N Engl J Med 1988; 318: 1231-9 Was funktioniert besser ? MOT ? BOT NovoMix 30 vs. Lantus einmal abends Studiendesign n= 480 Typ 2 Diabetiker aus 15 Ländern NovoMix® 30 + OADs vor dem Abendessen Met + glim Screening Periode 4-Wochen run-in vor dem Schlafengehen Insulin glargin + OADs Screening Randomisierung Screening Periode OAD Titrations Periode Woche –6/–5 Woche –4 Woche 0 NBZ>108 mg/dl zumindest 1 ppBZ >144 mg/dl Insulin Titrations Periode Beibehalten der OAD Dosis Woche 26 Strojek K et al. Current Med Res Opinion, 2009 NovoMix 30 vs. Lantus einmal abends HbA1c NovoMix® 30 Insulin glargine 8.5% 8.5% 0 -0.5 7.23% -1 -1.5 -2 7.08% –1.41* –0.16% –1.25 Differenz über 26 Wochen *p=0.029 Strojek K et al. Current Med Res Opinion, 2009 NovoMix 30 vs. Lantus einmal abends Blutzuckerprofile Strojek K et al. Current Med Res Opinion, 2009 Möglichkeiten und Grenzen der Dosisselbstanpassung mit Mischinsulinen • Möglichkeiten – „Treat to Target“ als Behandlungszugang – Deutliche HbA1c Senkung – Selbstbestimmtes Krankheitsmanagement auch bei älteren Typ-2 Diabetikern – Weniger Ressourcennutzung bis zur Zielerreichung • Grenzen – Flexibilität bei ausgelassenen Mahlzeiten (Dinner Cancelling) – Stark schwankende Größe der Mahlzeiten – Deutlich heterogenes Bewegungsmuster von Tag zu Tag – Keine (wenig) Korrekturmöglichkeit Anforderungen an eine initiale Insulintherapie bei Typ-2 Diabetikern • Niederschwelliger Zugang • Möglichst durchgängige Therapiestrategie • Möglichst geringes Hyporisiko • Erlaubt „Treat to target“ • Einfach zu handhabende Geräte