Satz 6.5 (Indirekter oder Widerspruchsbeweis) Für Aussagen A, B

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Aussagenlogik und Beweistechniken
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Satz 6.5 (Indirekter oder Widerspruchsbeweis)
Beweis: Sei die Zahl der Primzahlen endlich. D.h. die Primzahlmenge
besteht aus n Zahlen p1 , . . . , pn . Betrachte die Zahl
m := p1 · p2 · . . . · pn + 1. Diese Zahl ist durch keine Primzahl pi
aus der Liste teilbar (*), denn bei der Teilung ergibt sich stets der
Rest 1. Damit ist sie selbst eine Primzahl, also gleich einem pk im
Widerspruch zu (*). ⇤
Für Aussagen A, B gilt
(A ) B)
()
(¬B ) ¬A)
()
¬(¬B ^ A)
Um einen Satz A ) B“ zu beweisen, kann man gleichwertig . . .
”
I (¬B ) ¬A)“ prüfen. Man nimmt also an, dass B nicht richtig wäre
”
und versucht daraus abzuleiten, dass dann auch A nicht richtig ist.
Diese Beweisform heißt indirekt oder Beweis durch Kontraposition.
I
annehmen, dass B nicht richtig und A richtig ist, um dies zu einem
Widerspruch zu einer dieser beiden Annahmen oder einer (ggfs.
hieraus abgeleiteten) wahren Aussage zu führen. Diese Beweisform
heißt Widerspruchsbeweis.
I
Hat man einfach einen Beweis einer Aussage A und nicht einer
Implikation A ) B zu erbringen, so kann man auch ¬A annehmen,
um dies zu einem Widerspruch zu ¬A oder einer (ggfs. hieraus
abgeleiteten) wahren Aussage zu führen. Auch dies ist ein
Widerspruchsbeweis.
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Mathematischer Vorkurs
September 2017
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Wie zu sehen ist, gibt man Beweisen gerne eine Verpackung mit:
Am Anfang steht z.B. eine einleitende Floskel, wie Beweis:“ oder einfach
”
Denn:“ etc. Am Ende zeigt man an, dass die Beweisführung nun komplett
”
ist. Dazu schreibt man gerne ein Quadrat oder aber q.e.d.“ (lat.: quod
”
erat demonstrandum = was zu zeigen war).
Sinnvoller Weise sollte man bei nicht direkten Beweisen zu Beginn auch
die Beweisform beim Namen nennen (hier nicht durchgeführt, weil sie
immer schon in der Überschrift“ des Beispiels erwähnt wurde.
”
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I
Indirekt:
Aussage: (p Primzahl und p > 2 ) ) p ungerade.
Beweis: Sei p gerade, d.h. 2|p. Dann ist p keine Primzahl oder gleich
2, und somit auch kleiner gleich 2. Also ist die Negation der Aussage
(p Primzahl und p > 2 ) richtig. ⇤
Widerspruch: Aussage: a2 = 2 ) a nicht rational.
Beweis: Sei a rational mit a2 = 2 Dann setze a = p/q, wobei man
bekanntlich p, q 2 Z so wählen kann, dass nicht beide gerade sind
. . . (vgl. Vorlesung). Es folgt, dass sowohl p als auch q gerade sind.
Widerspruch! ⇤
Widerspruch: Aussage: Es gibt unendlich viele Primzahlen.
Hier handelt es sich um eine nicht als Implikation formulierte Aussage.
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Definition 6.6 (Aussageform, Operationen auf Aussageformen: Quantoren)
Beispiel
I Direkt:
Aussage: 10| n ) 5|n.
Beweis: Gelte 10|n. Dann ist n = 10 · m mit einem gewissen m 2 N.
Hieraus folgt n = 5 · (2m). Mit m 2 N auch 2m 2 N, also: 5|n ⇤
I
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Wir geben für alle eben genannten Beweisformen sowie den nach 6.2.
erwähnten direkten Beweis ein Beispiel:
I
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Eine Aussageform ist auf einer Menge M definierte Abbildung, die jedem
x 2 M eine Aussage A(x) zuordnet (die in Abhängigkeit von x wahr oder
falsch sein kann). Es gibt zwei Operationen 8“, den Allquantor und 9“,
”
”
den Existenzquantor, die Aussageformen zu Aussagen machen:
I
I
Für alle x 2 M gilt A(x).
Es gibt ein x 2 M , so dass A(x) gilt.
Symbol:
Symbol:
8 x 2 M : A(x),
9 x 2 M : A(x).
Sprechweisen und Bemerkungen:
I
I
I
I
I
Erinnerung: gilt“ ist ein Synonym für ist wahr“.
”
”
Statt für alle“ kann man auch für jedes“ sagen.
”
”
Statt es gibt ein“ kann man auch es existiert ein“ sagen. Man
”
”
meint damit: es gibt mindestens ein“.
”
Will man ausdrücken, dass es genau ein x“ gibt, so dass A(x) richtig
”
ist, so schreibt man: 9! x 2 M : A(x).
Statt 8 x 2 M : A(x) ) B(x) schreibt man oft abkürzend
A(x) ) B(x), wenn kein Zweifel darüber besteht, wie M aussieht.
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Vollständige Induktion
Schlechter Stil ist es, Quantoren hinten anzusetzen: A(x) 8 x 2 M .
Direkte Beweise einer mit einem Allquantor 8 x 2 M“ beginnenden
”
Aussage starten i.d.R. so: Sei x 2 M beliebig.“
”
Direkte Beweise einer mit einem Existenzquantor 9 x 2 M“
”
beginnenden Aussage starten i.d.R. so: Wähle / betrachte folgendes
”
x 2 M .“
Oft kann man auch hier Widerspruchsbeweise führen, also die Negation
einer mit Allquantor oder Existenzquantor beginnenden Aussage zu einem
Widerspruch führen. Nötig dazu ist die formale Negation solcher Aussagen:
2. ¬( 9 x 2 M : A(x) )
()
()
1. Erster Stein kippt,
9x 2 M : ¬A(x).
2. Kippt der n-te Stein, so auch der (n + 1)-te Stein.
8x 2 M : ¬A(x).
gegeben ist.
Was geschieht, wenn mehrere Quantoren in einer Aussage verwendet
werden?
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Stellt man Dominosteine in
einer Reihe so auf, dass ein jeder in der Reihe den Nachfolger umkippt,
wenn er selbst zum Kippen gebracht wird, fällt die ganze Reihe, falls wir
nur den ersten Stein in der Reihe umkippen.
Wir sehen den Dominoe↵ekt ein, wenn die Gültigkeit der beiden Aussagen
Satz 6.7 (Verneinung von Aussagen mit Quantoren)
1. ¬( 8 x 2 M : A(x) )
7. Vollständige Induktion
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Beispiel
1. 8 x 2 R 9 n 2 N : n > x.
D.h.: Für jede reelle Zahl x gibt es eine natürliche Zahl n mit n > x.
Diese Aussage ist wahr, denn:
Sei x 2 R beliebig. Wähle dann n = bxc + 1 2 N, wobei bxc die
Gauß-Klammer von x ist, also die größte ganze Zahl kleiner gleich x.
Es ist n > x. q.e.d.
2. 9 n 2 N 8 x 2 R : n > x.
Wörtlich: Es gibt eine natürliche Zahl n, so dass für jede reelle Zahl x
gilt: n > x.
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Ganz ähnlich wie eine solche Dominoreihe (nur ohne Ende) sind die
natürlichen Zahlen: Beginnt man bei 1 und zählt man immer 1 weiter, so
gelangt man in dieser Weise zu jeder natürlichen Zahl.
Man stelle sich nun eine Aussageform A(n) vor, die für jede natürliche
n
P
Zahl n eine Aussage liefert, z.B. A(n) :
k = n(n+1)
2
k=1
Gelingt der Nachweis, dass A(1) richtig ist und kann weiter gezeigt
werden, dass aus der angenommenen Gültigkeit von A(n) für ein beliebiges
n 2 N auch die Gültigkeit von A(n + 1) folgt, dann gilt A(n) o↵ensichtlich
für alle n 2 N. Das ist das Prinzip der vollständigen Induktion:
Satz 7.1 (Vollständige Induktion)
Sei A(n) eine von n 2 N abhängige Aussage. Gelten die beiden Aussagen
1. A(1)
2. 8n 2 N :
(Induktionsanfang oder Verankerung)
A(n) ) A(n + 1)
(Induktionsschluss),
so gilt A(n) für alle n 2 N.
Diese Aussage ist falsch, vgl. Vorlesung.
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Vollständige Induktion
Stehen Quantoren in Reihung, so verzichtet man auf Doppelpunkte.
Gleiche Quantoren, die nebeneinander stehen, lassen sich vertauschen,
ohne dass sich die Aussage ändert.
Der Tausch unterschiedlicher Quantoren ist strengstens verboten:
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Bemerkung:
1. Formal deutet man den Induktionsanfang zB durch Kürzel wie IA
oder IV an, den Induktionsschluss zB. durch IS. Im Induktionsschluss
verwendet man ja die Annahme, dass A(n) gilt. An der Stelle, an der
dies geschieht, ist der Hinweis darauf (zB durch Ind.ann.“) sinnvoll.
”
2. Statt N darf man unter Bemühung der gleichen Anschauung jeden bei
einer ganzen Zahl n0 beginnenden Abschnitt {n 2 Z | n n0 } der
ganzen Zahlen für die Induktion zugrundelegen:
Gelten die beiden Aussagen
1. A(n0 )
2. 8n 2 Z, n
(Induktionsanfang oder Verankerung)
n0 :
A(n) ) A(n + 1)
so gilt A(n) für alle n 2 Z mit n
(Induktionsschluss),
n0 .
Beispiele in der Vorlesung . . .
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