Meßgenauigkeit und Meßfehler Jede Messung ist mit Fehlern behaftet, daher Fehlerangabe Beispiel: Historische Entwicklung der Fehler bei der Messung der Lebensdauer des Neutrons • Systematische Fehler: bedingt durch Messapparatur, äußere Einflüsse • Statistische Fehler: bedingt z.B. durch Schwankungen der Messung 1 Statistische Fehler, Messwertverteilung und Mittelwert Mittelwert <x> einer Stichprobe von n Realisationen aus einer Grundgesamtheit 1 n 1 < x >= ∑ xi = (x1 + x 2 + .... + x N ) n i =1 n <x> ist eine erwartungstreue Schätzung des Erwartungswertes der Grundgesamtheit Einen unverzerrten Schätzwert für die Streuung σ2 der Grundgesamtheit erhält man, durch 1 n s = ( x i − < x >)2 , s x = Standardabweichung ∑ n − 1 i =1 2 x Beispiel für die Grundgesamtheit: Mit einem Würfel sind im Prinzip unendlich viele Würfe möglich, ohne dass sich die Eigenschaften ändern. Diese (fiktive) Menge ist die Grundgesamtheit. 2 II. Mechanik: 1. Teil • Bewegung in einer Dimension (1D) – Kinematik in einer Dimension – Bewegung mit konstanter Beschleunigung – Vektoren • Bewegung in zwei und drei Dimensionen 3 Beispiel: 100 m Läuferinnen 4 Bewegung in einer Dimension (1-D) • In einer Dimension (1D) beschreiben wir den Ort (Position eines Massenpunktes) mit: x(t) • Die Zeit wird beschrieben mit: t • Um Richtungen anzugeben benötigen wir nur + und - Ortsänderung: ∆x = x(t2 ) − x(t1 ) = x2 − x1 ∆t = t2 - t1 5 Kinematik in 1-D: mittlere Geschwindigkeit • • Geschwindigkeit v ist die „Änderung des Orts“ Mittlere Geschwindigkeit <v> im Zeitintervall ∆t = t 2 – t 1 : x(t2 ) - x(t1) ∆x <v > = v = = t2 - t1 ∆t ∆x tan α = ∆t ∆x α ∆t 6 Experiment 1: Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit • Luftkissenfahrbahn mit zwei Lichtschranken. • Gleiter (25,5 cm lang) mit mäßiger Geschwindigkeit. • Messung der Verdunklungszeit bei jedem Durchgang durch eine Lichtschranke mit einen Digitalzähler. • Zeiten jeweils gleich. • Wiederholte Messung. 7 Konstante Geschwindigkeit • Schlitten unterbricht Lichtschranke: Start der Messung, • Schlitten gibt Lichtschranke frei: Stopp der Messung. • ⇒ Messung der Zeit t, die der Schlitten braucht, um s = 25,5 cm zurückzulegen s v= t 25,5 cm v Lichtschranke Lichtschranke 8 Kinematik in 1-D: Momentangeschwindigkeit • Grenzfall: t2 ⇒ t1 • Momentane Geschwindigkeit v ist definiert als: x(t + ∆t) − x(t) v = lim ∆t → 0 ∆t dx(t) v(t) = = x& dt Ableitung 9 Einfache Beispiele für Ableitungen x(t) = 12 ⋅ c ⋅ t 2 c ( t + ∆t ) 2 − t 2 x (t + ∆t ) − x(t) = lim ⋅ v = lim = ∆t → 0 ∆ t → 0 ∆t ∆t 2 c t 2 + 2 ⋅ t ⋅ ∆t + ∆t 2 − t 2 c 2 ⋅ t ⋅ ∆t + ∆t 2 = lim ⋅ = lim ⋅ = ∆t → 0 2 ∆ t → 0 ∆t ∆t 2 = lim ( c ⋅ t + ∆t ) = c ⋅ t ! ∆t → 0 Geschwindigkeit nimmt linear mit t zu: konstante Beschleunigung ) t + ∆t − t( v (t + ∆t ) − v(t) v (t) = c ⋅ t ⇒ lim = lim = c! ∆t →0 c ⋅ ∆t → 0 t t ∆ ∆ 10 Kinematik in 1-D: Beschleunigung • Beschleunigung a ist die „Änderung der Geschwindigkeit“ • Mittlere Beschleunigung <a> im Zeitintervall ∆t = t2 – t1 ist: a= v(t2 ) − v(t1) ∆v = t2 − t1 ∆t Momentane Beschleunigung a ist definiert als: dv(t) d2 x(t) a(t) = = = x&& 2 dt dt mit dx(t) v(t) = dt 2. Ableitung 11 Zusammenfassung Wenn der Ort x als Funktion der Zeit bekannt ist, können wir sowohl die Geschwindigkeit v als auch die Beschleunigung a als Funktion der Zeit t finden ! x = x(t) dx v= = x& dt dv d2 x a= = 2 = x&& dt dt 12 Mehr zur 1-D Kinematik Wir haben gesehen, dass: v = dx/dt In der Sprechweise der „Analysis“ können wir schreiben: dx = v⋅⋅dt und integrieren: t2 x(t2 ) − x(t1) = ∫ v(t)dt t1 Graphisch entspricht das einer Aufsummation vieler kleiner Rechtecke: ∆ + ∆ + ∆ + ∆ +.........+ ∆ Integration = Umkehrung Differentiation 13 Bewegung in 1-D mit konstanter Beschleunigung • Integralrechnung: 1 2 dt = t , tdt = t ∫ ∫ 2 • Wegen: a = dv/dt erhält man die Geschwindigkeit v durch Integration • Wenn a konstant ist: Wegen: v = ∫ a dt = a ∫ dt = a ⋅ t + v 0 v = dx/dt erhält man den zurückgelegten Weg durch nochmalige Integration: x = ∫ v ⋅ dt = ∫ (a ⋅ t + v 0 ) ⋅ dt = 1 2 ⋅ a ⋅ t + v 0 ⋅ t + x0 2 14 Zusammenfassung Für konstante Beschleunigung a haben wir gefunden: a = const., v = v 0 + a ⋅ t, x = x 0 + v 0 ⋅ t + 12 ⋅ a ⋅ t 2 . 15 Experiment 2: Bewegung mit konstanter Beschleunigung • 25,5 cm Gleiter auf Luftkissenbahn. • Beschleunigt durch Gewicht. • Start unmittelbar vor linker Lichtschranke. • Verdunkelung linke Lichtschranke startet Zähler. • Verdunkelung rechte Lichtschranke stoppt Zähler. • Masse des Gleiters: 399,5 g. • Massen zur Beschleunigung 20g, 40g und 60g. • Gesamte Masse immer gleich: (399,5+20+40+60) g! • Beschleunigungsstrecke 2 m. 1 2 x = at 2 1 1 t ∝ ∝ a mBesch 2 16 Experiment 2: Bewegung mit konstanter Beschleunigung mGewicht Mit: F = mGewicht g und F = mgesamt a folgt: a = g mgesamt s= 1 2 1 1 . at ⇒ t 2 ∝ ∝ 2 a mGewicht 2s t2 = 1 a o Typische Messwerte: mGewicht = 20 g, t1 = 3,0 s, t12 mGewicht = 40 g, t2 = 2,12 s, t22 = 4,50 s² (= 0,5 t12) mGewicht = 60 g, t3 = 1,73 s, t32 = 3,0 s² (= 0.33 t12) = 9,0 s² 2s 1 2s 2 t = = 2 2a 2a o o 2s 1 2s 2 t = = 3 3a 3a o o 17 Beispiel: Bewegung in 1 Dimension • Ein Ball wird vertikal nach oben geworfen. Welche der folgenden Aussagen in Bezug auf seine Geschwindigkeit v und Beschleunigung a am höchsten Punkt der Bahn sind richtig? a) b) c) v=0 v≠0 v=0 und aber aber a=0 a=0 a≠0 18 Lösung • Während der Ball nach oben geht ist die Geschwindigkeit positiv, während er fällt negativ. Am höchsten Punkt ist sie 0 ! • Weil sich die Geschwindigkeit stetig ändert, muß es Beschleunigung geben. » Beschleunigung durch Schwerkraft der Erde: |g| = 9.81 m/s2 • Richtig ist c): v = 0 und a ≠ 0 19 Eine sehr nützliche Formel v = v 0 + a ⋅ t (1) x = x 0 + v 0t + • Gl. (1) nach t auflösen: t = 1 a ⋅ t 2 (2) 2 v − v0 a v − v0 1 v − v0 + a und für t in Gl. (2) einsetzen: x = x 0 + v 0 a 2 a x = x0 + v 0 v − v 02 + 1 2 v2 + a 1 2 v 02 − v 0 v = x0 + 1 2 v2 − a 1 2 v 02 2 ! ⇒ v 2 − v o2 = 2a(x − x 0 ) 2 Beispiel: x 0 = 0, v 0 = 0, a = 5m/s , x = 100m ⇒ v ≈ 32m/s ≈ 115km/h 20 1-D Freier Fall (keine Massenabhängigkeit!) • • Beispiel für konstante Beschleunigung (Gravitation) In diesem Beispiel wird die Beschleunigung durch die Erdbeschleunigung verursacht: » » Definition: y-Achse ist positiv nach oben Erdbeschleunigung ist nach unten gerichtet ay = − g v y = v 0y − g ⋅ t 1 y = y 0 + v 0 yt − g ⋅ t 2 2 21 Experiment: Freier Fall einer Feder und eines Balls! • Glasröhre: 1 m lang, 5 cm Durchmesser. • Kupferpfennig und Flaumfeder darin. • Freier Fall: Pfennig weit vor Flaumfeder. • Röhre wird evakuiert. • Freier Fall: Pfennig und Flaumfeder gleich schnell. 22 Erdbeschleunigung • g hängt nicht von Materialeigenschaften ab » Galileo Galilei (1564 - 1642) • Nominal: • Am Äquator: • Am Nordpol: g = 9.81 m/s2 g = 9.78 m/s2 g = 9.83 m/s2 Mehr über Gravitation in den kommenden Vorlesungen 23 Kinematik in zwei Dimensionen: Bahnkurven Beispiel 1: Lineare Bewegung x = a·t y = b·t z=0 eliminiere t ⇒ y = (b/a)·x Beispiel 2: Kreisbahn x = R·cos(ωt) y = R·sin(ωt) quadriere und addiere: x2 + y2 = R2 [cos2(ωt) + sin2(ωt)] = R2 24 Kinematik in 3 Dimensionen • Ort (Vektor): r r1 r ∆r r r r r2 = r1 + ∆r • Geschwindigkeit (Vektor) r r r ∆r dr v = lim = ∆t →0 ∆t dt r v1 r r1 r r2 r v2 •Beschleunigung (Vektor): r v2 r v1 r ∆v r r 2r r ∆v dv d r = = 2 a = lim ∆t → 0 ∆t dt dt 25 Vektoren.... 26 Beispiel zur Addition von Vektoren Was ist die Summe von A, B und C? B A C Vektor kann bewegt werden, solange sich die Orientierung nicht ändert. Wir bewegen A und B so, dass das Ende von A den Anfang von B berührt. A B 27 3-D Kinematik • Der Ort, die Geschwindigkeit und die Beschleunigung eines Körpers in 3 Dimensionen kann man wie folgt ausdrücken: r r r r r = x ⋅i + y ⋅ j + z ⋅k r r r r v = vx ⋅ i + vy ⋅ j + vz ⋅ k r r r r a = a x ⋅ i + ay ⋅ j + a z ⋅ k • Zur Erinnerung: die 1-D Kinematik sieht so aus x = x(t), dx v= , dt dv d2 x a= = 2 dt dt 28 3-D Kinematik • Für 3-D wenden wir einfach die 1-D Gleichungen auf jede der Komponenten an Die dann zu den Vektorgleichungen kombiniert werden können r r r = r (t), r r dr v= , dt r r dr a= 2 dt 2 29 3-D Kinematik • Bei konstanter Beschleunigung gilt: r a = const. r r r v = v0 + a ⋅ t r r r r 2 1 r = r0 + v 0 ⋅ t + 2 ⋅ a ⋅ t 30 Kinematik in zwei Dimensionen • Viele 3D-Probleme lassen sich auf 2D-Probleme reduzieren, wenn die Beschleunigung konstant ist » Wählen Sie die y-Achse so, dass sie in Richtung der Beschleunigung zeigt. » Wählen Sie die x-Achse in die andere Richtung der Bewegung Beispiel: Wurf eines Balles (unter Vernachlässigung der Luftreibung) » Beschleunigung ist konstant » Wählen Sie die y-Achse in Richtung ay = -g Richtung (himmelwärts) » Wählen Sie die x-Achse in Richtung des Wurfs 31 Fallversuch nach Galilei (Superposition von Geschwindigkeiten ) Die Fallmaschine (arretierbare Feder) schleudert eine Kugel horizontal weg und lässt gleichzeitig eine zweite kräftefrei fallen. Beide Kugeln erreichen den Fußboden zur selben Zeit d.h. es ist nur ein Aufschlaggeräusch zu hören. Interpretation: x- Bewegung und y-Bewegung können unabhängig voneinander betrachtet werden 32 Wurfparabel y vo vo a = -g vox φo x φo voy tanφo = v ox v oy v oy v ox = v o ⋅ cos φo = v o ⋅ sin φo Einzelkomponenten: v x = v ox x = v ox ⋅ t + x o v y = − g ⋅ t + v oy t= x − xo v ox 1 y = − g ⋅ t 2 + v oy ⋅ t + y o 2 33 Wurfparabel t wird eliminiert: 2 v oy 1 ( x − xo ) y=− g + (x − x o ) + y o 2 2 v ox v ox Mit den Startwerten: xo = 0, yo = 0 erhält man: 1 x 2 v oy y=− g 2 + x 2 v ox v ox 1 x2 y = − g⋅ 2 + x ⋅ tan(φo ) 2 2 v o ⋅ cos (φo ) 34 Wurfparabel „Reichweite“ der Wurfparabel: mit ystart = yZiel = 0 75°° 60°° 1 x2 y = − g⋅ 2 + x ⋅ tan(φo ) 2 v o cos2 (φo ) 45°° 30°° Zu lösen ist die Aufgabe y = 0 15°° v0 = 50 m/s 35 Lösung der Gleichung 1 x2 0=− g 2 + x ⋅ tan(φo ) 2 2 v o cos (φo ) a ⋅ x 2 + b ⋅ x = 0 ⇒ x ⋅ (a ⋅ x + b) = 0 1 g und b = tan(φ0 ) 2 2 2 v o cos (φo ) Lösung 1: x = 0 mit a = − Lösung 2: x = −b / a = 2 tan(φo ) 2 v o cos2 (φo ) g 2v o2 sinφo ⇒ x2 = sin φo cos φo tan(φo ) = g cos φo v 2o sin(2φo ) 2 sinα cos α = sin 2α ⇒ x 2 = g 36 Beispiel: Relativbewegung 37 Beispiel: Relativbewegung 38 Beispiel: Relativbewegung 39 Beispiel: Relativbewegung 40 Schussapparat Auf einen Pfeil wird mit Hilfe eines durch ein elastisches Band vorgespannten Seiles eine Kraft in Richtung auf die Mitte einer vertikal angeordneten Zielscheibe ausgeübt. Bei Freigabe des Pfeils wird die Befestigung der Zielscheibe automatisch gelöst, so dass diese frei herunterfallen kann. Der Pfeil trifft stets die frei fallende Scheibe, unabhängig vom vertikalen Startpunkt des Pfeils. 41 Kreisbewegungen 42 Gleichförmige Kreisbewegung Einfachste Beschreibung in Polarkoordinaten x = R cosθ, y = R sinθ 360o <=> 2π Kreisumfang: u =2π πR 43 Frequenz und Periode Θ = ω⋅t 44 Zusammenfassung 45 Anwendung: Geschwindigkeit einer Gewehrkugel • Zwei Papierscheiben mit Markierung. • Abstand s = 0.3 m, jeweils versehen mit Markierung. • Stroboskoplampe (f = 50 Hz). • Scheibe rotiert (50 Umdrehungen pro Sekunde). • Scheibe erscheint als stehendes Bild. • Schuss durch beide Scheiben, parallel zur Achse. • Messung des Winkels zwischen den Einschusslöchern. Beispiel: Winkel zwischen den Durchschusslöchern 30 Grad oder 1/12 des Vollkreises. Flugzeit des Geschosses zwischen den beiden Scheiben t = 1/12 x 1/50 Sekunde = 1/600 Sekunde. Geschwindigkeit des Geschosses also v = s/t = 0,3 m ⋅ 600/s = 180 m/s = 650 km/h! 46 Beschleunigung bei gleichförmiger Kreisbewegung Ähnliche Dreiecke 47 Beschleunigung bei gleichförmiger Kreisbewegung v = ω ⋅R ⇒ a = ω2 ⋅ R 48