174 Hauterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen 20 Papulosquamöse Erkrankungen Psoriasis vulgaris 174 Pityriasis rubra pilaris 180 Parapsoriasis-Gruppe Parapsoriasis en plaques Pityriasis-lichenoides-Gruppe 181 181 182 Lichen planus Lichen nitidus 184 186 Lichen striatus 186 Pityriasis rosea 187 Infantile papulöse Akrodermatitis 188 Literatur 190 Leitsymptome der papulosquamösen Erkrankungen sind Schuppung und verstärkte epidermale Proliferation: Im Unterschied zu den Ichthyosen, bei denen meist keine Proliferation erfolgt, geht die Schuppung bei den papulosquamösen Erkrankungen einher mit der Bildung von Papeln (Lichen ruber) oder Plaques (Psoriasis und Parapsoriasis-Gruppe). Abb. 20-1 Erythematosquamöse Plaques. Scharfe Begrenzung, dichter Schuppenbelag auf erythematösem Grund. Psoriasis vulgaris Vorkommen: Die Psoriasis ist eine genetisch bedingte Erkrankung mit einer Prävalenz von 2 bis 3 %. Etwa 14,8 % aller Psoriasis-Fälle treten vor dem 15. Lebensjahr auf. Bei 30 % der betroffenen Kinder findet sich eine positive Familienanamnese. Ätiologie: Wie das atopische Ekzem ist auch die Psoriasis eine polygen vererbte Erkrankung. Verschiedene Gene (Psor1−6 u. a.) disponieren allein bzw. in Kombination zur Bereitschaft, nach Einwirkung eines äußeren Triggerfaktors temporär oder dauerhaft psoriatische Hautveränderungen der unterschiedlichsten Art, Ausprägung und Lokalisation zu entwickeln. Während bei Erwachsenen Alkohol- und Nicotinabusus, Übergewichtigkeit und Stress die wichtigsten Dispositionsfaktoren darstellen, sind es bei Kindern Infektionen mit A -hämolysierenden Streptokokken, deren Toxine (»streptococcal pyrogenic exotoxins«) als so genannte »Superantigene« zu der für die Pathogenese der Psoriasis entscheidenden T-Zell-Aktivierung beitragen. Klinisches Bild: Typische klinische Zeichen der Psoriasis sind: 쐌 erythematosquamöse Plaques: scharf begrenzte, diffus und groblamellär schuppende Plaques auf erythematösem Grund (Abb. 20-1) 쐌 Psoriasis-Phänomene: Die folgenden Psoriasis-Phänomene sind mit einem Holzspatel zu prüfen und stellen das klinische Korrelat typischer histologischer Veränderungen dar: – Durch horizontales Schaben lassen sich groblamelläre Schuppen abtragen. Diese Hyperkeratose ist Ausdruck der gesteigerten Proliferation der Epidermis, die sich bei der Psoriasis innerhalb von fünf bis sechs (statt 24−28) Tagen erneuert. Die darunter liegenden Schuppen lösen sich in Form kerzenwachsartiger Flocken (»Kerzentropf«Phänomen). – Schließlich löst sich eine wachsartige Lamelle, das »letzte Häutchen« (씮 verdickte basale Zellschicht). – Es kommt zu punktförmigen Blutungen (»Auspitz-Zeichen«) aus dem freigelegten dermalen Gefäßplexus zwischen den verdickten epidermalen Papillen-»Zapfen« (씮 Papillen-Hyperplasie). 쐌 Verteilung der Hautveränderungen: Am häufigsten sind Ellenbogen, Knie, Ohrmuscheln, Nabel und – bei 44 % der Kinder – Genitalbereich (insbesondere Perineum, Analfalte) betroffen. Psoriasis vulgaris Manifestationsformen im Kindesalter: Die häufigste Manifestationform der Psoriasis im Kindesalter ist die Psoriasis guttata. Aber auch pustulöse Formen werden beobachtet, während die chronisch stationäre Form bei Kindern eher selten ist. 쐌 Psoriasis guttata: Im Kindesalter erfolgt die Erstmanifestation häufig exanthematisch: Mit einer Latenzzeit von meist ein bis drei Wochen kommt es nach Infektionen, insbesondere mit A -hämolysierenden Streptokokken, zur generalisierten Aussaat tropfenförmiger Papeln und Plaques (Abb. 20-4), die initial an ein Virusexanthem erinnern und leicht jucken können. Stamm und proximale Extremitäten sind am stärksten betroffen. Die Anzahl der Effloreszenzen liegt zwischen zehn bis 20 und mehreren 100. Kinder mit dieser Psoriasis-Form sollten besonders gründlich auf pharyngeale Entzündungen oder Mittelohrentzündungen hin untersucht werden. Auch eine perianale Streptokokken-Dermatitis kann als Triggerfaktor wirken. Die Hautveränderungen bilden sich ohne Behandlung meist nach ein bis zwei Monaten zurück. Ein Großteil der Kinder entwickelt jedoch innerhalb von fünf Jahren eine »klassische« (Plaque-)Psoriasis. 쐌 Windelpsoriasis: Eine für Säuglinge und Kleinkinder typische Manifestationsform ist die Windelpsoriasis (Janniger et al. 2005), bei der sich im Windelbereich großflächig ein scharf begrenzter, schuppender, erythematöser Plaque entwickelt (Abb. 20-5). 쐌 pustulöse Psoriasis-Formen: Eine Pustulation kann begleitend im Rahmen aller Psoriasis-Formen als »Psoriasis cum pustulatione« auftreten, z. B. in Form einiger weniger Pusteln im Palmoplantarbereich Abb. 20-2 Psoriasis im Bereich von Haaransatz und Kopfhaut. Scharf begrenztes Erythem, groblamelläre Schuppung. Abb. 20-3 Nagelgrübchen (»pits«) bei Psoriasis (Abb. 20-6). Dem stehen verschiedene Psoriasis-Formen gegenüber, die ausschließlich oder überwiegend durch Pusteln gekennzeichnet sind. Sie umfassen etwa 10 bis 15 % aller Psoriasis-Formen. Man unterscheidet die anuläre pustulöse Psoriasis und die generalisierte pustulöse Psoriasis (Liao et al. 2002), während die akrale pustulöse Psoriasis (Acropustulosis continua suppurativa Hallopeau-Siemens), die durch Suppuration (Eiterbildung) im Bereich der Finger- und Zehenendglieder gekennzeichnet ist und oft mit einer Arthropathie einhergeht, im Kindesalter nur extrem selten beobachtet wird. Hauterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen 쐌 Beteiligung der Kopfhaut: Eine Beteiligung der Kopfhaut liegt bei der Mehrzahl der Kinder vor und zeigt sich als diffuse, mittel- bis groblamelläre, weißlich gelbe Schuppung auf erythematöser Haut; das Erythem ist besonders deutlich im Bereich des Haaransatzes zu erkennen (Abb. 20-2). Im Unterschied zur Tinea capitis ist die Schuppung diffus und geht weder mit Suppuration noch mit Haarverlust einher. 쐌 typische Nagelveränderungen: Bei 15 % aller Kinder mit Psoriasis finden sich typische Nagelveränderungen. Zu den für die Psoriasis typischen Nagelveränderungen zählen kleine Dellen (»pits«; Abb. 20-3), eine Gelbfärbung unterhalb der Nagelplatte (»psoriatischer Ölfleck«), der auf einer subungualen Hyperkeratose beruht, die Lösung des Nagels (Onycholyse) vornehmlich im Bereich des distalen Nageldrittels sowie die Verdickung bzw. Dystrophie der gesamten Nagelplatte (Onychodystrophie). Im Unterschied zur Onychomykose sind bei der psoriatischen Onychodystrophie meist alle Nägel betroffen. 쐌 isomorpher Reizeffekt (Koebner-Phänomen): In Kratzläsionen oder Mikrotraumen entstehen neue Psoriasis-Effloreszenzen. 175 176 20 Papulosquamöse Erkrankungen Abb. 20-4 Psoriasis guttata. Exanthemartig auftretende, disseminierte, leicht schuppende, tropfenförmige Papeln. Hauterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen Abb. 20-6 Psoriasis cum pustulatione. Auftreten kleiner (steriler) Pusteln innerhalb oder am Rand von erythematosquamösen Plaques. bildung, die von allgemeinem Krankheitsgefühl und Fieber begleitet sein kann. ! Cave: Eine generalisierte Pustulation wird oft nach Absetzen einer systemischen Glucocorticoid-Therapie beobachtet, die daher bei Patienten mit Psoriasis vermieden werden sollte! Abb. 20-5 Windelpsoriasis. Scharf begrenzter, infiltrierter, teils schuppender Plaque. – anuläre pustulöse Psoriasis: Die anuläre pustulöse Psoriasis ist die häufigste pustulöse PsoriasisForm im Kindesalter. Die Erkrankung ist durch anulär angeordnete kleine Pusteln auf erythematösem Grund gekennzeichnet (Abb. 20-7). Auslöser sind, wie auch bei den anderen Psoriasis-Formen, meist vorangehende Infekte. Mischbilder aus anulärer und generalisierter pustulöser Psoriasis kommen vor. – generalisierte pustulöse Psoriasis: Bei dieser Psoriasis-Form kommt es zur generalisierten Pustel- 쐌 chronisch stationäre (Plaque-)Psoriasis: Die chronisch stationäre Psoriasis ist gekennzeichnet durch großflächige erythematosquamöse Plaques an den typischen Prädilektionsstellen (Abb. 20-8), einschließlich des Capillitiums. Komplikationen: 1. Erythrodermie: Eine Erythrodermie ist definiert als entzündliche Rötung (erkennbar als Schuppung und/oder Infiltration), die mindestens 90 % der Körperoberfläche betrifft. Neben der Psoriasis können auch andere Erkrankungen (atopisches Ekzem, Mycosis fungoides u. a.) zur Erythrodermie führen. Die betroffenen Patienten sind insbesondere durch Wärme- und Flüssigkeitsverlust gefährdet. 2. Psoriasis-Arthropathie: Eine Gelenkbeteiligung ist im Kindesalter selten (etwa 1 % aller kindlicher Psoriasis-Fälle). Sie kann den Hauterscheinungen vorangehen oder folgen. Die Psoriasis-Arthropa- Psoriasis vulgaris 177 Abb. 20-8 Chronisch stationäre Psoriasis. Große erythematosquamöse, teils wie Kontinente auf einer Landkarte angeordnete, persistierende Plaques. thie findet sich meist oligoartikulär und betrifft vorzugsweise die Metacarpophalangealgelenke (MCP) und die proximalen Interphalangealgelenke (PIP), weniger häufig die Sakroiliakal- und Zwischenwirbelgelenke. Beim SAPHO-(SynovitisAkne-Pustulosis-Hyperostosis-Osteitis-)Syndrom liegt eine sterile Entzündung der Sternokostalgelenke vor; diese wird oft von lytischen Knochenveränderungen (Akroosteolysen) begleitet. Diagnostik: Die Psoriasis wird in der Regel klinisch diagnostiziert. Morphe und Verteilung der Hautveränderungen sind pathognomonisch. Daher sollte bei Psoriasis-Verdacht stets eine Inspektion der gesamten Hautoberfläche erfolgen. Im Zweifelsfall (siehe Differenzialdiagnosen) erfolgt eine Hautbiopsie. 쐌 쐌 쐌 쐌 Differenzialdiagnosen: Psoriasis guttata: 씮 Tabelle 20-1 Windelpsoriasis: 씮 Tabelle 20-2 pustulöse Psoriasis-Formen: 씮 Tabelle 20-3 chronisch stationäre (Plaque-)Psoriasis: 씮 Tabelle 20-4 Therapie: Die Behandlung zielt zunächst auf die Entfernung der Schuppung, anschließend auf die Beseitigung der zu Grunde liegenden Entzündung, schließlich auf die Hemmung der überschießenden Keratinozytenproliferation. Darüber hinaus muss nach möglichen Auslösern ([Streptokokken-]Infektionen, Stress, Medikamente) gefahndet werden. Die Art der Behandlung richtet sich nach dem Alter des Kindes, der Lokalisation des Befundes und der Manifestations- Hauterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen Abb. 20-7 Anuläre pustulöse Psoriasis. Ringförmig um erythematöse Plaques angeordnete (sterile) Pusteln. 178 20 Papulosquamöse Erkrankungen Tab. 20-1 Differenzialdiagnosen der Psoriasis guttata Krankheitsbild Abgrenzungskriterien Weiterführende Diagnostik Pityriasis rosea (씮 S. 187) 쐌 Primär-Medaillon, hautlinienbetonte Anordnung 쐌 Prädilektionsstellen der Psoriasis eher ausgespart 쐌 Psoriasis-Phänomene nicht vorhanden 쐌 Histologie Pityriasis lichenoides chronica (씮 S. 183) 쐌 쐌 쐌 쐌 쐌 Histologie Rubella 쐌 homogenere Makulopapeln 쐌 weniger Schuppung 쐌 Mikrolymphadenopathie 쐌 Rubella-IgM (im HHT) Sekundäre Lues 쐌 auch palmoplantar 쐌 wenig schuppend 쐌 Anamnese (bei Kindern meist nach peripartaler Übertragung) 쐌 TPHA, VDRL entwickelt sich häufig aus einer PLEVA hautlinienbetonte Anordnung Prädilektionsstellen der Psoriasis eher ausgespart Psoriasis-Phänomene nicht vorhanden HHT = Hämagglutinin-Hemmtest; PLEVA = Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta; TPHA = Treponema-pallidum-Hämagglutinationstest; VDRL = »venereal disease research laboratory« Hauterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen Tab. 20-2 Differenzialdiagnosen der Windelpsoriasis Krankheitsbild Abgrenzungskriterien Weiterführende Diagnostik Windeldermatitis 쐌 unscharf begrenzt 쐌 mazeriert, weniger infiltriert 쐌 ggf. Candida-Abstrich 쐌 Verlauf Seborrhoische Dermatitis 쐌 fettglänzende Papeln auch im Bereich von Stamm und Kopf 쐌 ggf. Histologie Allergisches Kontaktekzem 쐌 Beginn innerhalb von 2−3 Tagen mit heftigem Juckreiz 쐌 scharf begrenzt, aber typische Ekzemmorphe 쐌 Anamnese Langerhans-Zell-Histiozytose 쐌 derbe, juckende Papeln und kleinere Plaques, die in den Hautfalten zur Fistulation neigen, dominieren 쐌 Histologie Tab. 20-3 Differenzialdiagnosen der pustulösen Psoriasis-Formen Krankheitsbild Abgrenzungskriterien Weiterführende Diagnostik Impetigo contagiosa 쐌 bei der großblasigen Form: Pusteln und eitergefüllte Blasen, die rasch rupturieren und eine honiggelbe Kruste hinterlassen 쐌 Pustelinhalt nicht steril 쐌 bakteriologischer Abstrich: Nachweis von S. aureus oder S. pyogenes Akute generalisierte exanthematische Pustulose 쐌 abrupter Beginn einer disseminierten Pustulose 쐌 Familienanamnese negativ 쐌 Anamnese (häufig Medikamente als Trigger) Tinea corporis 쐌 randständige Schuppung 쐌 gelegentlich auch anuläre Pusteln 쐌 KOH-Präparat, Kultur Psoriasis vulgaris 179 Krankheitsbild Abgrenzungskriterien Weiterführende Diagnostik Nummuläres Ekzem 쐌 Ekzemmorphe, stark juckend 쐌 Psoriasis-Phänomene nicht vorhanden 쐌 Atopieanamnese häufig positiv 쐌 ggf. Histologie Tinea corporis 쐌 Plaques mit randbetonter Schuppung 쐌 häufig gleichzeitig Tinea capitis 쐌 KOH-Präparat 쐌 Kultur Lichen ruber planus 쐌 Mundschleimhautbeteiligung 쐌 Plaques mit weißlicher Wickham-Zeichnung, weniger stark schuppend 쐌 ggf. Histologie Dermatomyositis 쐌 ähnliche Plaques an Knien und Ellenbogen, aber nicht an den typischen Psoriasis-Prädilektionsstellen 쐌 lilafarbene Maculae, Muskelschwäche 쐌 CPK 쐌 EMG 쐌 Muskelbiopsie form der Psoriasis (Burden 1999, Oranje et al. 1997). Grundvoraussetzung für den Behandlungserfolg bei dieser chronischen Erkrankung ist eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Kinderarzt und (mit Kindern erfahrenem) Hautarzt. Phase eins: Keratolyse 쐌 Dauer: drei bis fünf Tage 쐌 Capillitium: Salicylsäure (1−3 %) in Kerasal® Basissalbe oder in Adeps suillis; Fertigpräparat: Lygal® Kopfsalbe N 쐌 Körperherde: Salicylsäure (Säuglinge: 1−1,5 %; Kleinkinder: 1,5−2 %; ältere Kinder: 2−3 %) in Kerasal® Basissalbe oder in Vaseline. Cave: keine großflächige Anwendung (bei Säuglingen < 5 %; bei Kleinkindern < 10 %; bei älteren Kindern < 20 % der Körperoberfläche) und keine Anwendung im intertriginösen Bereich (Windel!), da Resorptions- und Irritationsgefahr besteht 쐌 Einwirkzeit: über Nacht, morgens auswaschen Phase zwei: antiinflammatorische Therapie 쐌 Dauer: zehn bis 14 Tage topische Steroide (Klassen II−III, z. B. Dermatop® Salbe, Ecural® Salbe), 2-mal/Tag 쐌 nach erfolgter Abschuppung: morgens Glucocorticoid (씮 1. Punkt), abends Calcipotriol (씮 rechts) 쐌 Bei der Psoriasis guttata ist neben einer inneren antibiotischen Therapie (wirksam gegen Streptokokken!), leichter Keratolyse und kurzfristiger externer Glucocorticoid-Therapie meist keine weitere Behandlung erforderlich. 쐌 Bei chronischen Verläufen empfiehlt es sich, die Anwendung der topischen Glucocorticoide intermittierend (z. B. 2-mal/Woche) fortzuführen. 쐌 Eine orale Glucocorticoid-Therapie ist als Monotherapie bei allen kindlichen Psoriasis-Formen kontraindiziert, da es nach dem Absetzen zu einem »flashback« mit psoriatischer Erythrodermie bzw. generalisierter Pustulose kommen kann. Phase drei: antiproliferative Therapie 쐌 Dauer: Wochen bis Monate 쐌 Die antiproliferative Behandlung kann alternativ mit folgenden Substanzen durchgeführt werden: – Vitamin-D3-Analoga: Calcipotriol (Daivonex®, Psorcutan®; jeweils als Salbe, Creme und Lösung), Calcitriol (Silkis® Salbe) – Cignolin bzw. Dithranol: Psoralon® MT Salbe (0,5−3 %), MICANOL® Creme (1 oder 3 %); in aufsteigender Konzentration, Steigerung nach täglicher (!) Inspektion hinsichtlich Ansprechen und Irritation von 1/64 bis 2 %. Diese Behandlung ist eher der Klinik vorbehalten. Die Vitamin-D3-Analoga sind bisher für das Kindesalter nicht zugelassen (Ausnahme: Daivonex®-Salbe für Kinder ab 6 Jahren); in großen Untersuchungsserien wurden jedoch Wirksamkeit und Sicherheit im Kindesalter gezeigt. Die Anwendung muss 2-mal täglich (Calcitriol: 1-mal täglich) erfolgen. Die Vitamin-D3Analoga Calcipotriol bzw. Calcitriol sollten nicht im Gesicht angewendet werden, da es dort zu Hautreizungen kommen kann. Eine intertriginöse Anwendung ist zu vermeiden; die Anwendungsfläche sollte 30 % (Silkis®: 40 %) der Körperoberfläche nicht übersteigen, da ansonsten eine Hyperkalzämie drohen kann. Cignolin (Dithranol) kann im Bereich der PsoriasisHerde zu einer (vorübergehenden) Pigmentverschiebung, ferner zu einer Verfärbung der Kleidung führen. Es sollte in Konzentration und Anwendungsdauer (Minutentherapie!) unter ärztlicher Kontrolle langsam nach Ansprechen und Verträglichkeit gesteigert werden; nach Beendigung der Einwirkzeit wird die Substanz mit lauwarmem Wasser abgewaschen. Therapie der pustulösen Psoriasis-Formen: Initial Lotio alba aquosa und topische Glucocorticoide der Klassen II (Advantan® Milch), kombiniert mit der (einschleichenden) oralen Gabe von Acitretin (Neotigason®, 0,2−0,5 mg/kg KG/Tag). Hauterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen Tab. 20-4 Differenzialdiagnosen der chronisch stationären Psoriasis 180 20 Papulosquamöse Erkrankungen Pityriasis rubra pilaris ! Cave: Pustulöse Psoriasis und psoriatische Erythrodermie sind Indikationen für eine Krankenhauseinweisung. PRP Vorkommen: Die PRP ist eine seltene Erkrankung. Ihre Inzidenz wird auf 1 : 500 000 geschätzt. Über familiär gehäuftes Vorkommen wurde berichtet. Bei mangelndem Ansprechen auf die drei Therapiephasen: Ausschluss, ggf. antibiotische Behandlung bisher Hauterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen unbehandelter infektiöser Herde (chronische Sinusitis, Zahnwurzelentzündung?) und systemische Behandlung: 쐌 erste Wahl: orale Retinoide; Acitretin (Neotigason®), 0,2 bis 0,5 mg/kg KG/Tag. Mögliche Nebenwirkungen der oralen Retinoide sind zu beachten (씮 S. 197 f.). 쐌 zweite Wahl: orale Immunsuppressiva – Ciclosporin A (initial 4−5 mg/kg KG/Tag, nach Ansprechen 2−3 mg/kg KG/Tag in 2 ED): Kontrolle von Blutbild, Kreatinin-Konzentration und Blutdruck alle vier Wochen. Bei einer Dosis von 2 bis 3 mg/kg KG/Tag sind keine BlutspiegelKontrollen erforderlich. Cave: Arzneimittelinteraktionen (Makrolide, Theophyllin). – Insbesondere bei Lokalisation im Gesicht kommt auch die topische Anwendung von Tacrolimus (2−15 Jahre: Protopic®-Salbe 0,03 % bzw. ab 15 Jahre 0,1 %) infrage, die jedoch bisher nicht für diese Indikation zugelassen ist. Während der Behandlung sollte Lichtschutz betrieben werden. – Methotrexat (5−7,5 mg/m2 KOF/Woche p. o.): Kontrolle von Blutbild und Transaminasen-Aktivitäten alle vier Wochen. Cave: Leberfunktionsstörung; gleichzeitige Gabe von Folsäure (5 mg/ Woche) empfehlenswert. – Mycophenolatmofetil (CellCept®; Erwachsenendosis: 2-mal 0,5−1,0 g/Tag). Kontrolle von Blutbild und Transaminasen-Aktivitäten alle vier Wochen. – Schmalspektrum-UV-B-Licht (311 nm) bei Jugendlichen unter 15 Jahren nur in Ausnahmefällen. – PUVA: Keine Anwendung bei Kindern und Jugendlichen! 쐌 Mit »Biologicals« wie Efalizumab (Raptiva®), Infliximab (Remicade®) u. a. liegen bisher noch keine ausreichenden Erfahrungen im Kindesalter vor, sodass diese Substanzen für schwere, therapierefraktäre Fälle reserviert bleiben sollten. Ätiologie: Die Ätiologie ist unbekannt. Möglicherweise handelt es sich bei der PRP um eine Variante der Psoriasis. Klinisches Bild: Die PRP wird nach ihrer Manifestation in fünf Formen unterteilt (Griffiths 2006), von denen drei bei Kindern vorkommen (Tab. 20-5). Die Erkrankung ist durch folgende Trias gekennzeichnet: 쐌 keratotische follikuläre Papeln mit einer charakteristischen orangeroten Eigenfarbe, die zu 쐌 lachsfarbenen, erythematosquamösen Plaques (Abb. 20-9) konfluieren, sowie 쐌 palmoplantares Keratoderm (Abb. 20-10). Bei der klassischen Form (Typ III) sind meist Gesicht und Hals initial betroffen, begleitet von dem palmoplantaren Keratoderm, bevor im Verlauf einiger Wochen und Monate eine Disseminierung auf den Stamm eintritt, die von Juckreiz begleitet wird. Die Erkrankung kann bis zur Erythrodermie fortschreiten, lässt aber charakteristischerweise einige wenige umschriebene Areale frei. Wie bei der Psoriasis ist eine Beteiligung des Capillitiums und der Nägel (Verdickung der Nagelplatten) häufig zu beobachten; auch die Prädilektionsstellen (Ellenbogen, Knie, Anogenitalbereich) sind ähnlich. Beim Typ IV treten die Hautveränderungen bevorzugt im Bereich von Knien und Ellenbogen auf. Beim Typ V ist die (frühe, unter Umständen kongenitale) Erstmanifestation durch eine Erythrodermie gekennzeichnet und oft von einer Arthritis begleitet. Diagnostik: 쐌 Labor: keine typischen Laborwert-Veränderungen 쐌 Histologie: Akanthose, Hyperkeratose und perifollikulär betonte Parakeratose; Blockade der Follikelöffnung mit Keratinmaterial; oberflächliche perivaskuläre lymphohistiozytäre Infiltration Tab. 20-5 Klassifikation der Pityriasis rubra pilaris Typ Manifestationsalter Häufigkeitsverteilung bei Kindern und Jugendlichen (%) I klassische adulte Form Erwachsene – II atypische adulte Form Erwachsene – III klassische juvenile Form 3−10 Jahre 4−14 IV lokalisierte juvenile Form 3−10 Jahre 7−24 V atypische juvenile Form 0−4 Jahre 4−14 Parapsoriasis-Gruppe 181 Differenzialdiagnose: Psoriasis vulgaris. Die differenzialdiagnostische Abgrenzung kann schwierig sein. Typisch sind die oben genannten Leitsymptome und das fehlende Ansprechen auf Glucocorticoide. Typ V: 씮 Differenzialdiagnose der Erythrodermie bei Säuglingen (씮 Tab. 14-6, S. 84). Prognose: günstig; in den meisten Fällen heilt die PRP spontan ab, häufig jedoch erst nach mehrjährigem Verlauf. Abb. 20-9 Pityriasis rubra pilaris. Erythematöse Papeln und erythematosquamöse Plaques mit charakteristischer Lachsfarbe. Hauterkrankungen bei Kindern und Jugendlichen Therapie: Die Behandlung ist zwar prinzipiell derjenigen der Psoriasis ähnlich, jedoch schwieriger, da topische Glucocorticoide (und auch die Lichttherapie) bei der PRP kaum wirksam sind. Bei der Wahl des Therapeutikums ist zu bedenken, dass die PRP auch eine Spontanremission erfahren kann. Folgendes Vorgehen wird empfohlen: 쐌 Keratolyse: Salicylsäure 1 bis 3 %, Harnstoff 5 bis 10 %; Hautpflege mit rückfettenden Externa 쐌 topische Retinoide: Isotretinoin-haltige Creme 0,05 % 쐌 Calcipotriol (Anwendungsgebiet maximal 30 % der Körperoberfläche) 쐌 falls die Lokaltherapie nicht ausreicht: interne Retinoide (Typen III, V): Acitretin 0,5 mg/kg KG/Tag für drei bis vier Monate 쐌 nur in schweren, therapierefraktären Fällen: Methotrexat oder Ciclosporin A p. o. Parapsoriasis-Gruppe Unter »Parapsoriasis« wurden früher Erkrankungen zusammengefasst, die aufgrund ihrer klinischen Erscheinungsform (Schuppung, Plaques) eine entfernte Verwandtschaft mit der Psoriasis vermuten ließen. Tatsächlich handelt es sich jedoch um eigenständige Erkrankungen, denen in pathogenetischer Hinsicht der Nachweis kutaner T-Zell-Klone unterschiedlicher Dichte (und Dignität) gemeinsam ist, die zum SALT (»skin-associated lymphoid tissue«) gehören. Zu der »Parapsoriasis-Gruppe« werden folgende Erkrankungen gezählt: 쐌 Parapsoriasis en plaques 쐌 Pityriasis-lichenoides-Gruppe 쐌 lymphomatoide Papulose Parapsoriasis en plaques Vorkommen: Die Parapsoriasis en plaques ist im Kindesalter sehr selten. Klinisches Bild: Man unterscheidet die kleinherdige (»small plaque parapsoriasis« [SPP]) von der groß- Abb. 20-10 Pityriasis rubra pilaris. Palmoplantares Keratoderm und lachsfarbene Papeln und Plaques. herdigen (»large plaque parapsoriasis« [LPP]) Parapsoriasis; beide sind stammbetont und bevorzugen die Hautspaltlinien. Die SPP ist durch längliche (teils fingerförmige) rötlich orangefarbene Plaques mit einem Durchmesser von weniger als 5 cm gekennzeichnet. Bei