Bayerisches Landesamt für Umwelt Gefahrenhinweiskarte Alpen mit Alpenvorland Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Erdfall Landkreis Miesbach Georisiken im Klimawandel Bayerisches Landesamt für Umwelt Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Erdfall Landkreis Miesbach Georisiken im Klimawandel UmweltSpezial Impressum Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland Steinschlag – Felssturz – Rutschung – Hanganbruch – Erdfall Landkreis Miesbach Georisiken im Klimawandel Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 86179 Augsburg Tel.: 0821 9071 - 0 Fax: 0821 9071 - 5556 E-Mail: [email protected] Internet: www.lfu.bayern.de Bearbeitung/Text/Konzept: LfU, Referat 102, Thomas Gallemann, Dr. Stefan Glaser, Maximilian Schmid, Juliane Straub, Peter Thom, Dr. Andreas von Poschinger Redaktion: LfU, Referat 102, Dr. Andreas von Poschinger Bildnachweis: Bayerisches Landesamt für Umwelt Druck: Eigendruck Bayerisches Landesamt für Umwelt Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier. Stand: Juli 2015 Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch nicht übernommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote Dritter hingewiesen wird, sind wir für deren Inhalte nicht verantwortlich. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Untersuchte Geogefahren 3 3 Geologischer Überblick 5 4 Gefahrenhinweiskarte Landkreis Miesbach 7 5 Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen 8 6 Grenzen und Einschränkungen der Anwendbarkeit 9 7 Rechtliche Aspekte 10 8 Bereitstellung der Ergebnisse 11 9 Anhang 13 A Beispiele zu Gesteinen und Geogefahren aus dem Landkreis 13 B Blockgrößen der Sturzmodellierung 19 C Betroffene Gemeinde- und Siedlungsflächen 24 D Bericht „Gefahrenhinweiskarte Bayern – Vorgehen und technische Details“ 25 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Felssturz- und Steinschlagablagerungen auf der Südseite des Wendelsteins 2 Abb. 2: Felssturzablagerung am Leonhardstein nordwestlich von Wildbad Kreuth 2 Abb. 3: Abrissfläche eines Hanganbruchs bei Schönet/Kreuth 2 Abb. 4: Auslauf und Ablagerung eines Hanganbruchs bei Schönet/Kreuth 2 Abb. 5: Rutschung südwestlich von Wartbichl 2 Abb. 6: Rutschung nördlich von Wetzelsberg 2 Abb. 7: kleinräumige Rutschung in Tegernsee 2 Abb. 8: Doline südlich von Oberdarching 2 Abb. 9: Geologische Karte Landkreis Miesbach 4 Abb. 10: Gefahrenhinweiskarte Landkreis Miesbach 6 Abb. 11: Tone, Mergel und Sandsteine der Groß- und Kleinkohl-Flözgruppe südlich der Leitzach 13 Abb. 12: Schrattenkalk am Breitenbach (Waxensteintal) westlich von Schliersee 13 Abb. 13: Seewenkalk-Subformation am Breitenbach 14 Abb. 14: Kalkgraben-Formation (Zementmergelserie) am Breitenbach westlich Bad Wiessee 14 Abb. 15: Piesenkopf-Formation am Breitenbach westlich Bad Wiessee 15 Abb. 16: Reiselsberg-Formation (Reiselsberger Sandstein) im Kesselgraben 15 Abb. 17: Allgäu-Formation (Allgäu-Fleckenmergel) im Söllbachtal 15 Abb. 18: Plattenkalk nordöstlich Spitzingsattel 16 Abb. 19: Hauptdolomit am Bucher Berg östlich Marbach 16 Abb. 20: Wetterstein-Formation an der Kesselwand südöstlich des Wendelsteins 16 Abb. 21: Alte Rutschmasse nordwestlich der Wendelsteiner Almen 17 Abb. 22: Säbelwuchs beim Röthensteiner See (Blankenstein) 17 Abb. 23: Geländestufen am Bucher Graben südöstlich Elbach 18 Abb. 24: Bergzerreißung 18 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für den Alpenanteil des Landkreises Miesbach 19 Tab. 2: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für das Alpenvorland Teilgebiet 1 21 Tab. 3: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für das Alpenvorland Teilgebiet 2 23 Tab. 4: Betroffene Gemeinde- und Siedlungsflächen in Miesbach 24 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Einleitung 1 Einleitung Naturgefahren sind natürliche Ereignisse, die zu Sach- oder Personenschäden führen können. Die steigenden Werte gefährdeter Objekte führen im Allgemeinen dazu, dass das Schadensausmaß durch Naturereignisse zunimmt. In den Hoch- und Mittelgebirgsräumen Deutschlands ist man sich meist aus Erfahrung bewusst, dass infolge des starken Reliefs grundsätzlich mit Schäden durch geogene Naturgefahren wie Steinschläge, Felsstürze und Hangrutschungen zu rechnen ist. Allerdings fehlt oft die Kenntnis darüber, wann und wo diese Ereignisse eintreten können. Als thematische Karte bietet die Gefahrenhinweiskarte eine großräumige Übersicht der Gefährdungssituation durch verschiedene Geogefahren. Sie stellt die Verbreitung und Ausdehnung von möglichen Gefahrenbereichen dar. Sie enthält keine Aussagen zur Eintrittswahrscheinlichkeit und Häufigkeit, zur möglichen Intensität der Ereignisse oder zum Schadenspotenzial. Gefahrenhinweiskarten dienen den Entscheidungsträgern vor Ort, Gefahren für Siedlungsgebiete, Infrastruktur und andere Flächennutzungen frühzeitig zu erkennen und zu lokalisieren. Damit können präventive Maßnahmen zur Gefahrenminderung oder -vermeidung gezielt und nachhaltig geplant werden – sei es durch technischen Schutz, eine angepasste Nutzung oder ein angepasstes Verhalten. So leisten Gefahrenhinweiskarten einen wesentlichen Beitrag als Planungshilfe und sind Bestandteil einer vorausschauenden Bauleitplanung. Für die bayerischen Alpen sind entsprechend den Anforderungen im „Bodenschutzprotokoll“ der Alpenkonvention bereits Gefahrenhinweiskarten für geogene Naturgefahren im Maßstab 1 : 25.000 erstellt worden. Nach diesem Vorbild läuft derzeit die Bearbeitung des Alpenvorlands in den Alpenlandkreisen sowie einiger Gebiete des Schwäbisch-Fränkischen Juras. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 1 Abb. 1: Felssturz- und Steinschlagablagerungen auf der Südseite des Wendelsteins Abb. 2: Felssturzablagerung am Leonhardstein nordwestlich von Wildbad Kreuth Abb. 3: Abrissfläche eines Hanganbruchs bei Schönet/Kreuth Abb. 4: Auslauf und Ablagerung eines Hanganbruchs bei Schönet/Kreuth Abb. 5: Rutschung südwestlich von Wartbichl Abb. 6: Rutschung nördlich von Wetzelsberg Abb. 7: kleinräumige Rutschung in Tegernsee Abb. 8: Doline südlich von Oberdarching 2 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Untersuchte Geogefahren 2 Untersuchte Geogefahren Bei den Arbeiten zur „Gefahrenhinweiskarte Bayern“ wird das Projektgebiet auf Gefahren durch gravitative Massenbewegungen untersucht. Dies sind im Alpengebiet und im Alpenvorland vor allem Steinund Blockschläge, Felsstürze, Rutschungen, Hanganbrüche und Erdfälle. Steinschlag und Felssturz Steinschlag ist definiert als episodisches Sturzereignis von einzelnen Festgesteinskörpern (Steinschlag ≤ 1 m³, Blockschlag > 1 – 10 m³). Bei größeren Sturzmassen (Abb. 1 und Abb. 2) spricht man von Felssturz (> 10 m³ bis < 1 Mio. m³) oder sogar von Bergsturz (> 1 Mio. m³). Das Sturzvolumen ist abhängig von den Trennflächen im betroffenen Fels. Die Ursachen für Sturzereignisse liegen in der langfristigen Materialentfestigung und Verwitterung an diesen Trennflächen. Gefördert wird die Ablösung durch Frosteinwirkung, Kluftwasserdruck, Temperaturschwankungen und Wurzelsprengung. Aufgrund ihres plötzlichen Eintritts und der hohen Energie und Geschwindigkeit sind Sturzereignisse eine hohe Gefahr. Rutschung und Hanganbruch Rutschungen sind hangabwärts gleitende oder kriechende Verlagerungen von Fest- und/oder Lockergestein. Die Rutschmasse bewegt sich meist auf einer Gleitfläche oder entlang einer Scherzone im Untergrund (Abb. 5 bis Abb. 7). Diese entwickeln sich vorwiegend an bestehenden Schwächezonen wie zum Beispiel Klüften oder geologischen Grenzflächen. Ihr Tiefgang reicht von wenigen Metern bis über 100 m. Ab einem Tiefgang von 5 m wird in der Gefahrenhinweiskarte Bayern von einer tiefreichenden Rutschung gesprochen. Spontane flachgründige Rutschungen (Abb. 3 und Abb. 4), sogenannte Hanganbrüche, entstehen vor allem anlässlich von Starkniederschlägen. Lockergestein von wenigen Kubikmetern Volumen verflüssigt sich dabei plötzlich, was zu erheblichen Schäden führen kann. Während flachgründige Rutschungen oft durch technische Maßnahmen stabilisiert werden können, ist dies bei tiefreichenden Rutschungen nur bedingt möglich. Wasser ist der häufigste Auslöser für Rutschungen. Kurze Starkniederschläge sind eher für flache Bewegungen verantwortlich, langanhaltende Niederschläge reaktivieren eher tiefreichende Rutschungen. Zudem kann auch menschliches Zutun (z. B. Einleitung von Wasser, Auflast am Rutschungskopf, Untergraben des Hangfußes) Rutschungen auslösen oder reaktivieren. Bei tiefreichenden Rutschungen ist in vielen Fällen langfristig mit einer Reaktivierung zu rechnen. Dies kann mit einer Ausweitung des Rutschgebietes verbunden sein. Erdfall Erdfälle entstehen durch den plötzlichen Einsturz unterirdischer Hohlräume infolge von Subrosion (Verkarstung). Zum unterirdischen Materialverlust führt meist die chemische Lösung (Korrosion) anfälliger Gesteine wie Salz, Gips, Anhydrit und Kalk, aber auch Dolomit. Ein weiterer Entstehungsmechanismus ist die mechanische Auswaschung von Feinmaterial (Suffosion), die z. B. auch Sandsteine betreffen kann. Erdfälle sind rundliche Einbrüche der Erdoberfläche mit unterschiedlicher Tiefe. Durch seitliche Nachbrüche können sie sich sukzessive ausweiten. Dolinen (Abb. 8) sind typischerweise trichterförmige Geländeformen. Sie entwickeln sich aus Erdfällen, durch Korrosion oder durch das Auswaschen oder Nachsacken von Deckschichten in unterlagernde Hohlräume. Der Durchmesser von Erdfällen, Dolinen und Subrosionssenken reicht vom Meter- bis in den Kilometerbereich. Vor allem in ihrem Umfeld muss mit plötzlichen Nachbrüchen, neuen Einstürzen oder Setzungen gerechnet werden. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 3 Abb. 9: Geologische Karte Landkreis Miesbach (Datengrundlage: Geologische Karte von Bayern 1 : 500.000) 4 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Geologischer Überblick 3 Geologischer Überblick Der Landkreis Miesbach liegt am Nordrand der Alpen. Hier grenzen auf engem Raum Gesteine aus vier tektonischen Einheiten aneinander, die in unterschiedlichen Phasen der Erdgeschichte an weit auseinander liegenden Orten entstanden sind. Durch die tektonischen Bewegungen während der Alpenentstehung wurden sie verfaltet, verschuppt und in ihre heutige Position gebracht. Im Südteil des Landkreises stehen Gesteine der Nördlichen Kalkalpen an. Der größte Flächenanteil wird vom Hauptdolomit eingenommen, der splittrig verwittert und meist steile Wald- oder Schrofengelände ausbildet – oft im Sockelbereich der Gebirgsstöcke. Markante Felswände bestehen aus Kalksteinen wie Wettersteinkalk oder Plattenkalk und Oberrhätkalk sowie Kalksteinen aus der Jura- und Kreidezeit. Die Raibl-Formation bildet eine Wechselfolge aus Sand-, Mergel-, Ton-, Gips- und Dolomitgesteinen. Wo Grundwasser den Gips gelöst hat, blieben Dolomitbrekzien und löchrige Rauhwacken zurück. Überwiegend mergelig ausgeprägt sind die Partnach-Formation, die Kössen-Formation und viele der jura- und kreidezeitlichen Gesteine. Nördlich der Kalkalpen folgt die Flyschzone mit den typischerweise bewaldeten Vorbergen wie Koglkopf, Gindelalmschneid, Schliersberg, Rohnberg und Schwarzenberg. Die Gesteine sind meist dünn- bis mittelbankige Wechselfolgen von Kalk- und Mergelschichten mit wechselnden Sandanteilen (Tristel-Formation, Ofterschwang-Formation, Kalkgraben-Formation (Zementmergelserie), PiesenkopfFormation, Hällritz-Formation). Es treten auch geringmächtige, tonig-mergelige Schichten wie die Seisenburg-Formation (Obere Bunte Mergel) und die Lahnegraben-Formation (Untere Bunte Mergel) auf. Einzelne Schichtglieder des Flyschs enthalten mächtige Sandsteine oder Abfolgen von Sandsteinbänken, die durch Mergel getrennt sind (Rehbreingraben-Formation (Quarzitserie), Reiselsberg-Formation (Reiselsberger Sandstein), Altlengbach-Formation (Bleicherhornserie)). Gesteine des Helvetikums und Ultrahelvetikums sind in einem schmalen Streifen zwischen der Flyschzone und der Faltenmolasse bzw., westlich und östlich des Schliersees, auch innerhalb der Flyschzone (tektonisches Halbfenster) aufgeschlossen. Westlich des Tegernsees überwiegen Mergel, Mergelkalke und Kalkmergel der Buntmergel-Serie (Ultrahelvetikum). Östlich des Tegernsees bauen im Wesentlichen Schrattenkalke, Sandsteine der Garschella-Formation und Seewer Kalke die Härtlingsrücken Buchberg, Gassler Berg, Oeder Kogel und Schußkogel auf und sind bis südöstlich von Schliersee anzutreffen. Nördlich des Rohnberges finden sich Mergel des Ultrahelvetikums. Am Feilnbacher Berg (östliche Landkreisgrenze) treten Breccien, Konglomerate und Tektonite auf. Nördlich der Linie Marienstein – Hausham – Hundham folgen gefaltete Molasseablagerungen (Faltenmolasse), bestehend aus Tonmergel- und Mergelsteinen, zum Teil mit Kohleflözlagen sowie Sandsteinen und Konglomeraten. Während die Gesteine im Südteil oft landschaftsprägend sind und lang gestreckte, überwiegend West-Ost-verlaufende Hügelzüge bilden, sind sie im Nordteil meist von quartären Ablagerungen überdeckt. Nördlich der Linie Piesenkam – Reitham – Jedling folgt die ungefaltete Vorlandmolasse, deren Südrand aufgebogen wurde, so dass die Schichten (Konglomerate, Mergel) am Taubenberg und Irschenberg nach Norden einfallen. Im Quartär, dem Eiszeitalter der jüngsten Erdgeschichte, prägten mehrere Gletschervorstöße abwechselnd mit Warmzeiten die Landschaft des Landkreises. Sedimente aus der Zeit der drei letzten großen Vereisungen sowie aus dem Holozän finden sich in allen Talbereichen der Alpen und an den unteren Hängen sowie landschaftsprägend im Vorland. Neben Moränen und Schottern entstanden auch Seesedimente und Torfbildungen. Schwemmfächer, Sturzkegel und Hangverwitterungsschutt verhüllen viele Hänge. Für weitere Informationen wird auf die Geologische Karte 1 : 500.000 und die Geologischen Kartenblätter 1 : 25.000 mit Erläuterungen verwiesen (www.lfu.bayern.de/geologie/geo_daten/datenbanken). Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 5 Abb. 10: Gefahrenhinweiskarte Landkreis Miesbach. 6 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Gefahrenhinweiskarte Landkreis Miesbach 4 Gefahrenhinweiskarte Landkreis Miesbach In der Gefahrenhinweiskarte werden für jede untersuchte Geogefahr (Steinschlag, Rutschung, Hanganbruch, Erdfall) unabhängig voneinander Flächen mit Hinweis auf Gefährdung (rot) und Flächen mit Hinweis auf Gefährdung im Extremfall (orange) ausgewiesen. Hierbei wird die gesamte, zukünftig potenziell betroffene Fläche, bestehend aus Anbruch-, Transport- und Ablagerungsbereich, dargestellt. Je nach Typ der Geogefahr kommen entweder computerbasierte Modelle (Stein-/Blockschlag und Felssturz; Hanganbruch) oder empirische Methoden, basierend auf Expertenwissen (tiefreichende Rutschungen, Verkarstung), zum Einsatz (s. Kapitel 5). Die im Untersuchungsgebiet auftretenden Geogefahren hängen in ihrer räumlichen Verteilung von der Abfolge der geologischen Einheiten und ihrer morphologischen Ausprägung ab: Stein- und Blockschlaggefahr herrscht im Bereich fast aller steilen Hänge, insbesondere wenn Kalksteine im oberen Hangbereich anstehen, da hier besonders große Blockgrößen möglich sind. Aber auch Hauptdolomit, Raibl-Formation und die Sandsteine der Flyschzone können Gefahrenbereiche hervorbringen. Im Vorlandbereich kann Steinschlag von Steilhängen in Sandsteinen und Konglomeraten ausgehen, vor allem im Mangfalltal nördlich von Weyarn. Anfällig für tiefreichende Rutschungen sind im kalkalpinen Bereich vor allem die mergeligen und tonigen Gesteine der Allgäu- und Kössen-Formation sowie die kretazischen Gesteine. Der vielfache engräumige Wechsel von festen Kalk- und Sandsteinen zu leicht verwitternden Mergelsteinen macht den gesamten Flysch-Bereich besonders anfällig für Rutschungen. Ein hangparalleles Einfallen der Schichtung sowie Wasserrückstau in der Verwitterungszone können die Gefährdung zusätzlich erhöhen. Besonders großflächige Rutschmassen sind am Rohnberg/Schliersberg oder auch am Ostiner Berg zu beobachten. Insbesondere im Überschiebungsbereich von Flysch auf Helvetikum können zahlreiche tiefreichende Rutschungen beobachtet werden. Im Alpenvorland finden sich einzelne Rutschungen an steilen Talhängen im Bereich der Faltenmolasse. Umfangreiche Rutschungen sind im Bereich der aufgerichteten Vorlandmolasse am Taubenberg und Irschenberg anzutreffen, wo tertiäre Konglomerate und Mergel in Wechsellagerung stehen. Im gesamten Mangfalltal treten an beiden Talflanken von Miesbach bis zum Mangfallknie und weiter bis südlich von Westerham tiefreichende Rutschungen auf. Hier stehen wasserführende, quartäre Schichten über wasserstauenden Tonen und Mergel der Oberen Süßwassermolasse an. Ähnlich zeigen sich die Verhältnisse im Leitzachtal. Vereinzelt finden sich außerdem Rutschungen in Moränenmaterial oder Seesedimenten. Wettersteinkalk und Plattenkalk sowie Kössener Kalke sind flächenhaft teilweise stark verkarstet. Zahlreiche Dolinentrichter zeugen von Karsthohlräumen im Untergrund. Besonders lösungsanfällig sind die Gips-Anteile der Raibl-Formation. Dort wo diese oberflächennah anstehen, auch bei Bedeckung mit jüngeren Sedimenten, sind zahlreiche Dolinen bekannt. Durch Suffosion entstandene Dolinen finden sich zudem im Bereich der Faltenmolasse und untergeordnet im Bereich der aufgerichteten Vorlandmolasse. Detaillierte Informationen zu einzelnen Massenbewegungen im Landkreis Miesbach aus dem Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) liegen derzeit für 1.931 Massenbewegungsobjekte vor (Juli 2015) – davon 697 Rutschungen, 73 Sturzereignisse und 1.161 Dolinen. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 7 Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen 5 Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen Die Ermittlung von Gefahrenhinweisbereichen erfolgt objektunabhängig, das heißt ohne Berücksichtigung potenziell betroffener Infrastruktur. Dazu gehört auch, dass bestehende Schutzmaßnahmen bei der Erstellung von Gefahrenhinweiskarten nicht berücksichtigt werden. Grundlage für die Ausweisung von Gefahrenhinweisflächen ist neben dem Digitalen Geländemodell und verschiedenen Kartenwerken das GEORISK-Kataster, in dem seit 1987 Daten zu bekannten, auch historischen Ereignissen erfasst werden (online einsehbar unter www.bis.bayern.de). Für die Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche von Steinschlag findet eine 3D-Modellierung statt. Potenzielle Anbruchbereiche sind dabei Hangbereiche mit einer Neigung ≥ 45°. Für jede geologische Einheit wird die relevante Blockgröße im Gelände bestimmt und der Berechnung als Bemessungsereignis zugrunde gelegt. Da ein intakter Wald einen guten Schutz vor Steinschlag bietet, jedoch eine veränderliche Größe ist, werden neben Berechnungen unter Berücksichtigung des bestehenden Waldbestands (rote Gefahrenhinweisbereiche) auch Reichweiten für ein Szenario ohne Waldbestand berechnet (orange Gefahrenhinweisbereiche). Felsstürze, bei denen ein größeres Volumen zu erwarten ist und die eine größere Reichweite als Steinschlagereignisse haben, werden anhand einer Pauschalwinkel-Analyse ausgewiesen. Da Felsstürze eher seltene Extremereignisse sind, werden die ermittelten Bereiche mit den orangen Gefahrenhinweisflächen für Steinschlag zusammengefasst. Die Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen von tiefreichenden Rutschungen (> 5 m Tiefgang) basiert auf Expertenwissen. Gerade größere Rutschungen sind meist keine einmaligen Ereignisse – die Masse kommt nach einer Bewegungsphase zunächst wieder zur Ruhe, bis sie nach Jahren, Jahrzehnten oder sogar Jahrtausenden reaktiviert wird. Rote Gefahrenhinweisbereiche werden daher dort ausgewiesen, wo reaktivierbare tiefreichende Rutschungen vorliegen. Orange sind hingegen die Bereiche, wo es Anzeichen einer Anfälligkeit für die Bildung tiefreichender Rutschungen gibt. Die Flächen entsprechen dem potenziell betroffenen Bereich bei Reaktivierung, beziehungsweise Neubildung einer tiefreichenden Rutschung. Die Gefahrenhinweisflächen enthalten keine Information zu Alter oder Aktivität der Rutschungen. Für jede rote Gefahrenhinweisfläche und für einen Großteil der orangen Gefahrenhinweisflächen wurde ein GEORISK-Objekt angelegt, das Detailinformationen enthält. Die Gefahrenhinweisflächen zu Hanganbrüchen werden für zwei Szenarien (mit und ohne Waldbestand) modelliert. In die Berechnungen fließen mehrere Parameter, wie die Hangneigung und der geologische Untergrund, ein. Aus diesen werden die Hangstabilität und die möglichen Anrisszonen ermittelt. Hangabwärts dieser Anrisszonen werden in Fließrichtung die Ablagerungen mit ihrer Reichweite berechnet. Aus den Anriss- und Ablagerungsflächen ergibt sich der komplette Prozessraum und somit der Gefahrenhinweisbereich. Da Hanganbrüche meist bei Starkniederschlägen auftreten, stellen sie Extremereignisse dar, die in der Gefahrenhinweiskarte schraffiert dargestellt werden. Das Auftreten von Erdfällen ist schwer vorherzusagen. Es kann aber von einer gewissen Erhöhung des Gefahrenpotenzials in der Umgebung bereits bestehender Dolinen ausgegangen werden. Rote Gefahrenhinweisbereiche werden daher im Umkreis von 50 m um bestehende, bekannte Dolinen/ Erdfälle ausgewiesen. Da Erdfälle auch in Gebieten auftreten können, in denen bisher keine Dolinen bekannt sind, weist die Gefahrenhinweiskarte zusätzlich Flächen des verkarstungsfähigen Untergrunds aus (orange schraffiert). Diese beruhen auf der Geologischen Karte 1 : 200.000 und liefern einen regionalen Überblick. Detaillierte Informationen zur Methodik bei der Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen können dem Bericht „Gefahrenhinweiskarte Bayern – Vorgehen und technische Details“ im Anhang entnommen werden. 8 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Grenzen und Einschränkungen der Anwendbarkeit 6 Grenzen und Einschränkungen der Anwendbarkeit Die vorliegende Gefahrenhinweiskarte beinhaltet eine großräumige Übersicht über die Gefährdungssituation mit Angaben der Gefahrenart, jedoch nicht zu Intensität und Eintrittswahrscheinlichkeit. Sie wurde für den Zielmaßstab 1 : 25.000 erarbeitet. Sie stellt keine parzellenscharfe Einteilung von Gebieten in unterschiedliche Gefahrenbereiche dar. Die Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist als Saum und nicht als scharfe Grenze zu verstehen. Auch erheben die ermittelten Gefahrenhinweisbereiche keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies betrifft sowohl bereits erfolgte als auch zukünftige Massenbewegungsereignisse. Es handelt sich um eine Darstellung von Gefahrenverdachtsflächen, die zum Zeitpunkt der Bearbeitung auf Basis der verfügbaren Informationen und mit Hilfe zeitgemäßer Methoden ermittelt werden konnten. Bei der Bearbeitung werden Massenbewegungsereignisse herangezogen bzw. modelliert, die häufiger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden werden. Selten auftretende Extremereignisse sind nicht aufgenommen, müssen aber als nicht zu vermeidendes Restrisiko in Kauf genommen werden. Die Gefahrenhinweiskarte dient als Grundlage für die Bauleitplanung zu einer ersten Erkennung von Gefahrenverdachtsflächen und möglichen Interessenskonflikten. Sie ist eine nach objektiven, wissenschaftlichen Kriterien erstellte Übersichtskarte mit Hinweisen auf Gefahren, die identifiziert und lokalisiert, jedoch nicht im Detail analysiert und bewertet werden. Sie gibt den aktuellen Bearbeitungsstand wieder und wird fortlaufend aktualisiert. Die Gefahrenhinweiskarte dient nicht der Detailplanung, sondern der übergeordneten (regionalen) Planung. Gefahrenhinweiskarten sollen nicht als Bauverbotskarten wirken, sondern nur in allen kritischen Fällen den Bedarf nach weitergehenden Untersuchungen offen legen. Gegebenenfalls muss dann in diesen Fällen in einem Detailgutachten festgestellt werden, ob im Einzelfall eine Sicherung notwendig, technisch möglich, wirtschaftlich sinnvoll und im Sinne der Nachhaltigkeit tatsächlich anzustreben ist. Die Gefahrenhinweiskarte kann unmöglich alle Naturgefahrenprozesse auf der Maßstabsebene 1 : 25.000 enthalten. Weder werden jemals alle Prozesse bekannt sein, noch hat man die Möglichkeit, sich der Vielfältigkeit der Ereignisse ohne Generalisierungen anzunähern. Die Gefahrenhinweiskarte hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie ist ein „lebendes Produkt“, welches vor allem durch Berichte über stattgefundene Naturgefahrenprozesse seine Aktualität beibehält. Die Erfassung neuer und die fortlaufende Bewertung bereits bestehender Gefahrenhinweisflächen wird zukünftig weiterhin erfolgen. Ein bayernweites, aktuelles GEORISK-Kataster, das diese Ereignisse enthält und Basis für die Gefahrenhinweiskarte ist, kann allerdings nicht alleine durch die Feldarbeit oder die historische Recherche erreicht werden. Da Berichte aus den Medien über kleinere Ereignisse aber oft nur eine lokale Reichweite besitzen, sind Hinweise und Daten aus den örtlichen Ämtern und Verwaltungen oder von Privatpersonen von hoher Bedeutung. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit: melden Sie Ereignisse per E-Mail an [email protected] . Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 9 Rechtliche Aspekte 7 Rechtliche Aspekte In einem interministeriell abgestimmten Rundschreiben vom 17.08.2010 (Hinweise zur Umsetzung der Gefahrenhinweiskarte für den Verwaltungsvollzug; Download unter: www.lfu.bayern.de Geologie Georisiken Daten und Karten Massenbewegungen) wurden Hinweise für den rechtlichen Umgang mit Gefahrenhinweiskarten gegeben. Kurzgefasst ist folgendes festzustellen: Sicherheitsrecht Anordnungen nach dem Sicherheitsrecht können nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr erfolgen. Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn in überschaubarer Zukunft mit dem Schadenseintritt hinreichend wahrscheinlich gerechnet werden kann. Die Einstufung in der Gefahrenhinweiskarte allein lässt in der Regel keinen Rückschluss auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr zu. Für die Annahme einer konkreten Gefahr bedürfte es weiterer Anhaltspunkte und ggf. spezieller Gutachten. Baurecht Bauleitplanung Bei der Aufstellung von Bauleitplänen sind insbesondere die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit zu berücksichtigen. Daher muss sich eine Gemeinde, die eine Fläche in einem gekennzeichneten Hinweisbereich für Geogefahren überplanen will, im Rahmen der Abwägung mit den bestehenden Risiken auseinandersetzen. Hierzu kann im Rahmen der Behördenbeteiligung das LfU hinzugezogen werden. Dieses kann Hinweise für den jeweiligen Einzelfall geben, ggf. geeignete Schutzmaßnahmen empfehlen oder auch an einen spezialisierten Gutachter verweisen. Einzelbauvorhaben Auch bei Vorhaben im nicht überplanten Innenbereich und bei Außenbereichsvorhaben müssen die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans sind Anlagen unzulässig, wenn sie Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden, die nach der Eigenart des Baugebiets unzumutbar sind. Zudem muss das jeweilige Grundstück nach seiner Beschaffenheit für die beabsichtigte Bebauung geeignet sein und Anlagen sind so zu errichten, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit nicht gefährdet werden. Die bloße Lage eines Grundstücks in einem Gefahrenhinweisbereich ist kein Grund, ein Bauvorhaben abzulehnen. Es bedarf ggf. weiterer Anhaltspunkte, die auf das Vorliegen einer konkreten Gefahr hindeuten (z. B. Kenntnis über regelmäßige Steinschläge in dem Bereich). Liegen diese der Bauaufsichtsbehörde vor, so sind weitere Nachforschungen anzustellen und ggf. das LfU oder ein Privatgutachter hinzuzuziehen. Verkehrssicherungspflicht Entsprechend dem Zitat eines BGH-Urteils kann zusammengefasst werden: Wer sich an einer gefährlichen Stelle ansiedelt, muss grundsätzlich selbst für seinen Schutz sorgen. Er kann nicht von seinem Nachbarn verlangen, dass dieser nunmehr umfangreiche Sicherungsmaßnahmen ergreift. Der Nachbar ist lediglich verpflichtet, die Durchführung der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen auf seinem Grundstück zu dulden. Für allein von Naturkräften ausgelöste Schäden kann der Eigentümer nicht verantwortlich gemacht werden. Der Eigentümer ist nur dann haftbar, wenn z. B. ein Felssturz durch von Menschenhand vorgenommene Veränderungen des Hanggrundstücks, zum Beispiel durch die wirtschaftliche Nutzung, verursacht wurde. 10 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Bereitstellung der Ergebnisse 8 Bereitstellung der Ergebnisse Während die Daten auf der bereitgestellten CD-ROM den Ist-Zustand der Gefahrenhinweiskarte zum Zeitpunkt der Fertigstellung darstellen, werden die Daten im Internet bei Änderungen fortlaufend aktualisiert. Es wird daher empfohlen diese als Grundlage für weitere Planungen zu verwenden. Bereitstellung auf CD-ROM Auf der beigefügten CD-ROM sind die Gefahrenhinweiskarten sowohl als sogenanntes geo pdf als auch im Dateiformat Shapefile aufbereitet. Das geo pdf lässt sich mit Hilfe geeigneter Software öffnen, die dargestellten Gefahrenhinweisflächen können über Sichtbarkeitsschalter aktiviert werden. Die Dateien im Format Shapefile lassen sich in gängige Geographische Informationssysteme einbinden. Bereitstellung der Ergebnisse im Internet Die im Rahmen des Projektes ermittelten Gefahrenhinweiskarten sind im Internet öffentlich zugänglich. Eine Übersicht zu den vorhandenen Daten und Links (Gefahrenhinweiskarten, GEORISKObjekte, Berichte etc.) findet sich unter: http://www.lfu.bayern.de/geologie/georisiken_daten/massenbewegungen/index.htm Über folgende Quellen kann online auf die Daten zugegriffen werden: Geofachdatenatlas (www.bis.bayern.de) Im Reiter Fachthemen sind unter Georisiken die Gefahrenhinweiskarten für alle Geogefahren einsehbar. Zudem können unter Massenbewegungen alle bestehenden GEORISK-Objekte und ihre Detailinformationen inklusive vorhandener Kartensignatur abgerufen werden. Im Reiter Standortauskunft lassen sich umfassende Beschreibungen zu Gefahrenhinweiskarten und Georisiken an einer ausgewählten Lokalität in Bayern abrufen. Die Standortauskunft kann auch über die Homepage des Landesamtes für Umwelt (www.lfu.bayern.de) unter Themen Geologie Georisiken Standortauskunft Georisiken erreicht werden. Über die Angabe einer Adresse oder eine Punktauswahl in der Karte werden die für diesen Ort vorliegenden Informationen zu Geogefahren in einem PDF-Dokument zusammengefasst. Zur Generierung des PDF-Dokuments unter Punkt 3 Georisiken auswählen. Geodatendienste des Landesamts für Umwelt Darüber hinaus stehen die Ergebnisse der Gefahrenhinweiskarte als WebMapService (wms) und als Downloaddienst zu Verfügung. Der Abruf der Dienste erfolgt unter folgenden Quellen: wms-Dienst und Metadaten http://www.lfu.bayern.de/gdi/wms/geologie/georisiken? http://www.lfu.bayern.de/umweltdaten/geodatendienste/index_detail.htm?id=03f453e2-198a-3fed-b690-5650053ee4fe&profil=WMS Download-Dienst und Metadaten http://www.lfu.bayern.de/gdi/dls/georisiken.xml http://www.lfu.bayern.de/umweltdaten/geodatendienste/index_detail.htm?id=d142f7ea-7c25-4a28-abaa-52fef201cc61&profil=Download Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 11 Bereitstellung der Ergebnisse 12 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Anhang 9 Anhang A Beispiele zu Gesteinen und Geogefahren aus dem Landkreis Miesbach Abb. 11: Tone, Mergel und Sandsteine der Großund KleinkohlFlözgruppe südlich der Leitzach beim ehemaligen Philipp Stollen. Anstehend findet man diese Wechselfolgen überwiegend in den Tälern von Leitzach und Mangfall. An den Flüssen bildet diese Gesteinsgruppe lokal Steilhänge mit leicht erodierbaren und wasserstauenden Tonen und Mergeln. Aus den zwischengelagerten Härtlingslagen kann es zu Steinschlag und kleinen Felsstürzen kommen. Abb. 12: Schrattenkalk am Breitenbach (Waxensteintal) westlich von Schliersee. Er ist tektonisch stark beansprucht und bildet deswegen eher kleine bis mittelgroße Sturzblöcke. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 13 Anhang Abb. 13: SeewenkalkSubformation am Breitenbach. Die dünnbankig-flaserig ausgebildete SeewenkalkSubformation ist durch intensive ‚Faltung und Verschuppung im Helvetikum entstanden. Sie hat ein dichtes Trennflächengefüge und bildet bevorzugt flaserig-plattige Gesteinsbruchstücke mit einer relativ kleinen Blockgröße. Abb. 14: Kalkgraben-Formation (Zementmergelserie) am Breitenbach westlich Bad Wiessee. Sie zeichnet sich durch einen raschen Wechsel von bankigen Kalkmergeln und Mergeln mit dünnen Tonlagen aus und ist tektonisch meist stark beansprucht. 14 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Anhang Abb. 15: Piesenkopf-Formation am Breitenbach westlich Bad Wiessee. Die dünnbankige Piesenkopf-Formation zeichnet sich durch einen raschen Wechsel harter Kalkbänke mit teils tonigen Mergeln und Tonlagen, gelegentlich auch Sandsteinen aus. Abb. 16: Reiselsberg-Formation (Reiselsberger Sandstein) im Kesselgraben. Die kompetente Reiselsberg-Formation formt oft dicke, mürbe und glimmerreiche Bänke, in die dünne und glimmerreiche Tonlagen eingeschaltet sein können. Eine deutliche Klüftung ist meist gegeben. Es bilden sich in der Regel blockige bis plattige Sturzkörper. Abb. 17: Allgäu-Formation (Allgäu-Fleckenmergel) im Söllbachtal. Die AllgäuFormation ist ein besonders erosionsanfälliges Gestein. Es handelt sich dabei um dünnbankige, knollige bis flaserige Kalke, Mergel und Knollenmergelkalke, die an der Basis auch kieselig ausgebildet sein können. Aus den KalkMergel-Wechselfolgen bilden sich überwiegend plattige Bruchstücke. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 15 Anhang Abb. 18: Plattenkalk nordöstlich Spitzingsattel. Die Kalke des Plattenkalks sind mittel- bis dickbankig und deutlich kompakter als der Hauptdolomit. Die vorliegenden Blöcke sind meist deutlich grobblockig. Er neigt zu karriger Verwitterung und zerfällt meist in grobe Platten. Abb. 19: Hauptdolomit am Bucher Berg östlich Marbach. Der Hauptdolomit tritt als mittel- bis dickbankiges, vielfach kleinstückig zerfallendes (Grus), aber auch deutlich grobblockiges Gestein auf. Unter seinen Wänden entstehen häufig enorme Schuttansammlungen in Form von Fächern. Abb. 20: Wetterstein-Formation an der Kesselwand südöstlich des Wendelsteins. Bei der Wetterstein-Formation handelt es sich um einen massigen, meist geklüfteten Kalk, der im Landkreis Miesbach einige Gipfel bildet (zum Beispiel Wendelstein und Breitenstein). 16 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Anhang Abb. 21: Alte Rutschmasse nordwestlich der Wendelsteiner Almen Abb. 22: Säbelwuchs beim Röthensteiner See (Blankenstein) Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 17 Anhang Abb. 23: Geländestufen am Bucher Graben südöstlich Elbach Abb. 24: Bergzerreißung 18 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Anhang B Blockgrößen der Sturzmodellierung Tab. 1: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für den Alpenanteil des Landkreises Miesbach Geologische Einheit Wettersteinkalk Alpiner Muschelkalk Bank- und Riffkalk Bankkalk und untergeordnet Riffkalk Bunter Liaskalk Lias Basiskalke (Adneter und Hornsteinknollenkalk) Rätolias-Grenzkalk Rätolias-Riffkalk Rote Basiskalke, Adneter- und Hierlatz-Fazies Rote Kiesel-Hornsteinkalke Plattenkalk Raibler Rauhwacke Raibler Schichten, Rauhwacke Bunter Flaserkalk Liegend-Flözgruppe Philipp- und Liegend-Flözgruppe Roter Knollenflaserkalk Bergsturzmaterial Flysch-Gault (Quarzit-Serie) Losensteiner Schichten Raibler Schichten, Dolomit z.T. Übergang in Rauhwacke Reiselsberger Sandstein Oberrätkalk Kössener Schichten, Kalke Kössener Schichten, Riffkalk Raibler Schichten Raibler Schichten, Dolomit Raibler Schichten, löchriger Kalk und Dolomit Raibler Schichten, ungegliedert Kalkgraben-Schichten Raibler Kalke Raibler Schichten, Kalk Reichenhaller Schichten Gault-Grünsandstein Gault-Grünsandstein (ungegliedert) Gault-Grünsandstein (ungegliedert) mit LochwaldSchichten Bergsturz, Blockschutt Bergsturz, Blockschutt, Breccie Hauptdolomit Hauptdolomit, bunte Tone Hauptdolomit, Kalkeinschaltung Raibler Schichten; Sandstein, Sandkalk und Mergel Schrattenkalk Partnachschichten Zementmergel Zementmergel-Serie Aptychenschichten Chatt, marin höheres Chatt marine Bausteinschichten Neokom-Aptychenschichten Untere Tratenbach-Schichten mittleres und höheres Chatt mittleres Chatt Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Blockgrößenklasse Abmessung [cm] Fläche am Gesamtanbruchgebiet [%] I 22,5 120, 120, 120 II 7,4 80, 80, 90 III 64,7 70, 70, 70 19 Anhang Groß- und Kleinkohlgruppe Hällritzer Serie Ofterschwanger Schichten Alb Buntmergel-Serie Malm-Aptychenschichten Malmkalke Breccie unbestimmten Alters Konglomerat Tristel-Schichten, Tristel-Schichten (Kalkgruppe) Deckenschotter und Nagelfluh, Alter unbestimmt Fleckenkalk Fleckenkalk und -mergel Fleckenkalke und -mergel, tiefer Lias Fleckenmergel und Kieselkalk Nagelfluh (?Riß) Tannheimer Schichten Mariensteiner Flözgruppe Allgäu-Schichten Cenoman Cenoman-Turon, brecciös Cenoman-Turon, konglomeratisch Cenoman-Turon, ungegliedert Schliersbergsandstein Radiolarit Allgäu-Schichten, überwiegend mergelig Kössener Schichten Kössener Schichten, besonders kalkreiche Ausbildung Kössener Schichten, Schattwalder Ton Piesenkopf-Serie Drusberg-Schichten Graue Kiesel- und Hornsteinkalke Kiesel- und Hornsteinkalk Kiesel- und Hornsteinkalke, Spatkalke Kieselkalk, Kieselkalk und Spatkalk Lias Fleckernkalke und -mergel Lias-Kieselkalk Neokom, ungegliedert Neokom-Mergel Neokom-Mergel mit Feinbreccie Fleckenmergel Fleckenmergel und Mergel Graue Aptychenschichten (Schrambach-Schichten) Festenbacher u. Miesbacher Terrasse Seewerkalk Osterbachfazies Untere Bunte Mergel Obere Bunte Mergel Moräne ungegliedert, z.T. unter jüngerer Ablagerung Seeton, Seekreide, Schluff Spät- bis postglazialer Schotter vorw. fluvioglazialer Schotter, früh- bis hochglazial vorw. fluvioglazialer Schotter, lokal Nagelfluh Amdener Schichten Fernmoräne im Alpenvorland Hoch-postglazialer Schotter i. Mangfall- u. Schlierachtal künstliche Aufschüttung Schuttkegel, Schwemmkegel Staubeckensedimente (Talverbauung) Talablagerung Talboden und jüngste Ablagerung Tonmergel-Schichten vorwiegend fluvioglazialer Schotter 20 IV 5,5 30, 40, 50 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Anhang Tab. 2: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für das Alpenvorland Teilgebiet 1 (Landkreis Berchtesgadener Land, Traunstein, Rosenheim, Rosenheim Stadt, Miesbach (Ost)) Geologische Einheit Alt-, Mittelpleistozän - Nagelfluh Altmoräne, z. T. Nagelfluh Konglomerat Obere Süßwassermolasse, Konglomerat Oberrhätkalk Schmelzwasser- oder Flussschotter, z. T. Nagelfluh Philipp-und Liegend-Flözgruppe Rehbreingraben- bis Seisenburg-Formation Alveolinenschichten Hällritz-Formation Raibler Dolomit Raibler Rauhwacke Frauengrube-Subformation Altlengbach-Formation Fackelgraben-Subformation Jüngere Obere Süßwassermolasse Rehbreingraben-Formation Weitwies-Subformation Hauptdolomit Bürgen-Formation Obere Süßwassermolasse und Brackwassermolasse Obere Süßwassermolasse, Hangendserie Sankt-Pankraz-Subformation Schwarzerzschichten, unvererzt Schwarzerzschichten, vererzt Haupt-Cyrenenschichten Tiefere Untere Bunte Molasse und Untere Cyrenenschichten Haupt- und Sattel-Flözgruppe Obere Brackwassermolasse Oberste Cyrenenschichten Untere Brackwassermolasse Kalkgraben-Formation Osterbachschichten Bausteinschichten Höhere Untere Bunte Molasse und höhere Hauptcyrenenschichten Mittlere Untere Bunte Molasse und tiefere Hauptcyrenenschichten Achtal-Formation Groß- und Kleinkohl-Flözgruppe Sinterkalk Jüngere Obere Meeresmolasse Älteste Obere Meeresmolasse Kössen-Formation Obere Süßwassermolasse Promberger Schichten Altmoräne Fernmoräne Moräne Moräne, risszeitlich Moräne, würmzeitlich Moräne, würmzeitlich, tonig-schluffig Allgäu-Formation Obere Meeresmolasse und Brackwassermolasse Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Blockgrößenklasse Abmessung [cm] Fläche am Gesamtanbruchgebiet [%] I 34,2 120, 120, 120 II 14,1 60, 80, 80 III 34,6 30, 40, 50 21 Anhang Obere Süßwassermolasse, Schotter Schmelzwasser- oder Flussschotter Chatt-Sand Obere Meeresmolasse Pinswanger Schichten Ältere Obere Meeresmolasse Beckenschluff bis Seeton Obere Suesswassermolasse, Mergel und Sandmergel Aquitan-Fischschiefer Ältere Untere Meeresmolasse, mergelig Globigerinenmergel Obere Meeresmolasse, Glaukonitsande und Blättermergel Tonmergelschichten Verlehmte Molasse Hanglehm Jüngere Untere Meeresmolasse, mergelig 22 IV 17,2 20, 20, 20 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Anhang Tab. 3: Blockgrößentabelle der Bemessungsereignisse für das Alpenvorland Teilgebiet 2 (Landkreis GarmischPartenkirchen (Ost), Miesbach (West), Bad Tölz - Wolfratshausen, Weilheim-Schongau (Ost)) Geologische Einheit Schmelzwasser- oder Flussschotter, z. T. Nagelfluh Obere Süßwassermolasse, Konglomerat Untere Cyrenenschichten, Konglomerat Untere Brackwasser Molasse, Konglomerat Bausteinschichten, Konglomerat Weißachschichten Enzenauer Marmor Losenstein-Formation und Branderfleck-Formation Stallauer Grünsandstein Schmelzwasser- oder Flussschotter, z. T. Nagelfluh Obere Süßwassermolasse, Konglomerat Untere Cyrenenschichten, Konglomerat Untere Brackwasser Molasse, Konglomerat Bausteinschichten, Konglomerat Weißachschichten Alttertiärer Sandstein Reiselsberg-Formation Assilinensandstein Rehbreingraben-Formation Hauptdolomit Garschella-Formation Schrattenkalk Haupt-Cyrenenschichten Kalkgraben-Formation Untere Cyrenenschichten Untere Bunte Molasse Bausteinschichten Sinterkalk Moräne, würmzeitlich Moräne, risszeitlich Fernmoräne Moräne Schmelzwasser- oder Flussschotter Unterer Nonnenwaldsand Schwaiger Schichten Hachauer Schichten Obere Süßwassermolasse, Mergel und Sandmergel Beckenschluff bis Seeton Tonmergelschichten Seisenburg-Formation Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Blockgrößenklasse Abmessung [cm] Fläche am Gesamtanbruchgebiet [%] I 42,5 120, 120, 120 II 3,4 60, 80, 100 III 40,9 30, 50, 50 IV 13,2 20, 20, 20 23 Anhang C Betroffene Gemeinde- und Siedlungsflächen Tab. 4: Betroffene Gemeinde- und Siedlungsflächen in Miesbach GHK = Fläche der Gefahrenhinweisbereiche je Geogefahr in der betroffenen Gemeinde; Betroffene Fläche in % = Anteil betroffener Gemeinde- (Gde.) bzw. Siedlungsfläche nach ATKIS® Bayern, Maßstab 1 : 25.000 (mit einbezogene Layer: Fläche gemischter Nutzung, Fläche besonderer funktionaler Prägung, Friedhof, Industrie- und Gewerbefläche, Sport-, Freizeit- und Erholungsfläche, Wohnbaufläche (Shapefile sie02_f der Bayer. Vermessungsverwaltung)) Steinschlag (mit Wald) Rutschung Bad Wiessee Tiefreichende Rutschung Betroffene Fläche in % GHK (ha) Gde. Siedlung 38,5 1,2 0,2 GHK (ha) 273,5 Bayrischzell 108,9 1,4 0,2 Fischbachau 404,8 5,3 Gmund a.Tegernsee 67,8 Gemeinde Erdfall Rutschanfälligkeit Betroffene Fläche in % 8,3 1,1 GHK (ha) 243,7 221,9 2,8 0,7 1,0 965,6 12,7 2,0 0,3 392,6 324,8 14,6 0,7 Holzkirchen - - Irschenberg 370,3 Kreuth Betroffene Fläche in % 7,4 0,4 GHK (ha) 16,4 2.832 35,7 2,6 1,7 864,8 11,4 11,4 4,6 29,8 599,3 26,9 2,5 - - - 6,9 0,8 562,5 160,0 1,3 0,3 38,5 1,2 - Rottach-Egern Gde. Siedlung Gde. Siedlung Betroffene Fläche in % Gde. Siedlung 0,5 - 53,5 0,7 <0,1 0,6 21,8 0,3 <0,1 0,9 0,1 37,3 1,1 <0,1 15,8 0,7 - 24,7 1,1 - - 0,2 <0,1 - - - - 10,4 1,1 46,7 0,9 0,2 - - - 592,8 4,9 1,0 3.885 31,8 0,6 67,7 0,6 <0,1 0,7 109,3 3,4 2,2 28,8 0,9 0,1 24,4 0,8 - - - - - - - - - - - - 111,3 1,9 0,2 508,0 8,6 3,1 1.600 27,1 0,2 <0,1 <0,1 <0,1 Schliersee 253,4 3,2 1,0 743,5 9,4 5,9 1.522 19,2 0,8 66,0 0,8 <0,1 Tegernsee 153,9 6,8 3,9 349,2 15,4 22,4 84,4 3,7 0,1 112,5 5,0 <0,1 Valley 312,9 7,4 4,1 349,2 8,3 4,1 50,9 1,2 0,2 5,8 0,1 - 18,8 0,4 0,3 221,3 5,2 0,9 10,5 0,2 0,1 2,3 0,1 - Warngau 122,2 2,4 <0,1 148,2 2,9 0,1 2,3 <0,1 0,1 1,1 <0,1 - Weyarn 328,1 7,0 3,1 389,9 8,4 4,3 68,4 1,5 0,2 1,1 <0,1 - Hausham Miesbach Otterfing Waakirchen 24 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Anhang D Bericht „Gefahrenhinweiskarte Bayern – Vorgehen und technische Details“ Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 25 Bayerisches Landesamt für Umwelt Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland Vorgehen und technische Details Georisiken im Klimawandel UmweltSpezial Impressum Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland Vorgehen und technische Details Georisiken im Klimawandel Herausgeber: Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) Bürgermeister-Ulrich-Straße 160 86179 Augsburg Tel.: 0821 9071 - 0 Fax: 0821 9071 - 5556 E-Mail: [email protected] Internet: www.lfu.bayern.de Bearbeitung/Text/Konzept: LfU, Referat 102, Thomas Gallemann, Dr. Stefan Glaser, Maximilian Schmid, Juliane Straub, Peter Thom, Dr. Andreas von Poschinger Redaktion: LfU, Referat 102, Dr. Andreas von Poschinger Bildnachweis: Bayerisches Landesamt für Umwelt Druck: Eigendruck Bayerisches Landesamt für Umwelt Gedruckt auf Papier aus 100 % Altpapier. Stand: Juni 2015 Diese Druckschrift wurde mit großer Sorgfalt zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann dennoch nicht übernommen werden. Sofern in dieser Druckschrift auf Internetangebote Dritter hingewiesen wird, sind wir für deren Inhalte nicht verantwortlich. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Datengrundlage 1 3 Stein-/Blockschlag 3 3.1 Vorbereitende Arbeiten – Datenbasis für die Steinschlagmodellierung 5 3.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung 7 4 Felssturz 9 4.1 Vorbereitende Arbeiten – Ermittlung der Anbruchpunkte 10 4.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung 10 5 Rutschung 14 5.1 Vorbereitende Arbeiten – Rutschungskartierung 14 5.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche 15 6 Hanganbruch 17 6.1 Vorbereitende Arbeiten – Grundlagen zur Ermittlung der Anrisszonen und Auslaufbereiche 17 6.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung 21 7 Erdfall 23 7.1 Vorbereitende Arbeiten – Erfassung von Erdfällen und Dolinen 24 7.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche 24 8 Literaturverzeichnis 26 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Einleitung Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Abgleiten eines Felsblocks 4 Abb. 2: Abstürze durch Kippen 4 Abb. 3: Abstürze aus Überhängen 4 Abb. 4: Kalibrierte Sekundärparameter für Dämpfung und Rauigkeit 6 Abb. 5: Erstellung der Gefahrenhinweiskarte für Steinschlaggefahr 8 Abb. 6: Pauschalwinkelmodelle Geometrisches Gefälle (α) und Schattenwinkel (ß) 10 Abb. 7: Viewshed-Funktion mit der Pauschalwinkelmethode 11 Abb. 8: Attributtabelle für die Berechnung der Viewshed-Funktion 12 Abb. 9: Viewshed-Funktion bei gekrümmten Auslaufbereichen 12 Abb. 10: Modellierung von Felssturzbereichen mit der Viewshed-Funktion 13 Abb. 11: Schattenbild eines anzunehmenden späteiszeitlichen Blockgletschers 13 Abb. 12: Entscheidungsbaum zur Beurteilung der Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen 16 Abb. 13: Grundlagen zur Berechnung des Sicherheitsgrades F einer Rasterzelle 18 Abb. 14: Beispiel Modellierung SLIDEPOT 22 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Verwendete Manuskriptkarten für die Erstellung der Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland 1 Tab. 2: Klassifizierung des Topo-Index 19 Tab. 3: Codierungsschema für die stratigraphischen Einheiten 19 Tab. 4: Mächtigkeit Lockermaterial (empirische Werte) 20 Tab. 5: Abbaufaktoren und maximale Reichweiten 21 Tab. 6: Startwert der Abbaufaktoren 23 2 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Einleitung 1 Einleitung Für die als besonders sensibel gegenüber geogenen Naturgefahren eingestuften Bereiche in den bayerischen Alpen, im Alpenvorland und im Schwäbisch-Fränkischen Jura werden Gefahrenhinweiskarten erstellt. Sie sollen als Grundlage für Planungen dienen und werden für den Maßstab 1 : 25.000 erstellt. Die Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen erfolgt objektunabhängig, das heißt ohne Berücksichtigung potenziell betroffener Bauwerke. Zu dieser Objektunabhängigkeit gehört auch, dass bestehende Schutzmaßnahmen explizit ignoriert werden. Die Karte stellt keine parzellenscharfe Einteilung von Gebieten in unterschiedliche Gefahrenbereiche dar. Die Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist als Saum und nicht als scharfe Grenze zu verstehen. Auch erheben die ermittelten Gefahrenhinweisbereiche keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Dies betrifft sowohl bereits erfolgte als auch zukünftige Massenbewegungsereignisse. Es handelt sich um eine Darstellung von Gefahrenverdachtsflächen, die zum Zeitpunkt der Bearbeitung auf Basis der verfügbaren Informationen und mit Hilfe zeitgemäßer Methoden ermittelt werden. Bei der Bearbeitung werden Massenbewegungsereignisse herangezogen bzw. modelliert, die häufiger auftreten, damit repräsentativ sind und als Risiko empfunden werden. Selten auftretende Extremereignisse sind nicht berücksichtigt und müssen aus geologischer Sicht als nicht zu vermeidendes Restrisiko bezeichnet werden. Für jeden untersuchten Prozess werden Flächen mit Hinweis auf Gefährdung (rot) und Flächen mit Hinweis auf Gefährdung im Extremfall (orange) ausgewiesen. Jeder Gefahrenprozess wird dabei unabhängig betrachtet, so dass sich die Gefahrenhinweisbereiche der Prozesse überlagern können. 2 Datengrundlage Topographische Karten Als topographische Grundlage dient die Topographische Karte des Bayerischen Landesamts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (LDBV) im Maßstab 1 : 25.000 (TK 25). Der Ausgangspunkt des Karteninhalts ist das Digitale Landschaftsmodell (DLM 25) des ATKIS® Bayern (Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem). Geologische Karten Die Geologische Karte im Maßstab 1 : 25.000 (GK 25) des Bayerischen Landesamts für Umwelt ist eine wichtige Grundlage für die meisten Fragestellungen im Hinblick auf geogene Naturgefahren. Unveröffentlichte Manuskriptkarten (Tab. 1) dienen als Ergänzung. Des Weiteren kommt die Geologische Karte im Maßstab 1 : 200.000 (GK 200) zur Ausweisung des verkarstungsfähigen Untergrundes zum Einsatz. Tab. 1: Verwendete Manuskriptkarten für die Erstellung der Gefahrenhinweiskarte Alpen und Alpenvorland. Die Manuskriptkaten haben unterschiedliche Bearbeitungstiefen und damit keine einheitliche Qualität. Blattnummer 7830 7839 7841 7929 7938 7940 8028 8030 8033 8037 Blattname Schwabmünchen Haag i. OB Garching a. d. Alz Bad Wörishofen Steinhöring Obing Markt Rettenbach Waal Tutzing Glonn Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Blattnummer 7838 7840 7842/43 7930 7939 7942/43 8029 8032 8035 8038 Blattname Albaching Kraiburg a. Inn Burghausen Buchloe Wasserburg a. Inn Tittmoning Kaufbeuren-Neugablonz Dießen a. Ammersee Sauerlach Rott a. Inn 1 Datengrundlage 8039 8127 8129 8133 8137 8139 8143/44 8228 8231 8233 8243 8329 8337/8437 8340 8342 8435 8527 8531 8534 8627 8727 Bad Endorf Bad Grönenbach Kaufbeuren Seeshaupt Bruckmühl Stephanskirchen Freilassing Wilpoldsried Peiting Iffeldorf Bad Reichenhall Nesselwang Ost Josefstal Reit im Winkel Schneizlreuth Fall Oberstdorf Zugspitze Östl. Karwendelspitze Einödsbach Biberkopf 8043 8128 8130 8135 8138 8142 8227 8229 8232 8235 8244/8344 8332 8339 8341 8428 8525/26 8528 8532/8632 8626 8628 ÖK 50 Nr. 90 Laufen Obergünzburg Bidingen Sachsenkam Rosenheim Teisendorf Kempten (Allgäu) Marktoberdorf Uffing a. Staffelsee Bad Tölz Berchtesgaden Ost Unterammergau Oberaudorf Seegatterl Hindelang Balderschwang Hinterstein Garmisch-Partenkirchen Hoher Ifen Hochvogel Kufstein Orthophotos Digitale Orthophotos liegen bayernweit in den Auflösungsstufen 1 m, 40 cm und 20 cm vor. Sie sind einerseits hilfreich für die Orientierung, andererseits können sie auch zusätzliche Hinweise zu den Verhältnissen vor Ort liefern. Digitales Geländemodell Das Digitale Geländemodell (DGM) ist die wesentliche Basis für die Ausweisung von Gefahrenhinweisbereichen. Es ist die Grundlage für die computergestützten Modellierungen und in verschiedenen Visualisierungen (Schattenbild, Geländeschnitte) bietet es große Vorteile für die Interpretation des Geländes hinsichtlich Rutschungen und Erdfälle. Das LDBV erstellt mittels Airborne-Laserscanning-Verfahren hoch aufgelöste Punktwolken in diskreten Abständen, die zu einem Digitalen Geländemodell umgerechnet werden. Dargestellt wird die Höhe der Geländeoberfläche pro Messpunkt. Messpunkte, die Reflexionen von Gebäuden oder Vegetation enthalten, werden entfernt und das Modell an dieser Stelle interpoliert und geglättet. Resultat ist dann die eigentliche Geländeoberfläche. Stellenweise führt dieser automatisierte Ablauf zu sogenannten Artefakten (Fehlern). Solche Artefakte bleiben zum Beispiel dann erhalten, wenn die Interpolation der Geländeoberfläche unter dichtem Wald oder Schnee nicht die reale Geländeoberfläche abbildet und nicht korrigiert wird. Die Fehler halten sich räumlich und bezogen auf die Gesamtfläche des Untersuchungsraums im Rahmen. Seitens des LDBV sind bayernweit Daten in den Auflösungsstufen 1 m, 2 m und 5 m verfügbar, allerdings nicht in allen Auflösungsstufen flächendeckend. Für die verschiedenen Anwendungen werden unterschiedliche Auflösungsstufen des DGM benutzt. Für die Steinschlagsimulation werden die Eingangsdaten auf Basis der 5 m-Daten aufbereitet. Für die Beurteilung von tiefreichenden Rutschungen und die Erhebung von Gefährdungen durch Erdfälle wird die bestmögliche Auflösungsstufe verwendet. Aus den reinen Höheninformationen des DGM werden für die Bearbeitung weitere Darstellungen erzeugt. Die bedeutendste ist die Visualisierung als Schattenbild. Dabei werden für eine Beleuchtung aus bestimmten Winkeln (45° und 315°) Schatten auf der virtuellen Geländeoberfläche berechnet. Re- 2 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Stein-/Blockschlag sultat ist ein Pseudo-3D-Bild. Des Weiteren liefern Hangneigungs- und Expositionskarten sowie Geländeschnitte einen wertvollen Beitrag als Interpretationshilfe. Tatsächliche Nutzung Die für die Sturzmodellierung verwendeten Wald- bzw. Forstflächen entstammen dem Digitalen Landschaftsmodell (DLM 25) des ATKIS® Bayern. Es werden Wald bzw. Forst und Gehölz unterschieden. Gebäude Die Gebäudedaten werden der aktuellen Digitalen Flurkarte (DFK) entnommen (www.ldbv.bayern.de). Die Gebäude sind unterteilt in bewohnte und unbewohnte Objekte. GEORISK-Kataster Das Bodeninformationssystem Bayern (BIS-BY) ist die zentrale Datenbank des LfU zu Geofachdaten. Große Anteile der Datenbestände sind öffentlich über das Internet zugänglich. Darin sind die bereits seit 1987 im Rahmen des Programms GEORISK gesammelten Informationen zu Massenbewegungen standardisiert abgelegt. Im BIS-BY werden alle Arten von Massenbewegungen systematisch erfasst und mit allen verfügbaren Informationen ergänzt. Für jedes einzelne Objekt ist dadurch eine detaillierte Beschreibung zur Art der Massenbewegung und ihrer räumlichen Ausdehnung festgehalten. Ergänzende Erläuterungen umfassen Angaben zum Zeitpunkt der Aktivität, zum Alter und Zustand sowie eine Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Massenbewegung. Ebenso wird eine Informationsqualität angegeben und ein Quellennachweis geführt, so dass Herkunft und Qualität der Daten nachvollzogen werden können. Wenn bekannt, werden auch Anbruch- und Ablagerungsbereiche der Massenbewegung als Geometrie digitalisiert und aussagekräftiges Bildmaterial hinterlegt. Die GEORISK-Datenbank ist die Katastergrundlage für die Ausweisung der Gefahrenhinweisflächen von Rutschungen, Felsstürzen und Erdfällen. Auch bei der Modellierung von Stein- und Blockschlag werden die Informationen über bekannte Ereignisse genutzt, um die modellierten Anbruchbereiche zu ergänzen und die Sturzmodellierung zu überprüfen. Da vor Projektbeginn vor allem Daten für den Bayerischen Alpenraum vorlagen, musste die Datengrundlage für die Bearbeitung der sensiblen Gebiete des Schwäbisch-Fränkischen Juras und des Alpenvorlands größtenteils erst geschaffen werden. Hierzu wurden im Rahmen des Projektes für alle bearbeiteten Landkreise historische Recherchen durchgeführt, um möglichst alle bei anderen Stellen bekannten oder schriftlich festgehaltenen Ereignisse zu sammeln. Es wurde eine flächendeckende Erfassung von Rutschungen anhand von Kartenauswertungen und Geländebegehungen durch Projektpartner an Universitäten und durch das LfU durchgeführt (Kapitel 5). Zudem wurden Dolinen anhand des DGMs 1 m, durch Signaturen in bestehenden topographischen und geologischen Karten und zum Teil Geländebegehungen flächendeckend erfasst (Kapitel 7). 3 Stein-/Blockschlag Eine potenzielle Steinschlaggefahr geht generell von steilen und exponierten Felswänden aus. Mögliche Sturzkörper können außerdem im Hang liegen und zum Beispiel durch den Anstoß fallender Steine remobilisiert werden. Die Mechanismen, welche die Sturzkörper in Bewegung bringen, sind vielfältig. Entscheidend für die finale Ablösung sind die Lage des Schwerpunkts des Sturzkörpers sowie dessen Verbindung zum umliegenden Fels. Kritische Lageeigenschaften resultieren vor allem aus einer ungünstigen Kombination des Trennflächensystems im Fels und der Geländeoberfläche (Abb. 1 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 3 Stein-/Blockschlag bis Abb. 3). Diese Disposition beeinflusst die Größe, Form und damit die Bewegungseigenschaften des Blocks. Meist kommen folgende Situationen vor: Abb. 1: Abgleiten eines Felsblocks erfolgt dann, wenn die treibenden Kräfte die haltenden Kräfte überschreiten. (WYLLIE & MAH 2004) Abb. 2: Abstürze durch Kippen erfolgen, wenn der Schwerpunkt der Felspartie durch Rotation um einen Scharnierpunkt vom Hang weg verlagert wird. (WYLLIE & MAH 2004) Abb. 3: Abstürze aus Überhängen entstehen durch die Rückverlegung einer schneller verwitternden Gesteinsschicht unterhalb einer harten Felspartie. (WYLLIE & MAH 2004) Das Gefahrenpotenzial von Sturzprozessen hängt maßgeblich von der Masse und der Beschleunigung des Sturzkörpers ab, welche die Kraft des Aufschlags bestimmen. Die Eigenschaften der Geländeoberfläche (Rauigkeit) beeinflussen den Transport und die Ablagerungsposition (Reichweite). Beim Sturz führen Energieverluste beim Aufschlag auf den Untergrund (Dämpfung) und Kontakte mit Hindernissen (Ablenkung) zur Veränderung der Bewegung – weite Sprünge und Rollen wechseln sich ab. Jeder Sturzkörper bewegt sich daher auf einer eigenen Bewegungsbahn (Trajektorie) und erreicht somit eine individuelle Reichweite. Die Reichweite ist das Maß für die Ausweisung der Gefahrenhinweisbereiche unterhalb von Felswänden. Aktuelle Experimente zeigen, dass bei sonst gleichen Bedingungen runde bzw. radförmige Steine eher anfangen zu rollen und größere Distanzen zurücklegen als eckige. Eckige Blöcke hingegen springen höher und besitzen damit größere Aufprallkräfte (vgl. WSL 2014). Für die Gefahrenhinweiskarte wird das deterministische 3D-Steinschlagmodell nach ZINGGELER & GEOTEST AG (KRUMMENACHER et al. 2005; ZINGGELER & PFEIFER 2009) verwendet, das die Vielfalt der Faktoren bei Steinschlagprozessen berücksichtigt. Das numerische Modell simuliert eine Abfolge von Sturzparabeln mit dazwischenliegenden Kontaktreaktionen auf Grundlage der Topographie (DGM) und in Abhängigkeit vorher fixierter Parameter für die Sturzblockform und Geländeeigenschaften (ZINGGELER & PFEIFER 2009). Im Modell werden die physikalischen Gesetze der Bewegungsarten Fallen, Springen und Rollen berücksichtigt. Außerdem kann das Modell die bremsende Wirkung von Wäldern als Folge von Kollisionen und Ablenkungen an Baumstämmen abbilden. Die Ausweisung von Gefahrenhinweisbereichen berücksichtigt keine bestehenden baulichen Schutzmaßnahmen. Ein Wald hat natürlicherweise eine bremsende Wirkung auf stürzende Steine und soll mit seiner langfristigen Schutzwirkung berücksichtigt werden. Zwei Szenarien werden in der Gefahrenhinweiskarte dargestellt: Rote Gefahrenhinweisbereiche kennzeichnen ein realitätsnahes Szenario, in dem die Prozessräume von Stürzen mit den dämpfenden Effekten des aktuellen Waldbestands modelliert werden. In Bereichen ohne Waldbestand werden keine Stoßreaktionen zwischen Sturzblock und Bäumen simuliert. In einem zweiten, pessimistischen Szenario wird der Steinschlagprozess ohne Einfluss eines Waldes berechnet (orange Gefahrenhinweisflächen). Als „Worst-Case-Szenario“ trägt es zukünftigen Veränderungen des Waldbestands Rechnung, die sich möglicherweise durch Kahlschlag, Waldbrand, Durchforsten oder Schädlingsbefall ergeben. Das erste Szenario entspricht dem zweiten an allen Stellen, an denen kein Wald vorliegt. Der Vergleich der Szenarien ermöglicht eine Einschätzung der Bedeutung des Waldes als Schutz vor Steinschlag. 4 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Stein-/Blockschlag 3.1 Vorbereitende Arbeiten – Datenbasis für die Steinschlagmodellierung Für die Sturzmodellierung gilt es gebietsspezifische Eingabeparameter zu ermitteln, von denen die beiden wichtigsten die Ablöseposition (Anbruchbereiche) und die Sturzblockgröße (Bemessungsereignis) sind. Grundlage dafür sind primär das Digitale Geländemodell (DGM) und die Geologische Karte 1 : 25.000 (GK 25). Dazu kommen Sekundärparameter, die über die Primärdaten (DGM, etc.) abgeleitet werden. Ausweisung der Anbruchbereiche Als potenzielle Anbruchbereiche für Stein- und Blockschlag werden im DGM 5 m (Weite der Rasterzellen 5 m) alle Hangbereiche mit einer Neigung ≥ 45° angenommen. Hiermit sind erfahrungsgemäß alle steilen Felsbereiche abgedeckt, die auch im Gelände als Anbruchbereiche für Steinschläge verifiziert werden können. Unterhalb 45° findet vorwiegend der Prozess des Rollens statt (DORREN 2003). Die Ablösung von Sturzblöcken aus diesen Bereichen wird nicht im Modell erfasst. Bestimmung der Bemessungsereignisse Durch den Verschnitt der Anbruchbereiche mit der Geologischen Karte werden die potenziell von Sturzereignissen betroffenen Gesteinseinheiten ermittelt. Im Gelände wird jeder Einheit eine zu erwartende Blockgröße (repräsentatives Bemessungsereignis) zugewiesen. Die Dimensionierung nach Achsenlängen (X, Y, Z) ist das Ergebnis der Abwägung zwischen der zu erwartenden Sturzblockgröße und der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Absturzes dieser Blockgröße. Für das Modell folgt eine Generalisierung der im Gelände ermittelten Blockgröße in vier Blockgrößenklassen (I-IV), in denen vergleichbar dimensionierte Einheiten zusammengefasst sind. Die stratigraphischen Einheiten mit großen Flächenanteilen an den potenziellen Anbruchbereichen werden vorrangig differenziert. Damit wird vermieden, dass flächenmäßig unterrepräsentierte Einheiten bei der Festlegung der Klassengrenzen überbewertet werden. Attribuierung und Korrektur der Anbruchbereiche Sind die Bemessungsereignisse ermittelt, werden die Anbruchflächen je nach geologischer Einheit mit diesen Werten attribuiert. Da die stratigraphischen Grenzen der GK 25 eine maßstabsabhängige Unschärfe bezüglich der Lagegenauigkeit aufweisen, wird die Attribuierung mit Hilfe des Schattenbildes an die Geländemorphologie angepasst. Nicht plausible oder irrelevante Anbruchbereiche (z. B. Brückenwiderlager, Stützmauern oder Steinbruchwände) werden bereinigt. Eine Ergänzung zu den rechnerisch ermittelten Anbruchflächen liefern die kartierten Anbruchkanten der GEORISK-Objekte (BIS-BY), die ebenfalls mit den Angaben zur Blockgrößenklasse attribuiert werden. Diese Daten werden zum Beispiel dort wichtig, wo die Interpolation der Laserscan-Punkte das DGM glättet und schmale Felsnadeln oder -türme nicht differenziert sind. Festlegung von Sekundärparametern Die aus den Primärdaten abgeleiteten Modellierungsparameter sind die Rauigkeit der Geländeoberfläche sowie die Dämpfungseigenschaften des Untergrunds (siehe Abb. 4). Für das erste Szenario (rot) werden außerdem der Wald- und Gehölzbestand aus dem ATKIS® berücksichtigt. Um diese Sekundärparameter adäquat abschätzen zu können, wurden diese in einem Testgebiet für bestimmte Oberflächen von der Firma GEOTEST AG kalibriert. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 5 Stein-/Blockschlag Abb. 4: Kalibrierte Sekundärparameter für Dämpfung und Rauigkeit, abgeleitet von der Hangneigung und den Untergrundeigenschaften (KRUMMENACHER & PFEIFER 2007) Der Parameter Rauigkeit (Werte zwischen 1 und 19) ergibt sich aus Geländeformen, wie zum Beispiel Schutthalden, die im Zentimeter- bis Dezimeterbereich liegen („Mikrotopographie“) und setzt sich aus der Entfernung einzelner Rauigkeitsformen zueinander und deren Durchmesser zusammen. Die Dämpfung des Untergrunds entscheidet über die Stoßreaktion (Eindringtiefe) und den Energieverlust (plastische Deformation) während des Kontakts von Sturzkörper und Oberfläche sowie den Abprall und die resultierende Transportgeschwindigkeit (Geometrie der Rampe, Hebelwirkung). Als Eingabeparameter für das Modell gelten Werte zwischen 1 (sehr gering) und 5 (sehr hoch). Für die Gefahrenhinweiskarte können aufgrund der großen Untersuchungsgebiete die Rauigkeit der Geländeoberfläche und die Dämpfung des Untergrundes nicht im Gelände kartiert werden, sondern müssen aus den im Untersuchungsgebiet vorhandenen Daten abgeleitet werden (siehe Abb. 4). Sie setzen sich aus den Hangneigungswerten und der Oberflächenbeschaffenheit zusammen, die aus den vorliegenden Daten (DGM, Waldflächen, Gewässer/Seen) ermittelt werden können. Kontakte zwischen Sturzkörper und Baumstämmen sorgen einerseits für einen Energieverlust und andererseits für eine Ablenkung aus der Bewegungsrichtung. Die Kontaktreaktion hängt von einigen Zufälligkeiten ab: unterschiedliche Bestandsdichten, wechselnde Baumtypen und Baumstammdicken sowie variierende Trefferhöhen. Der Waldparameter für die Verteilung der Stammdurchmesser wird auf Grundlage der Stammzahl pro Hektar abgeleitet. Die Werte variieren zwischen 100 Stämme / ha (Wald/Forst) und 200 Stämme / ha (Gehölz) und sind eine pessimistische Annahme (lichter Bestand). Die mittleren Stammdurchmesser werden nach einer Zufallsverteilung berechnet. Die Werte variieren zwischen 28 cm (Wald/Forst) und 18 cm (Gehölz). Das Modell berechnet statistisch einen Faktor für die mittlere Trefferdistanz in Abhängigkeit von der Blockgröße mit der zufällig ein Stamm des definierten Waldtyps getroffen wird. 6 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Stein-/Blockschlag 3.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung Basis für die Steinschlagmodellierung ist das DGM 10 m des Untersuchungsgebietes. Der Puffer von 500 m um das Untersuchungsgebiet trägt Steinschlägen von außerhalb des eigentlichen Bearbeitungsraums Rechnung. Die beiden Szenarien (rot: mit Wald, orange: ohne Wald) werden getrennt voneinander modelliert. Der Ursprung der Sturzbahnmodellierung liegt in den Anbruchpunkten, aus denen im Modell die Sturzkörper jeweiliger Ausdehnung und Masse mit geringer Anfangsgeschwindigkeit gestartet werden. Da die Sturzkörper keine Quader sind, wird ein Rundungsgrad (81% des Quaders) angenommen. Darüber hinaus wird der Radius der Sturzkörper berücksichtigt, um dem Größenverhältnis zwischen Sturzblock und Rauigkeit gerecht zu werden. Kleine Blöcke werden bei gleicher Rauigkeit stärker beeinflusst (Skaleneffekt), was zu einer Reduktion der Geschwindigkeit führt. Unter Einhaltung der Bewegungsprozesse Fallen, Springen, Rollen und Stillstand mit Translations- und Rotationsanteilen werden folgende Teilprozesse modelliert: Kontaktreaktionen Im Modell werden beim Bodenkontakt des Sturzkörpers (1) der Eindringprozess und (2) der Absprungprozess in Abhängigkeit von der Rauigkeit und Topographie getrennt berechnet: (1) Beim Aufprall auf den Untergrund finden Energieverlustreaktionen statt, die aus der Deformation des Untergrundmaterials resultieren. Der Sturzblock wird dabei vereinfacht als Kugel angenommen, die volumenkonform zur ursprünglichen Abmessung ist. Der Aufschlagimpuls führt zur Bildung eines spezifischen Aufschlagtrichters. Eine elastische „Rückgabe“ der Energie erfolgt nicht, sodass Energie verloren geht – beim Erstaufschlag beträgt dieser Verlust etwa 75 - 86 % (DORREN 2003). (2) Der Abprallprozess hängt dann von der restlichen Bewegungsenergie des Blocks ab sowie von der Geometrie des Aufschlagtrichters, der als eine Art Rampe den Absprungwinkel beeinflusst. Das Modell geht davon aus, das der Sturzkörper (Kugel) eine Richtungskomponente erhält, die von der Form des Trichters abhängt. Der Abprallprozess beinhaltet wieder die eigentlichen Achsenabmessungen des Blockes, damit die resultierende Rotationsbewegung in Abhängigkeit von der Hebelwirkung an den Achsen, berechnet werden kann. Baumtreffer Baumtreffer werden durch Zufallsvariablen in der Fläche berechnet. Findet im Modell ein Einschlag statt, werden die Eigenschaften des Holzes pauschal berücksichtigt. Bei der Betrachtung des Einschlags ist die Trefferhöhe entscheidend, da mit der Entfernung zum Boden die dynamischen Effekte (Schwungverhalten) und die Stammmächtigkeit variieren. Je nach Zentralität des Aufschlags, die im Modell auch zufällig bestimmt wird, führt der Impuls auf den Baumstamm nur zu einer Ablenkung oder zum Bruch des Baumstammes. Baumtreffer sind mit Geschwindigkeitsreduktionen verbunden. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 7 Stein-/Blockschlag Abb. 5: Erstellung der Gefahrenhinweiskarte für Steinschlaggefahr Schaffung der Datenbasis (grün) und Modellierungsablauf (blau) für die zwei Szenarien „mit Wald“ und „ohne Wald“. Primärdaten (dunkelgrau), Sekundärparameter (hellgrau), Arbeitsschritte (weiß) und Ergebnisse (unten) 8 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Felssturz Ergebnisformate und Aussage der Gefahrenhinweisflächen Sobald Kontakte stattfinden, werden im Modell Stützpunkte gesetzt. In diesen werden die Bewegungsdaten des Sturzes zwischengespeichert. Der Bewegungsprozess läuft so lange springend oder rollend fort, bis die Bewegung stoppt. Die Trajektorien (Sturzbahnen) sind das Ergebnis der Verbindung dieser Punkte, entlang der die Werte von Sprunghöhe und Sturzenergie interpoliert werden. Die Prozessräume, welche die Reichweiten darstellen, werden abschließend mit einem Sicherheitssaum versehen, welcher der hohen Variabilität der Sturzbahnen Rechnung tragen soll. Im Modell gibt es Hangbereiche ≥ 45°, für die keine Trajektorien errechnet werden. Aus diesen Hangbereichen können real allerdings trotzdem Steine herausgelöst werden und kurze Strecken (5 - 10 m) stürzen. Dieser Sachverhalt liegt einerseits darin begründet, dass die vorliegende Blockgröße auf den sich unterhalb anschließenden flachen Hangbereichen keine für den Weitertransport ausreichende Geschwindigkeit erreicht. Andererseits führt die grobe Auflösung des DGMs innerhalb der Modellierungsumgebung zu einer künstlichen Verflachung des Geländes; im Modell wird der Sturz direkt gestoppt. Die Folge ist, dass stellenweise nur die Anbruchbereiche in der Gefahrenhinweiskarte ausgewiesen sind. Aufgrund einer großzügigen Darstellung wird deren Gefährdungspotenzial berücksichtigt. 4 Felssturz Im Gegensatz zum Trajektorienmodell mit Bestimmung der Reichweite von Einzelblöcken (Kapitel 3) kommt für die Simulation größerer Felsstürze ein Modell zur Anwendung, das mit einem worst-caseAnsatz die Reichweite des Absturzes ganzer Felsbereiche ermittelt. Zahlreiche Veröffentlichungen (WIECZOREK et al. 1999, MEIßL 1998, EVANS & HUNGR 1993, ONOFRI & CANDIAN 1979, LIED 1977) zeigen, dass die maximale Reichweite eines Felssturzes durch einen Pauschalwinkel abgeschätzt werden kann. Bei diesem Verfahren wird, ausgehend von einem Ansatzpunkt im Anbruchbereich, mit einem festgelegten Neigungswinkel eine Gerade in Falllinie nach unten gezogen. Der Schnittpunkt dieser Geraden mit der Geländeoberfläche ergibt die maximale Reichweite des Felssturzes. Die Pauschalwinkel werden bereits seit langem bei der Geländearbeit angewandt. Mit Hilfe von Neigungsmessern erfolgt dabei eine Abschätzung des potenziellen Sturzbereichs. Zwei unterschiedliche Pauschalwinkelmodelle werden herangezogen. Zum einen das Geometrische Gefälle, das den Winkel beschreibt, den die Horizontale mit der Geraden zwischen dem Block maximaler Reichweite und der obersten Abrisskante des Felssturzes einschließt (Abb. 6: α). Zum anderen kann der Schattenwinkel verwendet werden (Abb. 6: β), den die Horizontale mit der Geraden zwischen dem Block maximaler Reichweite und der oberen Begrenzung des Ablagerungsbereiches einschließt. Hier wird davon ausgegangen, dass ein Großteil der kinetischen Energie des Sturzes bereits beim ersten Aufprall im oberen Bereich des Schuttkegels verloren geht. Für die Gefahrenhinweiskarte wird in Anlehnung an MEIßL (1998) ein minimales Geometrisches Gefälle von 30° angenommen. Untersuchungen von EVANS & HUNGR (1993) entsprechend, wird ein Schattenwinkel von 27° eingesetzt. Die Entscheidung für eines der beiden Pauschalwinkelmodelle ist von der Hangmorphologie abhängig. Sie kann mit Hilfe des Quotienten aus Tangens des Schattenwinkels und Tangens des Geometrischen Gefälles getroffen werden (MAYER & VON POSCHINGER 2005). Dieses Verhältnis lässt sich auch als Quotient aus z1 (Höhendifferenz aus maximaler Reichweite und Obergrenze des Schuttkegels) und z2 (Höhendifferenz aus maximaler Reichweite und Obergrenze des Anbruchbereichs) darstellen (Abb. 6). Ist dieser Quotient kleiner 0,88, ist der Schattenwinkel zu wählen, ansonsten ist das Geometrische Gefälle zu verwenden. Bei hohen Wänden ist somit der Schattenwinkel anzusetzen, bei steilen Hängen mit kleinen Wandstufen das Geometrische Gefälle. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 9 Felssturz Abb. 6: Pauschalwinkelmodelle Geometrisches Gefälle (α) und Schattenwinkel (ß) (verändert nach MEIßL 1998) Da Felsstürze eher seltene Extremereignisse sind, werden die ermittelten Bereiche mit den orangen Gefahrenhinweisbereichen für Steinschlag zusammengefasst und nur in jenen Bereichen als Felssturz attribuiert, wo die Felssturz-Modellierung weiter reicht als die Stein- und Blockschlagmodellierung. 4.1 Vorbereitende Arbeiten – Ermittlung der Anbruchpunkte Zur Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche wurde im BIS-BY nach allen GEORISK-Objekten recherchiert, für die Hinweise auf eine Felssturzaktivität größeren Volumens vorliegen. Anhand repräsentativer Werte für z1, z2 und für die geschätzte maximale Reichweite kann, wie unter Kapitel 4 beschrieben, die Entscheidung für einen der beiden Pauschalwinkelansätze getroffen werden. Beim Geometrischen Gefälle ist der Ansatzpunkt für den Pauschalwinkel die Oberkante der Felswand, beim Schattenwinkel die Oberkante des vorhandenen Schuttkegels. In Anlehnung an die digitalisierten GEORISK-Objekte im BIS-BY werden Pauschalwinkelansatzpunkte für die Felssturzmodellierung neu digitalisiert. Um diese Punkte möglichst exakt platzieren zu können, werden ein hochauflösendes Schattenbild und eine aus dem DGM erstellte Hangneigungskarte als Digitalisiergrundlagen herangezogen. 4.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung Die Modellierung des Gefahrenhinweisbereichs kann mit implementierten Standard-GIS-Funktionen durchgeführt werden. Im Projekt wurde die Viewshed-Funktion des Spatial Analyst in ArcGIS verwendet. Diese Funktion ermittelt alle Rasterzellen, die von den Ansatzpunkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkelsegment gesehen werden (Abb. 7). 10 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Felssturz Abhängig vom gewählten Pauschalwinkelansatz werden die Startpunkte für die ViewshedModellierung digitalisiert. Anschließend werden alle nötigen Attribute bestimmt und die ViewshedFunktion ausgeführt (Abb. 8, Abb. 10). Der Vertikalwinkel (VERT1 in Abb. 8), ergibt sich aus dem gewählten Pauschalwinkelmodell. Das horizontale Winkelsegment ist definiert mit einem Bereich von je 15° links und rechts der aus dem DGM rechnerisch ermittelten Falllinie (entspricht der Exposition) an jedem Startpunkt (AZIMUTH1, AZIMUTH2 in Abb. 8). Die Güte der Ergebnisse der Viewshed-Modellierung ist abhängig von der Geländemorphologie. Für Felswände, die direkt in Richtung des Auslaufbereichs exponiert sind, liefert die Modellierung meist gute Ergebnisse. Stärker gegliederte Wände, in denen die Anbruchbereiche nicht direkt in Richtung des Auslaufs exponiert sind oder bei denen der Auslaufbereich eine Krümmung aufweist, lassen sich schlechter mit der Viewshed-Funktion erfassen (Abb. 9). Abb. 7: Viewshed-Funktion mit der Pauschalwinkelmethode. Die Viewshed-Funktion ermittelt alle Rasterzellen, die von definierten Punkten aus mit einem festgelegten Vertikal- und Horizontalwinkel gesehen werden (Schattenwinkel 27°). Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 11 Felssturz Abb. 8: Attributtabelle für die Berechnung der Viewshed-Funktion Abb. 9: Viewshed-Funktion bei gekrümmten Auslaufbereichen. Bei gekrümmten Auslaufbereichen (grün) und Anbruchbereichen, die nicht direkt in Richtung des Auslaufs exponiert sind, kann die Viewshed-Funktion (rot) den Sturzbereich nicht korrekt abschätzen. Zudem kommt es bei Steilbereichen zu Artefakten, das heißt es gibt Rasterzellen, die aufgrund des festgelegten Vertikalwinkels von den Startpunkten aus nicht gesehen werden („Löcher“), die aber dennoch im Sturzbereich liegen (Abb. 10). Bei der Modellierung erfolgt keine Berücksichtigung eines Sturzvolumens, das heißt die Reichweite eines Felssturzes kann bei kleinen Sturzmassen hinter der errechneten maximalen Reichweite zurückbleiben. Ebenso schließt die Modellierung große Bergstürze (> 1.000.000 m³) nicht mit ein. Die Gefahrenhinweisbereiche müssen aufgrund der oben erwähnten Einschränkungen im Gelände verifiziert bzw. manuell abgegrenzt werden. Des Weiteren liefert die Viewshed-Modellierung als Ergebnis nur den Ablagerungsbereich eines Felssturzes. Der Prozessraum muss deshalb ebenso manuell um den Anbruchbereich erweitert werden. Die so ermittelten Prozessräume werden im Anschluss daran mit den orangen Gefahrenhinweisbereichen für Stein-/Blockschlag verschnitten und nur die Teile in der Gefahrenhinweiskarte über das Attribut Felssturz gesondert ausgewiesen, die über die Stein-/Blockschlagmodellierung hinausreichen. 12 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Felssturz Abb. 10: Modellierung von Felssturzbereichen mit der Viewshed-Funktion (hellrot). Der Gefahrenhinweisbereich ist nach einer Validierung der Modellierung im Gelände anhand des Schattenbilds abzugrenzen (rote Linie). Abb. 11: Schattenbild eines anzunehmenden späteiszeitlichen Blockgletschers (Spitzsteinwand), der eine große Sturzablagerung vortäuscht Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 13 Rutschung Darüber hinaus haben die Modellierungen gezeigt, dass nicht jede vermutete Felssturzablagerung tatsächlich auf einen Sturz zurückzuführen ist. Geländeuntersuchungen im unter Abb. 11 dargestellten Beispiel an der Spitzsteinwand haben ergeben, dass diese Ablagerung eher einen fossilen Blockgletscher darstellen dürfte. Trotz mancher Einschränkungen sind die Ergebnisse der ViewshedModellierung eine gute Grundlage für die Abgrenzung der Prozessräume (Abb. 10). 5 Rutschung Die ausgewiesenen Gefahrenhinweisflächen zum Prozess Rutschung beziehen sich auf tiefreichende Rutschungen. Damit sind Rutschungen mit einem Tiefgang von in der Regel mehr als 5 m gemeint. Eine Gefährdung durch flachgründige Rutschungen ist explizit nicht Inhalt dieses Themenbereichs innerhalb der Gefahrenhinweiskarte. Da Rutschprozesse von sehr vielen Faktoren abhängen, sind Aussagen über eine Gefährdung grundsätzlich schwer zu treffen und bisher nicht durch Modelle abzubilden. Die Ausweisung der Gefahrenhinweisflächen für Rutschungen beruht daher auf einer empirischen Herangehensweise mit Einzelfallbeurteilung. Rote Gefahrenhinweisbereiche werden dort ausgewiesen, wo eine Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen besteht. Dies ist zum einen dort der Fall, wo anhaltend aktive, tiefreichende Rutschungen vorhanden sind. Zum anderen kann eine erhöhte Gefährdung aber auch durch momentan inaktive tiefreichende Rutschungen gegeben sein. Nach bisherigen Erfahrungen ereignen sich tiefreichende Rutschungen meist in Gebieten, die bereits in der Vergangenheit von entsprechenden Ereignissen betroffen waren. Dies liegt daran, dass Rutschungen meist mehrphasige Prozesse sind, die nach einer Zeit der Inaktivität wieder in eine aktive Phase übergehen können. Die ausgewiesenen Flächen beinhalten dabei den potenziellen Prozessraum, das heißt es wird berücksichtigt, in welche Richtung sich der Prozess bei anhaltender Aktivität oder Reaktivierung voraussichtlich ausweiten kann (rückschreitende Prozesse, Reaktivierungen innerhalb der Rutschmassen, seitliche und talwärtige Ausweitung). Eine Rutschanfälligkeit (orange Flächen) wird für Geländebereiche ausgewiesen, in denen eine erhöhte Anfälligkeit für die Bildung eines tiefreichenden Rutschprozesses erkennbar ist. Eine solche Anfälligkeit äußert sich beispielsweise im Zusammenspiel von Faktoren wie rutschanfälligem Untergrund, Vorhandensein flachgründiger Rutschungen, unruhiger Morphologie, Vernässungen und weiteren mehr. An Blockschollenbewegungen sind alte Zerrspalten und Nackentälchen, an denen derzeit keine erheblichen Vertikalbewegungen von Blöcken erkennbar sind, möglicherweise als Vorbereitung für zukünftige tiefreichende Bewegungen zu sehen. Eine solche Entwicklung ist insbesondere in Extremfällen zu erwarten, wie zum Beispiel beim Zusammentreffen mehrerer ungünstiger Umstände (Starkregen nach langer Niederschlagsperiode). 5.1 Vorbereitende Arbeiten – Rutschungskartierung Wichtigste Grundlage für die Ausweisung der Gefahrenhinweisflächen ist die vollständige, flächendeckende Erfassung von tiefreichenden Rutschprozessen im Gelände. Für die Abgrenzung der Gefahrenhinweisflächen ist daher eine detaillierte Beschreibung jedes einzelnen bekannten Rutschprozesses hinsichtlich Tiefgang, Reaktivierbarkeit und Ausdehnung des potenziellen zukünftigen Prozessraumes unerlässlich. Die Qualität der Gefahrenhinweiskarte hängt entscheidend von der Qualität der Datengrundlage ab. Viele wichtige Informationen, wie die Aktivität des Prozesses oder auftretende Schäden, können nur im Gelände erhoben werden. Diese Informationen werden in das GEORISKKataster (BIS-BY) übernommen. Die Visualisierungen des digitalen Geländemodells als Schattenbild, Höhenlinienkarte und Hangneigungskarte sind die Basis für die Festlegung der zu begehenden Flächen, da sie eine detaillierte Dar- 14 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Rutschung stellung der Geländemorphologie ermöglichen. Typische Rutschungsformen, wie nischenförmige Abrisskanten oder zungenförmige Ablagerungen sind auf dem Schattenbild meistens sehr deutlich zu erkennen. Auch undeutlichere Zeichen, wie eine unruhige Morphologie, eine Abweichung vom verbreiteten, ungestörten Hangprofil oder Verflachungen im Hang, können Indizien für Rutschungen sein. Des Weiteren werden Bereiche begangen, welche bei der historischen Recherche (z. B. aus dem Projekt HANG Historische Analyse Alpiner Naturgefahren) ermittelt wurden und es wird u. a. Hinweisen aus den Geologischen Karten, aus den Hinweiskarten für hangdynamische Prozesse (Projekt EGAR Einzugsgebiete in alpinen Regionen) und den Karten der Aktivitätsbereiche nachgegangen. Im Gelände werden einerseits morphologische Indizien erfasst, die für eine Rutschbewegung und deren Ausdehnung sprechen (Abrisse, Zerrspalten, Spalten, Nackentälchen, Doppelgrate, Geländestufen etc.). Andererseits werden weitere Anzeichen erfasst, die Aufschluss über die Aktivität, die aktuelle Bewegungsrate sowie die weitere Entwicklung der Bewegung geben. Dies können aufgetretene Schäden, Bodenrisse mit gespannten Wurzeln, säbelwüchsige oder schiefe Bäume, Senkungen und Vernässungen des Untergrunds oder Fließloben und Stauchwülste sein. Die Anzeichen sind vor dem Hintergrund der Geologie, der Nutzung und im Zusammenhang mit technischen Maßnahmen (Stützmauern, Drainagen, etc.) zu bewerten. 5.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche Für die Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen werden die vorhandenen Daten aus dem GEORISKKataster ausgewertet, bei denen es sich weitgehend um im Gelände erhobene Daten handelt. Daneben liefern auch geotechnische Gutachten, Diplomarbeiten und Dissertationen relevante Informationen. Beurteilung der Gefährdung Die erfassten Rutschungen werden zunächst nach ihrem Tiefgang bewertet. Handelt es sich um eine tiefreichende Rutschung, also eine mit einem Tiefgang von mindestens 5 m, so wird im nächsten Schritt die Reaktivierbarkeit beurteilt. Ist die Rutschung aktiv oder reaktivierbar oder kann dies nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, so wird die zugehörige Gefahrenhinweisfläche als rote Fläche ausgewiesen. Nur wenn die Rutschung nicht reaktvierbar ist, wird auf die Ausweisung einer Gefahrenhinweisfläche verzichtet. Alle roten Gefahrenhinweisflächen basieren auf GEORISK-Objekten, bei denen eine Geländebegehung durchgeführt wurde oder ein Detailgutachten vorliegt (vgl. Abb. 12). Handelt es sich bei der erfassten Rutschung um eine flachgründige Bewegung und liegen im Umfeld weitere derartige Rutschungen vor, wird anhand der vorhandenen Daten beurteilt, ob diese sich zukünftig zu einem tiefreichenden Prozess entwickeln kann. Ist dies der Fall, etwa weil sich tiefreichende Rutschungen in ähnlichen geologischen Einheiten und morphologischen Positionen in der Umgebung finden, so wird die Fläche als orange Fläche ausgewiesen. Außerdem werden sie dort ausgewiesen, wo eine Rutschanfälligkeit durch ein Zusammenspiel von Faktoren wie rutschanfälliger Untergrund, unruhige Morphologie und Vernässungen gegeben ist und Bewegungen bereits stattgefunden haben. Flachgründige Rutschungen, die sich nicht zu tiefreichenden entwickeln können, werden nicht als Gefahrenhinweisflächen ausgewiesen (vgl. Abb. 12). Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 15 Rutschung Abb. 12: Entscheidungsbaum zur Beurteilung der Gefährdung durch tiefreichende Rutschungen Ermittlung des potenziellen Prozessraumes tiefreichender Rutschungen Die Ausdehnung der Gefahrenhinweisflächen basiert auf einer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung der Rutschung und stellt den wahrscheinlichen zukünftigen Prozessraum dar. Alle Rutschungen werden in der Regel mit einem Sicherheitssaum von 20 - 30 m versehen. Dieser muss den örtlichen Gegebenheiten angepasst werden und ist vor allem von den geologischen und bodenmechanischen Randbedingungen abhängig. Die Bewegungsbereiche bekannter Ereignisse können sich bei anhaltender Aktivität oder bei einer Reaktivierung verändern. Eine Ausweitung kann beispielsweise im Anbruchbereich oder im Ablagerungsbereich der Rutschmasse stattfinden. Der sogenannte Prozessraum der Rutschung kann sich also mitunter stark vergrößern. Andererseits können auch Bewegungen innerhalb eines festen Prozessraums stattfinden. Hinweise zu einer möglichen Ausweitung finden sich im Gelände und müssen bei der Ausweisung der Gefahrenhinweisfläche berücksichtigt werden. Bei der potenziellen Ausweitung des Prozessraumes im Anbruchbereich sind im Wesentlichen die morphologische Situation sowie die boden- und felsmechanischen Eigenschaften des Untergrunds maßgeblich. Im Extremfall reicht der Prozessraum bis an den nächstliegenden Bergrücken, Grat (Kamm) oder an markante Geländestufen und Rinnen im Umfeld der Rutschungen. Zur Bestimmung der potenziellen Reichweite einer aktiven oder reaktivierbaren Rutschung wird zunächst die bisherige Reichweite auf der Basis von Datenbankinhalten, dem Schattenbild und Geländedaten (stumme Zeugen) bestimmt. Liegen beispielsweise Anzeichen für aktive Bewegungen an der Rutschungsstirn vor, muss davon ausgegangen werden, dass bei einer Reaktivierung die Reichweite der „alten“ Rutschmasse lokal übertroffen wird. Der Gefahrenhinweisbereich wird dann entsprechend der geomorphologischen Gegebenheiten evaluiert. Reichen die Gefahrenhinweisbereiche für tiefreichende Rutschungen bis in ein wasserführendes Gerinne, werden sie dort abgegrenzt, wenn davon auszugehen ist, dass die sich dort ansammelnden Lockergesteinsmassen vom Bach abgetragen und weitertransportiert werden. 16 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Hanganbruch 6 Hanganbruch Hanganbrüche sind flachgründige Rutschungen der Verwitterungsdecke von einigen Zehnern bis wenigen 100 m³ Volumen, die bei Starkniederschlagsereignissen auftreten können. Trotz des meist geringen Volumens bedingen sie durch die Mobilität der Rutschmassen und ihr spontanes Auftreten oft ein erhebliches Schadenspotenzial und haben auch schon zu Todesfällen geführt. So waren im Jahr 2002 in Lutzenberg im Kanton St. Gallen drei Todesfälle zu beklagen, als zwei Häuser durch ein solches spontanes Ereignis zerstört wurden. Im Rahmen der Erstellung von Gefahrenhinweiskarten für die Alpen und das Alpenvorland wird deshalb auch die lokale Anfälligkeit für Hanganbrüche ermittelt. Da es sich bei Hanganbrüchen grundsätzlich um Extremereignisse handelt, die nur bei bestimmten Witterungsverhältnissen auftreten (Starkniederschlagsereignisse, die das für die Region übliche Maß überschreiten), werden die ermittelten Bereiche in der Gefahrenhinweiskarte schraffiert dargestellt. Bei der Ausweisung von Gefahrenhinweisbereichen zu Hanganbrüchen werden grundsätzlich keine bestehenden baulichen Schutzmaßnahmen (Murnetze etc.) berücksichtigt. Allerdings fließt die bestehende Bebauung (Häuser, Gebäude) bei der Ermittlung der potenziellen Anrisszonen für Hanganbrüche ein. Wie beim Prozess Stein- und Blockschlag hat Wald auch bei der Entstehung von Hanganbrüchen eine schützende Wirkung und soll mit seiner langfristigen Schutzwirkung berücksichtigt werden. Zwei Szenarien werden in der Gefahrenhinweiskarte dargestellt: Rot-schraffierte Gefahrenhinweisbereiche kennzeichnen ein realitätsnahes Szenario, in dem die Prozessräume von Hanganbrüchen mit den schützenden Effekten des aktuellen Waldbestands modelliert werden. In einem zweiten, pessimistischen Szenario wird der Hanganbruchprozess ohne Einfluss eines Waldes berechnet (orangeschraffierte Gefahrenhinweisflächen). Als „Worst-Case-Szenario“ trägt es zukünftigen Veränderungen des Waldbestands Rechnung, die sich möglicherweise durch Kahlschlag, Waldbrand, Durchforsten oder Schädlingsbefall ergeben. Das erste Szenario entspricht dem zweiten an allen Stellen, an denen kein Wald vorliegt. Der Vergleich der Szenarien ermöglicht eine Einschätzung der Bedeutung des Waldes als Schutz gegen Hanganbruch. 6.1 Vorbereitende Arbeiten – Grundlagen zur Ermittlung der Anrisszonen und Auslaufbereiche Die Ausweisung von Gefahrenhinweisflächen zum Prozess Hanganbruch wird auf Grundlage einer computer-basierten Modellierung durchgeführt. Diese erfolgt in Lockergestein und Böden analog zur Modellierung der Reichweiten von Stein- und Blockschlag in zwei Stufen. a) Dispositionsmodell: Zuerst werden die Anrisszonen mit dem Modell SLIDISP (LIENER (2000) UND GEOTEST AG) ausgeschieden. b) Prozessmodell: Anschließend werden deren Auslaufbereiche mit dem GIS-Ansatz SLIDEPOT (Entwicklung GEOTEST AG) berechnet. Grundlage für die Dimensionierung der Bemessungsereignisse sind Geologie, Hangneigung und Landnutzung. Grundlagen zur Modellierung der Anrisszonen Die numerische Modellierung der Anrissgebiete erfolgte mit dem Modell SLIDISP. Es bestimmt mit Hilfe der Infinite-Slope-Analyse (Methode zur Stabilitätsberechnung) die Hangstabilität für jede Rasterzelle. Die beiden zentralen Grundlagen für die Modellierung der Hanganbruch-Anrissflächen sind die Hangneigungen aus dem DGM sowie der geologische Untergrund, aus welchem die geotechnischen Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 17 Hanganbruch Modellparameter abgeleitet werden. Die Erfahrungen der Firma GEOTEST AG zeigen, dass die Qualität der Modellierungsresultate stark von der räumlichen Auflösung des DGM und der Geologie abhängt. Für alle geologischen Einheiten im Projektgebiet wird anhand der Eigenschaften des Verwitterungsproduktes der kritische Reibungswinkel (Mittelwert, Standardabweichung) sowie die Kohäsion (bei definierter Wassersättigung) abgeschätzt. Diese fließen als Parameter in die Modellierung ein. Der Sicherheitsgrad F einer Rasterzelle beschreibt das Verhältnis von rückhaltenden zu treibenden Kräften gemäß der Formel in Abb. 13. Abb. 13: Grundlagen zur Berechnung des Sicherheitsgrades F einer Rasterzelle (SELBY 1993) Wurzelkraft Die Formel zur Berechnung des Sicherheitsgrades F gemäß Abb. 13 stellt die in der Literatur üblicherweise zitierte Formel für den Sicherheitsfaktor F dar. Die Erfahrungen zeigen, dass das Vorhandensein von Wald die Stabilitätsverhältnisse beeinflusst und folglich die Formel ergänzt werden muss, indem zum gesamten Zähler ein szenariospezifischer Wert, die sogenannte Wurzelkraft (WK), addiert wird. Diese WK-Werte können nicht aus der einschlägigen Literatur entnommen werden. Sie konnten jedoch aufgrund der Erfahrungen der Firma GEOTEST AG als empirische Größen in Relation zur Größenordnung der übrigen Formel-Faktoren (Kohäsion, Lockermaterialmächtigkeit, Reibungswinkel) eingesetzt werden. Variabilität der Modellparameter Neben der Wurzelkraft beinhalten auch andere Variablen, die den Sicherheitsgrad F bestimmen (Abb. 13) in geringerem Maße eine gewisse Variabilität. Es handelt sich dabei um den Reibungswinkel φ', die Kohäsion c' sowie den Porenwasserdruck u (Wassersättigung) des Lockermaterials. Die Unsicherheiten betreffen vor allem kleinräumige (primär Reibungswinkel) bzw. raumzeitliche Variationen (Primär-Kohäsion, Porenwasserdruck) dieser Faktoren, welche beträchtlich sein können. Im Sin- 18 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Hanganbruch ne einer Gefahrenhinweiskarte im Maßstab 1 : 25.000 müssen diese Faktoren eher pessimistisch gesetzt werden, um alle potenziellen Prozessflächen zu erfassen. Topo-Index Aus dem DGM wird zudem flächendeckend der sogenannte Topo-Index berechnet, der das topographisch bedingte Wassersättigungspotenzial für jede Rasterzelle definiert. Der Topo-Index korrigiert die für jede Modellierungsklasse pauschal definierte Wassersättigung (bzw. den Porenwasserdruck) in Funktion der Geländeoberflächenform. Topo-Index = ln (a / tan β) (mit a = Fläche, die durch die Rasterzelle entwässert; β = Hangneigung Rasterzelle) Die berechneten Werte werden in vier Klassen eingeteilt (Tab. 2). Topo-Index Klassifizierung 0 – 5,3 1 (trocken) 5,3 – 7,2 2 7,2 – 9,1 3 > 9,1 4 (feucht) Tab. 2: Klassifizierung des Topo-Index Digitale Codierung der Geologie Die Eigenschaften der verschiedenen geologischen Einheiten im Projektgebiet werden gemäß Tab. 3 attribuiert. Die Codierungen beziehen sich jeweils auf das Verwitterungsprodukt der lithologischen Einheiten, welches das Ausgangsmaterial für einen möglichen Hanganbruch-Anriss bildet. Tab. 3: Codierungsschema für die stratigraphischen Einheiten; jede stratigraphische Einheit im Projektgebiet wird nach diesem Schema attribuiert. Anhand der Werte, die für die Durchlässigkeit, das Gestein, den Zustand bzw. die Beanspruchung, die Erodierbarkeit sowie die Korngröße vergeben werden, wird der Code SliDisp, der Reibungswinkel und die Kohäsion für jede stratigraphische Einheit ermittelt. Durchlässigkeit Zustand / Gestein Verwitterungsprodukt Korngröße Erodierbarkeit Beanspruchung Verwitterungsprodukt 1 = dicht (Stauer) 1 = Sandstein 1 = kompakt 2 = sehr gering (z. B. tonige Gesteine) 2 = Kalkstein 2 = wenig zerklüftet 2 = gering 2 = fein (Schluff) 3 = gering 3 = Mergelstein 3 = stark zerklüftet 3 = mittel 3 = mittel (Sand) 4 = mittel 4 = Tonstein 4 = gebräch 4 = groß (Sand / Steine) 5 = hoch 5 = Schotter / Kies / Sand 5 = vorbelastet 6 = sehr hoch (z. B. geklüftete Gesteine, 6 = Gehängeschutt Schotter) 6 = Lockergestein 1 = sehr gering 1 = sehr fein (Ton) 4 = hoch 5 = sehr hoch 5 = sehr groß (Blöcke) 6 = Diamektit 7 = Humos 8 = Vulk. Silikat 9 = glaziale Sedimente 10 = Nagelfluh Einheit Code Reibungswinkel Kohäsion SliDisp [°] [N/mm²] 11 = Ton/Schluff Geologische Einheit Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 19 Hanganbruch Das Untersuchungsgebiet umfasst mehrere geologische Karten verschiedener Autoren. Daher können einerseits an den Blattgrenzen unterschiedlich kartierte Einheiten aneinander grenzen und andererseits quartäre Einheiten unterschiedlich detailliert aufgenommen vorliegen. Dies kann lokal Auswirkungen auf die modellierten Anrissbereiche haben, indem sich deutliche Begrenzungen, die in der Natur so nicht auftreten, im Kartenbild abzeichnen. Die Modellierung der Hanganbruch-Anrisse benötigt die flächenhafte Bearbeitung von fünf Dateien. Diese werden als GIS-Grids aufbereitet. Die Dateien haben folgende Inhalte: • GEOLOGIE.DAT SLIDISP-Code • WALD.DAT Waldgrenzen • NEIGUNG.DAT Hangneigung • TOPOIX.DAT Klassifizierter Topo-Index (Basis: 5 m-DGM, s.o.) • MAECHTIG.DAT Mächtigkeit des Lockermaterials Die pauschalisierte Mächtigkeit des Lockermaterials wird mittels eines generellen Ansatzes aus der Hangneigung gemäß Tab. 4 abgeleitet. Hangneigung [°] Mächtigkeit Lockermaterial [m] < 20 8,0 20 - 25 4,0 25 - 30 2,0 30 - 35 1,0 35 - 40 0,5 > 40 0 Tab. 4: Mächtigkeit Lockermaterial (empirische Werte) Grundlagen zur Modellierung der Auslaufbereiche Die aus den Hangneigungen pauschal abgeleiteten Lockermaterial-Mächtigkeiten (Tab. 4) wurden lediglich für die Berechnung des Sicherheitsgrades F verwendet. Diese sind jedoch zu unsicher, um sie als Grundlage für die Auslaufberechnung zu verwenden. Deshalb wurde allen Anrisszonen eine hypothetische Mächtigkeit von 1 m zugewiesen und diese mit jedem Ausbreitungsschritt sukzessive abgebaut, bis entweder maximal 8 Ausbreitungsschritte erfolgt sind oder eine Restkubatur (bzw. Abbaufaktor) mit einem Wert unter 0,1 erreicht wird. Die Tab. 5 zeigt die im vorliegenden Projekt gewählten Abbaufaktoren und die entsprechenden maximalen Reichweiten. 20 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Hanganbruch Tab. 5: Abbaufaktoren und maximale Reichweiten Lokale Hangneigung Abbaufaktoren nach Nummer des Ausbreitungsschritts und maximale Reichweiten Start wert 1 2 3 4 5 6 7 8 (20 m) (40 m) (60 m) (80 m) (100 m) (120 m) (140 m) (160 m) > 25° 0,85 0,72 0,61 0,52 0,44 0,38 0,32 0,27 0,23 > 25° im Wald 0,60 0,36 0,22 0,13 17° - 25° 0,75 0,56 0,42 0,32 0,24 0,18 0,13 0,10 17° - 25° im Wald 0,50 0,25 0,13 10° - 17° 0,65 0,42 0,27 0,18 0,12 10° - 17° im Wald 0,40 0,16 < 10° 0,45 0,20 < 10° im Wald 0,20 Die Reichweite eines Hanganbruch-Auslaufprozesses wird hauptsächlich durch den Wasseranteil des Hanganbruchs bestimmt. Weitere, teilweise komplexe Randbedingungen (Oberflächenrauigkeit, Entwicklungsstufe der Vegetation) beeinflussen die Reichweite zusätzlich. Diese sind jedoch nur mit großen Unsicherheiten in einem Modell abzubilden. Die im Modell SLIDEPOT verwendeten Abbaufaktoren können erfahrungsgemäß die Reichweiten relativ gut abbilden, wenn die Modellierungsresultate an erfolgten Ereignissen (BIS-BY) kalibriert werden können. Wenn, wie im Projektgebiet, nur wenige Ereignisse flächig kartiert und dokumentiert sind, müssen die Abbaufaktoren eher pessimistisch definiert werden, um ausreichend große, im Zweifelsfall eher etwas zu lange Auslaufstrecken zu erhalten. 6.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche – Modellierung Modellierung der Anrisszonen Um die hohe natürliche Variabilität der Scherparameter abzubilden, werden diese im Modell nicht durch einzelne Werte jeder geologischen Klasse, sondern durch Normalverteilungen beschrieben. Für die Bestimmung der Rutschanfälligkeit werden zufällig 100 Werte aus den Verteilungen der Scherparameter ausgewählt und mit diesen Werten 100 Sicherheitsgrade F berechnet. Mit dieser sogenannten Monte-Carlo-Simulation können die natürlichen Variationsbreiten verschiedener Parameter in der Modellierung berücksichtigt werden. Für das Modell wird angenommen, dass Kohäsion und Reibungswinkel je als Normalverteilung vorliegen und dass sie nicht miteinander korrelieren. Diese Annahme stimmt in der Natur nicht und die Stabilitätsberechnung kann unter dieser Annahme zu hohe oder zu tiefe Werte ergeben. Da die Berechnung aber mit einer großen Anzahl von Parameterkombinationen durchgeführt wird, heben sich die zu hohen und zu tiefen Werte auf und die Wahrscheinlichkeit der Verteilung der Sicherheitsgrade bleibt ähnlich. Als Modellierungsresultat wird pro Rasterzelle die Anzahl der Fälle bestimmt, bei denen der Sicherheitsgrad F ≤ 1 ist, das heißt, bei welchen Instabilität angenommen wird. Je größer die Anzahl der Instabilitäten ist, desto größer ist die Hanganbruchwahrscheinlichkeit. Als mögliche Anrissgebiete werden diejenigen Gebiete ermittelt, bei denen mehr als 60 % der Parameterkombinationen einen Sicherheitsgrad F ≤ 1 ergeben. Dieser Schwellenwert hat sich bei zahlreichen Projekten bereits bewährt. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 21 Hanganbruch Die Anriss-Modellierung mit SLIDISP ist ein C-Programm, welches außerhalb eines GIS läuft. Die Modellierungsresultate werden anschließend jedoch wiederum im GIS aufbereitet. Der berechnete Topo-Index wird nach der SLIDISP-Modellierung zum zweiten Mal herangezogen, indem modellierte Instabilitäten in ausgeprägten Kuppen- bzw. Kammlagen nicht als Anrisszonen klassifiziert werden. Zudem werden Gebäude mit zwei Rasterzellen (= 10 m) gepuffert, um unrealistischen Anbrüchen in Ortslagen vorzubeugen. Analog zur Stein- und Blockschlagmodellierung wurden auch die Hanganbrüche mit zwei unterschiedlichen Szenarien modelliert. Die beiden Szenarien unterscheiden sich im Grad der Berücksichtigung des Waldes für die Anrisszonen von Hanganbrüchen. Szenario A (entspricht einem Szenario ohne Wald) Szenario A geht von einer geringen Schutzwirkung des Waldes aus, das heißt geringe Stabilisierung des Waldbodens bzw. der Lockermaterialüberdeckung aufgrund der Durchwurzelung (Wurzelkraft WK = 3,5 kN/m2). Szenario B (entspricht einem Szenario mit Wald) Szenario B geht von einer starken Schutzwirkung des Waldes aus, das heißt hohe Stabilisierung des Waldbodens bzw. der Lockermaterialüberdeckung aufgrund der Durchwurzelung (WK = 7,0 kN/m2). Als weitere Faktoren gehen ein höheres Wasseraufnahmevermögen und eine möglicherweise mächtigere Lockermaterialüberdeckung in die Modellierung mit ein. Modellierung der Auslaufbereiche Die Berechnung der Auslaufbereiche mit dem Modell SLIDEPOT der Firma GEOTEST AG ist ein reiner GIS-Ansatz, welcher für jede Rasterzelle im modellierten Anrissgebiet die Ablagerung hangabwärts in Fließrichtung modelliert. Dabei wird von einem hypothetischen Anfangsvolumen (= 25 m³) oder von ausgeschiedenen oder modellierten Anrissmächtigkeiten ausgegangen. Analysierter Sektor bei Zellexpositionen 210 - 230° m 30 10 10 60 m m 50 10 0m 104 22 Abb. 14: Beispiel Modellierung SLIDEPOT. Drei analysierte Rasterzellen im Sektor für Zellexpositionen 210° – 230° (für Zellengröße 5 m hat der rote Kreis einen Radius von 20 m) KRUMMENACHER et al. 2008. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Erdfall Das Modell beruht dabei nicht auf einem sogenannten single-flow-Ansatz, welcher die Zuflussrichtung zu einer potenziellen Ablagerungszelle mit der höchstliegenden direkten Nachbarzelle bestimmt, sondern auf einer erweiterten Nachbarschaftsanalyse: Dabei werden mehrere Zellen in einem 20°-Sektor oberhalb (Gegenrichtung zur Exposition der Zelle) einer potenziellen Ablagerungszelle bis zu einem Abstand von vier Rasterzellen analysiert. Für die aktuelle Rasterzelle wird eine Ablagerung berechnet, wenn einerseits im genannten Sektor eine Anrisszelle bzw. ein berechnetes Ablagerungsvolumen vorhanden ist (Abb. 14: orange markierte Zellen) und andererseits im Sektor keine stark konvexe Topographie vorliegt. Mit diesem Ansatz kann im Gegensatz zum sogenannten single-flow-Ansatz die Ausbreitungsrichtung besser kontrolliert werden. Jeder Ausbreitungsschritt analysiert Nachbarzellen bis zu einer Distanz von 20 m (für Rasterweite 5 m). Mit jedem Ausbreitungsschritt wird das Anfangsvolumen bzw. das Restvolumen über einen lokalen Abbaufaktor verringert. Dieser Faktor wird vor allem durch die lokale Hangneigung definiert. Zusätzlich können die Abbaufaktoren durch das Vorhandensein von Wald, rauer Geländeoberfläche (Blockschutt etc.) und weiterer räumlicher Parameter modifiziert werden. Die Datenverfügbarkeit bestimmt letztlich die definitiven Abbaufaktoren. Tab. 6 zeigt die im vorliegenden Projekt gewählten Abbaufaktoren. Die Ausbreitung stoppt, wenn entweder eine definierte Anzahl von Ausbreitungsschritten erreicht wird oder wenn der berechnete Wert unter einen definierten Schwellenwert (z. B. 0,1) fällt. Lokale Hangneigung der potenziellen Ablagerungszelle [°] nicht bewaldet im Wald > 25 0,85 0,6 17 - 25 0,75 0,5 10 - 17 0,65 0,4 < 10 0,45 0,2 Startwert Abbaufaktor Tab. 6: Startwert der Abbaufaktoren (Kalibrierung erfolgte auf Basis empirischer Untersuchungen im Gelände) Die Auslauf-Modellierung wird für beide Szenarien A und B mit identischen Einstellungen durchgeführt. Es wurden jeweils maximal 8 Ausbreitungsschritte gerechnet, wobei im Wald reduzierte Abbaufaktoren definiert wurden. Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche Die Resultate der beiden oben genannten Modellierungen (Anriss und Auslauf) werden zusammengefasst und anhand der zwei modellierten Szenarien unterschieden (siehe Kapitel 6). 7 Erdfall Subrosion infolge Lösung (Verkarstung) ist die Ursache für die Entstehung oberirdischer Hohlformen (Dolinen oder Senkungsmulden) und unterirdischer Hohlräume (Höhlen). Auch durch die Auswaschung von Feinmaterial (Suffosion) kann es zum Materialverlust im oberflächennahen Untergrund kommen. Der plötzliche Einsturz so entstandener Hohlräume (Erdfall) hinterlässt an der Erdoberfläche mehr oder weniger große und tiefe Löcher. Je nach Landnutzung bleiben diese zum Teil offen oder werden rasch verfüllt. Die Gefährdung durch Erdfälle besteht also in einem plötzlichen Einbruch, dem Nachbruch oder einer langsamen Senkung des Untergrunds. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 23 Erdfall Grundsätzlich ist die Gefährdung durch Erdfälle schwer vorherzusagen, da es bislang keine verlässliche Methode gibt mit der man von der Oberfläche aus beurteilen kann, ob im Untergrund potenziell einsturzgefährdete Hohlräume vorhanden sind oder nicht. Daher werden in der Gefahrenhinweiskarte zwei unterschiedliche Ansätze gewählt: Rote Gefahrenhinweisbereiche werden dort ausgewiesen, wo Dolinen/Erdfälle im Gelände sichtbar oder Daten über offene oder verfüllte bekannt sind. An den Strukturen oder in deren unmittelbarem Randbereich muss tendenziell mit Nachbrüchen gerechnet werden. Die Dolinen müssen nicht durch Erdfälle entstanden sein. In vielen Fällen handelt es sich auch um sogenannte Lösungsdolinen, bei denen eine allmähliche Einsenkung durch die Lösung des verkarstungsfähigen Gesteins im Untergrund stattfindet. Ohne detaillierte Untersuchungen kann die Entstehungsursache einer Doline nicht beurteilt werden. Die Gefahrenhinweisflächen sind als allgemeiner Hinweis darauf zu verstehen, dass lokal Dolinen vorhanden sind oder Erdfälle stattgefunden haben, welche sich möglicherweise durch Nachstürze oder neue Erdfälle erweitern. Zudem besteht prinzipiell überall dort eine gewisse Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Erdfällen, wo im Untergrund verkarstungsfähige Gesteine vorhanden sind. Es werden zusätzlich die Gebiete, in denen Verkarstungs- oder Auslaugungsvorgänge potenziell möglich sind, als orange Gefahrenhinweisbereiche ausgewiesen und nach den petrologischen Gesteinseigenschaften unterschieden. 7.1 Vorbereitende Arbeiten – Erfassung von Erdfällen und Dolinen Die Erfassung von Dolinen erfolgt mit Hilfe der hochauflösenden Schattenbilder sowie anhand der Geologischen und Topographischen Karten (1 : 25.000). Zusätzlich werden auch Daten aus Dolinenkatastern, von Wasserwirtschaftsämtern, aus Gemeindearchiven und von Bauämtern übernommen. Die so gewonnenen Punktdaten werden im Anschluss an ihre Aufnahme anhand der Eigenschaften des geologischen Untergrunds auf ihre Plausibilität geprüft. Ergänzend erfolgt eine Abgrenzung von Dolinen als Flächengeometrie, wenn sie einen Durchmesser größer als 25 m besitzen. Eine Einschränkung in der flächenhaften Erfassung ergibt sich vor allem daraus, dass Dolinen/Erdfälle in Siedlungsgebieten und auf landwirtschaftlichen Nutzflächen oftmals rasch verfüllt werden und ihr Auftreten nicht dokumentiert wird. Manchmal können Informationen über diese Verfüllung noch aus Archivdaten gewonnen werden. Die in der Gefahrenhinweiskarte ausgewiesenen Flächen zur Gefährdung durch Erdfälle haben somit keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Die erfassten Daten werden in das GEORISK-Kataster des LfU eingepflegt und als Basis für die Ermittlung der Gefahrenhinweisflächen herangezogen. In Einzelfällen wird eine Geländebegehung zur Überprüfung der Daten durchgeführt. Nicht plausible potenzielle Dolinen werden im GEORISKKataster als „Negativobjekte“ attribuiert und erscheinen nicht in der Gefahrenhinweiskarte. 7.2 Ermittlung der Gefahrenhinweisbereiche Sowohl die Punkte als auch die Flächen der Dolinen und Senkungsmulden aus dem GEORISKKataster werden zur Darstellung als Gefahrenhinweisfläche mit einem 50 m breiten Puffer (Sicherheitssaum) versehen. Zur Ausweisung des verkarstungsfähigen Untergrundes werden aus der Geologischen Karte 1 : 200.000 (GK 200) alle potenziell verkarstungs- oder auslaugungsfähigen geologischen Einheiten extrahiert und nach ihrer Subrosionsursache (Karbonatkarst / Sulfatkarst / Suffosion) bewertet. Eine zusätzliche Kategorisierung nach der Subrosionsanfälligkeit der verschiedenen Gesteinsarten wird nicht vorgenommen. Des Weiteren werden aus der GK 200 Flächen nicht verkarstungs- oder auslau- 24 Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 Erdfall gungsfähigen oberflächennahen Untergrunds extrahiert, bei denen es sich um vermutlich geringmächtige Deckschichten über verkarstungs- oder auslaugungsfähigem Gestein handelt. Hier können sich Subrosionsstrukturen bis an die Oberfläche durchpausen. Suffusion findet im Gegensatz zur Subrosion in Lockergesteinen statt, die nicht eigens als karstanfällig ausgewiesen werden. Bayerisches Landesamt für Umwelt 2015 25 Literaturverzeichnis 8 Literaturverzeichnis DORREN, L. K. A. (2003): A review of rockfall mechanics and modelling approaches. - In: Progress in Physical Geography, 27 (1), 69-87. EVANS, S. G. & HUNGR, O. (1993): The assessment of rock fall hazards at the base of talus slopes. - In: Canadian Geotechnical Journal, 30 (4), 620-636, Ottawa (Nat. Res. Council of Canada). KRUMMENACHER, B. & PFEIFER, R. 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