13. 8. 08 PHYSIKALISCHES PRAKTIKUM FÜR ANFÄNGER LGyGe Q 4 - Radioaktivität Versuch: 1. Grundlagen Aufbau des Atomkerns, natürliche und künstliche Radioaktivität, Zerfallsreihen, Zerfallsgesetz, Halbwertszeit, α, β, und γ-Strahlung. Wechselwirkung von γStrahlen mit Materie (Photoeffekt, Comptoneffekt, Paarbildung). Nachweismethoden für radioaktive Strahlung (Zählrohr, Proportionalzähler, Ionisationskammer, Szintillations-Detektor, Halbleiter-Zähler). Literatur Gerthsen-Kneser-Vogel: Finkelnburg: W. Walcher: 2. Physik Einführung in die Atomphysik Praktikum der Physik Experiment Geräte: Meßtisch mit Millimetereinteilung, Proben und Detektorhalterung, Detektor, Zähler, Proben (γ-Strahler, 60Co, β-Strahler 85Kr, 137Ba-Präparat, siehe 2.5). Versuchsdurchführung 2.1) Nullrate Bestimmen Sie die Nullrate des Meßsystems. (Messen Sie 10 x jeweils eine Minute). 2.2) Abstand-Quadrat-Gesetz Weisen Sie das Abstand-Quadrat-Gesetz nach, indem Sie die Impulsrate der Präparate 60Co und 85Kr bei 10 verschiedenen Abständen vom Detektor bestimmen. Tragen Sie die Impulsrate auf doppeltlogarithmischem Papier gegen den Kehrwert des Abstand-Quadrats auf. Diskutieren Sie auftretende Abweichungen. 2.3) Absorption von γ-Strahlung a) Für zwei verschiedene Metalle (Blei, Eisen) wird die Änderung der Strahlenabsorption aus der Dicke des Metalls gemessen. Als Strahlungsquelle wird 60Co benutzt. Tragen Sie die Impulsraten auf halblogarithmischem Papier gegen die Dicke der Metallstücke auf. Bestimmen Sie den Absorptionskoeffizienten. b) Ermitteln Sie die Standardabweichung und den Standardfehler der Zählrate für drei unterschiedliche Strahlenabsorptionen in Blei (dünn, mittel und dicke Bleiplatte) sowie ohne Absorption. Nehmen Sie für jede Plattenstärke (bzw. ohne Absorption) je 10 Messungen vor. Aus welcher Messung ergibt sich der kleinste Fehler für den Absorptionskoeffizienten? Hierbei ist eine numerische Auswertung erforderlich! 2.4) Absorption von β-Strahlung Messen Sie die Absorption von β-Strahlung (Präparat: 85Kr) durch verschiedene dicke Aluminiumfolien und tragen Sie wie bei 2.3) die Impulsraten auf halblogarithmischem Papier gegen die Dicke der Aluminiumfolien auf. Bestimmen Sie den Absorptionskoeffizienten. 2.5) Bestimmung der Halbwertzeit einer kurzlebigen radioaktiven Substanz Die wird in flüssiger Form in einem Reagenzglas vor die Meßapparatur gebracht. Messen Sie in Abständen von 20 Sekunden die Impulsrate und tragen Sie das Meßergebnis auf halblogarithmischem Papier gegen die Zeit auf. Aus der sich ergebenden Geraden ist die Halbwertzeit der Substanz bestimmbar. Vergleichen Sie den so erhaltenen Wert mit dem theoretischen Wert. 2.6) Messung der Halbwertszeit mit einem Multi-Channel Scaler (MCS), optional MCS-System mit Pulsgenerator und Oszilloskop Das Strahlungsmessgerät (LB2040) hat einen Diskriminatorausgang (DISK.AUSG.) der die radioaktiven Ereignisse als Rechteckspannungssignale von der Länge 1µs ausgibt. Diese Signale werden von dem MCS-System, siehe Abbildung, gezählt, wobei in einem Zeitfenster der Wahl z.B. der Länge von 20 Sekunden (Dwell Time 20 sec) die angefallenen Ereignisse gezählt werden. Nach Ablauf dieser Zeit wird ein neues Zeitfenster geöffnet und so weiter. Es stehen insgesamt 1054 Zeitfenster zur Verfügung. Für die anfallende Messung werden nicht alle Zeitfenster benötigt. Bei einer Dwell Time von 20 sec sind etwa, entsprechend der Halbwertszeit der radioaktive Substanz (137Ba), 42 Zeitfenster (Pass Length) ausreichend. „Pass Length“ und „Dwell Time“ können mit dem Menü „Aquire → Pass Control“ eingestellt werden. Da der radioaktive Zerfall der kurzlebigen Substanz nur ein einmaliges Ereignis ist, werden zum Beispiel die 42 Zeitfenster nur einmal aktiviert, somit muss im Menü „Aquire → Pass Control“das Fenster „Pass Count Preset“ auf 1 und die „Dwell time auf 20 gesetzt werden. Über das Menü „Aquire → Input Control“ kann die Empfindlichkeit des MCS-Systems für unterschiedliche Impulse eingestellt werden. Das System im Menü „Input Control“ sollte folgende Einstellungen haben: Use Disc Rising edge +0.229 Volt Das MCS-System wird über einen externen Rechteckgenerator durchgängig aktiviert. Dennoch muss die Messung im Hauptmenü per Mausklick unter „Start“ gestartet werden. Eine neue Messung erfordert das Löschen der Daten unter „Clear Data“. Sollen die Daten gespeichert werden muss der Buffer aktiviert werden. Sollen die Daten in ein ASCII- Format umgewandelt werden und dann zum Beispiel mit Excel weiter bearbeitet werden, muss ein gesondertes Programm aufgerufen werden. Die MCS-Daten werden im Dateiordner „beilei“ abgelegt (Pfad: Arbeitsplatz/Zweite hd [D:]/beilei/20070917/…..mcs) Durch Anklicken dieser Datei mit der rechten Maustaste öffnet sich ein Fenster. In diesem Fenster finden Sie den Befehl: Nach ASCII konvergieren. Die konvergierten Daten finden Sie dann unter „Barium.Dat“ im selben Ordner. Die Daten können Sie entweder auf einer Diskette speichern (ggf. auf einen Stik) oder Sie bearbeiten die Daten auf dem vorhandenen Rechner weiter. Durch anklicken dieser Dat-Datei, wird die Datei mit dem Editor geöffnet. Die Daten können Sie durch markieren mit „Ctrl , C“ kopieren und in eine Vorlage unter „Open Office“ einfügen. Diese Vorlage finden sie im Ordner „Zweite hd [D:]“ unter Diagramvorlage.SXC. Einen vernünftigen Ausdruck des erstellten Diagramms erreichen Sie, wenn Sie das Diagramm (anklicken!) und in ein Wordformat kopieren. Unter Zubehör finden „ WordPad“. Ein Ausdruck erfolgt mit dem Drucker Deskjet 560C. Eine besonders einfache Bestimmung der Zerfallskonstanten λ erreichen Sie durch eine Auswertung im MCS Fenster und durch Verwendung des Cursers. In jedem Zeitfenster können Sie in der halblogarithmischen Darstellung die Zählrate N(t) bestimmen. Die Zeit, die zwischen zwei Zeitfenstern ∆T vergangen ist, ergibt sich aus der Zahl der Zeitfenster (n) zwischen den gewählten Ereignissen und der Länge eines Zeitfenster tF (∆T= (n+1) tF ). Die Zerfallskonstant ist dann gegeben durch (siehe auch „Hinweise zur Auswertung“): λ= N ( t1 ) 1 ln ∆T N ( t 2 ) 3.1) Kurze Zusammenfassung einiger wichtiger Grundlagen Unter Radioaktivität versteht man die Eigenschaft bestimmter chemischer Elemente oder Isotope, ohne äußere Beeinflussung dauernd Energie in Form von Strahlung auszusenden. Die Ursache der Radioaktivität ist die Instabilität der Atomkerne (Nuklide) der radioaktiven Elemente. Diese wandeln sich durch Ausschleudern eines Teils ihrer Masse und Energie in stabile Kerne um. Bei diesem Zerfall eines radioaktiven Atomkerns entsteht im allgemeinen ein Kern, der wieder radioaktiv ist und weiter zerfällt. Man kann ganze Zerfallsreihen aufstellen, in welchen die durch radioaktiven Zerfall auseinander entstehenden Atomarten nacheinander angeordnet sind. Am Ende dieser Zerfallsreihen stehen stabile Elemente. Die drei in der Natur vorkommenden Zerfallsreihen enden alle bei den Isotopen des Bleis. Die von natürlichen Strahlern ausgesandte Strahlung besteht aus Helium-Kernen (α-Strahlen), Elektronen (β-Strahlen) und energiereichen Photonen (γ-Strahlen). Während die natürlich radioaktiven Kernumwandlungen spontan und ohne äußere Beeinflussungsmöglichkeit ablaufen, ist man seit 1919 in der Lage, durch Beschuß stabiler Kerne mit energiereichen Kernteilchen (Neutronen, Protonen, αTeilchen) Kernumwandlungen verschiedenster Art in großer Zahl und Mannigfaltigkeit herbeizuführen. Im Gegensatz zu den natürlichen radioaktiven Nukliden sind die künstlich radioaktiven Nuklide überwiegend β- und γ-Strahler. Man kennt heute einige hundert durch Kernreaktionen herstellbare radioaktive Isotope. Sie finden wachsende Anwendung in Wissenschaft, Industrie und in der Nuklear-Medizin. Auch der vorliegende Praktikumsversuch benutzt künstlich radioaktive Elemente. 3.1.1) α-Strahlen Da Heliumkerne die Masse 4 und die positive Ladung 2 haben, verwandelt sich ein α-Strahler bei seinem radioaktiven Zerfall in ein neues Elemente, dessen Ordnungszahl um 2 und dessen Massenzahl um 4 Einheiten geringer sind als die 226 des Ursprungselements. Beispielsweise zerfällt 88 Ra durch Emission von 222 α-Teilchen in das Gas 88 Rn. Die von den zerfallenden Kernen emittierten α-Teilchen besitzen in der Regel sehr große kinetische Energien (2-8 MeV). Da α-Teilchen, bedingt durch ihre doppelt positive Elementarladung, beim Flug durch Materie eine starke Ionisationswirkung auf die Atome der Materie ausüben, verlieren sie schnell Energie und werden daher bereits auf verhältnismäßig kurzem Wege abgebremst. (Reichweite in Aluminium etwa 0,1 mm, in Luft wenige cm). Dieselbe Eigenschaft hat natürlich auf zur Folge, daß α -Strahlen mit Hilfe von gasgefüllten Zählrohren leicht nachgewiesen werden können. Wegen ihrer hohen Energien erzeugen sie auch in der Nebelkammer starke Spuren und können auch in Zink-Sulfid-Kristallen deutlich sichtbare Lichtblitze auslösen. Letzteres ermöglichte Rutherford die Entdeckung und Untersuchung der α-Strahlen. 3.1.2) ß-Strahlen Typisch für die β-Strahlung ist die Tatsache, daß die ausgesandten Elektronen sehr unterschiedlich kinetische Energien besitzen. Wegen der kleinen Masse des Elektrons und seiner negativen Ladung behält ein β-aktiver Kern beim Zerfall seine Massenzahl, während seine positive Kernladung und damit seine Ordnungszahl um eine Einheit steigt. Die Reichweite der β-Strahlen ist größer als die der α-Strahlen und liegt in festen Stoffen bei einigen mm. Entsprechend sind die Spuren der β-Strahlen in der Nebelkammer auch wesentlich dünner als die der α-Strahlen. Beim Durchgang der Elektronen durch Materie treten folgende Erscheinungen auf: 1. Elastische Streuung an den Elektronen und Kernen der Atome. Hierbei werden die Elektronen aus ihrer ursprünglichen Richtung ohne Energieverlust abgelenkt. 2. Durch Ionisation tritt ein sehr wesentlicher Energieverlust beim Durchgang von Elektronen durch Materie auf. 3. Strahlung: Die Bremsung von Elektronen bei ihrem Durchgang durch das elektrische Kernfeld führt zur Entstehung von Röntgenbremsstrahlung. Streuung und Energieverlust wirken dahingehend auf die Strahlung, daß die Elektronen bestimmter Maximalenergie in Materie annähernd exponentiell absorbiert werden. Das Absorptionsgesetz hat die Form I = I 0 e − µ⋅d wobei (1) I = Intensität hinter der Schicht Io = Intensität der auftreffenden Strahlung µ = Proportionalitätsfaktor, linearer Schwächungskoeffizient. 3.1.3) γ-Strahlen Bei Kernprozessen, bei denen der Folgekern einen angeregten Zustand besitzt, erfolgt beim Übergang in den Grundzustand eine Emission von γ-Strahlen. γ-Strahlung ist eine kurzwellige elektromagnetische Strahlung. Beim Durchgang von γ-Strahlen durch Materie kommt es zu folgenden Prozessen: 1. Absorption und Streuung analog wie im Falle der β-Strahlung tritt bei kleinen Energien des γ-Photons (kleiner als 1 MeV) nahezu allein auf. 2. Bei größeren Photonenenergien kommt es zu Paarbildungen. Dabei entsteht aus dem Photon ein Paar aus Elektron und Positron. Da die Summe der Impulse dieser beiden Teilchen kleiner ist als der Impuls des Photons, kann diese Paarbildung durch γ-Strahlen nur bei Anwesenheit eines dritten Teilchens erfolgen. Als solches drittes Teilchen fungiert gewöhnlich ein Atomkern, in dessen Coulomb-Feld das Paar entsteht. 3. Compton-Streuung. Hierbei handelt es sich um Streuung der γ-Strahlung an Elektronen, wobei letztere einen Teil der Strahlungsenergie aufnehmen. Die angeführten Erscheinungen haben, ähnlich wie im Falle der β-Strahlung, eine exponentielle Schwächung der γ-Strahlung zur Folge. Es gilt auch hier Gleichung (1). 3.2) Zerfallskonstante, Halbwertzeit, Aktivität Durch radioaktive Umwandlung nimmt die Menge der radioaktiven Substanz ab. Eine der wichtigen empirischen Tatsachen hierzu besteht darin, daß der natürliche radioaktive Zerfall von außen her nicht beschleunigt werden kann. Er erfolgt völlig spontan und rein statistisch. Die Anzahl dN der in einem Zeitintervall dt zerfallenden Atomkerne ist der Zahl N der vorhandenen radioaktiven doch nicht zerfallenen Atomkerne, proportional: − dN = λN dt (2) woraus sich durch Integration das Zerfallgesetz N = N 0 e − λt (3) ergibt. λ ist die Zerfallkonstante der jeweiligen Substanz. Anschaulicher ist eine andere Größe, die Halbwertzeit T. Das ist diejenige Zeitspanne, in der die Anzahl der am Anfang vorhandenen Atomkerne auf die Hälfte abnimmt. T steht mit λ in folgendem Zusammenhang: T= ln 2 λ = 0,693 λ (4) Man leite dies aus Gleichung (3) her. Anleitung: Auflösung der Gleichung (3) für den Fall N = No/2. Die Halbwertzeit der natürlichen radioaktiven Kerne liegen zwischen 10-7 Sekunden und 1010 Jahren. Die Aktivität A einer radioaktiven Substanz ist definiert als Anzahl der je Zeiteinheit zerfallenden Atomkerne A=− dN dt (5) oder in Verbindung mit der obigen Gleichung (2) ergibt sich A=λ⋅N (6) Die Einheit der Aktivität ist 1 Curie (Ci): 1 Curie entspricht 3,7 x 1010 Zerfälle /sec. Kurze Halbwertzeiten und damit schnell abnehmende Aktivität der radioaktiven Substanz spielen für die medizinische Anwendung in der Nukleardiagnostik eine sehr wichtige Rolle. Durch die kurze Halbwertzeit (99 Tc hat eine Halbwertzeit T von etwa 6 Stunden) wird die Strahlenbelastung der Patienten möglichst gering gehalten, bei Wiederholungsuntersuchungen verfälscht die Restaktivität der bei der ersten Untersuchung verabreichten Substanz nicht das Ergebnis. Ebenfalls stellt die Beseitigung der radioaktiven Abfälle in diesem Fall kein Problem dar, weil die Aktivität der verwendeten Substanzen nach relativ kurzer Zeit auf annähernd Null abklingt. Während also Substanzen mit kurzer Halbwertzeit für die Nukleardiagnostik Verwendung finden, benötigt man für die Therapie durch Bestrahlung Substanzen mit mittlerer oder langer Halbwertzeit, z. B. 90Y mit einer Halbwertzeit von 64 Stunden oder 226 Ra mit einer Halbwertzeit von 1.600 Jahren. 3.3) Nachweismethoden für radioaktive Strahlung Bei der Absorption von radioaktiver Strahlung in Materie entstehen Ionen-Paare und angeregte Zustände der Hüllen-Elektronen der Atome des betreffenden Stoffes. Ionen-Paare können als Träger elektrischer Ladungen direkt elektrisch nachgewiesen werden. Bei Rückkehr der Hüllen-Elektronen vom angeregten Zustand in den Grundzustand kommt es zur Emission von Photonen, welche direkt visuell beobachtet werden können oder über den Photo-Effekt in ein elektrisches Signal umgewandelt werden können. 3.3.1) Zählrohr Dieses besteht aus einem meist mit Argon gefüllten dünnwandigen Metallrohr, in dessen Achse ein dünner Draht (etwa 0,1 mm ∅) isoliert aufgespannt und an eine positive Spannung (ungefähr 2.000 Volt) angeschlossen ist. Gelangt ein Teilchen in das Zählrohr, so bildet es darin durch Ionisation einige Ionen-Paare (Elektronen und ionisierte Atome). Die Elektronen wandern in das starke elektrische Feld in der Nähe des Drahtes und erzeugen dort durch Stoßionisation weitere Elektronen, so daß es zum lawinenartigen Anwachsen der freien Ladungen im Zählrohr kommt und ein kräftiger Stromstoß entsteht. Dies ist die Arbeitsweise des Auslöse-Zählrohres. Bei hohen Spannungen werden auch schwach ionisierende Teilchen registriert, eine Unterscheidung verschiedenartiger Teilchen ist allerdings nicht möglich. Durch Beimengung bestimmter Dämpfe zur Füllung des Zählrohrs kann dessen Zählgeschwindigkeit gesteigert werden. Die Dampfzusätze erhöhen die Selbstlöschung der durch die einfallende Strahlung ausgelösten Entladung (= elektrischer Strom in Gas). Nach diesem Prinzip arbeitet das 1928 von J. W Geiger und W. Müller erfundene Gerät zum Nachweis und zur Zählung einzelner Teilchen. 3.3.2) Proportionalzähler Dieser Zähler ist genauso aufgebaut wie das eben beschriebene Geiger/MüllerZählrohr, wird jedoch mit niedrigeren Spannungen betrieben. Dadurch ist gewährleistet, daß die Gesamtzahl der erzeugten Ionen-Paare der durch die Strahlung erzeugten Anzahl der Primär-Ionen proportional ist. Letztere ist wiederum der Energie der einfallenden ionisierenden Teilchen proportional. 3.3.3) Ionisationskammer Betreibt man das Zählrohr schließlich bei so niedriger Spannung, daß die primär erzeugten Ionen nicht mehr imstande sind, durch Stoß weitere Gasmoleküle zu ionisieren, dann wird der nachweisbare elektrische Strom nur von diesen PrimärIonen aufrecht erhalten. Dieser Strom ist sehr gering, weshalb man im allgemeinen mit den Ionisationskammern einzelne Teilchen nicht nachweisen kann, sondern nur intensive Strahlung. Für die Zählung energiearmer Teilchen werden die Zählrohre mit dünnwandigen Fenstern aus Glimmer oder Kunststoffolien versehen, so daß die Teilchen noch eindringen können. Dieses gilt insbesondere für α-Teilchen. 3.3.4) Scintillations-Detektoren Die bisher beschriebenen Gasdetektoren zeichnen sich durch geringe Dichte des Detektormaterials aus, weshalb die Ansprechwahrscheinlichkeit für γ-Strahlung relativ gering ist. Dem gegenüber haben Festkörperdetektoren naturgemäß eine größere Absorptionswahrscheinlichkeit für Strahlung. Bei den Szintillations-Detektoren werden fluoreszierende Substanzen wie Zink-Sulfid-Kristalle oder Natrium-Jodit-Kristalle verwendet. Da diese Kristalle im sichtbaren Wellenlängenbereich transparent sind, kann man jeden einzelnen Wechselwirkungsvorgang im Kristallinnern (Erzeugung eines angeregten Zustands, Emission eines Photons bei Rückkehr in den Grundzustand) beobachten. In der Anfangszeit der Kernphysik wurden diese Lichtblitze visuell mit dem Auge beobachtet. Heute wandelt man diese Lichtsignale mit Hilfe von Photomultipliern in elektrische Signale um. 3.3.5) Halbleiter-Zähler Dieser Zähler hat sich gegenüber allen anderen Meßmethoden aufgrund seiner guten Energieauflösung und der geringen Größe durchgesetzt, obgleich er erst seit 1962 für den Nachweis radioaktiver Strahlung eingesetzt wird. Im einfachsten Fall handelt es sich dabei um eine Halbleiterdiode, die in Sperrichtung betrieben wird. Die einfallende Strahlung erzeugt dann in der Sperrzone freie Ladungsträger, die sich als Stromimpuls nachweisen lassen. Neben den oben beschriebenen Zählgeräten kennt man in der Kernphysik noch eine ganze Reihe weiterer Nachweisverfahren für radioaktive Strahlung. Erwähnt seien die Nebelkammer, das photografische Verfahren (z. B. in der Autoradiografie) und die Blasenkammer. Mit diesen Verfahren werden radioaktive Teilchen nicht nur gezählt sondern es wird auch deren räumliche Verteilung bzw. deren Flugbahn registriert. Die von den oben beschriebenen Strahlungsdetektoren gelieferten elektrischen Impulse werden im Allgemeinen nach elektronischer Verstärkung einem elektronischen Zählgerät zugeleitet. Die Anzahl der von der Strahlung in einem Zeitintervall T ausgelösten Impulse, dividiert durch dieses Zeitintervall T, heißt Zählrate des Zählrohres oder Detektors. Bei sonst gleichen Meßbedingungen ist die Zählrate proportional zur Aktivität der radioaktiven Substanz. Der Proportionalitätsfaktor ist abhängig von der Meßgeometrie (hauptsächlich Abstand Substanz Zählrohr), von der Ansprechwahrscheinlichkeit des Detektors und von der Absorption der Strahlung auf dem Weg zum Detektor. Die Größe der Absorption ist abhängig von Stoffart, Dichte und Weglänge der Strahlung durch den betreffenden Stoff. Nulleffekt: Unter dem Nulleffekt versteht man alle Impulse, die vom Zählrohr oder Detektor registriert werden, aber nicht von der zu messenden Strahlung herstammen. Dieser Nulleffekt setzt sich aus der Strahlung der Materialien aus der Umgebung und aus der kosmischen Strahlung zusammen. Die gesuchte Meßgröße erhält man also, indem man die Zählrate des Nulleffektes von der gemessenen Zählrate subtrahiert. 6.4 Hinweise zur Auswertung Die Auswertung der Messungen (Bestimmung von µ und λ) mit Hilfe der Darstellung auf halblogarithmischem Papier soll hier an einem Beispiel demonstriert werden. Beispiel: Absorption von γ- Strahlung, Bleiabsorber der Dicke x, gemittelte Zählraten N und N0 (Nulleffekt) Tabelle der Messwerte: x mm N − N0 min−1 5 764 10 604 15 483 20 342 25 271 30 221 35 175 Diese Messung ergibt folgenden Graph auf halblogarithmischem Papier, durch die Messpunkte wird eine Ausgleichsgerade gelegt. 10000 Zählrate in min-1 1000 100 10 Dicke in mm 1 0 20 40 60 Die Auswertung erfolgt nach folgender Methode: 80 100 120 • Grundlage der Auswertung ist Gleichung (1): I(x)=I0e-µx . • Durch die gewählte halblogarithmische Darstellung ⎛ I ( x) ⎞ ⎟ = −µ ⋅ x ⎝ Io ⎠ ln ⎜ entsteht eine Gerade mit der Steigung -µ (Vergleichen Sie obigen Ausdruck mit der Geradengleichung y = mx + n. Man erkennt die formale Gleichheit für y = ln(I/Io); m = -µ und n = 0. • Es geht also darum, die Steigung der obigen Geraden zu bestimmen, dies ist die gesuchte Größe µ Hierzu werden zwei gut abzulesende Punkte auf der Ausgleichsgeraden ausgewählt (Hinweis: Die Steigung kann nicht durch einfaches Messen der Entfernungen ermittelt werden, da auf der y-Achse ein logarithmischer Maßstab gewählt wurde!) I ( x1) = I 1 = Ioe− µx1 I ( x 2) = I 2 = Ioe− µx 2 daraus folgt: I 1 e− µx1 = = e− µ( x1− x 2) I 2 e− µx 2 Logarithmieren ergibt: ⎛ I1 ⎞ ⎟ = − µ( x1 − x 2) ⎝ I2⎠ ln ⎜ Daraus folgt für µ: ⎛ ⎞ ln ⎜ I 1 ⎟ I2 µ=− ⎝ ⎠ ( x1 − x 2) • Diese Auswertungsmethode sei an einem Zahlenbeispiel für eine Ablesung aus obigem Diagramm verdeutlicht: Punkt 1: x1= 4mm und I1=800 1/min Punkt 2: x2=32mm und I2=200 1/min Î µ=− ⎛ I1 ⎞ ⎟ ⎝ I 2 ⎠ = ln 4 = 4,95 ⋅10−2 mm −1 = 49,5m −1 ln ⎜ x1 − x 2 28mm