[Zitierhinweis: In eckigen Klammern jeweils die Seitenzahlen der Druckfassung] In: Andreas Reckwitz: Die Transformation der Kulturtheorien. Zur Entwicklung eines Theorieprogramms. Mit einem Nachwort zur Studienausgabe 2006: Aktuelle Tendenzen der Kulturtheorien, Weilerswist: Velbrück Wissenschaft, broschierte Studienausgabe von (2000 a), 728 Seiten. Seite 705- 728. Aktuelle Tendenzen der Kulturtheorien Nachwort zur Studienausgabe (2006) [Druckfassung: 705] Die Publikation einer Studienausgabe von "Die Transformation der Kulturtheorien" sechs Jahre nach der Erstveröffentlichung des Buches bietet die Gelegenheit, aktuelle Neuakzentuierungen und Weiterentwicklungen der kulturtheoretischen und kulturwissenschaftlichen Debatte zumindest schlaglichtartig zu skizzieren. Anstatt noch einmal auf Einzelheiten der Argumentation des Buches und auf seine Rezeption einzugehen, darauf, wie sich notwendigerweise meine eigene Perspektive auf bestimmte Aspekte dieser Argumentation in den letzten Jahren verschoben hat (eine Perspektivenverschiebung, die eher indirekt durch die folgende Skizze neuer Entwicklungen deutlich wird), möchte ich die Neuveröffentlichung zum Anlass nehmen, um - nach einer kurzen Zuspitzung der Argumentation des Textes - auf einige Brennpunkte der Theoriediskussion seit der Erstveröffentlichung einzugehen, und den Zusammenhang zwischen diesen Diskussionen und den Thesen des Buches herausarbeiten. Mit "Die Transformation der Kulturtheorien" habe ich im wesentlichen zwei Ziele verfolgt: die Transformation durch die Kulturtheorien und die Transformation der Kulturtheorien selbst zu demonstrieren. Zum einen geht es um eine offensive und zugleich systematische Positionierung eines kulturtheoretischen Analyseprogramms als eines komplexen, sicherlich nicht homogenen, aber als Alternative deutlich verortbaren Feldes von Ansätzen, die den klassischen Sozialwissenschaften wie den klassischen Geisteswissenschaften einen Horizont neuartiger Fragestellungen eröffnen. Die Kulturtheorien, vor allem im Spannungsfeld von (post-)strukturalistischen und interpretativen Perspektiven, bewirken hier eine Transformation des Feldes der Theorie und des humanwissenschaftlichen Denkens. Diese Transformation betrifft vor allem die Unterminierung gängiger sozial- und geisteswissenschaftlicher Voraussetzungen einer Ebene des - wie Judith Butler es formuliert - 'Vordiskursiven', das heißt des Vorkulturellen, Nicht-Sinnhaften, Formalen, Strukturellen, Materiellen oder der universalen Rationalität - ob diese Ebene nun im Subjekt oder Akteur, in der Sprache, der Vernunft, der Ökonomie, der Technik, der menschlichen Natur, der sozialen Differenzierung oder der Macht ausgemacht wird. Es geht um die Unterminierung der Voraussetzung einer vorkulturellen, nicht-sinnhaften und ahistorischen "zentrierten Struktur ... eines begründenden Spiels, das von einer begründenden Unbeweglichkeit und einer versichernden [Druckfassung: 706] Gewissheit, die selber dem Spiel entzogen sind, ausgeht."1 Die radikalisierte Kontingenzperspektive der Kulturtheorien, für die nichts dem 'Spiel' der Codes und des Wissens entzogen ist, markiert hier nicht nur eine offensiv radikalkonstruktivistische Theorieposition, sondern auch und vor allem ein Arsenal von heuristisch außerordentlich fruchtbaren Werkzeugen zur Analyse von vergangenen wie gegenwärtigen Praktiken und Diskursen, einer Analyse der dortigen symbolischen Repräsentation und Produktion von gesellschaftlicher Wirklichkeit.2 Neben dieser grundsätzlichen Positionierung der Kulturtheorien habe ich mit "Die Transformation der Kulturtheorien" den Versuch unternommen, die Transformation nachzuzeichnen, der das Feld der Kulturtheorien im 20. Jahrhundert selbst unterliegt. Es geht darum, die Sequenz und das Arrangement diverser im weitesten Sinne kulturalistischer Theorievokabulare in die Form einer Narration zu bringen - eine Narration, die unweigerlich mit rhetorischen Mitteln der 'Entwicklung', des 'Dualismus', der 'Konvergenz' arbeitet und dabei zum Zwecke der theoretischen Dramatisierung mit Verstärkungen und Abschwächungen, mit Vereinheitlichungen des Ambivalenten, auch mit Auslassungen zu Werke geht. Der zentrale Aspekt, der hier herausgearbeitet wurde, betrifft die Ausbildung einer kulturwissenschaftlichen Theoriefamilie, die ich als 'Theorien sozialer Praktiken' umschrieben habe und die sich in Differenzmarkierung zu klassisch strukturalistischen wie klassisch phänomenologischen, zu mentalistischen, am 'Geist' ansetzenden und zu 'textualistischen', vom Diskurs oder der Semiosis ausgehenden Vokabularen herauskristallisieren lässt. Es geht hier nicht um eine neue 'Synthese' oder gar einen theoretischen 'Endpunkt', sondern um einen erkennbaren, sich verdichtenden theoretischen Knotenpunkt im heterogenen Netzwerk kulturtheoretischer Ansätze, der sich - in kritischer Auseinandersetzung mit den 'intellektualistischen' Tendenzen anderer Kulturalismen und ihrer Orientierung an Geistigem und Sprachlich1Jacques Derrida (1967): Die Struktur, das Zeichen und das Spiel im Diskurs der Wissenschaften vom Menschen, in: ders. (1967), Die Schrift und die Differenz, Frankfurt/ Main 1992, S. 422- 442, hier: S. 423. 2Vgl. auch mein Aufsatz (2004) Die Kontingenzperspektive der 'Kultur'. Kulturbegriffe, Kulturtheorien und das kulturwissenschaftliche Forschungsprogramm, in: Friedrich Jaeger/ Jörn Rüsen (Hg.): Handbuch der Kulturwissenschaften. Band 3: Themen und Tendenzen, Stuttgart/ Weimar, S. 1- 20. Vgl. insgesamt zu den Kulturwissenschaften in der neueren Diskussion: Friedrich Jäger/ Burkhard Liebsch (2004): Handbuch der Kulturwissenschaften, Stuttgart/ Weimar, 3 Bände; Doris Bachmann-Medick (2006): Cultural Turns. Neuorientierungen in den Kulturwissenschaften, Reinbek. Textuellem - vor allem um zwei miteinander verknüpfte praxistheore- [Druckfassung: 707] tische Grundintuitionen bildet: das Element der Materialität und das der Implizitheit des Wissens.3 Indem sich die sozial-kulturelle Welt aus praxeologischer Perspektive nicht als Ensemble von Subjekten, von Handlungen, von Normen oder von Zeichen, sondern als eine Agglomerationen sozialer Praktiken in Zeit und Raum - genauer: sozialer Praktiken, die ein bestimmtes Zeitregime und ein bestimmte räumliches Arrangement aktiv hervorbringen - darstellt, setzt die praxistheoretische Sicht eine Materialität der Kultur, d.h. eine Verortung des Kulturellen auf der Ebene der sinnhaft regulierten, auf ihre Weise öffentlichen Bewegungen des Körpers sowie der verwendeten und wirksamen Artefakte voraus; gleichzeitig geht sie vom implizit-praktischen Charakter der in diesem Sinne inkorporierten (und auch in Artefakten gespeicherten) kulturellen Ordnungen des Wissens aus. Diese Implizitheit des Wissens - der interpretativen Schemata, des praktischen know how und der emotional-affektiven Identifizierungen macht sowohl die reproduktive Tendenz der Praktiken zur routinisierten Wiederholung als auch ihre logische Unsystematizität und damit Unberechenbarkeit (mit Bourdieu die 'Logik der Praxis' statt der 'Logik der Logik') nachvollziehbar. Praktiken bezeichnen genau diese Doppelstruktur von Körperbewegungen/ Artefaktarrangement und inkorporierten impliziten Wissensordnungen,welche erstere kulturell regulieren, ohne ihnen gegenüber vorgängig zu sein.4 Die empirische Analyse sozialer und kultureller Phänomene ist damit - von den Technologien des Selbst, der dyadischen Interaktion und der einzelnen Subjekt-Objekt-Konstellation über Gruppen und Gemeinschaften, Organisationen und Institutionen bis zu ganzen sozialen Feldern, Klassen, Gesellschaften und transnationalen Räumen - letztlich eine Analyse jener Raum und Zeit bindenden Körper-/ Artefakt-/ Wissenskomplexe, die Praktiken und ganze Komplexe von Praktiken (einschließlich solcher diskursiver oder visueller Art) ausmachen. Wenn man vor diesem Hintergrund die weiterhin außerordentlich lebendige kulturwissenschaftliche und kulturtheoretische Debatte verfolgt, die sich seit 2000 international noch intensiviert hat, dann lassen sich eine Reihe von 'Theoriebaustellen' ausmachen, auf denen gerade diese Grundintuitionen praxeologischer Kulturtheorien weiterentwickelt, umakzentuiert und [Druckfassung: 708] teilweise auch über die 3Vgl. zur neueren Diskussion um die Praxistheorien: Theodore R. Schatzki/ Karin Knorr-Cetina/ Eike von Savigny (Hg.) (2001): The Practice Turn in Contemporary Theory, London; Karl H. Hörning (Hg.) (2004): Doing Culture. Zum Begriff der Praxis in der gegenwärtigen soziologischen Theorie, Bielefeld. 4Vgl. auch dazu genauer mein Aufsatz (2003) Grundelemente einer Theorie sozialer Praktiken. Eine sozialtheoretische Perspektive, in: Zeitschrift für Soziologie, H. 4, S. 282- 301. Grenzen des bisher kulturwissenschaftlich Denkbaren hinaus entwickelt worden sind. Vier aktuelle Komplexe kulturwissenschaftlicher Diskussion erscheinen mir hier von besonderer Relevanz: 1.) die Debatte um das Konzept der 'Performativität', das sich in unmittelbarer Nachbarschaft zu jenem der Praktiken bewegt und das vor allem eine Neukonzeptualisierung des Verhältnisses von kultureller Praxis und Subjekt anregt, 2.) die radikalen neuen Perspektiven auf die 'Materialität' von Kultur, ihren Nexus mit materialen Artefakten, auch etwa im Zusammenhang mit Räumlichkeit und medialen Technologien, 3.) die intensivierte Rezeption eines dekonstruktiven Poststrukturalismus jenseits der Literaturwissenschaft, welche die Hoffnung nährt, über diesen Weg einen besseren Zugang zur instabilen, selbstwidersprüchlichen Form kultureller Praxis zu erhalten, 4.) eine beginnende Weiterentwicklung und Anwendung kulturtheoretischer Ansätze mit Blick auf die Gesellschaftstheorie und Theorie der Moderne, die eine Alternative zu gängigen soziologischen grand récits der gesellschaftlichen Modernisierung zu liefern vermag. Damit muss am Schluss in neuer Form die Frage nach der Relevanz der Kulturwissenschaften innerhalb der sich verschiebenden politisch-kulturellen Konstellation der Gegenwart aufgeworfen werden. 1.) Performativität/ Performanz. Das neue kulturwissenschaftliche Schlüsselkonzept der Performativität/ Performanz/ 'performance', das seit dem Ende der 1990er Jahre ins Zentrum der interdisziplinären Debatte gerückt ist, hat unterschiedliche Wurzeln und hält verschiedene Verwendungsweisen bereit.5 Klassisch ist Noam Chomskys Unterscheidung zwischen Kompetenz und Performanz, die sich an Saussures strukturalistische Differenz zwischen langue und parole anlehnt. Performanz bezeichnet hier die Ausführung, die situative Verwendung von Sprache, während die Kompetenz auf die mentalen Tiefenstrukturen der Sprecher verweist. Als wirkungsmächtiger stellt sich John L. Austins Definition von performativen Äußerungen als eine spezifische, von den konstativen Äußerungen abgrenzbaren Klasse von Sprechakten dar, in denen durch den Akt des Äußerns nicht lediglich Sachverhalte beschrieben, sondern solche - sozialen Sachverhalte produziert, sie in die Welt gesetzt werden. Letztlich betreibt Austin am Ende eine Verallgemeinerung seines Konzept des Performativen jenseits der Abgrenzung vom Konstativen, indem er den [Druckfassung: 709] Begriff der Illokution als eine Art generalisierter Performativität einführt: Sprechakte lassen sich 5Vgl. Andrew Parker/ Eve Kosofsky Sedgwick (Hg.) (1995): Performativity and Performance, New York/ London; Uwe Wirth (Hg.) (2002): Performanz. Zwischen Sprachphilosophie und Kulturwissenschaften, Frankfurt/ Main; Jens Kertscher/ Dieter Mersch (Hg.) (2003): Performativität und Praxis, München; Jeffrey Alexander/ Bernhard Giesen/ Jason Mast (Hg.) (2006): Social Performance. Symbolic action, cultural pragmatics, and ritual, Cambridge. nun generell als illokutionär interpretieren, insoweit sie im Akt des Sprechens zugleich eine Handlung vollziehen. Diese zunächst noch recht unspektakulären Bedeutungen des Konzept des Performativen gewinnen in der Aneignung durch den kulturtheoretischen Kontext seit den 1990er Jahren an analytischer Schlagkraft. Insbesondere in drei Kontexten findet die kulturwissenschaftliche Neuaneignung zunächst statt. Vor allem im Zusammenhang der Theaterwissenschaften - in denen sich auch eine Praxis der postmodernistischen 'performative arts' seit den 1960er Jahren niederschlägt - ist die Annahme einer performativen Struktur kultureller Praxis an die Grundintuition der öffentlichen Aufführung, der Inszenierung und Theatralität von Kultur geknüpft worden.6 Kultur existiert in dieser Perspektive - in die sich auch einige der Arbeiten von Goffman einordnen lassen - nicht als ein System von Zeichen oder Regeln, sondern im kunstvollen, kompetenten Agieren, vor allem der Bewegung des Körpers, vor einem alltäglichen 'Publikum'. Zweitens ist es die Kulturanthropologie, prominent in den Arbeiten Victor Turners, welche dem Vokabular des Performativen kulturwissenschaftliches Profil verleiht.7 Der Begriff der 'performance' wird hier an jenen des kollektiven Rituals gekoppelt, und Kultur hat ihren Ort in erster Linie in diesen sozial-kulturellen, öffentlichen Ritualisierungen (eine Position, die an Durkheims Spätwerk der 'Elementaren Formen des religiösen Lebens' anknüpfen kann). Rituale sind dabei als mehr denn bloße intersubjektive Routinen zu interpretieren, sie wirken Turner zufolge vielmehr als 'transformative performances', insoweit sie auf dem Wege einer Produktion von Affekten in den daran teilnehmenden Subjekten individuelle und kollektive Selbstveränderungen hervorbringen. Der dritte spezifisch kulturwissenschaftliche Schub, den das Konzept des Performativen erfährt, geht von einem zunächst rein theoretischen, philosophischen Ereignis aus: von Derridas kritischer Auseinandersetzung mit Austins und Searles Sprechakttheorie in seinem Artikel "Signatur, Ereignis, Kontext".8 Derrida argumentiert hier gegen den sozialen Konventionalismus der Sprechakttheorie, der meint, eindeutig zwischen der 'richtigen', gelungenen Anwendung eines originalen Äußerungstypus und einer parasitären, misslungenen oder unernsten Verwendung, somit zwischen Norm und Abweichung unterscheiden zu können. Statt dessen erscheinen in [Druckfassung: 710] Derridas Perspektive performative Akte wie jede Zeichenverwendung in jedem Moment zwangsläufig als Zitationen ohne Original, als die 'resignifizierende' Einbettung in einen neuen Kontext, 6Vgl. Erika Fischer-Lichte (2004): Ästhetik des Performativen, Frankfurt/ Main. Victor Turner (1987): The Anthropology of Performance, New York. 8Vgl. Jacques Derrida (1972): Signatur, Ereignis, Kontext, in: (1972): Randgänge der Philosophie, Wien 1988/ 1999, 2., überarb. Aufl., S. 325- 351. 7Vgl. die das Zeichen nicht unverändert lässt. Gerade indem man seinen Blick von vorgeblich zeitlosen Zeichensystemen auf die Zeichenverwendung, auf die Äußerungen verschiebt, bricht der Versuch, sozial-konventionalistische Sicherheitsinstanzen zu installieren, zusammen: Die Zeichenverwendung ist nichts mehr als eine zeitliche Wiederholung ohne Fundament, die immer das Element der Verschiebung enthält (eine Konstellation, die Derrida als 'Iterabilität' umschreibt). Das kulturwissenschaftliche Konzepts der Performativität wird nun dadurch interessant, dass es mehr indiziert als eine bloße Entdeckung bestimmter Phänomene in der Moderne oder Postmoderne - etwa von Ritualen oder von Inszenierungen -, sich hier vielmehr Elemente eines allgemeinen kulturtheoretischen Analyserahmens herausschälen. In seiner Grundtendenz befindet sich dieser Analyserahmen in enger Verwandtschaft zu den praxeologischen, praxistheoretischen Ansätzen. Plakativ formuliert, wird in beiden Fällen eine Verschiebung des konzeptuellen Zentrums der Kulturtheorien von einer vorpraktischen Ebene der kognitiven Systeme oder textuellen Sinnzusammenhänge zur Praxis der kulturellen Aufführung/ Ausführung vorgenommen, einer Ausführungspraxis, die mehr als eine bloße Anwendung eines bereits präexistenten intellektuellen Sinnsystems darstellt. Das Kulturelle existiert vielmehr in der - teils reproduktiven, teils aber auch selbstmodifizierenden Temporalität, der Prozessualität der performativen Praktiken, und diese sind zunächst Aufführungen/ Ausführungen des Körpers als eine kulturell regulierte Materialität. Kultur wirkt dann nicht als ein 'being ...', sondern als ein 'doing ...' (gender, organization, race etc.) Dabei besteht in den Performativitätstheorien häufig eine Tendenz, bestimmte Formen von Praktiken zu fokussieren: die intersubjektiven Praktiken, in denen 'vor anderen' intelligibel gehandelt, in denen eine Darstellung vollzogen wird (was eine entsprechende Marginalisierung von interobjektiven Praktiken und Technologien des Selbst einschließt). Jene Autorin, die eine systematischere Ausarbeitung der Theorie der Performativität als Theorie kultureller Praxis in den letzten Jahren am pointiertesten vorangetrieben hat, ist Judith Butler. Butlers Arbeiten sind nur vordergründig auf die gender-Problematik ausgerichtet, sie laufen vielmehr auf einen kritisch-kulturtheoretischen Bezugsrahmen zur Analyse von Praxis und Subjektivität insgesamt hinaus.9 Es sind vor allem drei As[Druckfassung: 711] pekte, mit denen Butlers Theorie der Performativität aus meiner Sicht der praxeologischen Theoriebewegung interessante Impulse zu geben vermag: 9Vgl. vor allem Judith Butler (1990): Das Unbehagen der Geschlechter, Frankfurt/ Main 1991; dies. (1993): Körper von Gewicht. Die diskursiven Grenzen des Geschlechts, Frankfurt/ Main 1997; dies. (1997): Psyche der Macht. Das Subjekt der Unterwerfung, Frankfurt/ Main 2001. ihre Modellierung des Zusammenhangs von performativer Praxis und Subjektproduktion; die Konzeptualisierung der Zeitlichkeit von Praxis als instabile Iterabilität; schließlich das Interesse an der performativen Hervorbringung affektueller Orientierungen. Im Zentrum von Butlers Arbeiten steht die Frage, wie die performative Praxis kulturell regulierter körperlicher Wiederholungen Subjekte produziert (wobei die Vergeschlechtlichung des modernen Subjekts hier ein spezifisches, herausgehobenes Beispiel liefert). Es ist das Subjekt, das als sozialer 'Sachverhalt' im performativen Akt erst geschaffen wird. Butler knüpft an Michel Foucaults besonderes Interesse an der Hervorbringung von Formen des Subjekts, am 'asujetissement', an der 'Subjektivation' des modernen Menschen an. Das Subjekt ist hier in keiner seiner Eigenschaften eine vorgegebene, vorkulturelle Instanz - etwa der Reflexivität, der Eigeninteressiertheit, der Innerlichkeit etc. -, es ist vielmehr ein Körper, der sich einem bestimmten kulturellen Regime, den Wissensordnungen eines Dispositivs unterwirft, um sich in der körperlichen Aneignung dieser kulturellen Kriterien als selbst- und fremdkontrollierende, souveräne Instanz hervorzubringen. Butler verwendet den Begriff des Performativen, um diesen Zusammenhang der Herstellung von Subjekteigenschaften, von 'Identität' in der kulturellen Praxis zu umschreiben: Es 'gibt' hier keine vorgängigen Subjekte, weder einen widerständigen Körper noch eine vorkonstituierte Psyche, es 'gibt' von vornherein allein die Ebene der kulturell regulierten zeitlichen Sequenz von körperlichen Bewegungen, von Bewegungen, in die sich kulturelle Kriterien - etwa die Unterscheidung von männlichen und weiblichem Verhalten, von männlicher und weiblicher Geschlechtsnatur oder von normalen und perversem sexuellen Begehren - eingeschrieben haben und sich in jedem Moment neu einschreiben. Das Subjekt ist seine eigene 'verkörperte' Ausführungs- und Aufführungspraxis, es wird zu einem für den anderen und sich selbst intelligiblen und kompetenten Subjekt durch die "wiederholte Stilisierung des Körpers"10. Dieser Zusammenhang wird in Renaturalisierungsdiskursen, denen zufolge das Verhalten ein 'Ergebnis' des 'Akteurs' (etwa seiner natürlichen Eigenschaften) sei, regelmäßig unsichtbar gemacht; tatsächlich gilt für Butler aber: "Vielmehr wird diese Identität gerade performativ durch diese 'Äußerungen' konstitutiert, die angeblich ihr Resultat sind."11 Interessant in Butlers Theorie der Peformativität ist für die Praxistheorie daneben ihre Analyse der Zeitlichkeit der kulturellen Praktiken, in der sie Derridas kritische Auseinandersetzung mit der Sprechakt- [Druckfassung: 712] theorie und sein Konzept der Iterabilität rezipiert. Wenn kulturelle Wissensordnungen - wie etwa Butlers moderne 10Butler 11ebd., (1990), S. 60. S. 49. binäre 'Matrix' von sex und gender - allein in ihrer performativen körperlichen Anwendung im einzelnen Moment existieren, hier Struktur und Prozess gewissermaßen ununterscheidbar sind, wird sichtbar, was kulturelle Stabilität und was kultureller Wandel eigentlich bedeuten. Der Effekt kultureller Stabilität - bis hin zum scheinbar Natürlichen - ergibt sich aus der Sequenz der Wiederholung einer Aufführungspraxis in ihren einzelnen Ereignissen. Aber diese Wiederholung ist immer zugleich eine Rekontextualisierung - die Kriterien werden in einem zwangsläufig etwas anderen Kontext angewandt, der das performative Produkt in seiner Form wenig oder mehr modifiziert. In gewisser Weise ist dann jeder performative Akt eine Zitation, die ohne ein eindeutiges Original auskommen muss. Konstellationen der "Überschneidung ... diskursive(r) Anweisungen"12 im gleichen performativen Akt erscheinen dann besonders geeignet, die Wiederholungssequenz unkalkulierbar umzubiegen.13 Einen vielversprechenden praxeologischen Impuls gibt schließlich auch Butlers Rezeption der Psychoanalyse, die sich vor allem in ihrer Profilierung des Konzepts des 'passionate attachment' niederschlägt. Auf diese Weise gewinnen in der Praxis- und Performativitätstheorie die affektuellen Orientierungen, die in die Praktiken 'eingelassen' sind, einen Stellenwert, der ihnen in anderen Ansätzen - etwa bei Bourdieu oder Foucault - nicht zukommen konnte. In einer aufschlussreichen Parallele zu Victor Turners Version einer kulturanthropologischen Theorie der Performativität, welche die Produktion von - am Ende 'liminalen' - Affekten in kollektiven Ritualen hervorhebt, betont Butler, dass sich die kulturelle Aufführung/ Ausführung nicht auf die Anwendung affektiv neutraler Schemata reduzieren lässt. Vielmehr bringen die performativen Akte bestimmte dauerhaft wirksame affektive Identifizierungen, aber auch affektive Orientierungen der Verwerfung und des ('melancholischen') Mangels hervor, ohne die sich die Logik der kulturellen Praxis nicht erschließt.14 [Druckfassung: 713] 2.) Materialität/ Artefakte. Seit dem Ende der 1990er Jahre hat sich in verschiedener Weise die 'Materialität', nicht nur der Körper, sondern auch der Gegenstände, der 12ebd., S. 213. riskiert teilweise allerdings, die Subversionskraft sozialer Praktiken zu überschätzen, indem sie impizit an manchen Stellen ein von den ästhetischen Avantgarden beeinflusstes Praxismodell generalisiert. Vgl. auch mein Aufsatz (2004) Die Reproduktion und die Subversion sozialer Praktiken. Zugleich ein Kommentar zu Pierre Bourdieu und Judith Butler, in: Karl H. Hörning (Hg.): Doing Culture. Zum Begriff der Praxis in der gegenwärtigen soziologischen Theorie, Bielefeld, S. 40- 54. 14Eine dezidiert psychoanalytische Kultur- und Subjekttheorie, die unmittelbar an Lacan anknüpft und die in den letzten Jahren einige Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat, findet sich bei Slavoj Zizek, vgl. Slavoj Zizek (1999): The Ticklish Subject. The absent centre of Political ontology, London. 13Butler Artefakte und ihrer Anordnung ins Zentrum der kulturwissenschaftlichen Analyseprogramme geschoben. Es handelt sich hier um eine bemerkenswerte Entwicklung, insofern sich klassischerweise in der Theoriegeschichte Kulturalismus und Materialismus antipodisch gegenübergestanden haben. Namentlich die soziologische Theorie hegte lange Zeit eine Tendenz, nach einer quasi-materiellen Basis, einem vorsinnhaften Fundament für die haltlose Sphäre der kulturellen Repräsentationen, einer 'Struktur' jenseits und unterhalb der 'Kultur' zu suchen und dabei Produktivkräfte, Differenzierungsmuster, die Größe sozialer Einheiten oder andere vermeintlich vorkulturelle Einheiten als 'Basis' auszumachen. Die gesamte Bewegung der Kulturtheorien positioniert sich zunächst im Gegensatz zu einem solchen im weitesten Sinne basis-überbau-theoretischen Denken, indem sie nach der kulturellen Konstitution dieser vermeintlichen Basis selbst fragt. Eine Tendenz zur Materialisierung der kulturwissenschaftlichen Analyseprogramme scheint dann auf den ersten Blick ein paradoxes oder gar widersinniges Unternehmen. Allerdings gilt dies nur auf den ersten Blick - letztlich würde ich argumentieren, dass diese Theorieentwicklung im Gegenteil nur konsequent: ist Sie ordnet sich ein in die Verschiebung der kulturtheoretischen Perspektive von einer Orientierung an kognitiven Konstruktionsleistungen und textuellen Ordnungen zu einer Orientierung an sozialen Praktiken. Dabei wird zunehmend sichtbar, dass die Materialität, in denen Wissensordnungen erst wirken können, sich nicht allein auf körperlichen Bewegungen zusammensetzt - eine 'Verkörperung' des Wissens, wie sie Autoren wie Bourdieu, Butler, Goffman und andere zu Recht betont haben -, sondern auch und zugleich aus Artefakten, d.h. materialen, kulturell gemachten und kulturell verwendeten Gegenständen i.w.S. - vom Werkzeug bis zum Kommunikationsmedium, von der Architektur bis zu den Verkehrsmitteln, von Medikamenten bis zum Zeitmesser -, die gleichwohl in ihrer einmal vorhandenen effektiven Materialität nicht auf Phänomene des 'Sinns' und des 'Codes' zu reduzieren sind. Soziale Praktiken und Praktikenkomplexe sind gewissermaßen auf zweierlei materiale Träger angewiesen: auf Körper und auf Artefakte, sie sind letztlich ein Arrangement sinnhaft regulierter Körperbewegungen und Artefaktaktivitäten, die beide in den Praktiken aneinander gekoppelt sind. Auf dieser Weise entkommt man jener Reduktion, welche die materiellen Gegenstände in kognitivistischen und textualistischen Perspektiven erfahren. Zwar arbeiten diese zu Recht die symbolische, zeichenhafte Repräsentation [Druckfassung: 714] von Dingen heraus, aber die Dinge sind letztlich mehr: notwendige Bestandteile sozial-kultureller Praktiken, in denen sie effektiv wirken und in denen mit ihnen umgegangen wird. Eine Reihe von Theoretikern und Forschungsrichtungen haben diese konzeptuelle Rehabilitierung der Artefakte in den letzten Jahren vorangetrieben und damit neue kultur- und sozialwissenschaftliche Analysefelder entschlossen. Der wichtigste Autor ist hier Bruno Latour, der dem Feld der science studies erwachsen ist.15 Ganz grundsätzlich diagnostiziert Latour ein für die Moderne charakteristisches Paradox: dass diese einerseits eine Explosion der Artefakte, der gemachten Objekte betreibt - vor allem über die wissenschaftlich-technischen Revolutionen -, dass sie damit in vermehrter Zahl 'Quasi-Objekte' hervorbringt, in denen sich Kulturalität und Materialität kreuzen, dass sie andererseits in ihrem Denken aber gerade eine säuberliche Separierung des Kulturellem vom Materiellen auf den Weg bringt, damit zwei ontologische Zonen voraussetzt, die nach vorgeblich unterschiedlichen Logiken arbeiten. Die Alternative für diesen Dualismus erkennt Latour in einem Vokabular, das nicht Diskurse, Mentalitäten etc. einerseits und vorkulturelle Objekte andererseits voneinander scheidet, sondern 'Netzwerke' von Subjekten und Objekten ausmacht, die ebenso kulturell wie material sind. Es werden dann historisch dynamische Natur/ Kultur-Komplexe als 'Kollektive' von Menschen und Nicht-Menschen sichtbar. Die jeweilige historische Kultur ist nur denkbar unter der Voraussetzung eines bestimmten materiellen Arrangements, mit dem sie von vornherein untrennbar verknüpft ist, das sie selbst hervorgebracht hat und das diese Kultur zugleich ermöglicht. Latour führt hier den suggestiven Begriff des 'Hybriden' ein, um die kulturell-materiale Doppelstruktur dieser Artefakte inmitten der Netzwerke zu umschreiben. An die Stelle der klassisch soziologischen Vorrangstellung der Intersubjektivität, des Verhältnisses zwischen Subjekten als vorgebliche Bedingung sozialer Ordnung, setzt Latour dann die 'Interobjektivität', die Stabilisierung des Verhältnisses von Subjekten und dauerhaften Objekten als jene Bedingung, die soziale Reproduktion über räumliche und zeitliche Grenzen hinweg ermöglicht.16 [Druckfassung: 715] 15Vgl. Bruno Latour (1991): Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie, Berlin 1995; ders. (1993): Der Berliner Schlüssel. Erkundungen eines Liebhabers der Wissenschaften, Berlin 1996. Vgl. auch mein Aufsatz (2002): The status of the 'material' in theories of culture: From 'social structure' to 'artefacts', in: Journal for the Theory of Social Behaviour, H. 2, S. 195- 217. Die offene Frage bleibt, ob Latour (oder auch die Actor-Network-Theory) mit seiner Generalisierung des 'Aktanten'-Status vom Menschen zu nicht-menschlichen Entitäten am Ende den kulturwissenschaftlichen Rahmen zugunsten einer vollständig posthumanistischen Theorieoption verlässt. 16Neben Latour ist es vor allem Gilles Deleuze, der bereits seit den 1960er Jahren tentativ ein sozialtheoretisches Vokabular entwickelt, welches jenseits des Subjektivismus und Kulturalismus auf die Deterritorialisierung und Reterritoralisierung der - nicht-menschlichen wie menschlichen - Materialität zentriert ist. Deleuzes Latours 'symmetrische Anthropologie' liefert einen herausfordernden Anstoß für eine kulturwissenschaftliche Analyse der material-sinnhaften Bedeutung von Objekten verschiedenster Art, für die Arbeiten aus dem Bereich der Wissenschaftsforschung und Techniksoziologie nur besonders prominente Beispiele liefern. Nötig wäre darüber hinaus, das materiale Arrangement jeglicher historisch sich verändernder Praktikenkomplexe zu analysieren, gleich in welchem sozialen Feld sie sich verorten lassen: das Artefakt-Arrangement ökonomischer Praktiken (zum Beispiel Arbeit oder Konsum) ebenso wie politisch-staatlicher Praktiken, aber auch persönlich-intimer, familiärer Beziehungen oder der Praxis der Erziehung. Es sind vor allem zwei kulturwissenschaftliche Analysekontexte, welche in den letzten Jahren diesen generellen Nexus von sozial-kulturellen Praktiken, ihren Wissensordnungen sowie Subjektformen und einem bestimmten historisch spezifischen materiellen Arrangement von Artefakten intensiv berarbeitet haben: zum einen die Theorien und Analysen von Raum und Räumlichkeit im Zusammenhang des 'spatial turn' der postmodernen Geographie, zum anderen die Medientheorien und medienwissenschaftlichen Analysen, in diesem Zusammenhang auch die 'visual studies' mit ihrer Rekonstruktion der Praktiken der Wahrnehmung. Sich für die materiale Dimension sozial-kultureller Praktiken zu sensibilisieren, setzt voraus, deren räumliche Strukturierung und Strukturiertheit Ernst und in den Blick zu nehmen. Dies ist der Ansatzpunkt des heterogenen Feldes einer postmodernen Geographie um Autoren wie David Harvey, Edward Soja und Derek Gregory,17 das sozialtheoretisch vor allem auf die Arbeiten Henri Lefebvres zurückgreifen kann.18 Der Raum wird hier nicht als ein leerer, neutraler Container verstanden, 'in' dem die soziale Praxis stattfindet. Vielmehr sind soziale Praktiken gleichzusetzen mit einem ununterbrochenen Prozess der Verräumlichung, der [Druckfassung: 716] Gestaltung des Raums über das Arrangement von Artefakten, ein materiales Arrangement, das dann selbst unweigerlich mit einer sozialen Praxis und bestimmten Subjektformen, einer spezifischen Wahrnehmung, Nutzung und Aneignung verknüpft ist. Notwendig schließen diese Praktiken eine bestimmte Wahrnehmung und Interpretation des Raumes ein - eine mentale oder Arbeiten sind in ihrer grundsätzlichen Bedeutung erst in den letzten Jahren erkannt worden, vgl. etwa Theodore R. Schatzki (2002): The Site of the Social. A philosophical account of the constitution of social life and change, University Park (Penn.). 17Vgl. Mike Crang/ Nigel Thrift (Hg.) (2000): Thinking Space, London; Ian Cook u.a. (Hg.) (2000): Cultural Turns/ Geographical Turns. Perspectives on cultural geography, Harlow; Phil Hubbard u.a. (Hg.) (2002): Thinking Geographically. Space, theory and contemporary human geography, London. 18Vgl. Henri Lefebvre (1991): The Production of Space, Oxford. Sozialtheoretisch interessante Raumkonzepte liefern auch Giddens, Goffman und de Certeau. diskursive Kartographie bis hin zur Konstruktion etwa politischer Räume -, aber Räumlichkeit lässt sich nicht auf eine symbolische Repräsentation reduzieren, sie ist als kulturell gestaltete Materialität zu verstehen, die zugleich bestimmte Praktiken ermöglicht und andere ausschließt. Raum ist dann nicht nur ein Thema und spezifischer Gegenstand, sondern kulturelle, historisch spezifische Praxis generell als verräumlichend und verräumlicht zu begreifen und zu analysieren: von der Verräumlichung bestimmter Formen des Privaten in Wohn- und Einrichtungsverhältnissen über die Verräumlichung ökonomischer Praktiken in Büros, Manufakturen, Ateliers oder Einkaufszentren und die Verräumlichung des Politischen mit Hilfe von Staatsgrenzen, Volk- und Raummetaphern, aber auch über Sitzordnungen oder bürokratische Wissens-'Archive' bis hin zur Transformation von Raum-/ Zeitkonstellationen durch Verkehrstechnologien. Neben den Raumtheorien sind es die Medientheorien, die seit den 1990er Jahren einen Anstoß zur Neukonzeptualisierung des Materialen in den Praktiken der Kultur liefern. Wenn man Medien als technische Verbreitungsmedien der Kommunikation (Luhmann) oder besser als Arrangements zur Speicherung, Verarbeitung und räumlichzeitlichen Diffusion von Zeichen verschiedenster Art - von der Schrift und vom Buchdruck über die technisch reproduzierten audiovisuellen Medien bis zum Computer - versteht, dann liefern sie zunächst ein klassisches Feld für ein semiotisches oder auch diskursanalytisches Verständnis von Kultur. Schriftliche Texte, Fernsehsendungen oder Computersimulationen sind auf dieser Ebene als historische Formen der Repräsentation - etwa von Formen der Subjektivität - zu analysieren, wie es beispielsweise die Diskursanalyse der Literatur, die Semiotik von Bildern oder die Cultural Studies des Fernsehen vorschlagen. Die Medientheorien im engeren Sinne, die sich hier vor allem Walter Benjamins bahnbrechenden Kunstwerk-Aufsatz aneignen, einen Vorreiter bei McLuhan finden und eine teilweise etwas technizistischen (und bellizistischen) Höhepunkt in den Arbeiten Friedrich Kittlers finden, kippen die Perspektive auf die Medien jedoch dadurch um, dass sie diese als ein material-technologisches Arrangement interpretieren, in dem bestimmte Praktiken der Wahrnehmung - und damit am Ende auch darüber hinaus greifende Praktiken im Umgang mit Subjekten und Objekten - trainiert werden.19 Die Zeichen- [Druckfassung: 717] verwendung selbst der Fokus einer textuell-semiotischen Kulturanalyse - enthält in diesem Sinne unweigerlich eine materiale Struktur, die sie selbst leicht übersieht: Das spezifische Arrangement von Schriftzeichen unterschiedlicher Alphabete beispielsweise ermöglicht hier nicht nur eine spezifische Praktik des Lesens, sondern auch eine bestimmte 19Vgl. Alexander Roesler/ Bernd Stiegler (Hg.) (2005): Grundbegriffe der Medientheorie, München/ Paderborn. kognitiv-emotionale Struktur von Subjekten, etwa in Form eines narrativen oder kausalen Sinns. Neben der Schriftkultur kann gerade die visuelle Kultur - wie in den neuen 'visual studies', welche die Grenzen der Medientheorien zunehmend überschreiten, deutlich wird - über eine semiotische Analyse von Bildlichkeit hinaus zum Gegenstand einer praxeologischen Perspektive werden: Visualitäten erscheinen dann als historisch spezifische Arrangements technischer Apparate, Wissensordnungen und Körper mit kognitiven und affektuellen Aufmerksamkeiten, in denen sich bestimmte Praktiken des Sehens - etwa der Beobachtung oder der voyeuristischen Betrachtung - herausbilden.20 Generell kann eine solche erweiterte medien- wie raumtheoretische Perspektive einem klassischen Problem der Praxeologie eine heuristisch fruchtbare Wendung geben: der Frage nach dem Ort des Mentalen. Die Praxistheorien dezentrieren das Mentale, ohne es eliminieren und in ein 'psychisches System' abschieben zu wollen. Man kann nun gerade von den Medien- und Raumtheorien lernen, auf welche Weise sich praxeologisch 'das Mentale' neu bearbeiten lässt: Vermeintlich überzeitliche mentale Aktivitäten stellen sich als Produkte und Bestandteile historisch-kulturell spezifischer Praktikenbündel dar, in denen nicht zuletzt materiale Arrangements - technische Medien, räumliche Anordnungen etc. - eine entscheidende Rolle spielen. Wenn Akte des Wahrnehmens klassischerweise als ein zentrales Segment mentaler Prozesse gelten, dann kann sich die Frage nach dem 'Geistigen' hier in die Frage nach dem kulturellen Training in spezifischen Praktiken der Wahrnehmung übersetzen, etwa in die Analyse der historisch und lokal spezifischen Praktiken des Sehens und des Gesehenwerdens im Zusammenhang mit dem Panoptikon oder mit dem Computer, dem Labor oder der 'shopping mall' -, aber auch in die Analyse der spezifischen Praktiken des Hörens beispielsweis unter den Bedingungen einer Mündlichkeitskultur oder unter dem Einfluss technisch reproduzierter Beschallung.21 Auch mentale Prozesse jenseits des sinnlichen Wahrnehmens i.e.S., etwa die klassischen kognitiven Prozesse der Reflexion oder Erinnerung, lassen lassen sich dann einer praxeologischen Perspektive zugänglich machen, welche das materiale Setting als konstitutiv entdeckt: Es wird sichtbar, [Druckfassung: 718] wie Praktiken des Reflektierens beispielsweise in ihrer historischen Entstehung von einer bestimmten Materialität der Schriftlichkeit, vom Anfertigen reflexionsfördernder Egodokumente, auch von räumlicher 'Privatisierung' 20Vgl. Margaret Dikovitskaya (2005): Visual Culture. The study of the visual after the cultural turn, Cambridge (Mass.)/ London. 21Vgl. hierzu aktuell Veit Erlmann (Hg.) (2004): Hearing Cultures. Essays on sound, listening and modernity, Oxford. abhängen. Die 'Innerlichkeit' der mentalen Akte ist hier untrennbar verknüpft mit einem historisch spezifischen Arrangement von Körpern, Wissensordnungen und Artefakten. 3.) Poststrukturalismus und Dekonstruktion. Eine dritte Theoriebaustelle ergibt sich aus den gegenwärtigen Versuchen, poststrukturalistisch-dekonstruktive Theoriefiguren für das Feld der Sozial- und Kulturtheorie ingesamt und damit auch für die Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften fruchtbar zu machen. Nun ist der 'Poststrukturalismus' sicherlich keine aktuelle Neuentwicklung, sondern markiert bereits seit Mitte der 1970er Jahre - zumindest im englischsprachigen Raum - eine folgenreiche Richtung innerhalb der Kulturtheorien und Kulturwissenschaften. Trotzdem scheint es, dass - ganz abgesehen von der erheblichen zeitlichen Verzögerung, welche die Rezeption des Poststrukturalismus in Deutschland ausgesetzt ist - erst jetzt das poststrukturalistische Analysepotential, das bisher nur eingeschränkt verfügbar war, annähernd ausgeschöpft werden kann. Dies ist offenbar einer spezifischen doppelten Konstellation geschuldet, die für die bisherige Rezeption prägend war: Jene Version des Poststrukturalismus, die seit den 1970er Jahren in den Gesellschaftswissenschaften besonders einflussreich gewesen ist, hat sich vor allem aus einer Lektüre von Foucault und zwar einer sehr spezifischen Lektüre gespeist, die häufig eher auf einen 'strukturalistischen Poststrukturalismus' hinauslief. Dieser sucht nach Disziplinierungsund Normalisierungsprozessen in der Moderne, nach kulturellen Ordnungen der Macht, in denen das scheinbar autonome Subjekt durch seinen Körper hindurch subtilen Formierungsmechanismen unterworfen ist, und Alternativen entsprechend Gegenstand eines Ausschlusses sind. Gleichzeitig ist seit den 1970er Jahren ein anderer Poststrukturalismus rezipiert worden, den man als 'dekonstruktiv' orientiert umschreiben kann und der vor allem von den Arbeiten Derridas inspiriert ist: Dieser fragt nach paradoxen und widersprüchlichen Strukturen in Texten, nach dem immanenten Aufbrechen der scheinbar eindeutigen kulturellen Textlogik. Der dekonstruktive Poststrukturalismus blieb zunächst - gefördert auch durch die Yale-School der amerikanischen Dekonstruktion - weitgehend auf die Literaturwissenschaft, auf das 'close reading' einzelner Texte der literarischen oder philosophischen westlichen Tradition eingeschränkt. Die Entbindung des analytischen Potentials einer genuin poststrukturalistischen Perspektive, die derzeit im Gange ist, ergibt sich genau dadurch, dass sich diese prekäre Doppelkonstellation aufzulösen beginnt. Der dekonstruktive Poststrukturalismus, der vor allem von Derrida beeinflusst ist, lässt sich nicht mehr nur auf eine bestimmte Version von [Druckfassung: 719] Literaturwissenschaft und auf die Lektüre einzelner Textdokumente beschränken. Er vermag der Sozial- und Kulturtheorie insgesamt Impulse zu geben und letztlich zu einer verschobenen Perspektive auf sozial-kulturelle Praxis - nicht-diskursiver und diskursiver Praktiken - beizutragen, seien es ökonomische oder politische, technisch-wissenschaftliche oder geschlechtliche Praktiken und Diskurse. Der dekonstruktive Poststrukturalismus kann sich dann nicht länger auf einen spezifischen Textualismus, eine Fixierung auf einzelne hochkulturelle Texte i.e.S. einschränken; umgekehrt müssen die Gesellschafts- und Geschichtswissenschaften sich nicht mehr mit jener eigentümlichen Version eines halbierten, 'strukturalistischen Poststrukturalismus' begnügen (der im übrigen auch in den Arbeiten Foucaults nur eine Tendenz repräsentierte, dem dekonstruktive, genuin poststrukturalistische Elemente bei Foucault selber, etwa sein agonistisches Konzept der Macht, gegenüberstehen). Die Leitidee einer solchen dekonstruktiv-poststrukturalistisch informierten Sozialwissenschaft - die Urs Stäheli unter dem Schlagwort einer 'spektralen Soziologie' zusammenfasst - lautet, dass die Wissensordnungen, die Codes der Kultur, statt jene Eindeutigkeit und reproduzierte Routine zu schaffen, die sie intendieren, regelmäßig und unintendiert kulturelle Instabilität hervorbringen, Instabilitäten, die sich aus mehrdeutigen, paradoxen oder selbstwidersprüchlichen Konstellationen der Differenz ergeben.22 Dieser Poststrukturalismus verführt den analytischen Blick gerade nicht dazu, immer schon homogene, widerspruchsfreie Ordnungen des Wissens in ihrer scheinbaren 'Präsenz' aufzufinden, die sich mit eindeutigen Differenzmarkierungen nach außen selbst stabilisieren, sondern sensibilisiert ihn für die subtilen Konstellationen der Überlagerung von Codes, die sich gegenseitig verstärken und zugleich widersprechen, für die unberechenbaren Spuren des zeitlich oder räumlich 'Anderen' im gegenwärtigen Sinn, für Differenzmarkierungen, die zugleich von Identifizierungen unterlaufen werden. Dass diese dekonstruktiv-poststrukturalistische Sensibilisierung für kulturelle Paradoxien und Prozesse des Scheiterns von Sinnfixierungen das kulturtheoretische Vokabular jenseits des Textualismus heuristisch fruchbar umzuformen vermag, zeigen beispielhaft die theoretischen Arbeiten von Ernesto Laclau und von Homi Bhabha, die dabei zugleich zwei für eine dekonstruktiv-kulturwissenschaftliche Analytik zentrale [Druckfassung: 720] Begriffswerkzeuge profilieren: die des 'konstitutiven Außens' und der 'Hybridität'. Ernesto Laclaus Arbeiten, die von Derridas Dekonstruktion beeinflusst sind, aber diese gesellschaftswissenschaftlich anwendbar machen, liefern einen analytischen Bezugsrahmen für den Prozess der Stabilisierung und Destabilisierung 22Vgl. Urs Stäheli (2000): Poststrukturalistische Soziologien, Bielefeld; auch: Stephan Moebius (2003): Die soziale Konstituierung des Anderen. Grundrisse einer poststrukturalistischen Sozialwissenschaft nach Lévinas und Derrida, Frankfurt (Main)/ New York; vgl. früher bereits Ann Game (1991): Undoing the Social. Towards a deconstructive sociology, Milton Keynes; Kevin Hetherington (Hg.) (1997): Ideas of Difference. Social spaces and the labour of division, Oxford. kultureller Hegemonien, d.h. von dominanten kulturellen Unterscheidungen, die zugleich mit einem Anspruch auf Allgemeingültigkeit auftreten.23 Laclau stellt dar, wie solche Hegemonien sich einerseits über eine Reihe von kulturellen Mechanismen stabilisieren, vor allem über Strategien der Universalisierung und der Konstruktion eines negativen 'Anderen'. Gleichzeitig jedoch lassen sich subtile Prozesse der Unterminierung der eigenen Sinngrundlagen gerade in den Stabilisierungsprozessen aufspüren: Das Außen, von dem sich eine hegemoniale Wissensordnung abgrenzt - etwa die westlichen Zivilisation gegen das Primitive oder der Islamismus gegen die westliche Dekadenz -, wirkt hier in einem mehrfachen Sinne als ein 'konstitutives' Außen. Nicht nur, dass es ohne diese Differenzmarkierung keine 'positive' Identität nach innen gäbe dadurch, dass ein Außen, ein Anderes repräsentiert wird, wird es sinnhaft präsent gehalten und immer wieder neu präsent gemacht. Der 'universale Horizont' der Hegemonie konfrontiert sich beständig selber mit einer Alternative außerhalb seines Horizonts - und dieses Außen stellt sich potentiell als polysem dar, es kann mit negativen wie auch mit positiven Signifikaten besetzt werden (so dass beispielsweise das primitive Andere des Westens im Primitivismus zum Objekt der Faszination avancieren kann). Es sind nicht zufällig die Arbeiten im Kontext der post colonial theory, die diesen dekonstruktiven Impuls für die Kulturtheorie besonders fruchtbar gemacht haben. Beispielhaft ist hier Homi Bhabha:24 Auch Bhabha stellt die immanent gegenläufige, langfristig destabilisierende Struktur von kulturell grundlegenden Differenzmarkierungen, hier vor allem des 'othering' eines Anderen heraus, der Objekt von negativen Verwerfungen und positiven Identifikationen gleichermaßen ist. Daneben entwickelt er einen wirkungsmächtigen Begriff kultureller Hybridität: Hybridität ist hier ein 'sensitizing instrument', um anstelle der Voraussetzung eindeutiger Innen-AußenDifferenzen kulturelle Überlagerungskonstellationen sichtbar zu machen, damit den Normalfall, dass in einer sozialen Praktik (einschließlich einer diskursiven Praktik) kulturelle Codes unterschiedlicher Herkunft - räumlicher, sozialer, institutioneller, zeitlicher Herkunft - miteinander kombiniert auftreten. Hybridität stellt sich damit am Ende als mehr denn ein spezifisches The- [Druckfassung: 721] ma von Migrantenmilieus dar, vielmehr als eine zentrale Konstellation von Kultur insgesamt, auch der 'westlichen' Praxis- und Sinnkomplexe. Der Kulturtheoretiker und Kulturwissenschaftler muss hier zunächst mit uneindeutigen Grenzziehungen, mit mehrfach codierten Praktiken rechnen, an denen dann unter Umständen in einem 23Vgl. Ernesto Laclau/ Chantal Mouffe (1985): Hegemony and Socialist Strategy. Towards a radical democratic politics, London/ New York 2001, 2. Aufl. 24Vgl. Homi K. Bhabha (1994): The Location of Culture, London. zweiten Schritt kulturelle Purifizierungsstrategien zur Schaffung eindeutiger Sinngrenzen ansetzen. Der dekonstruktive Poststrukturalismus ist gegenüber der Sozial- und Kulturtheorie sicherlich insofern 'parasitär', als dass er in seiner an den rhetorischen Strategien von Texten geschulte Begrifflichkeit kaum ein Basisvokabular zur Analyse des Sozialen und Gesellschaftlichen - von der sozialisierten Körperlichkeit über die Interaktionen bis zu Institutionen und Weltgesellschaft - zu liefern vermag. Aber er kann - nach Art von Derridas 'greffe' - einem solchen Basisvokabular aufgepfropft werden und dieses für die paradoxen Instabilitäten des Kulturellen auf eine Weise sensibilisieren, wie es ohne ihn kaum möglich wäre. Genau hier ergibt sich aus meiner Sicht die Kombinationsmöglichkeit von praxeologischer und dekonstruktiver Perspektive: Praxistheoretische Analyseformen liefern in ihrer Orientierung an der kulturellen Materialität von Körpern und Artefakten, an der Implizitheit der Schemata des Wissens und den Raum-ZeitVerhältnissen, die durch Praktiken gebunden werden, ein Basisvokabular des Sozialen und Kulturellen, in das Elemente des dekonstruktiven Poststrukturalismus injiziert werden können. Diese sind dazu in der Lage, ein Gegengewicht zu den praxeologischen Annahmen der sozialen Repetitivität und der Sedimentierung des Wissens zu liefern unf eine Begrifflichkeit für die Analyse von kulturellen Selbstunterminierungen durch uneindeutige Sinnkombinationen und mehrdeutige Differenzmuster, vor allem auch durch die unkontrollierbaren Effekte des 'Vergangenen' im 'Gegenwärtigen' zur Verfügung zu stellen. Dass sich eine solche dekonstruktivistisch informierte Perspektive nicht nur auf jene für die differenztheoretische Diskussion klassischen Felder wie Rasse oder Geschlecht, sondern auch auf die scheinbar 'harten' Felder der modernen Gesellschaft, etwa auf ökonomische, politische oder wissenschaftlich-technische Praktiken, fruchtbar beziehen lässt, ist eine Einsicht, die sich gegenwärtig in die Forschungspraxis umzusetzen beginnt. 4.) Kulturtheorien der Moderne. Damit wird ein viertes, zentrales Anliegen der kulturtheoretischen Diskussion der Gegenwart deutlich: ihre Versuche, die Gesellschaftstheorie und Theorie der Moderne zu redigieren. Die kulturtheoretischen Vokabulare verschiedenster Provenienz haben in den letzten Jahrzehnten in allen sozialund geisteswissenschaftlichen Disziplinen eine enorme Anzahl von materialen Detailuntersuchungen angeregt. Die Kulturwissenschaften bilden gerade dadurch ein expansives Feld, dass sie den Bereich möglicher Objekte [Druckfassung: 722] empirischer Untersuchung - ob auf dem Wege der Text- und Bildanalyse oder der teilnehmenden Beobachtung - beträchtlich ausgedehnt haben: es gibt hier nichts, was kulturwissenschaftlich nicht relevant werden könnte. Jedoch stellt sich zunehmend die Frage, ob die kulturtheoretische Perspektive über diese Fülle von Detailstudien hinaus dazu in der Lage ist, einen verschobenen Blick auf die moderne Gesellschaft und ihre Entwicklung der letzten Jahrhunderte insgesamt zu bieten. Es lassen sich in diesem Kontext verstärkt Analyseprogramme beobachten, die genau nach einem solchen gesellschaftstheoretischen 'Zusammenhang' kulturwissenschaftlicher Analytik fragen. Vor allem drei solche Programme haben in den letzten Jahren international an Profil gewonnen: Im Anschluss an die späten Arbeiten Foucaults ist das Feld der 'governmentality studies' zu nennen. Gegen Liberalisierungs- und Individualisierungsthesen wird die Moderne hier als ein historisches Feld verschiedener Schübe der institutionellen Regierung der Selbstregierung von Subjekten rekonstruiert, die vor allem im Umkreis sich transformierender ökonomischer, politischer und humanwissenschaftlicher Dispositive stattfindet.25 Ein zweites Programm findet sich unter dem Dach der Ansätze zur Analyse von kultureller Globalisierung, 'multiple modernities' und transnationaler Geschichte: Gegen Vorstellungen unilinearer Modernisierung als Verwestlichung ergibt sich hier eine Perspektive auf die Moderne, die uneinheitliche grenzüberschreitende kulturelle Effekte am Werk sieht, Prozesse der Hybridisierung und der transnationalen Einflüsse, der differenten Modernisierungspfade, der Kolonialisierung und des antikolonialen Widerstandes.26 Schließlich zeichnet sich mit den i.w.S. 'ethnomethodologischen' Arbeiten im Umkreis der science studies, der media studies, auch der ethnograpfischen Analyse ökononomischer Praktiken ein dritter Komplex von kulturwissenschaftlichen Untersuchungen ab, der das Modell der Moderne grundsätzlich neuzupositionieren versucht. Mit Blick auf den Zusammenhang von Körpern, Wissen und Artefakten wird hier herausgearbeitet, wie moderne Rationalitätsregime in der Praxis hervorgebracht werden und auf welche Weise sich diese Formen des Sozialen [Druckfassung: 723] transformieren, vor allem in der unberechenbaren interpretativen Aneignung von Objekten (von den digitalen Datenbanken bis zur Reproduktionsmedizin), ohne dass sich diese Transformationen auf eindeutig ausgerichtete Rationalisierungsprozesse reduzieren ließen.27 25Vgl. Nikolas Rose (1999): Powers of Freedom. Reframing political thought, Cambridge; Ulrich Bröckling/ Susanne Krasmann/ Thomas Lemke (Hg.) (2000): Gouvernementalität der Gegenwart. Studien zur Ökonomisierung des Sozialen, Frankfurt/ Main. 26Vgl. S.N. Eisenstadt (2000): Die Vielfalt der Moderne, Weilerswist; Sebastian Conrad/ Shalini Randeria (Hg.) (2002): Jenseits des Eurozentrismus. Postkoloniale Perspektiven in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, Frankfurt (Main)/ New York; Paul W. James (Hg.) (2006): Globalization and Culture, London, 4 Bände. 27Vgl. Karin Knorr-Cetina (1997): Sociality with objects. Social relations in postsocial knowledge societies, in: Theory, Culture & Society, H. 4, S. 1- 30; Luc Boltanski/ Eve Chiapello (1999): Le nouvel esprit du capitalisme, Paris; Lev Manovich (2001): The Nicht zufällig betrifft die Frage nach den Möglichkeiten der kulturtheoretischen Perspektive, zu einem grundsätzlich alternativen Bild der Moderne beizutragen, vor allem die Soziologie. Der besondere Anspruch der Soziologie und ihrer Sozial- und Gesellschaftstheorie besteht darin, die spezifischen Strukturmerkmale der Moderne herauszuarbeiten. Vor allem drei grand récits der Moderne hat sie in der Vergangenheit wirkungsmächtig profiliert, die in verschiedener Weise die Moderne als einen Prozess der 'Modernisierung', d.h. als Durchsetzung von Merkmalen des Nach-Traditionalen interpretiert haben: die Theorie des Kapitalismus im Gefolge von Marx, die Theorie der Rationalisierung nach Max Weber und die Theorie funktionaler Differenzierung von Durkheim bis Luhmann. Es zeichnet sich ab, inwiefern eine kulturwissenschaftliche Analytik über Einzeluntersuchungen hinaus grundsätzlich dazu beitragen kann, ein solches Verständnis der Moderne zu reformieren:28 a) Die kulturtheoretische Perspektive arbeitet die historisch und lokal spezifische, in diesem Sinne notwendig partikulare kultuelle Konstitution der scheinbaren 'Universalien' der Moderne heraus - von den Praktiken und Diskursen der kapitalistischen Ökonomie über die Naturwissenschaft bis zu den Geschlechterverhältnissen. Generell wird aus dieser Perspektive 'Rationalität' nicht als modernes Faktum vorausgesetzt, sondern nach den historisch wandelbaren Praktiken und Diskursen der Produktion des kulturell als rational Definierten gefragt. Die Moderne erweist sich dann als durch kulturelle Universalisierungsstrategien gekennzeichnet, die selber zum Gegenstand der kulturwissenschaftlichen Analyse werden. b) Statt eindeutige Sinngrenzen vorauszusetzen, wie es eine gängige Selbstbeschreibung der Moderne proklamiert, rekonstruiert die kulturtheoretische Perspektive Prozesse der Grenzüberschreitung von Sinn, [Druckfassung: 724] das heißt die flottierende Bewegung von Codes und Wissensformen zwischen scheinbar separierten Sphären. Solche Prozesse der Grenzüberschreitung von Sinnelementen - die bewirken, dass gewissermaßen immer schon das 'Andere' im 'Eigenen' präsent ist - sind in der Moderne intensiviert zu beobachten, vor allem zwischen dem Modernen und dem Vormodernen, zwischen dem Westen und dem Nicht-Westen sowie zwischen vorgeblich inkommensurablen Funktionssystemen. Es interessieren damit zeitlichhistorische 'Intertextualitäten', d.h. nicht Separierungen, sondern Language of New Media, Cambridge (Mass.); Mariam Fraser (2005): Inventive Life. Approaches to the new vitalism, London. 28Vgl. auch mein Beitrag zu einer solchen kulturtheoretisch verschobenen Perspektive auf die Moderne in (2006): Das hybride Subjekt. Eine Theorie der Subjektkulturen von der bürgerlichen Moderne zur Postmoderne, Weilerswist. Verweisungszusammenhänge zwischen zeitlich aufeinander folgenden Formationen (zum Beispiel zwischen Mittelalter und Neuzeit), räumlich-lokale Intertextualitäten, d.h. sinnhafte Verweisungszusammenhänge zwischen verschiedenen räumlichen Kontexten (zum Beispiel transnationale Aneignungs- und Abgrenzungsprozesse) und transversale Semantiken und Codes, d.h. kulturelle Muster, welche die Grenzen zwischen 'sachlichen' Sphären kreuzen (z.B. Semantiken des Sozialen, des Ästhetischen oder des Marktes). c) Die kulturtheoretische Perspektive lenkt den Blick auf die historische Transformation von Körper-Artefakt-Arrangements. Statt diese, einer verbreiteten Selbstbeschreibung der Moderne folgend, als 'Voraussetzung' des Sozialen und Kulturellen zu marginalisieren und letztlich unsichtbar zu machen, lautet die Frage, welche Form von Materialität bestimmte Praxisformationen produzieren und präjudizieren sowie auf welche Weise Körper/ Artefakte in diesem Kontext ihrerseits textuell oder visuell repräsentiert werden. Hier erscheint die Moderne als ein Praxis/ Diskurs-Komplex, der in besonderer Weise Körper wie auch Artefakte ins Zentrum seiner kulturellen Produktions- und Repräsentationsbemühungen stellt. d) Die kulturwissenschaftliche Analytik sensibilisiert dafür, auch und gerade in der Moderne die Formen des 'Nicht-Rationalen' hinter dem 'Rationalen' freizulegen: die Relevanz des Ästhetischen - die Modellfunktion ästhetischer Subjektivität, die Ästhetisierung des Ökonomischen oder auch des Politischen -, die Relevanz affektgeladener Moralität - Konstruktion von 'Ehre', von 'Ekel', von 'Natur' und 'Unnatürlichkeit' etc. -, die Relevanz religiöser oder quasi-religiöser Besetzungen, d.h. neuer Sphären des Sakralen. Die Affektgeladenheit moderner sozialer Praxis, auf der sie insgeheim aufbaut, ihre kulturelle spezifisch geformten libidinösen und abjektförmigen Orientierungen treten damit ins Zentrum des Interesses. e) Statt von einem eindeutigen, alternativenlosen strukturell-kulturellen Block 'der Moderne' auszugehen, entwickelt die kulturtheoretische Perspektive schließlich einen Blick für die Hegemoniekämpfe bezüglich dessen, was Modernität ausmacht, etwa für die Auseinandersetzungen zwischen einer amerikanistischen und einer sozialistischen Moderne, [Druckfassung: 725] zwischen sozialtechnischen und ästhetischen Modernitätsentwürfen, zwischen europäischen und ostasiatischen Modellen des Modernen. Immer geht es hier darum, wie kultuelle Hegemonien errichtet werden, wie diese zugleich an bestimmten Punkten sich selbst unterminieren und sich durch kulturelle Gegenbewegungen aufgebrochen sehen. Angestoßen durch die Bemühungen, die Kulturtheorien für ein verändertes Verständnis der Moderne fruchtbar zu machen, stellt sich am Ende dieser Skizze aktueller Tendenzen der Kulturtheorien noch einmal neu die Frage, in welcher Weise die kulturwissenschaftliche Analytik auf bestimmte Problemstellungen der Gegenwartsgesellschaft antwortet und zu ihnen in einem Entsprechungsverhältnis steht. Hinter der atemlosen Diagnose immer neuer (human-)wissenschaftlicher und intellektueller 'Turns' - eine Sequenz von Paradigmenwechseln, in deren Reihung der 'Cultural Turn' dann bereits vergangen scheinen kann - und hinter der ebenso kurzatmigen Proklamation aktueller, zeitdiagnostischer Trends der Gegenwartsgesellschaft - dem 'Ende der Erlebnisgesellschaft', der 'Renaissance der Bürgerlichkeit', dem 'Kampf der Kulturen' oder dem 'Aufstieg des Religiösen' - gerät leicht die longue durée sowohl der gesellschaftlich-kulturellen Entwicklung insgesamt als auch die longue durée der humanwissenschaftlichen Paradigmen aus dem Blick. Aus etwas größerer Distanz wird aus meiner Sicht deutlich, dass die kulturwissenschaftliche Perspektive nach wie vor auf spezifische Problemlagen einer gesellschaftlichen 'Postmoderne' antwortet, dass sie in einem spezifisch postmodernen Erfahrungshintergrund situiert ist. Allerdings wird immer klarer sichtbar, wie komplex und in sich widersprüchlich diese Postmoderne arrangiert ist, deutlich komplexer und widersprüchlicher, als dies in den 1980er Jahren, als der Begriff nur ein kurzfristiges Modephänomen zu bezeichnen schien, hätte deutlich werden können. Mit dem Begriff der 'Postmoderne' soll hier jene gesellschaftlich-kulturelle Formation umschrieben werden, die sich um 1970 herum langsam durchsetzt - zunächst selbst als eine progressive, gegenkulturelle Kraft, die mittlerweile aber vollständig hegemonialisiert ist - und die dabei jene Form der Moderne des 20. Jahrhunderts verdrängt, die man mit Peter Wagner als 'organisierte Moderne' umschreiben kann.29 Es bleibt das chronische Problem der Analyse gegenwärtiger Entwicklungen - Hegels Minerva-Problem -, dass sie, solange diese Entwicklungen im Fluss sind, immer in einem unvollständigen Bild gefangen bleibt, und sie eigentlich abwarten müsste, bis die Gegenwart selbst bereits vergan- [Druckfassung: 726] gen ist. Entsprechend hat die Postmoderne als Phase nach der organisierten Moderne im Laufe der letzten dreieinhalb Jahrzehnte immer nur schubweise ihre Strukturmerkmale sichtbar gemacht. Ich würde vier solcher Schübe innerhalb der Postmoderne unterscheiden, an denen seit dem Ende der 1960er Jahre die kulturwissenschaftliche Perspektive partizipiert, aus der sie letztlich immer wieder neu - aber auch immer in etwas anderer Weise - ihren Erfahrungshintergrund bezieht (wobei die späteren die früheren Schübe nicht kurzerhand ablösen, sondern fortgesetzt präsent bleiben): 29Dabei ist keine absolute Diskontinuität zwischen der Postmoderne und den vorhergehenden Versionen der Moderne anzunehmen. Vgl. zu einem entsprechenden, soziologisch bestimmten Begriff der Postmoderne: Reckwitz (2006), S. 441ff; vgl. auch Peter Wagner (1994): A Sociology of Modernity. Liberty and discipline, London. Der erste gesellschaftliche Schub, welcher die kulturwissenschaftliche Perspektive befördert, steht in engem Zusammenhang mit den gegenkulturellen Protestbewegungen am Ende der 1960er Jahre und in den 1970er Jahren. Was in diesem Zusammenhang vorangetrieben wird, ist eine Sensibilisierung für kulturelle Differenzen - etwa solche des Geschlechts oder der Rasse -, ein kritischer Sinn für die gesellschaftliche Invisibilisierung dieser Differenzen zugunsten scheinbarer, mit Herrschaftsansprüchen auftretenden Universalien. Was im Kontext der Protestbewegungen und neuen sozialkulturellen Bewegungen forciert wird, ist dagegen das normative Ideal eines - von den Avantgarden beeinflussten - Spiels der Differenzen und Signifikationen, schließlich die Kritik an einem unilinearen, rationalistischen Verständnis der Moderne. Vor diesem Hintergrund erarbeiten sich die Kulturwissenschaften die Moderne von ihren 'Rändern', von den Minderheiten, den marginalisierten Gruppen, den 'lebensweltlichen' Kontexten und den 'vergessenen' historischen Phasen - ein Impuls, der bis zur Gegenwart spürbar bleibt. Der zweite Schub der Postmoderne und zugleich der Kulturtheorien setzt in den 1980er Jahren ein. Es ist das gesellschaftliche Phänomen einer umfassenden Ästhetisierung - ausgehend von den urbanen Zentren und einer neuen kulturorientierten Mittelschicht -, vor dessen Hintergrund nun 'Kultur', die Frage nach dem Symbolischen und Semiotischen zu einem Schlüsselkonzept avanciert. Die Ästhetisierung der gesellschaftlich vorbildhaften Lebensformen zu 'Lebensstilen', ausgestattet mit spezifischen Erlebnisformen und symbolischen Distinktionen, die Etablierung einer individualästhetischen Form der Konsumtion - die auch die Jugendkulturen popularisiert - und einer dazu passenden audiovisuellen medialen Kultur lassen eine kulturtheoretische Perspektive - nicht zufällig ausgehend von Großbritannien und der amerikanischen Westküste - adäquat werden: Die Postmoderne ist, von der Peripherie der Gegenkulturen kommend, im Zentrum angelangt - und mit ihr die Kulturwissenschaften. Den dritten Schub, den der 'Cultural Turn' erfährt, setzt in den 1990er Jahren ein und er demonstriert ein weiteres Merkmal der Postmoderne: die kulturelle Globalisierung, die nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Systeme beschleunigt einsetzt. Die kulturelle Globa- [Druckfassung: 727] lisierung setzt sich dabei offenbar aus zwei widerstreitenden Tendenzen zusammen: auf der einen Seite eine nun nahezu grenzenlose Diffusion westlicher Lebensstilmodelle, die in lokalen Kontexten spezifische Muster der Hybridisierung und Kreolisierung hervorbringen; zum anderen ein Merkmal, das seit dem 11. September 2001 dramatisiert bewusst geworden ist - eine Tendenz zur Formierung neuer, im Extrem gewaltsamer lokaler Gegenkulturen mit globaler Wirkung, die vor allem mit einer kulturellen Neuaneignung von scheinbar primordialen Identitätsmerkmalen wie Ethnizität, Geschlecht und Religion arbeiten (und die dabei auch im Westen selbst, etwa Tendenzen des religiösen Fundamentalismus oder Nationalismus, vorkommen). In diesem Kontext erfahren auch die Kulturwissenschaften einen 'post-kolonialen' Schub, und sie erscheinen - zwischen 'Verwestlichung' und 'Kampf der Kulturen' - prädestiniert, diese globale Konstellation auf den Begriff zu bringen. Der vierte und jüngste Schub für die Kulturwissenschaften - die in diesem Prozess erneut umakzentuiert werden - und zugleich für die Postmoderne lässt sich in einer Neupositionierung der Ökonomie, der Technologie und der 'Natur' ausmachen. Die Ausrichtung der dominanten ökonomisch-kapitalistischen Praktiken an ausgefeilten kulturellen Programmen der Selbstregierung des Subjekts und der organisationellen, post-bürokratischen Reformierung (die Luc Boltanski als 'neuen Geist des Kapitalismus' umschrieben hat), der symbolische Charakter dieser Ökonomie und ihrer Arbeitsformen selbst (Kreativarbeit, Finanzdienstleistungen etc.), aber auch die Etablierung einer neuen sozialen Exklusion als Kehrseite dieser Prozesse, die sich nicht zuletzt als eine kulturelle Marginalisierung - von Bildung, Stil, Subjektkompetenzen - darstellt, lassen die Kulturwissenschaften ins Zentrum der vorgeblich 'materiellen' Produktion vordringen. Ähnliches gilt für die aktuelle Verbreitung von Technologien, die eine Steigerung von Artifizialität bedeuten und die damit für eine kulturwissenschaftliche Perspektive geeigent scheinen: die Veralltäglichung des Umgangs mit der digitalen Medialität, die technische Gestaltbarkeit des menschlichen Körpers einschließlich seines Erbguts, der Rück- und Umbau landschaftlicher Materialität als Reaktion auf demografische und ökologische Entwicklungen - die postmoderne Artifizialität des Technischen und Natürlichen ruft wiederum die Kulturwissenschaften auf den Plan. Das aktuelle Interesse an Gouvernementalität, Biopolitik und Körper-Artefakt-Arrangements ist in diesen Kontext einzubetten. Alle vier bisher manifest gewordenen Merkmale der postmodernen Gesellschaftsformation - ihre anti-universalistische Thematisierung kultureller Differenzen, ihre systematische Selbstästhetisierung, ihre Tendenz zur teilweise konflikthaften kulturellen Globalisierung, ihre Artifizialisierung des Ökonomischen, des Technischen und Natürlichen - stellen sich offenbar zusammen genommen als miteinander kombinierter [Druckfassung: 728] Erfahrungshintergrund für den Aufstieg der kulturwissenschaftlichen Perspektive in den Sozial- und Geisteswissenschaften seit dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts dar. Diese 'antwortet' nicht nur auf die gesellschaftlichen Entwicklungen der Postmoderne, sie ist ein Teil von ihnen, ein Element ihrer konstitutiven Selbstkulturalisierung. Die Kulturtheorien sind in diesem Sinne zu historisieren und als Bestandteil eines gesellschaftlichen Transformationsprozesses zu verstehen. Diese Selbstreflexion ihres sehr spezifischen historischen Standorts wird man ihnen - zumal begleitend zu einer Transformation innerhalb des wissenschaftlichen Feldes, in der sie möglicherweise von einer heterodoxen Bewegung selber mittlerweile zu einem hegemonialen Unternehmen avancieren - in Zukunft verstärkt abverlangen müssen.