Das Kreuz im Gericht

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374 Betrifft: Die Justiz
Foto: Felix Helmbrecht
Das Kreuz im Gericht
von Dieter Deiseroth
Das Kreuz im Verwaltungsgericht Düsseldorf
I. Aktuelles aus Düsseldorf
Am deutschen Nationalfeiertag des 3.
Oktober 2010 ließ der seit kurzem im
Amt befindliche Präsident des Verwaltungsgerichts Düsseldorf – wie es in
dem von ihm und der Vizepräsidentin
an die Mitglieder und MitarbeiterInnen des Gerichts gerichteten Schreiben heißt – „in Verantwortung vor Gott
und den Menschen“ an prominenter
Stelle im Haupttreppenhaus des Gerichtsgebäudes ein Kreuz anbringen.
Dieses Kreuz sei „nach dem Vorbild
eines Zaunkreuzes im Heiligenstädter
Bergkloster vollständig aus Überresten
des Grenzzaunes gefertigt, der über
Jahrzehnte West- und Ostdeutschland
getrennt“ habe. Das Kreuz, „vor 2000
Jahren im römischen Reich ein Zeichen eines nicht nur äußerst grausamen, sondern auch eines besonders
schmählichen Todes“, habe – so heißt
es weiter in dem Schreiben – „in seiner
Bedeutung im Christentum eine Umkehrung erfahren“. Es sei „in christlicher Interpretation zum Siegeszeichen
– zum Zeichen des Sieges über Sünde
und Tod“ geworden. In einem Staat, in
dem „die Trennung zwischen Staat und
Kirche“ wesentliche Bedingung für die
freiheitliche Verfassung sei, dürfe sich
der Staat zwar „nicht anmaßen, Religionen nach ihrem Wahrheitsgehalt zu be-
werten.“ Während das Kreuz in der Kirche „für eine Glaubenswahrheit“ stehe,
komme ihm diese Bedeutung in einem
staatlichen Gericht nicht zu. Das „Kreuz
im Gericht“ verweise vielmehr – wie die
Präambel der Verfassung für das Land
NRW vom 18.6.1950 – „allein auf die
kulturellen Grundlagen unserer Verfassung, auf die Wurzeln, aus denen sich
unsere freiheitliche Ordnung speist.“
Unter den Richterinnen und Richtern
sowie den MitarbeiterInnen des VG
Düsseldorf hat dieser auf Veranlassung
des Gerichtspräsidenten öffentlichkeitswirksam inszenierte Vorgang ein sehr
kontroverses Echo erfahren. Während
manche sich gar nicht betroffen fühlten, einige keine Einwände gegen das
vom Gerichtspräsidenten veranlasste „Kreuz im Gericht“ hatten oder das
„Kreuz im Gericht“ sogar begrüßten,
fiel die Reaktion bei anderen im Haus
und in der Öffentlichkeit sehr kritisch
aus. Der Landesverband der Neuen
Richtervereinigung (NRV) sah in einer
Presseerklärung in dem Vorgang einen
„Verfassungsbruch durch die Gerichtsverwaltung“ und kündigte an, „dass
neben Rechtssuchenden und Anwälten
auch Bedienstete des Gerichts nötigenfalls Klagen gegen diese übrigens ohne
vorherige Information von Richter- und
Personalrat einsam durchgeführte Maßnahme erheben werden.“
Betrifft JUSTIZ Nr. 104 • Dezember 2010
II. Das Kreuz in der christlichen
Religion
Das Kreuz zählt zu den zentralen Symbolen des christlichen Glaubens. Es
ist geradezu sein Glaubenssymbol
schlechthin. In ihm verdichtet sich eine
Fülle von – nicht widerspruchsfreien –
Bedeutungen. Nach Auffassung des
BVerfG1 versinnbildlicht es „die im Opfertod Christi vollzogene Erlösung des
Menschen von der Erbschuld, zugleich
aber auch den Sieg Christi über Satan
und Tod und seine Herrschaft über die
Welt, Leiden und Triumph in einem.“ Im
Neuen Testament (NT) findet sich nahezu durchgängig die Auslegung der
Hinrichtung und des Todes von Jesus
am Kreuz als ein Heilshandeln Gottes
„für uns“ bzw. „für die Welt“.2 Diese
Konzeption liegt den synoptischen
Evangelien zugrunde. Im NT heißt es,
dass Jesus das Lamm Gottes ist, das
für die Süden der Welt sterben musste (Johannesevangelium 1,29), dass
Christi Opfertod anderen Gerechtigkeit
brachte (Apostel Paulus im Römerbrief
3 und 6) oder dass Jesus sein eigenes
Leben für die Sünden der Welt ein für
allemal aufopferte, an Stelle des Blutes
der Böcke und Stiere (Hebräerbrief).
Diese Deutung des Todes von Jesus,
die auch in die evangelische Theologie und dementsprechend auch in
Betrifft: Die Justiz 375
zahlreiche evangelische Kirchenlieder
eingegangen ist, beruht nach den vorliegenden theologischen Forschungsergebnissen auf alttestamentlichen Denkmustern, bei denen die kultische Praxis
der Tieropfer im Jerusalemer Tempel
sowie der leidende „Gottesknecht“ im
Hintergrund standen, der stellvertretend
die Sünden der Welt trägt:3 „Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden
hätten, und durch seine Wunden sind
geheilt.“ (Jesaja 53,5) Die biblische
Botschaft zum Kreuzestod von Jesus
(„Erlösung durch das Kreuz“) wurde
und wird deshalb im Christentum dahin
zusammengefasst, dass Jesus als ein
von Gott gesandter Mensch Strafe und
Leid anstelle derer trägt, die es eigentlich verdienen. Auch nach der Reformation wurde daran festgehalten.4 Im „Katholischen Katechismus“ der deutschen
Bischöfe von 1949 heißt es: „Jesus hat
uns das Anrecht zum Himmel verdient“;
er hat „vor allem durch sein Leiden und
Sterben dem himmlischen Vater die
höchste Genugtuung geleistet.“ Laut
Pius X. stand Jesu Mutter Maria „nicht
schmerzverloren in diesem furchtbaren
Anblick, sondern freudig“ am Kreuz ihres Sohnes. Papst Johannes Paul II. erklärte, dass Jesu Mutter Maria „in mütterlichem Geist ... der Darbringung des
Opfers, das sie geboren hatte, liebevoll
zustimmte.“5
Tradierte Deutung
des Kreuztodes von Jesus
nicht unumstritten
Diese tradierte Deutung des Kreuzestodes von Jesus ist allerdings auch unter
christlichen Theologen nicht unumstritten. Kritiker, die diese Interpretation
ablehnen, fragen etwa, aus welchem
Grund Gott ein Opfer brauche, um den
Menschen gnädig zu sein, und warum
er zu diesem Zweck seinen eigenen
Sohn leiden lasse. Manche haben herausgearbeitet, es sei widersprüchlich,
dass einerseits Jesus bereits während
seines Erdenweges Gottes Barmherzigkeit und Vergebung zu den Menschen
gebracht habe, andererseits aber dennoch dieses zusätzliche Opfer am
Kreuz erforderlich gewesen sei. Joseph
Ratzinger hat, lange bevor er Kardinal und später dann Papst wurde, die
Zeichnung: Philipp Heinisch
Frage aufgeworfen: „Wie sollte Gott an
der Qual seiner Kreatur oder gar seines
Sohnes Freude haben, oder womöglich
gar darin die Valuta sehen können, mit
der von ihm Versöhnung erkauft werden
müsste?“6 Und Hans Küng hat gefragt:
„Lässt sich bestreiten, das gerade der
Begriff des Sühneopfers zumindest in
populären Vorstellungen oft geradezu
peinliche heidnische Missverständnisse aufkommen ließ: als ob Gott so
grausam, ja sadistisch sei, dass sein
Zorn nur durch das Blut seines eigenen Sohnes besänftigt werden könne.“7
Eine besonders resolute Kritikerin ist
die katholische Theologin Uta RankeHeinemann, die der tradierten christlichen Dogmatik vorhält, es gehe ihr
offenbar um die „Verherrlichung einer
konkreten historischen Hinrichtung, der
Hinrichtung Jesu, denn die Kirche sieht
in ihr eine Erlösung durch Blut.“ Für
diese Christen sei damit die an Jesus
vollzogene Todesstrafe „die Voraussetzung ihrer Erlösung. Die Todesstrafe ist
sozusagen geheiligt als Mittel dieser
Erlösung. Gott ist der oberste Anwalt
der Todesstrafe, da er seinen Sohn zum
Tode verurteilte und die Kreuzigung seines Sohnes gewollt hat: wg. Erlösung.“8
Stattdessen plädiert sie dafür: „Wir sollten Jesus, was an uns liegt, vom Kreuz
herabsteigen und weiterleben lassen,
weil auf solche Weise das Bild eines
schrecklichen Gottes, ..., der um einer
heiligen Sache willen den Tod seines eigenen Sohnes will und gegebenenfalls
auch den Tod anderer Menschen um
anderer heiliger Sachen willen, verblasst
und einem anderen Gottesbild Platz
macht: dem Bild eines sanften Gottes, der ein Gott des Lebens und nicht
des Tötens ist.“9 Die Christen „sollten
nicht einen Galgen verherrlichen, sondern sie sollten sich sensibilisieren für
den Terror der Todesstrafe, der Kriege,
der Gewalt, der Folter, der militärischen
Vergeltungsschläge. Sie sollten, nachdem sie schon die Tötung Christi nicht
mehr verhindern können, ihr wenigstens
nicht noch nachträglich zustimmen.
Und sie sollten, nicht zuletzt um des Todes Christi willen, keines Menschen gewaltsamen Tod in der Welt zustimmen,
sondern jeden Tod, was an ihnen liegt,
verhindern.“10
Betrifft JUSTIZ Nr. 104 • Dezember 2010
376 Betrifft: Die Justiz
Man sieht: Die von dem Düsseldorfer
Gerichtspräsidenten und seiner Vizepräsidentin gegebene Deutung des
Kreuzes als Glaubenssymbol und „Siegeszeichen“ („Zeichen des Sieges über
Sünde und Tod“) ist im Christentum keinesfalls unumstritten. Sie ist nicht aus
sich heraus schlüssig, sondern – wie
das von seinen Autoren verfasste und
unterzeichnete Begleitschreiben belegt
– letztlich ein persönliches Glaubensbekenntnis, das durch Anbringen des
Kreuzes und die schriftliche Erläuterung
„von Amts wegen“ kundgetan wurde.
Dass es sich dabei um ein amtlich verlautbartes überaus persönliches Glaubensbekenntnis des Gerichtspräsidenten handelt, wird auch daran deutlich,
dass die Symbolik des christlichen
Kreuzes nicht nur innerhalb des Christentums, sondern auch zwischen den
monotheistischen Religionen umstritten
ist.
Amtlich verlautbartes
persönliches
Glaubensbekenntnis
des Gerichtspräsidenten
Das Judentum sieht Jesus von Nazaret
nicht als Sohn Gottes an, da ein Mensch
nach jüdischer Auffassung nicht göttlich
sein kann. Das streng monotheistische
Judentum lehnt die Gottgleichheit von
Jesus ab, und es ist den Juden verboten, einen anderen als den einzigen Gott
anzubeten. Es sieht in Jesus auch nicht
den Messias, da er nicht die endgültige
Verwandlung der Welt gebracht habe,
die Juden nach biblischer Prophetie
vom Messias erwarten.11 Orthodoxe Juden dürfen sich nicht an einem Ort (im
Raum oder im Freien) befinden, wo einem anderen Gott gedient wird. Es darf
auch nicht der Schein entstehen, dass
ein Jude sich mit der Anbetung anderer
Götter identifiziert.
Muslime glauben an die Einheit und Einzigartigkeit Gottes. Der christliche Begriff der Dreifaltigkeit („Vater, Sohn und
Heiliger Geist“) ist mit der islamischen
Lehre von der Einheit Gottes unvereinbar und wird im Koran kategorisch
verneint. Dementsprechend wird auch
die Vorstellung zurückgewiesen, dass
Gott selbst die Gestalt Jesu angenom-
men habe. Muslime erkennen zwar eine
Reihe von Propheten an, z. B. Abraham,
Moses und auch Jesus. Sie widersetzen
sich aber der Vorstellung, dass Jesus
für die Sünden der Menschen am Kreuz
gestorben sei.12 Es widerspräche Gottes
Macht und Gerechtigkeit, wenn seinem
Propheten solches widerführe. Deshalb
sei Jesus auch nicht als stellvertretendes Opfer für die Sünden der Menschen
zu sehen.13
Vermag das Hausrecht eines Gerichtspräsidenten zu rechtfertigen, ein solches persönliches Glaubensbekenntnis
an prominenter Stelle in einem nichtkirchlichen öffentlichen Gebäude anzubringen? Was wird damit bezweckt
und bewirkt? Bevor wir darauf zurückkommen, wollen wir uns zuvor noch der
säkularen Deutung des Kreuzes durch
die „Hausspitze“ des Düsseldorfer VG
zuwenden.
III. Das Kreuz und die „kulturellen Grundlagen unserer Verfassung“
Verweist das Kreuz – wie der Verwaltungsgerichtspräsident und seine Vizepräsidentin in Düsseldorf in ihrem Begleitschreiben formuliert haben – „allein
auf die kulturellen Grundlagen unserer
Verfassung, auf die Wurzeln, aus denen sich unsere freiheitliche Ordnung
speist“? Das BVerfG14 ist dem in der Sache klar entgegen getreten: „Das Kreuz
ist Symbol einer bestimmten religiösen
Überzeugung und nicht etwa nur Ausdruck der vom Christentum mitgeprägten abendländischen Kultur.“
Wer wollte bestreiten, dass unsere Verfassung und unsere Gesellschaft – auch
– christliche Wurzeln haben, also unter
anderem von der christlichen Ethik und
Soziallehre mitgeprägt sind. Der frühere
Bundesverfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde, selbst gläubiger Katholik und über lange Jahre geschätzter
Ratgeber von Papst Johannes Paul II.,
spricht zu Recht davon, dass zu unserer gelebten Kultur in Deutschland
„Quellen“ wie das Christentum gehören.
Dazu gehören aber ebenso vor allem
die Philosophie und Praxis der Aufklärung, des Humanismus15, des Liberalismus17 sowie der Arbeiterbewegung.
Betrifft JUSTIZ Nr. 104 • Dezember 2010
Über Jahrhunderte hinweg waren die
christlichen Kirchen gerade nicht „Verbündete“ und Mitstreiter von Aufklärung
und Humanismus beim Kampf um die
Durchsetzung der Demokratie sowie
universaler Bürger- und Menschenrechte. Unter dem Kreuz wurden aus
dem christlichen Europa heraus blutige „Kreuzzüge“ geführt und gerechtfertigt. Es liegen Berichte darüber vor,
dass man bis zu den Knöcheln im Blut
der von den Kreuzfahrern Ermordeten
gewatet sei.17 Auch die Eroberung und
Christianisierung Latein- und Südamerikas erfolgten im Zeichen des Kreuzes.18
Die bürgerlichen und politischen Freiheitsrechte mussten im christlichen Europa in weiten Bereichen gerade gegen
die Amtskirchen erkämpft werden. Nicht
nur Giordano Bruno, Johannes Kepler,
Galileo Galilei und zahllose andere Forscher und Wissenschaftler mussten bei
der Entwicklung ihrer bahnbrechenden
Ideen und Entdeckungen Verfolgungen
durch die christlichen Kirchen und ihren jeweiligen „weltlichen Arm“ fürchten und erleben.19 Historisch betrachtet
musste sich die Wissenschaft aus den
Beschränkungen kirchlicher Bevormundung und christlich-obrigkeitsstaatlicher
Wissenschaft musste sich
aus den Beschränkungen
christlich-obrigkeitsstaatlicher
Begrenzungen befreien
Begrenzungen befreien, um sich entfalten zu können. Die christlichen Amtskirchen standen nicht nur gegen die im
Rahmen der Vernunft vorgetragene prinzipielle Kritik an Religion, Offenbarung
und Dogma, sondern überhaupt gegen
die „Ideen von 1789“. Über Generationen wurde die französische „Déclaration
der Menschen- und Bürgerrechte“ als
Teufelswerk gebrandmarkt.20 Insbesondere der Katholizismus, aber auch die
anderen christlichen Amtskirchen wandten sich vehement gegen den Individualismus der Aufklärung, wie er sich in der
Theorie des Gesellschafts- und Staatsvertrages, in der Lehre von der Volkssouveränität und in der Freisetzung des
Individuums aus den überlieferten Ordnungen und Bindungen äußerte. Ihnen
wurden (nicht nur im Katholizismus)
Vorstellungen und Theorien von der
Betrifft: Die Justiz 377
„organischen“, an die „naturgegebenen
Wirklichkeiten“ sich haltenden, auf Autorität, „echter Gemeinschaft“ und (berufs)ständischer Gliederung beruhende
Ordnungskonzepte entgegengestellt.21
Die in Deutschland im 19. Jahrhundert
von Restauration und Romantik geprägten christlichen „organischen“ Theorien
und Vorstellungen waren nach Ursprung
und Inhalt solche der Bewahrung und
Wiederherstellung der vorrevolutionären und vorliberalen Lebensordnungen.
Papst Leo XIII., der mit seiner Enzyklika
„Rerum Novarum“ (1891) die katholische Soziallehre zum Programm erhob
und den Kulturkampf mit dem Deutschen Reich beilegte, verwarf Glaubens-, Rede-, Lehr- und Pressefreiheit
mit der Begründung, es widerspreche
der Vernunft, „dass das Falsche gleiches Recht haben soll wie das Wahre.“22
Selbst das Streikrecht wurde in „Rerum
Novarum“23 verworfen.24 Die neuzeitliche politische Entwicklung der Ideen
von Freiheit, Gleichheit und Würde des
Menschen vollzog sich im Wesentlichen außerhalb der kirchlichen Lehren,
teilweise entschieden gegen sie.25 Vor
diesem Hintergrund war es kein Bruch,
dass der deutsche Episkopat nach 1933
im NS-Regime wenig Hemmungen hatte, kundzutun und zu empfehlen, dass
die Katholiken „den neuen Staat nicht
ablehnen dürfen, sondern ihn positiv
bejahen und in ihm unbeirrt mitarbeiten
müssen.“ Ähnliche Erklärungen aus
dem protestantischen Lager gab es zuhauf.26 Nach dem vom NS-Regime mit
dem Vatikan im Juli 1933 abgeschlossenen Reichskonkordat sprach Kardinal
Bertram namens der in der Fuldaer Bischofskonferenz vereinigten deutschen
Bischöfe in einem Dankschreiben an
Hitler „die aufrichtige und freudige Bereitschaft“ aus, mit der neuen Regierung
zusammenzuarbeiten, „die die Förderung von christlicher Volkserziehung, die
Abwehr von Gottlosigkeit und Unsittlichkeit, den Opfersinn für das Gemeinwohl
und den Schutz der Rechte der Kirche
zum Leitstern ihres Wirkens gemacht
hat.“27 Kardinal Faulhaber schloss seinen von höchster Anerkennung für die
„weltgeschichtliche“ Tat Hitlers getragenen handschriftlichen Brief 1933 mit der
Versicherung: „Uns kommt es aufrichtig
aus der Seele: Gott erhalte unserem Volk
unseren Reichskanzler.“ In die gleiche
Richtung gingen Aufrufe und Verlaut-
barungen zahlreicher anderer Bischöfe
und kirchlicher Repräsentanten, die aufzuführen hier nicht der Ort ist. Selbst als
angesichts der schrecklichen Repressionen gegen NS-Gegner, des Auf- und
Ausbaus der KZs, der Zwangsausbürgerungen und der Verschärfung der
Judenverfolgung der verbrecherische
Charakter des NS-Regimes für jeden,
der Augen und Ohren hatte, offenkundig war und dieses 1939 sogar den auf
Raub, Eroberung und millionenfache
Ausrottung angelegten 2. Weltkrieg auslöste, ermahnten die deutschen Bischöfe ihre gläubigen Brüder und Schwester
dazu, „im Gehorsam gegen den Führer
opferwillig, unter Hingabe ihrer ganzen
Persönlichkeit“ ihre Pflicht zu tun.28 Auf
der gleichen Linie lagen die Verlautbarungen und Erklärungen unzähliger Vertreter der evangelischen Amtskirche. Es
gab freilich – ebenso wie bei den Katholiken – auch Protestanten, die weitgehend immun gegen die NS-Ideologie
waren und auch öffentlich davon Zeugnis ablegten, z. B. Persönlichkeiten wie
Landesbischof Wurm, Martin Niemöller,
Dietrich Bonhoeffer. Repräsentativ für
die ev. Kirchen waren sie nicht.
Christliche Amtskirchen
haben ihren Frieden mit der
Demokratie gemacht
Nach dem „Zusammenbruch“ von
1945 haben die christlichen Amtskirchen ihren Frieden mit der Demokratie gemacht. Allerdings: Erst mit der
Verabschiedung der Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ am Ende des
Zweiten Vatikanischen Konzils (1965)29
änderte die katholische Kirche – „unter
hörbarem konservativen Zähneknirschen“ (Hasso Hoffmann) ihr Verhältnis
zu den universalen Menschenrechten
und bejahte diese ausdrücklich – lange nach Inkrafttreten des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes
Nordhein-Westfalen. Die katholische
Pius-Bruderschaft, die an der alttradierten katholischen Lehre festhält und
nach dem Willen von Papst Benedikt
XVI. gleichwohl wieder in die Kirche integriert werden soll, hat diesen Bruch
bis heute nicht vollzogen.30
Von daher erscheint es recht kühn, das
zentrale christliche Symbol des Kreuzes
säkular dahin zu deuten, es verweise
„allein auf die kulturellen Grundlagen
unserer Verfassung, auf die Wurzeln,
aus denen sich unsere freiheitliche Ordnung speist.“ Dies mag eine persönliche
Glaubensgewissheit der beiden Verfasser des Düsseldorfer Textes sein. Verfassungs- und philosophiegeschichtlich
überzeugend ist eine solche Sentenz
wahrlich nicht.
IV. Persönliche Glaubensüberzeugung und Hausrecht
Die auf Anordnung eines Gerichtspräsidenten unter Inanspruchnahme seines
Hausrechts erfolgte Anbringung eines
Kreuzes in „seinem“ Gerichtsgebäude
ist als öffentlich-rechtliches Handeln
zu qualifizieren. Vom Hausrecht darf
nur in den von den Gesetzen und von
der Verfassung gezogenen Grenzen
Gebrauch gemacht werden. Nach Art.
14 der (revidierten) preuß. Verfassung
vom 31.1.1851 wurde in Preußen, in
dem es noch keine Trennung von Staat
und Kirche gab, die christliche Religion „bei denjenigen Einrichtungen des
Staates, welche mit der Religionsausübung im Zusammenhang stehen,
unbeschadet der in Art. 12 gewährleisteten Religionsfreiheit, zugrunde
gelegt.“ Dieser Rechtszustand galt in
Deutschland bis zur ersten demokratischen Revolution im Jahre 1918. Die
Weimarer Reichsverfassung (WRV) vom
11.8.1919 beseitigte dann in ihrem Art.
137 Abs.1 die „Staatskirche“. Das am
23.5.1949 in Kraft getretene Grundgesetz hat – mangels anderweitiger Einigung seiner Mütter und Väter über das
„Staatskirchenrecht“ – gemäß Art. 140
GG die Regelungen in Art. 136 ff. WRV
für weiterhin anwendbar erklärt. Das
Grundgesetz gebietet nach der Rechtsprechung des BVerfG damit zwar
nicht, dass der Staat alle Religionsgesellschaften schematisch gleichbehandelt.31 Es verlangt jedoch vom Staat,
dass er den verschiedenen Religionen
und Weltanschauungen im Interesse
der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit
aller Bürger „grundsätzlich neutral“
gegenüber steht.32 Dieser „Grundsatz
staatlicher Neutralität gegenüber den
unterschiedlichen Religionen und Bekenntnissen“ ergibt sich nicht nur aus
Art. 4 Abs. 1 GG. Er findet, wie das
Betrifft JUSTIZ Nr. 104 • Dezember 2010
378 Betrifft: Die Justiz
BVerfG zu Recht festgestellt hat, seine Grundlage vor allem „auch in Art. 3
Abs. 3 GG, Art. 33 Abs. 1 und Art. 140
GG i. V. m. Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art.
137 Abs. 1 WRV.“33 Diese Vorschriften
„verwehren die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen“ und – in unserem
Zusammenhang von besonderer Bedeutung – „die Privilegierung bestimmter Bekenntnisse ebenso wie die Ausgrenzung
Andersgläubiger“.34 Auf die zahlenmäßige Stärke oder soziale Relevanz kommt
es dabei nicht an. Das ist zwischenzeitlich allgemein anerkannt.
Der Staat und seine Amtsträger haben
damit jedenfalls bei der Ausübung der
ihnen zustehenden Befugnisse strikt „auf
eine am Gleichheitssatz orientierte Behandlung der verschiedenen Religionsund Weltanschauungsgemeinschaften
zu achten.“35 Auch „dort, wo er mit ihnen
zusammenarbeitet oder sie fördert, darf
dies nicht zu einer Identifikation mit be-
stimmten Religionsgemeinschaften führen.“36 Anderenfalls begehen staatliche
Amtsträger einen Verfassungsverstoß –
aus welchen hehren oder weniger hehren
Motiven auch immer. Die vom BVerfG in
seiner Rechtsprechung vorgenommene
Verankerung des „Grundsatzes staatlicher Neutralität gegenüber unterschiedlichen Religionen und Bekenntnissen“
nicht nur in der persönlichen Glaubens- und Bekenntnisfreiheit des Art. 4
Abs. 1 GG, sondern gerade auch in den
(missverständlich häufig so genannten
„staatskirchenrechtlichen“) Regelungen
der Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 ff. WRV
führt letztlich dazu, dass damit staatliche
Rechts- und Verhaltenspflichten unabhängig von der grundrechtlichen (Art. 4
Abs. 1 GG) Betroffenheit eines einzelnen
Bürgers37 gelten. M. a. W.: Auch wenn
sich kein Bürger im Einzelfall verletzt
fühlt und dies rügt, liegt bei Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot ein
Verfassungsbruch vor.
Die Ausstattung eines Gebäudes oder
eines Raumes mit einem Kreuz wird –
wie das BVerfG zu Recht festgestellt hat
– „bis heute als gesteigertes Bekenntnis
des Besitzers zum christlichen Glauben verstanden.“ Und weiter: „Für den
Nichtchristen oder den Atheisten wird
das Kreuz gerade wegen der Bedeutung, die ihm das Christentum beilegt
und die es in der Geschichte gehabt hat,
zum sinnbildlichen Ausdruck bestimmter
Glaubensüberzeugungen und zum Symbol ihrer missionarischen Ausbreitung.
Es wäre eine dem Selbstverständnis
des Christentums und der christlichen
Kirchen zuwiderlaufende Profanisierung
des Kreuzes, wenn man es ... als bloßen Ausdruck abendländischer Tradition oder als kultisches Zeichen ohne
spezifischen Glaubensbezug ansehen
wollte.“38 Dieses Faktum kann nicht dadurch wegretuschiert werden, dass der
Gerichtspräsident und seine Vizepräsidentin im jüngsten Düsseldorfer Fall in
12 Die Kreuzigung Christi wird in Sure 4, Vers
157 und entsprechend in der islamischen
Koranexegese verneint.
13Vgl. die Einzelnachweise bei U. Kühn,
Christologie, a. a. O., S. 22 f.
14Vgl. dazu auch BVerfG, Beschl. v.
16.5.1995, a.a.O,, BVerfGE 93, 1 <19>
15 So auch Ernst-Wolfgang Böckenförde,
Freiheit ist ansteckend, in: Frankfurter
Rundschau v. 2.11.2010.
16Vgl. dazu u. a. Ludwig Bergsträsser,
Geschichte der politischen Parteien in
Deutschland, 1928, S. 12 ff.
17Vgl. dazu Heiner Geißler, Was würde Jesus
heute sagen? 5. Aufl. 2003, S. 52; vgl. ferner Thorau in: Alfried Wieczorek/Mamoun
Fansa/Harald Meller (Hrsgg.): Saladin und
die Kreuzfahrer. Mainz 2005, S. 115; Regine Pernoud (Hrsg.), Die Kreuzzüge in Augenzeugenberichten, 5. Aufl. 1980.
18Der Dominikanermönch Bartolomé de las
Casas (1474–1566) hat über die dabei
verübten Verbrechen erschütternde Berichte verfasst. Der von Papst Johannes
Paul II. auf seiner 1979 unternommenen
Lateinamerika-Reise zur Christianisierung
dieses geschundenen Erdteils geäußerte
Satz „Wir können dieses Werk heute nur
mit Bewunderung und Dankbarkeit betrachten“ kann angesichts des damaligen
„Metzelns und Würgens“ (de las Casas)
nur als ignorant und skandalös bezeichnet werden.
19Die amtskirchlichen „Behinderungen“
etwa von Nikolaus Kopernikus, Galileo
Galilei und René Descartes waren keine
unglücklichen Einzelfälle, sondern symptomatische Präzedenzfälle, vgl. dazu
u. a. Hans Küng, Der Anfang aller Dinge,
6. Aufl. 2005, S. 19 ff. m. w. N.; Tom Sorell, Descartes, Freiburg i. Br., Herder Verlag (ohne Jahr) S. 125 f.; Peter Godman,
Die Geheimen Gutachten des Vatikan,
2001/2006, S. 163 ff.; vgl. ferner Henning
Zwirner, Zum Grundrecht der Wissenschaftsfreiheit, in: AöR 98, S. 313 (314 ff.)
m. w. N.
20Vgl. dazu Hasso Hoffmann, Christlichweltanschauliche Traditionen und die Verfassungswerte, in: Weyrauch/Will (Hrsg.),
Religionen – Weltanschauungen – Grundrechte, 2008, S. 13 (19).
21Vgl. dazu die klarsichtige Kritik von ErnstWolfgang Böckenförde, Kirchlicher Auftrag und politische Entscheidung, 1973,
S. 60 f. m. w. N.
22Vgl. dazu Patrick Bahners, FAZ v.
15.10.2010.
23Vgl. den Text u. a. in: Leo XIII./Pius XI./
Johannes XXIII. Die sozialen Enzykliken,
Villingen, 1963, S. 1 ff.
24Ebd., S. 22.
25Vgl. dazu Hasso Hoffmann, a. a. O., S. 16
ff. (25).
26Vgl. dazu u. a. Saul Friedländer, Das Dritte
Reich und die Juden. Die Jahre der Ver-
Anmerkungen
1 BVerfG, Beschl. v. 16.5.1995 – 2 BvR
1087/91 – BVerfGE 93, 1 <19> unter Berufung auf Höfer/Rahner (Hrsg.), Lexikon
für Theologie und Kirche, 2. Aufl. 1961,
Bd. 6, Sp. 605 ff. und Fahlbusch u. a.
(Hrsg.), Evangelisches Kirchenlexikon, 3.
Aufl. 1989, Bd. 2, Sp. 1462 ff.
2 Eine Übersicht über verschiedene Deutungen des Kreuzestodes von Jesus findet
sich u.a. in der Studie des Theologen Ulrich Kühn, Christologie, Göttingen, 2003,
S. 147 ff. m. w. N.
3 Ulrich Kühn, Was Christen glauben. Das
Glaubensbekenntnis erklärt. Leipzig, 2.
Aufl. 2004, S. 126 f.
4 So steht auch im Augsburger Bekenntnis
(1530), dass Jesus in seinem Tod für unsere Sünden „genuggetan“ hat.
5 Marienenzyklika „Redemptoris mater“,
1987, zit. nach Uta Ranke-Heinemann,
Nein und Amen. Anleitung zum Glaubenszweifel, 1994, S. 329.
6 Joseph Ratzinger, Einführung in das
Christentum, 1968, S. 238 ff.
7 Hans Küng, Christ sein, 1976, S. 151 f.
8 Uta Ranke-Heinemann, Nein und Amen,
a. a. O., S. 327 f.
9 Ebd., S. 332
10Uta Ranke-Heinemann, Nein und Amen,
a. a. O., S. 344.
11Vgl. Ulrich Kühn, Christologie, a. a. O., S.
18 ff. m. w. N.
Betrifft JUSTIZ Nr. 104 • Dezember 2010
Betrifft: Die Justiz 379
ihrem Begleitschreiben ausgeführt haben, das Kreuz verweise in einem staatlichen Gericht „allein auf die kulturellen
Grundlagen unserer Verfassung, auf die
Wurzeln, aus denen sich unsere freiheitliche Ordnung speist.“ Abgesehen davon,
dass es aus den im vorigen Abschnitt
dargelegten Gründen verfassungs- und
philosophiegeschichtlich nicht nachvollziehbar ist, das Grundgesetz in die – bis
heute zudem auch unter Christen äußerst umstrittene – tradierte christliche
Symbolik eines besonders grausamen
Hinrichtungswerkzeugs zu stellen, kann
die klerikale „Schlagseite“ dieser Argumentation nicht übersehen werden.
Im konkreten Fall wird durch den Gerichtspräsidenten in Düsseldorf eben ein
christliches, d. h. allein das Symbol einer
der in Deutschland praktizierten Religionen präsentiert. Juden und Muslime, die
– wie Bundespräsident Christian Wulff
vor kurzem zu Recht, wenn auch in der
Formulierung39 etwas verunglückt, fest-
stellte – ebenfalls zu Deutschland und
seiner Kultur40 gehören, blieben, ebenso
wie andere Religionsgesellschaften, mit
ihren Glaubenssymbolen im Gerichtsgebäude unberücksichtigt. Kann dies
anders als eine verfassungsrechtlich
unzulässig von Amts wegen erfolgende
Privilegierung eines persönlichen christlichen Glaubensbekenntnisses und damit
als eine nicht am Gleichheitssatz orientierte Behandlung von Religionsgemeinschaften durch staatliche Amtsträger
qualifiziert werden? Selbst wenn noch
weitere in Deutschland bestehende Religionsgesellschaften, die sich ebenfalls
in der Formulierung der insoweit deutungsoffenen Präambel der Verfassung
NRW „in Verantwortung vor Gott und
den Menschen“ sehen, die reale Chance erhielten, im Haupttreppenhaus oder
sonst im Gebäude des Düsseldorfer
Verwaltungsgerichts mit jeweils einem
Glaubenssymbol Berücksichtigung zu
finden, änderte dies nichts am amtli-
cherseits erfolgten Verstoß gegen den
„Grundsatz staatlicher Neutralität“ in
Fragen der Weltanschauung und des
religiösen Bekenntnisses. Eine strenge
Unterscheidung zwischen unabhängiger Rechtsprechung und klerikal-missionarischer Glaubenswerbung bleibt
nach dem Grundgesetz unverzichtbar.
Diesem Verfassungsgebot sollte sich
ein aufgeklärter Gerichtspräsident nicht
verschließen.
folgung 1933 – 1939, 2. Aufl. 2007, S. 57
ff.; vgl. ferner Wilhelm Niemöller, Die evangelische Kirche im Dritten Reich, 1956, S.
48; Karl-Heinz Deschner, Abermals krähte
der Hahn, 1972, S. 555.
27Zit. nach Ernst-Wolfgang Böckenförde,
ebd., S. 41 m. w. N.
28Die Erklärung der deutschen Bischöfe
zum Kriegsausbruch vom Sept. 1939 sowie zahlreiche weitere Stellungnahmen
und Verlautbarungen sind abgedruckt bei
Gordon C. Zahn, Die deutschen Katholiken und Hitlers Kriege, 1965, S. 91 ff. (97),
zit. nach Ernst-Wolfgang Böckenförde,
ebd., S. 41 ff. m. w. N.
29Vgl. Patrick Bahners, FAZ v. 15.10.2010.
30Der Distriktobere der Bruderschaft für
Deutschland, P. Franz Schmidberger, hat
sich in verschiedenen Publikationen der
Bruderschaft dafür ausgesprochen, große Teile der grundgesetzlich geschützten
Menschenrechte außer Kraft zu setzen.
Zugleich ruft er die Anhänger seines Glaubens dazu auf, aktiv für die Errichtung einer „christlichen Gesellschaftsordnung“
einzutreten. Auch andere Mitglieder der
Piusbruderschaft, wie der Theologe Dr.
Rafael Hüntelmann, haben sich wiederholt
dafür eingesetzt, zentrale Grundrechte wie
die Meinungsfreiheit, die Religionsfreiheit
oder die Gleichbehandlungsvorschriften
des Grundgesetzes aufzuheben. Vgl. dazu
näher die in der Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen wiedergegebenen
Verlautbarungen von Repräsentanten der
Pius-Bruderschaft, BT-Drs. 17/3138 S.
1 f.
31Krit. zu dessen staatskirchenrechtlichen
Rspr. u. a. Bahners, FAZ v. 15.10.2010:
„Nach Karlsruhe wurden traditionell kirchennahe Persönlichkeiten geschickt; die
Straßburger Richter (im EGMR) gehören
dagegen ‚ganz unterschiedlichen Religionen‘ an.“ Vgl. die aktuelle Entsch. des
EGMR vom 3.11.2009 – 30814/06 – zur
Unzulässigkeit eines Kruzifixes in einem
öffentl. Klassenzimmer in Italien (Fall Lautsi v. Italien).
32Vgl. u. a. BVerfG, Entsch. v. 28.4.1965 – 1
BvR 346/61 – BVerfGE 19, 1 ff. = juris Rn.
20.
33BVerfG, Beschl. v. 16.5.1995 – 1 BvR
1087/91 – BVerfGE 93, 1 <17>.
34Ebd., Rn. 35; zur damit übereinstimmenden stRspr. vgl. u.a. BVerfGE 19, 206
<216>; 24, 236 <246>; 33, 23 <28>.
35StRspr., vgl. u.a. BVerfGE 19, 1 <8>; 19,
206 <216>; 24, 236 <246>; Beschl. v.
16.5.1995 – 1 BvR 1087/91 – Rn. 35
36StRspr. vgl. u.a. BVerfGE 30, 415 <422>;
Beschl. v. 16.5.1995, a. a. O., Rn. 35
37Vgl. zum Fall einer persönlichen Glaubensbetroffenheit die Entscheidung des
BVerfG zur Weigerung des Vorsitzenden
der 6. Kammer des VG Düsseldorf, einer
jüdischen Klägerin und ihrem Rechtsanwalt (ebenfalls jüd. Bekenntnisses) eine
mündliche Verhandlung in einem Gerichtssaal ohne (Tisch-)Kreuz zuzubilligen, Beschl. v. 17.71973 – 1 BvR 308/69
– BVerfGE 35, 366 <375> = juris Rn. 23
ff.
38BVerfG, Beschl. v. 16.5.1995 – 1 BvR
1087/91 –, a. a. O., BVerfGE 93, 1 <19 f.>.
39Bundespräsident Wulff sprach in seiner
am 3.10.2010 in Bremen gehaltenen Rede
von dem „Islam“, der auch zu Deutschland gehöre. Krit. zu dieser Formulierung
u. a. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Frankfurter Rundschau v. 2.11.2010.
40Zu den wichtigen Beiträgen des Islam
zur Entwicklung der europäischen Kultur
in Philosophie und Naturwissenschaften
sowie Handel und Technik vgl. u. a. W.
Montgomery Watt, Der Einfluss des Islam
auf das europäische Mittelalter, 1989, S.
24 ff. Wir schreiben bis heute arabische
Zahlen und keine griechischen oder lateinischen, und haben von den islamischen
Arabern die Dezimalbrüche, das Ziehen
von Wurzeln und den Dreisatz gelernt.
Der Autor:
Dr. Dieter Deiseroth
ist Richter am Bundesverwaltungsgericht.
Betrifft JUSTIZ Nr. 104 • Dezember 2010
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