Eine makroökonomische Theorie der offenen Volkswirtschaft

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Eine makroökonomische Theorie der offenen Volkswirtschaft
Betrachten wir die folgende Klausuraufgabe aus dem Wintersemester 2010/2011:
Die Euro-Schuldenkrise hat dazu geführt, dass Anleihen in Euro für Investoren weniger attraktiv sind.
Dadurch verändert sich der Nettokapitalabfluss im Inland (z.B. Deutschland). Welche Wirkungen
entstehen? Beantworten Sie dazu die Teilfragen a) bis c)!
a) Wie verändert sich der Nettokapitalabfluss?
1. Der Nettokapitalabfluss (NCO) nimmt ab.
2. Der Nettokapitalabfluss (NCO) nimmt zu.
3. Wer?!?
b) Zeichnen Sie die Veränderung des Nettokapitalabfluss in das untenstehende Diagramm und
erläutern Sie, wie sich die deutschen Realzinsen, die deutschen Nettoinvestitionen und die
deutsche Ersparnis verändert!
1. Nein, hier hört es bei mir auf…
2. Easy! Um eine Veränderung zu untersuchen benötigen wir zunächst mal ein
Ausgangsgleichgewicht. Dieses konstruieren wir am besten vom Devisenmarkt aus.
Kapitalmarkt
Realer Wechselkurs
(in Mengennotierung)
𝑟𝑒
𝑒$/€
Angebot
Eine schöne Einführung in die Materie gibt das Studienbuch Makro Kapitel 11 
In Folge der Schuldenkrise scheinen Anleihen in Euro riskanter als vorher und daher für Anleger
weniger attraktiv. Zu jedem Zins werden also weniger Anleihen in Euro und damit mehr Anleihen in
anderen Währungen nachgefragt. Folglich nimmt der Saldo aus Kapitalexporten und
Kapitalimporten…
1. …ab!
2. …zu.
3. Versteh ich nicht!
Genau! Weiter zu b)
Eine clevere Vorgehensweise…vervollständigen wir zunächst die Beschriftung…
Realer Wechselkurs
(in Mengennotierung)
𝑟𝑒
𝑒$/€
Angebot
Menge an Euros, die in
Auslandswährung
getauscht wird
…als nächstes brauchen wir eine Nachfragekurve. Diese müsste ja eigentlich eine …
1. … negative Steigung haben.
2. … positive Steigung haben.
Der $-Kurs in Mengennotierung gibt an, wie viele $ ich für einen € bekomme, oder anders
ausgedrückt wie viele $ ein Ausländer für einen € bezahlen muss. Je höher also der Kurs umso teurer
ist es für Ausländer an € zu kommen.
1. Genau deswegen muss die Nachfragekurve ja auch steigen!
2. Ahhh ok…dann sollte sie eine negative Steigung aufweisen.
Mit steigendem Preis steigt die nachgefragte Menge (hier Euros)?!? Nein sie muss fallen! (Für den
Ausländer werden Importe aus dem Euroraum teurer) Weiter
Der $-Kurs in Mengennotierung gibt an, wie viele $ ich für einen € bekomme, oder anders
ausgedrückt wie viele $ ein Ausländer für einen € bezahlen muss. Je höher also der Kurs umso teurer
ist es für Ausländer an € für Importe aus dem Euroraum zu kommen.
1. Ohh…ok, dann müsste die Nachfragekurve steigen.
2. Genau, deswegen muss die Nachfragekurve ja auch fallen.
Lassen Sie sich nicht verwirren! Ihre erste Idee war richtig. Je höher der Preis für einen € aus Sicht
des Ausländers desto geringer die Nachfrage nach €, da Importe für ihn teurer werden. Weiter
Also, die Nachfragekurve muss fallen! Wir erhalten damit:
Realer Wechselkurs
(in Mengennotierung)
𝑟𝑒
𝑒$/€
Angebot
Nachfrage nach Euro
(aus Nettoexporten)
Menge an Euros, die
Auslandswährung getauscht wird
Nun zu den Diagrammen von Nettokapitalexporten und Kreditmarkt.
1. Hmmm…ja, wie war das noch mal?
2. Ok, der Rest ist simpel. Weiter!
Die Nettokapitalexporte (NCO) hängen unter anderem vom inländischen Realzins ab. Je niedriger der
inländische Realzins desto attraktiver werden Investitionen im Ausland und desto höher fallen die
Nettokapitalexporte aus. Der inländische Zinssatz wiederum wird am Kapitalmarkt durch aufeinander
treffen von Kreditangebot und Kreditnachfrage gebildet.
1. Ok, jetzt müsste ich es hinkriegen.
2. Ich habe immer noch keine Ahnung was ich machen soll.
Damit haben wir das Gleichgewicht. Soweit so gut…
Realzins in %
Realzins in %
r*
NCO
Gleichgewichtige
Kreditmenge
Kreditvolumen
Nettokapitalabfluss
Realer Wechselkurs
(in Mengennotierung)
e*
Menge an Euros, die in
Auslandswährung getauscht wird
Nun zurück zur eigentlichen Aufgabe „Zeichnen Sie die Veränderung des Nettokapitalabfluss in das
untenstehende Diagramm und erläutern Sie, wie sich die deutschen Realzinsen, die deutschen
Nettoinvestitionen und die deutsche Ersparnis verändert!“. Wir haben festgestellt, dass die
Nettokapitalexporte in Folge der Ereignisse zunehmen. Zu jedem beliebigen Zinssatz wird mehr
Kapital als zuvor exportiert. Es kommt zu einer Rechtsverschiebung der NCO-Kurve.
1. Super! Bilden wir das neue Gleichgewicht und schauen was passiert…
2. Moment,…da war doch noch was…
Richtig, die Nettokapitalexporte bilden auch einen Teil der Kreditnachfrage. Ergo verschiebt sich
auch die Nachfragekurve auf dem Kapitalmarkt nach rechts, da nun mehr Kredite für
Investitionen im Ausland nachgefragt werden. Lassen wir den Devisenmarkt auf dem sich nichts
verändert außer Acht, so ergibt sich folgendes neues Gleichgewicht:
Realzins in %
Realzins in %
Kreditangebot
r2
r1
Kreditnachfrage (I + NCO)
Kreditvolumen
NCO
Nettokapitalexport
Realer Wechselkurs
(in Mengennotierung)
e1
e2
Menge an Euro, die in
Auslandswährung getauscht wird
Nun gilt es zu klären, was mit den deutschen Realzinsen, den deutschen Investitionen und der
deutschen Ersparnis geschehen ist. Die Auswirkungen auf Realzins und Ersparnis sind einfach im
Diagramm abzulesen und auch relativ simpel zu erklären.
1. Finde ich nicht!
2. Ja stimmt. Wie sieht es aber mit den Investitionen aus?
3. Denken Sie an die Nachfrage auf dem Kapitalmarkt. Bei Einführung des Modells für den
Kapitalmarkt haben wir gesagt Kredite werden nachgefragt um Investitionen zu tätigen. Wir
waren implizit davon ausgegangen, dass diese Investitionen im Inland getätigt werden. Nach
der Öffnung der Volkswirtschaft im Modell besteht nun aber ebenso die Möglichkeit über
Kapitalexporte im Ausland zu investieren. Weiter
Die steigenden Nettokapitalexporte stellen zusätzliche Nachfrage auf dem Kreditmarkt dar. Steigt die
Nachfrage so steigt der Preis (hier der Preis für Kreditmittel: der Zins). Der gestiegene Zins bewegt die
privaten Sparer mehr zu sparen. Somit steigt auch die deutsche Ersparnis. Was passiert aber mit den
deutschen Investitionen?
Was passiert mit den deutschen Investitionen?
1. Nehmen zu, da mehr Ersparnis zur Verfügung steht.
2. Bleiben gleich. Die zusätzliche Ersparnis fließt über den gestiegenen Nettokapitalabfluss
gerade ins Ausland ab.
3. Nehmen ab, da Investitionsprojekte aufgrund der höheren Zinsen nun weniger rentabel sind.
Nein, tatsächlich fangen die zusätzlich mobilisierten Ersparnisse nur einen Teil der zusätzlichen
Nettokapitalexporte auf. Neuer Versuch…
Nein. Tatsächlich wird nur ein Teil der zusätzlichen Kapitalabflüsse aus zusätzlicher Ersparnis
finanziert. Neuer Versuch…
In der Tat reagieren die deutschen Unternehmen auf die gestiegenen Zinsen mit einem Rückgang der
Investitionsnachfrage. Ein Teil der Nettokapitalabflüsse wird aus den dabei frei werdenden
Ersparnissen finanziert. Es kommt also zu einer Verdrängung inländischer Investitionen. Weiter zu c)
c) Erklären Sie abschließend grafisch und verbal , wie diese Änderung die deutschen Nettoexporte
und den realen Wechselkurs Deutschlands gegenüber den USA verändert.
Grafisch ist das Ganze einfach zu sehen. Wir wollen den grafischen Weg daher erst am Ende zur
Überprüfung unserer verbalen Begründung gehen. Also überlegen wir mal…
Die deutschen Nettokapitalexporte steigen, das heißt die Deutschen wollen mehr Investitionen im
Ausland durchführen. Dazu benötigen sie $ und bieten € an. Umgekehrt möchten Ausländer weniger
Investitionen im Euroraum unternehmen. Sie benötigen daher weniger €. Folge ist das insgesamt das
Angebot an € aus den Nettokapitalabflüssen steigt. Nun überlegen Sie was mit dem realen
Wechselkurs (in Mengennotierung) und den Nettoexporten daraufhin passiert.
1.
2.
3.
4.
5.
Wechselkurs steigt, Nettoexporte nehmen zu.
Wechselkurs sinkt, Nettoexporte nehmen zu.
Wechselkurs steigt, Nettoexporte nehmen ab.
Wechselkurs sinkt, Nettoexporte nehmen zu.
Ich bin erschöpft!
Sie werden jetzt nicht so kurz vor dem Ziel aufgeben! Zurück
YEEEEAAAAH Prinzip verstanden (oder gut geraten :P). Schauen wir uns das Ganze noch einmal in der
Grafik an und dann ab ins Bett.
Also: Es werden mehr Euros angeboten. Folglich sinkt der Preis für Euros. Aus Sicht der Ausländer
werden Importe aus Deutschland damit billiger, da sie für ihre eigene Währung mehr Euros
bekommen. Und nun neuer Versuch!
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