Bitte nutzen Sie die Funktion "Lesezeichen" zur Navigation durch das Dokument - Ein Index zu diesem Kapitel befindet sich in den "Anlagen" Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) PARODONTITIS Gingivitis und Parodontitis sind plaquebedingte entzündliche Veränderung an Gingiva und Parodont. Sie entwickeln sich aus einem Wechselspiel zwischen dem bakteriellen Zahnbelag und der Abwehrreaktion des Wirts, wobei bestimmte Risikofaktoren eine wichtige Rolle spielen (genetische Disposition, Rauchen, Diabetes etc.) Wichtige Voraussetzungen zur Vorbeugung der Erkrankung sind eine adäquate tägliche Mundhygiene, unterstützt durch professionelle Reinigungsmaßnahmen. Primäres Therapieziel bei beiden Erkrankungen ist die supra- und subgingivale Beseitigung der mineralisierten und nicht-mineralisierten Plaque und der plaquebegünstigenden Faktoren. In erster Linie geschieht dies durch Maßnahmen wie Scaling und Wurzelglättung. In vielen Fällen sind operative Maßnahmen ergänzend erforderlich. Im Rahmen der Therapie kann der vorübergehende Einsatz von Plaquehemmstoffen (z. B. Chlorhexidin) angezeigt sein, z. B. dann, wenn der Patient (vorübergehend) zur Plaquekontrolle nicht in der Lage ist. Bei manchen Formen der Parodontitis (z.B. aggressive Parodontitis, refraktäre Parodontitis etc.) ist unter bestimmten Voraussetzungen der Einsatz von Antibiotika - systemisch oder lokal indiziert. Es wurde über den Einsatz von Medikamenten berichtet, die geeignet sein sollen, die Wirtsabwehr zu modifizieren (Periostat®). Hierzu liegen jedoch für eine abschließende Beurteilung derzeit nur unzureichend gesicherte Daten vor. In wenigen Fällen persistieren parodontopathogene Keine auch nach dem Wurzelglätten. Ihr Nachweis kann dann angezeigt sein (vgl. Parodontitisdiagnostika); das Anwenden von Antibiotika ist bei angeführten Indikationen möglich. MITTEL ZUR DARSTELLUNG VON BELÄGEN Um dem Patienten die Effektivität seiner Mundpflege vor Augen zu führen, werden Farbstoffe eingesetzt, die an Plaque und Schleimhaut, nicht aber am belagfreien Schmelz haften. Ein häufiger häuslicher Gebrauch ist dem Patienten nicht anzuraten, zumal er die Mundpflege schwer zugänglicher Stellen kaum überprüfen kann. Eingeschränkte Anwendung Erythrosin, Tetrajodfluorescein ist ein roter Farbstoff von geringer Toxizität; eine Färbetablette enthält weniger als ein Hundertstel der toxischen Dosis. Dessen ungeachtet soll der Mund nach dem Anwenden gründlich ausgespült werden. Allergien, auch Schilddrüsen-Erkrankungen sind selten beobachtet worden, da die Verbindung organisch gebundenes Jod enthält. Es sind nicht mehr als 6 mg Erythrosin während einer Anfärbung anzuwenden. Die Grenze kann demnach bei Präparaten ohne Angabe des Gehaltes nicht überprüft werden (vgl. Tabelle!). Ein weiteres Anfärben ist erst nach 14 Tagen zulässig. HöchstMenge Seite 1 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) Mit Fluorescein (nicht mit Jod substituiert) sind Beläge unter ultraviolettem Licht sichtbar zu machen. Kombinationspräparate mit zwei Farbstoffen bieten keinen Vorteil. Handelsname (Hersteller) Form Farbstoff Gehalt Mira-2-Ton (Hager & Werken) Kautablette Brillantblau Ponceaurot PD Zahnplaque Erkennungstbl. (Ubert) Kautablette Erythrosin 5 mg/Tbl. Plaque-Test Vivadent Lösung Fluorescein 1 mg/ml Speiko-Plaque (Speiko) Lösung Erythrosin PARODONTITIS-DIAGNOSTIKA Der Nachweis parodontopathogener Keime ist nur dann angezeigt, wenn dies auch zu einer therapeutischen Konsequenz führt, eine niedrige Kosten-Nutzen-Relation zu wahren. Die Diagnostik dient - und auch hierfür nicht allgemein anerkannt - zur Auswahl einer adjuvanten Antibiotikatherapie. Mikrobiologische Testverfahren bieten sich für eine verbesserte Diagnostik an, weil nur eine überschaubare Anzahl von Bakterien mit der Parodontitis assoziiert ist. Indiziert sind solche Testverfahren bei - Aggressiver Parodontitis Schwere Verlaufsformen der Parodontitis mit mehr als 50 % Attachmentverlust an 14 und mehr Zähnen Schwere Parodontitis bei systemischen Erkrankungen Therapieresistenz Testverfahren sind verfügbar, bei denen mit Hilfe so genannter speziesspezifischer DNA-Sonden (Nukleotidsequenzen mit 24-30 Basen) die gesuchten Keime identifiziert werden können, indem man Bruchstücke der Bakterien-DNA bestimmt. Die verwendeten DNA-Sonden sind enzymatisch oder radioaktiv markiert, was die Reaktion mit komplementären DNA-Teilen der Bakterien sichtbar werden lässt. Seite 2 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) Beispiele solcher Testverfahren sind: DMD-PathoTek Meridol DNS-Sondentest 3/8 Meridol Paro-Diagnostik MicroDentTest PerioBacTest IAI PadoTest 4,5 Bei letzterem handelt es sich um einen RNA-Test. Eine Voraussetzung für die DNA-Tests ist die Anwendung der Polymerasekettenreaktion (PCR = polymerase chain reaction), die die aus der Bakterienprobe gewonnene Bakterien-DNA vermehrt, so dass sie nachgewiesen werden kann. Die Bakterien werden zur Bestimmung in der Regel unter Verwendung steriler Papierspitzen gewonnen. Bei letzterem handelt es sich um einen RNA-Test. Eine Voraussetzung für die DNA-Tests ist die Anwendung der Polymerasekettenreaktion (PCR = polymerase chain reaction), die die aus der Bakterienprobe gewonnene Bakterien-DNA vermehr, so dass sie nachgewiesen werden kann. Die Bakterien werden zur Bestimmung in der Regel unter Verwendung steriler Papierspitzen gewonnen. Die Testung selbst erfolgt in spezialisierten molekularbiologischen Einrichtungen. Enzymatische Tests - BANA-Test Manche parodontopathogenen Keime bilden in ihrem Stoffwechsel eine Peptidase (trypsinähnliches Enzym), das in der Lage ist, ein synthetisches Substrat namens BANA (N-α-benzoyl-DL-arginin-2-naphthylamid) zu spalten. Eines der Spaltprodukte (β-Naphthylamid) kann mit einer Farbreaktion sichtbar und so zum Nachweis der Bakterien verwendet werden. Beispiele solcher BANA-Tests sind: DentoCheck Perioscan PerioCheck REDUKTION DER PLAQUE Beläge sollten täglich vollständig mit Zahnbürste und -seide entfernt werden. Dies geschieht nur bei einem Viertel der erwachsenen Bevölkerung. Bei derart unzureichender Mundhygiene sei der Einsatz keimhemmender Substanzen berechtigt. Als wirksam gilt - Chlorhexidin; wegen dessen Nebenwirkungen werden zum Dauergebrauch - Fluoride und - Triclosan genannt. Seite 3 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12 Wenig geeignet sind demnach: - quaternäre Ammoniumverbindungen - Hexetidin. Angewandt werden die Substanzen vor allem als Lösungen zur Mundspülung, z.T. auch als Zusatz für Zahnpasten. Unter den Derivaten des (Imino-)Harnstoffs ist zur Belagvorbeugung vor allem das genannte Chlorhexidin geeignet. Chlorhexidin (INN) Chlorphenyl-biguanido-Hexan, wasserlöslich als Diglukonat; es hemmt schon extrem verdünnt die Vermehrung von Streptokokken. Um Zehnerpotenzen höhere Konzentrationen hemmen auch grampositive Keime. Wirkungen Chlorhexidin wird schon nach kurzem Kontakt für mehrere Stunden an Bakterienproteine adsorbiert. 2x tägliche Spülungen mit 0,1%iger Chlorhexidin-Digluconat-Lösung vermindern Beläge bis auf ein Fünftel ihrer Ausdehnung. Die Plaqueminderung ist aber jener durch Zähneputzen deutlich unterlegen. Nach Absetzen der Spülungen geht der Effekt verloren. Bei längerer Anwendung, manchmal schon nach wenigen Tagen, färben sich Zähne und Zunge braun. Die Geschmacksempfindung kann beeinträchtigt werden. Nach Spülungen über Wochen war eine Resorption nicht nachzuweisen. Eine Abspaltung des kanzerogenen Chloranilins war nicht festzustellen. Im Ames-Versuch erwies sich Chlorhexidin als schwach mutagen. Nebenwirkungen Wegen ihrer Nebenwirkungen werden 0,1%ige Lösungen zur Mundspülung nur zeitlich begrenzt empfohlen, wenn z.B. Zähneputzen Schmerzen verursacht oder bei Bettlägerigen nicht möglich ist. Anwendung durch den Patienten Als vertretbar werden die Spülungen auch angegeben bei - ausgedehnten Belägen, - festsitzenden Geräten - (bei Müttern während des ersten Zahndurchbruchs ihrer Kinder im Sinn der Primär-primär-Prophylaxe). - Periimplantitis Das längerfristige Anwenden ist angebracht bei: Behinderten, Immunsupprimierten. Behinderten, Immunsupprimierten. Die Applikation in der Praxis kann angezeigt sein Anwendung in der Praxis - vor Extraktionen und anderen chirurgischen Eingriffen, aber auch vor subgingivaler Kürettage, besonders bei Endokarditis-Verdacht; - zu Mundbehandlungen bei akuten Entzündungen (eingeschränkt bei akuter nekrotisierendulzeröser Gingivitis) Seite 4 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) - als Mundspülung zum Schutz des Personals vor dem sonst mit Keimen belasteten Sprühnebel. Chlorhexidin-Lösungen werden auch zum Anwenden nach Eingriffen angegeben. Sie sollen aber nur bedingt auf Wunden appliziert werden, nicht auf freiliegendem Knochen. Die meist 0,1%igen Lösungen werden unverdünnt zum Spülen angewandt. Dosierung Zubereitungen Gezielt können in der Praxis auch 0,2 %ige Lösungen appliziert werden; der subgingivale Bereich wird durch Spülungen weniger erfasst. Die Lösung ist besser mit stumpfer Kanüle einzubringen. Noch höher konzentrierte Lösungen müssen vor Gebrauch entsprechend verdünnt werden! Die Lösungen enthalten meist - soweit bekannt - etwa 7 % Ethanol (Es sind auch Präparate mit nur 0,05 % Chlorhexidin-D. und dem Zusatz von Natriumfluorid etwa gleicher Konzentration im Handel. Sie wären schwächer wirksam bei geringeren Nebenwirkungen. Eine Beeinträchtigung des Chlorhexidins durch Fluoride wurde geltend gemacht.) Ferner sind Gele mit 1% Chlorhexidin-D. verfügbar. Sie sind gezielt etwa mit Wattestäbchen auf eine betroffene Stelle aufzutragen. Die nachstehend angeführten Handelspräparate sind, wenn nicht anders angegeben, apothekenpflichtig, aber rezeptfrei. Handelsname (Hersteller) Zubereitungsform Chlorhexidindiglukonat Gehalt in % Packungsgröße Bacter X Pro Lösung 0,2 1000 ml Chlorhexamed®- Fluid 0,1 % (GlaxoSmithKl.) Lösung 0,1 200 ml Chlorhexamed- Forte 0,2 % (GlaxoSmithKl.) Lösung 0,2 200 ml 600 ml Chlorhexamed Gel 1% (GlaxoSmithKl.) Gel 1 50 g Gele Zusatz Seite 5 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) Chlorhexamed-Lösung 0,06% + F* (GlaxoSmithKl.) Lösung 0,06 250 ml Chlorhexidin Spülung (Oral B) Lösung 0,12 300 ml Curasept ADS 212 (Curadent) Lösung 0,12 200 ml Gel 1 30 g Dynexan® Proaktiv (Kreussler) Lösung 0,2 300 ml Lemocin® CX (Novartis) Lösung 0,1 200 ml Meridol paro CHX. 0,2 % (Gaba) Lösung 0,2 200 ml ** 250 ppm Fluorid Nur 1 Tropfen® Chlorhexidin (One drop only) Lösung 0,1 250 ml ** Omni-Chlorhexidin (Omnident) Lösung 0,2 1000 ml Paroex (Butler) Lösung 0,12 300 ml ** Paroguard CHX Liquid (Hager & Werken) Lösung 0,2 200 ml ** Dentosmin® P (Riemser) * ** frei verkäuflich ohne Alkohol 250 ppm Fluorid ** ** * Als Zahnpaste bezeichnet wird, ohne Putzkörper, Paroex mit 0,12 % Chlorhexidin-D. Periochip sind resorptionsfähige Blättchen zum Einbringen in Taschen mit 2,5 mg Chlorhexidin. Seite 6 von 12 zu untersche Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) Entkeimung der gesamten Mundhöhle (full-mouth-disinfection) Einer These zufolge verbleiben nach Kurettage und Wurzelglätten parodontopathogene Keime in Zahnfleischtaschen, selbst am Zungenrücken nachweisbar. Daher soll Chx.-Gel innerhalb von 24 Stunden nach dem Eingriff und dann wiederholt in die Taschen (auch noch unbehandelter Quadranten) eingebracht werden. (Sofern selbst die Tonsillen als Keimreservoir angesehen werden, wären sie mit Chx.-Spray zu entkeimen.) Der Patient soll einminütig mit 0,2 %iger Lösung über 2 - 8 Wochen spülen und mehrfach das Gel auf der Zunge einbürsten. Danach könne mit niedrig dosierter Chlorhixidin-Lösung (0,06 %) die Mundhygiene unterstützt werden. Die Wirksamkeit des Verfahrens wird durch Studien belegt. Es gibt aber auch Studien, die zu anderen Ergebnissen kommen. Eine Überlegenheit dieses Verfahrens wird auf Grund von Nachuntersuchungen geltend gemacht; die Befürworter lassen anderslautende Studien nicht gelten, da deren Methodik anfechtbar sei. Seite 6 a von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) Zinnfluorid, Aminfluorid Manche der zur Kariesprophylaxe eingesetzten Substanzen werden auch zur Plaquehemmung angegeben. bakteriostatisch wirken Zinn-Ionen sowie quaternäre Ammoniumbasen, auch mit Fluorid als Anion. Diese Substanzen, z.B. Olaflur, werden üblicherweise als Aminfluoride bezeichnet (vgl. hierzu Kapitel 01: "Zahnerhaltung", S. 4) Wirkungen Zinn-Ionen hemmen Beläge bis zu 6 Stunden. Die geringe Stabilität von ZinnfluoridLösungen wird durch den Zusatz von Olaflur verbessert. Der Mischung wird eine gute Belaghemmung zugesprochen. (Plaqueindices verminderten sich nach mehrmonatigem Anwenden etwas stärker als bei einer Kontrollgruppe.) Verfärbungen am Zahnhals können auftreten. Die Kombination ist im Handel unter dem Warenzeichen Meridol (vgl. Kapitel 01: "Zahnerhaltung" ) (Olaflur mit Natriumfluorid ist Bestandteil auch anderer Spüllösungen und Zahnpasten.) Phenol-Derivate Unter den substituierten Abkömmlingen wird nun Triclosan (Trichlor-Phenoxyphenol) bevorzugt. Auch Salicylsäure-Ester und Thymol sind Bestandteile von Spüllösungen, denen Belagminderung nachgesagt wird. Triclosan ist abhängig von der Konzentration bakteriostatisch wirksam. Allein haftet es an der Plaque nur kurz, verlängert jedoch durch den Zusatz von Substanzen höheren Molekulargewichts. (Auch Pyrophosphat oder Zinkcitrat soll dies bewirken.) Triclosan Eine intestinale Resorption wird nicht geltend gemacht. Eine Zahnpaste mit 0,3 % Triclosan und 2 % eines die Haftung verlängernden Polymers* ist Colgate Total. Plax. (Ähnlich zusammengesetzt ist die Zahnpaste Colgate Total) Bei weiteren Zahnpasten mit Triclosan wird eine die Haftung verlängernde Substanz (Pyrophosphat bei Blend-a-med complete ) angegeben. Methyl-Salicylsäureester bzw. Thymol(=Isopropylmethyl-Phenol), gelöst in 27% Ethanol, sind u.a. in der Mundspüllösung "Listerine" enthalten. Ihre Plaquehemmung wird als "mäßig" beschrieben. (Eine Anerkennung des "Council of Scientific Affairs" der ADA liegt vor.) SalicylsäureEster Thymol (Phenyl-Salicylsäure-Ester ist seit jeher "Odol Mundwasser" zugesetzt.) Polyvinyl-Methacrylat ("PVM/MA") Seite 7 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) ZAHNPASTEN Manche Zahnpasten werden mit der sinngemäßen Aussage vertrieben, dass sie der Parodontitis vorbeugen. Einige enthalten die oben genannten bakterienhemmenden Zusätze. Abhängig von der Einwirkungsdauer, können sie im beschriebenen Maße die Plaquebildung mindern. (Soweit Pyrophosphate zugesetzt sind, hemmen sie den Zahnsteinansatz zu einem Bruchteil.) Werbung Der Gehalt an Putzkörpern verkürzt den Zeitaufwand zur Belagentfernung etwa zu einem Drittel. - Schäumende Zusätze tragen hierzu nur wenig bei. Sie sollen das Epithel schädigen, wenn Ihr Gehalt in der Zahnpaste 2 % überschreitet. Netzmittel schädlich? ANTIBIOTIKA Grundsätzlich gilt, dass Antibiotika, ob systemisch oder lokal verabreicht, immer nur nach Zerstörung des Biofilms angewendet werden dürfen. Meist ist der Einsatz von Antibiotika zur Behandlung einer Parodontitis nicht angezeigt. Hauptindikationen für die Gabe von Antibiotika sind vor allem: - Aggressive Parodontitis - Schwere Formen einer Parodontitis, die nicht auf eine konventionelle Behandlung ansprechen - Nekrotisierende Formen (NUG) - Misserfolg nach konventioneller Therapie bei unzureichender Abwehr des Patienten (Allgemeinerkrankungen wie Diabetes, HIV etc. oder Risikofaktoren wie Rauchen) Grundsätzlich gilt, dass die Verabreichung von Antibiotika kein Ersatz für eine gründliche konventionelle Therapie oder eine adäquate Mundhygiene des Patienten sein darf. Die systemische Gabe von Antibiotika hat den Vorteil, dass auch bakterielle Reservoirs außerhalb der Taschen erreicht werden. Wegen der geringen Wirkstoffkonzentration in der Tasche ist hier besonderer Wert auf die Entfernung des Biofilms zu legen. Die orale Einnahme der Antibiotika setzt eine gewisse Disziplin und auch die Kontrolle durch den Zahnarzt voraus. Lokal verabreichte Antibiotika haben den Vorteil, dass sie den Patienten nicht systemisch belasten und dass mit ihnen wesentlich höhere Konzentrationen in der Tasche erreicht werden können. Sie werden eingesetzt, wenn es sich um die Behandlung einzelner Taschen handelt. Nachteilig ist, dass außerhalb der Taschen gelegene bakterielle Reservoirs nicht erreicht werden. Eine Voraussetzung für die Wirksamkeit lokal applizierter Antibiotika ist, dass die Mittel ausreichend lange und in ausreichender Konzentration am Wirkort verbleiben. Die lokalen Antibiotika sollten daher in Darreichungsformen angewendet werden, die dies gewährleisten (control released drugs). Von der adjuvanten Antibiotika-Gabe (systemisch oder lokal) zu unterscheiden ist die Gabe von Antibiotika im Rahmen der Endokarditisprophylaxe bei Risikopatienten. Seite 8 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) Systemische Gabe Sie ist angezeigt bei den generalisierten Formen mit Erregernachweis. Auswahl Zu wählen ist ein Antibiotikum, das im Sulcus zu einer ausreichenden Konzentration führt, Es ist fraglich, ob jene genügt, die Keime nur hemmt, oder ob sie Erreger auch abtöten muss. Metronidazol Das Synthetikum wirkt gegen Anaerobier. Für einen bakteriziden Effekt notwendige Konzentrationen sind aber im Sulcus nach Einnahme kaum zu erzielen. Die zur Elimination notwendige Konzentration in einem belassenen Biofilm ist noch viel weniger zu erreichen. Als Dosis werden 3x400 mg/die über 7 Tage angegeben. Besonders bei Nachweis (auch) von A.actinomycetemcomitans wird die Kombination von Metronidazol mit Amoxicillin genannt, 3 x 500 mg an 7 Tagen. (Dieses BreitspektrumPenicillin sollte Stellungnahmen zufolge mit Zusatz von Clavulansäure verordnet werden.) Amoxicillin mit Metronidazol Doxycyclin Das Breitspektrum-Antibiotikum ist nach Einnahme nur in bakteriostatischer (nicht bakterizider) Konzentration im Sulcus vorhanden. Ciprofloxacin Aus der Gruppe der Fluorchinolone (Gyrasehemmer) wird Ciprofloxacin in einer Stellungnahme der DGP/DGZMK als wirksam gegen A. actinomycetemcomitans und Eikenella c. genannt. Für das Derivat Moxifloxazin wird eine höhere Effektivität geltend gemacht. Kontraindikationen sind vor allem - Jugendliche und über 70jährige, - Anfallsleiden, - Niereninsuffizienz. An möglichen Nebenwirkungen sind u.a. abzuwägen: - Zentralnervöse Störungen, beeinträchtigte Leberfunktion gastrointestinale Störungen Überempfindlichkeitsreaktionen Dosierung: 250 mg 2x täglich über 10 Tage. Seite 9 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) Lokale Anwendung Vor der örtlichen Applikation an nur wenigen Parodontien ist ein Erreger-Nachweis nicht angemessen. (Die Wahrscheinlichkeit vorliegender Keime ergibt sich aus dem Überwiegen der obligaten Anaerobier Prevotella und Porphyromonas. Der ebenfalls als bedeutsam geltende Actinobacillus actinomycetemcomitans wird eher der aggressiven Parodontitis zugeordnet.) Auswahl Überdies stehen zur örtlichen Anwendung nur wenige Zubereitungen (Antibiotikum bzw. Trägersubstanz) zur Auswahl. Metronidazol Die im Kapitel 06: "Behandlung von Infektionen" beschriebenen Synthetika hemmen zwar die oben genannten Anaerobier in Suspension schon mit 0,001 mg/ml; um in einem belassenen "Biofilm" enthaltene Keime zu eliminieren, müsste aber eine Konzentration von 10 mg/ml über zwei Tage bestehen bleiben! (Es wird geltend gemacht, dass das Konstituens in dem folgend genannten Handelspräparat die Haftung verlängere.) Handelsname (Hersteller) Wirkstoffgehalt Konstituens Handelsformen Elyzol (Colgate) Metronidazol 0,25 % Glyzerololeat Sesamöl Zylinder-A. 2 x 0,3 g 2 x 1,0 g Doxycyclin Das beschriebene "Breitspektrum"-Antibiotikum wirkt (nur) bakteriostatisch weniger gegen Anaerobier, eher gegen A. actinomycetemcomitans. Akute nekrotisierende Gingivitis Der Einsatz bakterienhemmender Substanzen: - Wasserstoffperoxid (3 %) - Chlorhexidin (0,2 %) gilt als angezeigt, obwohl weiterhin quantifizierte Ergebnisse fehlen. Tritt nach 24 Stunden keine Besserung ein, ist die systemische Gabe von Antibiotika indiziert. Ein Erregernachweis kann jedoch nicht abgewartet werden, allenfalls ein Antibiogramm. Seite 10 von 12 Kapitel 02 "Parodontitis" (Gesamtseitenzahl 12) SCHMELZMATRIXPROTEINE Polypeptide (Amelogenin), gewonnen aus den Zahnkeimen vom Schwein, fördern die Regeneration von Fasern und Knochen, eingebracht während der Lappenoperation in Knochentaschen. Das einschlägige Handelspräparat Emdogain enthält als Konstituens Propylenglykol-Gel. Darüber hinaus ist es nicht nach Maßgabe des Arzneimittelgesetzes deklariert, da es der Hersteller als Medizinprodukt auffasst. PARODONTALVERBÄNDE Eine beschleunigte Heilung und verminderte Beschwerden nach Eingriffen unter Verbänden sind nicht belegt. Die Beurteilung solcher Zubereitungen wird erschwert durch ihre meist mangelhafte Deklaration. Nur aufgrund des Medizinprodukte-Gesetzes ist es zulässig, anstelle einer korrekten Angabe sich derartiger Beschreibungen zu bedienen. Unerwünschte Nebenwirkungen unbekannter Zusätze sind möglich. „Eugenol-frei“ Seite 11 von 12