Einführung in die Artinschen Zopfgruppen

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Universität Duisburg-Essen
- Campus Duisburg Fakultät für Mathematik
W. Hümbs
Einführung in die Artinschen
Zopfgruppen
In den Aufgaben 1-6 sollen Sie Erzeugendensysteme und das Rechnen mit Generatoren
kennenlernen.
Aufgabe 1
Zeigen Sie, dass die symmetrische Gruppe S3 von den Zyklen bzw. Transpositionen (12)
und (13) erzeugt wird, d.h. es gilt:
S3 = {(1), (123), (132), (12)(23)(13)}
= < (12), (13) > .
Aufgabe 2
Identifizieren Sie die Gruppe
G = {a, b | a3 = b2 = 1, a2 b = ba} .
Aufgabe 3
Gegeben sei die Kleinsche Vierergruppe V4 mit der Verknüpfungstafel
·
e
a
b
c
e a b
e a b
a e c
b c e
c b a
c
c
b
a
e
Geben Sie drei Erzeugendensysteme und eine anschauliche Deutung dieser Gruppe an.
1
Aufgabe 4
Sei En die Gruppe der n-ten Einheitswurzeln, d.h. En = {z ∈ C | z n = 1} .
Zeigen Sie, dass En zyklisch ist. Bestimmen Sie für E3 zwei erzeugende Elemente.
Aufgabe 5
Zeigen Sie:
B3 =< x, y | x3 = y 2 > .
Aufgabe 6
Verifizieren Sie, dass die Gruppen
G1 =< a, b | aba = bab, (aba)4 = 1 >
und
G2 =< s, t | s3 = t2 , t4 = 1 >
isomorph sind.
Die Aufgaben 7-11 behandeln einfache Eigenschaften der Zopfgruppen.
Aufgabe 7
Gegeben sei die Artinsche Zopfgruppe B3 mit den Generatoren σ1 und σ2 .
Verifizieren Sie:
Mit ∆ = ∆3 = σ1 σ2 σ1 gilt:
(i) ∆σ1 = σ2 ∆,
(ii) ∆σ2 = σ1 ∆,
(iii) ∆2 kommutiert mit beiden Generatoren.
2
Aufgabe 8
Zeigen Sie:
In der Zopfgruppe Bn , (n > 2) folgt für zwei Zöpfe mit β n = γ n nicht notwendig β = γ,
d.h. es gibt keine eindeutig bestimmten Wurzeln.
Aufgabe 9
Verifizieren Sie:
Ein beliebiges Produkt eines nicht trivialen konjugierten Zopfes kann trivial sein.
Aufgabe 10
Zeigen Sie die folgenden Relationen in B3 :
(i) σ1 σ2 σ1−1 = σ2−1 σ1 σ2
(ii) σ1−1 σ2−1 σ1−1 = σ2−1 σ1−1 σ2−1
(iii) σ1−1 σ2−1 σ1 = σ2 σ1−1 σ2−1
(iv) σ1 σ2−1 σ1−1 = σ2−1 σ1−1 σ2
(v) σ1−1 σ2 σ1 = σ2 σ1 σ2−1
Aufgabe 11
Gegeben seien die Zopfgruppe Bn mit den Generatoren σ1 , σ2 , . . . , σn−1 .
Weiterhin sei
z := σ1 , σ2 . . . σn−1
und
z1 := z, z2 := σ2 σ3 . . . σn−1
sowie zn−1 := σn−1 .
Zeigen Sie:
a) zσ1 = σ2 z.
3
b) In Bn sei U die (Unter-)Gruppe, die von den Generatoren σ2 , σ3 , . . . , σn−1 erzeugt
wird, also
U := gr {σ2 , σ3 , . . . , σn−1 } .
Geben Sie eine Lösung der Gleichung
z n−1 = X · z · X
für n = 3 in U an.
Aufgabe 12
In dieser Aufgabe sollen Sie einen Zusammenhang zwischen der Zopfgruppe B3 und der
speziellen linearen Gruppe der SL(2, ZZ) kennenlernen.
a) Gegeben seien die Matrizen
0 −1
1 0
S :=
!
0 −1
1 1
und T :=
!
.
Zeigen Sie S 2 = −I = T 3 .
b) Verifizieren Sie, dass S bzw. T jeweils die zyklische Untergruppe ZZ4 bzw. ZZ6 von
SL(2, ZZ) erzeugt.
c) Berechnen Sie das Zentrum von SL(2, ZZ).
Die modulare Gruppe (projektive spezielle lineare Gruppe) P SL(2, ZZ) ist der Quotient von SL(2, ZZ) nach ihrem Zentrum. Man kann auch P SL(2, ZZ) als die (Unter-)
Gruppe der Möbius-Transformationen der komplexen Ebene mit der Korrespondenz
az + b
←→
z→
cz + d
a b
c d
!
∈ SL(2, ZZ)
auffassen.
Eine Möbius-Transformation ist eine Abbildung
f : C̃ → C̃, f (z) =
az + b
cz + d
mit ad − bc 6= 0 und C̃ := C {∞} .
S
d) In der Linearen Algebra werden eine Drehung (um den Nullpunkt) bzw. eine Spiegelung
durch die R2 → R2 -Abbildungen
x0
y0
!
=
cos ϕ − sin ϕ
sin ϕ cos ϕ
bzw.
4
!
x
y
!
x0
y0
!
=
cos ϕ sin ϕ
sin ϕ − cos ϕ
!
x
y
!
definiert.
Schreiben Sie diese Abbildungen vermöge der kanonischen Isomorphie
!
x
R 3
←→ x + iy ∈ C
y
2
als Abbildungen C → C.
Entscheiden Sie dann, ob diese Abbildungen Möbius-Transformationen sind.
e) Zeigen Sie, dass die spezielle lineare Gruppe
(
SL(2, R) =
a b
c d
!
)
2×2
∈R
|ad − bc = 1
durch die Möbius-Transformationen auf der oberen Halbebene
H = {z ∈ C | Im(z) > 0}
operiert.
f) Geben Sie alle Elemente aus P SL(2, ZZ) an, die Möbius-Transformationen mit den
Fixpunkten
±i
beschreiben.
1
nicht idempotent ist, d.h., dass es kein n ∈ N gibt, so
g) Zeigen Sie, dass f, f (z) = 1+z
n
dass f = f ◦ f ◦ . . . ◦ f (n-mal) die identische Abbildung von C̃ ist.
Gilt dies auch für g, g(z) =
1
?
1−z
Aufgabe 13
Sei X = {a, b} und
τ = {X, φ, {a}} .
Zeigen Sie, dass (X, τ ) ein wegzusammenhängender topologischer Raum ist.
Aufgabe 14
Beweisen oder widerlegen Sie folgende Aussagen:
5
1) Homöomorphe topologische Räume sind homotopieäquivalent.
2) Es sei X ein topologischer Raum und x ∈ X. Dann ist {x} ein Retrakt von X, aber
nicht notwendig ein Deformationsretrakt.
3) Es sei R versehen mit der Standard-Topologie und X ⊂ R abgeschlossen. Dann ist
der Rand von X ein Retrakt von X , aber nicht notwendig ein Deformationsretrakt.
4) Retrakte zusammenziehbarer Räume sind zusammenziehbar.
Aufgabe 15
Verifizieren Sie:
Wenn die Räume X und Y homotopieäquivalent sind und X wegzusammenhängend ist,
dann ist auch Y wegzusammenhängend.
Aufgabe 16
a) Begründen Sie anschaulich, warum π1 (S 1 ) ∼
= ZZ gilt.
b) Geben Sie eine Beweisskizze für die Aussage aus a) an.
Aufgabe 17
Formulieren Sei einen direkten Beweis, dass die Fundamentalgruppe des Kreises π1 (S1, 1)
abelsch ist.
Hinweis:
Seien λ, µ : I → S 1 zwei Schleifen. Dabei wird die Homotopie H : I → S 1 gegeben durch
(
H(s, t) =
µ(2st) · λ(2(1 − t)s
für 0 ≤ s ≤ 12 ,
µ(t + (1 − t)(2s − 1)) · λ(1 + 2t(s − 1)) für 12 ≤ s ≤ 1 ,
Dabei ist ζ · η das Produkt der komplexen Zahlen iin S 1 mit
H : λµ ∼
= µλ , d.h.
[λ][µ] = [µ][λ] .
Zeigen Sie, dass die Homotopie H die Komposition zweier Abbildungen
f : I × I → I × I und
g : I × I → S 1 ist.
6
Fertigen Sie auch eine Skizze an.
Aufgabe 18
Der Sierpinski-Raum S ist die Menge {0, 1} versehen mit der Topologie τ = { φ, { 0, 1}, { 0}}.
Verifizieren Sie, dass S einfach-zusammenhängend ist.
Aufgabe 19
Zeigen Sie, dass der Einheitskreis S 1 = {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 = 1} homöomorph zum
Kleeblattknoten ist.
Aufgabe 20
Berechnen Sie das Alexander-Polynom des Achterknotens.
Aufgabe 21
Berechnen Sie das Alexander-Polynom des Knotens 61 .
Aufgabe 22
Berechnen Sie das Jones-Polynom des Kleeblattknotens mit drei rechtshändigen Kreuzungen.
Aufgabe 23
Zeigen Sie, dass das Knotendiagramm des Achterknotens nicht färbbar ist.
Aufgabe 24
Gegeben seien die zwei Elemente
∆1 = σ1 σ22 σ1−1 σ2−1 σ12 σ2
und
∆2 = σ2−1 σ14 σ2
Zeigen Sie ∆1 = ∆2
i) rechnerisch
und
ii) geometrisch.
7
aus B3 .
Aufgabe 25
Berechnen Sie den Braid-Index des Kleeblattknotens.
Aufgabe 26
Welchen Zopf muss man verkleben, um den Achterknoten zu erhalten?
Aufgabe 27
Bezüglich einer Sequenz
φ
φ
X→Y →Z
in der Kategorie der abelschen Gruppen AB ist die Kohomologiegruppe von Y definiert
als Quotientengruppe ker ψ/ im φ, vorausgesetzt, es gilt im φ ⊂ ker ψ, d.h. für y = ψ(x) ∈
im φ hat man ψ(y) = 0 oder in anderen Worten ψ(y) = ψ(φ(x)) = (ψ ◦ φ)(x) = 0.
Gegeben sei die Sequenz
f
g
Z → C → C∗
in Ab
(∗)
mit f (n) = 4n und g(z) = e2πiz .
Berechnen Sie die Kohomologiegruppe von C bzgl. (∗)
Aufgabe 28
Zeigen Sie:
Die Sequenz 1 → Pn → Bn → Sn − 1 ist exakt.
Aufgabe 29
Sei n ≥ 2. Für ein festes n und i = 1, . . . , n − 1 sei die (n × n)-Matrix




Ui = 
Ii−1
0
0 1−t
0
1
0
0
0
0
t
0
0
0
0 In−i−1





über dem Ring R = Z[t, t−1 ] gegeben.
a) Zeigen Sie, dass Ui invertierbar ist, und berechnen Sie die inverse Matrix Ui−1 .
8
b) Zeigen Sie die Zopfrelationen Ui Uj = Uj Ui für alle i, j mit |i − j| ≥ 2 und Ui Ui+1 Ui =
Ui+1 Ui Ui+1 für i = 1, 2, . . . n − 2.
In den folgenden Aufgaben sollen die Anwendungen der Zopfgruppen in der Kryptographie
vorbereitet werden.
Aufgabe 30
Die Charakteristik eines Körpers F ist die kleinste natürliche Zahl mit p · 0 = 1, wobei 1
die multiplikative Eins des Körpers ist. Existiert kein p mit dieser Eigenschaft, so definiert
man die Charakteristik als Null.
Verifizieren Sie: Die Charakteristik eines Körpers F ist entweder 0 oder eine Primzahl p.
Aufgabe 31
Entscheiden Sie (mit Beweis), ob die Polynome
a) f (x) = x2 + x + 1 ∈ Z2 [x]
b) g(x) = 2x6 + x4 ∈ Z3 [x]
irreduzibel bzw. reduzibel sind.
Aufgabe 32
a) Verifizieren Sie, dass der Ring R[x]/(1 + x2 ) ein Körper ist.
Identifizieren Sie diesen Körper.
b) Überprüfen Sie, ob der Ring
Z2 [x]//1 + x + x2 )
ein Körper ist.
Aufgabe 33
Berechnen Sie für
α :=
√
5 +
√
7
das Minimalpolynom f (x) über Q.
Aufgabe 34
Sei C ein linearer Code der Länge n über Fq . Verifizieren Sie:
i) |C| = q dim(C) , d.h. dim(C) = logq |C|;
9
ii) C ⊥ ist ein linearer Code, und es gilt dim(C) + dim(C ⊥ ) = n;
iii) (C ⊥ )⊥ = C.
Aufgabe 35
Gegeben sei das Schlüsselaustausch-Protokoll nach Diffie-Hellman, Ko et al., d.h. der
öffentliche Schlüssel P ist ein Element aus Bn . Die privaten Schlüssel von Alice und Bob
seien jeweils SA ∈ LBn und SB ∈ U Bn . Berechnen Sie den gemeinsamen Schlüssel für
SA = σ4 σ5 σ2
SB = σ7 σ10 σ9
und
p = σ1 σ2 σ8 ∈ B10 .
Aufgabe 36
i) Zeichnen Sie den farbigen Zopf der durch folgendes Zopfwort repräsentiert wird:
1
C = br(2)bg(−2)gr(2)bg( ) .
2
ii) Geben Sie die entsprechenden Verteilungen n(−2), n(2), n(3) und n( 12 ) an.
Aufgabe 37
Berechnen Sie die Verteilung n(T ) der Zopfsegmentlängen, die durch folgende (vereinfachte) Gleichung gegeben ist:
1 Z ∞ −|T −w|
2
√
e
n(w)dw = e−T .
2π −∞
Aufgabe 38
a) Beweisen oder widerlegen Sie:
Man kann auf der Sphäre
S 2 = {(x, y, z) ∈ R3 | x2 + y 2 + z 2 = 1}
einen Atlas konstruieren, der genau eine Karte enthält.
b) Konstruieren Sie einen topologischen Raum, der eine abzählbare Basis der Topologie
besitzt, nicht hausdorffsch und nicht lokal homöomorph zum Rn ist.
10
Aufgabe 39
Betrachten Sie die offenen Teilmengen U und V des Einheitskreisess
S 1 := {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 = 1} ⊂ R2 ,
die gegeben sind durch
U = {(cos α, sin α) | α ∈]0, 2π[
und V = {(cos α, sin α) | α ∈] − π, π[} .
Zeigen Sie, dass
A := { (U, ϕ), (V, ψ)}
mit
ϕ : U → R, ϕ(cos α, sin α) = α für α ∈]0, 2π[
ψ : V → R, ψ(cos α, sin α) = α für α ∈] − π, π[
ein Atlas auf S 1 ist.
Aufgabe 40
Gegeben sei die Heisenberg-Gruppe
H :=










1 x y

0 1 z 
.
|
x,
y,
z
∈
R



0 0 1
(a) Versehen Sie H so mit einer Struktur, dass H eine C ∞ -Mannigfaltigkeit wird, die
zum R3 isomorph ist.
(b) Zeigen Sie, dass H, versehen mit der Matrizenmultiplikation, eine Lie-Gruppe ist.
(c) Ist die Abbildung f : H → R, A 7→ f (A) = x + y + z differenzierbar?
(d) Ist f aus (c) ein Homomorphismus von Lie-Gruppen?
Aufgabe 41
Zeigen Sie bitte, dass die reelle projektive Ebene P2 (R) nicht orientierbar ist.
Aufgabe 42
Sei n eine natürliche Zahl und q1 bzw. q2 seien Einheiten in einem Integritätsring R. Die
Iwahori-Hecke-Algebra Hn (q1 , q2 ), oder kurz Hn , ist die assoziative R-Algebra gegeben
durch die Generatoren T1 , . . . , Tn−1 und den Relationen
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1) Ti Tj = Tj Ti für |i − j| > 1
2) Ti Tj Ti = Tj Ti Tj für |i − j| = 1
3) (Ti − q1 )(Ti − q2 ) = 0.
i) Die gewöhnliche Definition der Iwahori-Hecke-Algebra benutzt nur einen Parameter q, genauer hat man Hn (−1, q) oder auch manchmal Hn (1, −q).
Zeigen Sie, dass das keine Beschränkung der Allgemeinheit ist, indem Sie einen
Isomorphismus
q2
HH (q1 , q2 ) → Hn (−1, − )
q1
angeben.
ii) Berechnen Sie Ti−1 in Abhängigkeit von Ti , q1 und q2 .
iii) Geben Sie einen Homomorphismus von der Zopfgruppe Bn in die Gruppe der
Einheiten von Hn an.
Aufgabe 43
Sie X eine Riemannsche Fläche. Eine biholomorphe Abbildung f : X → X wird auch
Automorphismus von X genannt. Die Menge Aut(X) aller Automorphismen von
X zgl. der Komposition von Abbildungen offenbar eine (i.A. nicht-abelsche) Gruppe.
Sei Y eine weitere Riemannsche Fläche. Zeigen Sie: Sind X und Y biholomorph
äquivalent, so sind die Gruppen Aut(X) und Aut(Y ) isomorph.
Aufgabe 44
Zeigen Sie, dass in einer linksorderablen Gruppe G gilt:
i) 1 < g ⇒ g −1 < 1,
ii) G ist torsionsfrei.
Aufgabe 45
Sei G eine Torsionsgruppe. Beweisen oder widerlegen Sie: Im Gruppenring ZG
existieren keine Nullteiler.
Aufgabe 46
Gegeben sei die Abbildung
f : S n−1 → conf(Rn , 2),
f (z) = (z, −z).
Konstruieren Sie einen Schnitt, d.h. eine Abbildung
g : conf(Rn , 2) → S n−1
mit g ◦ f = id.
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