Die neue ÖVGW-Richtlinie W 72 „Schutz

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Mitt. Österr. Geol. Ges.
ISSN 0251-7493
88 (1995)
41-49
W:c-i. Sc:pii--'b«r I997
Schlüsselwörter
Trinkwasserversorgung
Schutzgebiete
Schongebiete
Richtlinien
Die neue ÖVGW-Richtlinie W 72
„Schutz- und Schongebiete"
ösM
HILMAR ZETINIGG*)
2 Tabellen
Inhalt
1.
2.
3.
4.
5.
Zusammenfassung
Abstract
Einleitung
Vorbilderund Vorläufer der ÖVGW-Richtlinie W 72/1995
Die ÖVGW-Richtlinie W 72/1995
3.1 Die 60-Tagegrenze und ihre Herkunft
3.2 Sonderfälle und Abweichungen von der 60-Tagegrenze
3.2.1 Karst
3.2.2 Kluftgrundwasserleiter
3.2.3 Exfiltrationsstrecken
3.2.4 Grundwasseranreicherung
3.3 Die Berücksichtigung des vertikalen Sickerweges
3.4 Tiefengrundwasser und artesisches Wasser
3.5 Die Einzelwasserversorgung
3.6 Weitere Festlegungen
3.7 Der Maßnahmenkatalog
Die Beschaffung der Grundlagen für die Einrichtung von Schutzzonen
Ausblick
Literatur
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Zusammenfassung
Im März 1995 ist die Neufassung der ÖVGW-Richtlinie W 72 „Schutz- und Schongebiete" erschienen. Das Dimensionierungskriterium für die
Schutzzone II als bakteriologische Schutzzone ist weiterhin die 60-Tagegrenze. Ähnlich wie im DVGW-Arbeitsblatt W 101/1992 werden für Porengrundwasser die Methoden zur Ermittlung der Grenzen der Schutzzone II angeführt. Mathematische Grundwassermodelle können als besonders nützlich zur Festlegung dieser Schutzgebietsgrenzen gelten. Auf Karstgrundwasser, Kluftgrundwasser, Exfiltrationsstrecken und die
Grundwasseranreicherung werden als Sonderfälle näher eingegangen. Die Unterschiede zum DVGW-Arbeitsblatt W 101/1992 werden hervorgehoben. Die genauere Erfassung der hydrogeologischen Verhältnisse soll zur Ausweisung des hydrographischen bzw. unterirdischen Einzugsgebietes von Wassergewinnungsanlagen führen, deren Schutzzonen an die aktuellen Verhältnisse anzupassen sind, was durch die Wasserrechtsnovelle 1990 ermöglicht wird. Nicht zuletzt wird die Herkunft und Notwendigkeit der 60-Tagegrenze in Frage gestellt und auf die Wegleitung des Eidgenössischen Amtes für Umweltschutz (1977), die unter speziellen Bedingungen eine 10-Tagegrenze zuläßt, verwiesen. Durch
die Wasserrechtsnovelle 1990 (BGBl.Nr. 252/1990) wird die Aufnahme von Verboten und Nutzungsbeschränkungen in Schongebietsverordnungen ermöglicht. Damit können Schongebiete die Funktion von Verbotszonen übernehmen und die Wirkung von Schutzzonen, insbesondere
die der Schutzzone III erreichen.
The new ÖVGW-Guidline W 72 „Water Protection Areas"
Abstract
In March, 1995, the second edition of the Austrian (ÖVGW) guideline W 72 „Water-protection-areas" was published. The criterion for the
delineation of protection area II, the 60-day-line is to be continued. The methods of delineation are largely in accordance with the German
(DVGW) guideline W 101 for drinking water protective areas, Part I: „Protective areas for groundwater" from October, 1992. The problems with
delineation of protection areas in karst- and joint-aquifers with high groundwater-flow-velocities, as well as artificial groundwater alimentation
and river water exfiltration areas, are treated as special cases. The importance of hydrogeological investigations to fix the watersheds of wells
and springs intake areas for the delineation of the protection-areas (l-lll) is stressed. The water law (Novelle 1990) now permits the revision of
existing protection areas and their adaption to the actual problems of groundwater contaminations, as for example with nitrate. The so called
„Schongebiet" now takes over the function of the protection-area III as an inhibition-area.
*) Anschrift des Verfassers: ROBR. Univ.-Doz. Dr. HILMAR ZETINIGG, Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung III a - Wasserwirtschaft, A-8010 Graz, Stempfergasse 7.
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1. Einleitung
Die Mitteilung W 72 (1981) „Trinkwasserschutz- und Schongebiete" der Österreichischen Vereinigung für das Gas- und
Wasserfach (weiterhin als ÖVGW bezeichnet) war in den letzten 15 Jahren ein von Sachverständigen der Wasserrechtsbehörde und Projektanten viel verwendetes Instrument zur Einrichtung von Schutzgebieten für die Trinkwasserversorgung,
insbesondere aber zur Festlegung ihrer Dimensionen und
materiellen Inhalte. Hervorzuheben ist, daß sie in Österreich
nicht überall in gleichem Maße Verwendung fand und manche
Bundesländer eigene aber ähnliche Wege gingen.
Für die Einrichtung von Schongebieten wurde im Jahre
1984 vom Österreichischen Wasserwirtschaftsverband (weiterhin als ÖWWV bezeichnet) der Arbeitsbehelf Nr. 2 „Grundwasser-Schongebiete" erstellt, der nunmehr sowohl durch die
Wasserrechtsnovelle 1990 als auch die neue ÖVGW-Richtlinie
W 72 (1995), die auch die Schongebiete näher behandelt, als
überholt zu bezeichnen ist. Dazu kann vermerkt werden, daß
für die Einrichtung der an Zahl viel geringeren Schongebiete
das Verlangen nach einer eigenen Richtlinie nie so ausgeprägt war wie für Schutzgebiete. Bei Schongebieten wurde
gewöhnlich an den bereits rechtskräftigen bzw. bestehenden
Verordnungen Maß genommen. Die Überarbeitung bzw.
Neufassung der ÖVGW-Mitteilung W 72 (1981) wurde durch
mehrere Entwicklungen bzw. Ereignisse herbeigeführt, und
zwar:
Ständige Schwierigkeiten bei der Umsetzung dieser Richtlinie in der Praxis wegen ihrer auf Porengrundwasser eingeschränkten Eignung durch die 60-Tagegrenze (siehe Kap. 3.1)
Für Quellen und vor allem Karstquellen wurde dieses Dimensionierungskriterium wegen der hohen Abstandsgeschwindigkeiten immer wieder für nicht umsetzbar bzw. unangebracht befunden.
Versagen der bestehenden Schutzzonen bezüglich der Vermeidung von flächenhaften chemischen Kontaminationen
des Grundwassers, wie z. B. durch Nitrat und Pestizide. Aufgrund ungenügender Abstimmung auf die Landwirtschaft
konnte auf die sukzessive Intensivierung der Landwirtschaft
nicht durch entsprechende Verbote und Nutzungsbeschränkungen rechtzeitig reagiert werden.
Die Möglichkeit zur Anpassung der Schutzgebiete an die
aktuelle Situation infolge der Wasserrechtsgesetznovelle
1990, BGBl. Nr. 252 (weiterhin als Wasserrechtsnovelle 1990
bezeichnet). Nunmehr ist nach § 34 Abs.1 Wasserrechtsgesetz 1959 in der geltenden Fassung (weiterhin als WRG bezeichnet): „die Änderung solcher Anordnungen zulässig, wenn
der Schutz der Wasserversorgung dies gestattet oder erfordert. "
Die Möglichkeit, Schongebiete nach § 34 Abs. 2 WRG infolge der Wasserrechtsnovelle 1990 zusätzlich zu wasserrechtlich anzeige- und bewilligungspflichtigen Maßnahmen mit Verboten und Nutzungsbeschränkungen auszustatten, womit sie
die Wirkung einer „Schutzzone III" erzielen können.
2. Vorbilder und Vorläufer der
ÖVGW-Richtlinie W 72/1995
Bevor nun die neue W 72 vorgestellt wird, soll kurz über die
Vorläufer und Vorbilder dieser Richtlinie berichtet werden. Vorbild für die vorausgegangene ÖVGW-Mitteilung W 72/1981
war zweifellos das Arbeitsblatt W 101/1975 der Deutschen
Vereinigung für das Gas- und Wasserfach (weiterhin als
H. ZETINIGC
DVGW bezeichnet), das inzwischen wohl aus ähnlichen Gründen wie in Österreich eine Neufassung erfahren hat und nun
in der 4. Ausgabe 1992 vorliegt.
Unabhängig davon, daß bei altbestehenden Schutzgebieten sowohl die Dimensionierungskriterien als auch die
Herkunft des materiellen Inhaltes oft nicht mehr nachvollziehbar sind, außer daß die Vorbildwirkung noch ältere Schutzgebiete (Wasserrechtsbescheide, Vorlagenblätter der Amtssachverständigen) zu bemerken ist, muß das DVGW-Arbeitsblatt W 101 ab seiner ersten Ausgabe im Jahre 1953 in Österreich zunehmend Bekanntheit erlangt haben. Sachverständige, die mit der Einrichtung von Schutzgebieten befaßt
waren, mögen sich an diesem deutschen Arbeitsblatt orientiert haben, in dessen 2. Ausgabe 1961 erstmals die 50-Tagegrenze als Dimensionierungskriterium für die Schutzzone II
aufscheint.
Einen Hinweis auf die Wirkung des deutschen Arbeitsblattes in Österreich gibt ein Merkblatt des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom März 1979 über „Schutzanordnungen für Wasserversorgungsanlagen". Dieses Merkblatt
übernimmt die Gliederung der Schutzzonen (l-lll) und die 50Tagegrenze für die Schutzzone II fast gleichlautend aus dem
DVGW-Arbeitsblatt W 101 (1975). Auch die aus dem Jahr
1977 stammende ÖVGW-Mitteilung W 70 „Grundsätze für die
Erstellung von Wasserversorgungsrahmenplänen" hält sich
im wesentlichen an die deutsche Schutzzonengliederung unter Ausweisung der „österreichischen" 60-Tagegrenze für die
Schutzzone II. Darüberhinaus wird noch auf das Schongebiet
als Instrument zur Sicherung ganzer Einzugsgebiete verwiesen.
Auch in älteren Ausgaben des Österreichischen Lebensmittelbuches „Codexkapitel B 1 - Trinkwasser" spiegelt sich die
Schutzzonengliederung der DVGW-Richtlinie W 101 - allerdings mit der 60-Tagegrenze für die Schutzzone II - wider.
In Niederösterreich bildete sich eine traditionelle Vorgangsweise für die Einrichtung und Gliederung von Schutzgebieten
heraus, über die KASPER (1992) berichtet und die anscheinend
nie in verbindlicher, schriftlicher Form niedergelegt worden ist.
Auch diese Vorgangsweise orientiert sich an der DVGW-Richtlinie W 101 unter Berücksichtigung des Österreichischen
Wasserrechtes.
Den Bedarf an einer verbindlichen Rieht- oder Leitlinie für
Schutzgebiete zeigte sich auch in der Steiermark, wo vom
Amt der Landesregierung zweimal mit der Ausarbeitung einer
eigenen Schutzgebietsrichtlinie nach dem Vorbild der DVGWRichtlinie W 101 begonnen wurde. Der letzte Entwurf aus dem
Jahre 1992 wurde in Erwartung der neuen ÖVGW-Richtlinie
W 72 zurückgehalten, ein abweichender Weg scheint nun
nicht mehr angebracht zu sein.
Aus der Verwendung unterschiedlicher und voneinander
abweichender Richtlinien, Arbeitsbehelfe und Vorbilder (alte
Bescheide, Vorlagen für Sachverständige etc.) für die Einrichtung von Trinkwasserschutzgebieten in Österreich ergibt sich,
daß selbst die Bezeichnung der Schutzzonen nicht einheitlich
ist. Die unterschiedliche Rechtslage in Deutschland und
Österreich macht eine direkte Übertragung der Zonengliederung schwierig. So ist in der ÖVGW-Mitteilung 72/1981 neben
der Schutzzone I und II das Schongebiet-wohl als unzulänglicher Ersatz für die Schutzzone III - ausgewiesen. Um einen
Überblick über die unterschiedlichen Gliederungen und Bezeichnungen der Schutzzonen in Österreich im Vergleich mit
Deutschland (DVGW-Arbeitsblatt W 101) zu ermöglichen, wird
dieser in Form einer Tabelle (Tab. 1) geboten.
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Die neue ÖVGW-Richtlinie W 72 „Schutz- und Schongebiete"
3. Die OVGW Richtlinie
W 72/1995
Aufgrund dieser Sachlage wurde
im Jahre 1989 bei der ÖVGW eine
Arbeitsgruppe unter der Leitung
von
FRISCHHERZ und SCHIMON ge-
bildet, die eine Neuausgabe der
ÖVGW-Mitteilung W 72/1981 unter
der Bezeichnung „ÖVGW Richtlinie
W 72 - Schutz- und Schongebiete
- 1. Auflage März 1995", herausbrachte. Während die grundsätzliche Schutzzonengliederung (l-lll)
beibehalten wird, mußte in Abstimmung auf die Wasserrechtsnovelle
1990 eine Regelung für einen sich
ergänzenden Einsatz der Rechtsinstrumente „Schutzgebiet" gemäß
§ 34 Abs.1 WRG und „Schongebiet" gemäß § 34 Abs. 2 WRG gefunden werden, die wie folgt formuliert wird:
Tab. 1
Übersicht von Bezeichnungen für Trinkwasserschutzzonen in Österreich
land
Grundlage für die
Areal zum Schutz der Areal zum Schutz
Einrichtung und Ab- Wasserfassung und
gegen bakterielle Vergrenzung von Trink- ihrer unmittelbaren
unreinigung
wasserUmgebung
Schutzgebieten
DVGW-Regelwerk
Zone I
Zone II
Arbeitsblatt W 101
Fassungsbereich
Engere Schutzzone
Februar 1975
(Abgrenzung nach
50-Tagegrenze
DVGW-Regelwerk
Zone I
Zone II
Arbeitsblatt W 101
Fassungsbereich
Engere Schutzzone
4. Ausgabe
(Abgrenzung nach
Oktober 1992
50-Tagegrenze
OVGW-Mitteilung
Schutzzone I
Schutzzone II
W 72, Jänner 1981
(Fassungsbereich)
(Abgrenzung nach
60-Tagegrenze)
OVGW-Richtlinie
Schutzzone I
Schutzzone II
W 72, März 1995
(Fassungsbereich)
(Abgrenzung nach
60-Tagegrenze)
Schutzanordnung für Zone I
Zone II
WasserversorgungsFassungsgebiet
Engeres Schutzgebiet
anlagen, Amt der
(Abgrenzung nach
Oberösterr. LR,
50-Tagegrenze)
März 1979
Leitlinie für die ErSchutzzone I
Schutzzone II
richtung von TrinkEngeres Schutzgebiet Weiteres Schutzgebiet
wasserschutzgebieten
(60-Tagegrenze)
in der Steiermark
Entwurf 1991
Niederösterr. traditio- Engeres Schutzgebiet Weiteres Schutzgebiet
nelle Vorgangsweise4) (Fassungszone, Zone I (Zone II von etwa
bis etwa 40-100 m)
100-1000 m, 60Tagegrenze)
Häufige Bezeichnung Engeres Schutzgebiet Weiteres Schutzgebiet
von Brunnen- und
(ohne spezielle Grenze
Quellschutzgebieten
der Verweildauer)
im Vergleich zu DeutschAreal zum Schutz vor
nicht oder schwer
abbaubaren chemischen u. radioaktiven
Verunreinigungen
Zone III
weitere Schutzzone
(bis zur Grenze des
Einzugsgebietes)
Zone III
(bis zur Grenze des
unterirdischen Einzugsgebietes^1'
Schongebiet2'
Schutzzone III
und/oder Schongebiet3'
Zone ITI
Weiteres Schutzgebiet
„Für die Unterteilung von Schutzund Schongebieten kann grundsätzlich nicht mehr die Distanz zwischen dem Ausgangspunkt einer
Schutzzone III
möglichen Verunreinigung und der
Erweitertes SchutzWasserfassung als alleiniges Kritegebiet oder Schongerium angesehen werden. Dort, wo
biet
Verbote mit Drittwirkung gegenüber einem unbestimmten AdresSchongebiet (Zone
satenkreis erforderlich sind, bedarf
lila u. b, 365es einer Verordnung. SchutzgeTagegrenze)
bietsbescheide sind auf jene Fälle
Erweitertes Schutzzu beschränken, wo mit Anordnungebiet oder Schongen gegen bestimmte Personen
gebiet
ein hinreichender Schutz erreicht
werden kann. Dadurch kann sich
'' Oberirdisch dort hinein entwässernde Flächen können zusätzlich einbezogen werden.
eine räumliche Überlagerung von
2)
Ein Schongebiet ist in der Regel eine über die Schutzgebiete hinausgehende SicherheitsSchutz- und Schongebieten ergezone. Es kann große Teile oder gesamte Einzugsgebiete der Wassergewinnungsanlage
ben. Die Unterteilung der zu schüterfassen.
3)
zenden Gebiete erfolgt nach dem
Je nach Art und Adressatenkreis der anzuordnenden Maßnahmen hat die WasserrechtsGrundsatz ihrer Schutzbedürftigkeit
behörde einen Schutzgebietsbescheid oder eine Schongebietsverordnung zu erlassen.
4)
in Schutzzonen, wobei die BehörKASPER, W., 1992: Neuordnung von Schutz- und Schongebieten - praktische
de die erforderlichen Anordnungen
Erfahrungen, GWW 46, 9, Wien.
je nach Art und Lage des Falles
mittels Schutzgebietsbescheides oder
mit einer SchongeSchutzzone I chemische Zone (große, über die Schutzzobietsverordnung zu treffen haben wird."
ne II reichende Teile des Einzugsgebietes)
zum Schutz vor chemischen VerunreinigunDurch diese Regelung wird von der bisherigen scharfen gegen, insbesondere solchen, die im Untergenseitigen Abgrenzung und Aufeinanderfolge von Schutzgrund keinem biochemischen Abbau unterund Schongebieten, die wiederum meist in eine engere und
liegen;
weitere Zone gegliedert werden, abgegangen. Die Schutzzone II kann auch mit Schongebietsbestimmungen gemäß § 34
Schongebiet: zusätzliche Sicherheitszone (bis zur Grenze
Abs. 2 WRG ausgestattet werden. Die technische und hydrodes Einzugsgebietes reichend) mit einer Wirgeologische Betrachtungsweise der Schutzzonengliederung
kung gegen schwerabbaubare chemische
gemäß ÖVGW-Richtlinie W 72/1995:
Substanzen, ähnlich der Schutzzone III;
Schutzzone I: Fassungsbereich zum Schutz der unmittelbaren Umgebung der Wasserfassung und der
Fassung selbst gegen schädigende Einwirkungen aller Art;
Schutzzone II: bakteriologische Zone (60-Tagegrenze) zum
Schutz gegen pathogene Keime und Viren;
der Schutz gegen chemische Kontaminationen ist integriert;
wird durch die Bewertung der Wirkungsrichtung von Verboten
und Nutzungsbeschränkungen überlagert. Es muß sich nun
zeigen, ob diesem Vordringen juristischer Sichtweisen bei der
Gliederung der Schutz- und Schongebiete in der Praxis auch
gefolgt werden wird. Bezüglich der Bezeichnung der Schutzzonen als engeres und weiteres Schutzgebiet, die in Österreich bisher nicht einheitlich erfolgte, wird auf Tab.1 verwiesen.
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Im Zusammenhang mit der Zonengliederung der Schutzgebiete, die in einer Unterteilung des Einzugsgebietes von Wasserfassungen (Quellen, Brunnen) nach unterschiedlichen Kriterien besteht, ist dem Begriff „Einzugsgebiet" besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Bei der Fassung von Grundwasser
steht dem auf den Standort der Fassung bezogenen orographischen Einzugsgebiet, welches nach der Oberflächenform
abgegrenzt wird, das nach der Erstreckung des Grundwasserleiters abzugrenzende tatsächliche Einzugsgebiet gegenüber. Letzteres wird auch als unterirdisches Einzugsgebiet,
wie z. B. im DVGW-Arbeitsblatt W 101/1992, bezeichnet. In
der ÖVGW-Richtlinie W 72/1995 sind gemäß ÖNORM B 2400
- Hydrologie (1986) die beiden Bezeichnungen „hydrographisches Einzugsgebiet", abgegrenzt nach der unterirdischen
Wasserscheide, und „orographisches Einzugsgebiet", abgegrenzt nach der oberirdischen Wasserscheide, in Verwendung.
Zur Wirkung der Schutzzone III und des Schongebietes wird
noch hervorgehoben, daß diese durch die Einrichtung von
Vorfeldmeßstellen zur Erfassung der Qualität des zuströmenden Grundwassers einen Reaktionszeitraum für Gegenmaßnahmen bieten sollen. Dies bedeutet, daß bei Auftreten von
Schadstoffen in den Vorfeldmeßstellen (Kontrollsonden) ausreichend Zeit zur Verfügung steht, um durch Gegenmaßnahmen ein Zuströmen der Schadstoffe zur Wasserfassung zu
verhindern. Als derartige Maßnahme kann z. B. eine Drosselung der Fördermenge oder die Inbetriebnahme von Sperrbrunnen, die ebenfalls innerhalb der Schutzzonen anzuordnen wären, gelten.
3.1 Die 60-Tagegrenze und ihre Herkunft
Die Grundlage für die Gliederung (Schutzzone l-lll) und Dimensionierung der Schutzzonen bilden zwei Arbeiten von
KNORR (1937, 1951). In diesen Arbeiten wird aufgrund von
Feldversuchen nachgewiesen, daß der Aufenthalt des Wassers im Boden über einen Zeitraum von 60 Tagen ausreicht,
um allochthone Mikroorganismen im Grundwasser absterben
zu lassen und somit auch zur Elimination pathogener Bakterien führt. Eine Aussage, die später auch auf Viren übertragen
wurde. So stellt KNORR (1951) fest, daß die Länge einer
Schutzzone I = 60 x v (m/d) ausreicht Flußwasser zu „veredeln", womit zweifellos Trinkwasserqualität gemeint ist. Aus
diesen Feststellungen von KNORR wurde in Deutschland
(DVGW-Arbeitsblatt W 101) die 50-Tagegrenze für die Verweildauer des Wassers im Untergrund und in Österreich (ÖVGWMitteilung W 72) die 60-Tagegrenze abgeleitet. Die unterschiedliche Festlegung dieser Grenze ist aufgrund der zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht nachvollziehbar. Doch
kann hiezu bemerkt werden, daß sich der Zeitunterschied von
10 Tagen alleine aufgrund der Unscharfen der Meß- und Bestimmungsmethoden der Grundwasserfließgeschwindigkeit
(Va = Abstandsgeschwindigkeit) weitgehend relativiert. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, daß entgegen den
Bestrebungen einzelner Hygieniker für die Bemessung der
Schutzzone II die maximale Abstandsgeschwindigkeit heranzuziehen, heute die mittlere Abstandsgeschwindigkeit als verbindlich angesehen wird, da sich die Masse des Grundwassers mit dieser fortbewegt. Nach den Erläuterungen bzw. Erfahrungsberichten zum DVGW-Arbeitsblatt W 101/1975 von
BOLSENKÖTTER et al. (1984) kann ersatzweise auch die dominierende Abstandsgeschwindigkeit verwendet werden, die
sich aus der Laufzeit der höchsten Tracerkonzentration ergibt
und oft schneller und leichter zu ermitteln ist.
Nach diesen Grundlagen ist die Schutzzone II als bakteriologische Zone zu bezeichnen, in die natürlich auch der Schutz
H. ZETINIGI
gegen chemische Verunreinigungen aller Art einbezogen sein
muß, was sich im materiellen Inhalt zu manifestieren hat. Die
Bestimmungsmethoden für die Fließgeschwindigkeit des
Grundwassers in Form der Abstandsgeschwindigkeit beziehen sich sowohl durch die Ermittlung aus hydrologischen Parametern (Durchlässigkeitsbeiwert, hydraulischer Gradient,
effektives Porenvolumen) als auch mit Tracerversuchen auf
Porengrundwasser. Darüberhinaus können Tracerversuche
auch bei Karstgrundwasser erfolgreich eingesetzt werden.
Die hohen Fließgeschwindigkeiten im alpinen Karst gestatten
aber vielfach keine Aufenthaltszeit von 60 Tagen, so daß die
Schutzzone II nicht danach dimensioniert werden kann. In diesen Fällen sollte sie grundsätzlich durch eine Sicherheitsentkeimung kompensiert werden.
In den alpinen Tälern Österreichs und der Schweiz können
immer wieder hohe Abstandsgeschwindigkeiten des Porengrundwassers (bis zu mehreren Zehnermetern pro Tag) festgestellt werden. Als Beispiel kann auf Abstandsgeschwindigkeiten des Grundwassers im Mur- und Mürztal verwiesen
werden, die ZETINIGG (1983) übersichtlich zusammenfaßt. Da
solche Abstandsgeschwindigkeiten kaum durchsetzbare
Längserstreckungen der Schutzzone II erfordern, wurde vor
allem in der Schweiz die Notwendigkeit der 50-Tagegrenze in
Frage gestellt.
Aufgrund einer Auswertung der Erfahrungen mit der 50-Tagegrenze von REHSE (1977) wird in der „Wegleitung zur Ausscheidung von Gewässerschutzbereichen, Grundwasserschutzzonen und Grundwasserschutzarealen" des Eidgenössischen Amtes für Umweltschutz (1977) für die Schutzzone II
bei Erfüllung gewisser Randbedingungen (z. B. Sauerstoffgehalt des Grundwassers von mindestens 5 mg/l) die 10-Tagegrenze zugelassen. Eine Mindestlänge von 100 m und die
Einrichtung einer Schutzzone III ist aber Grundbedingung hiefür.
Diesem Ansatz wurde bei der Neufassung der ÖVGW-Richtlinie W 72 aus zwei grundsätzlichen Erwägungen nicht gefolgt. Einerseits sollen hiedurch längere Reaktionszeiten auf
nahende, durch Vorfeldbeobachtungen erkannte Kontaminationen gewahrt bleiben. Andererseits ist festzustellen, daß
sich diese Grenzziehung bisher in bakteriologischer Hinsicht
bewährt bzw. vor bakteriologischen Problemen bewahrt hat.
Dies, obwohl inzwischen durch zahlreiche Untersuchungen
bekannt ist, daß die Eliminationszeiten für Bakterien und Viren, je nach ihrer Art, äußerst unterschiedlich sind und oft weit
über 60 Tagen liegen. Wie SCHLEYER et al. (1989) feststellen,
hängt die Elimination von Mikroorganismen nicht alleine von
zeitabhängigen Absterbe- und Inaktivierungsprozessen ab.
Die Steuerung der Überlebensdauer und des Transportes von
Mikroorganismen im Aquifer erfolgt vielmehr auch durch die
Wechselwirkung von chemisch-physikalischen, biologischen,
biochemischen und biophysikalischen Prozessen, insbesondere aber auch durch fließstreckenabhängige AdsorptionsDesorptions und Filtervorgänge. Nicht zuletzt aufgrund dieser
Fakten und anderer rechtlicher Grundlagen hat die Schweizer
Wegleitung in Österreich keine Vorbildwirkung erreicht. Es
wird daher in Österreich, trotz der unterschiedlichen Eliminationszeiten von Bakterien und Viren und der Umsetzungsschwierigkeiten bei Quellen, von der 60-Tagegrenze nicht abgegangen.
3.2 Sonderfälle und Abweichungen von
der 60-Tagegrenze
Aufgrund des Festhaltens an der 60-Tagegrenze für die
Schutzzone II ist es notwendig auf die Sonderfälle, bei denen
sie aus hydrologischen oder hydrogeologischen Gründen
Die neue ÖVGW-Richtlinie W 72 „Schutz- und Schongebiete"
nicht anwendbar ist, besonders hinzuweisen und Wege zur
Lösung dieser Problemfälle aufzuzeigen. Diese Sonderfälle
sind in der Richtlinie W 72/1995 (Abschnitt 5.3) taxativ aufgelistet und sollen nachfolgend vorgestellt werden.
3.2.1 Karst
Auf die weitlumigen unterirdischen Wasserwege, die eine
Filterwirkung, wie sie Porengrundwasserleiter bieten, vermissen lassen, und die meist festzustellende Diskrepanz zwischen orographischen und hydrographischen (hydrogeologischen oder auch unterirdischen) Einzugsgebiet soll hiezu besonders verwiesen werden. Dazu kommen noch die großen
Abstandsgeschwindigkeiten des Wassers im Gebirgskarst,
die Größenordnungen von mehreren Zehnermetern bis zu wenigen hundert Metern pro Tag erreichen können.
Für Karstareale werden daher Schutzmaßnahmen unabhängig von einer Zonierung gebietsumfassend zur Anwendung empfohlen. Aus hydrogeologischer Sicht ist dabei
grundsätzlich eine Sicherheitsentkeimung vorzusehen. Diese
Vorsorgemaßnahme fand allerdings keine Aufnahme in die
Richtlinie. Für die Bearbeitung von Schutzgebietsfragen im
Karst wird darüberhinaus nahegelegt das ÖWWV-Regelblatt
201/1984 (Leitlinie für die Nutzung und den Schutz von Karstwasservorkommen für Trinkwasserzwecke) zu Rate zu ziehen,
da in diesem die Fließvorgänge des Karstwassers im Gebirgskörper und die speziellen Verhältnisse im österreichischen
Gebirgskarst erläutert sowie Hinweise zur Einrichtung von
Schutzgebieten gegeben werden.
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mittlung der 60-Tagegrenze ist daher in solchen Fällen nicht
möglich. Hinweise für die Vorgangsweise bei der Einrichtung
von Schutzgebieten gibt das ÖWWV-Regelblatt 205/1990
„Nutzung und Schutz von Quellen in nicht verkarsteten Bereichen." In diesem Regelblatt wird eine hydrogeologische Kartierung zur Feststellung des Einzugsgebietes und sodann die
Festlegung von Schutzzonen aufgrund einer „Gefahrenabschätzung" empfohlen.
3.2.3 Exfiltrationsstrecken
Exfiltrationsstrecken von Oberflächengerinnen (Gewässerstrecken, aus denen eine Grundwasseranreicherung erfolgt)
sind zur Erhaltung der Wirkung des Bodenfilters durch eine
Schutzzone (III) zu sichern. Wenn diese Gewässerstrecken im
Bereich von Porengrundwasserleitern liegen, ist die Möglichkeit zur Umsetzung der 60-Tagegrenze zu prüfen. Da hiezu
weitere Hinweise in der Richtlinie fehlen, gilt der allgemeine
Grundsatz, daß es sich bei der Schutzzonenfestlegung um einen „Maßanzug" handeln muß, der eben den örtlichen Verhältnissen gerecht zu werden hat.
3.2.4 Grundwasseranreicherung
Anlagen zu Grundwasseranreicherungen, die bei uns wohl
immer im Bereich von Porengrundwasserleitern liegen, sind
durch eine Schutzzone I zu sichern. Dies gilt für den gesamten
Bereich zwischen Versickerungs- und Wassergewinnungsanlage.
3.2.2 Kluftgrundwasserleiter
3.3 Berücksichtigung des vertikalen Sickerweges
Für Einzugsgebiete in klüftigem Festgestein wird bei annähernder Übereinstimmung zwischen orographischem und hydrographischem Einzugsgebiet eine Zonierung ohne strenge
Bedachtnahme auf Verweilzeiten empfohlen. Da im Bereich
klüftiger Festgesteine, wie z. B. den aus kristallinen Gesteinen
aufgebauten Berg- und Gebirgszügen (Gneise, Glimmerschiefer, Amphibolite, Granite etc.) Kluftquellen im strengen
Sinne selten auftreten und meist die Wasseraustritte, aus den
die Festgesteine überlagernden Lockermassen (Block- oder
Geröllhalden, Schuttfächer, Hangschutt etc.) erfolgen, ist ein
Mischtyp von Porengrundwasser und Kluftgrundwasser bei
meist strähniger Wasserführung gegeben.
Der Begriff „strähnige Wasserführung", bezogen auf Porengrundwasser, wurde von THURNER (1967) aufgrund seiner Erfahrungen bei der Erschließung von Quellen im Bergland
(Hangbereiche) geprägt und wie folgt dargestellt: „Nun gibt
es auch Lockerablagerungen, in denen nicht alle Poren mit
Wasser gefüllt sind, sondern dies nur in Strähnen, Adern und
feinen Fäden durch die Hohlräume fließt. Es handelt sich um
Porengrundwasser ohne Grundwasserspiegel. Hieher gehören die unterirdischen Wässer im Verwitterungsboden, Gehängeschutt, in Block- und Bergsturzmassen, Schuttkegel und
vielfach auch in Moränen. Meist handelt es sich um grobporige Gesteine, die auf steiler Unterlage auflagern, so daß durch
das Gefälle, durch das Relief und die weiten Wasserwege bedingt, kein geschlossener Grundwasserspiegel entstehen
kann, sondern sich auch mehr oder minder starke Wasserfäden ausbilden, die vielfach gewunden nach abwärts verlaufen. "
Für tiefliegende Grundwässer, die durch mächtige, minderdurchlässige Deckschichten überlagert sind (W 72, Abschnitt
6.3), kann, obwohl der vertikale Sickerweg als zusätzliche Sicherheit zu betrachten ist, eine Abminderung der Längserstreckung der Schutzzone II (60-Tagegrenze) erfolgen, indem
der vertikale Sickerweg in der ungesättigten Zone in Rechnung gestellt wird, wobei:
Zusammenfassend kann daher die Erscheinung der „strähnigen Grundwasserführung" als Ergebnis besonders großer
Inhomogenitäten und Richtungsanisotropien der Grundwasserleiter, die die Ausbildung zusammenhängender Grundwasserkörper verhindern, erklärt werden. Die Messung oder Er-
O die obersten 6 m nicht zählen,
O die vertikale und horizontale Ausdehnung der minderdurchlässigen Deckschichte bekannt sein muß und
O eine Schutzzone III anschließt, die die Deckschichte vor
Abtrag oder Verletzung sichert.
Bei gut durchlässigen Deckschichten darf auch bei großer
Mächtigkeit der vertikale Sickerweg nicht zur Minderung der
horizontalen Ausdehnung der Schutzzone II nach der 60-Tagegrenze herangezogen werden. Für die Beurteilung der
Schutzfunktion wird allerdings nicht das im Arbeitsblatt W
101, Anlage 2, enthaltene Verfahren (in Anlehnung an REHSE,
1977), sondern nur die Bewertung des Bodens im engeren
Sinne nach den Unterlagen der amtlichen österreichischen
Bodenkartierung (Bundesanstalt für Bodenwirtschaft), wie sie
EISENHUT (1990) darstellt, verlangt.
3.4 Tiefengrundwasser und artesisches Wasser
Bezüglich Tiefengrundwasser und artesischem Wasser im
Sinne der Definitionen der ÖNORM B 2400/1986 ist festzustellen, daß sich eine Schutzzone II als bakteriologische Schutzzone erübrigt. Eine Sicherung des Grundwasserneubildungsgebietes durch eine Schutzzone II und III scheitert im allgemeinen daran, daß diese Gebiete, wie z. B. im Steirischen Tertiärbecken, nicht bekannt sind. Das Alter der Wässer bzw. ihre
lange Verweildauer im Untergrund hat sie bisher vor qualitati-
4(
ven anthropogenen Beeinflussungen bewahrt. Überlegungen
bezüglich eines zukunftsorientierten qualitativen Schutzes
stellt ZETINIGG (1987) an. Dieser kommt dabei zur Ansicht, daß
aus obigen Gründen vorläufig noch mit dem allgemeinen Gewässerschutz, insbesondere gemäß §§ 30 und 31 WRG das
Auslangen gefunden werden kann. Dabei wird darauf verwiesen, daß ein quantitativer Schutz in den Verbreitungsgebieten
(Druckgebiete) der Aquifere aufgrund des örtlichen Raubbaues, wie ihn z. B. RONNER und SCHMIED (1968) für das Steirische
Becken nachweisen, dringend vonnöten ist. Um dieses Ziel zu
erreichen, scheinen nach der Wasserrechtsnovelle 1990 neben Wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügungen gemäß § 54
WRG auch Schongebietsverordnungen ein geeignetes Mittel
zu sein. Die Einrichtung der Schutzzone I zur Sicherung der
Brunnen sollte auch bei Tiefengrundwasser und artesischem
Wasser eine Selbstverständlichkeit sein. Diesbezüglich kann
auf das ÖWWV-Regelblatt 202/1986 (Tiefengrundwasser und
Trinkwasserversorgung) verwiesen werden. Die zuvor vorgeschlagene Vorgangsweise bei der Sicherung von Tiefengrundwasser und artesischem Wasser ergibt sich zwar aus
den Darlegungen der neuen W 72, ist aber als Sonderfall nicht
ausgewiesen.
In diesem Zusammenhang soll auch auf die zunehmende
Nutzung tiefliegender Thermalwässer in Österreich verwiesen
werden, die in absehbarer Zeit die Reinjektion der genutzten
Wässer zur Erhaltung des Lagerstättendruckes als quantitative Schutzmaßnahme erfordern werden. Eine diesbezügliche
Studie für das Steirische Becken wurde erst vor kurzem von
GOLDBRUNNER (1994) vorgelegt.
H. ZETINIGC
Abs.1 WRG hervorzuheben, wonach Grund- und Quellwasser
im Rahmen des öffentlichen Interesses so reinzuhalten bzw. in
seiner natürlichen Beschaffenheit (§ 30 Abs.2 WRG) zu erhalten ist, daß es für Mensch und Tier als Trinkwasser verwendet
werden kann. Mit § 33 f wird dazu ein bisher noch kaum umgesetztes Rechtsinstrument (Grundwassersanierungsgebiet)
geboten, um diese Qualität in anthropogen kontaminierten
Bereichen wieder herzustellen. In diesem Zusammenhang
stellt KASPAR (1992) die Notwendigkeit eines besonderen
Grundwasserschutzes gemäß §§ 34 und 35 WRG in Frage
und weist darauf hin, daß eine anthropogene Veränderung
des Grundwassers vom Gesetz nicht grundsätzlich ausgeschlossen wird, so daß im Umfeld von Trinkwassergewinnungsanlagen besondere Einschränkungen notwendig sind.
Hiezu meint KASPAR (1992) weiters, daß die Anwendung der
§§ 31-33 WRG jedenfalls eine Änderung der natürlichen Beschaffenheit des Grundwassers, ganz abgesehen von den
bewilligungsfreien, geringfügigen Einwirkungen auf seine Beschaffenheit, zuläßt. Die grundsätzliche Anerkennung prägender, anthropogener Faktoren ist auch notwendig, da ansonsten der Mensch als Teil des globalen Ökosystems in Frage
gestellt wäre. Damit deckt sich auch der Charakter einer
amtswegigen gewässerpolizeilichen Vorschreibung der
Schutzgebiete und ihr Ziel, nämlich die qualitative und quantitative Sicherung des genutzten Wasservorkommens jetzt und
in der Zukunft über die allgemeinen Vorsorgebestimmungen
des Wasserrechtsgesetzes und anderer einschlägiger Gesetze und Regelungen (z. B. Bodenschutzgesetze) hinausgehend gegen menschliches Versagen und technische Gebrechen.
3.5 Die Einzelwasserversorgung
Schwierigkeiten bereitete der Arbeitsgruppe die Sicherung
der Einzelwasserversorgung (Hausbrunnen und Quellen) sowie kleiner Wasserversorgungsanlagen (Wassergemeinschaften, Wassergenossenschaften) durch Schutzgebiete, die
meist die Beanspruchung fremder Grundstücke samt der sich
hieraus ergebenden Pflicht zur Entschädigung gemäß § 34
Abs. 4 WRG erfordert. Dem Anspruch auf die gleiche Wasserqualität und ihre Sicherung, wie bei der zentralen öffentlichen
Wasserversorgung, steht die Realisierungsmöglichkeit des
Schutzzonenkonzeptes mit der Festlegung einer Schutzzonen II als bakteriologische Schutzzone entgegen. Hier sollte
ein Weg der Verhältnismäßigkeit gefunden werden. Von Bundesländern mit einem hohen Anteil an Einzelwasserversorgungsanlagen und kleinen Wasserversorgungsanlagen (wie
z. B. Oberösterreich) wurden Bedenken angemeldet, aber
auch keine Möglichkeiten zur Lösung dieses Problems aufgezeigt. In den Abschnitt 1 der neuen W 72 wurde daher folgende Formulierung aufgenommen: „Die spezifischen Anforderungen für den Schutz einer Trinkwasserversorgungsanlage
richten sich neben den maßgeblichen naturwissenschaftlichen Rahmenbedingungen auch nach ihrer Größe und Bedeutung. Eine allgemein gültige Aussage über dieses komplexe Thema ist daher nicht möglich. Die Lösung kann nur unter
Berücksichtigung des allgemeinen, umfassenden Inhaltes der
Richtlinie für jeden Einzelfall speziell gefunden werden." Mit
dieser Feststellung wird zwar kein Weg zur Lösung des Problems vorgegeben, aber die Möglichkeit zu „individuellen" Lösungen offengehalten. Der Sachverständige bleibt daher weiterhin gefordert, eine effiziente und doch realisierbare Lösung
im Einzelfall zu finden. Insgesamt muß für die Einzelwasserversorgung aber der Schluß gezogen werden, daß ihre qualitative Sicherung im wesentlichen nur im Vollzug des allgemeinen Grundwasserschutzes im Sinne der §§ 30 und 31 WRG zu
finden ist. In diesem Zusammenhang ist besonders § 30
3.6 Weitere Festlegungen
Bezüglich der Dimensionierung der Schutzzonen werden in
der neuen ÖVGW-Richtlinie W 72 (1995) im Gegensatz zur
neuen DVGW-Richtlinie W 101 (1992) außer der 60-Tagegrenze keine Mindesterstreckungen angegeben. Auf die alte, eher
als „Hausnummer" zu qualifizierende Mindesterstreckung der
Schutzzone II von 100 m in Richtung des anströmenden
Grundwassers wurde verzichtet. Auch bezüglich der Schutzzone I, bei der die Mindesterstreckung nach der neuen W 101
(1992) bei Brunnen allseitig und bei Quellfassungen in Richtung des ankommenden Grundwassers in der Regel 20 m bei
Karstgrundwasserleitern mindestens 30 m betragen soll, wurde in der neuen W 72 (1995) auf die Festlegung von Längenangaben verzichtet. Zur Festlegung der 60-Tagegrenze wird in
der neuen W 72 (1995) für Porengrundwasser ein Formelinstrumentarium geboten und auf die Vorschläge von BOLSENKÖTTER et al. (1984) verwiesen. Für die seitliche Ausdehnung
von Brunnenschutzgebieten in Porengrundwasserleitern ist
die Randstromlinie heranzuziehen bzw. nach Ermittlung der
unteren Scheitelung und Einzugsbreite die Einzugsparabel
festzulegen. Für ausgedehnte Einzugsgebiete wird die Erstellung mathematischer Grundwassermodelle empfohlen. Die
Sonderfälle, wie z. B. Karst, wurden bereits abgehandelt. Eine
ergänzende Übersicht der österreichischen Schutzzonengliederung samt ihren Dimensionierungskriterien in Gegenüberstellung zur neuen deutschen W 101 (1992) soll Tab. 2 geben.
3.7 Der Maßnahmenkatalog
Die wesentliche Grundlage zur Festlegung effizienter, den
heutigen Verhältnissen entsprechenden Schutzgebieten und
zur Anpassung der bestehenden Schutzgebiete soll der Abschnitt 7 der neuen W 72, insbesondere aber der Maßnah-
Die neue ÖVGW-Richtlinie W 72 „Schutz- und Schongebiete"
•1 !
menkatalog bieten. Dieser MaßTab. 2
nahmenkatalog ist nach folgenVergleichende Übersicht der Schutzzonengliederung und ihrer Dimensionierung
den Kriterien gegliedert:
OVGW-Mitteilung
DVGW-Arbeitsblatt
OVGW-Richtlinie
Boden mit sehr geringer bis
W 101/1992
W 72/1981
W 72/1995
mäßiger Durchlässigkeit und sehr
Schutzzone
I
Schutzzone
I
Schutzzone
I
hohem bis mäßigem Speichervo(Fassungsbereich):
(Fassungsbereich):
(Fassungsbereich):
lumen;
Ausdehnung:
keine Angaben über Ausma- bis zur Umgrenzung des
Boden mit hoher bis sehr hoher
Brunnen allseitig 20 m
ße - soll Eigentum des WV- Absenkungstrichters
Durchlässigkeit und geringem bis
Quellen Zuströmrichtung
Unternehmens und eingefriesehr geringem Speichervolumen.
20 m, im Karst 30 m
det sein.
Die Einstufung soll nach der
Schutzzone n (bakt. Zone) Schutzzone II (bakt. Zone) Schutzzone II (bakt. Zone)
amtlichen österreichischen Bo50-Tagegrenze
60-Tagegrenze
60-Tagegrenze, Zentraldenkartierung erfolgen.
Abminderung bei Ermittlung (nach Va mittel oder
stromlinie, Einzugsbreite,
Weiters wird bei getrennter
Va intensiv)
der Sickerzeit in der ungeEinzugsparabel
Ausweisung der Schutzzone II
sättigten Zone zulässig,
Verfahren: Geol. Jb., Reihe
Länge mindestens 100 m
und III unter Einbeziehung des
Schongebiet muß dann anC, H. 36/1984
Abminderung durch vertikaRechtsinstrumentes der Schonschließen, Länge mindestens len Sickerweg zulässig erst
math. Grundwassermodell
gebietsverordnung nach Verbot,
100 m, kann bei dichter
vertikaler Sickerweg soll
ab 6 m Mächtigkeit
zusätzliche Sicherheit gewäh- Deckschichte entfallen
Gebot und Bewilligungspflicht
(Verfahren nach REHSE)
ren, Abminderung erst ab
kann bei dichter Deckschichdifferenziert. Die Maßnahmen
6 m Mächtigkeit zulässig,
te entfallen (gespanntes oder
sind folgendermaßen geordnet:
dann Zone III nötig
artesisches Grundwasser)
wassergefährdende Stoffe,
Karst
Mindesterstreckung
Eingriffe in die Überdek300 m, bei hohen Va nur
kung,
Zone II über das gesamte
Abwassertechnik,
Einzugsgebiet
Verkehrstechnik,
Schutzzone m
Schutzzone HI
Schongebiet
Oberflächengewässer,
(ehem. Zone)
(ehem. Zone)
großer Teil des hydrogeol.
militärische Aktivitäten,
weitere Schutzzone
Einzugsgebietes
große Teile des hydrogr.
land- und forstwirtschaftliche
Teilzone IIIA bis 2 km Teilbei
Karst
das
gesamte
hydroEinzugsgebietes,
VorfeldBewirtschaftung,
zone B, Breite mindestens
meßstationen für die Grund- log. Einzugsgebiet
und in Form einer Checkliste auf
400 m bis zur Grenze des
wasserqualität und Emittendie aktuellen Verhältnisse abgeunterirdischen Einzugsgebietenmeßstellen
sollen
stimmt erfaßt. Aufgrund des Nites, oberirdisch dorthin entReaktionszeit auf nahende
tratproblemes bilden Regelungen
wässernde Flächen können
Kontaminationen
bieten
für die Landwirtschaft einen
zusätzlich einbezogen werSchwerpunkt dieses Kataloges.
den,
Schongebiet statt
Ein Anhang gibt Anleitungen zur
Schutzzone III oder flächenFlächenausmaß: F = Qa/G
Erstellung
der
Schlagkartei
mäßig überlagernd SchutzzoG = Grundwasserneubil(Schlag = landwirtschaftlich einne II und/oder III (je nach
dungsrate (1/s.km2)
heitlich bewirtschaftete GrundfläAdressatenkreis für AnordQa = Jahresförderung (m3)
che, unabhängig von den Grundnungen der Behörde)
stücksgrenzen des Katasters)
und Stickstoffbilanz.
Regelung des § 103 lit.i.WRG, wonach bei WasserversorIn diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß die
gungsanlagen vom Antragsteller Gutachten über allfällige
Neufestlegung bzw. Revision bestehender Schutzgebiete geSchutzmaßnahmen (§ 34) beizubringen sind, dem § 55
rade in Hinblick auf das Nitratproblem und damit die landwirtlit.e.WRG gegenüber. Nach § 55 lit.e.WRG obliegt es dem
schaftliche Nutzung erfolgt und daher die Richtlinie gerade
Landeshauptmann als wasserwirtschaftliches Planungsorgan
dazu Hilfe anbieten soll. Wenn auch darauf hingewiesen wird,
Grundlagen für die Festlegung von Schutz- und Schongebiedaß der Katalog hinsichtlich der allgemeinen Reinhaltungsten zu beschaffen. Ohne im Detail auf diese Regelungen einverpflichtungen nicht vollständig ist, so bildet er doch eine
zugehen, kann aber aus § 103 lit i WRG der Schluß gezogen
gute Grundlage für die Festlegung des materiellen Inhaltes
werden, daß bei Neubewilligung einer Wasserversorgungsanvon Schutzgebieten. Unter Berücksichtigung der jeweiligen
lage wohl der Konsenswerber Unterlagen und Gutachten für
Standortgegebenheiten sind die zutreffenden Maßnahmen
die
Einrichtung von Schutzgebieten beizubringen hat.
auszuwählen und als Schutzgebietsfestlegungen zu übernehmen. Zumindest wird dadurch die Arbeit der SachverständiDort, wo es sich um die Revision bzw. Anpassung der
gen übersichtlicher gestaltet und erleichtert.
Schutzgebiete an aktuelle Erfordernisse auf Betreiben der Be-
4. Die Beschaffung der Grundlagen für die
Einrichtung von Schutzgebieten
Im Zusammenhang mit dem gewässerpolizeilichen Charakter der Schutzgebietsfestlegung ist auch auf die Beschaffung
der Grundlagen für die Einrichtung der Schutzgebiete, insbesondere ihre Dimensionierung, einzugehen. Hiezu stehen die
hörde handelt, ist nach § 55 lit e WRG anscheinend das wasserwirtschaftliche Planungsorgan aufgerufen, der Wasserrechtsbehörde die entsprechenden Grundlagen zu liefern.
Unter Berücksichtigung des Arbeitsaufwandes und der bisherigen finanziellen und personellen Möglichkeiten der wasserwirtschaftlichen Planungsorgane sollte der Auftrag zur Beschaffung von Unterlagen für die Einrichtung von Schutzgebieten nur auf solche beschränkt werden, die die Behörde zur
Prüfung der Projekte und zur Entscheidungsfindung benötigt.
-18
Klarstellungen sind hier jedenfalls noch ausständig. Wie ZETINIGG (1995) darlegt, hat es sich in der Praxis bewährt, vom Betreiber der Wasserversorgungsanlage die hydrologischen und
geologischen Daten über das Einzugsgebiet seiner Wassergewinnungsanlage zu verlangen. Von der wasserwirtschaftlichen Planung wäre demgegenüber die Charakterisierung des
gesamten Grundwasservorkommens, in dem das Einzugsgebiet liegt (z. B. großflächige Grundwasserschichtenlinienpläne, Grundwassermodelle etc.) zur Verfügung zu stellen. Dadurch wird der Wasserrechtsbehörde die Möglichkeit geboten, die Lage und Ausdehnung des Einzugsgebietes innerhalb eines Grundwasservorkommens zu überprüfen. Der
Betreiber der Wasserversorgungsanlage wird davor bewahrt,
großräumige und vom Aufwand her unzumutbare Grundwasseruntersuchungen durchführen zu müssen.
5. Ausblick
Insgesamt hat sich in der neuen W 72 (1995) bei der Dimensionierung der Schutzzonen grundsätzlich nichts geändert,
nur werden die Sonderfälle klarer hervorgehoben und Verfahren zur Ermittlung der 60-Tagegrenze für Porengrundwasserleiter angegeben. Besonders hervorgehoben wird, daß die
Schutzzonen auf die jeweiligen geologischen und hydrologischen Verhältnisse sowie die örtlichen Nutzungsarten von
Grund und Boden abzustimmen sind. Die Schutzzonengliederung und Dimensionierung ist daher als „Maßanzug" auszuführen. Ein wesentlicher Unterschied zur neuen DVGW-Richtlinie W 101 (1992) besteht wohl darin, daß diese die Dimensionierung viel konkreter regelt und vor allem auf die Sonderfälle
noch näher eingeht. Weitere ins Detail gehende diesbezügliche hydrogeologische Hinweise zur Abgrenzung von Wasserschutzgebieten in Baden-Württemberg gibt VILLINGER (1991).
Bei der großen Variabilität des Baues der Erdkruste und den
daraus resultierenden unterschiedlichsten hydrogeologischen
Verhältnissen müssen aber auch diese Ansätze immer lückenhaft bleiben. Als Neuerung gegenüber der Ausgabe 1981 und
wesentliche Hilfe für die Festlegung des materiellen Inhaltes
der Schutzzonen kann der umfassende Maßnahmenkatalog
(Checkliste) gelten. Die wesentlichste Neuerung liegt in der
durch die Wasserrechtsnovelle 1990 erweiterten Funktion des
Schongebietes, das nunmehr nicht nur als zusätzliche Sicherheitszone, sondern auch als Verbotszone mit der Wirkung eines Schutzgebietes eingesetzt werden kann. Es sollte daher
versucht werden die Richtlinie anzuwenden und durch ihre
Umsetzung Erfahrungen zu sammeln, inwieweit sie den heutigen Anforderungen gerecht wird. Abzuwarten ist, ob die Möglichkeit einer räumlichen Überlagerung von Schutz- und
Schongebietsbestimmungen in die Praxis Eingang finden
wird, da hiedurch Komplikationen sowohl bei der Festlegung
als auch der Überwachung der Schutzzonen nicht auszuschließen sind.
H. ZETINIGI
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des Steirischen Beckens. - Ber. Wasserwirtschaft. Rahmenplanung, Bd 68, S 131-180, Graz.
Manuskript eingegangen am: 22. 06. 1995 •
Revidierte Fassung eingegangen am: 28. 03. 1997 •
Manuskript akzeptiert am: 12.05. 1997 •
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