Verbrauch von Blutprodukten bei Operationen von Tumoren des

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Aus der
Zentralen Dienstleistungseinrichtung für Transfusionsmedizin
des Klinikums der Universität zu Köln
Leiterin: Frau Professor Dr. med. B. Gathof
und der
Klinik und Poliklinik für Allgemeine Neurochirurgie
der Universität zu Köln
Direktor: Herr Universitätsprofessor Dr. med. R. Goldbrunner
Verbrauch von Blutprodukten bei
Operationen von Tumoren des Zentralen
Nervensystems
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung der Doktorwürde
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Universität zu Köln
vorgelegt von
Carsten Böning
aus Lippstadt
Promoviert am 02. Februar 2011
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der
Universität zu Köln, 2011
Druck durch: Copystar Druck und Werbung GmbH, Köln
Dekan:
Universitätsprofessor Dr. med. J. Klosterkötter
1. Berichterstatter:
Frau Professor Dr. med. B. Gathof
2. Berichterstatter:
Universitätsprofessor Dr. med. R. Goldbrunner
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe
Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe;
die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als solche
kenntlich gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des
Manuskriptes habe ich keine Unterstützungsleistungen erhalten.
Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht
beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin / eines
Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar
noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit
dem Inhalt der vorgelegten Dissertationsschrift stehen.
Die Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in
gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Köln, den 10.08.2010
Die in die vorliegende Arbeit eingeflossenen Krankengeschichten wurden von mir
selbst ausgewertet. Die Erstellung der Patientenlisten aus den OP-Büchern erfolgte in
Zusammenarbeit mit meiner Mitdoktorandin, Frau J. Lauber-Ziegs.
Die Betreuung der Arbeit von Seiten der Transfusionsmedizin erfolgte durch Frau Prof.
Dr. med. B. Gathof, Zentrale Dienstleistungseinrichtung für Transfusionsmedizin der
Universität zu Köln.
Die Betreuung der Arbeit von Seiten der Neurochirurgie erfolgte durch Herrn Prof. Dr.
med. R.-I. Ernestus, Klinik und Poliklinik für Allgemeine Neurochirurgie der Universität
zu Köln.
Die Betreuung der statistischen Auswertung erfolgte durch Herrn Prof. Dr. phil. G.
Wassmer, Institut für Medizinische Statistik, Informatik und Epidemiologie der
Universität zu Köln.
Danksagungen
Mein besonderer Dank gilt Frau Prof. Dr. med. B. Gathof für die freundliche und
bestimmte Heranführung an diese Arbeit sowie Herrn Prof. Dr. med. R.-I. Ernestus für
die engagierte Mitbetreuung seitens der Neurochirurgischen Klinik und wertvolle
Verbesserungsvorschläge. Weiterhin geht ein herzlicher Dank an Herrn Prof. Dr. phil.
G. Wassmer für die statistische Betreuung der Arbeit.
Bei meiner Mitdoktorandin Frau J. Lauber-Ziegs möchte ich mich für die gute
Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Datenerhebung bedanken.
Auch meinem Freund und Kollegen Dr. med. Frank Lott sei mein herzlichster Dank für
seine Verbesserungsvorschläge ausgesprochen.
Meinen Eltern Brigitte Shahrokhshahi-Böning und Walter Böning sowie meinem
Stiefvater Davoud Shahrokhshahi möchte ich für Ihre liebevolle Unterstützung während
meines gesamten Studiums und darüber hinaus danken.
Nicht zuletzt geht noch ein ganz besonderer Dank an meine großartige Frau Evelyn für
die endlose moralische Unterstützung und Ermunterung, ohne die ich diese Arbeit
wohl nie fertiggestellt hätte.
Für Evelyn und Lia
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
1.1. Begründung der Notwendigkeit zur Erhebung von Transfusionsstatistiken
1
1.2. Historische Entwicklung von Risiken und Gefahren von Bluttransfusionen
2
1.3. Aktuelle Gefahren und Risiken von Bluttransfusionen
3
1.4. Vergleich verschiedener Transfusionsregime
4
1.5. Alternativen zur Bluttransfusion
5
1.6. Klassifikation der Tumoren des Zentralen Nervensystems
7
1.7. Aufgabenstellung
9
2. Patienten und Methodik
10
2.1. Auswahl des Patientenguts
10
2.2. Erhebung der Patientendaten
10
2.3. Auswertung der erhobenen Daten und verwendete Mittel
11
2.4. Gesondert untersuchte Patienten
14
2.5. Unterteilung des Patientenkollektivs
14
2.6. Angewandte statistische Verfahren
15
2.7. Quotienten zur Bewertung des Bluthaushalts
16
3. Ergebnisse
18
3.1. Charakteristika des Patientenkollektivs
18
3.1.1. Demografische Daten
18
3.1.2. Verteilung der Blutgruppen
19
3.1.3. Verteilung der Tumordiagnosen
20
3.1.4. Verteilung der Lokalisation der Tumoren
20
3.1.5. Verteilung der Unterdiagnosen innerhalb der Gruppe „Gliome“
22
3.1.6. Metastasen
22
3.1.7. Tumorklassifikation
23
3.1.8. Tumordignität
25
3.1.9. Blutgerinnungsbeeinflussende Faktoren
25
3.1.10. Operationsdauer
26
3.1.11. Intraoperativer Blutverlust
27
3.1.12. Eigenblutspender
27
3.2. Verbrauch von Erythrozytenkonzentraten (EK)
29
3.2.1. EK-Verbrauch während des gesamten Krankenhausaufenthaltes
29
3.2.2. Perioperativer EK-Verbrauch
31
3.2.3. Anzahl der transfundierten Patienten
31
3.2.4. Quotienten zur Beurteilung des Blutkonservenhaushaltes
34
3.2.5. Untergruppen der Gliome
36
3.2.6. EK-Verbrauch bei Zweit-Operationen
37
3.2.7. EK-Verbrauch bei Eigenblutspendern
38
3.3. Perioperativer Verbrauch von Plasma-Konserven (FFP)
38
3.3.1. FFP-Verbrauch nach Tumordiagnosen
38
3.3.2. Quotienten zur Beurteilung des Transfusionsmanagements
40
3.3.3. FFP-Verbrauch bei Eigenblutspendern
40
3.4. Verbrauch von Thrombozytenkonzentraten (TT, TK)
40
3.5. Den perioperativen EK-Verbrauch beeinflussende Faktoren
43
3.5.1. Charakteristika der Patienten
43
3.5.2. Präoperativ bekannte Faktoren
43
3.5.2.1. ASA-Klassifikation
43
3.5.2.2. Tumorlokalisation
44
3.5.2.3. Anzahl der Voroperationen
45
3.5.2.4. Laborwerte
45
3.5.2.5. Präoperative Gabe von Medikamenten
46
3.5.2.5.1. Medikamente mit bekanntem Einfluss auf die Blutgerinnung
46
3.5.2.5.2. Medikamente ohne bekannten Einfluss auf die Blutgerinnung
48
3.5.2.6. Vorerkrankungen
50
3.5.3. Operationsverlauf
51
3.5.4. Postoperativer Verlauf
53
3.6. Verlauf des Hämoglobin-Wertes bei transfundierten im Vergleich
zu nicht transfundierten Patienten
54
3.7. Präoperative Anforderung von Blutprodukten
54
4. Diskussion
56
4.1. Prädiktoren für den perioperativen EK-Verbrauch
56
4.1.1. Tumordiagnose
56
4.1.2. Charakteristika der Patienten
58
4.1.3. ASA-Klassifikation
59
4.1.4. Tumorlokalisation
59
4.1.5. Laborwerte
60
4.1.6. Vormedikation
60
4.1.7. Vorerkankungen
61
4.1.8. Revisionen und Rezidivoperationen
62
4.2. Auswirkung der gegebenen Empfehlungen auf das Blutbestellverhalten
62
4.3. Vergleiche mit Literaturdaten
64
4.3.1. C/T – Ratio und Transfusionsverhalten bei Kraniotomien,
Hypophysektomien und Laminektomien
4.3.2. Eigenblutspenden
64
67
5. Zusammenfassung
68
6. Literaturverzeichnis
70
7. Abbildungsverzeichnis
75
8. Tabellenverzeichnis
77
9. Lebenslauf
79
Abkürzungsverzeichnis
95%-KI
95% Konfidenzintervall
Abb.
Abbildung
ACE
Angiotensin Converting Enzyme
ACVB
Aortocoronarer Venen-Bypass
ASA
American Society of Anesthesiology
ASS
Acetylsalicylsäure
BWK
Brustwirbelkörper
C/T
Crossmatched-to-transfused ratio
COPD
Chronisch-obstruktive Lungenerkrankung
CSE
Cholesterin-Synthese-Enzym
CVI
Chronisch venöse Insuffizienz
d
Tag
dl
Deziliter
D/T
Delivered-to-transfused ratio
EB
Eigenblut
EK
Erythrozytenkonzentrat
FB
Fremdblut
FFP
Fresh Frozen Plasma
g
Gramm
Hb
Hämoglobin
HIV
Human Immunodeficiancy Virus
Hkt
Hämatokrit
HWS
Halswirbelsäule
ICD
International Classification of Diseases
ICPM
International Classification of Procedures in Medicine
INR
International Normalized Ratio
+
K
P
P
Kalium
kg
Kilogramm
KHK
Koronare Herzkrankheit
KI
Konfidenzintervall
m
männlich
Max.
Maximum
mg
Milligramm
Min.
Minimum
ml
Milliliter
mmol
Millimol
MSBOS
Maximum Surgical Blood Order Schedule
n
Anzahl
Na+
Natrium
NAT
Nucleic Acid Amplification Technique
neg.
negativ
OP
Operation
o.n.A.
Ohne nähere Angaben
PAI-1
Plasminogen-Aktivator-Inhibitor Typ 1
p
Signifikanz
PFC
Perfluorkohlenwasserstoff
pos.
positiv
präop.
präoperativ
postop.
postoperativ
PTT
Partielle Thromboplastinzeit
r
Korrelationskoeffizient
R%
Rücklaufquote
Rh
Rhesusfaktor
s
Standardabweichung
T&S
Type and Screen
T%
Transfusionswahrscheinlichkeit
Tab.
Tabelle
TK
Thrombozytenkonzentrat
TT
Thrombozytapheresekonzentrat
w
weiblich
WHO
World Health Organisation
x̄
Mittelwert
P
A
E
P
A
Z.n.
Zustand nach
ZNS
Zentrales Nervensystem
„Blood transfusion is like marriage; it should not be entered upon lightly, unadvisedly or
wantonly, or more often than is absolutely necessary”.
R.W. Beal, 1976.
1. Einleitung
1.1. Begründung der Notwendigkeit zur Erhebung von Transfusionsstatistiken
„Blood is an expensive, scarce resource. Unnecessary transfusion may cause a
shortage
of
blood
products
for
patients
in
real
need.“
schreibt
die
Weltgesundheitsorganisation in ihrem Handbuch zum klinischen Einsatz von Blut
(WHO, 2001). Die begrenzte Verfügbarkeit an Transfusionsprodukten ist jedoch nur
einer der Gründe, von allen Beteiligten einen verantwortungsvollen Umgang mit
Blutkonserven zu verlangen. Auch bei deutlich verbesserten Möglichkeiten der
Untersuchung von Transfusionsprodukten auf übertragbare Krankheitserreger ist jede
Transfusion
mit
einem
Komplikationsrisiko
behaftet
(Corwin,
1999).
Gemäß
Transfusionsgesetz und Richtlinien der Bundesärztekammer gibt es daher eine
Verpflichtung zur Aufklärung über mögliche Alternativen zur Transfusion von Fremdblut
(Hutschenreuter und Reyle-Hahn, 2000; Bundesärztekammer, 2005). Da es sich bei
neurochirurgischen Tumoroperationen in der Mehrzahl um gut planbare, elektive
Eingriffe handelt, kommen hier Alternativen wie die präoperative Eigenblutspende in
Betracht und sind bei entsprechenden Gegebenheiten dem Patienten anzubieten.
Außerdem handelt es sich, trotz überwiegend unentgeltlich erbrachter Blutspenden,
bei der Herstellung von Blutkonserven und dem Management ihrer Bereitstellung und
Verabreichung unter hohen Sicherheitsstandards um ein kostenintensives Verfahren,
so dass auch unter gesundheitsökonomischen Gesichtspunkten ein rationaler Umgang
mit Blutressourcen angezeigt ist.
Aus
diesen
Gründen
verpflichten
die
Richtlinien
der
Bundesärztekammer
Krankenhäuser zur Aufstellung von einrichtungsinternen Statistiken über den
Verbrauch von Blutprodukten und Plasmaproteinen, um den Blutkonservenhaushalt
entsprechend der regionalen und klinikinternen Gegebenheiten regeln zu können
(Bundesärztekammer, 2005).
1
1.2. Historische Entwicklung von Risiken und Gefahren bei Bluttransfusionen
Die ersten Bluttransfusionen von Mensch zu Mensch sind für die erste Hälfte des 19.
Jahrhunderts
dokumentiert.
Aufgrund
der
Unkenntnis
der
verschiedenen
Blutgruppensysteme handelte es sich hierbei damals um eine risikoreiche und häufig
tödlich endende therapeutische Maßnahme. Eine im Jahr 1875 veröffentlichte Statistik
über 350 vorgenommene Transfusionen berichtete von einem „ungünstigen Ausgang“
in 52 Prozent der Fälle (Landois, 1875).
Nach der Entdeckung der Blut- und Rhesusgruppen zu Beginn des 20. Jahrhunderts
durch
Karl
Landsteiner
und
seine
Mitarbeiter
sowie
der
Entwicklung
von
entsprechenden, routinemäßig anwendbaren Testmethoden sank die Gefahr einer
Transfusionsreaktion stark, und die Bluttransfusion wurde als weitgehend risikofreie
Prozedur angesehen. Dies änderte sich in den 1980er Jahren, insbesondere aufgrund
der Gefahr der Übertragung des zu dieser Zeit entdeckten Human ImmunodeficiancyVirus
(HIV),
aber
auch
durch
andere
auf
dem
Blutwege
übertragbare
Viruserkrankungen wie Hepatitis C (Goodnough et al., 1999).
Weitere
Fortschritte
in
der
Transfusionsmedizin
konnten
das
Risiko
einer
Virusübertragung durch Bluttransfusion bis zum Ende des Jahrhunderts minimieren.
Es wurde 1999 für HIV bei ca. 1:200.000 bis 1:2.000.000 und für Hepatitis C bei ca.
1:30.000 bis 1:150.000 pro transfundiertem Blutkonzentrat angesiedelt, zugrunde liegt
eine Berechnung der Wahrscheinlichkeit einer Erregerübertragung durch in ScreeningTests nicht nachweisbare Frühinfektionen (Goodnough et al., 1999). Eine aktuellere
deutsche Untersuchung berechnet das Risiko einer unentdeckten Virusinfektion in
Blutspenden bei Testung mittels Nucleic Acid Amplification Technique (NAT), einer
Testmethode, die in Deutschland für Tests von Blutspenden auf HIV und Hepatitis C
vorgeschrieben ist, auf 1:5.540.000 für HIV und auf 1:4.440.000 für Hepatitis C
(Offergeld et al., 2005).
Das Risiko einer schweren hämolytischen Transfusionsreaktion wurde 1999 auf
1:250.000 bis 1:1.000.000 beziffert. Ca. 50 % aller durch akute hämolytische
Reaktionen hervorgerufenen Todesfälle werden durch die Gabe AB0-inkompatibler
Produkte aufgrund administrativer Fehler hervorgerufen. Des Weiteren kommt es bei
einem von 260.000 Patienten zu einer Hämolyse aufgrund atypischer Antikörper, die
durch die durchgeführten Routineuntersuchungen nicht entdeckt werden (Goodnough
et al., 1999).
2
1.3. Aktuelle Gefahren und Risiken von Bluttransfusionen
Trotz des geringen Restrisikos einer Virusübertragung oder einer hämolytischen
Transfusionsreaktion gibt es nach wie vor eine lebhafte Debatte bezüglich der
Sicherheit und Effektivität von Transfusionen.
In
den
1990er
Jahren
erschienen
mehrere
Publikationen,
in
denen
immunomodulatorische Effekte durch Transfusionen beschrieben wurden, vor allem
bei Transfusionen mit Leukozyten- oder Plasmaanteil. Für Produkte mit reduziertem
Anteil von Leukozyten und Plasma wurden auch geringere immunomodulatorische
Veränderungen beschrieben (Spence et al., 1993 ; Blumberg et al., 1994 ; Landers et
al., 1996). Opelz konnte eine positive Korrelation der Überlebensrate von
Nierentransplantatempfängern mit der Anzahl der verabreichten Blutkonserven
nachweisen, was er als Ausdruck eines immunosuppressiven
Effekts infolge der
Blutübertragungen ansah (Opelz, 1981). Blumberg et al. wiesen für Tumorpatienten
einen signifikanten Anstieg der Tumorrezidivraten nach Transfusionen nach und
vermuteten die Ursache zumindest teilweise ebenfalls in einer durch die Transfusion
induzierten Immundysregulation (Blumberg et al., 1990; Blumberg et al., 1994).
In einer 2003 angefertigten Metaanalyse aus 20 in den Jahren 1986 bis 2000
durchgeführten Erhebungen mit insgesamt mehr als 13.000 Patienten wurde ein
positiver Zusammenhang zwischen einer Transfusion heterologen Bluts und
einer
postoperativen bakteriellen Infektion sichtbar (p < 0,05) (Hill et al., 2003). In 17 der 20
Studien lag die Signifikanz bei p < 0,05. Die Metaanalyse kam zu dem Schluss, dass
Transfusionen im perioperativen Zeitraum das Risiko einer bakteriellen Infektion
signifikant erhöhen und damit den postoperativen Verlauf komplizieren sowie die
Dauer des Krankenhausaufenthalts verlängern.
In den meisten der Studien war eine Transfusion ein bedeutsamerer prognostischer
Faktor als z.B. die Operationsdauer, das Ausmaß der Anämie, Vorliegen eines
Traumas, Hypotension oder anderer Faktoren, die traditionell als Prädiktoren für den
klinischen Schweregrad der Erkrankung dienen (Blumberg et al., 1994).
Mehrere Autoren beschrieben Veränderungen in Erythrozytenkonzentraten (EK) im
Zusammenhang
mit
der
Dauer
der
Lagerung.
So
wurden
in
elektronenmikroskopischen Untersuchungen ab der zweiten Woche der Lagerung
3
Veränderungen der Form von Erythrozyten sowie eine Abnahme der Verformbarkeit
und eine Zunahme von Hämolyse und Azidose beobachtet. Bis zum 42. Tag der
Lagerung hatte der Anteil der morphologisch abnormen Erythrozyten einen Anteil von
über 76 % erreicht (Berezina et al., 2002). Des Weiteren konnten mit zunehmender
Lagerungsdauer Veränderungen nachgewiesen werden, die zu einer gesteigerten
Aggregationsneigung führen (Hovav et al., 1999).
Zallen et al. beschrieben 1999 das Durchschnittsalter der Blutkonserven (p < 0,05), die
Anzahl der verabreichten Konserven, die älter als 14 Tage (p < 0,05) sowie die Anzahl
derer, die älter als 21 Tage (p < 0,01) waren, als unabhängige Risikofaktoren für das
Auftreten eines posttraumatischen oder postoperativen Multiorganversagens bei
Trauma-Patienten. Die Autoren erklärten dies mit dem Vorhandensein von Leukozyten
in Erythrozytenkonzentraten, deren Lebensdauer, im Gegensatz zu der mehrwöchigen
Lebensdauer der Erythrozyten, nur wenige Tage beträgt, und die nach dem Absterben
lytische
Enzyme
freisetzen
können,
welche
wiederum
die
Produktion
von
Entzündungsmediatoren auslösen. Dieser Prozess wird durch die Lagerung der
Produkte bei 4 Grad Celsius zwar verlangsamt, jedoch nicht gestoppt (Zallen et al.,
1999).
1.4. Vergleich verschiedener Transfusionsregime
Hébert et al. untersuchten 1999 die Auswirkungen von EK-Gaben bei 838 Patienten
mit einer „critical illness“. Von einer „critical illness“ spricht man bei medizinisch
instabilen Patienten, die sich in einer akut lebensbedrohlichen Situation befinden oder
denen eine solche droht, und deren Überlebensaussicht ohne medizinische Hilfe
schlecht ist. Die Autoren unterteilten ihr Versuchskollektiv in eine liberale
Transfusionsstrategie (Transfusion bei Hb-Werten unter 10 g/dl und Aufrechterhaltung
eines Hb zwischen 10 und 12 g/dl) und eine restriktive Transfusionsstrategie
(Transfusion bei Hb-Werten unter 7 g/dl und Aufrechterhaltung eines Hb zwischen 7
und 9 g/dl). Die Sterblichkeit während des gesamten Krankenhausaufenthaltes war in
der restriktiven Gruppe signifikant niedriger als bei den Patienten, denen ein liberales
Transfusionsregime zuteil geworden war (p < 0,05). Bezüglich der Mortalität nach 30
Tagen konnte kein signifikanter Unterschied nachgewiesen werden (Hébert et al.,
1999).
4
In einer nachfolgenden Analyse von 357 „critical illness“ - Patienten mit
kardiovaskulären Vorerkrankungen kam es zu keinen statistisch signifikanten
Differenzen
der
Sterblichkeit.
Transfusionsstrategie
zeigte
Die
Patientengruppe
jedoch
eine
mit
signifikant
einer
höhere
liberalen
Anzahl
von
Multiorganversagen während des Klinikaufenthalts (p < 0,05). Einzig bei den Patienten
mit einer schweren ischämischen Herzerkrankung (z.B. akuter Myokardinfarkt,
instabile Angina pectoris, n = 257) konnte eine tendenziell, jedoch nicht signifikant
niedrigere Überlebenswahrscheinlichkeit bei einer restriktiven Transfusionspolitik
nachgewiesen werden (Hébert et al., 2001). Eine Analyse von beatmungspflichtigen
Patienten
zeigte
keinen
Vorteil
einer
liberalen
gegenüber
einer
restriktiven
Verfahrensweise (Hébert et al., 2001).
Bereits 1997 hatte Hébert in einer großen Studie mit 4470 „critical illness“-Patienten
Hinweise für eine erhöhte Mortalität bei anämischen Patienten mit einer kardialen
Vorerkrankung im Vergleich zu herzgesunden anämischen Patienten gefunden (Hébert
et al., 1997).
1.5. Alternativen zur Bluttransfusion
Zur
Reduktion
der
Transfusionsprodukten
Anzahl
sollte
an
eine
Transfusionen
Beschränkung
und
auf
Bereitstellung
eindeutige
von
Indikationen
angestrebt werden. Hierzu dient die Entwicklung eines „Maximum Surgical Blood
Order Schedule“ (MSBOS), der die Blutbestellpraxis für gängige chirurgische
Interventionsmethoden regelt. Die Effektivität des MSBOS wird durch regelmäßige
Kontrolle der „Crossmatched-to-transfused ratio“ (C/T), also des Verhältnisses von
gekreuzten zu transfundierten Konserven, überprüft. Des weiteren sollten Faktoren
ermittelt werden, die über die Operationsmethode hinaus als Prädiktoren für den
Transfusionsbedarf dienen und in die Kalkulation der präoperativen Bestellpraxis
einbezogen werden können. Außerdem sollte eine sorgfältige Anamnese bisheriger
Blutungsereignisse erhoben werden und die Gabe gerinnungsbeeinflussender
Medikamente, soweit medizinisch vertretbar, rechtzeitig pausiert werden. Ferner sollte
man versuchen, den intraoperativen Blutverlust durch die Verfeinerung der
chirurgischen Methoden zu reduzieren (Spence et al., 1993).
5
Eine weitere Möglichkeit zur Einsparung von Spenderblut besteht in der Einbeziehung
von Alternativen zu homologen Transfusionen. Hier ist zunächst die autologe
Blutspende zu nennen, bei der der Patient präoperativ Blut spendet, das ihm dann
selbst im perioperativen Zeitraum retransfundiert wird. Diese Möglichkeit bietet sich für
Patienten an, die sich einem elektiven Eingriff unterziehen, und bei denen es keine
Kontraindikationen für eine Blutspende, wie z.B. eine vorbestehende Anämie, gibt.
Eine maligne Erkrankung an sich wird nicht als Kontraindikation für eine
Eigenblutspende angesehen (Hansen et al., 2002).
Bei der isovolämischen Hämodilution wird dem Patienten präoperativ Blut entnommen
und das verlorene Volumen durch Plasmaexpander ersetzt. Im Anschluss an die
Operation, während der der Patient also nur „verdünntes“ Blut mit einem geringeren
Anteil an Erythrozyten verliert, erfolgt auch hier die Retransfusion des entnommenen
Materials und somit wieder die Anhebung des zellulären Anteils im Blut.
Eine weitere Möglichkeit ist die perioperative Autotransfusion, bei der das während der
Operation
verlorene
Blut
gesammelt,
aufbereitet
und
dem
Patienten
dann
retransfundiert wird. Die Methode ist auf Grund der Möglichkeit einer Dissemination
maligner Zellen allerdings in der Tumorchirurgie kontraindiziert. Hansen et al. fanden
bei 57 von 61 untersuchten Patienten invasive, proliferationsfähige Tumorzellen in
während der OP gesammeltem und gewaschenem Blut (Hansen et al., 1995). Die
Autoren praktizieren und empfehlen daher bei Tumoroperationen die intraoperative
Bestrahlung des gesammelten Blutes mit 50 Gray, womit Tumorzellen aller
Tumorarten sicher und komplett vernichtet werden können, ohne dass die Erythrozyten
geschädigt
werden,
so
dass
die
Methode
Tumoroperationen angewandt werden kann
der
Autotransfusion
auch
bei
(Hansen et al., 1999; Hansen et al.,
2004). Die Empfehlung betrifft auch einige nicht-maligne Tumorerkrankungen, unter
anderem das Meningeom, für das in Fallberichten Zellabsiedelungen beschrieben sind
(Hansen et al., 2004)
Darüber
hinaus
gibt
es
diverse
Ansätze,
den
perioperativen
Bluthaushalt
medikamentös zu beeinflussen. So werden z.B. bei einigen Operationsarten
vasokonstriktive Agentien wie Vasopressin oder Desmopressin genutzt. Eine
Stimulation des Knochenmarks zur Produktion von roten Blutzellen kann durch die
Gabe von rekombinantem humanem Erythropoietin erreicht werden.
Eine Möglichkeit der indirekten Erhöhung der Sauerstoffzufuhr besteht in der Erhöhung
des
Kreislaufvolumens
durch
Gabe
Infusionslösungen. (Spence et al., 1993).
6
von
kristalloiden
oder
kolloidalen
Ferner verzeichnet man Fortschritte in der Entwicklung von künstlich hergestellten
Sauerstoff-Trägern
wie
Sauerstofftransporter auf
modifizierter
Hämoglobin-Moleküle
oder
synthetischer
Perfluorkohlenwasserstoff (PFC) – Basis (Rinaldi, 2005;
Goodnough et al., 2003).
1.6. Klassifikation der Tumoren des Zentralen Nervensystems
Die Einteilung der Tumoren des Zentralen Nervensystems (ZNS) kann nach mehreren
Kriterien erfolgen. Diese Arbeit orientiert sich an der im Jahr 2000 von der
Weltgesundheitsorganisation (WHO) herausgegebenen und entsprechend neuer
Erkenntnisse auf dem Gebiet der Neuroonkologie überarbeiteten dritten Auflage der
"Classification of Tumors of the Nervous System" (Schlegel et al., 2004). Hier wurden
im Vergleich zur Vorklassifikation von 1993 neue Tumorentitäten definiert und
bestehende Klassifikations- und Gradierungskriterien überarbeitet.
Die erste WHO-Klassifikation erschien Ende der 1970er Jahre und beruhte auf der
Annahme einer Entdifferenzierungsreihe, deren einzelne Stufen den Malignitätsgraden
(WHO-Grade I-IV) entsprechen, welche mit dem mittleren postoperativen rezidivfreien
Intervall korrelieren (Zülch et al., 1979). In der zweiten Version von 1993 wurde
versucht, durch Erstellung einer einheitlichen Nomenklatur eine Grundlage der
Qualitätssicherung zu schaffen. (Schlegel et al., 2004)
Die Einteilung richtet sich nach dem Ursprungsgewebe der Tumorzellen. Die größten
Gruppen bilden hierbei die Tumoren neuroeepithelialen Ursprungs und die
meningothelialen Tumoren. Eine weitere große Gruppe stellen die sekundären ZNSTumoren (Metastasen) dar.
Die Hypophysenadenome, welche der Adenohypophyse entstammen, sind nicht Teil
der WHO-Klassifikation der Tumoren des Nervensystems.
7
Abb. 1.1. WHO-Klassifikation der Tumoren des Nervensystems (2000)
1. Tumoren des neuroepithelialen
Gewebes
1.1 Astrozytäre Tumoren
Diffuses Astrozytom
Varianten: Fibrilläres Astrozytom
Protoplasmatisches Astrozytom
Gemistozytisches Astrozytom
Anaplastisches Astrozytom
Glioblastom
Varianten: Riesenzell-Glioblastom
Gliosarkom
Pilozytisches Astrozytom
Pleomorphes Xanthoastrozytom
Subependymales Riesenzellastrozytom
Anaplastisches Ependymom
Myxopapilläres Ependymom
Subependymom
1.2 Oligodendrogliale Tumoren
Oligodendrogliom
Anaplastisches Oligodendrogliom
1.7 Neuronale und gemischtglioneuronale
Tumoren
Gangliozytom
Dysplastisches Gangliozytom des
Kleinhirns (Lhermitte-Duclos)
Desmoplastisches infantiles
Astrozytom / Gangliogliom
Dysembryoplastischer neuroepithelialer
Tumor
Gangliogliom
Anaplastisches Gangliogliom
Zentrales Neurozytom
Zerebelläres Liponeurozytom
Paragangliom des Filum terminale
1.3 Mischgliome
Oligoastrozytom
Anaplastisches Oligoastrozytom
Oligodendrogliom
Anaplastisches Oligodendrogliom
1.4 Ependymale Tumoren
Ependymom
Varianten: Zelluläres Ependymom
Papilläres Ependymom
Klarzell-Ependymom
Tanyzytisches Ependymom
1.5 Tumoren des Plexus chorioideus
Plexuspapillom
Plexuskarzinom
1.6 Gliome unsicheren Ursprungs
Astroblastom
Gliomatosis cerebri
Chordoides Gliom des 3. Ventrikels
1.8 Neuroblastäre Tumoren
Olfaktoriusneuroblastom
(Aesthesioneuroblastom)
Olfaktoriusneuroepitheliom
Neuroblastome der Nebenniere und
des sympathischen Nervensystems
1.9 Pinealisparenchym-Tumoren
Pineozytom
Pineoblastom
Pinealisparenchym-Tumor intermediärer
Differenzierung
1.10 Embryonale Tumoren
Medulloepitheliom
Ependymoblastom
Medulloblastom
Varianten: Desmoplastisches Medulloblastom
Großzelliges Medulloblastom
Medullomyoblastom
Melanotisches Medulloblastom
Supratentorieller primitiver
neuroektodermaler Tumor (PNET)
Varianten: Neuroblastom
Ganglioneuroblastom
Atypischer teratoider/rhabdoider
Tumor
2. Tumoren der peripheren Nerven
2.1 Schwannom
(Neurilemmom, Neurinom)
Varianten: Zellulär
Plexiform
Melanotisch
2.3 Perineuriom
Varianten: Intraneurales Perineuriom
Weichteil-Perineuriom
2.4 Maligner peripherer Nervenscheidentumor (MPNST)
Varianten: Epitheloid
MPNST mit divergierender
mesenchymaler und/oder
epithelialer Differenzierung
Melanotisch
Melanotisch psammomatös
2.2 Neurofibrom
Variante: Plexiform
3. Tumoren der Meningen
3.1 Tumoren meningothelialer Zellen
Meningeom
Varianten: Meningothelial
Fibrös (fibroblastisch)
Transitionell(gemischt)
Psammomatös
Angiomatös
Microzystisch
Sekretorisch
Lymphoplasmozytenreich
Metaplastisch
Klarzellig
Chordoid
Atypisch
Papillär
Rhabdoid
Anaplastisch
3.2 Mesenchymale, nicht-meningotheliale
Tumoren
Lipom
Angiolipom
Hibernom
Liposarkom (intrakraniell)
Solitärer fibröser Tumor
Fibrosarkom
Malignes fibröses Histiozytom
Leiomyom
Leiomyosarkom
Rhabdomyosarkom
Chondrom
Chondrosarkom
Osteom
Osteosarkom
Osteochondrom
5. Keimzelltumoren
Germinom
Embryonales Carcinom
3.3 Primäre melanozytäre Läsionen
Diffuse Melanozytose
Melanozytom
Malignes Melanom
Meningeale Melanomatose
3.4 Tumoren unsicherer Histogenese
Hämangioblastom
6. Tumoren der Sella-Region
4. Lymphome und hämopoetische Neoplasmen
Malignes Lymphom
Plasmozytom
Granulozytisches Sarkom
Hämangiom
Epitheloides Hämangioendotheliom
Hämangioperizytom
Angiosarkom
Kaposi-Sarkom
Dottersacktumor
Choriocarcinom
Teratom
Varianten: Reif
Unreif
Teratome mit maligner
Transformation
8
Kraniopharyngeom
Variante: Adamantinomatöses Papillom
Granulazelltumor
7. Metastatische Tumoren
1.7. Aufgabenstellung
Aufgabe dieser Arbeit war es, für ein Kalenderjahr eine retrospektive Analyse des
Blutkomponentenverbrauchs
sowie
diesen
beeinflussender
Faktoren
bei
tumorbedingten operativen Eingriffen am Zentralen Nervensystem in der Klinik für
Allgemeine Neurochirurgie des Zentrums für Neurochirurgie an der Universitätsklinik
Köln durchzuführen. Es sollte eine wissenschaftliche Bewertung und Diskussion sowie
ein Vergleich mit Ergebnissen von Untersuchungen an anderen Zentren aus der
Literatur erfolgen. Auf Basis der Ergebnisse sollten Empfehlungen für die präoperative
Bereitstellung von Blutprodukten gegeben werden.
9
2. Patienten und Methodik
0B
2.1. Auswahl des Patientenguts
In die Auswertung wurden alle 226 Patienten einbezogen, die sich im Zeitraum vom
01.01.1998 bis zum 31.12.1998 in der Klinik für Allgemeine Neurochirurgie der
Universitätsklinik Köln (damaliger Direktor: Prof. Dr. med. N. Klug, aktueller Direktor:
Prof. Dr. med. R. Goldbrunner) einem tumorbedingten neurochirurgischen Eingriff
unterzogen haben und deren Krankenblätter im Auswertungszeitraum zur Verfügung
standen.
Auf Ausschlusskriterien wurde verzichtet.
In 2 Fällen bestätigte sich der Tumorverdacht nicht, diese Fälle wurden in der
Untergruppe „Sonstige“ mit in die Bewertung eingeschlossen.
2.2. Erhebung der Patientendaten
Aus dem Operationsbuch der Klinik wurden alle für die Studie relevanten Patienten
zusammengetragen. Anschließend erfolgte aus dem computergestützten System der
Transfusionsmedizin (Leiterin: Frau Prof. Dr. med. B. Gathof) eine Analyse der
Transfusionsakten, in welchen Informationen über Blutgruppen und irreguläre
Antikörper enthalten sind. Des weiteren findet sich in diesen Akten eine Aufstellung
aller
für
den
entsprechenden
Patienten
gekreuzten,
gelieferten
und
ggf.
zurückgegebenen Blutkonserven inklusive der Konservennummern.
Hierauf wurden aus den im Archiv der Neurochirurgischen Klinik befindlichen
Patientenakten
alle
weiteren
zur
Auswertung
notwendigen
Daten
erhoben.
Präoperative Parameter, so z.B. personenspezifische Eigenschaften, präoperative
Operationsdiagnose,
Vorerkrankungen,
Vormedikation,
anästhesiologische
Klassifikation nach der American Society of Anesthesiology (ASA) sowie präoperatives
Routinelabor wurden aus dem Aufnahme-Befund sowie aus den Aufzeichnungen des
10
präoperativen Stationsaufenthaltes herangezogen. Erfasste Laborparameter waren:
Hämoglobin (Hb in g/dl), Hämatokrit (Hkt in %), Leukozyten (in 10³/µl), Thrombozyten
(in 10³/µl), Natrium (Na+ in mmol/l), Kalium (K+ in mmol/l), Quick (in %), International
P
P
P
P
Normalized Ratio (INR) sowie Partielle Thromboplastinzeit (PTT in sec).
Für den intraoperativen Verlauf wurde die Dokumentation im anästhesiologischen
Protokoll
verwendet.
Hier
erfolgte
die
Erhebung
von
Operationsdauer,
Operationsverfahren, intraoperativen Änderungen der Laborparameter, Blutverlusten,
Infusionen und Transfusionen.
Zur Beurteilung des postoperativen Verlaufs wurden die Stationsbögen und
Laborparameter der Intensiv- und Normalstationen ausgewertet. Nach Verlegung von
der Intensiv- auf die Normalstation wurde an Laborwerten lediglich noch das
Hämoglobin (Hb in g/dl) erfasst.
Alle
Daten
wurden
in
dem
in
Abb.
2.1.
dargestellten
Erfassungsbogen
zusammengetragen.
Nach Abschluss der Datenerhebung erfolgte die Erstellung einer Maske des
®
Statistikprogramms SPSS Version 10.0.7. (SPSS , USA) sowie die Eingabe der
P
P
relevanten Parameter in diese Maske. Insgesamt wurden 314 Variablen erfasst.
2.3. Auswertung der erhobenen Daten und verwendete Mittel
Für die anonymisierte Auswertung wurden den Patienten für die SPSS-Eingabe
Fallnummern zugeteilt. Um die Möglichkeit der späteren Nachprüfung zu wahren,
wurden ebenfalls die Nummern der neurochirurgischen Akten sowie die Geburtsdaten
in die SPSS-Maske eingegeben.
In Fällen, in denen Daten nicht für das gesamte Patientenkollektiv vorlagen, wurden
lediglich die Patienten, bei denen der entsprechende Parameter zur Auswertung
zugänglich war, mit einbezogen. Diese Fälle sind in der Arbeit durch abweichende
Zahlen für n zu erkennen.
Anschließend erfolgte mit SPSS die Berechnung aller in dieser Arbeit erwähnten
statistischen Angaben (Häufigkeiten, Mittelwerte, Mediane, Standardabweichungen,
Minima,
Maxima,
Konfidenzintervalle,
Varianzanalysen).
11
Chi-Quadrat-Tests,
t-Tests
und
Abb. 2.1. Zur Auswertung der neurochirurgischen Akten benutzter Erfassungsbogen
1B
Aktennr.:
Name:
Geschlecht:
Geb.-Datum:
Alter:
Größe (cm):
männlich
Gewicht (kg):
Vorerkrankungen:
keine
Anämie
Leukozytenfunktionsstörung
Thrombozytenfunktionsstörung
Koagulopathie
welche:
Bluterkrankung
welche:
Maligne Erkrankung:
welche
TNM-Klass.:
Sonstige:
Labor präop.:
Hb (g/dl):
Hkt (%):
Leukozyten (10³/µl):
Thrombozyten (10³/µl):
weiblich
Blutgruppe:
Rhesusfaktor:
OP-Diagnose:
0
A
positiv
ICD:
ICPM:
ASA:
Medikation präop.:
Heparin
ASS
Marcumar
Clopidogrel
Tiklopidin
Sonstige:
Datum:
Na+ (mmol/l):
K+ (mmol/l):
Quick (%):
PTT (sec.):
INR:
OP
Datum:
Uhrzeit: Schnitt:
Naht:
Dauer (min.):
Zugang:
Proc. (Exstirp., Clippung etc.) :
Lagerung:
Operateur:
Elektiv-OP
Notfall
Erst-OP
Revision
wievielte:
Zeitraum zur letzten OP (in d):
Präop. gekr. EK :
angef. TT :
TK :
FFP :
Für OP nachgekr. EK:
angef. ungekr. EK:
nachgef. TT:
TK:
FFP:
In den OP gebr. EK:
TT:
TK:
Im OP verabreichte EK:
TT:
TK:
FFP:
Wieviel Eigenblut gespendet:
Freies Intervall zur OP:
Eigenblut transf. im OP: EK:
Plasma:
Rücktransfusion Hämodilution
Retransfusion:
wieviel:
Isovolämische Hämodilution:
Cell-Saver ges. im OP:
Blutverlust ges. OP (ml):
Kristalloide Lsg. ges. im OP (ml):
Kolloidale Lsg. im OP (ml):
Letzter Hb im OP (g/dl):
12
B
AB
negativ
Transfusionszwischenfall
Reanimation
Exitus im OP
Sonstiges:
Intensivstation:
A
11A
Erstes postop. Labor: Hb (g/dl):
Datum:
Hkt (%):
Quick (%):
PTT (sec.):
Thrombos (10³/µl):
Intensivtage:
Letztes Intens.-Labor: Hb (g/dl):
Datum:
Hkt (%):
Quick (%):
PTT (sec.):
Thrombos (10³/µl):
Auf Intens. nachgekr. EK:
verabr. EK:
TT:
TK:
FFP:
Eigenblut EK:
Plasma:
Nachbeatmung (h):
Revision: wann
welche:
Komplikationen auf Intens.:
Besonderheiten auf Intens.:
Exitus auf Intens.:
U
Komplikationen im OP:
Hirnschwellung (Deckel entfernt)
Sinusblutung
Aneurysmaruptur
Luftembolie
U
Normalstation:
Erster stat. Hb:
Datum:
Letzter stat. Hb:
Datum:
Auf Stat. gekr. EK:
verabr. EK:
TT:
TK:
FFP:
Eigenblut EK:
Plasma:
Konserven während des gesamten
Aufenthaltes:
Gesamt gekr. EK:
gel. EK:
verabr. EK:
TT:
TK:
FFP:
Eigenblut EK:
Plasma:
Stationsaufenthalt (d): präop.:
postop.:
gesamt:
Datum der Entlassung:
Revision: wann:
welche:
Kompl. auf Station:
Besonderheiten auf Station:
Gesamt ausgel.-zurück EK:
TT:
TK:
Konserven:
Gesamt bestelltes Eigenblut:
Rücktransf. lt. Transf.:
Hämodilution in Phase:
Besonderheiten:
13
Die Auswertung erfolgte sowohl für das Gesamtkollektiv als auch aufgeteilt nach
Tumordiagnosen. Das primäre Ziel der Studie war die Erhebung des Verbrauchs von
Blutkonserven (Erythrozytenkonzentrate, Plasma- und Thrombozytenkonzentrate).
In einem weiteren Schritt wurde die Abhängigkeit des Blutkonservenverbrauchs von
verschiedenen Faktoren auf statistische Signifikanz überprüft. Diese Faktoren
beinhalten Alter, Größe und Gewicht, prä-, peri- und postoperative Laborparameter,
Medikamenteneinnahme, Vorerkrankungen, sowie Parameter des Operationsverlaufs
und des postoperativen Genesungsprozesses.
2.4. Gesondert untersuchte Patienten
Die Auswertung wurde unabhängig von bereits vor dem Erfassungszeitraum wegen
der gleichen Erkrankung erfolgten Operationen durchgeführt. Der Einfluss von
Voroperationen auf den Blutverbrauch wurde im Nachhinein geprüft.
Bei 4 Patienten erfolgten innerhalb des Erfassungszeitraumes zwei Operationen. In
diesen Fällen wurden die Zweit-Operationen gesondert betrachtet und nicht in die
Berechnung des allgemeinen Konservenverbrauchs aufgenommen, da sonst auch die
Patientenparameter zweifach in die Betrachtung eingegangen wären.
In allen in dieser Arbeit angeführten Statistiken bezüglich des Verbrauchs von
Blutprodukten handelt es sich, soweit nicht anders angegeben, ausschließlich um
Fremdblutkonserven. Der Konservenverbrauch der 5 Eigenblutspender wurde
gesondert analysiert.
2.5. Unterteilung des Patientenkollektivs
Die Einteilung der Tumordiagnosen in Gruppen erfolgte anhand des durch die
Abteilung für Neuropathologie des Instituts für Pathologie am Klinikum der Universität
zu Köln (Direktorin: Frau Prof. Dr. med. M. Deckert) erhobenen neuropathologischen
Befundes und wurde in Anlehnung an die Gruppierung der aktuellen ICD-O-
14
Klassifikation (International Classification of Diseases for Oncology, 3rd Edition, WHO,
2000) vorgenommen.
Ausnahmen hiervon stellen die in dieser Arbeit gebildete Untergruppe „Metastasen“,
bei deren Auswertung der histologische Typ nicht mit einbezogen wurde, sowie die
Untergruppe „Sonstige“, in der im Patientenkollektiv nur selten vorkommende
Diagnosen zusammengefasst wurden.
Die in die ICD-O-Gruppe „Adenome und Adenokarzinome“ fallenden Diagnosen
werden in dieser Arbeit als „Hypophysenadenome“ bezeichnet. Der einzige Fall, in
dem
es
sich
bei
einem
Tumor
aus
dieser
ICD-O-Gruppe
nicht
um
ein
Hypophysenadenom handelte, sondern um ein Adenokarzinom des Nasopharynx,
findet sich in der Gruppe „Sonstige“.
Bei einer Divergenz zwischen der präoperativen Verdachtsdiagnose und der durch die
histopathologische Untersuchung gefassten endgültigen Diagnose der Tumorart wurde
letztere zur Auswertung herangezogen.
War im pathologischen Bericht kein ICD-O-Schlüssel zu finden, ließ sich die
angegebene histologische Diagnose jedoch eindeutig einer bestimmten ICD-O-Gruppe
zuordnen, so wurde der Fall der entsprechenden Gruppe zugeschrieben.
2.6. Angewandte statistische Verfahren
Bezüglich des Blutkonservenverbrauchs wurden mittels der Deskriptiven Statistik und
der Explorativen Datenanalyse Mittelwerte, Standardabweichungen, Varianzen,
Mediane, Konfidenzintervalle, Minima und Maxima berechnet.
Zum Test auf Abhängigkeit des Blutkonservenverbrauchs von bestimmten Parametern
wurden im Rahmen der Explorativen Datenanalyse Korrelationskoeffizienten und
Signifikanzniveaus ermittelt.
Zur Überprüfung eines Zusammenhangs zwischen zwei nominalen Variablen wurde
der Chi-Quadrat-Test nach Pearson durchgeführt.
Zum Vergleich der Mittelwerte von zwei unabhängigen Stichproben fand der t-Test
(student-t-Test) Anwendung. Als Nullhypothese wurde jeweils die Annahme der sich
nicht unterscheidenden Mittelwerte zugrundegelegt. Diese wurde bei zweiseitigem p <
0,05 verworfen. Zum Test des Einflusses einer unabhängigen Variable mit
15
verschiedenen Ausprägungen wurde die einfaktorielle Varianzanalyase (ANOVA)
angewendet.
2.7. Quotienten zur Bewertung des Bluthaushaltes
Folgende
Quotienten
wurden
zur
Bewertung
des
Blutkonservenhaushaltes
herangezogen:
Crossmatched-to-transfused ratio (C/T):
Die Crossmatched-to-transfused ratio setzt die Anzahl der präoperativ gekreuzten
Konserven in Verhältnis zur Anzahl der transfundierten Konserven:
C /T 
Anzahl gekreuzter EK
Anzahl transfundi erter EK
Die C/T ist ein in der Literatur vielfach zur Bewertung des Blutkomponentenhaushalts
herangezogener Parameter. Hierbei wird ein Wert größer als 2,5 in der Regel als ein
Indikator für eine nicht effektive Blutbestellpraxis angesehen. (Boral et al., 1977;
Sarma, 1980)
Delivered-to-transfused ratio (D/T):
2B
Die Delivered-to-transfused ratio beschreibt das Verhältnis von gelieferten zu
transfundierten Erythrozytenkonzentraten.
D /T 
Anzahl gelieferter EK
Anzahl transfundi erter EK
Zur Berechnung sowohl der C/T als auch der D/T wurden nur die transfundierten
homologen Erythrozytenkonzentrate berücksichtigt, keine Eigenblutspenden.
16
Transfusionswahrscheinlichkeit (T%) :
Die Transfusionswahrscheinlichkeit stellt den prozentualen Anteil von transfundierten
Patienten am Gesamtkollektiv der operierten Patienten dar:
T% =
Anzahl transfundi erter Patienten
*100
Anzahl operierter Patienten
Als „Anzahl transfundierter EK“ bzw. „Anzahl transfundierter Patienten“ wurden jeweils
nur die perioperativen Zeiträume berücksichtigt.
Rücklaufquote (R%):
Die Rücklaufquote setzt die Zahl der zurückgelieferten in Verhältnis zu den gelieferten
Erythrozytenkonzentraten
und
wird
für
berechnet.
R% =
Anzahl retournierter EK
*100
Anzahl gelieferter EK
17
den
gesamten
Krankenhausaufenthalt
3. Ergebnisse
3.1. Charakteristika des Patientenkollektivs
Insgesamt wurden 226 Patienten in die Auswertung einbezogen. In 5 der Fälle
handelte
es
sich
um
Eigenblutspender,
die
im
Hinblick
auf
den
Blutkonservenverbrauch und dessen Prädiktoren gesondert analysiert wurden.
3.1.1. Demografische Daten
Von den insgesamt 226 einbezogenen Patienten waren 120 (53,10 %) weiblich und
106 (46,90 %) männlich.
Das Alter lag zwischen 6 und 85 Jahren, im Durchschnitt bei x̄ = 55,94 ± 15,27 Jahren
A
E
A
(95%-KI 53,94 – 57,94; Median 58,00), wobei die weiblichen Patienten im Schnitt
etwas jünger waren ( x̄ = 55,35 ± 15,59 Jahre; 95%-KI 52,53 – 58,17; Median 57,00)
A
E
A
als die Männer (x̄ = 56,60 ± 14,95 Jahre; 95%-KI 53,73 – 59,48; Median 59,50).
A
E
A
Abb. 3.1. Altersverteilung im Patientenkollektiv
70
60
58
54
50
45
Anzahl der Patienten
40
30
27
28
20
10
4
0
5,0
7
15,0 25,0 35,0 45,0 55,0 65,0 75,0 85,0
Alter (Jahre)
18
Der Mittelwert für die Körpergröße lag bei x̄ = 169,85 ± 9,13 cm (95%-KI 168,50 –
A
E
A
171,20; Median 170,00), für Frauen bei x̄ = 164,93 ± 5,45 cm (95%-KI 163,78 –
A
E
A
166,08; Median 165,00) und für Männer bei x̄ = 174,71 ± 9,44 cm (95%-KI 172,73 –
A
E
A
176,69; Median 175,00).
Das Gewicht betrug im Mittel 76,94 ± 15,28 kg (95%-KI 74,73 – 79,15; Median 75,00),
bei den Frauen 72,44 ± 14,86 kg (95%-KI 69,39 – 75,48; Median 70,00) und bei den
Männern 81,54 ± 14,38 kg (95%-KI 78,57 – 84,52; Median 83,00).
3.1.2. Verteilung der Blutgruppen
Als Blutgruppe fanden sich bei 92 (40,88 %) Patienten Gruppe 0, bei 101 (44,88 %)
Patienten Gruppe A, bei 23 (10,22 %) Patienten Gruppe B und bei 9 (4,00 %)
Patienten Gruppe AB. Der Rhesusfaktor war bei 191 (84,88 %) positiv und bei 34
(15,11 %) negativ. Diese Werte entsprechen weitgehend einer im Jahr 1994 an mehr
als 600.000 Blutspendern erhobenen Statistik zur Blutgruppenverteilung der
Bevölkerung im Südwesten der Bundesrepublik Deutschland (Wagner et al., 1995).
Tab. 3.1. Verteilung der ABO- und Rhesus-Blutgruppen im Patientenkollektiv verglichen
mit dem Durchschnitt in Südwestdeutschland (Wagner et al., 1995)
Blutgruppe /
Rhesusfaktor
Anteil in Prozent (%) und absolut
(diese Studie)
Anteil in Prozent (%) und
absolut (Wagner et al.)
0
40,88 (n=92)
41,21 (n=257.231)
A
44,88 (n=101)
43,26 (n=270.015)
B
10,22 (n=23)
10,71 (n=66.860)
4,00 (n=9)
4,82 (n=30.055)
Rh pos.
84,88 (n=191)
82,71 (n=575.382)
Rh neg.
15,11 (n=34)
17,29 (n=48.782)
AB
19
Abb. 3.2. Verteilung der ABO- und Rhesus-Blutgruppen im Patientenkollektiv verglichen
mit dem Durchschnitt in Südwestdeutschland (Wagner et al., 1995)
100
80
60
Prozent %
40
Studie
20
Diese Studie
0
Wagner et al.
0
A
B
AB
Rh+
Rh-
Blutgruppe
3.1.3. Verteilung der Tumordiagnosen
Einen
mehr
als
50-prozentigen
Anteil
an
den
Operationsdiagnosen
hatten
Meningeome und Gliome, eine weitere große Gruppe bildeten die Metastasen. Die
Häufigkeitsverteilung der Diagnosen geht aus Abbildung 3.3. hervor.
3.1.4. Verteilung der Lokalisation der Tumoren
In 84,96 % der Fälle handelte es sich bei den untersuchten Tumoren um intrakranielle
Raumforderungen.
Mit
79,20
%
befanden
sich
die
meisten
der
Tumoren
supratentoriell. 5,75 % fanden sich infratentoriell in der hinteren Schädelgrube. 15,04
% der Tumoren waren am kraniospinalen Übergang oder spinal lokalisiert (s. Abb.
3.4.).
20
Abb. 3.3. Verteilung der Tumordiagnosen (Anteil absolut/prozentual)
Meningeom
Gliom
50,00 / 22,1%
76,00 / 33,6%
Metastase
47,00 / 20,8%
Sonstige
18,00 / 8,0%
Neurinom
12,00 / 5,3%
Hypophysenadenom
23,00 / 10,2%
Abb. 3.4. Verteilung der Lokalisation der Tumoren im Gesamtkollektiv (Anteil absolut/
prozentual)
Infratentoriell
13,0 / 5,8%
Spinal
30,0 / 13,3%
Kraniospinal
4,0 / 1,8%
Supratentoriell
179,0 / 79,2%
21
3.1.5. Verteilung der Unterdiagnosen innerhalb der Gruppe „Gliome“
Die Gruppe der Gliome wurde zum größten Teil (59,21 %) durch Glioblastome vom
WHO-Malignitätsgrad 4 gebildet.
Abb. 3.5. Häufigkeitsverteilung der Diagnosen innerhalb der Gruppe „Gliome“ (Anteil
absolut/prozentual)
Sonstige
3,0 / 3,9%
Oligodendrogliom
3,0 / 3,9%
Ependymom
4,0 / 5,3%
Astrozytom
13,0 / 17,1%
Gliomunterformen
8,0 / 10,5%
Glioblastom/ -sarkom
45,0 / 59,2%
3.1.6. Metastasen
Von den 47 Patienten mit Metastasen wiesen 29 (61,70 %) intracerebrale Filiae davon 23 (48,93 %) supra- und 6 (12,77 %) infratentoriell - sowie 18 (38,30 %)
Patienten spinale Filiae auf. Der Primärtumor war in mehr als einem Viertel der Fälle
unbekannt, die bekannten Primärtumoren betrafen - in absteigender Häufigkeit -
22
Lunge, Mammae und Nieren, Darm, Haut, Prostata, Ovar sowie lymphatisches
System.
Abb. 3.6. Häufigkeitsverteilung der Diagnosen für den Primärtumor innerhalb der Gruppe
„Metastasen“
Sonstige *
7,0 / 14,9%
Lunge
10,0 / 21,3%
Mamma
5,0 / 10,6%
Darm
4,0 / 8,5%
Niere
5,0 / 10,6%
Unbekannt
13,0 / 27,7%
Haut
3,0 / 6,4%
* Sonstige = Blasen-Carcinom, Magen-Carcinom, Ovarial-Carcinom, Prostata-Carcinom,
Plasmocytom, Non-Hodgkin-Lymphom, Osteosarkom (jeweils n=1).
3.1.7. Tumorklassifikation
In Anlehnung an die ICD-0-Klassifikation aus dem Jahr 2000 erfolgte die Zuordnung
der Hirntumoren zu einer Gruppe. Grundlage hierfür bildeten die im Befund der
histopathologischen Untersuchung angegebenen ICD-Codes (s. Tab 3.2.).
In
der
Gruppe
„Adenome
und
Adenokarzinome“
Hypophysenadenome betrachtet.
23
wurden
ausschließlich
Tab. 3.2. Einteilung der pathologischen Tumordiagnosen in Anlehnung an die ICD-OKlassifikation (in Klammern die Häufigkeit n des Vorkommens im Patientenkollektiv)
Gruppe gemäß ICD-O-Klassifikation 2000
Gliome (n=76)
M938-M948
Pathologische Diagnose
Gliomunterformen (n=8)
M9380 Gliom, bösartig (n=1)
M9382 Gliom, Mischform (n=6)
M9383 Subependymales Gliom (n=1)
Papillome (n=1)
M9390 Papillom des Plexus chorioideus (n=1)
Ependymome (n=4)
M9391 Ependymom o.n.A. (n=3)
M9392 Ependymom, anaplastisch (n=1)
Astrozytome (n=13)
M9400 Astrozytom o.n.A. (n=7)
M9401 Anaplastisches Astrozytom(n=3)
M9421 Pilozytisches Astrozytom (n=2)
M9411 Gemistozytisches Astrozytom (n=1)
Glioblastome (n=45)
M9440 Glioblastom o.n.A. (n=42)
M9441 Glioblastom, riesenzellig (n=2)
M9442 Gliosarkom (n=1)
Oligodendrogliome (n=3)
M9450 Oligodendrogliom o.n.A. (n=2)
M9451 Oligodendrogliom, anaplastisch (n=1)
Medulloblastome (n=2)
M9470 Medulloblastom (n=2)
U
U
U
U
U
U
U
Meningeome (n=50)
M953
Metastasen (n=47)
Adenome und Adenokarzinome (n=23)
M814-M838
Neurinome (Nervenscheidentumoren) (n=12)
M954-M957
Sonstige (n=18)
M9530 Meningeom o.n.A. (n=10)
M9531 Meningotheliomatöses Meningeom (n=9)
M9532 Fibromatöses Meningeom (n=15)
M9533 psammöses Meningeom (n=2)
M9534 angiomatöses Meningeom (n=2)
M9535 hämangioblastisches Meningeom (n=1)
M9536 hämangioperizytisches Meningeom (n=1)
M9537 Meningeom, Übergangstyp (n=10)
wahrscheinlicher Primarius:
Bronchial-Carcinom (n=10)
Mamma-Carcinom (n=6)
Nieren-Carcinom (n=5)
kolorektales Carcinom (n=2)
Prostata-Carcinom (n=2)
malignes Melanom (n=2)
Magen-Carcinom (n=1)
Ovarial-Carcinom (n=1)
Blasen-Carcinom (n=1)
Mundhöhlen-Carcinom (n=1)
Non-Hodgkin-Lymphom (n=1)
Plasmocytom (n=1)
unbekannter Primarius (n=14)
M8270 chromophobes Adenom (n=16)
M8280 eosinophiles Adenom (n=2)
M8140 Adenom o.n.A. (n=5)
M9540 Neurofibrom o.n.A. (n=1)
M9540 Neurofibrosarkom (n=1)
M9560 Neurilemmom o.n.A. (n=10)
Neuroepitheliomatöse Neubildungen (n=3)
M9505 Gangliogliom (n=2)
M9506 Neurozytom (n=1)
Keimzellneubildungen (n=1)
M9064 Germinom (n=1)
Blutgefäßtumoren (n=2)
M9150 Hämangioperizytom o.n.A. (n=1)
M9161 Hämangioblastom (n=1)
Adenome und Adenokarzinome (n=1)
M8140 Adenokarzinom o.n.A. (n=1)
Verschiedene Tumoren (n=2)
M9350 Kraniopharyngeom (n=1)
M9370 Chordom (n=1)
Paragangliome und Glomustumoren (n=1)
M8680 Paragangliom o.n.A. (n=1)
Ossäre und chondromatöse Neubildungen (n=2)
M9189 Osteom o.n.A. (n=1)
M9231 myxoides Chondrosarkom (n=1)
Nicht oder nicht eindeutig zu kategorisieren (n=6)
Epidermoid (n=2)
Kolloidcyste (n=1)
cystische Raumforderung o.n.A. (n=1)
Strahlennekrose (n=1)
thrombosierte Phlebektasie (n=1)
U
U
U
U
U
U
U
U
24
3.1.8. Tumordignität
Abb. 3.7. gibt einen Überblick über die Verteilung der WHO-Malignitätsgrade I – IV im
Patientenkollektiv.
Abb. 3.7. Unterteilung der vorliegenden Tumordiagnosen nach dem WHO-Malignitätsgrad (Anteil absolut/prozentual)
Grad IV
Grad I
82,0 / 39,4%
90,0 / 43,3%
Grad III
Grad II
17,0 / 8,2%
19,0 / 9,1%
3.1.9. Blutgerinnungsbeeinflussende Faktoren
Bei zwei der Patienten war eine Koagulopathie vorbekannt. In einem Fall handelte es
sich um einen Protein C- und Protein S - Mangel, im anderen um ein
Antiphospholipidsyndrom. Es lag also in beiden Fällen eine Hyperkoagulabilität mit
gesteigerter
Thromboseneigung
vor,
beide
Patienten
waren
mit
Marcumar
antikoaguliert. Gerinnungsstörungen mit erhöhter Blutungsneigung kamen unter den
untersuchten Personen, soweit bekannt, nicht vor.
Im Patientenkollektiv fanden sich insgesamt 6 Marcumarpatienten. Die Indikationen zur
Antikoagulation waren – neben den im vorherigen Absatz genannten Koagulopathien Tachyarrhythmia absoluta, Z.n. tiefer Beinvenenthrombose mit Lungenembolie sowie
Z.n. Koronar-Stent-Implantation. In einem Fall ließ sich die Indikation der
Dokumentation nicht entnehmen. Der Zeitraum des präoperativen Absetzens der
Antikoagulationstherapie lag zwischen 0 und 13 Tagen ( x̄ = 6,67 ±
A
E
A
4,37), die
präoperativen Gerinnungswerte lagen für den Quick zwischen 41 % (INR 1,03) und 97
% (INR 1,89) (Quick: x̄ = 75,83 % ± 20,37; INR: x̄ = 1,27 ± 0,31).
A
E
A
A
25
E
A
Des Weiteren hatten 10 Patienten präoperativ ASS eingenommen, 8 in einer
Dosierung von 100 mg und jeweils ein Patient in einer Dosierung von 250 bzw. 300 mg
täglich. Der Zeitraum des präoperativen Absetzens der ASS-Medikation schwankte
zwischen 0 und 10 Tagen ( x̄ = 4,20 ± 3,26).
A
E
A
38 Patienten hatten über einen Zeitraum von mehr als 24 Stunden präoperativ eine
Thromboseprophylaxe mit konventionellem (n = 7) oder niedermolekularem (n = 31)
Heparin in low-dose bekommen.
3.1.10. Operationsdauer
Für die verschiedenen Tumorarten fanden sich erhebliche Unterschiede bezüglich der
mittleren Operationsdauer (p < 0,01). Die im Mittel kürzesten Operationen stellten mit
187 Minuten Resektionen von Metastasen dar, die längsten waren mit durchschnittlich
367 Minuten Meningeomoperationen.
Tab. 3.3. Operationsdauer in Abhängigkeit von der Tumorart
Tumordiagnose
Meningeom
(n=50)
Metastase
(n=46)
Hypophysenadenom
(n=23)
Gliom
(n=75)
Glioblastom/-sarkom
(n=44)
Astrozytom
(n=13)
Gliomunterformen
(n=8)
Sonstige Gliome
(n=10)
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=17)
Gesamt
(n=223)
x̄ ± s
[min.]
A
E
95 % - KI
A
Min. – Max.
[min.]
366,76 ± 123,89
331,55 – 304,82
115 - 665
186,91 ± 67,66
166,82 – 207,01
55 - 385
187,91 ± 104,01
142,94 – 232,89
90 - 535
281,00 ± 103,55
257,18 – 304,82
55 - 665
261,36 ± 74,19
238,81 – 283,92
80 - 435
303,46 ± 155,26
209,64 – 397,28
135 - 665
270,00 ± 78,65
204,25 – 335,75
150 - 370
347,00 ± 131,70
252,79 – 441,21
55 - 550
350,00 ± 109,84
280,21 – 419,79
135 - 510
272,06 ± 108,61
216,21 – 327,90
125 - 485
274,25 ± 122,54
258,08 – 290,42
55 - 665
26
Abb. 3.8. Operationsdauer in Abhängigkeit von der Tumorart
800
700
600
500
Dauer der OP in min.
400
300
200
100
0
N=
73
48
Gliom
46
23
Metastase
Meningeom
12
16
Neurinom
Hypophysenadenom
Sonstige
Tumordiagnose
o = Ausreißer
* = Extremwert
3.1.11. Intraoperativer Blutverlust
Der im Operationsprotokoll dokumentierte Blutverlust während der Operation
schwankte insgesamt zwischen 0 und 5100 ml ( x̄ = 824,07 ± 869,85; n = 209). Die
A
E
A
Unterschiede der Mittelwerte zwischen den verschiedenen Tumorarten waren auch
hier signifikant (p < 0,01), der niedrigste Mittelwert betrug 427 ml bei den
Glioblastomen, der höchste 1346 ml bei den Meningeomen (s. Tab. 3.4. und Abb.
3.9.).
3.1.12. Eigenblutspender
5 der in die Studie eingehenden 226 Patienten, davon 4 Frauen und ein Mann, hatten
präoperativ Eigenblutspenden abgegeben. Das mittlere Alter der Eigenblutspender
betrug 57,20 ± 9,76 Jahre (95% - KI 45,09 – 69,31, Median 55,00) und lag damit etwas
oberhalb des Gesamtkollektivs, der Unterschied ist nicht signifikant.
Die
Zeit
des
freien
Intervalls
zwischen
der
ersten
Blutspende
und
dem
Operationstermin betrug zwischen 23 und 42 Tagen (x̄ = 32,20 ± 8,70). Das 42 Tage
A
27
E
A
Tab. 3.4. Intraoperativer Blutverlust in Abhängigkeit von der Tumorart
x̄ ± s
[ml]
Operationsdiagnose
A
Meningeom
(n=47)
Metastase
(n=44)
Hypophysenadenom
(n=21)
E
95 % - KI
A
1396,81 ± 1059,71
1085,67 – 1707,95
854,55 ± 1113,80
515,92 – 1193,17
0 - 5100
738,10 ± 677,66
429,63 – 1046,56
0 - 2600
565,95 ± 508,36
448,17 – 683,72
0 - 3000
427,05 ± 249,27
351,26 – 502,83
0 - 1200
770,83 ± 695,59
328,88 – 1212,79
100 - 2500
906,25 ± 922,90
134,69 – 1677,81
200 - 3000
659,00 ± 531,59
278,72 – 1039,28
100 - 1700
662,50 ± 523,59
329,83 – 995,17
150 - 1800
634,38 ± 658,97
283,24 – 985,51
0 - 2300
835,19 ± 877,43
716,96 – 953,42
0 - 5100
Gliom
(n=74)
Glioblastom/-sarkom
(n=44)
Astrozytom
(n=12)
Gliomunterformen
(n=8)
Sonstige Gliome
(n=10)
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=16)
Gesamt
(n=214)
Abb. 3.9. Intraoperativer Blutverlust in Abhängigkeit von der Tumorart
6000
5000
4000
Blutverlust im OP in ml
3000
2000
1000
0
-1000
N=
74
47
Gliom
44
Metastase
Meningeom
Min. – Max.
[ml]
21
12
16
Neurinom
Hypophysenadenom
Sonstige
Tumordiagnose
o = Ausreißer
* = Extremwert
28
100 - 5100
alte Erythrozytenkonzentrat wurde jedoch nicht mehr verwendet, das älteste
transfundierte Konzentrat war 41 Tage zuvor gespendet worden.
Es wurden zwischen 3 und 4 Eigenblut-Erythrozytenkonzentrate gespendet ( x̄ = 3,40
A
E
A
± 0,55), des Weiteren zwischen 0 und 4 Eigenblut-Plasmakonserven ( x̄ = 2,80 ± 1,64).
A
E
A
3.2. Verbrauch von Erythrozytenkonzentraten (EK)
3.2.1. EK-Verbrauch während des gesamten Krankenhausaufenthaltes
Der Verbrauch von Erythrozytenkonzentraten während des gesamten Aufenthaltes im
Krankenhaus betrug für die 221 Patienten, die keine Eigenblutspende abgegeben
hatten, im Mittel 0,81 ± 1,94 Erythrozytenkonzentrate. Der Konservenverbrauch war
abhängig von der Operationsdiagnose (p < 0,01).
Tab. 3.5. Durchschnittlicher EK-Verbrauch während des gesamten Krankenhausaufenthaltes
3B
Operationsdiagnose
Meningeom
(n=48)
Metastase
(n=47)
Hypophysenadenom
(n=23)
Gliom
(n=74)
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=17)
Gesamt
(n=221)
x̄ ± s
A
E
95 % - KI
A
Min. – Max.
1,79 ± 2,72
1,00 – 2,58
0 – 10
1,04 ± 2,29
0,37 – 1,72
0–8
0,52 ± 1,47
-0,12 – 1,16
0–6
0,36 ± 1,17
0,09 – 0,63
0–8
0,29 ± 0,85
-0,14 – 0,73
0–3
0,81 ± 1,94
0,55 – 1,07
0 - 10
0,00 ± 0,00
29
Abb. 3.10. Mittlerer EK-Verbrauch während des gesamten Krankenhausaufenthaltes
Mittelwert Gesamt verabreichte Fremdblut-EK
28B
2,00
1,79
1,50
1,00
1,04
,50
,52
,36
,29
0,00
S
m
no
ri
eu
e
ig
st
on
N
se
ta
as
et
om
ge
in
en
m
m
no
lio
de
G
na
se
hy
op
yp
H
M
M
Tumordiagnose
Tabelle 3.6. zeigt den Verlauf des EK-Verbrauchs in den verschiedenen Phasen des
Krankenhausaufenthaltes.
Tab. 3.6. Vergleich der im Mittel intra- und der postoperativ (auf Intensiv- bzw. Normalstation) verabreichten Erythrozytenkonzentrate (EK)
Tumordiagnose
1,21 ± 1,86
EK-Verbrauch
postop.
Intensivstation
(x̄ ± s)
0,23 ± 0,81
EK-Verbrauch
postop.
Normalstation
(x̄ ± s)
0,11 ± 0,73
0,81 ± 1,93
0,09 ± 0,41
0,13 ± 0,89
0,35 ± 0,94
0,17 ± 0,65
0,00
0,19 ± 0,61
0,15 ± 0,96
0,00
0,00
0,00
0,00
0,12 ± 0,49
0,00
0,00
0,54 ± 1,39
0,14 ± 0,73
0,05 ± 0,54
EK-Verbrauch
intraop.
(x̄ ± s)
A
E
A
A
Meningeom
(n=48)
Metastase
(n=47)
Hypophysenadenom
(n=23)
Gliom
(n=74)
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=17)
Gesamt
(n=221)
30
E
A
A
E
A
3.2.2. Perioperativer EK-Verbrauch
In diesem Abschnitt erfolgt die Auswertung des EK-Verbrauchs lediglich für den
perioperativen Zeitraum, den wir als Zeitraum im Operationssaal plus postoperativen
Aufenthalt auf der Intensivstation definierten (s. Tab. 3.7. und Abb. 3.11.). Auch hier
war die Anzahl der verbrauchten Konserven abhängig von der Tumordiagnose (p <
0,01).
Die perioperativen Werte werden im folgenden Abschnitt die Grundlage für die
Berechnung der Quotienten zur Beurteilung des Bluthaushaltes (C/T, D/T, T%) bilden.
3.2.3. Anzahl der transfundierten Patienten
Hier erfolgte die Auswertung lediglich anhand der Frage, ob den Patienten perioperativ
Fremdblut-Erythrozytenkonzentrate verabreicht wurden oder nicht, unabhängig von
deren Anzahl.
Die Anzahl der Patienten, die perioperativ Fremdblut-Erythrozytenkonzentrate
erhielten, betrug 42, dies entspricht einem Anteil von 19,00 % am Gesamtkollektiv. Die
Darstellung nach Tumordiagnosen erfolgt in Tab. 3.8.
Tab. 3.7. Durchschnittlicher perioperativer EK-Verbrauch
4B
Tumordiagnose
Meningeom
(n=48)
Metastase
(n=47)
Gliom
(n=74)
Hypophysenadenom
(n=23)
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=17)
Gesamt
(n=221)
x̄ ± s
A
E
95 % - KI
A
Min. – Max.
1,44 ± 2,24
0,79 – 2,09
0–8
0,89 ± 2,11
0,27 – 1,51
0–8
0,34 ± 1,15
0,07 – 0,60
0–8
0,52 ± 1,47
-0,12 – 1,16
0–6
0,00 ± 0,00
0–0
0,12 ± 0,49
-0,13 – 0,37
0–2
0,68 ± 1,70
0,45 – 0,90
0–8
31
Mittelwert Periop. verabreichte Fremdblut-EK
Abb. 3.11. Mittlerer perioperativer EK-Verbrauch
1,60
1,40
1,44
1,20
1,00
,89
,80
,60
,52
,40
,34
,20
,12
0,00
S
m
no
ri
eu
e
as
e
ig
st
on
N
t
as
et
om
ge
in
en
m
m
no
lio
de
G
na
se
hy
op
yp
H
M
M
Tumordiagnose
Tab. 3.8. Anzahl perioperativ transfundierter Patienten
29B
Transfundierte Patienten
absolut / relativ [%]
Tumordiagnose
Meningeom
(n=48)
Metastase
(n=47)
Gliom
(n=74)
Hypophysenadenom
(n=23)
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=17)
Gesamt
(n=221)
Abb.
3.12.
zeigt
19 / 39,58
45,24
10 / 21,28
23,81
9 / 12,16
21,43
3 / 13,04
7,14
0 / 0,00
0,00
1 / 5,88
2,38
42 / 19,00
oben
Anteil an gesamt
transfundierten Patienten [%]
das
100,00
Verhältnis
der
Patienten,
die
perioperativ
mit
Erythrozytenkonzentraten transfundiert wurden zu denen, die keine Transfusionen
erhielten. Zum Vergleich zeigt die untere Abbildung das Verhältnis von Patienten, für
32
die präoperativ Kreuzblut bereitgestellt wurde zu denen, für die keine Kreuzproben
durchgeführt wurden.
Abb. 3.12. Anteil transfundierter Patienten zu präoperativ mit Kreuzblut versorgten
Patienten
Gesamtanzahl operierter Patienten
80
60
40
20
Nicht transfundiert
0
Transfundiert
S
ge
m
m
n
no
de
ri
na
se
hy
i
st
eu
eo
se
ta
as
op
yp
et
on
N
H
M
ng
m
i
en
lio
M
G
om
Tumordiagnose
Gesamtanzahl operierter Patienten
80
60
40
20
Präop. keine EK
gekreuzt
0
Präop. EK gekreuzt
e
ig
st
m
on
S
m
no
no
de
ri
na
eu
se
N
hy
op
yp
H
se
ta
as
et
om
ge
in
M
m
en
lio
M
G
Tumordiagnose
33
3.2.4. Quotienten zur Beurteilung des Blutkonservenhaushaltes
Die Definitionen der Quotienten können dem Kapitel 2.7. entnommen werden. Tabelle
3.9. sowie die Abbildungen 3.13. bis 3.16. zeigen eine Übersicht über die Ergebnisse
der Quotienten-Berechnungen, wiederum aufgeteilt nach Operationsdiagnosen. Die
Rücklaufquote R% wurde im Gegensatz zu den anderen Quotienten nicht aus dem
perioperativen, sondern aus dem gesamten Zeitraum des Krankenhausaufenthaltes
berechnet.
Für Neurinome ist die C/T- und D/T - Berechnung aufgrund fehlender Transfusionen
nicht möglich. Der Mittelwert für präoperativ gekreuzte Erythrozytenkonzentrate beträgt
x̄ =
A
E
A
3,33
±
0,65
(95%-KI:
2,92-3,75),
der
für
perioperativ
gelieferte
Erythrozytenkonzentrate x̄ = 3,08 ± 1,17 (95%-KI: 2,34-3,82).
A
E
Tab. 3.9. C/T, D/T, T%
Krankenhausaufenthalt
5B
Tumordiagnose
A
für
den
perioperativen
C/T
EK-Haushalt,
D/T
R%
T%
für
R%
Meningeom
2,64
2,61
39,58
65,46
Metastase
3,44
3,05
21,28
71,84
Gliom
9,36
8,16
12,16
88,11
Hypophysenadenom
5,92
5,67
13,04
82,86
Neurinom
keine Transf.
keine Transf.
0,0
100,00
Sonstige
22,50
22,50
5,88
90,57
Gesamt
4,77
4,41
19,00
78,09
34
den
Abb. 3.13. Crossmatched-to-transfused ratio C/T, perioperativ
Abb. 3.14. Delivered-to-transfused
ratio D/T, perioperativ
30,00
30,00
22,50
10,00
9,36
5,92
3,44
0,00
2,64
5,67
3,05
0,00
2,61
e
ig
st
on
S
m
no
ri
eu
N
om
ge
in
en
M
m
se
ta
no
as
de
et
na
M
se
hy
op
yp
H
m
lio
G
m
Abb. 3.16. Rücklaufquote R%,
gesamter Krankenhausaufenthalt
50,00
110,00
40,00
100,00
30,00
21,28
13,04
12,16
5,88
0,00
Rücklaufquote R% gesamt
39,58
T% perioperativ
8,16
e
ig
st
on
S
m
no
ri
eu
N
om
ge
in
en
M
m
se
ta
no
as
de
et
na
M
se
hy
op
yp
H
lio
G
Abb. 3.15. Transfusionswahrscheinlichkeit T%, perioperativ
10,00
10,00
Tumordiagnose
Tumordiagnose
20,00
22,50
20,00
D/T-Ratio perioperativ
C/T-Ratio perioperativ
20,00
100,00
90,00
90,57
88,11
82,86
80,00
70,00
71,84
65,46
60,00
on
i
st
om
ge
ge
in
na
n
de
om
35
en
se
ta
se
hy
m
Tumordiagnose
S
M
as
et
m
o
in
op
yp
lio
r
eu
M
H
G
N
e
ig
st
on
S
m
no
ri
eu
N
m
no
m
de
lio
na
G
se
hy
op
yp
H
se
ta
as
et
M
om
ge
in
en
M
Tumordiagnose
3.2.5. Untergruppen der Gliome
In einer Analyse der Gliom-Untergruppierungen ergab sich für die recht große Gruppe
der Glioblastome (n = 45) nur ein geringer EK-Verbrauch (x̄ = 0,16 ± 0,52), auch bei
A
E
A
den Astrozytomen (n = 13) war der Transfusionsbedarf eher gering (x̄ = 0,15 ± 0,56).
A
E
A
Den höchsten Verbrauch boten die 8 in der Dokumentation nicht näher definierten
Gliome ( x̄ = 1,50 ± 2,98).
A
E
A
Die übrigen Werte lassen sich der Tab. 3.10. entnehmen.
Tab. 3.10. Durchschnittlicher EK-Verbrauch der Gliome, perioperativ
Operationsdiagnose
Glioblastom
(n=45)
Astrozytom
(n=13)
Ependymom
(n=2)
Medulloblastom
(n=2)
Oligodendrogliom
(n=3)
Plexuspapillom
(n=1)
Gliom o.n.A.
(n=8)
Gesamt
(n=74)
A
x̄ ± s
E
95 % - KI
A
Min. – Max.
0,16 ± 0,52
0,00 – 0,31
0–2
0,15 ± 0,56
-0,18 – 0,49
0–2
1,00 ± 1,41
-11,71 – 13,71
0–2
1,00 ± 1,41
-11,71 – 13,71
0–2
1,50 ± 2,98
-0,99 – 3,99
0–8
0,34 ± 1,15
0,07 – 0,60
0–8
keine Transf.
keine Transf.
Tab. 3.11. C/T, D/T und T% der Gliom-Untergruppen für den perioperativen EK-Haushalt,
R% für den Krankenhausaufenthalt
6B
Operationsdiagnose
Glioblastom
(n=45)
Astrozytom
(n=13)
Gliom o.n.A.
(n=8)
Sonstige Gliome
(n=8)
C/T
D/T
T%
R%
20,71
16,71
8,89
92,97
20,00
18,5
7,69
94,59
2,17
1,92
25,00
61,29
5,75
4,25
25,00
87,10
36
Abb. 3.17. Perioperative C/T, D/T und T% für die drei häufigsten Gliomformen
30,00
20,00
10,00
Quotient
C/T-Ratio periop.
D/T-Ratio periop.
T1% periop.
0,00
Glioblastom
Gliom o.n.A.
Astrozytom
Tumordiagnose
3.2.6. EK-Verbrauch bei Zweit-Operationen
In die reguläre Auswertung wurde nur die erste im Auswertungszeitraum stattfindende
Operation des Patienten einbezogen, da das mehrfache Eingehen der individuellen
Grundvoraussetzungen der Patienten sonst zu einer Verfälschung der Statistik geführt
hätte.
In vier Fällen wurden Patienten innerhalb des Erhebungszeitraums noch ein zweites
Mal bezüglich der gleichen Krankheit operiert. Es geht hierbei um RezidivOperationen, nicht um notfallmäßige Revisionen im unmittelbaren postoperativen
Zeitraum, die wiederum gesondert analysiert wurden.
Dritt- oder weitere Operationen kamen nicht vor.
Allen vier Zweit-Operationen lag als Diagnose ein Glioblastom zugrunde, sie sind also
der Gruppe der Gliome zuzuordnen.
Unter den vier Patienten befand sich kein Eigenblutspender. Drei Patienten benötigten
keine Erythrozytenkonzentrate, ein Patient erhielt postoperativ auf der Intensivstation
zwei
EK-Konserven.
Plasma-
oder
Thrombozytenkonzentrate
verabreicht.
37
wurden
nicht
Hieraus ergibt sich rechnerisch als Mittelwert des perioperativen EK-Verbrauchs ein
Wert von x̄ = 0,50 ± 1,00. Dieser liegt signifikant (p < 0,05) höher als die Werte der
A
E
A
Glioblastom-Patienten, die zum ersten Mal operiert wurden (x̄ = 0,16 ± 0,53).
A
E
A
3.2.7. EK-Verbrauch bei Eigenblutspendern
Von den insgesamt 17 gespendeten Eigenblut-Erythrozytenkonzentraten wurden 14
den Spenderpatienten retransfundiert. Einer der 5 Eigenblutspender benötigte darüber
hinaus intraoperativ noch zwei Fremdblutkonzentrate, die übrigen 4 erhielten keine
weiteren Transfusionen.
Die Diagnosen der Eigenblutspender lauteten in zwei Fällen Meningeom, in zwei
Fällen Ependymom und in einem Fall Chordom. Ein Ependymom befand sich im HWSBereich, die übrigen 4 Raumforderungen waren intrakraniell lokalisiert.
Die Transfusionen der Eigenblut-Erythrozytenkonzentrate fanden in allen Fällen
ausschließlich intraoperativ statt. Die Eigenblutspender erhielten durchschnittlich 3,20
± 1,79 Erythrozytenkonzentrate (Fremd- oder Eigenblut) und unterschieden sich somit
signifikant vom übrigen Kollektiv mit im Mittel 0,68 ± 1,70 perioperativen EK-Gaben
(p < 0,01).
Der Mittelwert des präoperativ bestimmten Hb lag bei Eigenblutspendern signifikant
niedriger als bei Patienten, die keine autologen Blutspenden abgegeben hatten (11,78
± 0,99 g/dl vs. 14,09 ± 1,57 g/dl, p < 0,01), der mittlere intraoperative Blutverlust war
tendenziell, aber nicht signifikant höher (1300,00 ± 1172,60 ml vs. 824,07 ± 869,85 ml,
p = 0,23).
3.3. Perioperativer Verbrauch von Plasmakonserven (FFP)
3.3.1. Plasmaverbrauch nach Tumordiagnosen
Insgesamt erhielten 24 Patienten perioperativ Plasma-Konserven in Form von FreshFrozen-Plasma (FFP). Die Tumordiagnosen lauteten in 11 Fällen Meningeom, in 6
Fällen
Metastase,
in
3
Fällen
Gliom
o.n.A.
und
in
ebenfalls
3
Fällen
Hypophysenadenom. In einem Fall handelte es sich um ein unter „Sonstige“
38
eingeordnetes Adenokarzinom des Nasopharynx. Neurinom-Patienten benötigten auch
hier keine Transfusionen.
Wie schon zuvor wurden auch hier die Eigenblutspender von der Betrachtung
ausgenommen und werden später gesondert ausgewertet.
Der Mittelwert der verabreichten Plasma-Konserven lag bei x̄ = 0,48 ± 1,63.
A
E
A
Tab. 3.12. Perioperativer Verbrauch von Plasmakonserven
7B
Operationsdiagnose
A
Meningeom
(n=48)
Metastase
(n=47)
Gliom
(n=74)
Hypophysenadenom
(n=23)
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=17)
Gesamt
(n=221)
x̄ ± s
E
95 % - KI
A
0,83 ± 1,79
0,31 – 1,35
0–7
0,66 ± 1,99
0,07 – 1,24
0 – 10
0,27 ± 1,49
-0,08 – 0,62
0 – 10
0,57 ± 1,73
-0,18 – 1,31
0–6
0,12 ± 0,49
-0,13 – 0,37
0–2
0,48 ± 1,63
0,26 – 0,70
0 – 10
0,00
Abb. 3.18. Perioperativer Plasmaverbrauch
1,00
Mittelwert Periop. Plasma-Verbrauch
,80
,83
,66
,60
,57
,40
,27
,20
,12
0,00
Meningeom
Hypophysenadenom
Metastase
Min. – Max.
Gliom
Neurinom
Sonstige
Tumordiagnose
39
3.3.2. Quotienten zur Beurteilung des Transfusionsmanagements
Da bei Plasmakonzentraten keine Kreuzprobe durchgeführt wird, entfiel die
Bestimmung der C/T-Ratio.
Ebenso wurde auf das Errechnen der D/T verzichtet, da die Bestellungen und
Lieferungen der FFPs häufig nicht adäquat in der Patientenakte dokumentiert wurden,
so dass eine sinnvolle Berechnung nicht möglich war.
Die T% konnte jedoch, wie auch bei den Erythrozytenkonzentraten, für den
perioperativen Zeitraum bestimmt werden.
Es erhielten 21 von 220 Patienten perioperative Frischplasma-Gaben, hieraus
errechnet sich eine Gesamttransfusionswahrscheinlichkeit von 9,55 %. Die Verteilung
auf die einzelnen Tumorarten geht aus Tabelle 3.13. und Abb. 3.19. hervor.
3.3.3. Plasmaverbrauch bei Eigenblutspendern
4 Patienten spendeten insgesamt 14 Konserven Fresh Frozen Plasma (FFP). Ein
Patient bekam alle 4 von ihm gespendeten Konserven intraoperativ transfundiert, ein
weiterer Patient ein FFP. Die übrigen 9 Konzentrate kamen nicht zum Einsatz.
Insgesamt ergab sich somit bezogen auf den perioperativen Zeitraum wie auch auf
den gesamten Krankenhausaufenthalt für die Eigenblutspender ein Mittelwert von x̄ =
A
E
A
1,00 ± 1,73 Plasmakonzentraten. Die Vergleichswerte bei Nicht-Eigenblutspendern
lagen bei x̄ = 0,48 ± 1,63 perioperativ sowie
A
E
A
A
x̄ = 0,58 ± 2,06 für den gesamten
E
A
Krankenhausaufenthalt. Die Unterschiede waren nicht signifikant.
3.4. Verbrauch von Thrombozytenkonzentraten (TK, TT)
Thrombozytenkonzentrate (TK) erhielten im perioperativen Zeitraum lediglich zwei der
Patienten. Es handelte sich um jeweils drei Thrombozytenkonzentrate, die den
Patienten während des postoperativen Intensivaufenthaltes verabreicht wurden.
Der erste Fall betraf eine 76-jährige Meningeom-Patientin, bei der sich im
postoperativen Verlauf ein subdurales Hämatom bildete, das 2 Revisions-Operationen
notwendig machte. Im zweiten Fall handelte es sich um einen 59-jährigen Patienten
mit Hypophysenadenom.
40
Tab. 3.13. Transfusionswahrscheinlichkeit T% für den perioperativen Plasma-Haushalt
30B
Transfund.
Patienten absolut
Operationsdiagnose
Meningeom
(n=47)
Metastase
(n=47)
Gliom
(n=74)
Hypophysenadenom
(n=23)
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=17)
Gesamt
(n=220)
Anteil an gesamt
transfund.
Patienten [%]
T%
11
52,37
23,40
5
23,81
10,64
2
9,52
2,70
3
14,29
13,04
0
0,00
0,00
0
0,00
0,00
21
100,00
9,55
Abb. 3.19. Perioperative Transfusionswahrscheinlichkeit für Fremdplasma
M ittelw ert T 1% für P las m akonzentrate
30,00
23,40
20,00
13,04
10,00
10,64
2,70
0,00
Meningeom
Metastase
Hypophysenadenom
Neurinom
Gliom
Sonstige
Tumordiagnose
41
Beide hatten Marcumar eingenommen, im Fall des Patienten mit Hypophysenadenom
war auch eine Einnahme von Acetylsalicylsäure erfolgt.
Die prä- und postoperativen Gerinnungswerte zeigten sich wie folgt:
Tab. 3.14. Laborwerte der Blutgerinnung für perioperativ thrombozytentransfundierte
Patienten
Fall 1
(Meningeom, w,
76 J.)
Bestimmungszeitpunkt *
Gerinnungswert
Thrombozyten
(10³/µl)
Quick (%)
PTT (s)
Fall 2
(Hypophysenadenom,
m, 59 J.)
präoperativ
217
144
postoperativ
75
161
präoperativ
41
76
postoperativ
56
100
präoperativ
28
42
postoperativ
28
27
* präoperativ = am Vortag der Operation; postoperativ = erster postoperativ auf der
Intensivstation gemessener Wert
Des Weiteren erhielten zwei Patienten während ihres postoperativen Aufenthaltes auf
der Normalstation jeweils ein Thrombozytapheresekonzentrat (TT). Hier handelte es
sich um einen 62-jährigen Mann mit einer BWK-Metastase sowie um einen 59jährigen, ebenfalls männlichen, Patienten mit einer cerebralen Metastase. Die
Primärtumoren
waren
in
beiden
Fällen
unbekannt,
ebenso
lagen
keine
gerinnungsrelevanten Vorerkrankungen vor. Es ließ sich lediglich feststellen, dass der
Patient mit der Hirnmetastase präoperativ eine low-dose-Heparintherapie erhalten
hatte.
Im
ersten
Fall
des
Patienten
mit
der
spinalen
Metastase
hatte
die
Thrombozytenkonzentration bei Aufnahme 90 x 10³/µl betragen. Direkt nach der
Operation lag der Wert bei 71 x 10³/µl, am 17. postoperativen Tag betrug er lediglich
52 x 10³/µl l, was zu der Gabe des Thrombozytapheresekonzentrats führte.
Im zweiten Fall kam es im postoperativen Verlauf zu einer akuten Cholecystitis,
während der Cholecystektomie wurde das TT verabreicht. Der Patient verstarb
schließlich an Sepsis, respiratorischer Insuffizienz und Kreislaufversagen am 29. Tag
seines Krankenhausaufenthaltes.
42
3.5. Den perioperativen EK-Verbrauch beeinflussende Faktoren
3.5.1. Charakteristika der Patienten
Während
sich
eine
Abhängigkeit
des
perioperativen
EK-Verbrauchs
vom
Körpergewicht zeigte (r = -0,15, p < 0,05), ließ sich kein Einfluss von Lebensalter oder
Körpergröße nachweisen.
Bezüglich des Geschlechts errechnete sich für Frauen ein tendenziell höherer
Durchschnittsverbrauch (Frauen: x̄ ± s = 0,72 ± 1,73; Männer: x̄ ± s = 0,63 ± 1,68)
A
E
A
A
E
A
ohne statistische Signifikanz.
Für ABO-Blutgruppen- und Rhesussystem ließ sich kein Einfluss auf den
Blutkonservenbedarf nachweisen.
Bezüglich des präoperativen Blutvolumens ergab sich eine tendenzielle, jedoch nicht
signifikante Abhängigkeit (r = -0,14, p = 0,07). Der Berechnung des Blutvolumens
wurde ein Volumen von 65 ml pro kg Körpergewicht für Frauen sowie von 70 ml pro kg
Körpergewicht für Männer zugrunde gelegt.
3.5.2. Präoperativ bekannte Faktoren
3.5.2.1. ASA-Klassifikation
Die ASA (American Society of Anesthesiologists) – Klassifizierung
ist eine von
Anästhesisten verwendete Einteilung der Patienten gemäß ihrem aufgrund von
Vorerkrankungen bestehenden Operationsrisiko. Die Einteilung erfolgt in 6 Gruppen.
In unserem Kollektiv zeigten sich die ASA-Verteilung der Patienten sowie der
entsprechende mittlere EK-Verbrauch wie folgt:
43
Tab. 3.15. EK-Verbrauch nach ASA-Gruppen
ASA
Gruppe
x̄ ± s
95% - KI
normaler gesunder Patient
0,74 ± 2,05
- 0,25 - 1,73
Patient mit leichter Systemerkrankung
0,38 ± 1,21
0,14 - 0,62
Patient mit schwerer Systemerkrankung und
1,08 ± 2,16
Leistungsminderung
Patient mit schwerster Systemerkrankung und
0,50 ± 0,84
konstanter Lebensbedrohung
moribunder Patient, der mit oder ohne Operation
die nächsten 24 Stunden voraussichtlich nicht
überlebt
für hirntot erklärter Patient im Rahmen einer
Organentnahme
0,57 - 1,59
ASA-Definition
T
I
(n=19)
II
(n=102)
III
(n=71)
IV
(n=6)
V
(n=0)
VI
(n=0)
A
E
A
- 0,38 – 1,38
Es bestand ein tendenzieller, aber nicht signifikanter (p = 0,07) sowie nicht-linearer
Einfluss auf den EK-Bedarf, das heißt höhere ASA-Gruppen korrelierten nicht mit
einem höheren Bedarf an Transfusionen. Der Unterschied zwischen Gruppe II und
Gruppe III war allerdings signifikant (p < 0,01).
3.5.2.2. Tumorlokalisation
Es konnte ein Einfluss der Tumorlokalisation (supratentoriell / infratentoriell /
kraniospinaler Übergang / spinal) nachgewiesen werden (p < 0,01), wobei
insbesondere der deutlich höhere Verbrauch der kraniospinalen und spinalen Tumoren
gegenüber den cerebralen Tumoren auffiel (p < 0,01). Der Unterschied zwischen
supra- und infratentoriellen Tumoren zeigte keine Signifikanz, ebenso der Unterschied
zwischen spinalen und kraniospinalen Tumoren.
Tab. 3.16. EK-Verbrauch nach Tumorlokalisation
x̄ ± s
Tumorlokalisation
A
E
A
95 % - KI
Min. – Max.
Gehirn (n=188)
Supratentoriell (n=175)
Infratentoriell (n=13)
0,53 ± 1,44
0,51 ± 1,37
0,77 ± 2,24
0,33 – 0,74
0,31 – 0,72
-0,59 – 2,12
0-8
0-8
0-8
Kraniospinal oder spinal (n=33)
Kraniospinaler Übergang (n=4)
Spinal (n=29)
1,52 ± 2,66
2,75 ± 3,40
1,34 ± 2,57
0,57 – 2,46
-2,67 – 8,17
0,37 – 2,32
0-8
0-7
0-8
44
Abb. 3.20. Kumulierte Häufigkeitsverteilung des perioperativen EK-Verbrauchs nach
Tumorlokalisation
100
Kumulative Prozent
80
Tumorlokalisation
intrakranial
60
spinal
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Perioperativ verabreichte EK
3.5.2.3. Anzahl der Voroperationen
Die Frage, ob es sich um eine Erst-Operation oder um einen Wiederholungseingriff
handelte und in letzterem Fall die Anzahl der erfolgten Voroperationen zeigten keine
statistische Relevanz für den Verbrauch von Blutkonserven.
3.5.2.4. Laborwerte
Es zeigte sich eine negative Korrelation des EK-Verbrauchs mit Parametern der
Blutzusammensetzung (Hb [g/dl], n = 219, p < 0,01; Hkt [%], n = 219, p < 0,01) sowie
mit dem Quick [%] (n = 214, p < 0,05) als Parameter der Blutgerinnung. Für die INR
ließ sich eine positive Korrelation nachweisen (n = 210, p < 0,01).
Alle
anderen
getesteten
präoperativen
Laborwerte (PTT [sec], n = 215; Na+
[mmol/l], n = 218; K+ [mmol/l], n = 218; Leukoyzten [10³/µl], n = 218; Thrombozyten
[10³/µl], n = 218), hatten keinen nachweisbaren Einfluss auf den EK-Verbrauch.
45
Die Abhängigkeit des Transfusionsbedarfs vom Hb-Wert konnte auch beim jeweils
letzten im Operationssaal bestimmten (n = 210, p < 0,01) sowie dem ersten direkt
postoperativ erhobenen Hb-Wert (n = 202, p < 0,05) noch nachgewiesen werden, bei
allen übrigen auf der Intensivstation sowie bei allen nach dem Intensivaufenthalt auf
Normalstation erhobenen Werten nicht mehr.
3.5.2.5. Präoperative Gabe von Medikamenten
Im gesamten Patientenkollektiv hatten 209 (92,88 %) Personen vor der Operation
Medikamente eingenommen, lediglich 16 (7,11 %) waren ohne jegliche Vormedikation.
In einem Fall ließ sich der Patientenakte nicht entnehmen, ob eine Vormedikation
bestanden hatte oder nicht.
3.5.2.5.1. Medikamente mit bekanntem Einfluss auf die Blutgerinnung
47 der 209 Patienten hatten präoperativ eine Therapie mit Acetylsalicylsäure (ASS),
sonstigen peripheren Analgetika, Marcumar und / oder Heparin erhalten. Für die
Gesamtgruppe der Patienten mit irgendeinem dieser Präparate in der Vormedikation
konnte gegenüber den Patienten, die keine dieser Gruppe zuzuordnenden
Medikamente
eingenommen
hatten,
ein
signifikant
höherer
Verbrauch
von
Erythrozytenkonzentraten nachgewiesen werden (x̄ = 1,09 ± 2,06 vs. x̄ = 0,55 ± 1,56
A
E
A
A
E
A
Erythrozytenkonzentrate, p < 0,05). Lässt man die Patienten, die Heparin
(ausschließlich in low-dose) bekommen hatten, nicht in die Berechnung mit einfließen,
stellt sich der Unterschied noch deutlicher dar ( x̄ = 1,64 ± 2,47 vs. x̄ = 0,54 ± 1,53
A
E
A
A
E
A
Erythrozytenkonzentrate, p < 0,01).
10 Patienten hatten innerhalb der letzten 10 Tage vor der Operation Acetylsalicylsäure
(ASS) eingenommen. Die Dosierung betrug in 8 Fällen 100 mg/d und in jeweils einem
Fall 250 mg/d und 300 mg/d. Die Zeitspanne des Absetzens der ASS-Medikation
schwankte zwischen 10 und 0 Tagen vor der Operation und betrug im Mittel x̄ = 4,20 ±
A
E
A
3,26 Tage. Der durchschnittliche perioperative Bedarf an Erythrozytenkonzentraten
betrug bei diesen 10 Patienten x̄ = 1,10 ± 1,20 Konzentrate im Vergleich zu x̄ = 0,67
A
E
A
A
E
A
± 1,74 Konzentraten bei den Patienten, die kein ASS eingenommen hatten, der
Unterschied war nicht signifikant (p = 0,56). Ferner konnte keine signifikante
Korrelation des EK-Verbrauchs mit dem Zeitraum des präoperativen Absetzens der
ASS-Medikation nachgewiesen werden.
46
Es zeigte sich jedoch eine Korrelation mit der Applikation eines anderen
nichtsteroidalen Antirheumatikums (NSAR) oder antipyretischen Analgetikums, wie
Ibuprofen, Diclofenac oder Paracetamol (p < 0,05).
Sonstige Thrombozytenaggregationshemmer, wie z.B. Clopidogrel oder Tiklopidin,
wurden keinem der Patienten präoperativ verabreicht.
Marcumar war von 6 Patienten eingenommen worden, in einem Fall bis zum
Operationstag, in den anderen 5 Fällen war das Absetzen des Präparates zwischen 4
und 13 Tagen, im Mittel x̄ = 6,67 ± 4,37 Tagen, präoperativ erfolgt. Die vor der
A
E
A
Operation bestimmten Quick-Werte lagen zwischen 41 und 97 % (INR 1,03 bis 1,89),
im Mittel x̄ = 75,83 ± 20,37 % (INR: x̄ = 1,27 ± 0,31 %). Nur für den Fall eines
A
E
A
A
E
A
marcumarisierten Meningeom-Patienten mit einem präoperativen Quick von 41 % (INR
1,89) ist eine Antagonisierung mit Vitamin K dokumentiert.
Marcumarpatienten benötigten im Mittel x̄ = 2,50 ± 3,21 Erythrozytenkonzentrate,
A
E
A
demgegenüber erhielten Nicht-Marcumarpatienten durchschnittlich x̄ = 0,63 ± 1,63
A
E
A
Konzentrate (p < 0,01). Auch hier konnte keine Abhängigkeit vom Zeitraum des
präoperativen Absetzens der Medikation nachgewiesen werden.
Abb. 3.21. Kumulierte Häufigkeitsverteilung des perioperativen EK-Verbrauchs nach
präoperativer Marcumareinnahme
100
90
80
Kumulative Prozent
70
60
Marcumar präop.
50
Nein
Ja
40
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Perioperativ verabreichte EK
47
Eine präoperative Gabe von Heparin war für 38 Patienten dokumentiert worden, ohne
dass sich hier eine signifikante Korrelation mit dem Blutkonservenverbrauch
nachweisen ließ. Auch bei der getrennten Untersuchung von konventionellem und
niedermolekularem Heparin zeigten sich keine wesentlichen Unterschiede in den
Mittelwerten des EK-Verbrauchs.
Es wurden nur die Patienten mit aufgenommen, bei denen die Heparin-Therapie mehr
als 24 Stunden vor der Operation begonnen hatte. Es handelte sich im Kollektiv
ausschließlich um low-dose-Therapien, eine Vollheparinisierung bestand bei keinem
der Patienten.
Tab. 3.17. Abhängigkeit des EK-Verbrauchs von präoperativer Gabe von Medikamenten
mit blutgerinnungsbeeinflussender Wirkung
8B
Medikamentengruppe
x̄ ± s
A
E
x̄ ± s
A
A
Med.-Gruppe
E
p
A
Vergleichsgruppe
Marcumar
< 0,01
2,50 ± 3,20
0,63 ± 1,63
(n=6)
(n=214)
0,56
ASS
1,10 ± 1,20
0,67 ± 1,74
(n=10)
(n=206)
NSAR (außer ASS) +
< 0,05
1,77 ± 2,80
0,61 ± 1,60
antipyretische Analgetika * (n=13)
(n=208)
0,76
Heparin
0,61 ± 1,29
0,70 ± 1,78
(n=38)
(n=182)
* eingeschlossen wurden Präparate mit dem Wirkstoff Diclofenac, Ibuprofen, Paracetamol
3.5.2.5.2. Medikamente ohne bekannten Einfluss auf die Blutgerinnung
Bei den anderen, nicht als gerinnungsbeeinflussend bekannten Medikamenten fiel vor
allem der Einfluss der ACE-Hemmer auf den EK-Verbrauch auf ( x̄ = 1,64 ± 2,55
A
E
A
Konzentrate bei ACE-Hemmer-Einnahme vs. x̄ = 0,56 ± 1,53 Konzentrate bei der
A
E
A
Kontrollgruppe, p < 0,01).
25 Patienten hatten ACE-Hemmer eingenommen, wobei 6 verschiedene ACE-Hemmer
Anwendung gefunden hatten: Captopril (n = 10), Enalapril (n = 9), Lisinopril (n = 2),
Benazepril (n = 2), Ramipril (n = 1), Quinapril (n = 1). Zwischen den einzelnen
Wirkstoffen ließ sich kein Unterschied in Bezug auf den EK-Verbrauch nachweisen.
Der durchschnittliche intraoperative Blutverlust war mit x̄ = 1030 ± 1144 ml gegenüber
A
E
A
dem des Patientenguts ohne ACE-Hemmer-Medikation von x̄ = 796 ± 826 ml zwar
A
tendenziell
erhöht,
eine
statistische
Signifikanz
konnte
E
A
jedoch
für
diesen
Zusammenhang nicht nachgewiesen werden (p = 0,21). Auch ließen sich keine
48
wesentlichen Differenzen in Blutbild und Gerinnungsstatus zwischen den Patienten mit
und ohne ACE-Hemmer-Medikation aufzeigen (s. Tab. 3.18.).
Abb. 3.22. Kumulierte Häufigkeitsverteilung des perioperativen EK-Verbrauchs nach
Therapie mit ACE-Hemmern
100
90
80
Kumulative Prozent
70
ACE-Hemmer-Einnahme?
60
Ja
50
Nein
0
1
2
3
4
5
6
7
8
Perioperativ verabreichte EK
Tab. 3.18. Vergleich von präoperativen Laborparametern, intraoperativem Blutverlust
und perioperativem EK-Verbrauch bei Patienten mit und ohne ACE-Hemmer-Therapie
x̄ ± s
A
Parameter
Hämoglobin
[g/dl]
Hämatokrit
E
x̄ ± s
A
A
Med.-Gruppe
(n=25)
E
A
p
Vergleichsgruppe
(n=196)
14,24 ± 1,70
14,07 ± 1,56
0,62
42,56 ± 4,60
41,61 ± 4,57
0,33
11,22 ± 4,26
10,14 ± 4,89
0,30
250,29 ± 63,42
246,35 ± 66,04
0,78
104,52 ± 9,56
102,44 ± 12,19
0,41
26,74 ± 4,39
28,01 ± 4,47
0,18
1030,00 ± 1143,91
796,09 ± 825,71
0,21
1,48 ± 2,37
0,58 ± 1,56
< 0,01
[%]
Leukozyten
[10³/µl]
Thrombozyten
[10³/µl]
Quick
[%]
PTT
[sec]
Blutverlust intraop.
[ml]
EK-Verbrauch periop.
49
Des Weiteren ließ sich eine Korrelation zwischen Blutkonservenverbrauch und
Einnahme von Opioiden nachweisen (p < 0,05).
Alle anderen Medikamentengruppen hatten keinen signifikanten Einfluss auf die
Menge der durchgeführten Bluttransfusionen.
Tab. 3.19. Abhängigkeit des perioperativen EK-Verbrauchs von sonstiger präoperativer
Medikamentengabe
9B
Medikamentengruppe
Glucocorticoide
H2-Blocker
Antikonvulsiva
Diuretika
Schilddrüsentherapeutika
Beta-Blocker
ACE-Hemmer
Calcium-Antagonisten
Benzodiazepine
Koronarmittel
Ulkustherapeutika
Digitalisglykoside
Psychopharmaka
Sekreto- und Mukolytika
Orale Antidiabetika
Sexualhormone
Antibiotika
CSE-Hemmer
Insulin
Phytotherapeutika
Opioide
Kalium
Laxantien
Antiarrhythmika
Antiemetika/Antivertiginosa
Ophthalmika
Gichtmittel
x̄ ± s
Med.-Gruppe
A
E
A
0,67 ± 1,69 (n=160)
0,69 ± 1,73 (n=148)
0,40 ± 1,15 (n=60)
0,82 ± 1,86 (n=33)
0,61 ± 1,52 (n=31)
0,52 ± 1,43 (n=29)
1,64 ± 2,55 (n=25)
0,54 ± 1,47 (n=24)
1,35 ± 2,37 (n=17)
0,93 ± 1,87 (n=15)
0,47 ± 0,92 (n=15)
0,07 ± 0,27 (n=14)
0,29 ± 0,73 (n=14)
0,43 ± 1,16 (n=14)
1,08 ± 1,80 (n=13)
0,54 ± 1,33 (n=13)
0,91 ± 1,58 (n=11)
1,40 ± 2,50 (n=10)
1,14 ± 2,27 (n=7)
0,86 ± 2,27 (n=7)
2,33 ± 3,27 (n=6)
2,00 ± 3,10 (n=6)
1,00 ± 2,45 (n=6)
0,00
(n=4)
0,25 ± 0,50 (n=4)
1,50 ± 3,00 (n=4)
0,00
(n=3)
x̄ ± s
Vergleichsgruppe
A
E
A
0,70 ± 1,76 (n=61)
0,66 ± 1,65 (n=73)
0,78 ± 1,86 (n=161)
0,65 ± 1,68 (n=188)
0,69 ± 1,74 (n=190)
0,70 ± 1,74 (n=192)
0,56 ± 1,53 (n=196)
0,70 ± 1,73 (n=197)
0,62 ± 1,63 (n=204)
0,66 ± 1,69 (n=206)
0,69 ± 1,75 (n=206)
0,72 ± 1,75 (n=207)
0,71 ± 1,75 (n=207)
0,70 ± 1,74 (n=207)
0,65 ± 1,70 (n=208)
0,69 ± 1,73 (n=208)
0,67 ± 1,71 (n=210)
0,64 ± 1,66 (n=211)
0,66 ± 1,67 (n=214)
0,67 ± 1,69 (n=214)
0,63 ± 1,63 (n=215)
0,64 ± 1,65 (n=215)
0,67 ± 1,69 (n=215)
0,69 ± 1,71 (n=217)
0,69 ± 1,72 (n=217)
0,66 ± 1,68 (n=217)
0,69 ± 1,71 (n=218)
p
0,88
0,90
0,14
0,61
0,82
0,59
< 0,01
0,68
0,09
0,55
0,62
0,17
0,37
0,57
0,39
0,76
0,65
0,17
0,47
0,78
< 0,05
0,06
0,64
0,42
0,61
0,33
0,49
Berücksichtigt wurden alle Medikamentengruppen, mit denen mehr als 2 Patienten aus dem
Kollektiv therapiert wurden.
3.5.2.6. Vorerkrankungen
Es wurden sowohl Störungen der Blutgerinnung als auch sonstige präoperativ
bekannte Erkrankungen untersucht. In keiner der beiden Gruppen konnte eine
50
signifikante
Beeinflussung
des
Blutkonservenverbrauchs
durch
das
generelle
Vorliegen einer oder mehrerer Erkrankungen, gleich welcher, gegenüber der
Kontrollgruppe ohne jegliche Vorerkrankung nachgewiesen werden (s. Tab 3.20).
Zwei der Patienten wiesen Erkrankungen der Blutgerinnung auf. In einem Fall handelte
es sich um eine 35-jährige Gliompatientin mit einer Hyperkoagulabilität infolge eines
Antiphospholipidsyndroms, im anderen Fall um einen 71-jährigen Glioblastompatienten
mit Protein C- und S-Defekt. Beide hatten bis einige Tage vor ihrer Operation
Marcumar eingenommen (präoperativer Quick-Wert im ersten Fall 88% / INR 1,12, im
zweiten Fall 97% / INR 1,03) und waren dann für den perioperativen Zeitraum auf eine
low-dose-Heparinisierung umgestellt worden (präoperative PTT 29 bzw. 30 sec).
Keiner der beiden Patienten benötigte während seines Krankenhausaufenthaltes
Blutkonserven.
Sonstige gerinnungsrelevante Bluterkrankungen waren im Patientenkollektiv nicht
bekannt.
Bei sonstigen, nicht das Gerinnungssystem betreffenden, Vorerkrankungen fanden
sich signifikante Abhängigkeiten bezüglich maligner Erkrankungen der Niere (n = 6, p
< 0,01) und der Schilddrüse (n = 3, p < 0,01).
Bei der Auswertung der malignen Vorerkrankungen wurden sowohl die Primärtumoren
für die Gruppe der cerebralen Metastasen als auch maligne Vorerkrankungen ohne
Zusammenhang mit der aktuellen Operationsdiagnose einbezogen.
3.5.3. Operationsverlauf
Es zeigte sich eine Korrelation des Blutkonservenverbrauchs mit der Operationsdauer,
dem intraoperativen Blutverlust, der Menge an intraoperativ infundierten Kristalloiden
und Kolloiden sowie dem Auftreten von Komplikationen während der Operation (in
allen Fällen p < 0,01).
Komplikationen traten in 5 Fällen auf. In diesen Fällen kam es zu einem mittleren EKVerbrauch von x̄ = 5,17 ± 2,79 im Gegensatz zu x̄ = 0,55 ± 1,49 bei
A
E
A
A
E
A
komplikationslosem Operationsverlauf (p < 0,01).
Bei 3 der 5 Fälle handelte es sich um eine starke Blutung. Der Mittelwert der
verabreichten Erythrozytenkonzentrate lag hier bei x̄ = 7,00 ± 0,00 (Kontrollgruppe:
A
51
E
A
x̄ = 0,55 ± 1,49, p < 0,01). Im vierten Fall lag eine Sinusblutung vor, die jedoch keine
A
E
A
Transfusion benötigte. Im letzten Fall ging es um eine starke Kreislaufreaktion, dieser
Patient benötigte 6 EK-Konserven.
Tab. 3.20. Abhängigkeit des EK-Verbrauchs von vorbestehenden Erkrankungen
Vorerkrankung
x̄ ± s
Med. - Gruppe
A
E
A
x̄ ± s
Vergleichsgruppe
A
E
p
A
Vorerkr. d. Blutgerinnung (n=2)
Protein C- + S – Mangel (n=1)
Antiphospholipidsyndrom (n=1)
0,00
0,00
0,00
0,68 ± 1,71
0,68 ± 1,71
0,68 ± 1,71
0,57
0,69
0,69
Maligne Erkrankungen (n=62)
Lunge (n=10)
Mamma (n=9)
Niere (n=6)
kolorektal (n=5)
Schilddrüse (n=3)
Prostata (n=3)
Haut (n=4)
Lymphom (n=2)
Ovar (n=2)
Sonstige (n=6) *
Unbekannt (n=12)
0,97 ± 2,19
0,30 ± 0,68
0,00
3,67 ± 4,03
0,00
4,67 ± 4,16
0,67 ± 1,16
0,00
2,50 ± 0,71
1,00 ± 1,41
1,17 ± 2,40
0,42 ± 1,44
0,57 ± 1,47
0,70 ± 1,74
0,71 ± 1,74
0,60 ± 1,53
0,69 ± 1,72
0,62 ± 1,60
0,68 ± 1,71
0,69 ± 1,72
0,66 ± 1,70
0,68 ± 1,70
0,67 ± 1,69
0,69 ± 1,71
0,12
0,47
0,22
< 0,01
0,37
< 0,01
0,99
0,42
0,13
0,79
0,48
0,59
Andere Vorerkrankungen
Arterielle Hypertonie (n=49)
0,67 ± 1,53
0,68 ± 1,75
Diabetes mellitus (n=18)
1,11 ± 2,00
0,64 ± 1,68
KHK (n=16)
0,67 ± 1,75
0,81 ± 1,05
Herzinfarkt (n=13)
1,00 ± 2,04
0,66 ± 1,68
Arrhythmia absoluta (n=11)
0,70 ± 1,74
0,18 ± 0,60
Hyperlipidämie (n=6)
0,83 ± 1,33
0,67 ± 1,72
Psychische Erkrankung (n=6)
0,69 ± 1,72
0,33 ± 0,82
Asthma bronchiale (n=5)
0,00
0,69 ± 1,72
COPD (n=4)
1,00 ± 1,16
0,67 ± 1,71
Herzinsuffizienz (n=4)
0,75 ± 0,96
0,68 ± 1,72
Hypothyreose (n=4)
0,00
0,68 ± 1,72
Hepatitis B und/oder C (n=4)
0,00
0,69 ± 1,72
CVI (n=3)
0,00
0,69 ± 1,71
Chronische Bronchitis (n=3)
0,00
0,69 ± 1,71
Alkoholabusus (n=3)
0,67 ± 1,16
0,68 ± 1,71
* Sonstige maligne Vorerkrankungen (Fallzahl jeweils n=1): Blasen-Carcinom,
Osteosarkom, Magen-Carcinom, M. Hodgkin, Pinealis-Tumor.
0,98
0,26
0,75
0,49
0,32
0,82
0,62
0,37
0,70
0,93
0,42
0,42
0,49
0,49
0,99
Plasmocytom,
Berücksichtigt wurden alle Vorerkrankungen, die für mehr als 2 Patienten aus dem Kollektiv
dokumentiert waren.
52
Weitere
Komplikationen
sind
der
Dokumentation
nicht
zu
entnehmen.
Hirnschwellungen, Aneurysmarupturen, Luftembolien, Transfusionszwischenfälle oder
die Notwendigkeit zur Reanimation kamen nicht vor.
Bezüglich der intraoperativen Lagerung oder des Operateurs konnten keine
signifikanten Differenzen beim EK-Verbrauch nachgewiesen werden.
Bei der Auswertung der ICPM-Operationscodes ergab sich ein signifikanter Einfluss
auf den EK-Verbrauch für den Code ICPM 5-031 (Zugang zur Brustwirbelsäule). Der
mittlere EK-Verbrauch lag hier bei x̄ = 2,17 ± 3,00 (n = 18) gegenüber x̄ = 0,50 ± 1,44
A
E
A
A
E
A
(n = 183) bei der Kontrollgruppe (p < 0,01). Die Analyse der ICPM-Codes 5-030
(Zugang zum kraniocervikalen Übergang und zur Halswirbelsäule, n = 9) sowie 5-032
(Zugang zur Lendenwirbelsäule, n = 5) ergab keine Abhängigkeiten.
3.5.4. Postoperativer Verlauf
Die Korrelationen der Parameter des postoperativen Verlaufs wurden im Gegensatz zu
den
anderen
Erhebungen
mit
dem
EK-Verbrauch
während
des
gesamten
Krankenhausaufenthaltes berechnet.
Statistisch signifikante Korrelationen des EK-Verbrauchs wurden nachgewiesen für die
Dauer des postoperativen Aufenthaltes auf einer Intensivstation und die Notwendigkeit
einer Revisions-Operation (jeweils p < 0,01). Für Patienten, bei denen eine Revision
erforderlich war (n = 17), ergab sich ein mittlerer EK-Verbrauch von x̄ = 3,00 ± 3,39
A
E
A
im Vergleich zu x̄ = 0,63 ± 1,66 bei den Patienten, die nicht revidiert werden mussten
A
E
A
(n = 204).
Für die Dauer der Nachbeatmung und die Dauer des postoperativen Aufenthaltes auf
einer Normalstation konnte kein Zusammenhang mit dem EK-Verbrauch gezeigt
werden.
53
3.6. Verlauf des Hämoglobin-Wertes bei perioperativ transfundierten im Vergleich
zu perioperativ nicht transfundierten Patienten
Signifikant niedrigere Hb-Werte in der Gruppe der transfundierten Patienten konnten
nachgewiesen werden für den prä- und intraoperativen Zeitraum, sowie für den
postoperativen Aufenthalt auf der Intensivstation (jeweils p < 0,01). Für die Dauer des
postoperativen Aufenthalts auf einer Normalstation zeigten sich nur noch marginale
Unterschiede ohne statistische Signifikanz.
Tab. 3.21. Verlauf des Hämoglobin-Wertes in Abhängigkeit von einer EK-Transfusion
Transfundiert?
Präop. Hb
n
x̄ ± s
Hb [g/dl]
95 %-KI
177
14,32 ± 1,38
14,11-14,52
14,3
42
13,12 ± 1,91
12,53-13,72
13,3
169
11,31 ± 1,37
11,10-11,52
11,3
41
10,21 ± 1,45
9,76-10,67
10,2
162
11,53 ± 1,44
11,31-11,76
11,4
40
10,80 ± 1,33
10,38-11,23
10,6
147
11,64 ± 1,44
11,41-11,88
11,6
Ja
38
10,99 ± 1,49
10,50-11,48
11,0
Nein
69
12,12 ± 1,71
11,71-12,53
12,1
Ja
15
11,81 ± 1,66
10,89-12,73
11,6
Nein
56
12,27 ± 1,57
11,85-12,69
12,6
Ja
14
12,01 ± 1,16
11,34-12,69
12,0
Nein
Ja
Letzter Hb intraop.
Nein
Ja
Erster Hb Intensiv
Nein
Ja
Letzter Hb Intensiv
Erster Hb Station
Letzter Hb Station
Nein
A
E
A
Median
p
< 0,01
< 0,01
< 0,01
< 0,05
0,53
0,58
3.7. Präoperative Anforderung von Blutprodukten
Nachfolgend findet sich eine Übersicht über das Blutbestellverhalten für die
verschiedenen Operationsdiagnosen.
54
Tab. 3.22. Anforderung von Erythrozytenkonzentraten in Abhängigkeit von der
Operationsdiagnose
Gliom
(n=74)
Meningeom
(n=48)
Metastase
(n=47)
Hypophysenadenom
(n=23)
3,06 ± 1,24
Neurinom
(n=12)
Sonstige
(n=17)
3,09 ± 1,24
3,33 ± 0,65
2,65 ± 1,27
0,00
0,00
0,00
0,35 ± 0,94
0,00
0,24 ± 0,97
2,96 ± 1,67
3,08 ± 1,17
2,65 ± 1,27
Präoperativ gekreuzte EK
x̄ ± s
A
E
A
3,16 ± 0,86
3,79 ± 1,49
Für den Operationssaal nachgekreuzte EK
x̄ ± s
A
E
A
0,04 ± 0,35
0,21 ± 0,83
0,15 ± 0,72
Intraoperativ angeforderte ungekreuzte EK
x̄ ± s
A
E
A
0,14 ± 0,69
0,73 ± 2,10
0,98 ± 2,60
In den Operationssaal gebrachte gekreuzte EK
x̄ ± s
A
E
A
2,76 ± 1,38
3,75 ± 1,66
Tab. 3.23. Anforderung
Operationsdiagnose
Gliom
(n=74)
von
Meningeom
(n=48)
2,72 ± 1,77
Plasma-Konzentraten
in
Abhängigkeit
von
Metastase
(n=47)
Hypophysenadenom
(n=23)
Neurinom
(n=12)
0,00
0,00
0,00
0,00
0,26 ± 1,25
0,00
0,00
Sonstige
(n=17)
Präoperativ angeforderte FFP
x̄ ± s
A
E
A
0,00
0,35 ± 1,36
Für den Operationssaal nachgeforderte FFP
x̄ ± s
A
E
A
0,05 ± 0,47
0,40 ± 1,85
0,26 ± 1,22
55
der
4. Diskussion
4.1. Prädiktoren für den perioperativen EK-Verbrauch
In der vorliegenden Analyse konnte gezeigt werden, dass es eine ganze Reihe von
potenziellen Prädiktoren für den perioperativen Verbrauch von Blutkonserven bei
tumorbedingten Eingriffen am Zentralen Nervensystem gibt. Im Hinblick auf die
begrenzte Verfügbarkeit von Blutprodukten und mögliche Risiken der Bluttransfusion
erscheint es dringend notwendig, sich diese Erkenntnisse bei der Praxis der
präoperativen Blutbereitstellung und der prä-, intra- und postoperativen Gabe von
Blutprodukten zunutze zu machen.
Nachfolgend sollen die als mögliche Prädiktoren ausgemachten Faktoren diskutiert
und im Hinblick auf mögliche Fehler betrachtet werden, ferner sollen anhand der
Ergebnisse Empfehlungen zur präoperativen Bereitstellung von Blutprodukten
ausgesprochen werden.
4.1.1. Tumordiagnose
Als wesentlicher Faktor ist die Tumordiagnose in das präoperative BlutkonservenManagement
einzubeziehen.
Für
einige
Tumorarten
ließ
sich
ein
hoher
Transfusionsbedarf nachweisen, der auch weiterhin die präoperative Bereitstellung
mehrerer Blutkonserven erforderlich macht. Dies gilt zum Beispiel für das Meningeom,
bei dessen Operation sehr häufig EK-Transfusionen benötigt werden. Andere
Tumoren,
so
z.B.
das
Akustikusneurinom,
weisen
eine
äußerst
niedrige
Transfusionswahrscheinlichkeit auf, so dass hier anhand unserer Datenlage auf das
Kreuzen von Blutkonserven zu verzichten und lediglich ein Type & Screen (T&S)
durchzuführen ist.
Als Kriterium für das Durchführen eines Type & Screen anstatt einer Kreuzprobe
wurde eine Transfusionwahrscheinlichkeit T% von kleiner als 30 % herangezogen.
56
Dies entspricht einer Empfehlung von Mead et al., die weiterhin klinische Anwendung
findet (Mead et al., 1980; Storm et al., 1989, van Klei et al., 2001).
Tab. 4.1. Empfehlungen zur präoperativen Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten
Tumordiagnose
Aktuell
verbrauchte
EK
x̄ ± s
A
Meningeom
(n=48)
Metastase
(n=47)
Gliom
(n=74)
Glioblastom (n=45)
Astrozytom (n=13)
Sonstige (n=16)
Hypophysenadenom
(n=23)
E
Aktuell
gekreuzte EK
x̄ ± s
A
E
T%
A
Empfehlung zur
EK Bereitstellung
A
1,44 ± 2,24
3,79 ± 1,49
39,58
3
0,89 ± 2,11
3,06 ± 1,24
21,28
T&S
0,34 ± 1,15
3,16 ± 0,86
12,16
0,16 ± 0,52
0,15 ± 0,56
1,00 ± 2,19
3,22 ± 0,80
3,08 ± 0,49
3,06 ± 1,24
8,89
7,69
25,00
T&S
T&S
T&S
0,52 ± 1,47
3,09 ± 1,24
13,04
T&S
Neurinom
(n=12)
0,00 ± 0,00
3,33 ± 0,65
0,00
T&S
Sonstige
(n=17)
0,12 ± 0,49
2,65 ± 1,27
5,88
Keine Empfehlung
Tabelle 4.1. zeigt unsere Empfehlungen für die präoperative Blutbereitstellung im
Vergleich zu den aktuell verbrauchten und zu den aktuell präoperativ gekreuzten
Erythrozytenkonzentraten.
Wie eingangs bereits erwähnt, wird die C/T-Ratio allgemein als ein Indikator für die
Effektivität der Blutbestellpraxis angesehen, wobei ein Wert über 2,5 als Hinweis auf
einen nicht zufriedenstellenden Blutkonservenhaushalt betrachtet wird.
Verbesserungsbedürftig zeigt sich an unserer Klinik somit vor allem die Praxis bei den
Astrozytomen (C/T = 20,00) und den Glioblastomen (C/T = 20,71), beides
Untergruppierungen der Gliome, des weiteren auch bei den Hypophysenadenomen
(C/T = 5,92) und den Metastasen (C/T = 3,44). Lediglich das Ergebnis für die
Meningeome (C/T = 2,64) kann als zufriedenstellend betrachtet werden.
Bezüglich der unter „Sonstige“ zusammengefassten Untergruppen ergab sich ein C/TWert von 22,50. Da es sich hier jedoch um eine inhomogene Gruppe mit sehr kleinen
Fallzahlen unterschiedlichster Tumorarten handelt, können hieraus keine allgemeinen
Empfehlungen für die Bestellpraxis abgeleitet werden, die Entscheidung muss hier
individuell getroffen werden.
57
Für das Akustikusneurinom konnte keine C/T-Ratio berechnet werden, da in keinem
dieser Fälle Blutkonserven transfundiert wurden. Da sich jedoch ein Mittelwert von
3,33 präoperativ gekreuzten Erythrozytenkonzentraten für diese Gruppe ergibt, ist
auch hier anhand unserer Datenlage eine Modifizierung der gängigen Praxis im Sinne
eines präoperativen Type & Screen anstelle von Kreuzblut wünschenswert. Allerdings
ist bei Akustikusneurinom-Operationen aufgrund der in der Regel sinusnahen
Trepanation die Gefahr von Komplikationen in Form einer Sinusblutung zu beachten.
Für die Bereitstellung von Thrombozyten- oder Plasmakonzentraten werden hier keine
Empfehlungen gegeben, da die Fallzahlen zu klein für die Berechnung entsprechend
repräsentativer Durchschnittswerte sind und weil bei diesen Produkten ohnehin keine
serologische Verträglichkeitsprobe, sondern lediglich eine Blutgruppenbestimmung
durchgeführt werden muss.
Insgesamt wurden präoperativ 674 Fremdblut-Erythrozytenkonzentrate gekreuzt.
Hätten unsere Empfehlungen bereits Anwendung gefunden, so hätten 144
Erythrozytenkonzentrate gekreuzt werden müssen, dies entspricht einer Ersparnis von
530 Erythrozytenkonzentraten (78,64 %). Es hätten also nur 21,36 % der jetzt erfolgten
Kreuzproben durchgeführt werden müssen.
Aktuell mussten in 18 Fällen während der Operation nachgekreuzte oder ungekreuzte
Konserven verabreicht werden. Bei Befolgen unserer Empfehlungen wäre diese Zahl
auf 30 angestiegen, es hätten also 12 weitere Patienten nach- oder ungekreuztes Blut
erhalten müssen, dies entspricht einem Anstieg um 66,66 %.
4.1.2. Charakteristika der Patienten
Wie aus Kap. 3.5.1. hervorgeht, ließ sich kein Einfluss des Lebensalters auf die
Wahrscheinlichkeit einer Bluttransfusion nachweisen. Aufgrund sehr niedriger
Fallzahlen in höheren Altersbereichen (nur 2 Patienten waren über 80 Jahre) lassen
sich mit den hier erhobenen Werten nur eingeschränkte Empfehlungen abgeben. Es
sollte jedoch erwogen werden, bei Patienten über 80 Jahren, unter Miteinbeziehung
der vorliegenden Grunderkrankungen, die Indikation zum Kreuzen von Blutkonserven
großzügiger zu stellen.
Es zeigte sich eine negative Korrelation des EK-Verbrauchs mit dem Körpergewicht
sowie tendenziell auch mit dem Blutvolumen, das aus dem Körpergewicht errechnet
58
wird. Somit ist auch bei sehr schlanken und untergewichtigen Patienten die
Blutbereitstellung entsprechend anzupassen.
4.1.3. ASA-Klassifikation
Wie in Kap. 3.5.2.1. deutlich wird, lässt sich ein zwar statistisch nicht signifikanter,
jedoch
tendenzieller
Unterschied
zwischen
den
Transfusionsbedürfnissen
in
verschiedenen ASA-Klassen nachweisen, dieser zeigt jedoch keinen linearen Verlauf.
Höhere
ASA-Gruppen
haben
Transfusionswahrscheinlichkeit
als
also
nicht
niedrigere.
Die
unbedingt
eine
höhere
ASA-Klassifikation
erscheint
anhand unserer Datenlage nicht als sinnvoller Anhaltspunkt zur Abwägung der
Blutkonservenbestellung. Es ist jedoch anzumerken, dass in den Gruppen I und IV im
Vergleich zu den Gruppen II und III relativ wenige Patienten eingruppiert waren. Der
Anstieg des Verbrauchs von durchschnittlich 0,38 Erythrozytenkonzentraten in Gruppe
II auf 1,08 Erythrozytenkonzentrate in Gruppe III – den beiden am häufigsten
vertretenen ASA-Gruppierungen – ist signifikant (p < 0,01).
4.1.4. Tumorlokalisation
Es konnte ein signifikant höheres Transfusionsbedürfnis für spinale und kraniospinale
im Vergleich zu intrakraniellen Tumoren nachgewiesen werden, im Schnitt wurden bei
den erstgenannten circa dreimal so viel Erythrozytenkonzentrate verbraucht wie bei
intrakraniellen Tumoroperationen. Es ist somit zu empfehlen, die Indikation zur
Kreuzblutbestellung bei spinalen und kraniospinalen Raumforderungen deutlich
großzügiger zu stellen. Insbesondere gilt dies – wie die Analyse der ICPM-Codes in
Kap. 3.5.3. zeigt – für operative Zugänge im Bereich der Brustwirbelsäule.
Bei den intrakraniellen Tumoren zeigte sich kein wesentlicher Unterschied zwischen
supra- und infratentorieller Lokalisation.
59
4.1.5. Laborwerte
Hier konnten wir signifikante Abhängigkeiten des EK-Verbrauchs vom präoperativen
Hämoglobin, Hämatokrit, Quick-Wert sowie der INR nachweisen. Eine bereits
präoperativ bestehende Anämie führt also ebenso wie eine Antikoagulation zu einem
höheren EK-Verbrauch und sollte entsprechend berücksichtigt werden.
4.1.6. Vormedikation
Neben einer Marcumartherapie ließ sich auch für eine Vormedikation mit peripheren
Analgetika
(exklusive
ASS)
eine
gesteigerte
Transfusionswahrscheinlichkeit
nachweisen.
Des
weiteren
fand
sich
ein
signifikant
höheres
Transfusionsbedürfnis
für
Antihypertensiva aus der Gruppe der ACE-Hemmer. Eine eindeutige Erklärung hierfür
kann nicht gegeben werden, in der Literaturrecherche fanden sich keine Hinweise auf
eine erhöhte Blutungsneigung unter einer Therapie mit ACE-Hemmern. Bekannt ist
eine durch Verminderung der Angiotensin-II-Konzentration bedingte Verbesserung der
Fibrinolyse mittels Reduktion des Plasminogen-Aktivator-Inhibitor Typ 1 (PAI-1) Levels, durch die man sich die antithrombotische Wirkung der ACE-Hemmer und
dadurch die Prognose-Verbesserung bei atherosklerotischen Erkrankungen erklärt
(Fogari et al., 2006). Eine überschießende Wirkung mit gesteigerter Blutungsneigung
ist jedoch nicht beschrieben, auch konnte in unserer Untersuchung nur eine
tendenzielle, jedoch nicht signifikante Erhöhung des Blutverlustes nachgewiesen
werden. Beschrieben ist auch eine Hemmung der Erythropoese mit verringerten
Hämoglobin- und Hämatokrit-Werten unter ACE-Hemmer-Therapie (Ishani et al., 2005;
Ripamonti, 2006). In unserer Untersuchung waren die Werte allerdings nahezu
identisch.
Auch fanden sich keine Hinweise darauf, dass das Vorliegen einer Erkrankung aus
dem
Indikationsgebiet
von
ACE-Hemmern
(arterielle
Hypertonie,
chronische
Herzinsuffizienz, Zustand nach Myokardinfarkt) zu dem erhöhten Transfusionsbedarf
beigetragen
haben
und
somit
ein
indirekt
positives
Ergebnis
für
die
Medikamentengruppe produziert haben könnte. Weder die direkte Untersuchung
dieser Erkrankungen, noch die Betrachtung anderer bei diesen Krankheitsbildern
60
indizierten
und
verwendeten
Medikamente
zeigten
einen
Einfluss
auf
die
Transfusionsnotwendigkeit.
Bezüglich der Opioide lässt sich feststellen, dass in der kleinen Gruppe von 6
Patienten
drei
Patienten
keine
Transfusionen
und
ein
Patient
nur
ein
Erythrozytenkonzentrat benötigten. Der hohe Durchschnitt ergibt sich aus zwei
Patienten, die 6 bzw. 7 Erythrozytenkonzentrate erhielten. Es handelte sich in beiden
Fällen um Patienten mit Wirbelkörpermetastasen, bei denen eher ein tumorbedingt
reduzierter Allgemeinzustand sowie der oben erwähnte deutlich höhere EK-Verbrauch
bei spinalen Tumoroperationen als Ursachen des vermehrten Blutbedarfs anzunehmen
sind als eine Wirkung der Opioide.
4.1.7. Vorerkrankungen
Auch bei der nachgewiesenen Abhängigkeit des Blutverbrauchs von malignen
Erkrankungen der Schilddrüse und der Niere handelte es sich um sehr kleine Gruppen
mit 3 bzw. 6 Patienten, so dass hier zunächst als Ursache des gesteigerten
durchschnittlichen EK-Verbrauchs ein erhöhter Transfusionsbedarf bei einzelnen
Patienten mit fortgeschrittener konsumierender Erkrankung angenommen werden
sollte.
Bezüglich des Vorliegens einer koronaren Herzerkrankung (KHK) hatten Carson und
Hébert in ihren Studien Hinweise auf eine erhöhte Mortalität bei anämischen Patienten
mit einer schweren Herzerkrankung gefunden. Carson beschrieb eine signifikante
Erhöhung der perioperativen Mortalität bei kardiovaskulär erkrankten Patienten mit
einem präoperativen Hb < 6 g/dl, verglichen mit einem präoperativen Hb > 12 g/dl
(Carson et al., 1996). Hébert fand in seiner Untersuchung 1997 bei kardial
vorerkrankten critical illness-Patienten eine tendenziell erhöhte Mortalität, wenn der Hb
unter 95 g/l lag, sowie einen Rückgang der Mortalität nach Bluttransfusionen (Hébert et
al., 1997). 2001 unterteilte Hébert kardial erkrankte Patienten in eine liberale
Transfusionsgruppe (Transfusion bei einem Hb < 100 g/l und Aufrechterhaltung eines
Hb zwischen 100 und 120 g/l) und eine restriktive Transfusionsgruppe (Transfusion bei
einem Hb < 70 g/l und Aufrechterhaltung eines Hb zwischen 70 und 90 g/l). Er wies bei
61
den restriktiv behandelten Patienten mit fortgeschrittener KHK eine tendenzielle, aber
nicht statistisch signifikante Erhöhung der Mortalität nach (Hébert et al., 2001).
Somit sollte eine fortgeschrittene KHK als Indikator für eine geringere Anämietoleranz
und Grund für eine großzügigere Indikationsstellung zur EK-Transfusion angesehen
werden, obwohl sich in unserem Kollektiv kein signifikant höherer EK-Verbrauch für
KHK-Patienten nachweisen ließ.
4.1.8. Revisionen und Rezidivoperationen
Für Revisionen im postoperativen Zeitraum ergab sich ein deutlich erhöhter
Transfusionsbedarf, so dass hier standardmäßig die präoperative Bereitstellung von 3
bis 4 Erythrozytenkonzentraten zu empfehlen ist.
Bei Zweit-Operationen im selben Jahr ergab sich zwar eine statistische Signifikanz
bezüglich eines erhöhten EK-Verbrauchs, es handelte sich jedoch um eine kleine
Gruppe von 4 Patienten, von denen 3 keine EK-Transfusionen benötigten und ein
Patient zwei Konserven. Eine Empfehlung zu großzügigeren Blutbereitstellungen kann
hieraus nicht abgeleitet werden.
4.2. Auswirkung der gegebenen Empfehlungen auf das Blutbestellverhalten
Tabelle 4.2. und Abb. 4.1. zeigen einen Überblick über die Veränderungen des
Blutbestellverhaltens unserer Klinik für Allgemeine Neurochirurgie, nachdem die
Ergebnisse unserer Untersuchung und die Empfehlungen zum Blutbestellverhalten im
Jahr 2000 herausgegeben wurden. Es lässt sich insgesamt ein deutlicher Rückgang
der ausgelieferten und der nicht verwendeten, in die Transfusionsmedizin retournierten
Erythrozytenkonzentrate feststellen. Es muss allerdings erwähnt werden, dass sich die
Daten auf die gesamte Klinik für Allgemeine Neurochirurgie beziehen, wohingegen in
dieser Studie lediglich Tumoroperationen untersucht und hierfür entsprechende
Empfehlungen ausgesprochen wurden.
62
Tab. 4.2. EK-Management der Klinik für Allgemeine Neurochirurgie der Universitätsklinik
Köln 1999 – 2005
Jahr
EK ausgeliefert
EK
zurückgeliefert
EK transfundiert
EK verworfen
1999
2420
1128
1238
54
2000
1747
549
1085
113
2001
1649
486
1093
70
2002
1734
401
1294
39
2003
1391
208
1141
42
2004
1432
176
1235
21
2005
1748
230
1494
24
Abb. 4.1. EK-Management der Klinik für Allgemeine Neurochirurgie der Universitätsklinik
Köln 1999 – 2005
3000
2000
Anzahl EK
1000
EK ausgeliefert
EK transfundiert
EK zurückgeliefert
EK verworfen
0
1999
2001
2000
2003
2002
2005
2004
Jahr
63
4.3. Vergleiche mit Literaturdaten
4.3.1. C/T – Ratio und Transfusionsverhalten bei Kraniotomien, Hypophysektomien
und Laminektomien
Zwischen 1974 und 1990 erhoben mehrere Autoren Werte für den durchschnittlichen
Blutkonservenverbrauch und / oder die C/T-Ratio bei neurochirurgischen Kraniotomien
im Vergleich zu Hypophysektomien sowie teilweise auch für Laminektomien.
Boyd et al. untersuchten 111 neurochirurgische Patienten an der State University of
New York in Hinblick auf die Effektivität der Blutbereitstellung. Sie errechneten einen
durchschnittlichen EK-Verbrauch von 1,6 Konserven pro neurochirurgischem Patient
und bestimmten die C/T auf 5,8 (Boyd et al., 1980).
Boral et al. veröffentlichten 1979 eine Untersuchung am US Air Force Medical Center
Wilford Hall in Texas, USA, in denen sie 47 Kraniotomien und 9 transsphenoidale
Hypophysektomien auf ihren Blutverbrauch (sowohl Erythrozytenkonzentrate als auch
Vollblut) untersucht hatten. Sie veröffentlichten lediglich Resultate für Patienten, die
eine Kreuzprobe erhalten hatten. Ob dies für das gesamte neurochirurgische
Patientenkollektiv zutraf oder ob die Patienten, bei denen nur ein Type & Screen
durchgeführt wurde, aus der Studie ausgeschlossen wurden lässt sich der
Veröffentlichung nicht entnehmen.
Von den 47 kraniotomierten Patienten erhielten 19 Bluttransfusionen. Insgesamt
wurden für diese Patienten 270 Konserven gekreuzt, davon wurden 67 auch
tatsächlich verbraucht. Hieraus ergibt sich eine Anzahl von 1,43 Konserven pro Patient
bzw. eine C/T von 4,02.
In der Gruppe der hypophysektomierten Patienten wurden 5 der 9 operierten Patienten
transfundiert. Es wurden 52 Konserven gekreuzt, hiervon 16 den Patienten
verabreicht. Der Konservenverbrauch pro Patient ergibt somit 1,78, die C/T beträgt
3,25.
Hieraus leiteten die Autoren die Empfehlung ab, sowohl für Kraniotomien als auch für
transsphenoidale Hypophysektomien 2 Bluteinheiten zu kreuzen (Boral et al., 1979).
Von Rouault und Gruenhagen erschien 1978 eine Veröffentlichung über die
Verhältnisse an der Blutbank der Los Angeles County University of Southern
64
California. Hier waren zusätzlich zu 25 tumorbedingten Kraniotomien und 5
transsphenoidalen
Hypophysektomien
auch
5
Rückenmarkstumoren
und
7
Laminektomien (durch Bandscheibenprolaps oder Tumor) betrachtet worden.
Unter den 25 Tumorkraniotomien befanden sich 11 Patienten, die eine Bluttransfusion
erhielten. Dies entsprach bei 128 gekreuzten Konserven einer C/T von 11,6. Die
Autoren empfahlen das präoperative Kreuzen von 2 Konserven pro Fall.
Keine der 5 Hypophysektomien benötigte eine Transfusion, es wurde ein T & S
empfohlen.
Die 5 Patienten mit Rückenmarkstumoren erhielten insgesamt 3 Konserven, hieraus
errechnete sich bei 26 gekreuzten Konserven eine C/T von 8,7. Man empfahl, 2
Konserven für jede Operation zu kreuzen und bereitzustellen.
Bei den 7 Laminektomien fand sich eine C/T von 9,3 (3 Transfusionen bei 28
gekreuzten Konserven). Hier empfahlen die Autoren ein T & S für Bandscheiben-,
jedoch Kreuzen von 2 Konserven für Tumoroperationen.
Des weiteren berichteten Rouault und Gruenhagen, dass nach Durchführung der von
ihnen ausgesprochenen Empfehlungen im Januar 1977 bei den Kraniotomien die C/T
auf 7,3 gesenkt werden konnte. Es wurden in diesem Monat im Vergleich zu den
vorherigen Standards 34 % der Konserven eingespart, bei den Hypophysektomien
durch die T & S-Methode sogar 71 % (Rouault & Gruenhagen, 1978).
In einer von Mintz et al. 1976 publizierten Studie ergab sich für am State University of
New York Upstate Medical Center durchgeführte Kraniotomien (n = 31) ein durchschnittlicher Verbrauch von 1,52 Erythrozytenkonzentraten, für Hypophysektomien (n =
9) eine Anzahl von durchschnittlich 6,6 Erythrozytenkonzentraten pro Patient. Die C/T
lag bei 3,91 bzw. 6,6.
Für Laminektomien (n = 44) errechneten die Autoren eine C/T von 9 (durchschnittlicher
Verbrauch pro Operation: 0,32 Konserven), so dass hierfür die Empfehlung einer
zukünftigen Beschränkung auf Type & Screen abgeleitet wurde (Mintz et al. 1976).
Im Jahr 1982 empfahlen die Autoren das Type & Screen zusätzlich zur Laminektomie
auch für die Hypophysektomie, für Tumorkraniotomien wurde jedoch das Kreuzen von
4 bis 8 Konserven empfohlen (Mintz et al., 1982).
Sarma erhob 1976 am Veterans Administration Medical Center in New Orleans eine
C/T von 5,45 für Kraniotomien (n = 14) und 4,48 für Laminektomien (n = 54). Er
empfahl fortan das Type & Screen für Laminektomien (Sarma et al., 1980). In einer
65
1986 veröffentlichten weiteren Betrachtung seiner 1976 erhobenen Daten empfahl
Sarma für Tumorkraniotomien 2 gekreuzte Konserven (Sarma, 1986).
1980 untersuchte Sarma noch einmal 80 Patienten, die sich am Veterans
Administration Medical Center einer elektiven Laminektomie unterzogen hatten, auf die
Notwendigkeit einer präoperativen Kreuzprobe. 49 der Patienten hatten lediglich ein
T&S erhalten, 34 dieser Patienten benötigten keine Transfusion. In 17 Fällen wurde
während der Operation ein T&S in eine Kreuzprobe umgewandelt, 12 dieser Patienten
wurden dann tatsächlich transfundiert. In 3 Fällen musste ungekreuztes Blut
verabreicht werden, es kam hierbei zu keiner Transfusionsreaktion. Der Autor berichtet
von einem 70-prozentigen Rückgang der angeforderten Kreuzproben bei elektiven
Laminektomien nach Befolgen seiner Empfehlungen (Sarma, 1983).
Beim Vergleich mit unserem Kollektiv muss jedoch bedacht werden, dass die
Operationsindikation bei Sarmas Patienten von einfacher Bandscheiben-Operation bis
zu schwerer spinaler Metastasierung reichen kann, während es sich bei unseren
Patienten ausschließlich um primäre oder sekundäre spinale Tumoren handelt.
Tab. 4.3. Vergleich der in dieser Erhebung bestimmten C/T-Ratio mit Referenzwerten aus
der Literatur aus den Jahren 1976 bis 1990
Studie *
Boral et al., 1976-’77,
n=56
Boyd et al., 1977-‘79,
n=111
C/T
gesamt
C/T
bei Kraniotomie
C/T bei
Hypophysektomie
4,02
3,25
3,91
6,6
Rouault et al., 1976,
n=149
11,6
keine Transf.
Rouault et al., 1977,
n=40
7,3
keine Transf.
5,79
5,92
Lockwood et al., 1980,
n=13
5,8
8,8
Mintz et al., 1974,
n=84
Rund et al., 1990,
n=52
4,7
Sarma et al., 1976,
n=64
4,75
Diese Studie, 1998,
n=221
4,77
*mit Erfassungszeitraum und Fallzahlen
66
4.3.2. Eigenblutspenden
Goodnough et al. untersuchten 1992 den Verbrauch autologer Blutkonserven bei
Eigenblutspendern
verschiedener
nicht-orthopädischer
Fachgebiete.
Für
neurochirurgische Patienten, die sich einer Kraniotomie unterziehen mussten,
ermittelten sie eine Transfusionswahrscheinlichkeit von 24 % (n = 59) (Goodnough et
al., 1992).
In unserem Patientenkollektiv hatten lediglich 4 der insgesamt 166 zur Kraniotomie
anstehenden Patienten Eigenblut gespendet, alle 4 erhielten intraoperativ zwischen 2
und 4 autologen Bluttransfusionen, auch bei relativ geringem Blutverlust. Somit ergibt
sich rechnerisch eine Transfusionswahrscheinlichkeit von 100 % für autologe
Erythrozytenkonzentrate bei Kraniotomien.
Was die Häufigkeit der präoperativen Eigenblutspende angeht, nennt Goodnough
einen Wert von 20 neurochirurgischen Patienten (n = 83), er unterscheidet hier
zwischen Kraniotomien (n = 59) und Carotis-Endarteriektomien (n = 14). Generell
ordnet
er
neurochirurgische
Operationen
als
Eingriffe
mit
einer
hohen
Wahrscheinlichkeit für die Notwendigkeit der Bluttransfusion (> 5 %) ein.
In unserem, allerdings ausschließlich aus Tumorpatienten bestehenden Patientengut,
kam es unter 226 Patienten zu lediglich 5 Eigenblutspenden (zusätzlich zu den oben
genannten noch bei einem Rückenmarksependymom).
67
5. Zusammenfassung
Ziel dieser Studie war es, den Transfusionsbedarf für Tumoroperationen am Zentralen
Nervensystem in unserer Neurochirurgischen Klinik zu ermitteln und in Verhältnis zu
den gängigen präoperativen Blutbestellmaßnahmen zu setzen, um die Effektivität des
Blutkonservenmanagements zu überprüfen und unnötige Bestellungen zu vermeiden.
Ferner sollten nach Analyse möglicher Prädiktoren für den Blutkonservenverbrauch
konkrete Empfehlungen zur präoperativen Blutbereitstellung gegeben werden.
Mit Crossmatched-to-transfused ratios (C/T) zwischen je nach Operationsdiagnose
2,64 und 22,50 (im Mittel 4,77) und Rücklaufquoten zwischen 65,46 und 100,00 % (im
Mittel
78,09
%)
war
das
Blutbestellverhalten
der
untersuchten
Klinik
verbesserungswürdig. Die Einhaltung eines Maximum Surgical Blood Order Schedule
mit Verzicht auf eine Kreuzprobe und stattdessen präoperatives Durchführen eines
Type & Screen (T&S) für Operationsarten mit einer Transfusionswahrscheinlichkeit von
kleiner als 30 % könnten zu einer deutlichen Einsparung von Fremdblut führen.
Während vor der vorliegenden Studie unabhängig von der Operationsdiagnose
präoperativ standardmäßig 3 bis 4 Fremdblut-Erythrozytenkonzentrate gekreuzt
wurden, ist auf Basis der vorliegenden Ergebnisse lediglich noch das Kreuzen von 3
Erythrozytenkonzentraten bei Meningeomen zu empfehlen. Für Metastasen, Gliome,
Hypophysenadenome und Neurinome erscheint eine Beschränkung auf das Type &
Screen ausreichend.
Bei Befolgen dieser Empfehlungen hätten im Erhebungszeitraum 78,64 % der
Kreuzproben entfallen können. Dafür wäre es zu einem Anstieg der Anzahl von
Patienten, die notfallmäßig nach- oder ungekreuzte Erythrozytenkonzentrate erhielten,
um 66,66 % gekommen.
Nach Herausgabe der auf den Resultaten dieser Studie basierenden Empfehlungen
konnte in den folgenden Jahren ein deutlicher Rückgang der aus der Klinik für
Allgemeine Neurochirurgie bestellten sowie der zurückgegebenen, nicht verwendeten
Erythrozytenkonzentrate verzeichnet werden.
68
Ein signifikanter Einfluss auf den EK-Verbrauch, der ein von den Empfehlungen
abweichendes, großzügigeres Bestellverhalten rechtfertigt, besteht bei Vorliegen
folgender Faktoren: präoperativ bestehende Anämie oder Antikoagulation, spinale oder
kraniospinale Tumorlokalisation, Revisions-Operation. Ferner fand sich in unserer
Analyse ein gesteigerter EK-Verbrauch bei Therapie mit peripheren Analgetika
(Ibuproben, Diclofenac, Paracetamol) und mit ACE-Hemmern, der gegebenenfalls
berücksichtigt werden sollte.
69
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T
T
T
T
T
73
T
74
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1.1.
WHO-Klassifikation der Tumoren des Nervensystems (2000)
Abb. 2.1.
Zur Auswertung der neurochirurgischen Akten benutzter
10B
8
Erfassungsbogen
12
Abb. 3.1.
Altersverteilung im Patientenkollektiv
18
Abb. 3.2.
Verteilung der ABO- und Rhesus-Blutgruppen im Patien-
1B
tenkollektiv verglichen mit dem Durchschnitt in Südwestdeutschland
20
Abb. 3.3.
Verteilung der Tumordiagnosen
21
Abb. 3.4.
Verteilung der Lokalisation der Tumoren im Gesamtkollektiv
21
Abb. 3.5.
Häufigkeitsverteilung der Diagnosen innerhalb der Gruppe
„Gliome“
Abb. 3.6.
22
Häufigkeitsverteilung der Diagnosen für den Primärtumor
innerhalb der Gruppe „Metastasen“
Abb. 3.7.
23
Unterteilung der vorliegenden Tumordiagnosen nach dem
WHO-Malignitätsgrad
25
Abb. 3.8.
Operationsdauer in Abhängigkeit von der Tumorart
27
Abb. 3.9.
Intraoperativer Blutverlust in Abhängigkeit von der Tumorart
Abb. 3.10.
28
Mittlerer EK-Verbrauch während des gesamten Krankenhausaufenthaltes
30
Abb. 3.11.
Mittlerer perioperativer EK-Verbrauch
32
Abb. 3.12.
Vergleich transfundierter Patienten zu präoperativ mit Kreuzblut versorgten Patienten
33
Abb. 3.13.
Crossmatched-to-transfused ratio C/T, perioperativ
35
Abb. 3.14.
Delivered-to-transfused ratio D/T, perioperativ
35
Abb. 3.15.
Transfusionswahrscheinlichkeit T%, perioperativ
35
Abb. 3.16.
Rücklaufquote R%, gesamter Krankenhausaufenthalt
35
Abb. 3.17.
Perioperative C/T, D/T und T% für die drei häufigsten
Gliomformen
37
75
Abb. 3.18.
Perioperativer Plasma-Verbrauch
Abb. 3.19.
Perioperative Transfusionswahrscheinlichkeit für Fremdplasma
Abb. 3.20.
41
Kumulierte Häufigkeitsverteilung des perioperativen EK-Verbrauchs nach Tumorlokalisation
Abb. 3.21.
47
Kumulierte Häufigkeitsverteilung des perioperativen EK-Verbrauchs nach Therapie mit ACE-Hemmern
Abb. 4.1.
45
Kumulierte Häufigkeitsverteilung des perioperativen EK-Verbrauchs nach präoperativer Marcumareinnahme
Abb. 3.22.
39
49
EK-Management der Klinik für Allgemeine Neurochirurgie
der Universitätsklinik Köln 1999 – 2005
76
63
Tabellenverzeichnis
Tab. 3.1.
Verteilung der ABO- und Rhesus-Blutgruppen im Patientenkollektiv verglichen mit dem Durchschnitt in Südwestdeutschland (Wagner et al., 1995)
Tab. 3.2.
19
Einteilung der pathologischen Tumordiagnosen in Anlehnung an die ICD-O-Klassifikation
24
Tab. 3.3.
Operationsdauer in Abhängigkeit von der Tumorart
26
Tab. 3.4.
Intraoperativer Blutverlust in Abhängigkeit von der Tumorart
28
Tab. 3.5.
Durchschnittlicher EK-Verbrauch während des gesamten
12B
Krankenhausaufenthaltes
Tab. 3.6.
29
Vergleich der im Mittel intra- und der postoperativ verabreichten Erythrozytenkonzentrate
30
Tab. 3.7.
Durchschnittlicher perioperativer EK-Verbrauch
31
Tab. 3.8.
Anzahl perioperativ transfundierter Patienten
32
Tab. 3.9.
C/T, D/T, T% für den perioperativen EK-Haushalt, R% für
13B
14B
15B
den Krankenhausaufenthalt
34
Tab. 3.10.
Durchschnittlicher EK-Verbrauch der Gliome, perioperativ
36
Tab. 3.11.
C/T, D/T und T% der Gliom-Untergruppen für den peri-
16B
17B
operativen EK-Haushalt, R% für den Krankenhausauf18B
enthalt
36
Tab. 3.12.
Perioperativer Verbrauch von Plasma-Konserven
39
Tab. 3.13.
Transfusionswahrscheinlichkeit T% für den periope-
19B
20B
rativen Plasma-Haushalt
Tab. 3.14.
41
Laborwerte der Blutgerinnung für perioperativ thrombozyten42
Tab. 3.15.
EK-Verbrauch nach ASA-Gruppen
44
Tab. 3.16.
EK-Verbrauch nach Tumorlokalisation
44
Tab. 3.17.
Abhängigkeit des EK-Verbrauchs von präoperativer
21B
transfundierte Patienten
Gabe von Medikamenten mit blutgerinnungsbeein2B
flussender Wirkung
48
23B
77
Tab. 3.18.
Vergleich von präoperativen Laborparametern, intraoperativem Blutverlust und perioperativem EK-Verbrauch bei
Patienten mit und ohne ACE-Hemmer-Therapie
Tab. 3.19.
Abhängigkeit des perioperativen EK-Verbrauchs von son-
24B
stiger präoperativer Medikamentengabe
25B
Tab. 3.20.
krankungen
52
27B
Verlauf des Hämoglobin-Wertes in Abhängigkeit von einer
EK-Transfusion
Tab. 3.22.
54
Anforderung von Erythrozytenkonzentraten in Abhängigkeit
von der Operationsdiagnose
Tab. 3.23.
55
Empfehlungen zur präoperativen Bereitstellung von Erythrozytenkonzentraten
Tab. 4.2.
57
EK-Management der Klinik für Allgemeine Neurochirurgie
der Universitätsklinik Köln 1999 – 2005
Tab. 4.3.
55
Anforderung von Plasmakonzentraten in Abhängigkeit von
der Operationsdiagnose
Tab. 4.1.
50
Abhängigkeit des EK-Verbrauchs von vorbestehenden Er-
26B
Tab. 3.21.
49
63
Vergleich der in dieser Erhebung bestimmten C/T-Ratio
mit Referenzwerten aus der Literatur aus den Jahren
1976 bis 1990
66
78
Lebenslauf
Persönliche Daten
Name
Carsten Böning
geboren am
24. Mai 1974 in Lippstadt
als einziges Kind von
Brigitte Böning, selbständige Unternehmerin
Walter Böning, selbständiger Handelsvertreter
Familienstand
verheiratet
Schulbildung
1981-1985
Grundschule in Lippstadt
1985-1994
Privates Gymnasium Marienschule in Lippstadt
1994
Erwerb der Allgemeinen Hochschulreife
Abiturnote 1,7
Wehrersatzdienst
1996-1997
Pflegedienst auf der Urologischen Station des Herz-JesuKrankenhauses, Münster
Hochschulbildung
1994-1995
Studium
der
Betriebswirtschaft
an
der
Universität
Bielefeld
1997-1999
Vorklinischer Abschnitt des Studiums der Humanmedizin
an der Westfälischen Wilhelms-Universität, Münster
1999-2003
Erster und Zweiter Klinischer Abschnitt des Studiums der
Humanmedizin an der Universität zu Köln
2003-2004
Praktisches Jahr am Kreiskrankenhaus Gummersbach
2004
Drittes
Staatsexamen
mit
der
Note
Gesamtnote „Gut“, Approbation als Arzt
79
„Sehr
gut“,
Ärztliche Weiterbildung
08/2004 – 10/2004
Arzt im Praktikum am Kreiskrankenhaus Gummersbach,
Klinik für Neurologie
10/2004 – 05/2010
Assistenzarzt am Kreiskrankenhaus Gummersbach, Klinik
für Neurologie
05/2010
Anerkennung als Facharzt für Neurologie durch die
Ärztekammer Nordrhein
seit 05/2010
Anstellung
als
Facharzt
am
Gummersbach, Klinik für Neurologie
80
Kreiskrankenhaus
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