P O L I T I K MEDIZINREPORT licher Zellen festgestellt werden. Durch die Veränderung des Zytokinmilieus, unter anderem einer Interleukin-12-Neutralisierung, könnte dies zu der Crohn-typischen Entzündung führen. Für HIV-Infektionen wird derzeit noch kontrovers ein Th2-Übergewicht diskutiert. Die HIV-Replikation scheint durch die Blockierung der sogenannten CD30/CD30c-Komplexe reduziert werden zu können. Für Allergien ist die Induktion vor allem von Th2-Zellen gesichert, die man dann in den Zielorganen (Lunge, Haut) finden kann. Bei neuartigen Strategien für Immuntherapien steht deshalb die Regulation der Th2-Zellen im Mittelpunkt. Die genetisch determinierte Neigung zu überschießender Immunreaktion, vor allem durch Bildung von IgE bei Atopikern, könnte durch die Zytokinbildung in Th2-Zellen verursacht werden. Über den derzeitigen Stand der Gentherapie in der Kardiologie referierte Prof. Ron G. Crystal (Cornell Medical Center, New York). Ziel ist die Angioneogenese, der „Bio-Bypass“, zunächst an Patienten, die nicht mehr mit Angioplastie- oder konventionellen Bypass-Verfahren zu behandeln sind. Das über ein Adenovirus eingeschleuste VEGF-Gen (Vaskuläres endotheliales WachstumsfaktorGen) regt die natürliche Erweiterung und Neubildung von Blutgefäßen an: Nach einem anfänglichen Abbau der Basalmembran folgen Migration und Proliferation der Endothelzellen, danach die Neubildung des Endothels und letztlich der Wiederaufbau der neuen Basalmembran. In tierexperimentellen Studien am Schwein fand sich dreißig Tage nach Gen-Transfer am Myokard eine ausgeprägte Mikro-Angioneogenese, meßbar sowohl histologisch als auch in nuklearmedizinischen Funktionsprüfungen. Die Expression des VEGF-Gens im Herzen soll nur für eine Woche erfolgen, um ein Überschießen zu verhindern. Dies wird elegant dadurch realisiert, daß als Genträgervehikel ein Adeno-Virus genutzt wird, das sich nach sieben Tagen auflöst. Crystal dämpfte Erwartungen, daß Gentherapeutika der Allgemeinheit bald zur Verfügung stehen könnten. Katharina Knötzsch Arzneimittelkommission und Techniker Krankenkasse Schmerztherapie: Patienten mehr einbinden Die Therapie von Schmerzsyndromen ist in Deutschland keineswegs zufriedenstellend. Es hapert auf seiten der Ärzte an mangelnden Kenntnissen über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten und der Abneigung gegenüber bürokratischen Vorschriften bei der Verordnung von Betäubungsmitteln; bei den Patienten scheitert der Therapieerfolg häufig an mangelnder Compliance, da die Betroffenen zu wenig über die Ursachen des Schmerzes und die Notwendigkeit für bestimmte Therapiemaßnahmen informiert sind. „Gemeinsame Sprache“ Um diesem Manko entgegenzuwirken, haben die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und die Techniker Krankenkasse (TK) jetzt eine gemeinsame Strategie entwickelt. Flankierend zu den Therapieempfehlungen, die die Arzneimittelkommission allen Ärzten anbietet, veröffentlicht die TK spezielle „Informationen für Patienten und Angehörige“. Mit diesem aufeinander abgestimmten Informationsangebot sollen Patient und Arzt zu einer „gemeinsamen Sprache“ finden, um sich über Risiken und Nutzen der Therapie zu verständigen, erklärte TK-Vorstand Dieter Korting auf einer Pressekonferenz in Königswinter. Im Sinne dieser Strategie sei es sinnvoll, so Prof. Bruno Müller-Oerlinghausen als Vorsitzender der Arzneimittelkommission, daß die Patienteninformationen der TK auch über die Ärzte ausgegeben werden. Die ersten drei Broschüren, die im Buchhandel erhältlich sind, behandeln die Themen Tumorschmerzen, Kopfschmerzen und Rückenschmerzen. Die vollständigen Therapieempfehlungen können laut Müller-Oerlinghausen mit dem Bulletin „Arznei- A-2974 (30) Deutsches Ärzteblatt 94, Heft 45, 7. November 1997 verordnung in der Praxis“ als Abonnement gegen eine Schutzgebühr (58 DM/Jahr) bezogen werden bei der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Aachener Straße 233–237, 50931 Köln. Für eine patientengerechte Schmerztherapie bedarf es allerdings weiterer Schritte: Obwohl hinreichend belegt ist, daß mit der medikamentösen Therapie nach dem WHOStufenschema etwa 90 Prozent aller Schmerzen ausreichend gelindert werden können, machen zu wenige Ärzte davon Gebrauch. Dies betrifft vor allem die Verordnung von Betäubungsmitteln. „Deutschland nimmt unter den Industrienationen hinsichtlich der Verordnung von Morphinen einen der hintersten Plätze ein“, erklärte Prof. Michael Zenz (Bochum). In Dänemark werde Morphin vierzehnmal, in England siebenmal mehr eingesetzt, ohne daß in diesen Ländern ein ausgeprägtes Sucht- und Abhängigkeitsverhalten zu beobachten wäre. Doch das Vorurteil, Morphine machten süchtig, halte sich – weniger bei den Ärzten als vielmehr bei den Patienten – immer noch hartnäckig. Eine Befragung von Infratest bei niedergelassenen und Krankenhausärzten, Onkologen und Schmerztherapeuten verstärkt diesen Eindruck. In der Erhebung wurde insbesondere der Frage nachgegangen, inwieweit die „Morphin-Mythen“ bei den untersuchten Arztgruppen nachzuweisen sind. Die oft zitierte Angst der Behandler vor Sucht und Abhängigkeit wird deutlich seltener angegeben als gemeinhin angenommen. Als positive Einschätzung adäquater Opioidtherapie werden Schmerzfreiheit und Zunahme an Lebensqualität genannt. Im Gegensatz zu diesen eher positiven Einschätzungen werden bürokratische Hemmnisse erwartungsgemäß als Ursache restriktiver Verschreibungspraxis angegeben. zyl