Übung 8 – Lösungen

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Dr. J.-M. Wagner
Arbeitsgruppe „Funktionale Nanomaterialien“ (Prof. Dr. R. Adelung)
SS 2017
Übung 8 – Lösungen
Aufgabe 22: Resonanz und Relaxation als Modelle für die Frequenzabhängigkeit der Polarisation
a) Diese Gleichung enthält die folgenden Größen:
• m: Masse (die an der Feder hängt);
• x: Auslenkung der Feder;
• kF : Federkonstante der Feder;
• t: Zeit.
Die Gleichung entspricht dem 2. Newtonschen Gesetz, wonach die Änderung des Bewegungszustands (ausgedrückt durch die Beschleunigung a = d2 x/dt 2 ) durch die angreifende Kraft bestimmt ist; die Masse m ist
dabei als Proportionalitätskonstante zu berücksichtigen. Die Gleichung gibt damit an, welche Kraft insgesamt auf die Masse m wirkt. Hier ist dies lediglich die Federkraft, welche nach dem Hookeschen Gesetz den
Betrag kF x hat. Daß die Federkraft als rücktreibende Kraft der Auslenkung der Masse entgegenwirkt, wird
durch das Minuszeichen in der Gleichung berücksichtigt.
b) Zunächst werden die ersten zwei Ableitungen der Funktion x(t) = x0 exp(iω0t + iϕ) bestimmt und dann
2
in die Differentialgleichung (m ddt 2x = −kF x) eingesetzt:
dx(t)
= iω0 x0 exp(iω0t + iϕ)
dt
d2 x(t)
= −ω02 x0 exp(iω0t + iϕ)
dt 2
⇒ m[−ω02 x0 exp(iω0t + iϕ)] = −kF x0 exp(iω0t + iϕ)
r
kF
2
−m ω0 = −kF oder ω0 =
X
m
Eine Phase ϕ 6= 0 bedeutet, daß der willkürlich gewählte Nullpunkt der Zeit nicht mit dem Zeitpunkt maximaler positiver Auslenkung übereinstimmt (sofern, wie üblich, die tatsächliche Auslenkung durch den
Realteil von x(t) beschrieben wird). Die Resonanzfrequenz ω0 ist die Frequenz, mit der die Masse frei
schwingt (oszilliert), egal welche Startbedingung (Auslenkung) gewählt wurde; es handelt sich also um die
Eigenfrequenz des schwingungsfähigen Systems.
c) Die Masse ist die Gesamtmasse aller Elektronen des Atoms, welches Atompolarisation zeigt; die Kernmasse kann vernachlässigt werden (größere Trägheit). Die (rücktreibende) Coulombkraft der Bindung zwischen Elektronen und Atomkern kann als Federkonstante kF beschrieben werden.
d) Die Reibungskraft wirkt entgegen der Bewegungsrichtung der Masse, deshalb das Minuszeichen in
der Gleichung. Im Kristall sind zum einen die Elektronen des polarisierten Atoms an den Atomkern, zum
anderen die Atome untereinander gebunden. Diese Bindungen führen dazu, daß sich die Oszillation der
Elektronen eines Atoms nach und nach auf den gesamten Kristall ausweitet, was die Ausgangsschwingung
dämpft; letztlich wird die Oszillation in Wärme (Gitterschwingungen) umgesetzt.
1
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e) Die ersten zwei Ableitungen (schon oben berechnet) werden in die Differentialgleichung mit Reibung
eingesetzt, wobei als noch zu bestimmende Frequenz jetzt ω1 verwendet wird (ω0 behält seine Bedeutung):
d2 x(t)
dx(t)
= −kF x − mkR
2
dt
dt
m [−ω12 x0 exp(iω1t + iϕ)] = −kF x0 exp(iω1t + iϕ) − mkR iω1 x0 exp(iω1t + iϕ)
m
−m ω12 = −kF − i m kR ω1
m ω12 − i m kR ω1 − kF = 0
kR
= 0 ⇒ ω1 = i +
m
2
kF
ω12 − ikR ω1 −
s
ω02 −
kR
2
2
X
Somit ist x(t) = x0 exp(iω1t + iϕ) eine Lösung von Gleichung (2) des Aufgabenblatts. Die dadurch beschriebene Schwingung
ist gedämpft: Der Anteil der ungedämpften Schwingung ist gegeben durch exp[i Re(ω1 )t]
hq
2 i
k
= exp i ω02 − 2R t , die Dämpfung ist gegeben durch exp[− Im(ω1 )t] = exp − k2R t .
f) Die Frequenz der Oszillation ist gegeben durch die Frequenz ω der externen Störung F0 exp(iωt).
g) Zunächst werden die ersten zwei Ableitungen bestimmt und dann in die Differentialgleichung mit Reibung und äußerem Feld eingesetzt:
x(ω,t) = x(ω) exp(iωt)
dx(ω,t)
⇒
= iωx(ω) exp(iωt),
dt
d2 x(t)
= −ω 2 x(ω) exp(iωt)
dt 2
⇒ −mω 2 x(ω) exp(iωt) = −imkR ωx(ω) exp(iωt) − kF x(ω) exp(iωt) + F0 exp(iωt)
−mω 2 x(ω) = −imkR ωx(ω) − kF x(ω) + F0
x(ω) (−mω 2 + imkR ω + kF ) = F0
x(ω) = F0
1
−mω 2 + imkR ω
+ kF
1
= F0
X (wegen kF = mω02 )
m(ω02 − ω 2 + ikR ω)
Somit ist x(ω,t) eine Lösung von Gleichung (3) des Aufgabenblatts.
h) Abbildung 1 zeigt x(t) in Abhängigkeit von der Zeit t für:
1. eine Schwingung mit der Frequenz ω0 ,
2. eine gedämpfte Schwingung mit der Frequenz ω0 und einem Reibungskoeffizienten kR ,
3. eine Schwingung mit ω 6= ω0 (ω: Frequenz der externen Störung).
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(1)
x→
(2)
(3)
t→
Re(x ())
– Im(x ())
Abbildung 1: x(t) für die im Text diskutierten Fälle (1), (2) und (3).

Abbildung 2: Darstellung des Real- und Imaginärteils von x(ω) in Abhängigkeit von ω für einen Resonanzprozeß.
Abbildung 2 zeigt das Verhalten des Real- und Imaginärteils von x(ω) in Abhängigkeit von der Frequenz ω
für den Fall (3).
i) Das sich periodisch ändernde elektrische Feld der elektromagnetischen Welle verursacht F0 .
q
∗
∗
∗
j) Die Resonanzfrequenz wird für eine erhöhte Masse m zu ω0 verringert, da gilt: ω0 = mkF∗ . Real- und
Imaginärteil von x(ω) werden ebenfalls kleiner, da m im Nenner des Vorfaktors steht.
k) In Systemen, die Relaxationsverhalten zeigen, gibt es für das einzelne „Teilchen“ keine rücktreibende
Kraft (im Sinne der zuvor mittels kF beschriebenen Federkraft). Vielmehr ergibt sich die Rückkehr in den
Grundzustand als kollektiv für das gesamte Ensemble (und entspricht damit eher dem zuvor durch kR beschriebenen Effekt der Wechselwirkung mit den Nachbarn).
l) Zu berechnen ist folgendes Integral:
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Z ∞
H(ω) =
h(t) exp(−iωt) dt
−∞
Z ∞
=
=
=
=
=
1
Θ(t) exp(−t/τ) exp(−iωt) dt
−∞ τ
Z
1 ∞
exp[−(1/τ + iω)t] dt
τ 0
∞
1
−1
exp[−(1/τ + iω)t]
τ 1/τ + iω
0
1
1
τ 1/τ + iω
1
.
1 + iωτ
m) Zerlegung in Real- und Imaginärteil; dazu ist der Nenner reellwertig zu machen, indem mit seinem
komplex Konjugierten erweitert und (a + ib)(a − ib) = a2 − (ib)2 = a2 + b2 verwendet wird:
1
1 − iωτ
=
;
1 + iωτ
1 + (ωτ)2
1
,
⇒ Re H(ω) =
1 + (ωτ)2
−ωτ
Im H(ω) =
.
1 + (ωτ)2
H(ω) =
R e(H())
– Im (H())
Abbildung 3 zeigt schematisch den Real- und Imaginärteil von H(ω) für einen Relaxationsprozeß. (Anmerkung: Das hier betrachtete H(ω) entspricht dem oben betrachteten x(ω).) Der Peak im Imaginärteil und der
stärkste Abfall im Realteil befinden sich bei ωτ = 1.

Abbildung 3: Darstellung des Real- und Imaginärteils von H(ω) in Abhängigkeit von ω für einen Relaxationsprozeß.
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Aufgabe 23: Elektronische Wärmekapazität eines Metalls
a) Molare Wärmekapazität: Q = C · n · ∆T (n: Stoffmenge); spezifische Wärmekapazität: Q = c · m · ∆T (m:
Masse). Molare Wärmekapazitäten sind besonders gut geeignet für Vergleiche zwischen simplen Materialien, aber nicht so gut für reale Materialien. Wieviel kg sind z. B. ein Mol Beton?
b) Klassisch betrachtet, verhalten sich die Elektronen wie ein einatomiges Gas. Dessen molare Wärmekapazität wurde in der Übungsaufgabe 17 zu 23 R ermittelt; dies kommt zur molaren Wärmekapazität der
Gitterschwingungen von 3 R hinzu (vgl. Übungsaufgabe 17), womit der Gesamtwert 4,5 R beträgt. Das ist
im Verhältnis zum experimentellen Wert von 3 R viel zu groß und bedeutet, daß bereits allein die Gitterschwingungen für die gemessene Wärmekapazität verantwortlich sind.
c) Die klassische Rechnung berücksichtigt nicht, daß für Elektronen (die Fermionen sind) das Pauli-Prinzip
gilt, was dafür sorgt, daß es bei einer bestimmten Energie nur eine gewisse Maximalzahl von Elektronen
geben kann. Dies bedeutet, daß ein Elektron bei Wärmezufuhr diese Energie nur aufnehmen (und damit
zur Wärmekapazität beitragen) kann, wenn es bei der entsprechenden höheren Energie einen freien Platz
vorfindet. Das trifft aber nur für sehr wenige Elektronen zu, weil die elektronischen Zustände vom Grundzustand bei E = 0 eV bis nah an die Fermienergie EF fast vollständig besetzt sind. Die meisten Elektronen
befinden sich damit auf Zuständen, bei denen alle energetisch benachbarten Zustände besetzt sind. Bei der
klassischen Rechnung dagegen können alle Elektronen Energie aufnehmen (und damit zur Wärmekapazität
beitragen). Daher ist der tatsächliche Beitrag der Elektronen zur Wärmekapazität sehr viel kleiner, als es der
klassischen Betrachtungsweise entspricht.
d) Als sinnvolle Möglichkeit, die elektronische Wärmekapazität näherungsweise zu berechnen, liegt es daher nahe, die Aufsummation der Beiträge einzelner Teilchen (jeweils 23 kB T ) auf die wenigen Elektronen
zu beschränken, die überhaupt in der Lage sind, Energie aufzunehmen; das betrifft diejenigen im Aufweichungsbereich der Fermi-Verteilung.
e) Es gilt für die Besetzung elektronischer Zustände bei einer bestimmten Energie E, daß n(E) = D(E) ·
f (E; EF , T ) · ∆E ist (grob formuliert: „Besetzung ist Fassungsvermögen mal Füllstand“). Wird dies über alle
Energien aufsummiert (d. h. von null bis unendlich integriert), ergibt sich die Gesamtdichte aller Elektronen.
f) Die Elektronendichte im Aufweichungsbereich der Fermi-Verteilung ist näherungsweise n(EF ) = D(EF ) ·
f (EF ; EF , T ) · ∆E = D(EF ) · 12 · 2kB T = D(EF ) · kB T (für ∆E wurden 2kB T gewählt, weil in etwa auf dieser
Breite die Elektronen von unterhalb EF nach oberhalb EF verlagert sind); pro Mol sind dies Vmol · n(EF ) =
3NA
Vmol · D(EF ) · kB T =
· kB T . Jedes dieser Teilchen trägt 32 kB T zur Energieaufnahme bei, insgesamt ist
2EF
3NA 3
9NA · k2B T
9 kB T
9
T
also ∆Umol =
· · (kB T )2 . Mit R = NA · kB ergibt das CV,mol =
= R·
= R· .
2EF 2
2EF
2
EF
2 TF
io
n
hR
∞
∂
mol
g) Weil bei der Berechnung von CV,mol = ∂U
=
V
(E
−
E
)
·
D(E)
·
f
(E;
E
,
T
)
+
E
·
n
F
F
F
ges
mol
0
∂T
∂T
das Volumen definitionsgemäß konstant bleibt, wirkt sich die Ableitung nach T nur auf die Fermifunktion
aus, denn nur diese hängt von der Temperatur ab. Der zweite Term von Umol , der die Gesamtdichte der
Elektronen enthält, fällt bei der Ableitung weg, weil nges nicht von der Temperatur abhängt.
In Aufgabenteil h) von Übungsaufgabe Nr. 19 wurde gezeigt, daß ∂∂ Tf nur in der Nähe von EF (genauer:
im Aufweichungsbereich) wesentlich von null verschieden ist. Für diesen Bereich wird näherungsweise
D(E) ≈ D(EF ) verwendet, und das liefert den angegeben Näherungsausdruck.
h) In Aufgabenteil g) von Übungsaufgabe Nr. 19 wurde gezeigt, daß
5
∂f
∂T
=
E−EF
kB T 2
·h
E−EF
BT
exp − 2k
1
+exp
E−EF
2kB T
i2 .
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Damit ergibt sich:
CV,mol ≈ Vmol · D(EF ) ·
=
Z ∞
Vmol · D(EF )
·
kB T 2
Mit der Substitution x =
E−EF
kB T ,
CV,mol =
0
(E − EF ) ·
Z ∞
0
1
E − EF
·h
2
kB T
F
exp − E−E
2kB T + exp
(E − EF )2
h
F
exp − E−E
2kB T + exp
E−EF
2kB T
E−EF
2kB T
i2 dE
i2 dE
d. h. dE = kB T dx, hat man
Vmol · D(EF )
·
kB T 2
Z ∞
E
− k FT
B
= Vmol · D(EF ) · k2B T ·
x2 · (kB T )2
exp − 2x + exp
Z ∞
EF
BT
−k
x
2
2 · kB T dx
x2
exp − 2x + exp
x
2
2 dx
Da für Metalle bei Raumtemperatur typischerweise EF kB T gilt, ist der Nenner an der unteren Integralgrenze sehr groß, der Integrand mithin sehr klein, und also kann die untere Integralgrenze in guter Näherung
auf −∞ gesetzt werden. Das Integral liefert damit einfach eine einheitenlose Konstante; eine Abschätzung
zeigt, daß diese zwischen 3 und 4 liegt1 . Damit bleibt:
CV,mol = Vmol · D(EF ) · k2B T · const
3NA · k2B T · const
2EF
3 · const kB T
3 · const
T
=
R·
=
R·
2
EF
2
TF
=
Bis auf eine kleine Änderung des Vorfaktors ist dies das Näherungsergebnis von Aufgabenteil f). Dadurch
zeigt sich, daß die dortige „intuitive“ Herangehensweise sinnvoll war, nur die Elektronen im Aufweichungsbereich der Fermi-Verteilung zu berücksichtigen.
i) Da für Metalle bei Raumtemperatur typischerweise EF kB T gilt, ist CV,mol 3·const
2 R, woraus sich
ergibt, daß der elektronische Beitrag zur Wärmekapazität bei „hohen“ Temperaturen gegenüber dem Gitterbeitrag von 3 R zu vernachlässigen ist. Erst bei sehr niedrigen Temperaturen, wenn der Gitterbeitrag gegen
null geht, spielt der elektronische Beitrag überhaupt eine Rolle.
Die Darstellung mit dem Faktor T /TF erlaubt die Interpretation, daß der elektronische Beitrag zur Wärmekapazität deshalb zu vernachlässigen ist, weil das Elektronengas bereits eine extrem hohe effektive Temperatur
hat (die Fermi-Temperatur TF ist gerade die Temperatur, die ein klassisches Elektronengas haben müßte, damit es die Energie enthält, die das „richtige“ Elektronengas hat), so daß ein bißchen Energiezufuhr daran
kaum was ändert.
1
Abschätzung nach oben:
x2
−∞ exp − x +exp x 2
[ ( 2)
( 2 )]
R∞
dx = 2
R∞
0
x2
2
x
exp
−
[ ( 2 )+exp( 2x )]
dx < 2
R∞ 2
0 x exp(−x) dx = 4 (letzter Schritt nach
der Integraltabelle im Bronstein); direktes Ergebnis siehe das MaWi-2-Skript, Abschnitt 2.4.1, „Wärmekapazität des freien
Elektronengases“ (http://www.tf.uni-kiel.de/matwis/amat/mw2_ge/kap_2/backbone/r2_4_1.html)
6
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