Wissen Wissen Expedition ins Weltall – eine Reise zu Aliens und Schwarzen Löchern Das Universum, seine Galaxien, Sterne und Planeten faszinieren die Menschen seit jeher. Inzwischen haben wir dank modernster Teleskope enormes Wissen über die Entwicklung des Kosmos seit dem Urknall. Immer mehr Planeten, Lichtjahre entfernt von unserem Sonnensystem, werden entdeckt. Die Frage, ob in diesen fernen Welten Lebewesen existieren, bleibt spannend OKTOBER WELTALL Ins Universum, zu Galaxien und Sternen: 3sat begibt sich auf eine spannende Entdeckungsreise fern unseres Planeten. 5 DO, 20.15 wissen aktuell: Expedition ins Weltall · NEU Dokumentation (104 Min) · ARD/SWR/3sat Einen Abend lang erkundet 3sat in Dokumentationen die Tiefen des Universums und zeigt: Astronomisches Wissen ist nicht nur wichtig, sondern überlebenswichtig. 19 DO, 20.15 Kosmische Strahlung · NEU Dokumentation (45 Min) · 3sat Um dem Rätsel der kosmischen Strahlung auf die Spur zu kommen, geben in der Dokumentation Wissenschaftler von weltweit führenden Forschungszentren Auskunft über den Stand ihrer Arbeit. 21.00 scobel – Aufbruch ins All · NEU Gesprächssendung mit Gert Scobel (59 Min) · 3sat Bei Moderator Gert Scobel steht jede Woche ein Thema im Mittelpunkt, das er in einer interdisziplinär besetzten Expertenrunde diskutiert. Dieses Mal geht es um den Wunsch des Menschen, den Kosmos zu erkunden und nach neuen Lebenswelten zu suchen. Und das, obwohl es für uns Menschen keine lebensfeindlichere Umgebung als das Weltall gibt. 6 3sat TV- & Kulturmagazin 4/2017 Bild: ESA 4/2017 3sat TV- & Kulturmagazin 7 Wissen Atacama Pathfinder Experiment (APEX) heißt ein unter anderem vom Max-PlanckInstitut für Radioastronomie betriebenes Radioteleskop in der chilenischen AtacamaWüste. Es besitzt einen Reflektordurchmesser von 12 Metern und ist Teil des Event Horizon Telescope Die erste Naturwissenschaft, die vom Menschen betrieben wurde, ist die Astronomie. Schon immer haben Menschen in den Sternenhimmel geschaut und versucht, den Lauf der Gestirne und die Geschehnisse am Nachthimmel zu verstehen. Heute wissen wir erheblich mehr über das Universum als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte. Wir verstehen, wie sich Galaxien über Zeiträume von Milliarden von Jahren entwickeln und wie Sterne entstehen und wieder vergehen. Wir haben sogar eine detaillierte Vorstellung davon, wie sich das Universum selbst seit dem Urknall entwickelt hat und weiterentwickeln wird, wie es sich beschleunigt ausdehnt und dabei immer kälter wird. Der entscheidende Grund für diesen enormen Zuwachs an Wissen über den Kosmos besteht darin, dass sich die Beobachtungstechnologie der Astronomie und Astrophysik in den vergangenen Jahrzehnten massiv weiterentwickelt hat: Während Astronomen über Jahrtausende zur Beobachtung des Universums nur das optische, sichtbare Licht nutzen konnten, können wir heute auf die Informationen des gesamten elektromagnetischen Spektrums zurückgreifen: von der harten energiereichen Gamma- und Röntgenstrahlung bis zu langwelligen Radiowellen. Gleichzeitig werden unsere Teleskope immer empfindlicher und können stetig feinere Details aufzeichnen. Diese Fortschritte haben dazu geführt, dass wir insbesondere in Bezug auf zwei Fragestellungen immer mehr herausfinden, die wohl jeden Menschen interessieren, egal wie 8 3sat TV- & Kulturmagazin 4/2017 Der Kepler-Satellit (rechts), der 2009 von der Nasa gestartet wurde, hat ganze 2337 der mehr als 3500 aktuell bestätigten Exoplaneten gefunden Heute wissen wir erheblich mehr über das Universum als jemals zuvor in der Menschheitsgeschichte er ansonsten zu astronomischen Themen steht, schon allein weil sie immer wieder Stoff für Science-Fiction-Filme liefern: die Frage nach außerirdischem Leben und die nach der Natur Schwarzer Löcher. sehr schwierig ist: Anders als Sterne leuchten sie nicht selbst, sondern werden nur angestrahlt, wobei der Zentralstern selbst so hell ist, dass er seine planetaren Begleiter vollkommen überstrahlt. Um die Exoplaneten trotzdem nachweisen zu können, haben Astronomen raffinierte Methoden entwickelt. Die Suche nach Leben, Lichtjahre entfernt Intelligentes Leben haben wir jenseits der Erde zwar nach wie vor nicht gefunden – zum Glück, wenn man dem vor feindlichen Aliens warnenden Stephen Hawking Glauben schenkt –, wir entdecken aber immer mehr Orte, die zumindest theoretisch geeignet wären, fremdem Leben eine Heimat zu bieten. Der erste Exoplanet, also ein Planet außerhalb unseres eigenen Sonnensystems, der einen unserer Sonne ähnlichen Stern umkreist, wurde erst 1995 identifiziert: 51 Pegasi b, der in rund 40 Lichtjahren Entfernung im Sternbild Pegasus zu finden ist. Nur wenige Jahre zuvor war es überhaupt zum ersten Mal gelungen, Exoplaneten zu entdecken. HD 114762 b, der etwa 132 Lichtjahre von der Erde entfernt mit einer Umlaufzeit von nur 84 Tagen einen metallarmen Stern umkreist, war 1989 der erste Kandidat. 1992 wurde ein weiterer Exoplanet entdeckt, der einen Pulsar und einen Weißen Zwerg (einen kleinen, kompakten alten Stern) in einem Kugelsternhaufen umrundet, also in einer Umgebung, die unserer eigenen wenig ähnelt. Dass erst vor rund 30 Jahren die ersten Exoplaneten beobachtet werden konnten, liegt daran, dass ihre Entdeckung Eine davon ist die Transitmethode. Sie funktioniert dann, wenn die Bahn des Planeten so ausgerichtet ist, dass er regelmäßig vor seinem Stern vorbeiläuft. Dabei fängt der Planet einen Teil des vom Stern ausgesandten Lichts ab, wodurch der Stern kurzzeitig etwas dunkler wird. Daraus, wie stark der Stern von seinem Begleiter verdunkelt wird und wie oft dies passiert, kann man bereits erste Informationen über die Eigenschaften des Planeten wie dessen Bahnradius und Größe gewinnen, wenn man gleichzeitig die Entfernung des Sternsystems kennt. Der Kepler-Satellit, der 2009 von der Nasa gestartet wurde, arbeitet mit dieser Methode. Die Mission stellt die bislang erfolgreichste Planetensuche dar und hat 2337 der mehr als 3500 aktuell bestätigten Exoplaneten gefunden. Daneben hat Kepler knapp 4500 Planetenkandidaten geliefert, deren Status noch durch weitere Beobachtungen geklärt werden muss. Vor diesem Hintergrund können wir heute sagen, dass Planetensysteme im Universum alles andere als eine Seltenheit darstellen. Die These, dass unser eigenes Sonnensystem etwas Besonderes ist, erscheint zunehmend gewagt. Die große Frage ist nur: Könnte in diesen fernen Welten auch Leben existieren? Bild: pa/dpa/mplfr/belloche, arnaud · pa/ap/nasa Bild: ESA Illustration eines supermassereichen Schwarzen Lochs. Sichtbar gemacht sind die Röntgenemission aus dem inneren Bereich (pink) und die vom Umgebungsfeld ausströmenden ultraschnellen Winde (violett) Um diese Frage beantworten zu können, gehen Astronomen zunächst davon aus, dass Leben flüssiges Wasser benötigt. Alles Leben, das wir von der Erde kennen, scheint so zu funktionieren, und ohne Zweifel ist Wasser ein sehr gutes Lösungsmittel für den Aufbau von Zellen. Für einen Exoplaneten bedeutet diese Anforderung, dass er nicht zu heiß und nicht zu kalt sein darf, denn sonst wäre alles Wasser entweder verdampft oder gefroren, der Planet muss sich daher als erstes in genau dem richtigen Abstand von seinem Heimatstern befinden, in der sogenannten habitablen Zone. In unserem Sonnensystem liegt offensichtlich die Erde in dieser Zone, die Venus ist etwas zu nah an der Sonne, Mars liegt ebenfalls darin. Allerdings ist der Bahnradius eines Planeten nur ein ungefährer Anhaltspunkt für dessen Oberflächentemperatur. Zweitens und ganz entscheidend hängt diese nämlich von der Atmosphäre des Planeten ab. Hätte die Erde keine Atmosphäre, die einen Treibhauseffekt hervorruft, würde hier auch nur eine mittlere Temperatur von -18 Grad Celsius herrschen. Auch der Mars könnte einmal eine dichte Atmosphäre besessen haben, denn es gibt einige Anhaltspunkte dafür, dass es auf seiner Oberfläche in der Vergangenheit Ozeane gegeben hat. Warten auf Antwort von den Aliens Den ersten Exoplaneten, von dem man annahm, dass er sich in der habitablen Zone befindet, hat man 2007 entdeckt. Gliese 581d ist etwa siebenmal so schwer wie die Erde und 4/2017 3sat TV- & Kulturmagazin 9 Wissen Wissen befindet sich von uns nur rund 20 Lichtjahre entfernt im Sternbild Waage. Als erste „Supererde“ regte Gliese 581d sofort nach seiner Entdeckung die Fantasien der irdischen Alienfans an. Im Jahr 2009 wurden Textnachrichten gesammelt, die von der Nasa mithilfe des australischen Canberra Deep Space Communication Complex an die potenzielle Alienwelt gesendet wurden. Noch sind die Nachrichten nicht bei ihrem Adressaten angekommen, aber ohnehin ist mittlerweile fraglich, wie groß die Erfolgschancen der Aktion überhaupt gewesen sind, denn verschiedene Modellrechnungen werfen Zweifel auf, dass die Bedingungen auf Gliese 581d tatsächlich lebensfreundlich sind. Wie auch immer diese Kontroverse letztendlich entschieden wird, inzwischen häufen sich die Beobachtungen „zweiter Erden“. Allein Kepler hat 30 Exoplaneten entdeckt, die weniger als die zweifache Masse der Erde besitzen und ihren Stern in der habitablen Zone umkreisen. Besonders spektakulär war in diesem Jahr die Entdeckung des Trappist-1-Systems, in dem 40 Lichtjahre von uns entfernt gleich sieben Planeten einen roten Zwergstern umkreisen, von denen sich drei in der habitablen Zone befinden könnten. Eine endgültige Entscheidung über die tatsächlichen Bedingungen auf den bisher entdeckten Exoplaneten und die dortige Existenz von Leben ist aber erst eindeutig möglich, wenn wir Informationen über die Zusammensetzung der planetaren Atmosphären erhalten. Zu diesem Zweck wird im kommenden Jahr das James Webb Space Telescope der Nasa starten, das im infraroten Wellenlängenbereich mögliche Atmosphären von Exoplaneten chemisch entschlüsseln kann. Dann wird es beispielsweise möglich sein, direkt nach der Existenz von Wasser, Methan oder Sauerstoff zu suchen. Das James WebbWeltraumteleskop wird auch dabei helfen, die Entstehung und Entwicklung Schwarzer Löcher im Zentrum von Galaxien besser zu verstehen, auch wenn dies nicht sein Haupteinsatzfeld ist. Es gibt andere Teleskope, die sich stärker auf dieses Thema konzentrieren, wie zum Beispiel das geplante Square Kilometre Array, in dem tausende Antennen und Teleskope in Südafrika und Australien zusammengeschaltet werden, um das junge Universum zu einem Zeitpunkt zu durchmustern, als sich die ersten Sterne und Schwarzen Löcher bildeten. Ein Teleskop – groß wie unsere Erde Schwarze Löcher gehören zu den wahrscheinlich exotischsten Phänomenen unseres Universums. Nachdem Einstein 1915 erstmalig im Rahmen seiner Allgemeinen Relativitätstheorie die vierdimensionale Raumzeit postuliert hatte, die von Massen verzerrt wird, berechnete der deutsche Astronom Karl Schwarzschild im darauffolgenden Jahr, dass kompakte Massen den Raum so stark krümmen können, dass nicht einmal Licht ihrer Schwerkraft entkommt. Dabei kann im Prinzip aus jeder beliebigen Masse ein Schwarzes Loch entstehen – sie muss nur entsprechend komprimiert werden. Unsere Erde müsste man beispielsweise auf den Durchmesser eines Fünfcentstücks zusammendrücken, um aus ihr ein Schwarzes Loch zu machen. Dementsprechend gibt es auch Schwarze Löcher in ganz verschiedenen Größen. Die leichtesten sind dabei die- 10 3sat TV- & Kulturmagazin 4/2017 jenigen, die aus massereichen Sternen mindestens achtmal so schwer wie unsere Sonne entstehen, wenn diese am Ende ihres Lebens ihren Brennstoff verbraucht haben und daraufhin unter dem eigenen Gewicht zusammenstürzen. Die schwersten Schwarzen Löcher finden sich im Zentrum von Galaxien. Das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße beobachtete man erstmals vor 85 Jahren. Der Astronom Karl Jansky hatte 1932 in der Richtung des Sternbilds Schütze eine ungewöhnlich intensive Quelle von Radiostrahlung entdeckt, die Sagittarius A* genannt wurde. Erst in den 1970erJahren entstand die Idee, dass es sich dabei um ein Schwarzes Loch handeln könnte, das fortwährend Masse anzieht, die sich in einem großen Strudel wie in einem Ausguss in das Schwarze Loch hineinbewegt, sich dabei aufheizt und Strahlung aussendet. Aus der schnellen Bewegung von Sternen in der Nähe von Sagittarius A*, die Geschwindigkeiten von einigen tausend Kilometern pro Sekunde erreichten, konnte man die Masse ableiten, die nötig ist, um die Sterne auf ihre Bahnen zu zwingen. Der so berechnete Wert: etwa vier Millionen Sonnenmassen. Direkt gesehen hat dieses Schwarze Loch bisher allerdings noch niemand. Dies könnte sich aber sehr bald ändern, denn Anfang dieses Jahres haben Astronomen Teleskope auf vier verschiedenen Kontinenten gleichzeitig auf Sagittarius A* gerichtet, die zusammengeschaltet einem Teleskop der Größe unserer Erde entsprechen. Dieses Event Horizon Telescope (EHT) besitzt eine so hohe Auflösung, dass das Gas in nächster Nähe des supermassereichen Schwarzen Lochs beobachtbar sein soll – und damit der „Schatten“ von Sagittarius A* selbst. Die Beobachtungen wurden Anfang April durchgeführt. Die Auswertung der ungeheuren Datenmengen nimmt allerdings einige Zeit in Anspruch, mit dem ersten „Bild“ eines Schwarzen Lochs wird wohl im kommenden Jahr zu rechnen sein. Zumindest theoretisch weiß man aber schon, was man zu erwarten hat: In komplexen Simulationen haben Astronomen bereits berechnet, wie Sagittarius A* für das EHT erscheinen wird. Zuschauer des Science-Fiction-Blockbusters „Interstellar“ haben vor drei Jahren davon bereits einen Eindruck bekommen. Der am Caltech arbeitende Physiker Kip Thorne hat für diesen Film berechnet, was eine IMAX-Kamera sehen würde, wenn sie sich in der Nähe eines Schwarzen Lochs befinden würde. Auch er wird nun mit Sicherheit ungeduldig auf die „echten“ Aufnahmen des EHT warten. Wissenschaft und Science-Fiction liegen heute immer näher beieinander. Wir können gespannt sein, welche Ergebnisse die nächsten Jahre noch bringen werden. Sibylle Anderl ist promovierte Astrophysikerin und Philosophin und arbeitet als Wissenschaftsjournalistin im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Im August ist im Hanser Verlag München ihr Buch „Das Universum und ich – die Philosophie der Astrophysik“ erschienen. 2007 wurde die erste angebliche „Supererde“ in einem fremden Sonnensystem entdeckt: Gliese 581d ist etwa siebenmal so schwer wie die Erde und befindet sich rund 20 Lichtjahre von uns entfernt im Sternbild Waage. Bild: Lynette Cook/NASA 4/2017 3sat TV- & Kulturmagazin 11