die zerstorung der ethik durch die natur\tissenschaft

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DIE ZERSTORUNG DER ETHIK
DURCH DIE NATUR\TISSENSCHAFT
ü berle gungen
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Das Vergnügen an der naturwissenschaftlidren Forsdrung gleicht ein
ganz klein wenig jenem, das jeder empfindet, der Kreuzworträtsel löst.
Aber es ist doc! nodr viel mehr, vielleicht sogar mehr als die Freude an
sclröpferischer Arbeit in anderen Berufen, die Kunst ausgenommen.
Es besteht in dem Gefühl, in das Mysterium der Natur einzudringen,
ein Geheimnis der Sdröpfung zu lüften und etwas Sinn und Ordnung in
einen Teil der chaotisdren Velt zu bringen. Dies ist eine philosophische
Befriedigung.
Idr habe mich bemüht, Philosophen aller Geschidrtsepodren zu lesen,
und viele erleudrtende Gedanken gefunden, clodr keinen ständigen
Fortsdrritt zu tieferer Erkenntnis und eingehenderem Verständnis. Die
NaturwissenscJraft hingegen vermittelt mir das Gefühl eines beständigen Fortsdrritts: idr bin überzeugt, daß die theoretische Physik tatsächlich Philosophie ist. Sie hat grundlegende Begriffe umgestürzt,
zum Beispiel über Raum und Zeit (Relativität), über Kausalität
(Quantentheorie) und über Stoff und Materie (Atomistik). Sie hat uns
neue Denkmethoden gelehrt (Komplementarität), die weit über die
Physih hinaus anwendbar sind. Im Laufe der letzten Jahre habe ich
versudrt, aus der Naturwissensdraft abgeleitete philosophisdre Grundsätze zu formulieren.
In meiner Jugend braudrte man in der Industrie sehr wenige Naturwissensdraftler. Der einzige \ü7eg für sie, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, bestand im Lehrberuf. An einer Universität zu lehren, war für
midr eine sehr erfreulidre Sadre. Einen wissensd-raftlidren Gegenstand
in anziehender und spannender Veise darzulegen, ist eine künstlerisdre Aufgabe, ähnlidr der eines Sdrriftstellers oder gar eines Dramatikers. Das gleiche gilt fär das Sdrreiben von Lehrbüdrern. Das größte
Vergnügen ist die Unterridrtung von Forsdrungsstudenten. Idr war so
glüd<lich, unter ihnen eine beträchtlid-re Anzahl von genialen Leuten zu
haben. Es ist herrlich, ein Talent zu entdecrken und zu einem frudrtbaren Forsdrungsgebiet hinzuleiten.
Von meinem persönlidren Gesidrtspunkt hat mir daher die NaturL79
Institut fiir Pharsrakognosie
unci
AnalYtische
wissenschaft jede Befriedigung und jedes Vergnügen versdrafft, das ein
Mann von seinem Beruf erwarten kann. Doch während meiner Lebens!ii
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zeit ist die Naturwissenschaft eine Angelegenheit von öffentiichem
l'art pour I'art meiner Jugend
jetzt
ist
überholt. Die Naturwissensdraft ist ein integrierender und
höchst wichtiger Teil unserer Zivilisation geworden, und die naturwissenschaftliche Arbeit bedeutet einen Beitrag zu ihrer Entwickiung.
In unserem technischen Zehalter hat die Naturwissensd'raft soziale,
ökonomische und politische Funktionen' Vieweit auch immer die
eigene Arbeit von einer tedrnisdren Anwendung entfernt ist, bedeutet
sie doch ein Glied in der Kette von Flandlungen und Entscheidungen,
Belang geworden, und der Standpunkt
die das Schid<sal des Mensdrengeschlechtes bestimmen. Dieser Aspekt
der '!üissenschaft kam mir in seiner vollen Auswirkung erst nadr
Hiroshirna zum Bew'ußtsein. Dann aber bekam er überwältigende
Bedeutung. Er ließ mich über die Veränderungen naclgrübeln, welche
die Naturwissensdraften in den Angelegenheiten der Mensdren zu
meiner eigenen Zeit verursaciht haben und wohin sie führen mögen.
Trotz meiner Liebe zu wissensdraftlicher Arbeit war das Ergebnis meines Nachdenkens entmutigend. Es scheint mir, daß der Versuch der
Natur, auf dieser Erde ein denkendes \flesen hervorzubringen, gescheitert ist" Der Grund dafür ist nidrt nur die beträdrtlidre und sogar nodr
wadrsende \üahrscheinlidrkeit, daß ein Krieg mit Kernwaffen ausbredren und alles Leben auf der Erde zerstören kann. Selbst wenn diese
Katastrophe vermieden werden kann, vermag idr für die Mensclheit
lediglich eine düstere Zukunft zu sehen. Der Mensdr ist in Anbetradrt
seines Gehirns von seiner Überlegenheit über alle anderen Lebewesen
überzeugt; dodr es ist zu bezweifeln, ob er in seinem Zustand des
\Wenige tauSelbstbewußtseins glücklicher ist als die stummen Tiere.
send Jahre seiner GesclicJrte sind bekannt. Sie ist angefüllt mit aufregenden Ereignissen, doch im ganzer. genommen ist sie einförmig:
Frieden weclselt mit Krieg, Auftau mit Zerstdrung' W'achstum mit
Niedergang.
-Während dieser ganzen
Zeit
gab es eine elementare, von Philosophen
entwickelte Naturwissensdraft und eine gewisse primitive Technik, die
von der Naturwissensdraft praktiscl unabhängig war und sich in den
Händen von Flandwerkern befand. Beide wuchsen sehr langsam, so
langsam, daß lange Zeit hindurch eine Veränderung kaum wahrnehmbar und ohne großen Einfluß auf die menschlidre Szene war. Dodr
plötzlich, vor 300 Jahren etwa, trat eine explosionsartige Steigerung
180
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ir','tochemie
der Gehirntätigkeit ein: die moderne Not,-,r*irr3f,i.tT:";l"jt"+"desoSaarla.des
vrurden geboren. Diese sind seitdem mit ständig zunehmender Geschwindigkeit gewadrsen, sdrneller wahrscheinlic}er als es einer Exponentialkurve entspricht, und sie sind im Begrifie, die menschlich" \ü7"1t
in einem Grade umzugestalten, daß sie kaum wiederzuerkennen ist.
Aber obgleich dieser vorgang durch den Verstand bewirkt worden ist,
wird er nicht durch den verstand kontrolliert. Für diese Tatsache
braudrt man kaum Beispiele anzuführen. Die Medizin ist der meisten
seuchen und epidemischen Krankheiren Flerr geworden und hat die
Lebensdauer im Laufe einer Generation verdoppelt: das Ergebnis ist
die Aussicht auf eine katastrophale übervölkerung. Die Mensclen sind
in den Südten zusammengepferd'rt und haben allen Kontakt mit der
Natur verloren. Das Leben der Tiere in der wildnis schwindet sd-rnell
dahin. Die Nachridrtenverbindung zwisd-ren einem platz auf dem
Erdball und einem anderen vollzieht sich fasr momenran, und der Verkehr wurde in einem unglaublidren Ausmaß beschleunigt mit dem Ergebnis, daß jede kleine Krisis in einer Ed<e die ganze übrige Velt in
Mitleidenschaft ziehr und eine vernünftige politik unmögrich macht.
Das Auto har das ganze Land für jedermann zugänglicJr gemacht, aber
die Straßen sind verstopft und die Erholungsgebiete verdorben. Im-
merhin kann vielleicht diese
Art
teihnisclen Irrgangs
mit der zeit
durch technisdre und administrative Heilmittel ausgeglichen werden.
Die wirklidre Krankheit sitzt tiefer. sie besteht im Zusammenbruch
aller ethischen Grundsätze, die sich im Laufe der Geschichte entwidtelt
und ein lebenswertes Leben gesichert haben, selbst in Zeitabschnitten
wilder Kämpfe und weiträumiger Zerstörung. Es genügt, zwei Beispiele für die Auflösung überlieferter Ethik durch die Technik anzu-
führen: das eine betrifft den Frieden, das andere den Krieg,
Im Frieden war harte Arbeit das Fundament der Gesellsdraft. Ein
Mensdr war stolz auf das, was er gelernt hatte, und auf die Dinge,
welche er mit seinen Händen schuf. Geschid<lichkeit und sorgfart standen hoch im Kurs. Ffeutzutage ist davon wenig übriggeblieben. Maschinen haben die menschlidre Arbeit enrwerrer und ihre \(ürde zerstört. Ffeute sind ihr Zwed< und ihr Lohn das bare Geld. Das Geld
wird benötigt zum Ankauf teclnischer Erzeugnisse, die ihrerseits wieder von anderen um des Geldes willen geschaffen werden.
Im Krieg waren die Kennzeidren des idealen Soldaten Stärke und Mut,
Großmütigkeit gegenüber dem unterlegenen Feind und Mitleid gegenüber dem'Wehrlosen. Nidrts davon ist übriggeblieben. Modern. V"f181
fen der Massenvernidrtung lassen keinen Raum für irgendwelcle sittIich begründeten Einsdrränkungen und degradieren den Soldaten zu
einem technisdren Mörder.
Diese Abwertung der Ethik ist die Folge der Länge und Kompliziertheit des V/eges zwisdren einer menschlidren Betätigung und ihrem EndelTekt. Die meisten Arbeiter kennen lediglich ihren speziellen kleinen
Handgriff in einem speziellen Absdrnitt des Produktionsprozesses und
sehen kaum jemals das vollständige Erzeugnis. Naturgemäß fühlen
sie sich nidrt verantwortlic} für dieses Produkt oder für seine Verwendung. Ob diese Anwendung gur oder sdrledrt, harmlos oder sdrädigend
ist, liegt völlig außerhalb ihres Gesidrtskreises. Das grauenhafte Ergebnis dieser Trennung von Tätigkeit und l/irkung war die Vernidrtung
von Millionen mensdrlicher Lebewesen während des Nazi-Regimes in
Deutschland; die Mörder vom Eidrmann-Typ erklärten side für nicht
schuldig, weil sie
"ihre Arbeit verridrteten.. und mit dem Endzweck
nicl-rts zu tun hätten.
Alle Versucle, unseren erhisdren Kodex unserer Situation im tedrnischen Zeitalter anzugleichen, sind fehlgeschlagen. Die Repräsentanren
der überlieferten Ethik, die drristlidren Kirchen, haben keinen Ausweg
gefunden, soweit mir ersidrtlidr ist. Die kommunistisdren Sraaten
haben den Gedanken eines ethisdren Kodex, der für jedes menscllidre
\7esen Gültigheit hat, einfadr aufgegeben und ihn durdr den Grundsatz ersetzt, daß die Gesetze des Staates den moralisdren Kodex darstellen.
Ein Optimist kann hoffen, daß aus diesem Dsdrungel eine neue Ethik
erstehen wird, und zwar redtzeitig, um einen Krieg mit Kernwaffen
und eine allgemeine Vernid-rtung zu verhüten. Dem steht die Möglidrkeit gegenüber, daß es gerade wegen der Arr der naturwissensdraft-
lidren Revolution im mensdrlidren Denken keine Lösung dieses Problems gibt.
Idr habe darüber im einzelnen gesdrrieben und kann hier nur die
Hauptpunkte andeuten (siehe "Sy6$ol und Virkliclkeit",
'IJniversitas< XIX, August 1964, S. 817. Eine engliscle übersetzung findet
sidr in meinem Buch
"Natural Philosophy of Cause and Chanceo, neue
amerikanisdre Ausgabe, Dover Publications 1965, Anhang). Das
durchsdrnittlidre mensd-rlicfie \flesen ist ein naiver Realist, das heißt,
er nimmt wie die Tiere seine sinnlidren Eindrücke als unmittelbare
Information über die \Tirlilidrkeit, und er ist überzeugt, daß alle
mit ihm teilen. Es ist ihm nidrr
menscihlichen \7esen diese Information
r82
klar, daß es keinen \7eg gibt, festzustellen, ob der Eindrudr eines
Individuums, beispielsweise von einem grünen Baum, und der eines
anderen von diesem Baum der gleidre ist, und daß selbst das \fort
,gleich" hier keinen Sinn hat. Einzelne Sinneswahrnehmungen haben
keine objektive, das heißt mitteilbare und beweisbare Bedeutung. Das
I7esen der Naturwissensdraft ist die Entdedrung, daß Beziehungen
zwisdren zwei oder mehr Sinneseindrüclen, besonders Feststeilungen
der Gleichheit, durdr verschiedene Individuen mitgeteilt und kontrolliert werden können. \(enn die Einsdrränkung, ausschließlidr solche
Feststellungen zu verwenden, angenommen wird, erhält man ein
objektives, wenn aucJl farbloses und kaltes Bild der V/elt. Dies ist die
kennzeiclnende Methode der Naturwissensdraft. Sie wurde langsam in
der sogenannten klassisdren Periode der Physik (vor 1900) entwickelt
und erhielt eine dominierende Stellung in der modernen Atonrphysik.
Sie hat zu einer enormen Erweiterung des Florizonts unseres S7issens
im Makrokosmos sowohl wie im Mikrokosmos und zu einem riesigen
Zuwachs an Maclt über die Naturkräfte geführt. Dodr dieser Gewinn
wird mit einem bitteren Verlust bezahlt. Die wissensdraftlidre Haltung ist geeignet, Zwelfel und Skeptizismus zu erzeugen gegenüber
überlieferter unwissensdraftlidrer Erkenntnis und sogar gegenüber
natürlidren, unverfälschten Handlungsweisen, von denen die menschliche Gesellschaft abhängt.
Niemand hat bis jetzt ein Mittel erfunden, um die Gesellsdraft ohne
überlieferte ethisdre Prinzipien zusammenzuhalten oder um diese durdr
die in der Naturwissensclaft angewendeten rationalen Methoden
abzuleiten.
Die Naturforsdrer selbst sind eine unansehnliche Minderheit; doch
die eindrud<svollen Erfolge der Technik verleihen ihnen eine entsdreidende Stellung in der Gesellsdraft. Sie sind sich einer höheren
objektiven Gewißheit bewußt, die durch ihre Denkweise erreiclbar
ist, aber sie sehen ihre Grenzen nidrt. Ihre politischen und sittlidren
Urteile sind daher oft primitiv und gefährlidr.
Die nidrt naturwissensdraftliche Denkweise hängt natürlich ebenfalls
von einer gebildeten Minderheit ab, nämlich den Juristen, Theologen,
Historikern und Philosophen, die infolge der Begrenzung ihrer Ausbildung nidrt imstande sind, die gewaltigsten sozialen Kräfte unserer
Zert zu verstehen. Somit ist die zivilisierte Gesellschaft in zwei Gruppen aufgespalten, wovon die eine durch die überlieferten humanistisdren Ideen, die andere durdl naturwissenschaftlidre geleitet ist. Diese
183
in jüngerer Zeir von vielen hervorragenden Denkern diskutiert worden, zum Beispiel C. P. Snow (Science and Government,
Sachlage ist
Oxford University Press, 1961).
Sie betrad-rten dies allgemein als einen
Punkt unserer sozialen Einrichtungen, glauben aber, daß
durch eine ridrtig ausgeglichene Bildung Abhilfe gesdraffen werden
schwac.hen
könne.
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Vorschläge für eine Verbesserung unserer Bildungseinrichtungen in
dieser Richrung sind zahlreich, doch bisher unwirksam. Meine persönliche Erfahrung geht dahin, daß sehr viele Naturwissenschaftler und
Ingenieure durchaus gebildet sind, sie sind nicht ohne Kenntnisse in
Literatur, Geschichte und anderen humanistischen Dingen, sie lieben
Kunst und Musik, sie malen sogar oder spielen ein Instrument; auf der
anderen Seite ist die Unkenntnis und sogar Verachtung der Naturwissensdraft erstaunlidr, wie sie von Leuten mit humanistischer Bildung an den Tag gelegt wird. Ich kann midr selbst als Beispiel anbieten. Ich kenne und genieße eine ganze Menge deutsdrer und englischer
Prosa und Poesie und habe sogar den Versuch gen.racht, einen volkstümlichen deutschen Dichter ins Englisdre zu übersetzen (\flilhelm
Busch: Kle&sel the Painter. New York: Frederidr Ungar, 1965). IcIr
bin auc} rnit anderen europäisdren Sclriftstellern vertraut: Franzosen,
Italienern, Russen usw. Ich liebe Musik und spielte in meinen jüngeren
Jahren hinreidrend gut Klavier, um bei Kammermusik mitzuwirken
oder mit einem Freund zusammen einfache Konzerte an zwei Klavieren zu spielen, gelegentlich sogar mit einem Ordrester. Ich las und
lese Bücher über Geschichte und über unsere gegenwärtige soziale,
wirtschaftlidre und politische Lage. Ich versuche, durch das Schreiben
von Artikeln und Vorträge im Rundfunk die politiscle Meinung zu
beeinflussen. Viele meiner Kollegen teilen diese Interessen und Betätigungen - Einstein war ein guter Violinspieler; Planik und Sommerfeld waren ausgezeichnete Klavierspieler; ebenso Fleisenberg und viele
andere.
'S(as die Philosophie betrifft, so ist jeder moderne Naturforscher,
besonders jeder theoretisdre Physiker, sidr zutiefst der Tatsadre
bewußt, daß seine Arbeit eng mit dem philosophischen Denken vervroben ist und daß sie ohne eine gründliche Kenntnis der philosophisdren Literatur wenig bedeutete. Dies war ein führender Gedanke in
meinem eigenen Leben, den ich meinen Sdrülern einzuimpfen sudrte natürlich nicht um sie zu Parteigängern einer überlieferten Schule zu
machen, sondern um sie in den Stand zu setzen, Kritik zu üben sovrie
Fled<en in den Systemen herauszufinden und diese durch neue Anschauungen zu überwinden, wie Einstein uns gelehrt hat. Auf diese
Weise, so mödrte ich glauben, werden die Naturforscher nicht von der
humanistischen Denkweise ausgeschlossen'r.
Die Kehrseite der Angelegenheit scheint mir ziemlich anders auszusehen. Sehr viele der Menschen mit rein humanistischer Bildung, die
icJr getroffen habe, haben keine blasse Ahnung von wirklichem narur-
wissenschaftlichem Denken. Sie kennen zwar oft naturwissenschaftliche Tatsachen, sogar vers/ickelte Dinge, von denen ich kaum gehörr
habe, doch kennen sie nicht die Wurzeln der naturwissenschaftlichen
Methode, wovon ich weiter oben gesprochen habe; und sie sdreinen
nicht in der Lage zu sein, den Kernpunkt solcher überlegungen zu
erfassen. Es sdreint mir, daß die Befähigung zu fundamentalem narurwissenschaftlichem Denken eine Gabe ist, die nidrt gelehrt werden
kann und die auf eine kleine Minderheit beschränkt isr.
Icl bin von dem Gedanken bedrüd<t, daß dieser Bruch in der menschlichen Zivilisation, der durdr die Entdeckung der narurwissensd-raftlichen Methode verursacht wurde, nicht wieder gurzumadren ist. Obwohl ich die Naturwissensdraft liebe, habe ich das Gefühl, daß sie so
sehr gegen die geschichtliche Entwicklung und Tradition ist, daß sie
durch unsere Zivilisation nicht absorbierr werden kann. Die polirischen
und militärisdren Schredcen sowie der vollständige Zusammenbrudr
der Ethik, deren Zeuge ich während meines Lebens gewesen bin, sind
kein Symptom einer vorübergehenden sozialen Sdrwäche, sondern eine
notwendige Folge des naturwissenschafrlicl-ren Aufstiegs - der an sich
eine der größten intellektuellen Leistungen der Menschheit ist. Wenn
dem so ist, dann ist der Mensdr als freies verantwortlidres \7esen am
Ende.
Sollte die Menschenrasse nicht durch einen Krieg mit Kernwaffen ausgelöscht werden, dann wird sie zu einer Herde von stumpfen, törichten
Kreaturen degenerieren unter der Tyrannei von Diktatoren, die sie mit
Hilfe von Maschinen und elektronischen Computern beherrsdren.
Dodr in praktischen Angelegenheiten, besonders in der Politik, braucht
man Leute, welche mensdrlidre Erfahrung und Interesse an mensch{-
Man muß aber nidrt vergessen, daß gerade die Begeisterung der Naturforsdrer und Techniker für ihre Forsdrungen eine Versuchung bcdeutet, der
nur wenige widerstehen, entspredrend dem berühmt-berüdrtigten Vort von
Robert Oppenheimer: rrVas technisdr rsüßr ist, wird audr ausgeführt.n
irl'
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iichen Beziehungen mit einer Kenntnis der Naturwissensdraften und
der Technik in sich vereinigen. Außerdem müssen es Tatmenschen sein
und nicht kontemplative Charaktere. Ich habe den Eindrudr, daß keine
Bildungsmethode Mensdren mit all den erforderlichen Eigensdraften
hervorbringen kann.
Dies ist keine Prophezeiung, sondern ein Alpdruck. Obwohl idr an
der Anwendung naturwissenschaftlicl.rer Kenntnis für
zerstörerische
Zwedre wie die Herstellung der A-Bombe oder der H-Bombe nicht
teilgenommen habe, fühle ich midr verantwortlidr. \7enn meine Philosophie richtig ist, dann ist das Schidrsal der Rasse eine notwendige
Folge der Konstitution des Mensdren, einer Kreatur, in der tierisdre
Instinkte und intellektuelle Kräfte miteinander vermisclt sind.
Gleidrwohl, es mag sein, daß meine überlegungen völlig falsch sind.
IcI hoffe, daß es so ist. Eines Tages mag ein Mann ersdreinen, der
gesdridrter und klüger ist als irgend jemand in unserer Generation,
und imstande ist, die \flelt aus ihrer Sa&gasse herauszuführen.
Iöb
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