Morbus Parkinson AZILE-1860 7/2012 Wichtige Fakten und wertvolle Tipps für Betroffene und Angehörige Arztstempel Morbus Parkinson Wichtige Fakten und wertvolle Tipps für Betroffene und Angehörige www.parkinsoninfo.at www.parkinsoninfo.at Inhalt Vorwort Vorwort .......................................................................................................................... Kapitel 1 Entstehung, Ursachen, Symptome Was ist Morbus Parkinson? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung von Morbus Parkinson . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . So kommunizieren unsere Nervenzellen miteinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was passiert bei Morbus Parkinson? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursache bisher leider unbekannt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die verschiedenen Parkinson-Formen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die typischen Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 4 4 5 6 6 6 7 Kapitel 2 Diagnose Wie wird Parkinson festgestellt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Diagnose erfolgt aufgrund der Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10 Kapitel 3 Therapie Wie wird Morbus Parkinson behandelt? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die drei Säulen der Parkinson-Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Säule: Medikamentöse Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Säule der Therapie: Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Säule der Therapie: Nicht-medikamentöse Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 12 13 16 16 Liebe Betroffene! Liebe Angehörige! Liebe Interessierte! Mit dieser Broschüre möchten wir Sie informieren, was bei Morbus Parkinson im Gehirn passiert, was man heute über die Ursachen weiß, welche Symptome auftreten und welche Therapiemöglichkeiten es gibt. Die Diagnose „Parkinson“ (Fachausdruck: „Morbus Parkinson“ oder „Parkinson’sche Krankheit“) verursacht zunächst einmal einen großen Schock. Angst, Verzweiflung und die Frage „Wie geht es jetzt weiter?“ stürzen sowohl auf Betroffene als auch deren Angehörige ein. Doch eines sei vorweg festgehalten: Morbus Parkinson ist keine lebensbedrohliche Erkrankung! Auch die Lebenserwartung wird heute dank der zur Verfügung stehenden Medikamente kaum beeinflusst. Allerdings ist trotz der guten Therapiemöglichkeiten eine Heilung nicht möglich. Die Beschwerden können jedoch so weit gemildert werden, dass die Lebensqualität und Lebensführung nur wenig beeinträchtigt wird. Zudem können Betroffene selbst einiges tun, um den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Auch dazu erhalten Sie in dieser Broschüre einige Tipps. Wichtig ist der Austausch mit anderen: Sie müssen sich mit der Diagnose Parkinson nicht verstecken! Bleiben Sie nicht mit sich allein, nehmen Sie Unterstützung an! Außerdem sollten Sie sich nicht scheuen, Fragen, die bei Ihnen auftauchen, mit Ihrem behandelnden Facharzt für Neurologie zu besprechen. Je mehr Sie über Morbus Parkinson wissen, umso besser können Sie Ihre Zukunft mit der Erkrankung selbst gestalten! Wir hoffen, dass wir Sie mit dieser Broschüre auf Ihrem neuen Weg unterstützen können! Kapitel 4 Anlaufstellen, weiterführende Infos Selbsthilfegruppen, Literaturempfehlung, Parkinson-Zentren ....................... 22 Ihr Team Impressum: Herausgeber: Lundbeck Austria GmbH, Dresdner Straße 82, A-1200 Wien. Konzeption und Text: Mag. Nicole Gerfertz. Titelgestaltung und Layout: Roberto Grill. Fotos: Lundbeck, Colourbox, istockphoto. Ärztlicher Beirat: Prim. Dr. Dieter Volc. Aufgrund der besseren Lesbarkeit treten geschlechtsspezifische Bezeichnungen nur in einer Form auf, sind jedoch uneingeschränkt auf beide Geschlechter bezogen. Diese Informationsbroschüre ist auf dem aktuellen wissenschaftlichen Stand von Juli 2012. Es kann gleichwohl keine Gewähr auf Vollständigkeit übernommen werden. Bei medizinischen Fragen wenden Sie sich bitte an Ihren Arzt. Jegliche Haftungsansprüche der Fa. Lundbeck Austria GmbH sind ausgeschlossen. Die Broschüre oder deren Auszüge dürfen nur mit schriftlicher Einwilligung der Fa. Lundbeck Austria GmbH reproduziert werden. Alle Rechte vorbehalten. 2 3 Entstehung, Ursachen, Symptome Entstehung von Morbus Parkinson beweglich Die Nervenzellen senden einander Nachrichten mittels elektrischer Signale. Da sich an den Kontaktstellen der Nervenzellen (Synapsen) ein Spalt befindet, über den hinweg das Signal übermittelt werden muss, werden dafür Neurotransmitter freigesetzt. Diese bestimmten chemischen Botenstoffe befinden sich in den Nervenenden und können den Spalt zur anderen Nervenzelle überqueren und dort an spezifische Empfänger ankoppeln. In der „schwarzen Substanz“ kommen vor allem drei Botenstoffe zum Einsatz: Dopamin, Acetylcholin und Glutamat. Bewegung Darstellung des Gewichts der Botenstoffe im Gehirn Acetylcholin beweglich Um unsere verschiedenen Bewegungsabläufe zu koordinieren und ohne Unterbrechung flüssig durchführen zu können, benötigen wir in unserem Gehirn ein Gleichgewicht dieser drei Botenstoffe: Dopamin auf der einen Seite und Acetylcholin und Glutamat auf der anderen. Ist dieses Gleichgewicht vorhanden, laufen unsere Bewegungen normal ab. Gibt es von einem Botenstoff jedoch zu viel, ist der Bewegungsablauf gestört. Genau dies ist bei Morbus Parkinson der Fall. erbeweglich 4 So kommunizieren unsere Nervenzellen miteinander üb Wie bereits erwähnt hat Parkinson mit unseren Nervenzellen zu tun. Die Erkrankung wird hervorgerufen durch Veränderungen in einem bestimmten Teil unseres Gehirns, nämlich in jenem, der an der Steuerung und Kontrolle fließender Bewegungsabläufe beteiligt ist. In dieser Region befindet sich eine Ansammlung von Nervenzellen, die schwarz gefärbt sind, daher wird sie „schwarze Substanz“ (med. Fachausdruck: Substantia nigra) genannt. Ebenso wie bei den anderen Milliarden Nervenzellen des Gehirns gehört es zu ihren Aufgaben, Informationen weiter zu leiten. Durch eine falsche Faltung von Eiweißen in Acetylcholin erbeweglich 1817 beschrieb der britische Arzt James Parkinson zum ersten Mal die Symptome des Morbus Parkinson. Damals nannte er sie „Schüttellähmung“ – mit einer tatsächlichen Lähmung hat die Erkrankung allerdings nichts zu tun. Seit 1884 trägt sie den Namen ihres Entdeckers: Parkinson-Krankheit. Morbus Parkinson gehört zu den neurologischen Erkrankungen, d.h. sie betrifft das Nervensystem und äußert sich in einer Bewegungsstörung. Morbus Parkinson ist keine seltene Krankheit, in Österreich sind circa 20.000 Menschen davon betroffen. Die Häufigkeit der Erkrankung nimmt mit dem Alter zu, der überwiegende Teil der Patienten erkrankt zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr. Frauen und Männer sind ungefähr gleich häufig betroffen. Zum Glück sind leichte Verlaufsformen häufiger als schwere. Doch obwohl Morbus Parkinson mittlerweile zu den am besten behandelbaren neurologischen Krankheiten gehört, wird die Erkrankung oftmals erst Jahre nach den ersten Symptomen diagnostiziert. Noch immer lebt etwa die Hälfte der Betroffenen mit Parkinson, ohne dass die Erkrankung bei ihnen erkannt wurde! Dies liegt daran, dass die frühen Anzeichen – dazu gehören beispielsweise Müdigkeit, Kopfschmerzen und Verspannung – sehr unspezifisch sind und häufig nicht als Parkinson-Beschwerden erkannt werden. Dabei ist der Zelle (Alpha-Synuclein) kommt es zur Verklumpung. Die dadurch entstehenden LewyKörperchen (charakteristische Strukturen im Gehirngewebe) sind typisch für Parkinson. üb eine frühzeitige Diagnose und Therapie sehr wichtig, damit die Symptome gelindert und der Krankheitsverlauf verlangsamt werden kann. Es hat sich gezeigt, dass eine Verminderung der Geruchserkennung, der Farbunterscheidung, Neigung zu Stuhlverstopfung und eine plötzliche Depression den Bewegungsstörungen lange vorausgehen können. Zudem tritt eine spezifische Schlafstörung gehäuft Jahre vorher auf. Träume werden komplex ausgelebt, die Betroffenen reden laut und zusammenhängend, singen und führen Handlungen aus. Weckt man sie, so korrelieren die Tätigkeiten mit den Trauminhalten. we un b e gli c h Was ist Morbus Parkinson? we un b e gli c h Kapitel 1 Bewegung Darstellung des Ungleichgewichts der Botenstoffe im Gehirn von Menschen mit Parkinson 5 Kapitel 1 Entstehung, Ursachen, Symptome Was passiert bei Morbus Parkinson? laufsformen auf, bei denen die Betroffenen über mehrere Jahre nur mit gering ausgeprägten Symptomen konfrontiert werden. Eine entsprechende Lebensführung mit Krankengymnastik, Sprachtherapie und psychologischen Therapieverfahren kann – neben einer medikamentösen Therapie – die Leistungsfähigkeit, Beweglichkeit und Selbständigkeit lange bewahren helfen. Doch wie kommt es zu diesem Ungleichgewicht? Bei den Parkinson-Betroffenen bilden sich jene Nervenzellen (Neuronen), die Dopamin produzieren, zurück. Über Jahre hindurch entsteht so ein Dopaminmangel – und besagtes Ungleichgewicht zu den anderen Botenstoffen. Die Folge: Die Beweglichkeit des Betroffenen wird mehr und mehr beeinträchtigt. Aufgrund dieses „Absterbens“ von Nervenzellen wird Morbus Parkinson auch als „neurodegenerative Erkrankung“ eingestuft. Dabei zeigt sich unser Gehirn erstaunlich anpassungsfähig: Erst wenn schon etwa 50% der Dopamin-ausschüttenden Neuronen abgestorben sind, kommt es zu den ersten Parkinson-Anzeichen. Die verschiedenen ParkinsonFormen Eine Parkinson-Erkrankung ohne erkennbare Ursache (wie bisher beschrieben) wird als idiopathischer Parkinson oder primärer Parkinson bezeichnet. Daneben gibt es folgende Sonderformen: Parkinson-Syndrome, bei denen die Ursache der Krankheitsentstehung bekannt ist, werden sekundärer Parkinson oder symptomatisches Parkinson-Syndrom genannt. Hierzu gehört zum Beispiel eine ParkinsonErkrankung nach einem schweren Schädelhirntrauma durch einen Unfall, aber auch durch Vergiftungen z. B. mit Mangan oder Kohlenmonoxid. Weiters können ParkinsonSyndrome durch Durchblutungsstörungen, Hirntumore oder Blutungen in den entsprechenden Hirnbereichen ausgelöst werden. Auch die Einnahme einiger Arzneimittel kann Parkinson-Symptome verursachen, dies nennt man den pharmakogenen Parkinson. Ursache bisher leider unbekannt Wieso es zu der Rückbildung der Dopamin produzierenden Nervenzellen kommt, ist bislang leider nicht bekannt. Experten gehen davon aus, dass genetische, d.h. erblich bedingte Faktoren eine Rolle spielen. Denn bestimmte Parkinson-Formen werden in Familien gehäuft beobachtet. Andererseits gibt es aber auch Familien, in denen nur ein Mitglied von Parkinson betroffen ist. Auch der Verlauf der Erkrankung ist schwer vorhersehbar. Großteils treten leichtere Ver- 6 Berühmte Parkinson-Betroffene Theodor Roosevelt, 26. Präsident der Vereinigten Staaten, 1858-1919 Mao Tse-tung, Staatspräsident der Volksrepublik China, 1893-1976 Salvador Dali, spanischer Maler, Hauptvertreter des Surrealismus, 1904-1989 Leonid Breschnev, Staats- und Regierungschef der Sowjetunion, 1906-1982 Johannes Paul II., Papst der römisch-katholischen Kirche, 1920-2005 Johnny Cash, US-amerikanischer Country-Sänger, 1932-2003 Alois Mock, Vizekanzler der Republik Österreich, geb. 1934 Ottfried Fischer, deutscher Schauspieler und Kabarettist, geb. 1951 Muhammed Ali, Schwergewichtsboxer, geb. 1942 Michael J. Fox, US-amerikanischer Film- und Fernsehschauspieler, geb. 1961 Zittern (Tremor) Zu den auslösenden Substanzen gehören vor allem Neuroleptika sowie manche CalciumAntagonisten, da diese Substanzen die Dopaminübertragung blockieren. Die so ausgelösten Parkinson-Anzeichen sind oft, aber nicht immer reversibel, d.h. sie verschwinden nach Absetzen der betreffenden Substanz wieder. Auch viele in der Öffentlichkeit stehende Personen leiden bzw. litten an der Erkrankung Parkinson. Einigen von diesen haben wir es zu verdanken, dass es heute mehr Aufklärung über die Erkrankung und mehr Verständnis für die Erkrankten gibt. Etwa zwei Drittel der Parkinson-Patienten entwickeln einen Tremor: Typisch ist vor allem das einseitige Zittern der Hände, die Füße sind seltener betroffen. Es handelt sich dabei um „Ruhezittern“, d.h. das Zittern tritt dann auf, wenn sich der betreffende Körperteil in Ruheposition befindet, also beispielsweise wenn die Hände im Schoß liegen. Wird der Körperteil in Bewegung versetzt, verschwindet das Zittern normalerweise. Ausnahme ist der Haltetremor, der allerdings nur selten zusätzlich vorliegt. Die Frequenz ist mit 3-5 Hz eher langsam. Emotionale Anspannung wie Ärger, aber auch Freude verstärken den Tremor. Ebenfalls schlimmer wird er, wenn der Betroffene sich beobachtet fühlt. Im Schlaf tritt er nicht auf. Die typischen Symptome Morbus Parkinson ist an verschiedenen Bewegungsstörungen erkennbar. Welche Symptome genau auftreten und wie stark diese ausgeprägt sind, ist individuell verschieden. 7 Kapitel 1 Entstehung, Ursachen, Symptome Bewegungsverarmung (Hypokinese) und -Verlangsamung (Bradykinese) Muskelsteifheit (Rigor) Viele Parkinson-Betroffene fühlen sich wie gefesselt: Sie leiden unter einem Gefühl der Steifheit, Erstarrtheit oder Schwere in den Armen und Beinen. Um Bewegungen ausführen zu können, müssen sie den Widerstand der angespannten Muskulatur überwinden. Das Zahnradphänomen tritt auf: Die Bewegungen erfolgen ruckartig. Wird beispielsweise der gebeugte Arm durch eine andere Person gestreckt, kommt es zu einer ruckartigen Lösung der Beugespannung. Schmerzmittel zeigen gegen die Muskelverspannungen kaum Wirkung, Parkinson-Medikamente bringen hingegen rasch Linderung. Die Verlangsamung aller Bewegungen ist wohl das wichtigste Merkmal der Parkinson-Erkrankung. Für die Diagnose muss dieses Symptom bestehen plus eines der folgenden Symptome wie beispielsweise Muskelsteifheit. Das Aufstehen von einem Stuhl, das Gehen, das Schreiben und andere Bewegungsabläufe fallen zunehmend schwerer. Erkennbar wird die Bewegungsverarmung auch am Schriftbild: Dieses wird zunehmend kleiner (Mikrographie). Selbst Zähneputzen und andere ganz alltägliche Bewegungsprozesse erscheinen merkwürdig gehemmt und laufen nicht mehr flüssig ab. Beim Gehen schwingt der Arm auf der betroffenen Seite nicht mit. gefahr nimmt dadurch zu. Die eingeschränkte Beweglichkeit führt mit der Zeit zu einer nach vorne gebeugten Körperhaltung. Die Arme schwingen beim Gehen nicht mehr mit, sondern hängen leicht abgewinkelt neben dem Körper, der Blick ist zu Boden gerichtet. Des Weiteren kann es im Spätstadium zum „Freezing“ kommen: Die Füße scheinen auf einmal mitten in der Bewegung am Boden festzukleben, ein Weitergehen ist für einen Moment lang nicht möglich. werden. Die Folgen: Die Stimme wird leiser, die Sprachmelodie eintöniger. Auch die Mimik erscheint zunehmend starr, Gesten werden ebenfalls weniger. Fragen Sie Ihren Arzt! Das Wichtigste ist, dass Sie alle bei Ihnen auftretenden Symptome mit Ihrem Arzt besprechen! Denn gemeinsam können Sie mögliche Gegenstrategien besprechen und die Krankheit besser in Schach halten. Hier einige Vorschläge für Fragen an Ihren Arzt bezüglich der Symptome: • Mit welchen Symptomen muss ich rechnen? Was kann ich dagegen tun? • Wie stark können die jeweiligen Symptome werden? • Hat jeder Patient die gleichen Symptome? • Was können Sie mir über den weiteren Verlauf der Erkrankung bei mir sagen? • Was kann ich tun, wenn ich merke, dass ich meinen Urin nicht mehr halten kann? • Werde ich irgendwann eine Gehhilfe, einen Rollator oder Rollstuhl benötigen? Was kann ich tun, um meine Gehfähigkeit so lange wie möglich zu erhalten? • Wie lange kann ich noch selber Auto fahren? Wann sollte ich meine Fahrtauglichkeit checken lassen? • Werde ich irgendwann ein Pflegefall? Die eingeschränkte Beweglichkeit führt zu einer nach vorne gebeugten Körperhaltung, wobei Arme gerade oder leicht abgewinkelt heranhängen und der Blick zu Boden gerichtet ist. Wird der gebeugte Arm durch eine andere Person gestreckt, kommt es zur ruckartigen Lösung der Beugespannung (Zahnradphänomen). Gang- und Haltungsstörungen Diese treten zumeist erst in einem fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung auf. Es kommt zu Schwierigkeiten beim Losgehen (Starthemmung) sowie Unsicherheit beim Gehen oder Umdrehen. Die Bewegungsbalance fällt zunehmend schwerer, die Sturz- Akinese: Viele Betroffene fühlen sich wie gefesselt. 8 Weitere mögliche Symptome Zudem können auftreten: Kreislaufstörungen mit Blutdruckabfall im Stehen, Verdauungsstörungen, Funktionsstörungen beim Wasserlassen oder bei der Sexualität, eine vermehrte Talgproduktion der Haut sowie psychische Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen oder depressive Verstimmung. Bei fortschreitender Erkrankung kann die Muskulatur, die beim Sprechen und Schlucken benötigt wird, ebenfalls beeinträchtigt 9 Kapitel 2 Diagnose Wie wird Parkinson festgestellt? Emissions-Computertomographie), der Positronen-Emissionstomographie (PET), der Computertomographie (CT) oder der Magnetresonanztomographie (MRT) Klarheit gewonnen werden. Auch eine Unterschalluntersuchung kann durchgeführt werden. Morbus Parkinson entwickelt sich schleichend. Von Jahr zu Jahr sterben mehr Nervenzellen im Gehirn ab. Wie bereits erwähnt, zeigen sich die ersten Folgen davon erst, wenn bereits rund die Hälfte der Neuronen verloren sind. Fehldiagnosen wie Rheuma oder Depression sind nicht selten, da die Anfangssymptome sehr unspezifisch sind. Fragen Sie Ihren Arzt! Der Verdacht auf Parkinson und selbstverständlich auch die endgültige Diagnose können Angst machen und verunsichern. Zögern Sie nicht, Ihre Fragen mit Ihrem Arzt zu besprechen. Denn so werden Sie die Erkrankung leichter akzeptieren und Ihre Situation dadurch positiver gestalten können. Diagnose erfolgt aufgrund der Symptome Noch immer gibt es kein konkretes Hilfsmittel wie einen Labor- oder Bluttest, um Morbus Parkinson zu diagnostizieren. Der Arzt ist auf das angewiesen, was ihm der Patient berichtet: Welche Beschwerden treten wann auf? Was beobachtet der Betroffene sonst noch an sich? Gab es Parkinson-Fälle in der Familie? Zudem kann der „L-Dopa-Test“ durchgeführt werden: Ein Patient, bei dem Verdacht auf Morbus Parkinson besteht, erhält das Medikament L-Dopa. Verschwinden die Symptome daraufhin rasch und deutlich, dient dies als Bestätigung, dass es sich tatsächlich um Morbus Parkinson handelt. Ist eine eindeutige Diagnose aufgrund der Symptome nur schwer möglich – dies kann vor allem zu Beginn der Erkrankung der Fall sein – können mit den Methoden der SPECT-Bildgebung (Single-Photonen- Hier einige Vorschläge für Fragen an Ihren Arzt bezüglich der Diagnose: • Wie sicher ist Ihre Diagnose? • Welche Verfahren können eingesetzt werden, um ganz sicher zu gehen? • Was genau passiert beim SPECT/PET/CT/ MRT? 10 Mögliche erste Anzeichen einer Parkinson-Erkrankung • Geruchsunterscheidung fällt schwerer • Stuhlverstopfung • Farbunterscheidung schwierig • Ausgelebte Trauminhalte • Allgemeiner Leistungsverlust • Verminderter Antrieb • Verlangsamung der Bewegungen • Vermindertes Mitschwingen des Armes beim Gehen auf der betroffenen Seite • Nachziehen eines Beines • Niedergeschlagenheit, depressive Verstimmungen • Verkleinerung des Schriftbildes • Beginnende Starrheit in der Mimik Sollten Sie einige dieser Symptome bei sich oder einem Angehörigen beobachten, suchen Sie einen Facharzt für Neurologie auf! Er kann die Diagnose stellen und die entsprechende Therapie einleiten. Je früher mit der Parkinsonbehandlung begonnen wird, desto mehr Chancen bestehen, dass Nervenzellen gerettet werden können und rechtzeitig die richtige Behandlung eingeleitet wird. 11 Kapitel 3 Therapie Wie wird Morbus Parkinson behandelt? chen vielen Patienten weiterhin ein selbstbestimmtes Leben. Ihr Arzt wird gemeinsam mit Ihnen entscheiden, welche medikamentöse Therapie und welche nicht-medikamentösen Behandlungen (z.B. Physiotherapie) für Sie die richtigen sind. Wie bereits erwähnt kann Morbus Parkinson nicht geheilt werden. Doch entsprechende Medikamente sowie begleitende nichtmedikamentöse Maßnahmen können die Symptome der Erkrankung lindern und so Lebensqualität bewahren. Dies ist vor allem dem großen Fortschritt bei den medikamentösen Wirkstoffen in den letzten 50 Jahren zu verdanken. Vor allem Medikamente, die den Dopamin-Mangel ausgleichen, ermögli- Ziele der Morbus Parkinson-Behandlung: • optimale Linderung der Symptome • möglichst wenige Nebenwirkungen • günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufs • Verbesserung Ihrer Lebensqualität Die drei Säulen der Parkinson-Therapie Medikamentöse Behandlung Medikamente kommen abhängig von Symptomen bzw. Schweregrad der Erkrankung zum Einsatz. Sie werden individuell für den jeweiligen Betroffenen vom Arzt „maßgeschneidert“. Operationen Seit über 20 Jahren werden neurochirurgische Operationen erfolgreich bei allen Morbus ParkinsonFormen durchgeführt (Tiefe Hirnstimulation). Außerdem gibt es Pumpensysteme, die die Medikamente direkt zu den Aufnahmestellen im Dünndarm oder unter die Haut bringen. 12 Nicht-medikamentöse Therapie/ Ergänzende Therapien Physiotherapie, Krankengymnastik, Ergotherapie, physikalische Therapie (Bäder, Massagen, Packungen etc.), Logopädie, Ernährungsberatung, Psychotherapie, Betroffenen- und Angehörigenschulung, Selbsthilfegruppen. 1. Säule der Therapie: Medikamentöse Therapie Folgende Wirkstoffe stehen für die Parkinson-Behandlung zur Verfügung: Damit die angeführten Ziele erreicht werden, stehen verschiedene Arzneimittel zur Verfügung. Diese stellen derzeit die wichtigste Säule in der Parkinson-Behandlung dar. Ihr Arzt wird Ihnen jenes Medikament verordnen, dass individuell für Sie am besten geeignet ist. Dabei spielen folgende Faktoren eine Rolle: • Alter zum Beginn der Erkrankung • Hauptsymptome, Schwere der Symptome • Persönliche Umstände • Individuelle Anforderungen • Begleiterkrankungen • Therapieverträglichkeit L-Dopa L-Dopa (Kurzform für „Levodopa“) ist eine Vorläufersubstanz von Dopamin, die im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird. L-DopaMedikamente erreichen eine deutliche Linderung der meisten Parkinson-Symptome. Die Dosis sollte so hoch wie nötig, aber auch so niedrig wie möglich festgelegt werden, auf eine gleichmäßige Stimulation durch regelmäßige und zeitgerechte Einnahme ist zu achten. Nach mehreren Jahren einer sehr wirksamen L-Dopa-Therapie kann es jedoch – vor allem bei jüngeren Patienten – zu „Wirkungsfluktuationen“ kommen: Die gleiche Dosis erzielt dann eine geringere Wirkung als zuvor, wodurch die Symptome (Verlust der Beweglichkeit etc.) deutlicher hervor treten. Aus diesem Grund wird empfohlen, mit der L-Dopa Therapie so spät wie möglich zu beginnen. Unter diesen Umständen ist eine Kombinationstherapie mit einem anderen Medikament empfehlenswert. Auch die Dosis variiert von Patient zu Patient, da jeder Mensch unterschiedlich auf Medikamente reagiert, so dass hier ein wenig Geduld erforderlich ist. Oftmals wird eine Kombinationstherapie mit mehreren Antiparkinson-Medikamenten eingesetzt. Hinweis: Nach etwa 5-10 Jahren kann es zu einem Verlust der Wirksamkeit des verwendeten Antiparkinson-Medikamentes kommen. Im Langzeitverlauf ändert sich durch die Veränderungen im Gehirn das Ansprechen auf die Medikamente. Es ist besonders wichtig, die richtigen Mengen, Zeitabstände der Einnahme und Kombinationen herauszufinden. 13 Kapitel 3 Therapie Dopamin-Agonisten Unter Dopamin-Agonisten werden eine Reihe von Substanzen zusammengefasst, die die Wirkung des Dopamins nachahmen. So kann ebenfalls der Dopaminmangel im Gehirn ausgeglichen werden. Die DopaminAgonisten wirken zumeist ähnlich gut wie L-Dopa, zeigen allerdings mehr Nebenwirkungen als diese. Sie können den Einsatz von L-Dopa oftmals um Monate bis Jahre hinauszögern. Häufig werden sie im weiteren Verlauf gemeinsam mit L-Dopa-Medikamenten eingesetzt. sam mit L-Dopa-Präparaten eingesetzt. In diesem Fall ist eine geringere L-Dopa-Dosis notwendig, als wenn diese allein eingesetzt wird. Zudem kann die gemeinsame Verabreichung Wirkungsfluktuationen vermindern. Mit der Kombinationstherapie erreicht man generell eine Zunahme der Phasen mit guter Beweglichkeit („On“-Phasen) sowie eine Abnahme der Phasen mit schlechter Beweglichkeit („Off“-Phasen). MAO-B-Hemmer eignen sich besonders für den Einsatz im Frühstadium, da es Hinweise auf Studien für eine mildere Krankheitsentwicklung gibt. MAO-B-Hemmer MAO-B (Monoaminoxidase) ist der Name eines Enzyms, das für den Abbau von Dopamin und L-Dopa zuständig ist. Da bei Morbus Parkinson ein Mangel an Dopamin vorliegt, kommen als Medikamente selektive MAOB-Hemmer zum Einsatz (z.B. Rasagilin). Dabei wird das MAO-B-Enzym gehemmt und dafür gesorgt, dass das ausgeschüttete Dopamin langsamer abgebaut wird. Zu Beginn der Erkrankung können selektive MAO-B-Hemmer als alleiniges Medikament (Monotherapie) eingesetzt werden und eine L-Dopa-Behandlung hinauszögern. MAO-BHemmer (z.B. Rasagilin) gelten als gut verträglich, eine Medikamenteneigenschaft die vor allem zu Beginn entscheidend ist. Im fortgeschrittenen Stadium, falls Wirkungsfluktuationen auftreten, werden sie gemein- COMT-Hemmer COMT ist die Abkürzung für Catechol-OMethyl-Transferase, ebenfalls ein Enzym. Es ist im Körper gleichfalls zuständig für den Abbau von Dopamin. COMT-Hemmer (Entacapon) hemmen diesen Prozess. COMTHemmer kommen vor allem bei Patienten mit fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung zum Einsatz, die häufig Wirkfluktuationen haben (On/Off-Phänomen). Glutamat-Antagonisten Wie bereits erläutert besteht bei Parkinson durch den Dopaminmangel ein Zuviel der anderen Botenstoffe Acetylcholin und Glutamat. Glutamat-Antagonisten (z.B. Amantadin und Budipin) erreichen, dass die Wirkung von Glutamat im Gehirn verringert wird. Glutamat-Antagonisten wirken schwächer 14 als L-Dopa und kommen daher zumeist nur bei der Behandlung leichterer ParkinsonErkrankungen oder in Kombination mit L-Dopa, wenn Wirkungsfluktuationen auftreten, zum Einsatz. Anticholinergika Diese Wirkstoffe (z.B. Bornaprin) setzen beim Acetylcholin an: Sie dämpfen dessen Aktivität im Gehirn. Aufgrund ihrer Nebenwirkungen (u.a. Mundtrockenheit, Verwirrtheit, Verschwommenes Sehen, Blasenentleerungsstörungen und Verdauungsprobleme) werden Anticholinergika nur sehr vorsichtig eingesetzt. Tipps zur medikamentösen Parkinson-Therapie Alle Antiparkinson-Medikamente (außer L-Dopa) sollten Sie zu den Mahlzeiten bzw. kurz danach einnehmen, da sie dann besser vertragen werden. Nehmen Sie L-Dopa circa eine halbe Stunde vor oder eine Stunde nach dem Essen ein. Denn wird L-Dopa gemeinsam mit eiweißhaltiger Nahrung eingenommen, kann dies die Aufnahme des Medikaments über den Dünndarm verzögern. Aber auch die Passage durch den Magen ist schneller, wenn der Magen noch leer ist. Halten Sie bei der Einnahme Ihrer Medikamente das vom Arzt vorgegebene Einnahmeschema ein. So wird eine konstante Wirkung gewährleistet. Wenn Sie neben den Antiparkinson-Medikamenten noch andere Medikamente einnehmen, sollten Sie dies unbedingt mit Ihrem Arzt besprechen, damit dieser die MedikamentenEinnahme aufeinander abstimmen kann. Bei Mundtrockenheit als Nebenwirkung der Parkinson-Medikamente kann KaugummiKauen helfen. Manche Parkinson-Medikamente führen zu einer Erhöhung des Augeninnendrucks. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Augenarzt sind daher notwendig. 15 Kapitel 3 Therapie 2. Säule der Therapie: Operationen Krankengymnastik Durch gezielte Krankengymnastik soll Beweglichkeit erhalten werden, gleichzeitig soll der Entwicklung von Fehlhaltungen vorgebeugt werden. Da jeder Parkinson-Betroffene körperlich anders beschaffen ist, sind die Übungen individuell festzulegen. Am besten suchen Sie sich einen Physiotherapeuten, der Erfahrung mit Parkinson-Patienten hat. Die empfohlenen Übungen sollten Sie auch zuhause regelmäßig durchführen. Die fachliche Betreuung durch den Physiotherapeuten dient dazu, die korrekte Durchführung der Übungen zu kontrollieren und gegebenenfalls das Übungsprogramm auf den Krankheitsverlauf anzupassen. Sehr bewährt hat es sich, die Übungen stark akzentuiert und „leicht übertrieben“ durchzuführen, begleitet von lauten Kommentaren („BIG&LOUD“). Operationen sind ein Mittel der Therapie, die in einem späteren Stadium zum Einsatz kommen. Mit einem speziellen Operationsverfahren (Tiefe Hirnstimulation) können die Parkinson-Symptome gelindert werden. Die Krankheit aufhalten kann die Methode jedoch auch nicht. Um L-Dopa direkt in den Dünndarm bringen zu können, besteht die Möglichkeit, es mit einer Pumpe über eine Magensonde durch die Bauchwand direkt hineinzubringen. Eine andere Infusionsmethode erlaubt es, den Dopamin-Agonisten Apomorphin unter die Haut (subcutan) über eine Pumpe zu spritzen. 3. Säule der Therapie: Nicht-medikamentöse Therapie Tipp für mehr Bewegung Medikamente sind bei der Parkinson-Therapie sehr wichtig, für ein optimales Ergebnis sind jedoch nicht-medikamentöse Behandlungen wie z.B. Physiotherapie und psychotherapeutische Maßnahmen ebenfalls von großer Bedeutung. Viele Parkinson-Selbsthilfegruppen bieten Gymnastikkurse und ähnliches an. Fragen Sie dort nach, so kommen Sie auch in Kontakt mit Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind wie Sie. Sport Sportliche Aktivitäten, neben den gezielten Krankengymnastik-Übungen, dienen ebenfalls dazu, Beweglichkeit zu erhalten. Empfehlenswerte Sportarten sind Wandern, Nordic Walking, Radfahren, Schwimmen oder Ballspiele. So werden das Körperempfinden gestärkt, Physiotherapie Der Bereich der Physiotherapie umfasst Krankengymnastik und Sport – denn auf letzteren müssen Parkinson-Betroffene nicht verzichten, im Gegenteil! – sowie Logopädie und Ergotherapie. 16 Fehlhaltungen vorgebeugt sowie die Beweglichkeit und das allgemeine Wohlbefinden positiv beeinflusst. Suchen Sie sich die Sportarten aus, die Ihnen Spaß machen! Bei Mannschaftssportarten oder Gruppenaktivitäten sollten Sie die anderen Teilnehmer über Ihre Erkrankung informieren, damit diese bei eventuell auftretenden Problemen angemessen reagieren können. Ungeeignet sind Sportarten, die mit sehr raschen Sprints verbunden sind. nur die Regelmäßigkeit führt zum gewünschten Erfolg. Logopädie Auch die Muskulatur im Brust-, Kehlkopf- sowie Mundbereich wird durch Morbus Parkinson beeinträchtigt. Probleme beim Sprechen sind eine mögliche Folge und äußern sich vor allem in der Lautstärke, der Aussprache, dem Klang der Stimme sowie der Sprachmelodie. Mit speziellen logopädischen Übungen können diese Auswirkungen von Parkinson auf die Sprache gelindert werden. Auch Schluckstörungen können logopädisch behandelt werden. Ebenso wie bei der Krankengymnastik müssen die logopädischen Übungen auch allein zuhause ausgeführt werden, um die erwünschte Wirkung zu erzielen. Erkundigen Sie sich auch nach LSVT (Lee Silverman Voice Treatment), eine spezielle Form des Stimmtrainings. Tipp: Gratis Entspannungsübung! Besuchen Sie die Homepage der Innenwelt - eine Initiative für seelische Gesundheit und Lebensqualität - unter http://www.innenwelt.at/progressivemuskelentspannung-nach-jacobson können Sie kostenlos die etablierte progressive Muskelentspannung nach Jacobson anhören und nachlesen. Ergotherapie Bestimmte Bewegungsabläufe des täglichen Lebens wie das Aufdrehen einer Flasche, das Zuknöpfen oder das Benutzen von Besteck werden im Verlauf einer ParkinsonErkrankung für viele Betroffene zunehmend schwierig. Damit die motorischen Fähigkeiten so lange wie möglich erhalten bleiben, kommen ergotherapeutische Übungen zum Einsatz. Dabei wird, wenn notwendig, auch der Einsatz von speziellen Hilfsmitteln geübt, zudem werden Hilfsanleitungen für die Adaptierung des Haushaltes gegeben. Entspannungstechniken Die Parkinson-Symptome belasten Körper und Seele. Entspannungs- und Atemübungen wie beispielsweise Autogenes Training, Yoga oder Pilates lindern die körperlichen und seelischen Anspannungen – informieren Sie sich und probieren Sie aus, was Ihnen Spaß macht. Das steigende innere Gleichgewicht beeinflusst auch das äußere sprich das körperliche Gleichgewicht. Übungen aus Tai Chi und Qi Gong bewähren sich seit Jahren in der Praxis und sind nun auch wissenschaftlich in ihrer Wirksamkeit bestätigt. Aber 17 Kapitel 3 Therapie lernt man auch neue Leute kennen, was das soziale Umfeld positiv beeinflusst. Malerei oder Töpfern sind für die Feinmotorik empfehlenswert und werden von vielen als entspannend empfunden. Schreiben (z.B. Gedichte, Kurzgeschichten etc.) kann manchen Betroffenen helfen, die neue Lebenssituation besser zu verarbeiten. Probieren Sie einfach aus, was Ihnen gefällt und wovon Sie körperlich und seelisch profitieren! Sehr viele Betroffene haben vor allem die Malerei als Ausdrucksmittel für sich gefunden. Psychotherapie Morbus Parkinson ist eine Diagnose, die auch zu psychischen Belastungen führt. Angst vor dem Verlust von Beweglichkeit und damit von Selbständigkeit sowie die Unwissenheit, wie sich die Krankheit weiter entwickeln wird, können depressive Verstimmungen verursachen. Da Körper und Seele einander beeinflussen, kann dieser psychische Druck wiederum die körperlichen Symptome verstärken. Das kann seelisch belasten. Ein Teufelskreis entsteht, den man mit Hilfe professioneller Betreuung durch Psychologen und Psychotherapeuten durchbrechen kann. Gemeinsam wird man Strategien zur Bewältigung der Krankheit erarbeiten, wodurch ebenfalls viel Lebensqualität und Lebensfreude zurück gewonnen werden kann! Fragen Sie Ihren Facharzt auch dazu, er wird Sie bei der Suche nach einer geeigneten Therapie unterstützen! Das gilt ebenso für Ihre (pflegenden und betreuenden) Partner und Angehörigen. Tipp zum Umgang mit seelischen Problemen Wenn Sie nach der Diagnose beobachten, dass Sie häufig niedergeschlagen, antriebslos und unruhig sind oder sich kaum mehr über etwas freuen können, sollten Sie mit Ihrem Arzt darüber sprechen. Eine Depression kann mit Medikamenten gut behandelt werden. Auch psychotherapeutische Maßnahmen, beispielsweise eine Gesprächstherapie, sind sinnvoll. Austausch mit anderen Betroffenen (Selbsthilfegruppen, Kontakt siehe S. 22) wird von vielen ebenfalls als hilfreich empfunden. Fragen Sie Ihren Arzt nach Anlaufstellen, Psychotherapiemöglichkeiten etc. Hinweis: Je besser die eigentliche Therapie des Morbus Parkinson funktioniert, umso weniger wird auch die seelische Verfassung beeinträchtigt! Kunsttherapie Musizieren oder Tanzen hat häufig positive Auswirkungen auf die Parkinson-Erkrankung. Die körperlichen Beschwerden können dadurch gelindert werden, zudem werden depressive Verstimmungen abgebaut. Der Rhythmus der Musik verbessert den Bewegungsablauf. Singen kann als Stimmübungen genutzt werden. Im Chor 18 • Keine späten, schweren Mahlzeiten, nur wenig Alkohol (dieser macht zwar müde, behindert aber das Durchschlafen). Tipp zum Tanzen Auch zum Thema Tanzen kann Ihnen die Selbsthilfegruppe wertvolle Informationen geben. Umgang mit Problemen der Sexualität Im Rahmen der Parkinson-Erkrankung kann es bereits im Anfangsstadium zu sexuellen Funktionsstörungen kommen. Die möglichen Folgen sind entweder eine Zunahme oder ein Nachlassen des sexuellen Verlangens, bei Männern kommt es zudem oft zu Erektionsstörungen (trotz vorhandenen sexuellen Lustempfindens wird der Penis nicht oder nicht ausreichend steif). Diese sexuellen Funktionsstörungen können eine Folge der Krankheit oder der ParkinsonMedikamente sein. In dem Fall ist es wichtig, mit Ihrem Arzt darüber zu sprechen, um eine Dosisänderung oder einen Medikamentenwechsel in Erwägung zu ziehen. Bleiben die Probleme dennoch bestehen, können Gespräche mit einem Psychologen oder Psychotherapeuten hilfreich sein. Selbstverständlich bedarf eine Erektionsstörung auch der urologischen Abklärung. Das Gespräch mit dem Partner sollten Sie auf jeden Fall suchen! Dies kann viel Druck nehmen, was einen positiven Effekt auf die Sexualität hat. (Selbsthilfegruppen, Kontakt siehe S. 22) Der Dachverband der Parkinson Selbsthilfe Österreich entwickelt dieses Programm mit der Opernballtanzschule Svabek ständig weiter, den Kontakt finden Sie unter www.svabek.at Umgang mit Schlafstörungen Über die Hälfte der Parkinson-Betroffenen leidet unter Schlafstörungen, zumeist Durchschlafstörungen, seltener Einschlafstörungen. Auch Albträume treten häufiger auf als unter Gesunden. Gerade im Frühstadium gehören Schlafprobleme zu den ersten Anzeichen des Morbus Parkinson. Manchmal sind die Schlafstörungen auch Begleiterscheinung der Parkinson-Medikamente. Wenn Sie daher zu Beginn der medikamentösen Therapie unter Schlafproblemen leiden, sollten Sie mit Ihrem Arzt darüber sprechen. Nicht-medikamentöse Maßnahmen gegen Schlafstörungen: • Auf den Mittagsschlaf bzw. generell auf ein Nickerchen untertags verzichten. • Auf eine angenehme Schlafatmosphäre achten: Möglichst kein Lärm, das Schlafzimmer sollte nicht zu heiß und nicht zu kalt sein. 19 Kapitel 3 Therapie Umgang mit Angehörigen Auch wenn natürlich in erster Linie Sie von der Erkrankung betroffen sind: Auf Ihre Angehörigen hat die Diagnose ebenfalls Auswirkungen. Je mehr Sie miteinander reden, umso besser können Sie die neuen Herausforderungen gemeinsam meistern. Tipps für eine ausgewogene Ernährung Auch Parkinson-Betroffene sollten sich ausgewogen, abwechslungsreich und mit hohem Ballaststoffanteil ernähren. Um die Gefahr von Verstopfung und Darmträgheit zu vermeiden, empfiehlt es sich, täglich auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten, 1,5-2 Liter sollten es sein. Ballaststoffe und Macrogol, ein Wasser bindendes Pulver, erleichtern den Stuhlgang. Daher sollten Ihre Angehörigen: • sich ebenfalls umfassend über Morbus Parkinson informieren, • Sie eventuell (wenn Sie das möchten) zu dem einen oder anderen Selbsthilfegruppen-Treffen begleiten, • mit Ihnen über Ihre Ängste, Befürchtungen und Hoffnungen reden, • sich selbst Freiräume bewahren bzw. schaffen und • rechtzeitig Hilfe von außen in Anspruch nehmen. • Formulieren Sie Ihre Wünsche – teilen Sie Ihrer Umgebung mit, was Sie nicht möchten. • Schaffen Sie Klarheit! Soziale Kontakte bewahren Vereinsamung ist das Letzte, was man in schwierigen Lebenssituationen gebrauchen kann. Dennoch neigen viele Menschen dazu, sich bei Problemen zurückzuziehen. Auch wenn Sie diesen Impuls in sich verspüren: Gehen Sie dagegen an! Versuchen Sie, so weit es möglich ist, Ihr Leben wie vor der Diagnose weiterzuführen. Treffen Sie Familienangehörige, Freunde und Bekannte, sprechen Sie mit diesen über Ihre Erkrankung. Kino, Theater, Feiern, gesellige Abende, Ausflüge und auch Reisen sind selbstverständlich auch mit der Diagnose Parkinson weiterhin möglich! Es gibt sogar Therapieangebote im Ausland, die Selbsthilfegruppen geben Ihnen hierzu sicher gerne Auskunft. Fragen Sie Ihren Arzt! Je besser medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien bei Morbus Parkinson ineinander greifen, umso zufriedenstellender ist das Ergebnis. Wichtig ist, dass für Sie der Therapieplan gut einhaltbar ist. Daher sollten Sie eventuelle Unklarheiten, aber auch Ihre Sorgen und Zweifel mit Ihrem Arzt besprechen. 20 Hier einige Vorschläge für Fragen an Ihren Arzt bezüglich der Therapiemöglichkeiten: • Welche Behandlungsformen sind für mich am besten geeignet, sowohl medikamentös als auch nicht-medikamentös? • Wie wirken die verschiedenen Medikamente? • Mit welchen Nebenwirkungen muss ich rechnen? • Wann sollte ich eine Verbesserung der Beschwerden bemerken? • Wie kann mir Psychotherapie helfen? • Was kann durch Physiotherapie/Ergotherapie/Logopädie erreicht werden? • Was kann ich sonst noch selbst tun, um meine Beweglichkeit so lange wie möglich zu bewahren? Tipp: Behandlung selbst dokumentieren – für eine individuell zugeschnittene Therapie! Je mehr Ihr Arzt über Sie und Ihre Symptome, Nebenwirkungen, Begleitumstände etc. weiß, umso besser kann er die Parkinson-Therapie ganz individuell für Sie festlegen. Daher: • Schreiben Sie Ihre bisherige Krankengeschichte auf, erwähnen Sie andere Erkrankungen und alle Medikamente, die Sie derzeit einnehmen. Auch Medikamente, die Sie früher eingenommen haben, können von Bedeutung sein. • Hatten Sie Kontakt mit Industriegiften (Lösungsmittel, Entfettungsmittel, Benzol, Mangan etc.) oder Insektiziden, Herbiziden, Fungiziden? • Notieren Sie circa einmal pro Woche das Ausmaß der auftretenden Symptome (Besserung? Verschlechterung? Kommen neue hinzu?) und eventuelle Nebenwirkungen. Hier einige Vorschläge für Fragen an Ihren Arzt bezüglich eventuell auftretender Alltagsprobleme: • Inwieweit soll ich meinen Arbeitgeber informieren? • Kann ich weiterhin reisen, was muss ich dabei beachten? • Welche Auswirkungen hat die Erkrankung auf meine Sexualität? Was kann ich dagegen tun? • Was kann ich gegen Schlafstörungen unternehmen? • Was soll ich bei meiner Ernährung beachten? 21 Kapitel 4 Anlaufstellen, weiterführende Infos Selbsthilfegruppen: Eine Aufstellung der Selbsthilfegruppen in Österreich erhalten Sie beim Dachverband der Parkinson Selbsthilfe Österreich: Schottenfeldgasse 45, 1070 Wien, Tel.: +43 (0)664 78 222 03, E-Mail: [email protected], Internet: www.parkinson-sh.at Literaturempfehlung: Doz. Dr. Willibald Gerschlager: „Parkinson. Ursachen, Diagnose, Verlauf und Therapie“, Verlag: Maudrich, ISBN: 9783851759075 Parkinson-Zentren: Anlaufstellen für die Behandlung der Parkinson-Krankheit sind alle niedergelassenen Fachärzte für Neurologie sowie die nachstehenden spezialisierten Zentren*: Landesklinikum Wiener Neustadt Corvinusring 3-5, 2700 Wiener Neustadt (02622) 321-2599 A.ö. KH Oberwart Dornburggasse 80, 7400 Oberwart (05) 7979-32846 LKH Graz - Univ.-Klinik. für Neurologie Auenbruggerplatz 22, 8036 Graz (0316) 385-12426 KH der Barmherzigen Brüder Graz-Eggenberg Bergstraße 27, 8020 Graz (0316)-5989-2000 Neurologisches Therapiezentrum, Kapfenberg (NTK) Anton-Buchalka-Straße 1, 8605 Kapfenberg (03862) 290-220 LKH Feldbach Ottokar-Kernstock-Straße 18, 8330 Feldbach (03152) 899-0 Klinikum-Klagenfurt am Wörthersee St. Veiter Straße 47, 9020 Klagenfurt (0463) 538-31750 Name des Krankenhauses / Zentrums Adresse, PLZ AKH Wien - Univ.-Klinik für Neurologie Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien (01) 40400- 3124, -3125, -3120 LKH Villach Nikolaigasse 43, 9500 Villach (04242) 208-3274 KH der Barmherzigen Brüder Wien Johannes von Gott Platz‘l, 1020 Wien (01) 21121-3183 Gailtal-Klinik Hermagor Radnigerstraße 12, 9620 Hermagor (04282) 2220-70150 Confraternität Privatklinik Josefstadt Skodagasse 32, 1080 Wien (01) 40114 Landes-Nervenklinik WagnerJauregg Linz Wagner-Jauregg-Weg 15, 4020 Linz (050) 55462-35735 KH Hietzing mit Neurologischem Zentrum Rosenhügel Riedelgasse 5, 1130 Wien (01) 88000-257 AKH Linz Krankenhausstraße 9, 4021 Linz (0732) 7806-6830 Montleartstraße 37, 1160 Wien (01) 491 50-2011 lgnaz Harrerstraße 79, 5020 Salzburg (0662) 4483-3802 Wilhelminenspital SALK - Christian-Doppler-Klinik - Univ.-Klinik. für Neurologie Salzburg KH Göttlicher Heiland Dornbacher Straße 20-28, 1170 Wien (01) 400 88-7700 Diakonissen-Krankenhaus Salzburg Guggenbichlerstraße 20, 5026 Salzburg (0662) 6385-660 Krankenanstalt Rudolfstiftung Boerhaavegasse 13, 1030 Wien (01 ) 711 65-2011 ,-2012 Baumgartner Höhe 1, 1140 Wien (01) 910 60-20520 Anichstraße 35, 6020 lnnsbruck (0512) 504-24777 Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe - Otto Wagner Spital Univ.-Klinik für Neurologie lnnsbruck A.ö. Bezirkskrankenhaus Lienz Emanuel von Hibler Straße 5, 9900 Lienz (04852) 606-645 Sozialmedizinisches Zentrum Ost Donauspital (SMZ Ost) Langobardenstraße 122, 1220 Wien (01) 288 02-0 Bezirkskrankenhaus Kufstein Endach 27, 6330 Kufstein (05372) 6966-4405 Landesklinikum Mostviertel Amstetten-Mauer Hausmeninger Str. 221, 3362 Mauer/Amstetten (07475) 501-2435 Landesklinikum Weinviertel Mistelbach Liechtensteinstraße 67, 2130 Mistelbach (02572) 3341-6100 Landesklinikum St. Pölten Probst-Führer-Straße 4, 3100 St. Pölten (02742) 300-15606, -15608 * auszugsweise Telefonnummer 22 Wichtiger Hinweis: Für Parkinson-Betroffene gibt es soziale Unterstützung wie Pflegegeld oder Behindertenausweis sowie steuerliche Erleichterungen und Befreiungen. Nähere Infos erhalten Sie bei den Selbsthilfegruppen sowie bei Sozialarbeitern. 23