Polymyalgia rheumatica

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Rheuma
Polymyalgia
rheumatica
Rheumaliga Schweiz
Bewusst bewegt
Inhalt
Arthritis, Arthrose, Osteoporose, Rückenschmerzen und Weichteilrheuma
sind rheumatische Erkrankungen. Zu Rheuma gehören 200 verschiedene
Krankheitsbilder, die Rücken, Gelenke, Knochen, Muskeln, Sehnen und
Bänder betreffen.
Polymyalgia rheumatica
Entzündliches Muskelrheuma bei älteren Menschen
4
Symptome
5
Wie häufig ist die Polymyalgia rheumatica
und wer kann davon betroffen werden?
6
Was ist die Ursache dieser Erkrankung?
6
Wie wird die Diagnose gestellt?
6
Riesenzellen-Arteriitis: eine verwandte Erkrankung
7
Andere Krankheiten mit ähnlichen Symptomen
8
Therapie der Polymyalgia rheumatica
9
Diese Broschüre der Rheumaliga Schweiz ist von Expertinnen und Experten
der Rheumatologie für Sie geschrieben. Informationen über andere rheumatische Erkrankungen sowie Medikamente, Gelenkschutz, Hilfsmittel für den
Alltag und Möglichkeiten der Prävention finden Sie bei uns:
Rheumaliga Schweiz, Tel. 044 487 40 00, [email protected],
www.rheumaliga.ch
Tabellen 10
Impressum:
Autor
Über die Rheumaliga 11
Dr. med. Andreas Krebs
Rheumatologie und Innere Medizin FMH, Kloten
Arbeitsgruppe Dr. med. Thomas Langenegger, Zuger Kantonsspital, Baar
Dr. med. Adrian Forster,
Klinik St. Katharinental, Diessenhofen
Realisation
Atelier Jean Daniel Baer, Grafiker SGD, Dübendorf
Herausgeber © by Rheumaliga Schweiz
7. überarbeitete Auflage 2014
Weitere Literatur 12
Nützliche Kontakte 13
4
Polymyalgia rheumatica
Entzündliches Muskelrheuma
bei älteren Menschen
Die Polymyalgia rheumatica (aus dem
Griechischen: poly = viele, myalgia =
Muskelschmerz) ist eine nicht seltene
entzündlich-rheumatische Erkrankung des älteren Menschen. Hauptsymptome sind entzündliche Muskelschmerzen im Schulter- und Becken-
gürtel. Die Diagnose stützt sich auf
die typischen Beschwerden, erhöhte
Entzündungszeichen im Blut und den
Ausschluss anderer Krankheiten, die
ähnliche Symptome verursachen.
Behandelt wird die Polymyalgie mit
Kortisonpräparaten.
Abbildung 1: Mikroskopisches Bild eines Querschnittes durch eine Schläfenarterie
bei Riesenzellenarteriitis mit deutlicher Wandverdickung durch Entzündungszellen.
Symptome
Die häufigsten Symptome dieser
Erkrankung sind Muskelschmerzen,
typischerweise in der Nacht und
frühmorgens, im Schultergürtel und
in den Oberarmen, in der Gesässund Beckenmuskulatur und in den
Oberschenkeln. Oft bestehen nicht
nur Schmerzen, sondern auch eine
Steifigkeit und eine Schwäche in diesen Muskeln, sodass die Patienten
Schwierigkeiten haben, am Morgen
die Arme zu heben oder etwa Treppen zu steigen; gelegentlich ist es
auch schon mühsam, aus dem Bett
zu kommen oder von einem Stuhl
aufzustehen. Weitere Symptome können sein: Nackenschmerzen, gelegentlich auch leichte Schwellungen
der Hand- und einzelner Fingergelenke. Weiter können auch allgemeine Krankheitssymptome wie
Fieber, Abgeschlagenheit, Nachtschmerzen, Appetitlosigkeit oder
auch eine depressive Verstimmung
bestehen.
Abbildung 2: Gut sichtbare entzündliche Verdickung der Schläfenarterie bei
einem Patienten mit Riesenzellen-Arteriitis.
5
6
Wie häufig ist die Polymyalgia
rheumatica und wer kann davon
betroffen sein?
Die Polymyalgie ist eine Erkrankung
des älteren Menschen. Sie befällt in
aller Regel Patienten über 50 Jahre;
das Durchschnittsalter liegt bei 60 bis
70 Jahren. Frauen sind doppelt so
häufig betroffen wie Männer. Die
Prävalenz (Häufigkeit) wird auf etwa
1 von 200 Einwohnern geschätzt.
Was ist die
Ursache dieser
Erkrankung?
Die Ursache ist – wie bei vielen entzündlich-rheumatischen Erkrankun­
gen – unbekannt. Auf Grund der Beschwerden, der Laborbefunde und
des Ansprechens der Erkrankung auf
Cortison handelt es sich sicher um
eine Entzündung. Angenommen wird
ein Autoimmunprozess (Auslöser bis
heute unklar), der sich möglicherweise in den Blutgefässen abspielt,
wie dies bei verwandten Krankheiten
(rheumatische Gefässentzündungen)
nachgewiesen werden kann. Oft
können auch entzündliche Verän­
derungen in den Hüft- und Schulter-
gelenken oder in den benachbarten
Schleimbeuteln nachgewiesen werden. Hingegen gelang es bis heute
nicht, in der Muskulatur (die ja eigentlich schmerzt und der Erkrankung den Namen gab) eine Entzündung nachzuweisen.
Wie wird
die Diagnose
gestellt?
Es gibt keinen sicheren Untersuchungsbefund und keinen spezifi­
schen Test im Blut oder ein typisches
Röntgenbild, um die Polymyalgie mit
Sicherheit diagnostizieren zu können.
Die Diagnose beruht daher vor allem
auf der Schilderung der Beschwerden durch die Patienten (und allenfalls gezielter Nachfrage nach typischen Symptomen durch den Arzt).
Bei der körperlichen Untersuchung
kann bei der Polymyalgia rheumatica
kein spezieller Befund erhoben werden; sie ist aber wichtig, um andere
Erkrankungen abgrenzen zu können.
Ein wesentlicher Mosaikstein in der
Riesenzellen-Arteriitis:
eine verwandte Erkrankung
Diag­nose ist eine Blutuntersuchung,
da bei der Polymyalgie in aller Regel
eine stark erhöhte Blutsenkungsreaktion (und oft auch eine Erhöhung des
C-reaktiven Proteins) besteht. Weiter
können auch eine leichte Blutarmut
oder eine leichte Erhöhung der Leberwerte gefunden werden. Gleichzeitig müssen allenfalls im Labor
­andere Erkrankungen, die diffuse
Muskelschmerzen verursachen, ausgeschlossen werden. Röntgenbilder
tragen, wie gesagt, nichts zur Diagnose bei; gelegentlich müssen aber
andere Erkrankungen damit ausgeschlossen werden (siehe Tabelle 1
auf Seite 10). Unter Umständen kann
der Nachweis von Entzündungen im
Bereich der Schulter- oder Hüftgelenke mit dem Ultraschall zur Diag­
nose beitragen. Schliesslich bestätigt
dann auch die meist sofortige und
durchschlagende Besserung der
Symptome auf die Steroidbehandlung
die Diagnose weiter.
Wie erwähnt ist es bei der Diagnose
einer Polymyalgia rheumatica (weil es
eben keinen spezifischen Untersu-
chungsbefund für diese Erkrankung
gibt) oft wichtig, an andere Krankhei­
ten, die ähnliche Beschwerden verursachen, zu denken und diese soweit
möglich auszuschliessen.
Riesenzellen-Arteriitis: Dies ist eine
verwandte Erkrankung, die sich oft
auch mit einem polymyalgischen Syndrom äussert. Es handelt sich dabei
um eine Entzündung der grösseren
Blutgefässe, die zum Kopf beziehungsweise zu den Augen, zum Gesicht und Hirn führen. Zusätzliche
typische Symptome (die bei der Polymyalgia rheumatica nicht vorkommen) sind hier etwa: neu aufgetretene Kopfschmerzen, insbesondere
im Schläfenbereich (mit oft tastbarer
Verdickung der Schläfenarterie –
siehe Abbildung 2 auf Seite 5), Sehstörungen oder Kieferschmerzen
beim Kauen. Da diese Erkrankung
ohne Behandlung lebensgefährlich
verlaufen oder zur Erblindung führen
kann, darf die Diagnose nicht verpasst werden. Im Gegensatz zur Po­
lymyalgia rheumatica kann hier bei
der mikroskopischen Untersuchung
7
8
Andere Krankheiten mit ähnlichen
Symptomen
der Schläfenarterie (was gefahrlos in
einem kleinen ambulanten Eingriff erfolgt) die Gefässwandentzündung
nachgewiesen werden (siehe Abbildung 1 auf Seite 4).
Arthrose der Halswirbelsäule: die
häufigste Ursache von Nackenschmerzen bei Patienten über 50
Jahren. Im Gegensatz zur Polymyalgie
sind im Blut keine Entzündungszeichen vorhanden.
Sehnenentzündungen oder -abnützungen des Schultergelenkes: die
häufigste Ursache von Schulterschmerzen. Im Gegensatz zur Poly­­
myalgie meist nur einseitig und ebenfalls Normalbefunde bei der Blut­
untersuchung.
Fibromyalgie: diese Erkrankung geht
auch mit diffusen Muskel- (und Gelenk-)schmerzen einher. Sie kann
aber in der Regel gut von einer Po­
lymyalgia rheumatica abgegrenzt
werden (siehe Tabelle 2 auf Seite 10).
Rheumatoide Arthritis (Alterspoly­
arthritis): im Gegensatz zu jüngeren
Patienten, wo die rheumatoide Arthri-
tis v.a. die kleinen Gelenke betrifft,
zeigt diese Krankheit beim älteren
­Pa­tienten oft etwas andere Erstsymptome, die gelegentlich nur schwer
von einer Polymyalgia rheumatica abgegrenzt werden können.
Andere entzündliche Gelenks- oder
Wirbelsäulenkrankheiten: selten
können sich andere Gelenksentzündungen (z. B. Chondrokalzinose,
Pseudogicht) oder Entzündungen der
Wirbelsäule (M. Bechterew) so manifestieren, dass sie an eine Polymy­
algie erinnern.
Andere internistische Erkrankungen,
die allenfalls – gerade auch bei etwas
atypischer Präsentation – erwogen
werden müssen, sind etwa: Schilddrüsenunterfunktion; chronische Infektion, zum Beispiel Herzklappenentzündung; bösartige Erkrankungen.
Polymyalgisches Syndrom bei jüngeren Patienten: unter 50 Jahren
ist eine Polymyalgia rheumatica eine
Rarität, und es muss hier an andere
Diagnosen gedacht werden, insbesondere an (seltene) Gefässentzündungen (Vaskulitis).
Therapie der Polymyalgia rheumatica
Behandelt wird die Polymyalgie mit
Corticosteroiden (Cortisonbehandlung). Die am häufigsten verwendeten Medikamente sind Prednison®,
Prednisolon® oder Spiricort®. In aller
Regel tritt wenige Tage nach Therapiebeginn eine durchschlagende, sowohl den Patienten («ich bin wie neu
geboren») als auch den Arzt beeindruckende Besserung der er­wähnten
Symptome ein. Parallel dazu kommt
es auch bald zu einem Rückgang der
erhöhten Entzündungswerte in der
Blutunter­suchung. Dieses dramatische An­sprechen der Beschwerden
auf eine mittlere Steroiddosis (15 –
20 mg Prednison pro Tag) ist so charakteristisch für die Polymyalgia rheumatica, dass dieser Umstand auch als
diagnostisches Element betrachtet
werden kann. Umgekehrt muss beim
Ausbleiben einer deutlichen Beschwerdebesserung nach einigen Tagen Prednison-Behandlung die Diag­
nose in Frage gestellt werden. Nach
einigen Wochen wird dann die Prednisondosis über die folgenden Monate in kleinen Schritten – angepasst
an allfällige Symptome und an die
Blutsenkungsreaktion – ganz allmählich reduziert («so viel wie nötig, so
wenig wie möglich»), wobei bei
einem Rückfall die Dosis wieder etwas erhöht werden muss. So kommt
die Erkrankung bei einem grösseren
Teil der Patienten etwa nach einem
Jahr zur Ausheilung; bei etwa einem
Drit­tel der betroffenen Patienten
muss die Steroidbehandlung (in sehr
niedriger Dosis) aber oft länger fortgesetzt werden. Wie immer bei einer
länger dauernden Steroidbehandlung
ist natürlich eine Osteoporoseprophylaxe (im Minimum genügende Zufuhr von Calcium und Vitamin D) obligatorisch; zudem sollte eine Knochendichtemessung durchgeführt
werden, um eine allfällig schon bestehende Osteoporose oder schon
deutlich erniedrigte Knochendichte
zu erkennen und entsprechend zu
be­handeln. Eine Alternative zur Cortisonbehandlung ist bis heute nicht
bekannt, und im Gegensatz zu den
meisten anderen entzündlich-rheumatischen ­Er­krankungen wie etwa
der rheumatoiden Arthritis ist es nur
selten ­möglich, mit sogenannten Ba­
sismedi­kamenten wie zum Beispiel
Methotrexat oder Leflunomid den
Cortisonbedarf zu ­reduzieren.
9
10
Tabellen
Über die Rheumaliga
Tabelle 1
Polymyalgia rheumatica –
Diagnostische Kriterien
1. Alter über 50 Jahren
2. Seit mindestens einem Monat
Schmerzen und Morgensteifigkeit an mindestens zwei
der folgenden Stellen:
– Schultern und Oberarme
– Hüfte und Oberschenkel
– Nacken und Oberkörper
3. Erhöhung der Blutsenkungsreaktion oder / und des C-reaktiven
Proteins
4. Entzündliche Veränderungen der
Schulter- oder Hüftgelenke im
Ultraschall
5. Ausschluss einer anderen
Erkrankung
Tabelle 2
Unterschiede
Patientenalter
Schmerzlokalisation
Schmerzmaximum
Steifigkeit der Muskeln
Abnorme Laborbefunde
Besserung auf Steroide
Polymyalgia rheumatica
über 50 J Schulter-/Beckengürtel
nachts und morgens
häufig
ja
sofort und durchschlagend
Fibromyalgie
unter 50 J
diffus, auch peripher
meist zunehmend im Tag
selten
nein
keine Besserung
Beratung am Telefon oder vor Ort
Bewegungskurs
Die Rheumaliga setzt sich für
Menschen mit einer rheumatischen
Erkrankung ein und fördert die
Gesundheit. Sie erbringt ihre
Dienstleistungen schweizweit und
richtet sich damit an Betroffene,
Health Professionals, Ärzte und die
Öffentlichkeit.
Die Rheumaliga bietet Ihnen:
■■ Information
■■ Bewegungskurse
■■ Beratung
■■ Selbsthilfegruppen
■■ Patientenschulung
■■ Alltagshilfen
■■ Präventions- und Gesundheits­
förderung
Die Rheumaliga Schweiz ist eine
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und vereinigt 20 kantonale/regionale
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