Konzept Umgang mit Sexualität_14-02-27

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HEIZENHOLZ
Wohn- und Tageszentrum
Umgang mit Sexualität
im
Wohn- und Tageszentrum Heizenholz
Ein Konzept zur Sexualpädagogik
und zur Prävention sexueller Ausbeutung
Inhalt:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Einleitung ...................................................................................................................... 2
Leitsätze zum Umgang mit Sexualität im Heizenholz .................................................... 3
Definitionen................................................................................................................... 3
Unterstützung der sexuellen Entwicklung ..................................................................... 5
Prävention sexueller Ausbeutung ................................................................................. 6
Regeln .......................................................................................................................... 8
Gesetzliche Rahmenbedingungen ................................................................................ 8
Verankerung im Alltag /in der Institution.......................................................................10
Vorgehen bei vermuteter oder erwiesener sexueller Ausbeutung ................................10
Ordner „Umgang mit Sexualität“ ..................................................................................10
Leitungsteam, 27.2.2014
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1. Einleitung
Mit der Umsetzung dieses Konzeptes soll ein Ansatz verwirklicht werden, der Sexualität als
wichtigen und schönen Teil des menschlichen Lebens und der Entwicklung von Kindern und
Jugendlichen versteht und die Heranwachsenden altersgemäss und entwicklungsabhängig
in ihrem Umgang mit Sexualität unterstützt.
Wir pflegen im Wohn- und Tageszentrum Heizenholz einen offenen und aktiven Umgang mit
den Themen im Bereich Sexualität und versuchen die bei uns wohnenden Kinder und Jugendlichen dort abzuholen, wo sie in Ihrer Entwicklung stehen. Wir setzen uns mit der eigenen Sexualität auseinander, wie auch mit derjenigen der Jugendlichen, ihrer sexuellen Entwicklung, ihren Werten und Herausforderungen und bieten ihnen eine individuelle und entwicklungsangepasste Auseinandersetzung zum Thema Sexualität an.
Kinder und Jugendliche können Erfahrungen im geschützten und wertschätzenden Rahmen
machen. Wir begleiten Sie dabei mit Respekt.
Individuelle Situationen erfordern ein individuelles Handeln im Rahmen der geltenden Gesetze, des vorliegenden Konzeptes und der entsprechenden Regeln.
Wir sind uns bewusst, dass Sexualität für unsere KlientInnen geprägt ist durch ihre Geschichte in der Herkunftsfamilie, durch Entwicklungsphasen und -schritte und oftmals auch
durch negative Erfahrungen. Wir nehmen die Geschichte der Einzelnen ernst und wollen
positive Entwicklungsschritte unterstützen und ermöglichen.
In diesem Papier wird die grundsätzliche Haltung und der Umgang im Wohn- und Tageszentrum Heizenholz rund um Fragen im Zusammenhang Sexualität formuliert.
Grundlagen des pädagogischen Handelns im Alltag sind die „Grundhaltung für die soziale
und pädagogische Arbeit“, die in diesem Konzept formulierten Leitlinien zum Umgang mit
Sexualität, die gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie das Konzept zur Prävention sexueller Ausbeutung der Stiftung ZKJ.
• Das vorliegende Konzept soll ein gemeinsames Verständnis im Umgang mit der Sexualität und einen einheitlichen Gebrauch von Begriffen fördern.
• Es soll Orientierung bieten für Fragen und Haltungen im Zusammenhang mit Sexualität
und einen situativen und individuellen Umgang mit den im ganzen Wohn- und Tageszentrum gültigen Regeln ermöglichen.
• Hilfestellungen für unterstützendes und stärkendes Verhalten in der pädagogischen Arbeit und entsprechende Handlungsweisen für die Organisation wie auch für die Fallarbeit
werden beschrieben.
• Durch klare Abläufe und Kompetenzen und verbindliche Vorgehensweisen soll Sicherheit
im Umgang mit vermuteten oder bestätigten Übergriffen geschaffen werden.
• Die Umsetzung des Konzeptes soll durch organisatorische Strukturen und thematische
Anlässe in der Alltagsgestaltung verankert werden und definierte Haltungen sollen umgesetzt und gelebt werden.
Im Ordner „Umgang mit Sexualität“, in dem das vorliegende Konzept Bestandteil ist, werden
konkrete Arbeitshilfen gesammelt wie: Regeln, gesetzliche Grundlagen, Broschüren zu verschiedenen Themen, Literaturliste, Vorgehen bei Verdacht oder erwiesenen Übergriffen,
Merkblätter.
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2. Leitsätze zum Umgang mit Sexualität im Heizenholz
Auf dem Hintergrund der allgemeinen pädagogischen Arbeit im Wohn- und Tageszentrum
Heizenholz und der Grundhaltung zur sozialen und pädagogischen Arbeit werden folgende
Leitlinien speziell für den Umgang Sexualität angewendet:
1. Wir achten und schützen die sexuelle Integrität von KlientInnen und MitarbeiterInnen.
2. Wir sind uns bewusst, dass der Umgang mit der Sexualität ebenso von gesellschaftlichen
Werten wie auch von den Kulturen beeinflusst wird. Wir gehen auf die verschiedenen kulturellen Hintergründe und gesellschaftlichen Entwicklungen ein und respektieren sie.
3. Sexualität ist ein Grundbedürfnis des Menschen und wird individuell gelebt. Sexuelle
Entwicklung beginnt bei der Geburt. Deshalb sind Sexualität und die sexuelle Entwicklung Themen in unserem Alltag, mit denen wir alters- und entwicklungsabhängig umgehen.
4. Sexualität ist eine der natürlichsten Sachen der Welt. Sexualität kann schön und lustvoll
sein, gleichzeitig ist sie auch sehr intim und privat. Wir pflegen einen sorgfältigen, respektvollen Umgang mit individuellen Grenzen, Schamgefühlen und Tabus.
5. Sexualität erfordert den freien Willen aller, ein gutes Selbstwertgefühl sowie eine gute
Selbst- und Fremdwahrnehmung. Wir begleiten und unterstützen Kinder und Jugendliche
in ihrer Entwicklung hin zu einem selbstbestimmten und eigenständigen Umgang mit ihrer Sexualität.
3. Definitionen
Die untenstehenden Definitionen entstanden aus der Diskussion bei der Erarbeitung des
Konzeptes. Wo Definitionen aus der Literatur übernommen wurden, ist die Quelle erwähnt.
Sexuelle Entwicklung
Sexualität entwickelt sich parallel zur körperlichen, emotionalen und kognitiven Entwicklung
des Kindes. Je nach Alter und Entwicklungsphase sind die Interessen des Kindes auf Genitalien, Lustempfinden, körperliche Entwicklung, Entdeckung des anderen Geschlechts, Körperausscheidungen, etc. gerichtet. Je nach Entwicklungsstand werden Verhaltensweisen
und Handlungen, die Kinder und Jugendliche zeigen, als altersadäquat oder auffällig bezeichnet.
Sexualaufklärung
Wichtig ist, über Sexualität zu reden, Mädchen und Jungen über ihren Körper, die menschliche Sexualität und alle damit verbundenen Aspekte aufzuklären. Positive Aspekte der Sexualität und eine bejahende und lustvolle Einstellung zum eigenen Körper sollen im Vordergrund stehen. Negative Themen wie sexuell übertragbare Infektionen, unerwünschte
Schwangerschaften oder sexuelle Ausbeutung gehören auch zur Sexualaufklärung, sollten
aber erst in einem zweiten Schritt angesprochen werden. Wissen ist die beste Voraussetzung für die Entfaltung einer selbstbestimmten Sexualität und für einen wirksamen Schutz
vor sexueller Ausbeutung. Aufklärung stärkt – Angst lähmt.
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Sexuelle Ausbeutung
In diesem Konzept wird vorwiegend dieser Ausdruck verwendet. In ähnlicher Weise und etwa gleichbedeutend werden anderweitig „sexueller Missbrauch“, „sexuelle Gewalt“ oder auch
„sexuelle Belästigung“ benutzt.
„Sexuelle Ausbeutung an Kindern ist jede sexuelle Handlung, die an oder vor einem Kind
entweder gegen den Willen des Kindes vorgenommen wird oder der das Kind aufgrund körperlicher, psychischer, kognitiver oder sprachlicher Unterlegenheit nicht wissentlich zustimmen kann. Die TäterIn nutzt ihre Macht- oder Autoritätsposition aus, um eigene Bedürfnisse
auf Kosten des Kindes zu befriedigen (Bange/Deegener 1996)“.
Schutzalter
Das Schutzalter schützt Kinder und Jugendliche bis zum abgeschlossenen 16. Lebensjahr
vor sexuellen Handlungen mit Erwachsenen. Es endet mit dem 16. Geburtstag. Wer mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vornimmt, es zu einer solchen Handlung
verleitet oder es in eine sexuelle Handlung einbezieht, macht sich strafbar. Die Handlung ist
nicht strafbar, wenn der Altersunterschied zwischen den Beteiligten nicht mehr als drei Jahre
beträgt.
Strafrechtliche Bestimmungen
Im Strafgesetzbuch Art. 187- 198 sind verschiedene Straftatbestände zu Sexualdelikten aufgeführt (siehe Kapitel 7). Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden, dass jede sexuelle Handlung, die jemand nicht will, eine Straftat ist. Da die Beurteilung und die Beweisfragen
bei Straftaten sehr kompliziert sind, wendet man sich am besten an eine spezialisierte Beratungsstelle, bevor man zur Polizei geht. Wenn die Polizei von solchen Straftaten erfährt,
muss sie ein Verfahren eröffnen. Unter Umständen ist aber ein solches Verfahren für die/den
Betroffenen eine grosse Belastung.
Für die Mitarbeitenden des Wohn- und Tageszentrums ist das Vorgehen gemäss den Dokumenten „Vorgehen bei einem Verdacht oder bei erwiesener sexueller Ausbeutung durch
Minderjährige“ und „Vorgehen bei einem Verdacht oder bei erwiesener sexueller Ausbeutung durch Erwachsene“ des Wohn- und Tageszentrums Heizenholz und den Ergänzungen
im Konzept der Stiftung ZKJ verbindlich (siehe Kapitel 9).
Prävention sexueller Ausbeutung
Prävention sexueller Ausbeutung verfolgt drei Zielsetzungen:
1. Sexuelle Gewalt soll soweit als möglich verhindert werden
2. Bereits stattfindende oder potentielle Gewaltsituationen sollen frühzeitig erkannt und so
schnell und wirkungsvoll wie möglich gestoppt werden
3. Schutz und Wiederaufbau des psychischen Wohlbefindens (Traumaverarbeitung) von
direkt und indirekt Betroffenen sowie die Rückfallvermeidung bei den Tätern sollen erreicht werden.
Prävention soll auf den verschiedenen Ebenen stattfinden: gesellschaftlich, politisch, institutionell und persönlich.
(siehe Kapitel 6)
Erotische Darstellungen
Bei erotischen Darstellungen sind sexuelle Handlungen und deren Darstellung eingebettet in
eine Beziehung, eine Geschichte, ein grösseres Ganzes. Wenn in einem Kinofilm oder einem Buch eine Sexszene vorkommt, die Teil einer zusammenhängenden Geschichte ist, so
handelt es sich meist nicht um Pornografie, sondern um Erotik. Erotische Bilder stellen
Schönheit und Ästhetik des dargestellten Menschen in den Vordergrund.
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Pornografie
Pornografie bezeichnet die direkte Darstellung der menschlichen Sexualität und des Sexualaktes mit dem Ziel, den Betrachter sexuell zu erregen, wobei die Geschlechtsorgane in
ihrer sexuellen Aktivität bewusst betont werden. Unter Pornografie versteht man die Darstellung meist männlicher Fantasien, fokussiert auf den sexuellen Akt und in der Regel losgelöst
von Gefühlen. (Illegale (="harte") Pornografie: Darstellungen von sexuellen Handlungen mit
Kindern, Tieren, menschlichen Ausscheidungen oder Gewalttätigkeiten)
4. Unterstützung der sexuellen Entwicklung
Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die sexuelle Entwicklung einer von mehreren Entwicklungsprozessen ist, der ebenfalls durch die Lösung von Entwicklungsaufgaben angetrieben wird. Verschiedene Entwicklungsaufgaben werden in verschieden Stadien der persönlichen Entwicklung im Leben gelöst, die je nach Alter unterschiedlich sind.
Es ist uns bewusst, dass Kinder innerhalb ihrer Entwicklung mit Risikofaktoren belastet sein
können (z.B. mangelnde Unterstützung und Empathie, negative Erlebnisse, negatives Vorbildverhalten von Erwachsenen) und diese sie beeinträchtigen können. Wir versuchen mit
unserer Haltung einen schützenden Faktor einfliessen zu lassen und hoffen dadurch eine
gesunde Entwicklung zu begünstigen.
Stärkung der Persönlichkeit
Die Stärkung des Selbstbewusstseins und des Selbstwertgefühls sowie die Entwicklung einer guten Selbstwahrnehmung sind bei der Entwicklung der Sexualität von Kindern und Jugendlichen von grundlegender Bedeutung. Im Rahmen der Entwicklungsplanung aber auch
im pädagogischen Alltag werden, gemeinsam mit den beteiligten Personen, Massnahmen
zur Förderung getroffen und Situationen zur Unterstützung der psychosexuellen Entwicklung
geschaffen.
Um eine selbstbewusste und selbstbestimmte, positiv erlebte Sexualität entwickeln zu können, sind ähnliche oder dieselben Rahmenbedingungen notwendig, die auch für andere Bereiche der Persönlichkeitsentwicklung und zur Bewältigung von Entwicklungsaufgaben eine
wichtige Rolle spielen. Ein wichtiger Faktor für eine möglichst positive, eigenständige Entwicklung ist unter anderem die Resilienz („Resilienz meint eine psychische Widerstandsfähigkeit von Kindern gegenüber biologischen, psychologischen und psychosozialen Entwicklungsrisiken“. C. Wustmann, Resilienz, 2004 ). Eine resilienzfördernde Haltung der Personen, welche im Hilfsprozess involviert sind ist deshalb wichtig. Das bedeutet unter anderem:
- Positive Modelle, an denen sich die Kinder orientieren können (Vorleben und Vermitteln von Werten und Einstellungen)
- Bezugspersonen, welche einfühlsam auf die Bedürfnisse der Kinder eingehen
- Ausstrahlen von Wärme, Fürsorge und Schutz
- Ein wichtiger Ansprechpartner sein
- Respekt gegenüber dem Kind sowie Anerkennung und Akzeptanz in der Kommunikation widerspiegeln
- Hohe jedoch realistische Erwartungen an das Kind haben
- Offen über Gefühle sprechen können
- Unterstützung der Körperwahrnehmung
- Konflikte können thematisiert werden
- Bezugspersonen bieten bei Problemen Unterstützung und Ermutigung an
- Etc.
(vgl. Corina Wustmann, 2004)
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Atmosphäre in den Gruppen
Aufgrund der im vorhergehenden Absatz aufgelisteten stärkenden Verhaltensweisen, sowie
einer pädagogischen Grundhaltung, welche den Leitsätzen des Wohn- und Tageszentrums
Heizenholz entspricht, wollen wir eine entwicklungsfördernde, offene und akzeptierende Atmosphäre schaffen.
Die BewohnerInnen und ihre Bedürfnisse werden ernst genommen, es wird ein adäquater
und privater Rahmen geschaffen, indem der Intimität wie auch dem Thema Nähe und Distanz genügend Gewicht gegeben wird. Es werden klare Grenzen gesetzt und offene Gespräche geführt. So kann eine Atmosphäre geschaffen werden, welche von den Kindern und Jugendlichen als positiv erlebt werden kann.
Einbezug der Eltern
Werthaltungen der Eltern sowie Einflüsse der verschiedenen Kulturen werden aufgenommen
und gemeinsam besprochen. Wir setzen uns mit diesen Werthaltungen auseinander, sie
werden bei der Unterstützung der sexuellen Entwicklung (Frauen-/Männerbilder, Aufklärung,
Intimsphäre, etc.) der BewohnerInnen nach Möglichkeit berücksichtigt. Es werden nur Haltungen unterstützt, welche den allgemeinen Leitsätzen zur Pädagogik und den Leitsätzen
zum Umgang mit Sexualität entsprechen (siehe Kapitel 2).
Sexual-Aufklärung
Wir gehen davon aus, dass die Entwicklung der Sexualität bereits bei der Geburt ihren Anfang nimmt. Die Aufklärung soll in dem Sinne altersadäquat bei den verschiedenen Entwicklungsaufgaben, welche in einer bestimmten Phase bewältigt werden müssen, ansetzen. Die
Sexual-Aufklärung ist ein verbindlicher Teil des pädagogischen Auftrages in unserer Institution. Sie erfordert Austausch und Auseinandersetzung innerhalb des Teams zu den Themen
rund um Sexualität. Die Kinder sollen uns als wichtige und offene Ansprechpartner erleben
können, welche sie in ihrer Entwicklung unterstützen und für sie da sind.
Hinweise über altersgemässe Aufklärung kann der empfohlene Lehrplan der „Richtlinien zur
Sexualaufklärung in der Schule“ des deutschen Bundeslandes Hessen im Anhang zu diesem
Konzept geben.
Verhütung
Ein wichtiger Teil der Sexualaufklärung ist “die Verhütung“. Wir verstehen darunter den
Schutz vor sexuell übertragbaren Infektionen und vor unerwünschter Vater- oder Mutterschaft (Schwangerschafts-Verhütung).
Wirksame Verhütung setzt voraus, dass die MitarbeiterInnen informiert sind über die gängigen Methoden zur Verhütung und bereit sind, Verhütung bei Kindern und Jugendlichen auch
zu thematisieren, ohne dass bereits akuter Handlungsbedarf für Einzelne besteht. Als Hilfsmittel dazu steht den Wohngruppen ein Verhütungsmittel-Koffer zur Verfügung (im Sekretariat deponiert).
Entscheide über die Anwendung von Verhütungsmitteln sollen Jugendliche nach Möglichkeit
unter Einbezug der Inhaber der elterlichen Sorge, der Bezugsperson in der Wohngruppe
und/oder einer Ärztin/eines Arztes fällen.
5. Prävention sexueller Ausbeutung
Die Prävention im Wohn- und Tageszentrum Heizenholz orientiert sich am 7-PunkteProgramm, welches massgeblich durch die Fachstelle Limita entwickelt worden ist.
Wirksame Prävention berücksichtigt, dass die meisten sexuellen Übergriffe in der Familie
oder im nahen sozialen Umfeld geschehen. Prävention baut die Stärke von Kindern auf und
vergrössert ihre Eigenständigkeit und Freiheit. Darüber hinaus informiert sie Mädchen und
Jungen darüber, was bei sexueller Ausbeutung passieren kann und vermittelt ihnen Handlungsmöglichkeiten und Handlungskompetenz.
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Gut informierte, unabhängige und selbstsichere Kinder sind weniger gefährdet, Opfer sexueller Ausbeutung zu werden, als angepasste und emotional unsichere Mädchen und Jungen.
Es gibt eine Reihe von Botschaften, die sich gut in den Erziehungsalltag integrieren lassen
und die helfen können, Mädchen und Jungen allgemein zu stärken und besser vor sexueller
Ausbeutung zu schützen:
1. Dein Körper gehört dir !
Du bist wichtig und dein Körper ist einzigartig und wertvoll. Du kannst stolz auf ihn
sein. Du allein entscheidest über deinen Körper und bestimmst wie, wann und wo du
von wem angefasst werden möchtest.
Ein sicheres und gutes Körperbewusstsein hilft, Grenzverletzungen wahrzunehmen und sich
dagegen zu wehren.
2. Deine Gefühle sind wichtig !
Es gibt angenehme Gefühle, da fühlst du dich wohl und gut. Es gibt aber auch
unangenehme Gefühle. Komische, blöde und unangenehme Gefühle sagen dir, dass
etwas nicht stimmt. Du darfst deine Gefühle ausdrücken und mit uns darüber
sprechen, auch wenn es schwierige sind.
Ein Kind dessen Empfindungen ernst genommen werden, kennt seine Empfindungen besser
und kann eher darauf beharren, dass sich etwas eklig, nicht richtig oder unangenehm
anfühlt.
3. Angenehme und unangenehme Berührungen !
Es gibt Berührungen, die tun gut und machen glücklich. Solche Berührungen sind für
jeden Menschen wichtig. Berührungen die unangenehm sind und dich verwirren, dir
Angst machen oder sogar wehtun, darfst du zurückweisen.
Das Selbstbestimmungsrecht über den Körper ist zentral in der Prävention sexueller
Ausbeutung. Es ist wichtig sexuelle Ausbeutung dem Kind gegenüber zu benennen mit dem
Hinweis, dass es sich von niemandem Berührungen gefallen lassen muss, die ihm
unangenehm sind. Die Ausnahme sind ärztliche Untersuchungen z.B. nach einem Unfall.
4. Das Recht auf NEIN !
Du hast das Recht, NEIN zu sagen. Wenn dich jemand gegen deinen Willen anfassen
will oder Dinge von dir verlangt, die du nicht tun willst, dann darfst du nein sagen und
dich wehren.
Sexuelle Gewalt ist eine Grenzüberschreitung und Neinsagen ist eine notwendige
Grenzziehung. Kinder sollten darin bestärkt werden eigene sowie fremde Grenzen zu spüren
und ernst zu nehmen.
5. Es gibt gute und schlechte Geheimnisse !
Es gibt gute Geheimnisse die Freude machen, z. B. wenn du jemandem mit einem
Geschenk eine Freude machen willst. Es gibt aber auch schlechte Geheimnisse, sie
machen dir Angst und fühlen sich schwer und unheimlich an. Solche Geheimnisse
solltest du unbedingt weitersagen, auch wenn du versprochen hast es nicht zu tun.
Der Geheimhaltungsdruck ist ein zusätzlich traumatisierender Faktor bei sexueller Gewalt.
6. Das Recht auf Hilfe !
Wenn dich ein schlechtes Geheimnis belastet, bitte ich dich, es mir zu erzählen oder
jemandem dem du vertraust. So können wir versuchen, dir zu helfen und hör bitte erst
auf zu erzählen, wenn dir jemand glaubt.
Gut informierte und selbstbewusste Kinder können sich unter Umständen gegen die Anfänge
sexueller Ausbeutung wehren. Dennoch kann jedes Kind in die Situation kommen, in der es
Hilfe braucht.
7. Du bist nicht schuld !
Wenn du es erlebt hast, dass ein Erwachsener oder ein älteres Kind dich sexuell
ausgebeutet hat, so bist du nicht daran schuld. Egal was der Täter (die Täterin)
behaupten, er trägt immer die Verantwortung für das, was er dir angetan hat.
Kinder müssen von Schuldgefühlen klar entlastet werden. Die Verantwortung muss allein
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dem Täter zugewiesen werden.
Mädchen und Jungen wagen es oft nicht, sich einer erwachsenen Person zu widersetzen
oder haben Angst, diese zu enttäuschen. Vergegenwärtige Dich, wann Du dich das letzte
Mal gegen eine Autoritätsfigur aufgelehnt hast und denke auch daran, dass sexuelle Ausbeutung vom Täter geplant und die Situation gezielt herbeigeführt wird.
Wir können und dürfen die bei uns wohnenden Kinder nicht allein für Ihren Schutz vor sexueller Ausbeutung verantwortlich machen. Ein Kurs zu «Selbstbehauptung und Neinsagen»
allein genügt nicht. Wir Erwachsenen sind gefordert, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die bei uns wohnenden Kinder besser vor sexueller Ausbeutung geschützt sind.
6. Regeln
Ein wichtiger Teil des Umgangs mit Sexualität und einer wirksamen Prävention sexueller
Ausbeutung sind klare und verständliche Regelungen und Grenzen. Diese beziehen sich auf
die vorgehend erwähnten Haltungen und berücksichtigen die gesetzlichen Grundlagen.
Sie sind im Ordner „Umgang mit Sexualität“ enthalten und verbindlich für die Mitarbeitenden,
die im Heizenholz wohnenden Kinder und Jugendlichen sowie externe BesucherInnen.
Verletzung der Regeln im Umgang mit Sexualität im Heizenholz
Regelverletzungen von Mitarbeitenden müssen von der vorgesetzten Stelle thematisiert und
der nächst höheren Stelle gemeldet werden. Diese entscheidet über weitere Massnahmen.
Regelverletzungen von Kindern und Jugendlichen müssen in jedem Fall im WohngruppenTeam besprochen und es muss über Massnahmen und zu informierende Personen entschieden werden.
Verdacht auf Übergriffe oder bei erwiesener Ausbeutung
Bei einem vagen oder erhärteten Verdacht auf sexueller Ausbeutung oder bei erwiesener
Ausbeutung muss in jedem Fall das Vorgehen gemäss dem standardisierten Ablauf für das
Wohn- und Tageszentrum Heizenholz erfolgen (abgelegt im Ordner „Umgang mit Sexualität“).
7. Gesetzliche Rahmenbedingungen
Aus dem Dokument „Prävention sexueller Ausbeutung durch Erwachsene und Minderjährige“ der Stiftung ZKJ übernommen (im Ordner „Umgang mit Sexualität“ enthalten).
Im Hinblick auf mögliche Straftatbestände im Bereich der sexuellen Integrität von Kindern
und Jugendlichen sind die Art. 187, 188, 192 und 193 des Strafgesetzbuches (StGB) wichtig.
Das Gesetz schützt Kinder und Jugendliche bis zum 16. Altersjahr generell vor sexuellen
Handlungen (Art. 187 StGB). Jugendliche über 16 Jahre werden ebenfalls geschützt, wenn
ein Abhängigkeitsverhältnis ausgenutzt wird (Art. 188 StGB). Ebenso stehen sexuelle Handlungen mit Anstaltspfleglingen (Art. 192 StGB) sowie die Ausnutzung einer Notlage oder eines Abhängigkeitsverhältnisses (Art. 193 StGB), unabhängig von Alter und Geschlecht des
Opfers, unter Strafandrohung. Als Anstaltspfleglinge gelten auch Heimbewohnerinnen und
Heimbewohner.
Art. 187, Ziff. 1 und 2 StGB: Sexuelle Handlungen mit Kindern
„1. Wer mit einem Kind unter 16 Jahren eine sexuelle Handlung vornimmt, es zu einer solchen Handlung verleitet oder es in eine sexuelle Handlung einbezieht, wird mit Zuchthaus bis
zu fünf Jahren oder mit Gefängnis bestraft. 2. Die Handlung ist nicht strafbar, wenn der Altersunterschied zwischen den Beteiligten nicht mehr als drei Jahre beträgt.“
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Art. 188, Ziff. 1 StGB: Sexuelle Handlungen mit Abhängigen
„1. Wer mit einer unmündigen Person von mehr als 16 Jahren, die von ihm durch ein Erziehungs-, Betreuungs- oder Arbeitsverhältnis oder auf andere Weise abhängig ist, eine sexuelle Handlung vornimmt, indem er diese Abhängigkeit ausnützt, wer eine solche Person unter
Ausnützung ihrer Abhängigkeit zu einer sexuellen Handlung verleitet, wird mit Gefängnis
bestraft.“
Art. 192 Abs. 1 StGB: Sexuelle Handlungen mit Anstaltspfleglingen, Gefangenen, Beschuldigten
„Wer unter Ausnützung der Abhängigkeit einen Anstaltspflegling, Anstaltsinsassen, Gefangenen, Verhafteten oder Beschuldigten veranlasst, eine sexuelle Handlung vorzunehmen
oder zu dulden, wird mit Gefängnis bestraft.“
Art. 193 Abs. 1 StGB: Ausnützung der Notlage
„Wer eine Person veranlasst, eine sexuelle Handlung vorzunehmen oder zu dulden, indem
er eine Notlage oder eine durch ein Arbeitsverhältnis oder eine in anderer Weise begründete
Abhängigkeit ausnützt, wird mit Gefängnis bestraft.“
Der Begriff der „sexuellen Handlung“ hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles
ab. Für die inhaltliche Bestimmung von sexuellen Handlungen mit Kindern ist der Schutzzweck der Normen zu berücksichtigen, nämlich der Schutz der Jugend und der sexuellen
Selbstbestimmung vor dem Hintergrund des Persönlichkeitsrechts auf sexuelle Integrität. Als
sexuelle Handlungen gelten Verhaltensweisen, die für Aussenstehende nach ihrem äusseren
Erscheinungsbild eindeutig sexualbezogen sind. In Zweifelsfällen kann z.B. bei sexuellen
Handlungen mit Kindern das Alter des Opfers oder der Altersunterschied zum Täter eine
Rolle spielen.
Ein „Abhängigkeitsverhältnis“ im Sinne des Gesetzes ist gegeben, wenn eines der im Gesetzestext erwähnten Beispiele zutrifft oder ein atypisches Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, wie
z.B. die Abhängigkeit im Zusammenhang mit einer Psychotherapie. Das Vorliegen eines
Abhängigkeitsverhältnisses muss ebenfalls anhand der besonderen Umstände des Einzelfalles geprüft werden.
Art. 197: Pornographie
"1. Wer pornografische Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände solcher Art oder pornografische Vorführungen einer Person unter 16 Jahren anbietet,
zeigt, überlässt, zugänglich macht oder durch Radio oder Fernsehen verbreitet, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
2. Wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Ziffer 1 öffentlich ausstellt oder zeigt
oder sie sonst jemandem unaufgefordert anbietet, wird mit Busse bestraft.
3. Wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Ziffer 1, die sexuelle Handlungen mit
Kindern oder mit Tieren, menschlichen Ausscheidungen oder Gewalttätigkeiten zum Inhalt
haben, herstellt, einführt, lagert, in Verkehr bringt, anpreist, ausstellt, anbietet, zeigt, überlässt oder zugänglich macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.
3bis.1 Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer Gegenstände oder Vorführungen im Sinne von Ziffer 1, die sexuelle Handlungen mit Kindern oder
Tieren oder sexuelle Handlungen mit Gewalttätigkeiten zum Inhalt haben, erwirbt, sich über
elektronische Mittel oder sonst wie beschafft oder besitzt." (Hinweis: Auch Minderjährige machen sich strafbar!)
Weitere strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität gemäss Strafgesetzbuch
(StGB) sind:
Art. 189: Sexuelle Nötigung
Art. 190: Vergewaltigung
Art. 191: Schändung
Art. 194: Exhibitionismus
Art. 195: Förderung der Prostitution
Art. 198: Sexuelle Belästigung
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8. Verankerung im Alltag /in der Institution
Die Gesamtleitung des Wohn- und Tageszentrums ernennt eine Ansprechperson, die im Fall
von vermuteten oder erwiesenen Übergriffen als erstes kontaktiert werden soll (s. dazu die
beiden Abläufe "Schema für das Vorgehen bei einem Verdacht oder bei erwiesener
sexueller Ausbeutung durch BewohnerInnen", respektive "…durch MitarbeiterInnen").
Sie erfüllt die folgenden Voraussetzungen: weiblich, pädagogisch tätig, grosser Bekanntheitsgrad, integre und abgegrenzte Persönlichkeit, in der Lage in Krisensituationen überlegt
zu handeln, nicht oder nur in untergeordneter Linienfunktion (z.B. Teamleiterin). Sie wird
speziell ausgebildet für diese Funktion. Es wird eine Stellvertretung, welche die gleichen Voraussetzungen erfüllt, ernannt für die Wohngruppe der Ansprechperson sowie für Abwesenheiten der Ansprechperson.
Die Fachstelle Pädagogik und Projekte und die Vertrauensperson für Ausbeutungssituationen sind verantwortlich für Themen, Weiterbildungen, Literatur in der Gesamtinstitution. Sie
verfolgen Entwicklungen im Umfeld und informieren die Mitarbeitenden. Die Ansprechperson
besucht jede Wohngruppe 1xjährlich, um die Bekanntheit bei Kindern/Jugendlichen und in
den Teams zu fördern. Zudem findet jährlich eine Veranstaltung zu einem ausgewählten
aktuellen Thema rund um Sexualität statt.
Die Teamleitungen sind verantwortlich für die Umsetzung von Konzept und Regeln in Ihrer
Wohngruppe. Sie können jederzeit die Unterstützung der Fachstelle FPP oder der Ansprechperson zu Fachfragen abholen.
9. Vorgehen bei vermuteter oder erwiesener sexueller Ausbeutung
Entsprechend den Vorgaben im Konzept „Prävention sexueller Ausbeutung durch Erwachsene und Minderjährige“ der Stiftung ZKJ, hat die Leitung des Wohn- und Tageszentrums
Heizenholz zwei Schemata erarbeitet, die das Vorgehen bei vermuteter oder erwiesener
sexueller Ausbeutung vorgeben. Sie sind Bestandteile dieses Konzeptes und des Konzeptordners "Umgang mit Sexualität". Die Vorgehensweisen bieten in einer Verdachts- oder
Ausbeutungssituation Orientierung für die Mitarbeitenden des Wohn- und Tageszentrums
Heizenholz und sind verbindlich.
10.
Ordner „Umgang mit Sexualität“
Der Ordner besteht aus folgenden Unterlagen:
• Konzept: Umgang mit Sexualität im Wohn- und Tageszentrum Heizenholz
• Regeln zum Umgang mit Sexualität
• Schema für das Vorgehen bei einem Verdacht oder bei erwiesener sexueller Ausbeutung
durch Erwachsene (Version Heizenholz)
• Schema für das Vorgehen bei einem Verdacht oder bei erwiesener sexueller Ausbeutung
durch Minderjährige (Version Heizenholz)
• Konzept „Prävention sexueller Ausbeutung“ Stiftung ZKJ
• Lehrplan Sexualaufklärung des Bundeslandes Hessen
• Über Sexualität reden, 2 Broschüren zur Sexualaufklärung
• Broschüren Fachstelle Limita
• Angst lähmt – Aufklärung stärkt
• Wie kann ich mein Kind schützen?
• Sexuelle Ausbeutung ist Gewalt, Broschüre für Mädchen und junge Frauen
• Sexuelle Ausbeutung ist Gewalt, Broschüre für Jungen und junge Männer
• Literaturliste zum Umgang mit Sexualität und zur Prävention sexueller Ausbeutung
• Gruppenregeln zum Umgang mit Sexualität
• Individuelle Ergänzungen
Konzept Umgang mit Sexualität_14-02-27
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