Aus der Fallsammlung des Schlichtungsausschusses bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Fachgebiet: Diagnose: Titel: Autor: Verfahren: Anästhesiologie Zahnschaden bei Intubationsnarkose (ICD 10: T 81.8, S 02.5) Aufklärung über möglichen Zahnschaden bei Intubationsnarkose Dr. med. Matthias Schäfer 207/14 - Stand der Veröffentlichung: 03.05.2016 Der Fall Der Patient unterzog sich einer rechtsseitigen Teil-TEP des Kniegelenkes (unikondyläre Schlittenprothese rechts) bei Varusgonarthrose in Allgemeinanästhesie. Bei der Narkoseeinleitung wurde die Krone des oberen rechten Schneidezahnes (11) beschädigt, so dass diese im Weiteren zahnärztlich versorgt und ersetzt werden musste. Die Einwände des Patienten Der Zahnschaden wird den Folgen einer fehlerhaft durchgeführten Anästhesie zugerechnet, die zu dem geklagten Zahnschaden geführt hat. Zudem wird von Seiten des Patienten ein Aufklärungsmangel angeführt, da eine Zahnbeschädigung im Aufklärungsgespräch nicht thematisiert worden sei. Der Vorsitzende des Schlichtungsausschusses hat den Autor dieses Fallbeispiels mit der medizinischen Überprüfung beauftragt, ob ein vorwerfbares ärztliches Fehlverhalten vorliegt. Die Begutachtung Der Patient wurde zwei Tage vor der Operation anästhesiologisch voruntersucht und aufgeklärt. Die Anamneseerhebung erfolgt anhand eines standardisierten Aufklärungs- und Anamnesebogens (proCompliance Thieme Verlag). Die Angaben ließen auf einen im Wesentlichen stabilen Gesundheitszustand des Patienten schließen. An Besonderheiten wurden aufgeführt: eine regelmäßige Medikamenteneinnahme: Lyrica, Metoprolol, Simvastatin, Meloxicam, ASS drei größere Voroperationen in den letzten fünf Jahren: „LWS-Versteifung 2008“, „Hüft-TEP links 2009“, „Schulter re. 2012“, bei denen sich anamnestische keine Besonderheiten ergaben Herzrhythmusstörungen Übergewichtigkeit (112 kg/167 cm) bei gut belastbarem Allgemeinzustand (>4 MET’s) mit hypertonen Blutdruckwerten von 180/81 mmHg chronisches Schmerzsyndrom der LWS Schlaf-Apnoe-Syndrom mit CPAP-Therapie die Fragen nach Zahnkrankheiten, lockeren Zähnen, herausnehmbaren Zahnersatz wurde mit „nein“ beantwortet Der Zahnstatus wurde als „fest“ ohne weitere Kommentierung dokumentiert. Die Einschätzung der Intubationsbedingungen ergab für die Kopf-Reklination sowie für den KinnspitzeKehlkopfabstand keine Auffälligkeiten. Der Status nach Mallampati wurde mit „III“ eingestuft. Als morgendliche Prämedikation wurden 3,75 mg Midazolam (Dormicum®) appliziert. Der Gesamtstatus des Patienten wurde nach der Klassifikation der American Society of Anesthesiologists (ASA) mit III eingestuft. Als Anästhesieverfahren wurde eine Allgemeinanästhesie mit Larynxmaske/Intubation geplant und mit dem Patienten besprochen. © Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Aus der Fallsammlung des Schlichtungsausschusses bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Die Aufklärung der Patientin erfolgte nach einem von der DGAI empfohlenen System der Stufenaufklärung mit Hilfe eines „Aufklärungs- und Anamnesebogens zur Anästhesie Erwachsener u. Jugendlicher“ (proCompliance Thieme-Verlag). In dem verwendeten Aufklärungsbogen wird unter anderem auf Seite 3 auf mögliche Zahnschäden als Nebenwirkungen und Komplikationen der Allgemeinanästhesie explizit eingegangen. Auf dem Aufklärungsbogen finden sich unter „Ärztliche Anmerkungen zum Aufklärungsgespräch“ folgende weitere, teilweise unleserliche handschriftliche Zusätze, die, soweit leserlich, wie folgt interpretiert werden: „Patient wünscht VN.“ (Patient wünscht Vollnarkose), „Z/SB/L/(??) Verletzungen“ (Zahn-, Stimmband-, Larynx- und ?-Verletzungen) „Heiserkeit, Halsschmerzen“, „Aspiration Lungenentzündung“, „Beatmungsprobleme“, nächster Eintrag nicht leserlich, „Herz-Kreislaufkom...“ (Herz- Kreislaufkomplikationen), „Allergische R...“(Allergische Reaktionen). Weiterhin erfolgte die Aufklärung und Einwilligung für ein supplementierendes Regionalanästhesieverfahren zur postoperativen Schmerztherapie (3-in1-Block) mit den typischen Komplikationen, die im Zusammenhang dieses Gutachtens keine Rolle spielen. Mit seiner eigenhändigen Unterschrift willigte der Patient in die geplante Allgemeinanästhesie ein. Vermerke über weitere Fragen oder Beschränkungen finden sich auf dem Aufklärungsbogen nicht. Die Allgemeinanästhesie wurde nach Anlage des Regionalanästhesieverfahrens (3-in1Block) unter Verwendung von Propofol (Bolus 2,5 ?) + 60 mg), Sufentanil (25µg + 10µg) und dem Rocuronium (40 mg) als intravenöse Anästhesie eingeleitet unter Verwendung des Hypnotikums Propofol fortgeführt. Nach initialer Denitrogenierung und Maskenbeatmung mit 100% Sauerstoff erfolgte zunächst der erste erfolglose Intubationsversuch, wohl mit einem konventionellen Spatel, danach der Versuch mit einem speziellen an der Spitze beweglichen Spatel nach McCoy. Auch mit der daraufhin eingesetzten Videolaryngoskopie, Verbesserung der Kopflage (Jackson-Position) und Zuhilfenahme eines Mandrins gelang keine Intubation. Schließlich konnte eine Atemwegssicherung mit Hilfe einer Larynxmaske der Größe 5 etabliert werden. Über diesen Ablauf ist handschriftlich notiert: „sehr schwere Intubation Cormack IV° Versuch mit McCoy Spatel Führungsdraht Jackson Position Videolaryngoskopie ohne Erfolg. Nach Rücksprache mit OÄ Dr. X LM #5 ohne Probleme platzierbar. Bei Intubationsversuch Schneidezahn oben re. bisschen beschädigt, ein Teil ist abgebrochen“. Die für diesen Teil dokumentierten Vitalparameter wie auch der Anästhesieverlauf zeigten keine Auffälligkeiten. Neben den üblichen Überwachungsparametern wurde während der Anästhesie ein prozessiertes Elektroenzephalogramm nach der BIS®-Methode abgeleitet. Die dokumentierten Werte zeigen während der Aufrechterhaltung eine Hypnosetiefe um 32–40 an, die eine zu tiefe, aber auch eine zu oberflächliche Anästhesie nach heutigem Kenntnisstand ausschließen können. Die verwendeten Methoden und Medikamente, die Durchführung des verabredeten Anästhesieverfahrens, insbesondere die Verwendung der Larynxmaske nach den fehlgeschlagenen Intubationsversuchen sowie die Dokumentation entsprechen dem heute gängigen Standard des Fachgebietes für Operationen dieser Art und dem Vorgehen bei erschwerter Intubation. Die gutachterliche Betrachtung fokussierte sich also im Wesentlichen auf die Frage, ob der eingetretene Zahnschaden durch das gewählte anästhesiologische Vorgehen in der unmittelbaren Einleitungsphase vermeidbar gewesen wäre. © Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Aus der Fallsammlung des Schlichtungsausschusses bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Grundsätzlich gehören Verletzungen der Zähne und des Zahnhalteapparates zu den typischen Schädigungsmustern narkoseassozierter Komplikationen. Nach Literaturangaben haben die Zahnverletzungen einen Anteil zwischen 40% und 55% an den dokumentierten Narkoseschäden. Insgesamt wird für die Gesamtinzidenz von Narkosezwischenfällen in der Literatur ein relativer großer Bereich zwischen 0,06% und 10,6% angegeben, so dass sich theoretisch ein Risikobereich zwischen 0,0024% und etwa 5% für Zahnschäden errechnen lässt. Neben den Verletzungen der Zähne und des Zahnhalteapparates gelten auch Schädigungen des Kiefergelenks, der Zahnkeime und der sensiblen Innervation des Mund-KieferGesichtsbereichs als typische Komplikationen insbesondere der hier durchgeführten Laryngoskopie. Besonders sind dabei insbesondere die Schneidezähne betroffen. In den meisten Fällen ereignet sich der Zahnschaden bei der Intubation dann, wenn die oberen Frontzähne Kontakt zum Laryngoskopspatel erlangen und durch die Einstellbewegung Scherkräften ausgesetzt sind. Bedingt durch die üblicherweise mit der linken Hand geführte Laryngoskopie sind vor allem die linken Frontzähne gefährdet. Nach einer Untersuchung von Lockhart et al. waren im Oberkiefer in 51% der mittlere Schneidezahn links, gefolgt von linken Schneidezahn (19%) und rechten Schneidezahn (16%) betroffen. Mehrfache Intubationsversuche und Intubationsschwierigkeiten erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Traumatisierung gegenüber einer unkomplizierten Intubation. Die Zahnschäden können aber auch bereits durch das Einführen und die Entfernung von Tuben oder Schläuchen zur Absaugung und die damit zusammenhängende Manipulation entstehen. Dabei können unphysiologische Kräfte auf die Zähne einwirken, z.B. Scherkräfte, insbesondere bei der direkten Laryngoskopie vor Intubation, aber auch bei Narkosen mit Larynxmasken. Selbst bei der Mikrolaryngoskopie ohne endotracheale Intubation wiesen Müller et al. bei zwei von 81 Patienten (Inzidenz 2,5%) Zahnschäden nach. Zahnschäden können auch in etwa einem Viertel der Fälle während der Extubation und der Aufwachphase durch unkontrolliertes Aufbeißen bei noch getrübtem Bewusstsein auftreten. Eine Zahnverletzung auf einen Guedel-Tubus wurden in einer Untersuchung von Vogel et al. in einem Fünftel der Fälle dieser Ursache zugeschrieben. Zahnschäden werden in den meisten Fällen bei bereits mehr oder weniger vorgeschädigten oder fehlgestellten Zähnen beobachtet. Prädisponierende Faktoren werden vor allem in folgenden Risikokonstellationen gesehen: vorbestehende fortgeschrittene Lockerungen der Frontzähne, Überbiss der Frontzähne (Prognathie), fortgeschrittene kariöse Veränderungen der Zahnsubstanz, avitale Zähne, fortgeschrittene marginale Parodontitis, Wechselgebiss, Lückengebiss, ausgedehnte Füllungen, Fehlstellungen der Frontzähne, keramische Versorgung, Gesichtsfehlbildungen und adipöser Habitus mit reduziertem Abstand zwischen Kinn und Kehlkopf. Der Zahnschaden kann in einer Verletzung der Zahnhartsubstanz im Sinne einer Absplitterung, den unterschiedlichen Formen der Kronen- und Wurzelfraktur mit Schädigung des Zahnhalteapparates bis hin zur Totalluxation bestehen. Demzufolge ist ein Zahnschaden bei einer Narkose auch bei sorgfältiger Vorgehensweise grundsätzlich nicht immer vermeidbar. Zwar haben sich hinsichtlich voraussehbarer Intubationsschwierigkeiten, die für einen Zahnschaden prädisponieren können, eine Reihe von Scores (Mallampati, Kinnspitze-Kehlkopfabstand, Kopfreklination) klinisch etabliert, deren negativer Vorhersagewert ist allerdings nicht hoch genug, um auf jeden Fall Intubationsschwierigkeiten im Vorhinein auszuschließen. Im vorliegenden Fall waren vier Risikofaktoren dokumentiert, weswegen die Möglichkeit eines Zahnschadens grundsätzlich als höher einzustufen war: die anatomische Konfiguration eines Mallampati-III-Status eine höhergradige Adipositas © Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Aus der Fallsammlung des Schlichtungsausschusses bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz das Vorliegen eines obstruktiven Schlaf-Apnoe-Syndroms als prädisponierende Faktoren einer erschwerten Intubation und die keramische Versorgung der Frontzähne mit Kronen als Ausdruck einer erhöhten Vulnerabilität des Zahnapparates. Anamnestisch waren bei den Voroperationen des Patienten keine Intubationsschwierigkeiten bekannt geworden. Dies ist der Grund, warum der Patient den eigetretenen Zahnschaden für grundsätzlich vermeidbar hält. Inwieweit Veränderungen zwischen den zurückliegenden Operationen 2012 und 2009 hinsichtlich der Intubationsbedingungen eingetreten sind, konnte nicht festgestellt werden. Es rechtfertigt jedoch durchaus das primär gewählte Vorgehen, trotz eines Mallampati-III-Status eine konventionelle Intubation zu versuchen, da der positive Vorhersagewert bei Fehlen anderer Zeichen lediglich um 40% liegt. Zur Vermeidung von Zahnschäden ist, zumindest für gefährdete Frontzähne, der Einsatz eines Zahnschutzes eine Möglichkeit, den Druck auf die Schneidezähne zu reduzieren. Ausführliche Messungen am Modell zeigen, dass dies grundsätzlich gelingt, jedoch nicht in einem Ausmaß, dass Zahnschäden grundsätzlich vermeidbar wären. Allerdings wird durch Verwendung eines Zahnschutzes die Sicht auf den Kehlkopf durchaus behindert, so dass sich hieraus erst Intubationsschwierigkeiten ergeben können. Bei antizipierten Intubationsschwierigkeiten stehen heute alternative Verfahren zur Laryngoskopie zur Verfügung: bei der video-assistierten Laryngoskopie kommt stärker gebogene Spatel zum Einsatz, der somit eine Sicht gewissermaßen „um die Ecke“ erlaubt. Grundsätzlich ist der Ablauf der gleiche, wie bei einer konventionellen Laryngoskopie, bei der ein Spatel zwischen die Schneidezähne in den Hypopharynx eingeführt wird und mit einer leichten Rotationsbewegung der Kehlkopfeingang für das Einführen des Endotrachealtubus dargestellt wird. Grundsätzlich wird in der vorliegenden Literatur von einem geringeren Risiko von Zahnschäden bei Anwendung der Videolaryngoskopie ausgegangen. Die vollständige Vermeidbarkeit wird auch von dieser Methode nicht erwartet. In diesem Fall gelang mit der Videolaryngoskopie, die nach dem McCoy-Spatel zur Anwendung kam ebenfalls keine Sicht auf den Kehlkopfeingang, die eine sichere Intubation ermöglicht hätte. Neben der Videolaryngoskopie kommen auch eine „fiberoptischen Intubation“ in Frage. Insbesondere bei schweren vorhersehbaren Intubationsschwierigkeiten ist dies die Methode der Wahl, da der Patient bis zur definitiven Atemwegssicherung wach und spotanatmend bleibt. Häufig erfolgt die Einführung des Endotrachealtubus durch ein Nasenloch in Lokalanästhesie. Diese Methode setzt einige Erfahrung voraus, da auch ihr einige schwere Komplikationsmöglichkeiten wie Blutungen, Verletzungen der Nasenbinnenraumes, Laryngospasmus, Aspiration usw. zugerechnet werden müssen, zu denen allerdings intubationsbedingte Zahnschäden nicht gehören. Grundsätzlich wäre ein intubationsbedingter Zahnschaden einzig bei Anwendung dieser Methode voraussichtlich vermeidbar gewesen. In kritischer Würdigung der bei der Aufklärung bereits vorliegenden Hinweise auf eine mögliche schwierige Intubation ist es aus Sicht des Gutachters anzumerken, dass die Anwendung einer Videolaryngoskopie in solchen Fällen Intubationsschwierigkeiten und das damit verbundene Risiko von Zahnschäden durch den Laryngoskopspatel zwar nach Literaturlage nicht vollständig vermeiden, jedoch vermindern kann. Im vorliegenden Fall gelang allerdings auch die Einstellung des Kehlkopfes mit dieser Methode nicht, so dass auch beim primären Einsatz der Videolaryngoskopie von schwierigen Verhältnissen mit der Ausübung entsprechenden Druckes auf die Frontzähne auszugehen ist. Auch der Einsatz eines Zahnschutzes bei überkronten Frontzähnen kann Beschädigungen der empfindlichen Kronensubstanz vermindern, jedoch nicht vollständig ausschließen. Da in diesem Falle wohl anatomische Hindernisse vorlagen, die eine Sicht mit 3 Verfahren, direkte Laryngoskopie, Mc-Coy-Spatel und Videolaryngoskopie erfolglos machten, könnte ein Zahnschutz die Sicht weiter behindert haben und hätte entfernt werden müssen. © Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Aus der Fallsammlung des Schlichtungsausschusses bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Aus der ex-post-Sicht hätte die Spinalanästhesie und die fiberoptische Intubation den intubationsbedingten Zahnschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verhindert. Die Spinalanästhesie lehnte der Patient im Vorhinein ab. Für die primäre Anwendung der fiberoptischen Intubation ergaben sich jedoch in der Vorbereitung keine zwingenden anatomischen und anamnestischen Gegebenheiten. Der Patient hatte in relativ kurzem Abstand vor dem Eingriff bereits zwei Allgemeinanästhesien offensichtlich ohne größere Intubationsschwierigkeiten überstanden. Die vorliegenden Risikofaktoren zeigen auf eine erhöhte statistische Wahrscheinlichkeit, von der angesichts der diesbezüglich leeren Anamnese davon ausgegangen wurde, dass sie sich im vorliegenden Einzelfall nicht zwangsläufig verwirklicht. Insoweit ist es durchaus gerechtfertigt, das aufwendige und ebenfalls mit ernsten Komplikationsmöglichkeiten verbundene Verfahren der fiberoptischen Intubation nicht primär zu Erwägen. Die zusammenfassende Wertung des Gutachters Der eingetretene Zahnschaden stellt eine typische, auch bei sorgfältiger Vorgehensweise nicht immer vermeidbare Komplikation der Narkose dar. Die Vorbereitung des Patienten entsprach dem üblichen Vorgehen des Fachgebietes. Soweit aus den Unterlagen ersichtlich, wurden alle anästhesierelevanten Befunde aus der Anamnese und der körperlichen Untersuchung sorgfältig erhoben und nachvollziehbar dokumentiert. Im Hinblick auf den streitgegenständlichen Zahnschaden bei der Durchführung der Intubation wurden vom prämedizierenden Anästhesisten Zeichen einer möglicherweise erschwerten Intubation durch Erkennen eines Mallampati-III-Status bei ansonsten unauffälligen anderen Anzeichen dokumentiert. Das Risiko, im Rahmen einer Narkose einen Zahnschaden bis hin zum Zahnverlust zu erleiden, kommt in dem verwendeten vorgelegten Aufklärungsbogen ausdrücklich zur Sprache. Zusätzlich war dies, dem handschriftlichen Zusatz zufolge, Gegenstand des individuellen Aufklärungsgesprächs. Somit ist davon auszugehen, dass dem Patient zum Zeitpunkt der Einwilligung in die Intubationsnarkose das Risiko des dann auch tatsächlich eingetretenen Zahnschadens ausreichend bekannt gewesen sein musste. Es ist aus der Dokumentation nicht nachzuvollziehen, ob bei Vorliegen eines Mallampati-III-Status hinsichtlich des Umstandes einer möglichweise erschwerten Intubation und Zahnkronen das erhöhte Risiko einer Zahnschädigung im Sinne einer speziellen Risikoaufklärung mit dem Patient besprochen wurde oder ob es sich um eine vertiefende, jedoch ohne Zusammenhang mit einer möglicherweise erschwerten Intubation um eine Wiederholung dieses Aufklärungsinhalts gehandelt hat. Hinweise auf ein unsorgfältiges Vorgehen bei der Durchführung der Anästhesie ergeben sich nicht. Dass der Zahnschaden tatsächlich während der Einleitungsphase durch die Intubation eingetreten ist, steht nach der Dokumentation außer Zweifel. Vorbestehende Zahnversorgungen mit Kronen disponieren zu einer Verschlechterung des Zahnstatus durch Maßnahmen, die während einer Narkose notwendigerweise getroffen werden müssen. Auch die hier nicht (Zahnschutz) oder erst in zweiter Linie zur Anwendung gekommenen Verfahren (Videolaryngoskopie) können das Risiko eines Zahnschadens zwar vermindern, jedoch nicht vollständig ausschließen. Über die Möglichkeit der dann auch eingetretenen Komplikation wurde der Patient im Vorhinein entsprechend aufgeklärt. Die Entscheidung des Schlichtungsausschusses Der Schlichtungsausschuss ist der Argumentation und Wertung des Gutachters gefolgt und hat ein vorwerfbares ärztliches Fehlverhalten verneint. © Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Aus der Fallsammlung des Schlichtungsausschusses bei der Landesärztekammer Rheinland-Pfalz Literaturangaben des Gutachters 1. Asai T (2006): Dental damage caused by the intubating laryngeal mask airway. Anesth Analg. 103:785. 2. Barash PG, B.F. Cullen, R.K. Stoelting (eds) (1995): Clinical Anesthesia 2nd Ed. Lippincott Raven, Philadelphia, New York 3. Benumof JL (1996): Conventional (laryngoscopic) orotracheal and nasotracheal intubation. In: N. Gravenstein, R. R. Kirby (eds.) Complications in anesthesiology 2nd Ed. Lippincott Raven, Philadelphia, New York 4. Blanc VF, N.A.G. Tremblay NAG (1994): The complications of tracheal intubation: A new classification with a review of the literature. Anesth Analg 53:202. 5. Bohrer H. Komplikationen der Atemwegssicherung. In: Lehrbuch Anästhesiologie AINS Band 1 (Hrsg. Kochs E, Krier C, Buzello W, Adams HA)Thieme 2001;1433 6. Chadwick RG,Lindsay SM. Dental injuries during general anaesthesia. Br Dent J. 1996;180:255. 7. Cormack RS, J. Lehane. Difficult tracheal intubation in obstretrics. Anaesthesia 1984; 39:1105. 8. Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin: Entschließung zur anästhesiologischen Voruntersuchung der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin: Anästh. Intensivmed. 39; 1998: 204. 9. Dick W, A. Encke, H.-P. Schuster (Hrsg.) (1995) Prä- und postoperative Behandlung: präoperative Phase, postoperative Phase, Besonderheiten nach typischen Eingriffen. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; Stuttgart 10. El Orbany M, Woehlck H, Salem MR (2011): Head and neck position during direct laryngosopy. Anesth Analg 113:103. 11. Folwaczny M, Hickel R. Oro-dentale Verletzungen während der Intubationsnarkose. Anästhesist 1998; 47: 707. 12. Givol N, Gershtansky Y, Halamish-Shani T, Taicher S, Perel A, Segal E. (2004) Perianesthetic dental injuries: analysis of incident reports. JClin Anesth. 16:173. 13. Juvin P, Lavaut E, Dupont H et al. (2003) Difficult intubation is mor common in obese than in lean patients. Anesth Analg 97:595. 14. Lee RA, van Zundert AAJ, Maassen RLJG et al (2009) Forces applied to the maxillary incisors during video- assisted intubation. Anaeth Analg 108:187. 15. Lockhart PB, Feldbau EV, Gabel RA, Connolly SF, Silversin JB (1986) Dental complications during and after tracheal intubation. J Am Dent Assoc 112:480 16. Monaca E, Fock N, Doehn M, Winterhalter M, Wappler F (2010): Intubationsbedingte Zahnverletzungen. Anaesthesist 59:319. 17. Müller A, Verges L, Schleier P, Wohlfarth M, Gottschall R: (2002): Inzidenz spatelbedingter Nebenwirkungen der Mikrolaryngoskopie. HNO 50:1057. 18. Noppens RR, Werner C, Piepho T (2010): Indirekte Laryngoskopie. Anaesthesist 59:149. 19. Owen H, Waddell-Smith I. Dental trauma associated with anaesthesia (2000). Anaesth Intensive Care 28:133. 20. Pothmann W, Georgi R. Sicherung der Atemwege. In: Lehrbuch Anasthesiologie AINS Band 1 (Hrsg. Kochs E, Krier C, Buzello W, Adams HA) Thieme 2001; 330 21. Rossaint R, Werner C, Zwißler B (Hrsg.): Die Anästhesiologie. Allgemeine und spezielle Anästhesiologie, Schmerztherapie und Intensivmedizin. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg u. a., 2004 22. Siyam MA, Benhamou D (2002): Difficult endotracheal intubation in patients with sleep apnea syndrome. Anesth Analg 95:1098 23. Stauffer JL, D.E. Olson, T.L. Petty (1981) Complications and consequences of endotracheal intubation and tracheotomy. Am J Med ; 70:65. 24. The American Society of Anesthesiologists (1993) Practice guidelines for management of the difficult airway: a report by the The American Society of Anesthesiologists Task Force on management of the difficult airway. Anesthesiology 78:597. © Landesärztekammer Rheinland-Pfalz