Funktionalanalysis - Abteilung für Angewandte Mathematik

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Funktionalanalysis
Sommersemester 2015
Prof. Dr. Michael Růžička
Inhaltsverzeichnis
1
Einführung und Begriffe
1.1 Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Normierte Vektorräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Metrische und topologische Räume . . . . . . . . . . . . . . .
2
Lineare Funktionalanalysis in Hilberträumen
2.1 Der Hilbertraum . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Der Projektionssatz . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Rieszscher Darstellungssatz . . . . . . . . . . .
2.4 Adjungierte Operatoren . . . . . . . . . . . . .
2.5 Separable Hilberträume und Orthogonalsysteme
2.6 Schwache Konvergenz . . . . . . . . . . . . . . .
2.7 Kompakte lineare Operatoren . . . . . . . . . .
2.8 Das Eigenwertproblem . . . . . . . . . . . . . .
3
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Allgemeine lineare Funktionalanalysis
3.1 Analytische Formulierung des Satzes von Hahn-Banach
3.2 Geometrische Form . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit . . . . . . . .
3.4 Adjungierte lineare Operatoren . . . . . . . . . . . . .
3.5 Schwache Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.6 ∗-Schwache Topologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.7 Reflexive Räume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8 Die Lebesgueräume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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97
101
108
114
122
129
142
4
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 1
Einführung und Begriffe
chap1
1.1
Einführung
Die Funktionalanalysis beschäftigt sich mit unendlich-dimensionalen Vektorräumen, in denen ein Konvergenzbegriff (Topologie) gegeben ist, sowie
den Abbildungen zwischen ihnen. Besonders angestrebt sind Ergebnisse, die
sich auf konkrete Funktionenräume (z.B. C[a, b], L2 (Ω) etc.) und konkrete
Gleichungen (z.B. Integralgleichungen oder partielle Differentialgleichungen)
anwenden lassen.
Die Betrachtungsweise der Funktionalanalysis, Funktionen als Punkte in
einem unendlich-dimensionalen Raum aufzufassen und so geometrische Überlegungen u.ä. anzuwenden, hat sich als sehr fruchtbar erwiesen und zu einer
enormen Bereicherung der Analysis geführt. Die Sätze der Funktionalanalysis zeichnen sich durch ihre Allgemeinheit (bez. der Raumdimension) aus
und führen zu einem tieferen Verständnis zahlreicher Zusammenhänge.
Die Funktionalanalysis ist ein Produkt des 20. Jahrhunderts. Der Name
kommt von dem Wort Funktional“. Ein lineares Funktional ist eine lineare
”
Abbildung eines Vektorraumes in seinen Grundkörper. Ist dieser Vektorraum
selbst ein Funktionenraum, so sind die Argumente des Funktionals Funktionen. Um nicht von einer Funktion von Funktionen zu sprechen, verwendeten
die damaligen Mathematiker das Wort Funktional“. (Heute würde man sich
”
daran wohl weniger stören.) Da in den Anwendungen der Funktionalanalysis viel mit solchen Abbildungen - also Funktionen von Funktionen, letztere
aufgefaßt als Punkte eines Vektorraumes - gearbeitet wird, erklärt sich auf
diese Weise der Name Funktionalanalysis“.
”
Ein Teilgebiet der Funktionalanalysis ist die lineare Funktionalanalysis,
woraus die Themenbereiche der Vorlesung entnommen sind. Sie befaßt sich
unter anderem mit der Lösbarkeit von linearen Gleichungen Au = f , wobei
hier A von einem Funktionenraum linear in einen anderen abbildet. Man
1
2
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
betrachte z. B. die Gleichung
−∆u = f.
Hier ist der Laplaceoperator (−∆) dann eine Lineare Abbildung welche von
C 2 (Rn ) → C(Rn ) abbilden würde.
Der linearen Funktionalananlysis steht die nichtlineare Funktionalanalysis
gegenüber. Diese befasst sich beispielsweise mit Fixpunktsätzen welche es
dann ermöglichen die (nicht immer eindeutige) Lösbarkeit nichtlinearer Gleichungen A(u) = f zu zeigen.
Eine zentrale Idee der Funktionalanalysis ist die Verallgemeinerung bekannter Ergebnisse aus dem endlichdimensionalen auf den unendlichdimensionalen Fall zu übertragen. Hierbei ist allerdings größte Vorsicht geboten,
wie die folgenden im Rn ungewohnten Effekte zeigen sollen:
Im Rn ist jede surjektive lineare Abbildung auch injektiv (und umgekehrt).
Im unendlichen ist beides falsch:
a) Surjektive lineare Abbildungen können einen nichttrivialen
Kern haben.
Beispiel: Sei
V = { (cj )j∈N cj ∈ R }
der unendlich-dimensionale Vektorraum der reellen Folgen. Hier ist die komponentenweisen Addition die additive Verknüpfung und die komponentenweise Multiplikation mit Skalaren α ∈ R die Skalarmultiplikation. (Man könnte
V = R∞ oder besser Rω schreiben.) Die lineare Abbildung A : V → V sei
für c = (cj )j∈N definiert durch
Ac = (c2 , c3 , c4 , . . .).
Offensichtlich ist A(V ) = V , aber A(c1 , 0, 0, . . .) = (0, 0, . . .).
b) Ist der Kern N (A) einer linearen Abbildung trivial, so ist A
nicht notwendig surjektiv.
Beispiel: V sei wieder wie oben definiert. Sei Ac = (0, c1 , c2 , c3 , . . .). Aus
Ac = 0 folgt c = 0, also N (A) = 0. Offensichtlich ist aber A(V ) ein echter
Teilraum von V .
c) Lineare Abbildungen - selbst einfachster Art - müssen keinen
Eigenwert haben.
Beispiel: Sei C([a, b]) der Vektorraum der R-wertigen stetigen Funktionen
auf [a, b] (mit der componentenweisen Addition und Skalarmultiplikation).
Sei A : C([a, b]) → C([a, b]) definiert durch
(Af )(x) = (sin x)f (x)
1.1. EINFÜHRUNG
3
A ist ein sehr einfacher und häufig auftretender linearer Operator, nämlich
ein Multiplikationsoperator - die Multiplikation mit sin x.
Trotzdem hat A keinen Eigenwert. Andernfalls gäbe es ein f ∈ C[a, b], f 6≡ 0
(d.h. f ist nicht die Null-Funktion) und ein λ ∈ R (oder C) mit (sin x)f (x) =
λf (x). Wenn aber f 6≡ 0, so existiert ein x0 ∈ [a, b] mit f (x) 6= 0 für x ∈
U (x0 ). Dort könnten wir durch f (x) teilen und erhielten
sin x = λ = const , für alle x ∈ U (x0 ) .
Dies ist nicht möglich, da die Sinusfunktion auf keiner offenen Menge konstant
ist. Also hat A keinen Eigenwert.
Man bemüht sich in der Funktionalanalysis, durch Zusatzbedingungen an
A die im Rn bekannten Sätze zu retten. Im Falle der “Eigenwertproblematik” gibt man Klassen von linearen Operatoren (= Abbildungen) an, für
die das Eigenwertproblem ähnlich wie bei n × n-Matrizen behandelt werden
kann. Außerdem werden verschiedene Abschwächungen des Begriffs Eigen”
wert“ eingeführt, um eine Analogie zu n × n-Matrizen zu bekommen. Zudem sind diese Abschwächungen durch die Quantenphysik motiviert. Hiermit
beschäftigt sich die Spektraltheorie“, welche wir im Abschnitt 2.8 bespre”
chen werden.
Es hat sich herausgestellt, daß die meisten Funktionenräume mit welchen
man Analysis betreiben möchte eine Norm oder zumindest eine Metrik
besitzen. Bekannte Beispiele sind:
C([a, b], || · ||∞ ), L2 ([a, b], || · ||L2 ([a,b]) ).
Vektorräume mit einer Norm heißen normierte Vektorräume. Eine Norm
impliziert immer eine Metrik und eine Metrik impliziert immer einen Konvergenzbegriff (eine Topologie). In Funktionenräumen gibt es jedoch weitere
Konvergenzbegriffe, wie das nächste Beispiel zeigt:
d) In unendlichdimensionalen Räumen gibt es häufig mehrere
natürliche Konvergenzbegriffe.
Im Rn gibt es außer der euklidischen Norm noch beliebig viele andere Normen
- diese sind aber alle äquivalent und induzieren somit denselben Konvergenzbegriff. In unendlichdimensionalen Räumen ist dies anders.
Beispiel: Wir betrachten den Vektorraum
∞
X
V = ` := { (cj )j∈N
|cj |2 < ∞ } .
2
j=1
4
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
Durch kωk`2 = (
∞
P
|ωk |2 )1/2 ist auf V einen Norm gegeben.
k=1
Hier hat man zunächst die Konvergenz in der Norm auch die starke
`2 -Konvergenz genannt:
cj → c in `2
kcj − ck`2 → 0 für j → ∞ .
⇐⇒
Zusätzlich hat man die punktweise Konvergenz:
cj → c punktweise
j→∞
cji −→ ci für alle i ∈ N .
⇐⇒
Diese punktweise Konvergenz oder auch komponentenweise Konvergenz hängt nur von der Norm des Grundkörpers ab; also in unserem Falle
dem Betrag in R. Im Rn sind die letzten beiden Konvergenzen äquivalent.
Im unendlichem nicht; die Folge cj = (0, ..., 0, j , 0, ...) geht punktweise
j-te Stelle
gegen (0, 0, ...) jedoch ist ||cj ||`2 = j → ∞.
Die dritte wichtige natürliche Konvergenz ist die schwache Konvergenz,
die wir später kennen lernen werden.
Wir haben also Vektorräume auf welchen mehrere Konvergenzbegriffe existieren. Daraus ergibt sich die Frage, wie diese Begriffe zusammenhängen.
Tatsächlich besteht die Grundlage der Funktionalanalysis in der Untersuchung der Verträglichkeit von Vektorraumstruktur mit der Konvergenzstruktur (d.h. Norm, Metrik, Topologie). Wie empfindlich dieses Verhältnis ist
zeigt das nächste wichtige Beispiel:
e) Lineare Abbildungen sind nicht notwendig stetig.
Sei V der Vektorraum der Polynome auf [−2, 2], versehen mit der
gleichmäßigen Konvergenz als Konvergenzbegriff, d.h.
pj → p
⇐⇒
kpj − pk∞ → 0 für j → ∞.
Hierbei ist
kqk∞ = max |p(x)|.
x∈[−2,2]
Wir definieren die lineare Abbildung A : V → V , indem wir sie auf den
Basiselementen xn definieren:
Axn = 3n xn .
Mit pn (x) =
1
xn
(2,5)n
gilt pn → 0 (n → ∞), aber
kApn (x)k∞ =
3n · 2n
→ ∞.
(2, 5)n
1.2. NORMIERTE VEKTORRÄUME
5
Schließlich betonen wir noch, dass man auch das konkrete Studium einzelner Funktionenräume zur Funktionalanalysis zählen kann. Es gibt zahllose
Funktionenräume in der Analysis welche besondere Beachtung verdienen.
Der Anfänger kennt vermutlich die Räume C[a, b] , C 1 (Ω), C m (Ω), C ∞ (Ω),
C 0,α (Ω), L2 (Ω), Lp (Ω). Man benötigt diese vielen Funktionenräume und deren besondere Eigenschaften unter anderem, um (allgemeine) Sätze der Funktionalanalysis einer konkreten Situation anzupassen.
1.2
Normierte Vektorräume
sec:2.1.1
norm 2.1 Definition. Ein Vektorraum V über R bzw. C, heißt normiert, wenn
es eine Abbildung k · k : V → R+ gibt, die Norm, so dass für alle x, y ∈ V
und alle λ ∈ R bzw. C gilt:
(N1) Positiv definit, d.h. kxk ≥ 0 und kxk = 0 ⇔ x = 0.
(N2) Positiv homogen, d.h. kλxk = |λ|kxk.
(N3) Dreiecksungleichung, d.h. kx + yk ≤ kxk + kyk.
Man schreibt (V, k · k) um den normierten Vektorraum V mit Norm k · k zu
notieren.
Wenn aus dem Zusammenhang klar ist, um welche Norm es sich handelt
schreibt man oft nur V statt (V, k · k). Wir werden uns meistens auf Vektorräume über R beschränken, und geben deshalb explizit an, wenn dies nicht
der Fall ist.
Beispiele:
(i) Für den euklidischen Vektorraum Rn sind durch
kxk2 :=
n
X
|xi |2
12
,
i=0
kxkp :=
n
X
p
|xi |
p1
,
1 ≤ p < ∞,
i=0
kxk∞ := max |xi |,
i=1,...,n
wobei x = (x1 , ..., xn ) ∈ Rn , Normen definiert.
6
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
(ii) Die Lebesgue-Räume Lp (Ω). Sei Ω ⊆ Rn eine Lebesgue-messbare Menge. Wir bezeichnen mit Lp (Ω), 1 ≤ p < ∞, den Vektorraum aller
(Äquivalenzklassen) Lebesgue–messbarer Funktionen f : Ω → R mit
Z
|f (x)|p dx < ∞ .
Ω
Mit L∞ (Ω) bezeichnen wir den Vektorraum aller (Äquivalenzklassen)
Lebesgue–messbarer Funktionen f : Ω → R für die eine Konstante
K > 0 existiert, so dass für fast alle x ∈ Ω gilt:
|f (x)| ≤ K .
Mit den Normen
kf kp :=
Z
p
|f (x)| dx
p1
,
1 ≤ p < ∞,
Ω
kf k∞ := ess sup |f (x)| ,
p = ∞,
x∈Ω
wird (Lp (Ω), k · kp , 1 ≤ p ≤ ∞, zu einem normierten Vektorraum.
Mit Hilfe der Norm kann man einen Konvergenzbegriff definieren und
somit einen Vollständigkeitsbegriff:
2.2 Definition. Sei (V, k · k) ein normierter Vektorraum.
(i) Eine Folge (xn ) ⊆ V konvergiert (stark oder auch in der Norm)
gegen x ∈ V genau dann, wenn kxn − xk → 0 für n → ∞. Man schreibt
xn → x (n → ∞).
(ii) Die Folge (xn ) ⊆ V heißt Cauchyfolge wenn für alle ε > 0 ein n0 ∈ N
existiert, so dass für alle n, k ≥ n0 gilt : kxn − xk k ≤ ε.
2.3 Definition. Ein normierter Vektorraum V heißt vollständig genau
dann, wenn jede Cauchyfolge einen Grenzwert (in V ) besitzt. Ein vollständiger normierter Vektorraum heißt Banachraum (B-Raum).
Beispiele:
(i) (Rn , k · kp ), 1 ≤ p ≤ ∞, ist ein vollständiger normierter Vektorraum.
Man beachte, dass alle Normen im Rn äquivalent sind.
(ii) (Lp (Ω), k · kp ). In Analysis III wird gezeigt (Satz von Fischer–Riesz),
dass diese Räume vollständig sind. Die Lp −Normen sind natürlich nicht
äquivalent und deswegen unterscheiden sich auch die Räume.
1.2. NORMIERTE VEKTORRÄUME
7
(iii) Der Raum der stetigen Funktionen. Sei Ω ⊆ Rn ein beschränktes Gebiet, d.h. Ω ist offen und zusammenhängend. Mit C(Ω) bezeichnen
wir die Menge aller beschränkten und gleichmäßig stetigen Funktionen
f : Ω → R. Der Raum (C(Ω), k · k∞ ) ist auch ein vollständiger normierter Vektorraum. Dazu beachte man, dass für stetige Funktionen
kf k∞ = supx∈Ω |f (x)| gilt. Somit impliziert || · ||∞ die gleichmässige
Konvergenz von stetigen Funktionen. Aus Analysis II wissen wir, dass
jede Folge von stetigen Funktionen welche gleichmässig konvergiert, eine stetige Grenzfunktion hat; d.h. der Grenzwert liegt wieder in C(Ω).
(iv) Der Raum (C(Ω), || · ||p ), wobei Ω ein beschränktes Gebiet ist, ist ein
normierten Raum, der nicht vollständig ist.
Eine wichtige Rolle in der Funktionalanalysis spielt die Zusammenführung
von Vektorraumstruktur und Normstruktur, welches gerade die beiden Qualitäten eines normierten Vektorraums (bzw. Banachraumes) sind. Die kanonischen (strukturerhaltenden) Abbildungen für normierte Vektorräume sind
die stetigen linearen Abbildungen:
2.4 Definition. Beliebige Abbildungen eines normierten Vektorraumes in
einen anderen normierten Vektorraum werden Operatoren genannt. Seien
X, Y normierte Vektorräume und A : X → Y ein Operator. Dann heißt der
Operator A:
(i) Linear, wenn für alle x, y ∈ X und alle α, β ∈ R bzw. C gilt:
A(αx + βy) = αAx + βAy.
(ii) Beschränkt, wenn A beschränkte Mengen in X in beschränkte Mengen in Y abbildet.
(iii) Stetig in x0 , wenn für alle ε > 0 ein δ > 0 existiert, so dass für alle
x ∈ X mit kx − x0 kX < δ folgt, dass kAx − Ax0 kY < ε.
(iv) Stetig, wenn A stetig in allen x0 ∈ X ist.
Linearität ist eine starke Eigenschaft. Im endlichdimensionalen ist jede
lineare Funktion automatisch sofort auch (global Lipschitz-) stetig und beschränkt. Im unendlichdimensionalen ist die Stetigkeit zwar nicht automatisch gegeben, jedoch kann man sie vermeidlich schwächer charakterisieren;
sie folgt zum Beispiel schon aus der Stetigkeit in nur einem Punkt!
stetigbesch 2.5 Satz. Seien X, Y normierte Vektorräume und A : X → Y ein linearer
Operator, dann sind die folgenden Aussagen äquivalent:
8
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
(i) A ist stetig,
(ii) A ist stetig in 0,
(iii) sup||x||X ≤1 ||Ax||Y < ∞,
(iv) A ist beschränkt.
Beweis : Übung.
Der Raum der beschränkten, linearen Operatoren A : X → Y ist offensichtlich wieder ein Vektorraum; er wird mit L(X, Y ) bezeichnet. Er ist sogar
ein normierter Vektorraum, denn durch
|||A||| := sup kAxkY
(2.6) d1.2a
kxkX ≤1
ist auf L(X, Y ) eine Norm gegeben, die Operatornorm, wie wir gleich beweisen werden:
dualbanach 2.7 Lemma. Seien X, Y normierte Vektorräume.
(i) Der Raum (L(X, Y ), ||| · |||) ist ein normierter Vektorraum.
(ii) Ist Y ein Banachraum, so ist auch (L(X, Y ), ||| · |||) ein Banachraum.
Beweis : Zu (i):
Für A, B ∈ L(X, Y ) und λ ∈ R bzw. C gilt:
k(A + B)xkY ≤ kAxkY + kBxkY ,
kλAxkY = |λ| kAxkY ,
woraus die Normaxiome (N2) und (N3) folgen. Wenn nun |||A||| = 0 so ist
x
||Y > 0. Damit
A ≡ 0, denn wenn Ax 6= 0 so ist wegen der Linearität ||A ||x||
X
haben wir die drei Normaxiome aus Definition 2.1 gezeigt. L(X, Y ) ist also
ein normierter Vektorraum
Zu (ii):
Sei (Ak ) ⊆ L(X, Y ) eine Cauchyfolge von Operatoren, d.h. für alle ε > 0
existiert ein n0 , so dass für alle n, k ≥ n0 gilt, |||Ak − An ||| < ε. Für x ∈ X ist
(Ak x) eine Folge in Y und es gilt:
kAk x − An xkY = k(Ak − An )(x)kY ≤ |||Ak − An |||kxkX < εkxkX .
Daraus folgt, dass (Ak x) eine Cauchyfolge in Y ist. Da Y ein Banachraum
ist existiert lim Ak x =: Ax. Dieser punktweise definierte Grenzoperator ist
k→∞
1.3. METRISCHE UND TOPOLOGISCHE RÄUME
9
eine lineare Abbildung von X nach Y , da alle Ak linear sind. Es bleibt zu
zeigen, dass A auch beschränkt ist: Für x ∈ X und ε > 0 beliebig gilt
k(A−An )(x)kY = lim k(Ak −An )(x)kY ≤ lim |||Ak −An |||kxkX < εkxkX < ∞,
k→∞
k→∞
falls n ≥ n0 . Daraus folgt, dass A − An ∈ L(X, Y ) ist und damit ist auch A =
(A − An ) + An ein Element aus L(X, Y ). Des Weiteren gilt An → A (n → ∞)
in L(X, Y ), denn
|||A − An ||| = sup lim k(Ak − An )(x)kY
||x||X ≤1 k→∞
≤ sup lim |||Ak − An |||kxkX ≤ ε sup kxkX ≤ ε
||x||X ≤1 k→∞
||x||X ≤1
für alle n > n0 . Dies impliziert |||A − An ||| → 0 für n → ∞, d.h. An → A in
L(X, Y ).
2.8 Definition. Sei X ein normierter Vektorraum über R bzw. C. Der Raum
L(X, R) bzw. L(X, C) der beschränkten, linearen Funktionale heißt Dualraum von X und wird als X ∗ bezeichnet. Für f ∈ X ∗ , x ∈ X schreibt man
hf, xiX ∗ ,X = hf, xiX = hf, xi := f (x)
und nennt h·, ·iX ∗ ,X das Dualitätsprodukt zwischen X und X ∗ .
Da R bzw. C Banachräume sind, ist auch X ∗ nach Lemma 2.7 immer eine
Banachraum.
1.3
Metrische und topologische Räume
Im weiteren beschäftigen wir uns mit topologischen Eigenschaften. Wie man
am Beispiel d) aus der Einführung sieht gibt es verschiedene “Konvergenzen”.
Konvergenz ist eine topologische Eigenschaft, weshalb wir uns etwas mit Topologie an dieser Stelle beschäftigen. Die zwei weiteren zentralen topologischen Eigenschaften welche wir in der Analysis benötigen sind Stetigkeit und
Kompaktheit. Zuerst wiederholen wir den Begriff des metrischen Raumes.
3.1 Definition. Ein metrischer Raum ist eine Menge M versehen mit einer Abstandsfunktion d : M ×M → R, der Metrik, welche für alle x, y, z ∈ M
folgende Eigenschaften besitzt:
(M1) Positiv definit, d.h. d(x, y) ≥ 0 und es gilt d(x, y) = 0 ⇔ x = y.
10
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
(M2) Symmetrisch, d.h. d(x, y) = d(y, x).
(M3) Dreiecksungleichung, d.h. d(x, y) ≤ d(x, z) + d(z, y).
Beispiele:
(i) Der (Rn , k · kp ) mit der von der Norm induzierten Metrik d(x, y) =
kx − ykp
(ii) Jeder normierte Vektorraum (X, || · ||) mit d(x, y) = ||x − y||.
(iii) Die diskrete Metrik, auf einer beliebigen Menge, mit d(x, y) = 1 für
x 6= y und d(x, x) = 0.
Eine Metrik ist die schwächste Form eines Abstandbegriffes. Deshalb kann
man die Begriffe “konvergente Folge“, “Cauchyfolge“ und “Vollständigkeit“
analog zu normierten Vektorräumen definieren. Sei (xn ) eine Folge eines
metrischen Raumes (M, d). Sie konvergiert gegen x genau dann, wenn
d(xn , x) → 0 für n → ∞. Sie heißt Cauchyfolge wenn für alle ε > 0 ein
n0 ∈ N existiert, sodass für alle n, k ≥ n0 gilt: d(xn , xk ) ≤ ε. Ein metrischer
Raum heißt vollständig, wenn jede Cauchyfolge einen Grenzwert besitzt.
In metrischen Räumen kann man auch definieren was offene Mengen sind.
3.2 Definition. Sei (M, d) ein metrischer Raum. Die Menge
Br (x) := {y ∈ M d(x, y) < r}
heißt offener Ball um x mit Radius r. Eine Menge O ⊆ M heißt offen,
wenn für alle x ∈ O ein rx > 0 existiert, so dass Brx (x) ⊆ O.
3.3 Lemma. In einem metrischer Raum (M, d), hat das System der offenen
Mengen folgende Eigenschaften:
(T1) M und ∅ sind offen.
(T2) Beliebige Vereinigungen von offenen Mengen sind offen.
(T3) Endliche Durchschnitte von offenen Mengen sind offen.
T
Beweis : (T1) und (T2) sind trivial. Zu (T3): Sei x ∈ ni=1 Oi so existiert
für alle Oi ein ri > 0, so dass Bri (x) ⊆ Oi . Damit gilt für r = min ri , dass
i
T
Br (x) ⊆ ni=1 Oi .
Diese Eigenschaften der offenen Mengen in metrischen Räumen motivieren den Begriff des allgemeinen topologischen Raumes:
1.3. METRISCHE UND TOPOLOGISCHE RÄUME
11
3.4 Definition. Sei X eine Menge und τ ein System von Teilmengen
von X (d.h. τ ⊆ 2X ). Falls die Axiome τ (T 1) − (T 3) erfüllt, so heißt
τ Topologie auf X. Das Paar (X, τ ) bezeichnen wir als topologischen
Raum. Ein topologischer Raum (X, τ ) heißt Hausdorffraum, wenn für
alle x, y ∈ X, x 6= y, Elemente U, V ∈ τ existieren, so dass x ∈ U, y ∈ V
und U ∩ V = ∅.
Die Elemente aus τ heißen offene Mengen. Eine Menge A ⊆ X heißt
abgeschlossen genau dann, wenn X \ A offen ist, d.h. X \ A ∈ τ . Das
System der offenen Mengen in metrischen Räumen, nennen wir die von der
Metrik induzierte Topologie. Eine von einer Metrik induzierte Topologie
hat immer die Hausdorffeigenschafft.
Beispiele:
(i) (M, d) metrischer Raum mit τ := System aller offenen Mengen ist Hausdorff.
(ii) (R, |·|), wobei τ := System aller offenen Mengen; dies ist ein Spezialfall
von (i).
(iii) (X, {∅, X}), die chaotische Topologie (keine Metrik und nicht Hausdorff!!).
(iv) (X, 2X ), die diskrete Topologie (induziert von der diskreten Metrik,
also Hausdorff).
Im folgenden zeigen wir, dass Konvergenz, Stetigkeit und Kompaktheit
mit offenen Mengen alleine definiert werden können. Wir vereinbaren außerdem, dass im Weiteren alle topologischen Räume Hausdorff-Räume sind!
Um Konvergenz in topologischen Räumen zu verstehen, bietet es sich an den
Begriff der Umgebung zu definieren:
umgeb 3.5 Definition. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum.
(i) V ⊆ X heißt Umgebung von x ∈ V , wenn ein U ∈ τ existiert, so
dass x ∈ U ⊆ V .
(ii) Das System der Umgebungen um x wird mit V (x) bezeichnet.
(iii) Eine Umgebungsbasis eines Punktes x ∈ X ist ein System (Vi )i∈I
von Umgebungen von x, so dass für beliebige Umgebungen V ∈ V (x)
ein i ∈ I existiert, so dass Vi ⊆ V ist.
Nun kann man ganz kanonisch die Konvergenz definieren:
12
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
3.6 Definition. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum. Eine Folge (xn )n∈N ⊆ X
konvergiert gegen x ∈ X, wenn für alle Umgebungen V von x ein n0 ∈ N
existiert, so dass (xn )n>n0 ⊆ V .
Wichtig: In Hausdorffräumen konvergiert jede Folge gegen höchstens
einen Grenzwert; wegen der Trennungseigenschafft.
Beispiel: Im Falle des metrischen Raumes gibt es für alle x ∈ M eine
abzählbare Umgebungsbasis, nämlich die Bälle {B(1/n) (x) | n ∈ N}. Damit
ergibt sich, dass der topologische Konvergenzbegriff (von Folgen) mit dem
metrischen Konvergenzbegriff übereinstimmt.
Über den Umgebungsbegriff ist es möglich Inneres, Äußeres und den Rand
zu definieren:
3.7 Definition. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum, und M ⊆ X.
(i) Ein Punkt x ∈ M heißt innerer Punkt von M ⊆ X, wenn ein V ∈
V (x) existiert, so dass V ⊆ M .
(ii) Ein Punkt x ∈ X ist Randpunkt von M ⊆ X, wenn für alle V ∈
V (x), V ∩ M 6= ∅ und V ∩ (X\M ) 6= ∅ gilt.
(iii) Der Rand ∂M von M ist definiert als
∂M := {x ∈ X x ist Randpunkt von M }.
(iv) Das Innere ist definiert als
int(M ) = M ◦ =: {x ∈ M x ist innerer Punkt von M}.
(v) Der Abschluss ist definiert als
M := M
[
∂M = int(M )
·
[
∂M.
abschluss 3.8 Lemma. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum.
(i) Eine Menge ist offen genau dann, wenn sie Umgebung all ihrer Punkte
ist.
(ii) Der Abschluss einer Menge ist abgeschlossen.
(iii) Das Innere einer Menge ist offen.
(iv) Wenn A ⊆ X abgeschlossen ist, so gilt für alle (xn )n∈N ⊆ A mit
xn → x, dass x ∈ A.
1.3. METRISCHE UND TOPOLOGISCHE RÄUME
13
(v) In Räumen wo jeder Punkt eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt (z.B.
in metrischen Räumen) gilt auch die Rückrichtung von (iv).
Beweis : Übung
Die zentrale Verbindung zwischen Abschluss und Konvergenz wird uns
oft nützlich sein. Unter anderem durch dichte Teilmengen:
3.9 Definition. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum. Eine Menge N ⊂ M
heißt dicht in M , wenn N = M . Der Raum (X, τ ) heißt separabel, wenn
es eine dichte abzählbare Menge in X gibt.
Beispiele:
(i) Rn ist separabel, da Qn = Rn .
(ii) C0∞ (Ω) ist dicht in L2 (Ω), da für alle f ∈ L2 (Ω) eine Folge (fn )n∈N ⊆
C0∞ (Ω) existiert, so dass fn → f in L2 (Ω) (Analysis III, Satz 9.17).
L2
Damit folgt nach Lemma 3.8, dass C0∞ (Ω) = L2 (Ω). Nach dem Satz
von Weierstraß kann jede stetige Funktion beliebig genau durch Polynome mit rationalen Koeffizienten approximiert werden. Also ist L2 (Ω)
separabel.
Durch Lemma 3.8 wird deutlich welch zentraler topologischer Begriff die
Umgebung ist. Daher ist es nicht verwunderlich, dass sich eine Topologie
auch über Umgebungssysteme definieren lässt.
3.10 Definition. Wenn ein System von Mengen V (x) ⊆ 2X , x ∈ X, die
Eigenschaften
(U1) Für alle V ∈ V (x) gilt x ∈ V .
(U2) Ist V ∈ V (x) und M ⊇ V , so ist auch M ∈ V (x).
(U3) Sind V1 , V2 ∈ V (x), so ist auch V1 ∩ V2 ∈ V (x).
(U4) Für alle V ∈ V (x) gibt es ein W ∈ V (x), so dass für alle y ∈ W auch
V ∈ V (y) ist.
besitzt, dann heißt V (x) ein Umgebungssystem um x.
3.11 Lemma. Sei M eine Menge.
(i) Ist τ eine Toplogie auf M , so erfüllen die Systeme von Umgebungen
V (x) aus Definition 3.5 die Axiome (U1) - (U4).
14
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
(ii) Erfüllen Mengensysteme V (x) die
so ist
τ := O ⊆ M
Axiome (U1) - (U4) für alle x ∈ X,
\
O ∈
V (x)
x∈O
eine Topologie auf X.
Beweis : Übung.
Nun zur topologisch definierten Stetigkeit:
3.12 Definition. Seien (X, τ ) und (Y, σ) topologische Räume und sei
f : (X, τ ) → (Y, σ) eine Abbildung. Die Abbildung f heißt stetig in x ∈ X,
wenn es für alle Umgebungen V ∈ V (f (x)) eine Umgebung U ∈ V (x) gibt,
so dass f (U ) ⊆ V . f heißt folgenstetig in x ∈ X, wenn für alle Folgen
(xn )n∈N ⊆ X welche (bezüglich τ ) gegen x konvergieren gilt f (xn ) → f (x)
(bezüglich σ). Die Funktion f : X → Y ist stetig (folgenstetig) wenn f in
jedem x ∈ X stetig (folgenstetig) ist.
Beispiele:
(i) Die stetigen Funktionen bezüglich der natürlichen Topologien von Rn
und Rm sind gerade die bekannten stetigen Funktionen. (Siehe Lemma 3.13).
(ii) Jede Funktion ist stetig bezüglich der diskreten Topologie im Urbildbereich, oder bezüglich der chaotischen im Bildbereich.
(iii) Die konstanten Funktionen sind immer stetig.
stetig 3.13 Lemma. Für f : X → Y und (X, τ ), (Y, σ), topologische Räume sind
folgende Aussagen äquivalent:
(i) f ist stetig.
(ii) Die Urbilder offener Mengen sind offen.
(iii) Die Urbilder abgeschlossener Mengen sind abgeschlossen.
Hat (X, τ ) in jedem Punkt eine abzählbare Umgebungsbasis, so kommt noch
die Äquivalenz hinzu:
(iv) f ist folgenstetig. (Dieses ist im allgemeinen eine schwächere Stetigkeit!)
1.3. METRISCHE UND TOPOLOGISCHE RÄUME
15
Beweis : Übung
Da ein metrischer Raum eine abzählbare Umgebungsbasis besitzt, sind
Stetigkeit und Folgenstetigkeit in metrischen Räumen äquivalent.
Nun schlussendlich zur Kompaktheit:
3.14 Definition. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum. Die Menge K ⊆ X
heißt (überdeckungs-)kompakt, wenn man aus jeder offenen Überdeckung
von K eine endliche Teilüberdeckung auswählen kann, d.h., falls
[
K⊆
Uλ
Uλ ∈ τ,
λ∈Λ
so existieren λ1 , . . . , λn ⊂ Λ, so dass K ⊆
n
S
Uλj . Eine Menge K ⊆ X heißt
j=1
relativ kompakt, wenn K kompakt ist.
Beispiele
(i) Im Rn sind die kompakten Mengen bezüglich der natürlichen Topologie
gerade die Mengen welche abgeschlossenen und beschränkt sind.
(ii) Bezüglich der diskreten Topologie sind nur endlich viele Punkte kompakt, bezüglich der chaotischen sind alle Mengen kompakt.
ngeRelKompakt 3.15 Lemma. Sei (X, τ ) ein topologischer Raum und K ⊆ X kompakt.
Dann gilt:
(i) K ist abgeschlossen.
(ii) Jede Teilmenge M von K ist relativ kompakt.
Beweis :
Zu (i): K ist abgeschlossen genau dann, wenn X \ K offen ist. Sei
nun x0 ∈ X \ K so existieren für alle y ∈ K Mengen Uy , Vy ∈ τ , so dass
x0 ∈ Vy , y ∈ Uy und Uy ∩ Vy = ∅ (wegen der Hausdorffeigenschafft). Da
n
S
S
K ⊆
Uy , gibt es y1 . . . yn ∈ K so dass K ⊆
Uyi =: U. Da nun nach
i=1
y∈K
Konstruktion x0 ∈
n
T
Vyi =: V , welches als endlicher Durchschnitt offener
i=1
Mengen offen ist, und U ∩ V = ∅, so folgt, dass V ⊆ X \ U ⊆ X \ K, woraus
die Behauptung folgt.
16
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
S Zu (ii): Sei M ⊆ K. WirSwollen zeigen, dass M kompakt ist. Aus M ⊆
Ui mit Ui ∈ τ folgt K ⊆
Ui ∪ X \ M . Die Behauptung folgt nun aus
i∈I
i∈I
der Kompaktheit von K.
Man erinnert sich, dass im Rn jede Folge welche in einer kompakten Menge
enthalten ist, eine konvergente Teilfolge besitzt. Dies ist zumindest in metrischen Räumen auch der Fall.
dekompakt 3.16 Definition. Sei X ein topologischer Raum. Eine Menge A ⊂ X heißt
(i) relativ folgenkompakt, wenn für alle (xn ) ⊆ A eine in X konvergente Teilfolge (xnk ) ⊆ (xn ) existiert, d.h für ein x ∈ X gilt xnk → x
für k → ∞.
(ii) folgenkompakt, wenn für alle (xn ) ⊆ A eine in A konvergente Teilfolge (xnk ) ⊆ (xn ) existiert, d.h für ein x ∈ A gilt xnk → x für k → ∞.
Sei X zusätzlich ein metrischer Raum, dann heißt A ⊂ X
(iii) präkompakt, wenn für alle ε > 0 ein endliches ε-Netz existiert, d.h.
n
S
es gibt endlich viele Punkte x1 , . . . , xn ∈ A, so dass A ⊆
Bε (xi ).
i=1
pakt<=>folgenkompakt 3.17 Satz. In einem metrischen Raum (M, d) sind äquivalent:
(i) A ⊆ M ist überdeckungskompakt.
(ii) A ist folgenkompakt.
(iii) A ist präkompakt und vollständig.
Bemerkung: Im allgemeinen sind (i) und (ii) nicht äquivalent! Es folgt
nicht einmal das eine aus dem anderen!
Beweis : “(i) ⇒ (ii)”: Durch Widerspruch:
Angenommen es gibt eine Folge (xn ) so, dass alle Teilfolgen (xnk ) ⊆ (xn )
nicht in A konvergieren, so folgt, dass für alle y ∈ A ein ry > 0 existiert, mit:
Ny := {k ∈ N | xk ∈ Bry (y) ∩ A} ist endlich.
S
Nun ist A ⊆
Bry (y), welches eine offene Überdeckung ist, also gibt es
y∈A
y1 , . . . , yn , so dass A ⊆
(xn ) ⊆ A ist
n
S
i=1
n
S
i=1
Bryi (yi ). Daraus folgt
n
S
Nyi endlich. Da aber
i=1
Nyi eine Überdeckung der natürlichen Zahlen mit endlich
1.3. METRISCHE UND TOPOLOGISCHE RÄUME
17
vielen Elementen, was ein Wiederspruch ist.
“(ii) ⇒ (iii)”: Sei (xn ) ⊆ A eine Cauchyfolge. Da A folgenkompakt
ist, existiert eine Teilfolge (xnk ) ⊆ (xn ) die gegen ein x ∈ A konvergiert.
Offensichtlich konvergiert dann die gesamte Folge (xn ) gegen x, d.h. A ist
vollständig.
Angenommen A sei nicht präkompakt, d.h. es gibt ein ε > 0 für das kein
endliches ε-Netz existiert. Also so können wir induktiv eine Folge (xn )
konstruieren:
x1 ∈ A beliebig und xk+1 ∈ A \
k
[
Bε (xi ).
i=1
Jedoch besitzt (xk ) keine konvergente Teilfolge, da alle Folgenglieder einen
Abstand größer als ε haben, das ist ein Widerspruch zur Annahme.
“(iii) ⇒ (i)”: Sei (Ui )i∈I eine offene Überdeckung von A. Sei A das System aller Teilmengen von A, die keine endliche Teilüberdeckung von {Ui }i∈I
besitzen, d.h.
[
A := {B ⊆ A J ⊆ I : B ⊆
Ui ⇒ J unendlich} .
i∈J
Es gilt nun zu zeigen, dass A 6∈ A. Sei B ∈ A und ε > 0. Da A präkomnε
S
Bε (xi ). Da B ∈ A muss es ein
pakt ist, existieren xi ∈ A mit A ⊂
i=1
i ∈ {1, . . . nε } geben mit B ∩ Bε (xi ) ∈ A. Wir machen einen Widerspruchsbeweis und nehmen an, dass A ∈ A. Wir konstruieren eine Folge (xn ) in
dem wir zu immer kleiner werdendem ε(= 1/k) einen Ball finden welcher
nicht endlich von {Ui }i∈I überdeckt wird. Für ε = 1 gibt es ein x1 ∈ A
mit B1 := B1 (x1 ) ∩ A ∈ A. Analog
existiert für ε = 1/k ein xk ∈ A
k−1
T
B 1 (xm ) ∩ A ∈ A. Damit haben wir eine Folge
so, dass B 1 (xk ) ∩
k
Bm :=
m
T
k=1
m=1
m
B 1 (xk ) ∩ A ∈ A immer kleiner werdenden Mengen welche alk
le in A enthalten sind. Nun wähle ym ∈ Bm , dann sind für l ≥ m sowohl
4−U gl
ym als auch yl ∈ B 1 (xm ) ⇒
d(ym , yl ) ≤ d(ym , xm ) + d(xm , yl ) ≤ m2 .
m
Also ist (ym ) eine Cauchyfolge. Da A vollständig ist gibt
S es ein y ∈ A, so
dass εm := d(ym , y) → 0 für m → ∞. Weil aber A ⊂
Ui gibt es ein i0 ,
i∈I
so dass y ∈ Ui0 . Diese Menge ist offen, also existiert ein m0 ∈ N, so dass
Ui0 ⊇ B 2 +εm0 (y) ⊇ B 2 (ym0 ) ⊇ B 1 (xm0 ) ⊇ Bm0 . Also ist Bm0 ∈
/ A welm0
m0
m0
ches ein Widerspruch ist.
18
1. EINFÜHRUNG UND BEGRIFFE
3.18 Definition. Seien zwei Toplogien, tau1 und τ2 auf X gegeben, wobei
{∅, X} ⊆ τ1 ⊆ τ2 ⊆ 2X .
Dann sagt man τ2 ist feiner als τ1 bzw. τ1 ist gröber als τ2 .
Ob eine Topologie gröber oder feiner ist als eine zweite, hat direkten
Einfluss auf die drei zentralen Begriffe dieses Abschnittes. Es zeigt sich, dass
sowohl feine als auch grobe Topologien ihre Vorzüge besitzen:
3.19 Lemma. Seien zwei Topologien τ1 ⊆ τ2 auf X gegeben. Dann gilt:
(i) Konvergiert die Folge (xn )n∈N ⊆ X bezüglich τ2 gegen x so konvergiert
sie auch bezüglich τ1 gegen x.
(ii) Ist A ⊆ X bezüglich τ2 kompakt so auch bezüglich τ1 .
(iii) Ist (Y, σ) ein topologischer Raum und f : X → Y stetig bezüglich τ1 so
ist f auch stetig bezüglich τ2 .
Beweis : Zu (i) Je mehr offene Mengen es gibt, desto mehr Umgebungen
gibt es und um so seltener ist also Konvergenz.
Zu (ii) Je mehr offene Mengen es gibt, um so mehr offene Überdeckungen
sind möglich und umso seltener ist Kompaktheit.
Zu (iii) Je weniger offene Mengen es gibt, um so weniger Funktion gibt es,
von welchen alle Urbilder offener Mengen offen sind.
Kapitel 2
Lineare Funktionalanalysis in
Hilberträumen
chap3
2.1
Der Hilbertraum
sec3.1
c1.1 1.1 Definition. Ein Prä-Hilbertraum H ist ein Vektorraum über R
bzw. C, in dem ein Skalarprodukt (., .) gegeben ist, d.h. eine Abbildung
von H × H nach R bzw. C mit den Eigenschaften
(S1) Bilinearität bzw. Sesquilinearität
(αu + βv, w) = α(u, w) + β(v, w) ,
(u, αz + βw) = α(u, z) + β(u, w) , 1
für alle α, β ∈ R bzw. C und alle u, v, w, z ∈ H.
(S2) (., .) ist symmetrisch bzw. hermitesch, d.h.
für alle u, v ∈ H .
(u, v) = (v, u)
(S3) (., .) ist positiv definit, d.h.
(u, u) ≥ 0
für alle u ∈ H,
und (u, u) = 0 genau dann, wenn u = 0.
In den meisten Beispielen werden wir mit rellen Hilberträumen arbeiten.
Allerdings sind komplexe Hilberträume insbesondere für Fourierreihen
sehr praktisch und deshalb werden wir viele Aussagen im allgemeinen Fall
betrachten.
1
α ist die konjungiert komplexe Zahl zu α.
19
20
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
• Wir benutzen die Bezeichnung kuk :=
k · k alle Eigenschaften einer Norm hat.
p
(u, u) und werden zeigen, dass
Wir notieren einige Standardfolgerungen aus den Eigenschaften des Skalarproduktes. Es gilt:
ka + bk2 = kak2 + 2 Re(a, b) + kbk2 ,
(1.2) f1.3
ka + bk2 + ka − bk2 = 2kak2 + 2kbk2 ,
(1.3) f1.4
wobei wir mit Re den Realteil bezeichnen und (b, a) = (a, b) benutzt haben.
c1.2 1.4 Lemma (Cauchy-Schwarzsche Ungleichung). Sei H ein Prä-Hil-
bertraum. Dann gilt für alle u, v ∈ H
|(u, v)| ≤ kuk kvk .
Beweis : (i) Im reellen Fall gilt für α ∈ R \ {0}
1
1
0 ≤ αu − α1 v, αu − α1 v = |α|2 kuk2 +
kvk2 − 2 (αu, v) ,
2
|α|
α
und somit
2 (u, v) ≤ |α|2 kuk2 +
1
kvk2 .
2
|α|
(1.5) c1.3
1
Mit α = (kvk/kuk) 2 , u 6= 0, folgt
(u, v) ≤ kuk kvk .
Übergang von u zu −u ergibt die behauptete Ungleichung für u 6= 0. Falls
u = 0 ist, ergibt sich für α → ∞ aus (1.5), dass (0, v) = 0 für alle v ∈ H.
(ii) Im komplexen Fall gilt für α ∈ R \ {0}, ρ ∈ C
0 ≤ αu −
ρ
ρ |ρ|2
v, αu − v = |α|2 kuk2 − 2 Re(u, ρv) +
kvk2 .
α
α
|α|2
1
Man setze α = (kvk/kuk) 2 , u 6= 0. Dann folgt
2Re ρ(u, v) ≤ (1 + |ρ|2 )kuk kvk
Setze ρ =
(u,v)
,
|(u,v)|
falls (u, v) 6= 0. Dann folgt, da |ρ| = 1,
|(u, v)| ≤ kuk kvk,
also die behauptete Ungleichung für u 6= 0. Für u = 0 geht man genau wie
im reellen Fall vor.
2.1. DER HILBERTRAUM
21
c1.4 1.6 Lemma. Sei H ein Prä-Hilbertraum. Dann gilt:
(i)
kαuk = |α| kuk ,
(Homogenität),
(ii)
ku + vk ≤ kuk + kvk ,
(Dreiecksungleichung).
Beweis :
(i) kαuk2 = (αu, αu) = α α(u, u) = |α|2 kuk2
(ii) ku + vk2 = kuk2 + 2 Re(u, v) + kvk2
≤ kuk2 + 2 |(u, v)| + kvk2
≤ kuk2 + 2 kukkvk + kvk2 = (kuk + kvk)2 .
Lemma 1.6 und Definition 1.1 rechtfertigen folgende Definition.
p
c1.5 1.7 Definition. Sei H ein Prä-Hilbertraum. Dann ist kuk :=
(u, u) die
durch das Skalarprodukt in H induzierte Norm.
c1.9 1.8 Definition. Ein Hilbertraum ist ein Prä-Hilbertraum, der bezüglich
der induzierten Norm vollständig ist.
• Jeder Hilbertraum ist ein Banachraum.
Beispiele:
a) Rn mit dem euklidischen Skalarprodukt (., .) ist ein Hilbertraum.
b) Der Raum der komplexwertigen stetigen Funktionen C[a, b] mit dem
Skalarprodukt
Zb
(f, g) = f g dx
a
ist ein Prä-Hilbertraum, aber kein Hilbertraum wie das folgende Beispiel
zeigt.
Sei [a, b] = [−1, 1] und


x ∈ [ n1 , 1]
1,
fn (x) = nx, x ∈ [− n1 , n1 ]


−1 x ∈ [−1, − n1 ].
Dann gilt punktweise fn → f , wobei


1
f (x) = 0


−1
x ∈ (0, 1],
x = 0,
x ∈ [−1, 0).
22
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Aus dem Satz über dominierte Konvergenz folgt fn → f in L2 (−1, 1). Also
ist (fn )n∈N eine Cauchyfolge deren Limes keine stetige Funktion ist.
c) L2 (Ω; C), Ω offene Teilmenge des Rn , ist ein Hilbertraum. Das Skalarprodukt ist erklärt durch
Z
(f, g)L2 := (f, g) = f g dx .
Ω
Es induziert die übliche L2 -Norm. Der L2 ist vollständig (Satz von Fischer–
Riesz, Analysis III).
P
2
d) Der Raum `2 := {(cj )j∈N ∞
j=1 |cj | < ∞} mit Skalarprodukt
(u, v)`2 :=
∞
X
uj vj
j=1
ist ein Hilbertraum. Die Vollständigkeit folgt ebenfalls aus dem Satz von
Fischer-Riesz, wenn man als Maßraum N mit dem Zählmaß wählt.
e) Der Sobolevraum H 1,2 (Ω), Ω offene Teilmenge des Rn (siehe nachfolgende Definitionen).
Wir erläutern im Folgenden zwei Definitionen des Sobolevraumes
H (Ω). Im Folgenden sei Ω ⊆ Rn eine offene Menge und alle Funktionen
seien reellwertig.
1,2
1,2
c1.10 1.9
die Menge aller Funktionen aus C 1 (Ω) mit
Sei H̃
R Definition.
|u|2 + |∇u|2 dx < ∞. Bezüglich des (sogenannten H 1,2 -Skalarproduktes)
Ω
Z
(u, v)1 :=
Z
∇u · ∇v dx =
u v dx +
Ω
Z
Ω
u v dx +
Ω
Z X
n
Ω
Di uDi v dx
i=1
ist H̃ 1,2 ein Prä-Hilbertraum.
c1.11 1.10 Definition (Vervollständigung). H 1,2 (Ω) ist der Restklassenraum
der Cauchyfolgen (uj )j∈N ∈ H̃ 1,2 nach den Nullfolgen (alles bezüglich der
H 1,2 -Norm).
• Man kann sich H 1,2 als die Menge aller Funktionen u vorstellen, für die
eine Cauchyfolge (uj ) in der H 1,2 -Norm existiert, so dass uj → u in L2 (Ω).
2.1. DER HILBERTRAUM
23
Die Grösse L2 − lim ∇uj kann man sich als eine Verallgemeinerung der Abj→∞
leitung (siehe nächste Definition der schwachen Ableitung) von u vorstellen
und schreibt ∇u := lim ∇uj . Durch die Restklassenbildung sieht man Limij→∞
tes von Cauchyfolgen (uj ), (vj ) als gleich an, wenn uj − vj → 0 in H̃ 1,2 . Diese
Art der Definition des Sobolevraums H 1,2 nennt man die Definition durch
”
Vervollständigung“.
Für die zweite Definition von H 1,2 (Ω) (für den Anfänger am empfehlenswertesten) benötigen wir zunächst den Begriff der schwachen Ableitung.
c1.12 1.11 Definition. Sei u ∈ L2 (Ω). Die Funktion ui ∈ L2 (Ω) heißt schwache
Ableitung von u bezüglich der i-ten Variablen, wenn
(u, Di ϕ)L2 = −(ui , ϕ)L2
für alle ϕ ∈ C0∞ (Ω).
(1.12) c1.13
• Die Funktion ui aus der Definition wird meist mit Di u oder ∂i u bezeichnet.
• Hierbei ist C0∞ (Ω) der sogenannte Raum der Testfunktionen.
• Die Definition 1.11 ist motiviert durch die partielle Integration, falls
u ∈ C 1 (Ω), denn dann gilt
(u, Di ϕ)L2 = −(Di u, ϕ)L2 .
c1.14 1.13 Lemma (Eindeutigkeit der schwachen Ableitung). Sei u ∈ L2 (Ω)
und seien ui , ũi ∈ L2 (Ω) schwache Ableitungen von u. Dann gilt ui = ũi fast
überall.
Beweis : Aus Definition 1.11 folgt, dass für alle ϕ ∈ C0∞ (Ω)
Z
(ui − ũi )ϕ dx = 0 .
(1.14) c1.15
Ω
Das Fundamentallemma der Variationsrechnung (Analysis III, Folgerung
15.8) liefert ui = ũi in L2 (Ω), woraus sofort die Behauptung folgt.
c1.16 1.15 Definition (mit schwachen Ableitungen).
H 1,2 (Ω) := u ∈ L2 (Ω) u besitzt schwache Ableitungen Di u, i = 1, . . . , n .
Das Skalarprodukt wird dann mit Hilfe der schwachen Ableitungen definiert durch
(u, v)1 = (u, v)L2 + (∇u, ∇v)L2 .
c1.17 1.16 Satz. H 1,2 (Ω) ist vollständig.
24
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Beweis : Sei (uj ) Cauchy-Folge in H 1,2 (Ω). Dann ist (uj ) auch eine CauchyFolge in L2 (Ω) mit Limes u ∈ L2 (Ω). Also gilt aufgrund der Stetigkeit des
j
Skalarproduktes bzgl. der Normkonvergenz: (Di ϕ, uj ) → (Di ϕ, u) für alle
ϕ ∈ C0∞ (Ω). Wir zeigen , dass u verallgemeinerte Ableitungen in L2 (Ω) hat.
Da (Di uj ) ebenfalls eine Cauchy-Folge in L2 (Ω) ist, gibt es ein ũi ∈ L2 (Ω)
j
j
j
mit Di uj → ũi in L2 (Ω). Aus −(Di ϕ, u) ← −(Di ϕ, uj ) = (ϕ, Di uj ) → (ϕ, ũi )
für alle ϕ ∈ C0∞ (Ω) folgt ũi = Di u.
• Ein Gebiet Ω, d.h. eine offene, zusammenhängende Menge, deren Rand
lokal durch Lipschitz-stetige Funktionen beschrieben werden kann, heißt Gebiet mit Lipschitz-stetigem Rand und man schreibt ∂Ω ∈ C 0,1 , wobei C 0,1 die Menge der Lipschitz-steingen Funktionen bezeichnet. Man kann
zeigen, dass die zwei Definitionen für H 1,2 (Ω) im Falle von Gebieten mit
∂Ω ∈ C 0,1 übereinstimmen (siehe Nečas, Les méthodes directes en théorie
des équations elliptiques, S. 63 ff, Alt, S. 55 ff)
In der Theorie der partiellen Differentialgleichungen ist es von großer
Bedeutung, zum Ausdruck zu bringen, dass eine H 1,2 -Funktion am Rand
des Gebietes in einem verallgemeinerten Sinne verschwindet. Dies leistet der
Raum
H 1,2 H01,2 (Ω) = C0∞ (Ω) = u ∈ H 1,2 (Ω) ∃uj ∈ C0∞ (Ω) mit uj → u in H 1,2 (Ω) .
c1.19 1.17 Lemma. Sei Ω ⊂ Rn offen und beschränkt, 0 ∈ Ω, und s <
n
2
− 1.
Dann ist
|x|−s ∈ H 1,2 (Ω) .
Für s ≥
− 1 ist |x|−s ∈
/ H 1,2 (Ω).
n
2
Beweis : Die Funktion |x|−s ist fast überall klassisch differenzierbar mit
der Ableitung
∇|x|−s = −s x |x|−s−2
und mit Hilfe von Polarkoordinaten erhält man xi |x|−s−2 ∼ |x|−s−1 ∈ L2 (Ω)
genau dann, wenn s < n2 − 1. In der Tat gilt, falls BR (0) ⊆ Ω
Z
−2(s+1)
|x|
BR (0)
ZR Z
dx =
r
0 Sr (0)
−2(s+1)
ZR
dHn−1 dr = cn
rn−1−2(s+1) dr < ∞
0
genau für n−1−2(s+1) > −1, d.h. s < n2 −1. Da auf B1 (0) die Abschätzung
|x|−s ≤ |x|−s−1 gilt, folgt somit auch |x|−s ∈ L2 (Ω). Wir müssen also noch
zeigen, dass die klassischen partiellen Ableitungen fast überall mit den schwachen Ableitungen übereinstimmen. Um dies nachzuweisen, schneiden wir am
2.2. DER PROJEKTIONSSATZ
25
besten den kritischen Punkt x = 0 heraus. Für ε > 0, klein genug, und
ϕ ∈ C0∞ (Ω) gilt aufgrund partieller Integration
Z
Z
Z
−s
−s−2
|x| Di ϕ dx =
sxi |x|
ϕ dx +
|x|−s ϕ ni dHn−1 .
Ω\Bε (0)
Ω\Bε (0)
∂Bε (0)
Für das Randintegral ergibt sich
Z
Z
−s
|x| ϕ ni dHn−1 ≤ kϕk∞
∂Bε (0)
ε−s dHn−1
∂Bε (0)
−s n−1
= cn ε ε
→0
(ε → 0),
falls s < n − 1. Dies gilt aber für s < n2 − 1. Der Satz von Lebesgue über
dominierte Konvergenz liefert für ε → 0
Z
Z
−s
|x| Di ϕ dx = sxi |x|−s−2 ϕ dx,
Ω
Ω
d.h. die schwache Ableitung Di (|x|−s ) stimmt mit der klassischen Ableitung
−sxi |x|−s−2 überein.
1
Für n = 3, 4 ist also z. B. |x|
∈
/ H 1,2 , für n ≥ 5 gilt die Inklusion jedoch.
Für n ≥ 3 ist |x|−1/4 eine unbeschränkte H 1,2 -Funktion. Für n = 2 liefert
Lemma 1.17 keine unbeschränkte H 1,2 -Funktion. Allerdings ist
1 log log |x|
eine unbeschränkte H 1,2 -Funktion. Im Fall n = 1 sind H 1,2 -Funktionen
Hölderstetig zum Exponenten 21 .
• Leider können H 1,2 -Funktionen auf einer dichten Menge Singularitäten haben, z.B.
u(x) :=
∞
X
−s
2−j x − x(j) ,
s wie im Lemma 1.17.
j=0
x(j) durchläuft alle Punkte aus Ω mit rationalen Koordinaten.
2.2
Der Projektionssatz
sec:3.2
Ist H ein unendlich-dimensionaler Hilbertraum und V ein linearer Teilraum,
so gibt es im Gegensatz zum endlich-dimensionalen Fall nicht notwendig eine
Zerlegung der Gestalt
H = V ⊕V⊥.
(2.1) c2.1
26
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Hierbei ist das Orthogonalkomplement von V “ definiert durch
”
V ⊥ := x ∈ H (x, v) = 0 ∀v ∈ V .
Die Gleichung (2.1) bedeutet: Zu jedem u ∈ H gibt es eine eindeutige Zerlegung
u = v +w, v ∈ V , w ∈ V⊥.
Ein Gegenbeispiel zu (2.1) ist der Hilbertraum L2 (I), I = (a, b) und der
Unterraum V = C0∞ (I). In der Tat: Sei u ∈ L2 (I), u ∈
/ C0∞ (I). Angenommen,
es wäre u = v + w mit v ∈ C0∞ (I) und w ∈ C0∞ (I)⊥ , so folgt aus
Z
wϕ dx = 0 für alle ϕ ∈ C0∞ (I)
I
und dem Fundamentallemma der Variationsrechnung (Analysis III, Folgerung 15.8), dass w = 0. Somit ist u = v ∈ C0∞ (I), was ein Widerspruch ist.
Die Hilbertraum-Theorie startet mit dem Satz, dass die Zerlegung (2.1)
für abgeschlossene lineare Unterräume V ⊂ H funktioniert.
c2.2 2.2 Satz (Projektionssatz). Sei V ein abgeschlossener Teilraum des Hil-
bertraumes H. Dann gibt es zu jedem u ∈ H eine eindeutige Zerlegung
u = v +w,
v∈V ,
w ∈ V⊥.
Man schreibt: H = V ⊕ V ⊥ .
Der Beweis beruht auf der Tatsache, dass dasElement v in Satz
2.2 dem
Element u am nächsten“ ist, d.h. ku − vk = inf ku − yk y ∈ V .
”
w
u
V
v
Zur Konstruktion eines solchen Elementes benötigen wir einen entsprechenden Satz über die Annahme des minimalen Abstandes, den wir gleich allgemein für konvexe Mengen M formulieren.
2.2. DER PROJEKTIONSSATZ
27
c2.3 2.3 Definition. Eine Menge M ⊂ H heißt konvex, wenn für alle u, v ∈ M
und für alle α ∈ [0, 1] gilt
y = αu + (1 − α)v ∈ M .
M
u
y
v
c2.4 2.4 Satz. Sei M ⊂ H eine nichtleere, abgeschlossene, konvexe Menge und
u ∈ H. Dann gibt es ein eindeutiges Element v ∈ M mit
ku − vk = inf ku − wk w ∈ M =: d .
Beweis : Wenn u ∈ M , gibt es nichts zu beweisen (inf = 0). Sei also u ∈
/ M.
Sei (wj ) ⊆ M eine Minimalfolge, d.h. ku − wj k & d (j → ∞). Da M konvex
ist und somit 21 (wj + wk ) ∈ M , gilt ku − 12 (wj + wk )k2 ≥ d2 . Damit folgt
d2 + k 12 (wk − wj )k2 ≤ ku − 21 (wj + wk )k2 + k 21 (wk − wj )k2
j,k→∞
= 21 ku − wj k2 + 12 ku − wk k2 & d2 ,
wobei wir die Parallelogrammgleichung (1.3) mit a = 12 u− 12 wj , b = 12 u− 21 wk
benutzt haben. Also ist (wj ) eine Cauchyfolge und hat einen Limes v ∈ M .
(Beachte, dass M abgeschlossen ist.) Da wj → v, folgt ku − vk2 = d2 , und
der Satz ist - bis auf die Eindeutigkeit - bewiesen. Das Element v ∈ M ist
das den minimalen Abstand realisierende Element.
Die Eindeutigkeit folgt aus der folgenden Überlegung: Sei v, v 0 ∈ M und
ku − vk = d, ku − v 0 k = d. Dann gilt im reellen Fall
ku − 12 (v + v 0 )k2 = kuk2 − (u, v) − (u, v 0 ) + 41 kvk2 + 12 (v, v 0 ) + 41 kv 0 k2
= 12 ku − vk2 + 21 ku − v 0 k2 − 14 kvk2 + 21 (v, v 0 ) − 41 kv 0 k2
= d2 − 14 kv − v 0 k2 < d2 , falls v 6= v 0 ,
d.h. falls v 6= v 0 , kann ku − vk und ku − v 0 k nicht der minimale Abstand von
u zu M sein. Im komplexen Fall ersetzt man in der ersten Zeile (u, v) und
(u, v 0 ) durch Re(u, v) bzw. Re(u, v 0 ) sowie in der ersten und zweiten Zeile
(v, v 0 ) durch Re(v, v 0 ).
Beweis (von Satz 2.2): Aus Satz 2.4 mit M =V folgt die Existenz
eines
eindeutigen Elementes v ∈ V mit ku − vk2 = inf ku − wk2 w ∈ V =: d2 .
Es gilt
ku − vk2 ≤ ku − v + tϕk2 , t ∈ R bzw. C , ϕ ∈ V .
28
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Daraus folgt, zunächst im reellen Fall :
0 ≤ 2 (u − v, tϕ) + |t|2 kϕk2 .
Kürzen mit t > 0 und Grenzübergang t → 0 ergibt 0 ≤ 2 (u − v, ϕ) für
alle ϕ ∈ V . Ersetzt man in dieser Ungleichung ϕ durch −ϕ, erhält man
0 ≥ 2 (u − v, ϕ), also insgesamt
0 = 2 (u − v, ϕ) für alle ϕ ∈ V
Man setze w = u−v. Dann gilt w⊥V und u = u−v+v = v+w, v ∈ V, w⊥V .
Im komplexen Fall erhält man
0 ≤ 2 Re(u − v, tϕ) + |t|2 kϕk2
(2.5) 2.2
und daraus wie eben
0 = Re(u − v, ϕ)
Um auch Im(u − v, ϕ) = 0 zu erhalten, wählt man in (2.5) t = i τ (i =
τ ∈ R, τ > 0) und erhält
√
−1,
0 ≤ 2 Re(− i τ (u − v, ϕ)) − τ 2 kϕk2
Kürzen mit τ , und Grenzübergang τ → 0 ergibt
0 ≤ Re(− i(u − v, ϕ)) = Im(u − v, ϕ)
Durch Übergang zu −ϕ folgt wieder insgesamt
Im(u − v, ϕ) = 0
Die Eindeutigkeit der Zerlegung ergibt sich folgendermassen: Sei u = v +w =
v 0 + w0 mit w, w0 ⊥V und v, v 0 ∈ V . Daraus folgt v − v 0 = w0 − w. Skalare
Multiplikation mit v − v 0 ergibt
kv − v 0 k2 = (w0 − w, v − v 0 ) = 0.
c2.6 2.6 Folgerung. Ein linearer Teilraum V ist dicht in H genau dann, wenn
V ⊥ = {0}.
⊥
Beweis : (i) Sei V = H. Aus u ∈ V ⊥ folgt sofort u ∈ V
= H ⊥ . Aber
⊥
H = {0}, denn u⊥u impliziert u = 0.
(ii) Sei V ⊥ = {0} und V nicht dicht in H, d.h. V 6= H. Also existiert ein
⊥
u ∈ H \ V . Satz 2.2 liefert die Zerlegung u = v + w mit v ∈ V und w ∈ V .
Da u ∈
/ V muss gelten: w 6= 0. Dies ist ein Widerspruch zu V ⊥ = {0}.
2.3. RIESZSCHER DARSTELLUNGSSATZ
2.3
29
Der Rieszsche Darstellungssatz und beschränkte lineare Operatoren
sec:3.3
c3.1 3.1 Satz (Riesz). Sei H ein Hilbertraum. Zu jedem F ∈ H ∗ gibt es eindeu-
tig bestimmtes Element f ∈ H mit
hF, ui = (u, f )
∀ u ∈ H.
(3.2) eq:3
Für dieses Element gilt:
kF kH ∗ = kf kH .
Beweis : Sei N = { x ∈ H hF, xi = 0 } der Kern von F . N ist ein abgeschlossener, linearer Teilraum von H. Ist nämlich um ∈ N, um → u, so folgt
0 = hF, um i → hF, ui, d.h. u ∈ N . O.B.d.A. dürfen wir N 6= H annehmen.
(Andernfalls ist f = 0.) Es gibt daher ein w0 ∈ H, das nicht in N ist. Nach
dem Projektionssatz ist
w0 = v + w
mit v ∈ N, w ∈ N ⊥ , w 6= 0.
Wir beachten, dass hF, wi =
6 0, da w ∈
/ N , und hF, u −
u−
hF,ui
w
hF,wi
hF,ui
wi
hF,wi
= 0, also
∈ N . Da w ∈ N ⊥ , folgt
u−
hF,ui
w, w
hF,wi
=0
und
u, w =
hF,ui
kwk2 ,
hF,wi
somit
hF, ui =
hF,wi
(u, w)
kwk2
= u,
hF, wi w .
kwk2
w konstruiert.
Damit ist das darstellende Element f := hF,wi
kwk2
Eindeutigkeit: Seien f1 , f2 ∈ H darstellende Elemente von (3.2), d.h. es gilt
(u, f1 ) = hF, ui = (u, f2 ) für alle u ∈ H. Wählt man u := f1 − f2 folgt
kf1 − f2 k2 = (f1 − f2 , f1 − f2 ) = hF, f1 − f2 i − hF, f1 − f2 i = 0,
d.h. f1 = f2 .
Aus (3.2), Lemma 1.4 und der Definition der Norm im Dualraum folgt sofort
kF kH ∗ = sup |hF, ui| = sup |(u, f )| ≤ sup kf kkuk = kf kH .
kuk≤1
kuk≤1
30
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Wenn man in (3.2) u =
f
kf k
wählt erhält auch
f kf k = (u, f ) = hF, ui ≤ kF kH ∗ = kF kH ∗ .
kf k
• Man sagt daher: H lässt sich mit H ∗ identifizieren und schreibt H ∼
= H ∗,
und oft auch unpräziserweise H = H ∗ .
In Kapitel 1 haben wir gesehen, dass stetige, lineare Operatoren die kanonischen Abbildungen zwischen normierten Vektorräumen sind. Wir wollen
uns nun solche Operatoren in Falle von Hilberträumen genauer ansehen.
Beispiele:
(i) Sei Ω eine offene Teilmenge des Rn . Sei A : L2 (Ω) → L2 (Ω) gegeben
durch
(Au)(x) := g(x) u(x), u ∈ L2 (Ω),
mit einer festen Funktion g ∈ L∞ (Ω). Der Operator A ist beschränkt, da
kAukL2 ≤ kgkL∞ kukL2 .
(ii) Sei Ω eine offene Teilmenge des Rn und sei A : H 1,2 (Ω) → L2 (Ω)
definiert durch
(Au)(x) := D1 u(x) ,
wobei D1 die schwache partielle Ableitung in Richtung e1 ist. A ist beschränkt, da
kD1 ukL2 ≤ k∇ukL2 ≤ kukH 1,2 .
n
(iii) Sei Ω eine offene TeilmengeR des
R R und 2die Funktion K : Ω × Ω → R
2
ein Element von L (Ω × Ω), d.h.
|K(x, y)| dx dy =: C < ∞. Dann ist
Ω Ω
der durch
Z
(Au)(x) :=
K(x, y) u(y) dy
(3.3) c4.4
Ω
2
2
definierte Operator A : L (Ω) → L (Ω) beschränkt. In der Tat haben wir
2
Z Z
2
kAukL2 = K(x, y) u(y) dy dx
Ω
Z
ZΩ
≤
2
Z
|K(x, y)| dy
Ω Ω
Z
Z
|u(y)|2 dy dx
Ω
2
Z
|K(x, y)| dy dx
=
Ω Ω
Ω
|u(y)|2 dy = Ckuk2 .
2.3. RIESZSCHER DARSTELLUNGSSATZ
31
Die Abbildung in (3.3) heißt Integraloperator
mit Kern K. Es gibt
RR
2
Kerne, die so singulär sind, dass
|K(x, y)| dx dy = ∞, die aber dennoch
einen beschränkten Integraloperator erzeugen.
(iv) Sei Ω ein beschränktes Gebiet des Rn mit ∂Ω ∈ C 1 . Jede Funktion
u ∈ C 1 (Ω) besitzt eine Restriktion R̃u auf ∂Ω, die definiert wird durch
(R̃u)(z) := u(z) ,
z ∈ ∂Ω .
c4.5 3.4 Lemma. Es gibt eine Konstante K, die nur von Ω abhängt so, dass für
alle u ∈ C 1 (Ω) gilt
kR̃ukL2 (∂Ω) ≤ KkukH 1,2 (Ω) .
Beweis : Da ∂Ω ∈ C 1 kann man den Rand durch Bälle Br/2 (x0 ) ⊂ Rn
überdecken, so dass er lokal durch C 1 -Funktionen γ(x0 ) beschrieben werden
kann.
xn
γ(x’)
x
Ω
x0
0
Br/2 (x 0 )
x’
a) Sei x0 ∈ ∂Ω und sei der Rand nahe x0 flach, d.h. es gibt ein r > 0 so,
dass 1 ∂Ω∩Br (x0 ) = {(x0 , xn ); xn = 0}. Sei Bs+ =: Br (x0 )∩{(x0 , xn ); xn ≥ 0},
0 < s < r und sei τ eine Abschneidefunktion, d.h. τ ∈ C0∞ (Br (x0 )), τ = 1 in
Br/2 (x0 ). Dann gilt:
Z
Z
Z
2
0
2
0
|u| dx ≤
|u| τ dx = −
Dxn |u|2 τ dx
Br/2 (x0 )∩∂Ω
Br+ (x0 )
{xn =0}
Z
|u|2 Dxn (τ ) + 2|u| sign(u)Dxn (u) τ dx
=−
Br+ (x0 )
Z
≤ c (∇τ )
|u|2 + |∇u|2 dx ,
Br+ (x0 )
wobei wir in der letzten Zeile die Young-Ungleichung benutzt haben.
1
Wir schreiben x = (x1 , . . . , xn−1 , xn ) =: (x0 , xn ).
32
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
b) Sei nun der Rand nahe x0 nicht flach und durch γ(x0 ), γ ∈ C 1 beschrieben. Durch die Transformation x 7→ y = Φ(x), wobei
Φi (x) = yi = xi ,
i = 1, . . . , n − 1 ,
Φn (x) = yn = xn − γ(x0 ) ,
hat das Bild Φ(Br (x0 ) ∩ ∂Ω) einen flachen Rand nahe y0 bzgl. der yKoordinaten.
Φ
x0
y0
Ψ
Sei x = Ψ(y) die Umkehrabbildung. Wir haben det(∇x Φ) = det(∇y Ψ) = 1.
Somit gilt für ũ(y) = u(Ψ(y)) unter Berücksichtigung von a) und γ ∈ C 1
Z
Z
2
|ũ|2
|u| dHn−1 =
Br/2 (x0 )∩∂Ω
q
1 + |∇y0 γ(y 0 )|2 dy 0
Φ(Br/2 (x0 )∩∂Ω)
Z
|ũ|2 + |∇y ũ|2 dy
≤c
Φ(Br (x0 )∩Ω)
Z
≤c
|u|2 + |∇x u|2 |∇y Ψ(Φ(x))|2 dx
Br (x0 )∩Ω
Z
≤c
|u|2 + |∇u|2 dx .
Br (x0 )∩Ω
c) Da ∂Ω kompakt ist existieren endlich viele Punkte xi0 ∈ ∂Ω, i =
i
1, . . . , N so, dass ∂Ω = ∪N
i=1 ∂Ω ∩ Bri /2 (x0 ), wobei für jedes i = 1, . . . , N
der Rand nahe xi0 durch eine Funktion γ i (siehe b)) beschrieben ist. Eine
2.3. RIESZSCHER DARSTELLUNGSSATZ
33
wiederholte Anwendung von b) liefert
Z
2
|u| dHn−1 ≤
∂Ω
N
X
i=1
≤c
Z
Bri (xi0 )∩∂Ω
N
X
i=1
Z
≤c
|u|2 dx
Z
|u|2 + |∇u|2 dx
Bri (xi0 )∩Ω
|u|2 + |∇u|2 dx ,
Ω
was gerade die Behauptung von Lemma 3.4 ist.
R̃ lässt sich durch Abschliessung auf ganz H 1,2 (Ω) zu einer beschränkten
linearen Abbildung
R : H 1,2 (Ω) → L2 (∂Ω)
fortsetzen. R heißt Restriktions- oder Spuroperator. Die Abbildung R
wird verwendet, um Elementen von H 1,2 (Ω), die eigentlich Klassen von Funktionen sind, die bis auf eine Menge vom Maß Null erklärt sind, dennoch eine
Restriktion auf die Menge ∂Ω, welche Mass Null hat, zuzuordnen. An Stelle
der Voraussetzung, dass Ω einen Rand ∂Ω ∈ C 1 hat, reicht es, zu verlangen,
dass ∂Ω ∈ C 0,1 , d.h. Ω hat einen Lipschitz-stetigen Rand. Die Konstruktion
von R geschieht folgendermaßen:
Zu u ∈ H 1,2 (Ω) existieren Funktionen uj ∈ C 1 (Ω) mit uj → u in H 1,2 (Ω)
(j → ∞). (Beweisbedürftig, da uj ∈ C 1 (Ω) und nicht bloß uj ∈ C 1 (Ω)
verlangt wird - die Glattheit von ∂Ω wird verwendet. Siehe Evans S. 127 ff.)
Wegen Lemma 3.4 gilt kR̃uj − R̃uk kL2 (∂Ω) → 0 (j, k → ∞), d.h. (R̃uk ) ist eine
Cauchyfolge mit Limes v ∈ L2 (∂Ω). Man definiert nun Ru = v und erhält
kRukL2 (∂Ω) ≤ KkukH 1,2 (Ω)
∀u ∈ H 1,2 (Ω) .
Es folgen nun einige Lösbarkeitssätze für lineare Gleichungen Au = f mit
beschränkten linearen Operatoren A : H → H, wobei H ein Hilbertraum ist.
c4.6 3.5 Satz. Sei H ein Hilbertraum und A : H → H ein beschränkter linearer
Operator. Es gelte die Koerzitivitätsbedingung
Re(u, Au) ≥ c0 kuk2
für alle u ∈ H ,
(3.6) c4.7
mit einer Konstanten c0 > 0. Dann ist die Gleichung Au = f für alle f ∈ H
eindeutig lösbar und die inverse Abbildung A−1 ist beschränkt.
34
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Beweis : Der Bildbereich A(H) ist abgeschlossen. In der Tat, aus (3.6) folgt
kAuk ≥ c0 kuk. Ist nun Auj → z, so folgt c0 kuj − uk k ≤ kAuj − Auk k → 0
(j, k → ∞), d.h. (uj ) ist eine Cauchyfolge mit Limes u. Aus der Stetigkeit
von A und der Eindeutigkeit der Grenzwerte folgt z = Au. Wäre nun A(H)
ein echter Teilraum von H, so gäbe es ein Element w 6= 0, w⊥A(H). Aus
(3.6) folgt der Widerspruch
0 = Re(w, Aw) ≥ c0 kwk2 > 0 ,
d.h. A(H) = H. Die Eindeutigkeit und die Stetigkeit der Inversen folgen
ebenfalls aus der Ungleichung kAu − Au0 k ≥ c0 ku − u0 k.
R
Beispiel: H = L2 (Ω), Au := u − K(x, y) u(y) dy unter der VoraussetΩ
zung
Z Z
|K(x, y)|2 dx dy ≤ q < 1 .
Ω Ω
Mit Hilfe der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung folgt
Z
Z Z
2
u, K(., y)u(y) dy ≤ kuk 2
|K|2 dx dy.
L
Ω
Ω Ω
Die Konstante c0 in (3.6) ist dann 1 − q.
Eine der wichtigsten Anwendungen von Satz 3.5 liegt in der Theorie der
elliptischen partiellen Differentialgleichungen. Hierzu benötigen wir den Begriff der beschränkten Bilinearform (bzw. Sesqilinearform) und das Lemma
von Lax-Milgram.
c4.8 3.7 Definition. Eine beschränkte Bilinearform (Sesquilinearform)
ist eine Abbildung [·, ·] von H × H nach R bzw. C mit den Eigenschaften
(B1) Bilinearität bzw. Sesquilinearität, d.h.
[αu + βv, w] = α[u, w] + β[v, w] ,
[u, αv + βw] = α[u, v] + β[u, w] ,
für alle α, β ∈ R bzw. C und alle u, v, w ∈ H.
(B2) Beschränktheit, d.h. es existiert eine Konstante K > 0 mit
[u, v] ≤ Kkuk kvk
für alle u, v ∈ H.
2.3. RIESZSCHER DARSTELLUNGSSATZ
35
c4.9 3.8 Definition. Eine Bilinearform (Sesquilinearform) heißt koerziv, wenn
eine Konstante c0 > 0 existiert, so dass für alle u ∈ H gilt:
Re[u, u] ≥ c0 kuk2 .
Man beachte, dass wir keine Symmetrie für [u, v] vorausgesetzt haben.
c4.10 3.9 Lemma (Lax-Milgram). Sei H ein Hilbertraum und [·, ·] eine koer-
zive, beschränkte Bilinearform (Sesquilinearform) auf H. Dann gibt es zu
jedem beschränkten, linearen Funktional f ∈ H ∗ ein eindeutiges u ∈ H mit
[v, u] = hf, vi für alle v ∈ H .
(3.10) c4.11
Beweis : Für jedes u ∈ H definiert die Abbildung ϕu (v) = [v, u] ein beschränktes, lineares Funktional auf H. Nach dem Rieszschen Darstellungssatz
gibt es daher ein eindeutiges Element A(u) ∈ H mit
[v, u] = v, A(u) .
Die Abbildung A ist linear, denn es gilt v, A(λx + βy) − λA(x) − βA(y) = 0
für alle v ∈ H und somit A(λx+βy)−λA(x)−βA(y) = 0. Wir schreiben daher
A(u) = Au. Da [·, ·] eine beschränkte Bilinearform (Sesquilinearform) ist, gilt
kAuk2 = (Au, Au) = [Au, u] ≤ KkAuk kuk, woraus die Beschränktheit von
A folgt. Schließlich ist Re(u, Au) = Re[u, u] ≥ c0 kuk2 , d.h. A ist koerziv.
Das lineare Funktional f stellen wir nach dem Rieszschen Darstellungssatz
durch ein Element f0 ∈ H dar, d.h. hf, vi = (v, f0 ) . Die Gleichung (3.10)
übersetzt sich daher in die Form
(v, Au) = (v, f0 )
für alle v ∈ H ,
oder, äquivalent,
Au = f0 .
Da wir gezeigt haben, dass A linear,beschränkt und koerziv ist, folgt mit Satz
3.5 die eindeutige Lösbarkeit von (3.10).
Eine wichtige Anwendung des Lemmas von Lax-Milgram ist der Nachweis
der Existenz von Lösungen u : Ω → R für elliptische Randwertprobleme der
Gestalt
n
X
−
Di aik (x)Dk u + c(x)u = f
in Ω
(3.11) c3.6
i,k=1
mit Randbedingungen für u auf ∂Ω. Hierbei ist Ω ein Gebiet des Rn mit
∂Ω ∈ C 0,1 , f ∈ L2 (Ω), aik ∈ L∞ (Ω), c ∈ L∞ (Ω), und es gilt die Elliptizitätsbedingung
n
X
i,k=1
aik ξk ξi ≥ λ0 |ξ|2
für alle ξ ∈ Rn
(3.12) c3.7
36
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
mit einer positiven Konstante λ0 ( Elliptizitätskonstante“). Ferner gelte2
”
c(x) ≥ λ1 > 0.
(3.13) c3.9
Wir setzen H = H 1,2 (Ω, R) und definieren die Bilinearform [·, ·] auf H × H
durch
n
X
[u, v] :=
(aik Dk u, Di v)L2 + (c u, v)L2 .
i,k=1
Man überlegt sich leicht, dass [·, ·] die Voraussetzungen des Lemmas von LaxMilgram erfüllt. Ferner ist für f ∈ L2 (Ω) das durch f (v) = (f, v)L2 definierte
Funktional auch auf H 1,2 (Ω) beschränkt (es ist sogar als Funktional auf L2 (Ω)
beschränkt). Nach dem Lemma von Lax-Milgram gibt es daher eine eindeutig
bestimmte Funktion u ∈ H 1,2 (Ω) mit
n
X
(aik Dk u, Di v)L2 + (cu, v)L2 = (f, v)L2
∀v ∈ H 1,2 (Ω) ,
(3.14) c3.11
i,k=1
d.h. es gibt eine schwache Lösung der elliptischen partiellen Differentialgleichung (3.11). Um (3.14) zu interpretieren nimmt man an, dass u hinreichend
glatt ist, z.B. u ∈ C 2 (Ω), und macht man folgende Überlegungen: Offensichtlich ist C0∞ (Ω) ⊂ H 1,2 (Ω) und somit erhalten wir nach partieller Integration
n Z
X
−
i,k=1 Ω
Z
Di aik Dk u v dx +
Z
c u v dx =
Ω
f v dx ,
für alle v ∈ C0∞ (Ω) ,
Ω
was sofort (3.11) fast überall in Ω liefert. Ausserdem folgt aus (3.14) noch
die natürliche Randbedingung (man wähle v ∈ C ∞ (Ω), integriere partiell
und benutze (3.11))
n
X
aik Dk u νi = 0 auf ∂Ω, ν = äusserer Normalenvektor.
(3.15) c3.12
i,k=1
Somit sehen wir, dass die schwache Lösung u von (3.14) eine Lösung des ver”
allgemeinerten Neumann Problems“ (3.11), (3.15) ist. Statt H 1,2 (Ω) lässt
sich auch H01,2 (Ω) als Grundraum nehmen, (3.15) entfällt dann und die
schwache Lösung u ∈ H01,2 (Ω) von (3.14) mit v ∈ H 1,2 (Ω)“ ersetzt durch
”
v ∈ H01,2 (Ω)“ ist eine Lösung des verallgemeinerten Dirichlet Problems“
”
”
(3.11) mit u = 0 auf ∂Ω.
2
Für Nullrandbedingungen könnte man λ1 = 0 zulassen.
2.4. ADJUNGIERTE OPERATOREN
37
c4.14 3.16 Satz (Neumann Reihe). Sei H ein Hilbertraum und A : H → H
linear und beschränkt mit
|||A||| ≤ q < 1 .
(3.17) c4.15
Dann besitzt die Abbildung I − A eine auf ganz H definierte, beschränkte
Inverse.
Beweis : Wir wollenP
für beliebige f ∈ H die Gleichung (I − A)u = f lösen.
Für die Folge Sn f := nk=0 Ak f gilt:
kSn f − Sm f k = k
m
X
k=n+1
k
A fk ≤
m
X
|||A|||k kf k .
k=n+1
Aufgrund von (3.17) ist (Sn f ) somit eine Cauchyfolge, deren Grenzwert wir
mit Sf := limn→∞ Sn f bezeichnen. Somit gilt
f − An+1 f = (I − A)(Sn f ).
Da An+1 f → 0 (n → ∞) erhalten wir (I − A)Sf = f , d.h. (I − A)−1 = S.
Die Eindeutigkeit und Stetigkeit der Inversen folgt aus
ku − Auk ≥ kuk − kAuk ≥ kuk 1 − |||A||| ≥ (1 − q) kuk .
2.4
Adjungierte Operatoren
sec:3.5
Wir wollen nun die Bildbereiche von linearen Operatoren charakterisieren.
Dazu ist es nützlich adjungierte Operatoren einzuführen, wie das folgende
Resultat aus dem Rn zeigt.
• Wenn A : Rn → Rn eine lineare Abbildung ist, so kann man A als Matrix
auffassen, d.h. A ∈ Rn×n . Um den Bildbereich von A zu charakterisieren,
wollen wir wissen, wann das lineare Gleichungssystem Ax = b eine Lösung
besitzt. Dazu geht man wie folgt vor:


1 ∗ ∗ ∗ ∗ ∗
 0 1 ∗ ∗ ∗ ∗ 


 0 0 1 ∗ ∗ ∗  =: (Ã, b̃)
(A|b)


 0 0 0 0 0 ∗ 
0 0 0 0 0 ∗
Ax = b ist lösbar ⇔ b˜4 = b˜5 = 0.
38
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Dies kann man auch anders formulieren: Die transponierte Matrix ÃT hat
die Form


1 0 0 0 0
 ∗ 1 0 0 0 


T

∗
∗
1
0
0
à = 


 ∗ ∗ ∗ 0 0 
∗ ∗ ∗ 0 0
Wir sehen sofort: ker(ÃT ) = span{(0, 0, 0, 1, 0), (0, 0, 0, 0, 1)} und es gilt:
Ax = b ist lösbar
⇔
∀ y ∈ ker(AT ) gilt: (y, b) = 0
Das Analogon zu transponierten Matrizen sind adjungierte Operatoren,
die wie folgt definiert werden:
Seien H1 , H2 Hilberträume und A : H1 → H2 ein beschränkter linearer Operator. Für jedes u ∈ H2 wird durch ϕu (v) := (Av, u)H2 ein beschränktes
lineares Funktional ϕu : H1 → R bzw. C definiert. Nach dem Rieszschen
Darstellungssatz lässt sich ϕu durch ein Element aus H1 , welches wir mit
A∗ u bezeichnen, darstellen, d.h. für alle u ∈ H2 , v ∈ H1 gilt:
(Av, u)H2 = (v, A∗ u)H1 .
(4.1) c5.1
c5.2 4.2 Definition. Sei A : H1 → H2 linear und beschränkt. Die vermöge (4.1)
definierte Abbildung A∗ : H2 → H1 heißt der zu A adjungierte Operator.
c5.3 4.3 Satz. A∗ ist linear und beschränkt.
Beweis : Wir haben für alle u, w ∈ H2 , α, β ∈ R bzw. C und v ∈ H1
v, A∗ (αu + βw) H1 = (Av, αu + βw)H2 = ᾱ(Av, u)H2 + β̄(Av, w)H2
= ᾱ(v, A∗ u)H1 + β̄(v, A∗ w)H1 = (v, αA∗ u + βA∗ w)H1
und also ist A∗ (αu + βw) = αA∗ u + βA∗ w, d.h A∗ ist linear. Um die Beschränktheit zu beweisen benutzt man:
|(v, A∗ u)| = |(Av, u)| ≤ kAvk kuk ≤ |||A||| kvk kuk .
Da für alle Elemente eines Hilbertraumes gilt kwk = sup |(z, w)| (Übung),
kzk=1
erhalten wir
kA∗ uk = sup |(v, A∗ u)| ≤ |||A||| kuk ,
kvk=1
d.h. A∗ ist beschränkt.
2.4. ADJUNGIERTE OPERATOREN
39
c5.4 4.4 Satz. Falls A : H1 → H2 beschränkt ist gilt A∗∗ = A. Ferner ist
|||A||| = |||A∗ |||.
Beweis : Übungsaufgabe
Beispiele von adjungierten Operatoren:
(i) H1 = H2 = L2 (Ω ; C), Ω Gebiet im Rn ,
Z
(Au)(x) := K(x, y) u(y) dy
Ω
mit einem Kern K ∈ L2 (Ω × Ω ; C). Es gilt
Z
∗
(A v)(y) = K(x, y) v(x) dx .
Ω
(ii) H1 = H2 = L2 (Ω ; C), (Au)(x) := g(x) u(x) mit g ∈ L∞ (Ω ; C). Dann
gilt A∗ v(x) = g(x) v(x).
(iii) H1 = H 1,2 (I), I = [a, b] ⊂ R, H2 = L2 (I), Au = u0 . Nach Definition
ist (u, A∗ v)H1 = (u0 , v)L2 für alle u ∈ H1 , v ∈ H2 , d.h.
u0 , (A∗ v)0 L2 + (u, A∗ v)L2 = (u0 , v)L2 .
Wir verschieben Rdie Inhomogenität der rechten Seite durch die Substitution
t
y(t) = A∗ v(t) − a v(s) ds und erhalten
u0 , y 0
L2
+ u, y +
Rt
a
v(s) ds
L2
= 0,
d.h. y ist schwache Lösung der Differentialgleichung
−y 00 + y +
Rt
v(s) ds = 0
(4.5) c5.7
a
mit den natürlichen Randbedingungen y 0 (a) = y 0 (b) = 0. Diese RDifferentialt
gleichung lässt sich für gegebenes v in y lösen. A∗ v(t) = y(t) + a v(s) ds ist
dann die gewünschte Darstellung der adjungierten Abbildung. Offensichtlich
ist bei dieser Wahl der Grundräume nicht A∗ v = −v 0 , sondern aufgrund der
verschiedenen Skalarprodukte ergibt sich ein komplizierterer Ausdruck, der
linear in v ist.
Die adjungierte Abbildung ist von großer Bedeutung für die lineare Funktionalanalysis. Ein Beispiel ist der folgende Alternativsatz, den man aus der
Linearen Algebra endlich-dimensionaler Räume kennt.
40
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
c5.5 4.6 Satz. Seien H1 , H2 Hilberträume und A : H1 → H2 ein linearer, be-
schränkter Operator mit abgeschlossenem Bildbereich A(H1 ). Dann ist
H2 = A(H1 ) ⊕ N (A∗ ) .
Hierbei ist N (A∗ ) der Kern von A∗ .
Beweis : Da A(H1 ) abgeschlossen ist, gibt es nach dem Projektionssatz 2.2
einen Teilraum V ⊂ H2 mit
H2 = A(H1 ) ⊕ V ,
d.h. jedes z ∈ H2 besitzt eine eindeutige Darstellung
z = w+v,
w ∈ A(H1 ) ,
v∈V ,
w⊥v .
Wir wollen nun zeigen: N (A∗ ) = V, denn damit ist der Satz bewiesen.
⊆“: Sei y ∈ N (A∗ ). Dann ist 0 = (u, A∗ y) = (Au, y) für alle u ∈ H1 ,
”
d.h. y⊥A(H1 ). Aus der Zerlegung y = y1 + y2 , y1 ∈ A(H1 ), y2 ∈ V , y1 ⊥y2 ,
folgt y − y2 = y1 und ky − y2 k2 = (y1 , y − y2 ) = 0, d.h. y = y2 ∈ V , woraus
N (A∗ ) ⊆ V folgt.
⊇“: Sei umgekehrt y ∈ V . Dann ist y⊥A(H1 ) und 0 = (Av, y) = (v, A∗ y)
”
für alle v ∈ H1 . Daraus folgt A∗ y = 0 und y ∈ N (A∗ ), also V ⊂ N (A∗ ).
c5.6 4.7 Folgerung (Fredholmsche Alternative). Unter den Voraussetzun-
gen von Satz 4.6 gilt: Die Gleichung Au = f ist genau dann lösbar, wenn
f ⊥N (A∗ ).
Beweis :
⇐“: Sei f ⊥N (A∗ ). Nach Satz 4.6 haben wir eine Zerlegung f = f1 + f2 ,
”
f1 ∈ A(H1 ), f2 ∈ N (A∗ ), f1 ⊥f2 . Somit ist kf − f1 k2 = (f2 , f − f1 ) = 0, d.h.
f = f1 ∈ A(H1 ), d.h. es gibt ein u ∈ H1 mit Au = f .
⇒“: Sei f = Au und v ∈ N (A∗ ). Dann haben wir (f, v) = (Au, v) =
”∗
(u, A v) = 0, d.h. f ⊥N (A∗ ).
Eine Anwendung der Fredholmschen Alternative werden wir in Abschnitt
2.7 behandeln. Im Moment fehlen uns dazu noch einige Resultate.
c5.9 4.8 Adjungierte Abbildungen unbeschränkter Operatoren.
Fasst man, wie in Beispiel (iii) von adjungierten Operatoren, die Differentation Au = u0 als beschränkte Abbildung von H 1,2 nach L2 auf, so
ergibt sich A∗ als Lösung einer Differentialgleichung zweiter Ordnung, ist
also relativ kompliziert. Eigentlich hätte man ja ganz gerne eine Theorie,
in der A∗ u = −u0 ist. Dies erreicht man, indem man lineare, nicht notwendig beschränkte Abbildungen betrachtet, die nicht auf dem gesamten
zugrundeliegenden Hilbertraum erklärt sind.
2.4. ADJUNGIERTE OPERATOREN
41
Beispiel: a) Sei H = L2 (0, 2π) und sei A : D(A) ⊆ H → H : u →
7 u0 ,
wobei der Definitionsbereich D(A) = C ∞ (0, 2π) ist. Dann ist A ein unbeschränkter Operator, denn für un (x) = sin nx ∈ C ∞ (0, π) gilt
2
kun k2L2 = π,
ku0n kL2 = n2 π .
b) Sei H = L2 (R) und sei A : D(A) ⊆ H → H : u 7→ u0 mit D(A) = C0∞ (R).
∞
Dann ist A ein unbeschränkter
R Operator. Um dies einzusehen, sei J ∈ C0 (R)
eine Funktion mit J ≥ 0, R Jdx = 1 und supp J ⊂ B1 (0). Eine solche
Funktion wird oft als Glättungskern bezeichnet, da mit Hilfe der aus Analysis
III bekannten Faltung Lp -Funktionen durch glatte Funktionen approximiert
werden können (Analysis III, Folgerung 15.6). Ein typisches Beispiel eines
solchen Glättungskernes ist die Funktion
(
−1
falls |x| < 1
k exp( 1−|x|
2 ),
J(x) =
0,
sonst
1
mit einer Normierungskonstante k. Für un (x) = n 2 J(nx), gilt
kun k2L2 = kJk2L2 ≤ c ,
2
2
ku0n kL2 = n2 kJ 0 kL2 → ∞ (n → ∞) .
In den Anwendungen der Funktionalanalysis ist der Definitionsbereich
D(A) zumeist nur dicht in H. Deshalb definiert man die adjungierte Abbildung wie folgt:
c5.10 4.9 Definition. Sei A : D(A) ⊆ H → H ein linearer Operator, wobei D(A)
ein linearer dichter Teilraum von H ist. Dann hat der adjungierte Operator A∗ : D(A∗ ) ⊆ H → H den Definitionsbereich
D(A∗ ) := {v ∈ H | ϕv (u) = (Au, v) ist ein beschränktes
lineares Funktional auf D(A) } .
A∗ v ist dasjenige durch den Rieszschen Darstellungssatz gegebene Element
von H, für welches
(u, A∗ v) = (Au, v)
für alle u ∈ D(A)
gilt.
Zur Definition von ϕv in der D(A∗ ) definierenden Gleichung muss beachtet werden: Zunächst ist ϕv nur auf D(A) erklärt. Da aber für v ∈ D(A∗ )
und (uj ) ⊆ D(A) gilt
|ϕv (uj − uk )| = A(uj − uk ), v ≤ Kkuj − uk k ,
(4.10) c5.11
42
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
lässt sich ϕv auf ganz H als beschränktes lineares Funktional fortsetzen. Ist
u ∈ H und nicht in D(A), so gibt es, da D(A) dicht in H ist, eine Folge
(uj ) mit uj → u in H und (uj ) ist Cauchyfolge. Wegen (4.10) konvergiert
dann ϕv (uj ) und der Limes wird als ϕv (u) definiert. Die Definition ist
unabhängig von der Folge (uj ), die gegen u geht. Auf das so fortgesetzte
lineare Funktional wird der Rieszsche Darstellungssatz angewandt.
Beispiel: Sei H = L2 (R) und sei A : D(A) ⊆ H → H : u 7→ u0 , wobei
D(A) = C0∞ (R) ist. Sei v ∈ D(A∗ ), d.h. v ∈ L2 (R) und
|ϕv (u)| = |(u0 , v)| ≤ Kv kukL2
für alle u ∈ D(A) .
(4.11) c5.12
Aufgrund obiger Diskussion lässt sich ϕv auf ganz H fortsetzen, d.h. es existiert fv ∈ H ∗ mit fv |D(A) = ϕv . Der Rieszsche Darstellungssatz 3.1 impliziert
die Existenz eines w ∈ H mit
hfv , ui = (u, −w)
∀u ∈ H.
Für u ∈ D(A) erhalten wir also
(u, −w) = hfv , ui = hϕv , ui = (u0 , v).
Nach Definition der schwachen Ableitung folgt w = v 0 ∈ H, d.h. v ∈ H 1,2 (R).
Umgekehrt für v ∈ H 1,2 (R) gilt (4.11) trivialerweise. Daher gilt
D(A∗ ) = H 1,2 (R) ,
und wir erhalten
(u0 , v) = −(u, v 0 ) ,
(4.12) c5.13
d.h. A∗ v = −v 0 . (4.12) stimmt mit der üblichen Formel für partielle Integration überein, da die auftretenden Randterme wegfallen, wegen u ∈ D(A),
v ∈ D(A∗ ).
c5.14 4.13 Definition. Ein linearer Operator A : D(A) ⊆ H → H, wobei D(A)
ein linearer dichter Teilraum von H ist, heißt selbstadjungiert, wenn
(i) D(A) = D(A∗ )
(ii) Au = A∗ u
und
für alle u ∈ D(A).
Beispiel: Der Laplace-Operator
n
n
X
X
∂ 2u
2
Au = −∆u ≡ − Di u = −
∂x2i
i=1
i=1
(4.14) c5.15
ist bei geeignetem D(A) als Operator A : D(A) → L2 (Ω) selbstadjungiert.
Zum Beweis benötigen wir einige Hilfsmittel.
2.4. ADJUNGIERTE OPERATOREN
43
c5.16 4.15 Satz (Poincaré-Ungleichung). Sei Ω ⊂ Rn ein beschränktes Gebiet.
Dann gibt es eine Konstante K, die nur von n und dem Durchmesser von Ω
abhängt, so dass für alle u ∈ H01,2 (Ω) gilt:
kuk2H 1,2 (Ω)
≤K
n
X
kDi uk2L2 (Ω) ,
(4.16) c5.17
i=1
d.h. k∇ukL2 (Ω) ist eine äquivalente Norm auf H01,2 (Ω).
Beweis : Da C0∞ (Ω)-Funktionen dicht in H01,2 (Ω) und L2 (Ω) sind, reicht es
(4.16) für solche Funktionen zu zeigen. Sei also ϕ ∈ C0∞ (Ω).
n Z
n Z
1X
1X
2
2
kϕkL2 =
|ϕ| 1 dx = −
Di (ϕ ϕ)xi dx
n i=1
n i=1
Ω
=−
Ω
n Z
2X
n i=1
ϕDi (ϕ)xi dx .
Ω
Sei Ω ⊆ {x ∈ Rn |xi | ≤ d, i = 1, . . . , n}. Dann erhalten wir mit der HölderUngleichung
n
X
2d
2
kDi ϕkL2 ,
kϕkL2
kϕkL2 ≤
n
i=1
d.h.
n
kϕkL2
2d X
kDi ϕkL2 .
≤
n i=1
(4.17) c5.18
Wir erhalten also für ϕ ∈ C0∞ (Ω)
kϕk2H 1,2
=
kϕk2L2
+
n
X
kDi ϕk2L2
≤
i=1
X
n
4d2
+1
kDi ϕk2L2 .
n
i=1
H01,2 (Ω)
Für beliebige u ∈
nimmt man dann eine Folge (uj ) ⊆ C0∞ (Ω) mit
1,2
uj → u in H0 (Ω) und geht in der letzten Ungleichung zur Grenze j → ∞.
Dies beweist (4.16).
Man kann auch noch folgende Version der Poincaré-Ungleichung beweisen.
Allerdings benötigt man hierzu Hilfsmittel, die wir erst in Abschnitt 2.7 zur
Verfügung haben.
c5.19 4.18 Satz. Sei Ω ⊆ Rn ein beschränktes Gebiet mit ∂Ω ∈ C 0,1 . Dann exi-
stiert eine Konstante K, so dass für alle u ∈ H 1,2 (Ω) gilt:
Z
Z
2
|u − uΩ | dx ≤ K |∇u|2 dx ,
Ω
Ω
(4.19) c5.20
44
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
wobei
Z
Z
1
u dx
uΩ := − u dx :=
|Ω|
Ω
Ω
der Mittelwert von u über Ω ist.
• Insbesondere ist also k∇ukL2 eine äquivalente Norm auf
Ḣ 1,2 (Ω) := {u ∈ H 1,2 (Ω) | uΩ = 0} .
c5.21 4.20 Die Räume H k,2 (Ω). Sei Ω ⊆ Rn ein beschränktes Gebiet. Sei k ∈ N
und u ∈ L2 (Ω). Man sagt u besitzt eine schwache Ableitung k-ter Ordnung,
falls es Funktionen Dα u ∈ L2 (Ω), α = (α1 , . . . , αn ), αi ∈ N0 , |α| :=
Pn
∞
i=1 αi = k gibt, so dass für alle ϕ ∈ C0 (Ω) gilt:
(u, Dα ϕ) = (−1)k (Dα u, ϕ) .
(4.21) c5.22
Man definiert dann H k,2 (Ω) als
H k,2 (Ω) := {u ∈ L2 (Ω) | u besitzt schwache Ableitungen Dα u, |α| ≤ k}
und definiert ein Skalarprodukt durch
X
(u, v)H k,2 (Ω) :=
(Dα u, Dα v)L2 .
(4.22) c5.23
|α|≤k
Oftmals sind Überlegungen einfacher, wenn man mit periodischen Funktionen arbeitet. Sei Q = (−K, K)n ein Würfel des Rn und sei u : Rn → R
eine periodische Funktion mit Periode 2K, d.h. u(x + 2Kei ) = u(x),
i = 1, . . . , n, wobei ei die Standardbasisvektoren sind. Wir bezeichnen mit
k,2
Hper
(Q) den Teilraum von H k,2 (Q) der periodischen Funktionen versehen
mit dem H k,2 (Q)-Skalarprodukt. Hierbei wird die Konvention benutzt, dass
k,2
k,2
H 0,2 (Q) := L2 (Q) ist. Mit Ḣper
(Q) bezeichnen wir den Teilraum von Hper
(Q)
bestehend aus Funktionen mit Mittelwert Null. Aufgrund von Satz 4.18 ist
1,2
(Q).
k∇ukL2 eine äquivalente Norm auf Ḣper
• Wir betrachten nun folgendes Problem für den Laplace-Operator: Sei
1,2
2,2
f ∈ L2per (Q) gegeben. Wir suchen u ∈ Ḣper
(Q) ∩ Hper
(Q) mit
−∆u = f
fast überall in Q .
(4.23) c5.24
Um dies zeigen zu können, benötigen wir die Methode der Differenzenquotienten, die wir nun im allgemeinen Fall einführen. Für 0 < h < h20 , h0 > 0,
wobei ej , j = 1, . . . , n, die Standardbasisvektoren des Rn sind, definieren wir
durch
Th (x) = Tj,h (x) := x + hej
(4.24) c5.29
2.4. ADJUNGIERTE OPERATOREN
45
einen Translationsoperator. Für Ω ⊆ Rn mit ∂Ω ∈ C 0,1 bezeichnen wir
Ωh := {x ∈ Ω dist(x, ∂Ω) > h}.
Das folgende Lemma zeigt den Zusammenhang zwischen dem klassischen
Differenzenquotienten und den schwachen Ableitungen auf.
c5.31 4.25 Lemma. Sei Ω ⊆ Rn ein Gebiet mit ∂Ω ∈ C 0,1 und u ∈ L2 (Ω).
(a) Für u ∈ H 1,2 (Ω) und |h| ≤ h0 gilt:
−1
h (u ◦ Tj,h − u) 2
≤ kDj ukL2 (Ω) ,
L (Ω )
h
j = 1, . . . , n .
(b) Seien h−1 (u ◦ Tj,h − u) ∈ L2 (Ωh0 ) für alle h0 > 0, 0 < h < h0 und gelte
−1
h (u ◦ Tj,h − u) 2
≤ C1 , j = 1, . . . , n.
L (Ω )
h
Dann existiert die verallgemeinerte Ableitung Dj u und es gilt
kDj ukL2 (Ω) ≤ C1 .
Beweis : (a) Da C 1 (Ω) Funktionen dicht in H 1,2 (Ω) sind reicht es die
Ungleichung für solche Funktionen zu beweisen. Sei also u ∈ C 1 (Ω). Dann
gilt
Z
−1
h (u(Tj,h (x)) − u(x))2 dx =
Ωh
Z Z1
2
Dj u(x + thej ) dt dx
Ωh
0
Z
Z1
≤
|Dj u(x + thej )|2 dtdx
Ωh 0
Z1
≤
Z
dt
0
|Dj u(y)|2 dy ,
Ω
was die Behauptung ist.
(b) Hierfür fehlen uns noch einige Hilfsmittel (siehe Abschnitt 2.7).
c5.25 4.26 Lemma. Für alle f ∈ L2per (Q) existiert genau eine Lösung u ∈
1,2
2,2
Ḣper
(Q)∩Hper
(Q) des Problems (4.23). Diese Lösung erfüllt die Abschätzung
kukH 2,2 ≤ K kf kL2 .
(4.27) c5.26
46
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Beweis : Wir setzen
[u, v] :=
n Z
X
Z
Di uDi v dx,
hF, vi :=
i=1 Q
f v dx .
(4.28) c5.27
Q
1,2
(Q) und es gilt
Dann ist F ein beschränktes lineares Funktional auf Ḣper
[u, u] ≥
n
X
kDi uk2L2 ≥ c kuk2H 1,2
i=1
aufgrund der Bemerkungen nach Satz 8.15. Das Lemma von Max-Milgram
(Lemma 3.9) liefert die Existenz einer eindeutigen schwachen Lösung
1,2
u ∈ Ḣper
(Q) des Problems
[u, v] = hF, vi
1,2
∀v ∈ Ḣper
(Q) .
(4.29) c5.28
2,2
(Q) liegt, benutzen wir Lemma
Um zu zeigen, dass die Lösung u auch in Hper
4.25. Wir führen die für den Differenzenquotienten üblche Kurzschreibweise
ein:
∆hj u(x) := h−1 (u(Tj,h (x)) − u(x))
1,2
(Q). Somit können wir in (4.29)
∆hj u(x) ist wiederum eine Funktion aus Ḣper
−1 h
als Testfunktion v = h ∆j u(x) wählen und erhalten
1
h2
Z X
n
Di (u(x)) Di u(Th (x)) − u(x) dx
Q
1
= 2
h
i=1
Z
f (x) u(Th (x)) − u(x) dx .
Q
−2
Wenn man v = h−1 ∆−h
j u := h (u(x) − u(T−h (x)) als Testfunktion wählt
und y = x − hej substituiert erhält man
1
h2
Z X
n
Q
1
= 2
h
Di u(Th (x)) Di u(Th (x)) − u(x) dx
i=1
Z
Q
f (Th (x)) u(Th (x)) − u(x) dx ,
2.4. ADJUNGIERTE OPERATOREN
47
wobei man noch ausnutzt, das aufgrund der Periodizität die Integrale über
Q bzw. über {x + hej | x ∈ Q} gleich sind. Diese beiden Gleichungen voneinander abgezogen liefern
Z
n Z
X
2
1
h
Di ∆j u(x) dx =
f
(T
(x))
−
f
(x)
u(T
(x))
−
u(x)
dx
h
h
h2
i=1 Q
Q
Z
−1
f (x) u(Th (x)) − 2u(x) + u(T−h (x)) .
= 2
h
Q
(4.30) c5.30
Mit der Bezeichnung ϕ(x) = ∆hj u(x) kann man den letzten Term schreiben
als
Z
1
−
f (x) ϕ(x) − ϕ(T−h (x)) dx ≤ kf kL2 h−1 (ϕ − ϕ ◦ T−h )L2 .
h
Q
Unter Benutzung von Lemma 4.25 (a) und der Young-Ungleichung kann man
die rechte Seite durch
2
1
1
kf k2L2 + ∇∆hj uL2
2
2
abschätzen. Dies zusammen mit (4.30) ergibt
∇∆hj u2 2 ≤ c kf k2 2 .
L
L
Lemma 4.25 (b) liefert nun
n
X
kDj ∇uk2L2 ≤ c kf k2L2 ,
j=1
2,2
∞
d.h. u ∈ Hper
(Q). Dies zusammen mit (4.28) für v ∈ Cper
(Ω) liefert
−
n Z
X
Di2 uv
i=1 Q
Z
dx =
f v dx ,
Q
woraus man sofort (4.23) fast überall folgert.
Man kann auch das Analogon zu Lemma 4.26 für das Dirichlet Problem
für den Laplace Operator beweisen. Sei Ω ⊆ Rn ein beschränktes Gebiet mit
∂Ω ∈ C 1,1 . Für f ∈ L2 (Ω) suchen wir eine Lösung von
−∆u = f
u=0
in Ω ,
auf ∂Ω .
(4.31) c5.32
48
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Man erhält folgende Aussage: Für alle f ∈ L2 (Ω) existiert genau eine Lösung
u ∈ H01,2 (Ω) ∩ H 2,2 (Ω) von (4.31) mit
kukH 2,2 (Ω) ≤ c kf kL2 (Ω) .
(4.32) c5.33
Der Beweis der Existenz einer schwachen Lösung in H01,2 (Ω) läuft völlig analog. Zum Beweis der H 2,2 (Ω) Regularität geht man auch analog vor. Allerdings muss man eine Testfunktion nehmen, die in H01,2 (Ω) liegt, was im
Allgemeinen für u(Th (x)) − u(x) nicht gilt (die Funktion hat keine Nullrandwerte). Also muss man die Argumentation lokalisieren, d.h sei Ω0 ⊆⊆ Ω und
τ ∈ C0∞ (Ω) mit τ = 1 in Ω0 und |∇τ | ≤ c dist(Ω0 , Rn \ Ω)−1 . Man wählt
dann v(x) = h−2 (u(T (x)) − u(x))τ 2 und erhält bei etwas mehr technischem
Aufwand:
n Z
X
h 2
∆j ∇u dx ≤ c(τ ) kf k2 2 ,
L (Ω)
i=1
Ω0
was sofort mit Lemma 4.25 (b) ∇2 u ∈ L2 (Ω0 ) liefert. Um eine analoge Aussage nahe dem Rand ∂Ω zu erhalten kann man mit lokalen Koordinaten, die
dem Rand angepasst sind argumentieren (siehe Alt S. 398). Dies ist etwas
aufwendiger, funktioniert aber im Prinzip ähnlich wie die Aussage im Innern.
Eine Kombination beider Abschätzungen liefert dann (4.32).
c5.34 4.33 Satz. Der Laplace-Operator A : D(A) ⊆ L̇2 (Q) → L̇2 (Q) : u 7→ −∆u
2,2
mit D(A) = Ḣper
(Q) ist selbstadjungiert.
Beweis : Für glatte Funktionen u, v gilt
Z
Z
h Z
X
− ∆uv dx =
Di uDi v dx = − u∆v dx ,
Q
i=1 Q
(4.34) c5.35a
Q
wobei die Randterme aufgrund der Periodizität wegfallen.R Für Funktionen
∞
u, v ∈ Ċper
(Q) := {u ∈ C ∞ (Rn ) | u ist periodisch und − Ω udx = 0} gilt
∞
somit (Au, v) = (u, Av), d.h. für glatte Funktionen gilt A = A∗ . Da Ċper
2,2
Funktionen dicht in Ḣper (Q) sind und alle auftretenden Integrale endlich sind
2,2
2,2
gilt (4.34) für alle u, v ∈ Ḣper
(Q). Sei nun v ∈ Ḣper
(Q), dann gilt aufgrund
2,2
von (4.34) für alle u ∈ Ḣper (Q)
|(Au, v)| ≤ kukL2 kvkH 2,2 ,
d.h. nach der Definition von A∗ ist v ∈ D(A∗ ) und es gilt3
(Au, v) = (u, Av) .
3
Die Wahl v = 1 liefert sofort, dass Au Mittelwert Null hat.
(4.35) c5.35
2.5. SEPARABLE HILBERTRÄUME UND ORTHOGONALSYSTEME 49
2,2
2,2
Dies liefert A∗ v = Av, d.h. A = A∗ auf Ḣper
(Q) und Ḣper
(Q) = D(A) ⊆
∗
∗
D(A ). Es bleibt zu zeigen, dass D(A ) = D(A). Sei v ∈ D(A∗ ). Dann
existiert nach Definition ein A∗ v = f ∈ L2per (Q) mit
(Au, v) = (u, f )
∀u ∈ D(A) .
Nach Lemma 4.26 existiert für f ∈ L2per (Q) eine eindeutige Lösung ṽ ∈
2,2
Ḣper
(Q) der Gleichung Aṽ = f . Wir wollen zeigen, dass v = ṽ. Sei g ∈ L2per (Q)
2,2
beliebig. Aufgrund von Satz 4.26 existiert ein ũ ∈ Ḣper
(Q) mit Aũ = g. Wir
haben
(g, v − ṽ) = (Aũ, v) − (Aũ, ṽ) = (ũ, f ) − (ũ, Aṽ)
= (ũ, f ) − (ũ, f ) = 0 ,
wobei wir (4.35) und Aṽ = f benutzt haben. Somit ist v = ṽ ∈ D(A), d.h.
D(A∗ ) ⊆ D(A).
Im Falle von Nullrandbedingungen geht man analog vor.
c5.36 4.36 Satz. Sei Ω ⊆ Rn ein beschränktes Gebiet mit ∂Ω ∈ C 1,1 . Der Laplace-
Operator A : D(A) ⊆ L2 (Ω) → L2 (Ω) mit D(A) = H01,2 (Ω) ∩ H 2,2 (Ω) ist
selbstadjungiert.
Beweis : Der Beweis läuft völlig analog zum Beweis von Satz 4.33. Man
muss nur beim Beweis von (4.35) beachten, dass die Randterme wegfallen,
da u, v ∈ H01,2 (Ω).
2.5
Separable Hilberträume und Orthogonalsysteme
sec:3.6
c6.3 5.1 Definition. Ein Orthogonalsystem ist eine Menge { ϕj ∈ H j ∈
N , ϕj 6= 0 } mit
(ϕk , ϕj ) = 0
∀j 6= k .
Das Orthogonalsystem heißt Orthonormalsystem, wenn zusätzlich
kϕj k = 1, j ∈ N. Ein Orthogonalsystem heißt vollständig in H, wenn
span{ ϕj j ∈ N } dicht in H ist. Hierbei ist span{ϕj j ∈ N} die Menge
der endlichen Linearkombinationen von beliebigen Elementen aus dem System, d.h.
X
n
span{ϕj j ∈ N} :=
αj ϕj αj ∈ R bzw. C, j = 1, . . . , n .
j=1
50
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
c6.4 5.2 Lemma.
Sei M = { vj ∈ H j ∈ N }. Dann gibt
es Orthonormalsysteme
{ ϕj ∈ H j ∈ N, ϕj 6= 0 } mit span M = span{ϕj j ∈ N}.
Beweis : Man führt einen Orthogonalisierungsprozess durch. O.B.d.A.
dürfen wir annehmen, dass für jedes N die Elemente v1 , v2 , . . . , vN linear
unabhängig sind. Setze
v1
ϕ1 :=
kv1 k
Sei ϕj schon konstruiert. Man setze
ϕ̃j+1 := vj+1 −
j
X
(vj+1 , ϕl ) ϕl ,
ϕj+1 :=
l=1
ϕ̃j+1
.
kϕ̃j+1 k
Offensichtlich ist ϕj+1 ⊥ϕl , 1 ≤ l ≤ j. Damit sind die ϕj durch
vollständige
Induktion definiert. Durch die Konstruktion erreicht man
span{ ϕj j ∈ N } = span{M }.
c6.7 5.3 Satz. Jeder
separable
Orthonormalsystem.
Hilbertraum
H
besitzt
ein
vollständiges
Beweis : Aus der Definition 5.1 und Lemma 5.2 folgt offensichtlich
die
Behauptung, denn da H separabel ist, gibt es ein System {vj j ∈ N}, so
H
dass span{vj j ∈ N} = H.
c6.8 5.4 Lemma. Sei {ϕj }j∈N ein Orthonormalsystem in einem Hilbertraum H.
Dann ist für jedes w ∈ H, N ∈ N
N
N
X
2 X
(w, ϕj ) ϕj =
|(w, ϕj )|2 ≤ kwk2 .
j=1
j=1
P∞
Somit gilt auch j=1 |(w, ϕj )|2 ≤ kwk2 < ∞.
Beweis : Es gilt
N
2
X
0 ≤ w −
(w, ϕj ) ϕj j=1
= kwk2 +
N
X
|(w, ϕj )|2 −
j=1
2
= kwk +
N
X
N
X
j=1
o
w, (w, ϕj ) ϕj + (w, ϕj ) ϕj , w
j=1
2
|(w, ϕj )| −
j=1
= kwk2 −
N n
X
N n
X
j=1
|(w, ϕj )|2 .
(w, ϕj ) (w, ϕj ) + (w, ϕj ) (w, ϕj )
o
2.5. SEPARABLE HILBERTRÄUME UND ORTHOGONALSYSTEME 51
Hieraus folgen die Aussagen des Lemmas.
c6.9 5.5 Satz. Sei {ϕj } ein vollständiges Orthonormalsystem in einem Hilber-
traum H. Dann lässt sich jedes Element u ∈ H als konvergente, verallgemeinerte Fourierreihe
∞
X
u=
(u, ϕj ) ϕj
(5.6) c6.10
j=1
darstellen und es gilt
2
kuk =
∞
X
|(u, ϕj )|2 .
(5.7) c6.11
j=1
Beweis
es zu u ∈ H eine Folge uN =
PN N : Nach Definition N5.1 gibt
N
j=1 µj ϕj → u ∈ H. Es ist µj = (u , ϕj ), wie man sich durch Multiplikation im Sinne des Skalarproduktes mit ϕj überlegt. Es gilt wegen Lemma 5.4
N
N
X
2 X
2 2
N
N
(u, ϕj ) ϕj − u = (u − u , ϕj ) ϕj ≤ u − uN .
j=1
j=1
Da uN → u, folgt somit
N
X
2
(u, ϕj ) ϕj − u → 0 (N → ∞) ,
(5.8) c6.12
j=1
was (5.6) beweist. Aus (5.8) folgt
N
X
j=1
2
|(u, ϕj )| −
N
X
(u, ϕj ) (ϕj , u) −
j=1
d.h.
2
kuk −
N
X
(u, ϕj ) (u, ϕj ) + kuk2 → 0 ,
j=1
N
X
|(u, ϕj )|2 → 0
(N → ∞) .
j=1
Damit ist (5.7) bewiesen.
Man kann sich überlegen, dass die Vollständigkeit eines Orthonormalsystems
äquivalent zu Relation (5.7) ist.
c6.13 5.9 Lemma. Sei {ϕj } ein Orthonormalsystem in einem Hilbertraum H.
Wenn für alle u ∈ H gilt:
2
kuk =
∞
X
|(u, ϕj )|2 ,
j=1
dann ist {ϕj } ein vollständiges Orthonormalsystem.
52
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Beweis : Sei u ∈ H. Im Beweis von Lemma 5.4 haben wir gezeigt:
2
n
n
X
X
2
u −
=
kuk
−
|(u, ϕj )|2 .
(u,
ϕ
)ϕ
j
j
j=1
j=1
Nach Voraussetzung konvergiert die rechte Seite gegen Null, d.h.
lim
n→∞
n
X
(u, ϕj )ϕj = u
j=1
und somit ist span{ϕj j ∈ N} dicht in H.
Die verallgemeinerten Fourierkoeffizienten (u, ϕj ) besitzen eine Minimaleigenschaft. Die Lösung des Minimumproblems Suche µ1 , . . . , µN ∈ R
”
bzw. C, so dass
N
X
ku −
µj ϕj k2
j=1
minimal ist“ lautet µj = (u, ϕj ). In der Tat haben wir für µj ∈ R bzw. C,
j = 1, . . . , N
2
N
N
N
N
X
X
X
X
2
2
u −
µj (u, ϕj ) −
µj (u, ϕj )
µj ϕj = kuk +
|µj | −
j=1
j=1
≥ kuk2 −
N
X
j=1
j=1
|(u, ϕj )|2 ,
j=1
da ab + ab ≤ |a|2 + |b|2 . Somit ist die rechte Seite eine untere Schranke,
die unabhängig von µj ist und für µj = (u, ϕj ) angenommen wird, d.h. für
P
2
µj = (u, ϕj ) wird das Minimum von ku − N
j=1 µj ϕj k angenommen.
Beispiel: Das System
1
{(2π)− 2 eikx }k∈Z
(5.10) c6.14
ist ein Orthonormalsystem in L2 ((−π, π); C). In der Tat haben wir
Zπ
eimx dx =
eimπ − e−imπ
=0
im
m ∈ Z \ {0} .
−π
Aufgrund der Relation
cos mx =
eimx + e−imx
,
2
sin mx =
eimx − e−imx
2i
(5.11) c6.15
2.5. SEPARABLE HILBERTRÄUME UND ORTHOGONALSYSTEME 53
ist auch das System
1
1
1
{(2π)− 2 , π − 2 cos nx, π − 2 sin nx}n∈N
(5.12) c6.16
ein Orthonormalsystem in L2 ((−π, π); R).
c6.17 5.13 Satz. Die Systeme (5.10) bzw. (5.12) sind vollständige Orthonormal-
systeme im L2per ((−π, π); C) bzw. L2per ((−π, π); R).
Beweis : Aufgrund der Beziehung (5.11) genügt es dies für eines der
Systeme zu zeigen. Wir nehmen das System (5.10). Wir wissen bereits, dass das System (5.10) ein Orthonormalsystem ist. Da C ∞ [−π, π]
dicht in L2per (−π, π) ist, reicht es zu zeigen, dass sich glatte Funktionen durch endliche Linearkombinationen von Funktionen aus (5.10), die
wir mit lk := (2π)−1/2 e−ikx bezeichnen, approximieren lassen. Sei also
f ∈ C 1 [−π, π] und
X
Pn (f ) :=
(f, lk )lk .
|k|≤n
Nach Lemma 5.4 gilt
X
|(f, lk )|2 ≤ kf k2L2 < ∞ ,
k∈Z
und also für m > n
kPm (f ) − Pn (f )k2L2 ≤
X
|(f, lk )|2 → 0
(n → ∞) .
|k|>n
Somit ist Pn (f ) eine Cauchyfolge in L2per (−π, π) und es existiert ein
f˜ ∈ L2per (−π, π) so, dass Pn (f ) → f˜ in L2per (−π, π) und für eine Teilfolge
Pnk (f )(x) → f˜(x) fast überall. Aufgrund
des folgenden Lemmas erhalten wir
f = f˜, was die Dichtheit von span{lk k ∈ Z} in L2per (−π, π) beweist.
c6.18 5.14 Lemma. Sei f ∈ L2per (−π, π) und existieren M, α > 0 so, dass
−1
h f (x + h) − f (x) ≤ M
∀ |h| < α .
Dann konvergieren die n-ten Partialsummen Pn (f ) fast überall gegen f .
• Die Voraussetzungen des Lemmas sind insbesondere für Lipschitz-stetige
Funktionen erfüllt.
54
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Beweis : Wir haben
X
Pn (f )(x) − f (x) =
(f − f (x), lk )lk (x)
|k|≤n
Zπ
1
=
2π
=
=
1
2π
f (y) − f (x)
−π
Zπ
X
|k|≤n
X ikz
f (x − z) − f (x)
e dz
|k|≤n
−π
π
Z2
1
π
f (x − 2y) − f (x)
−
e−iky dy eikx
X
eik2y dy ,
|k|≤n
π
2
wobei wir erst z = x − y und dann z = 2y substituiert haben. Mit Hilfe der
Summenformel der geometrischen Reihe erhält man
X
e
ikx
−inx
=e
|k|≤n
2n
X
eikx = e−inx
k=0
1
=
1
eix(n+ 2 ) − e−ix(n+ 2 )
ix
1 − eix(2n+1)
1 − eix
ix
e 2 − e− 2
=
sin((n + 12 )x)
,
sin x2
und somit
π
1
Pn (f )(x) − f (x) =
π
Z2
f (x − 2y) − f (x) 2y
sin((2n + 1)y) dy ,
2y
sin y
− π2
d.h. Pn (f )(x) − f (x) ist ein Fourierkoeffizient bzgl. des Systems (5.12) der
Funktion
1
f (x − 2y) − f (x) 2y
g(y) = √ χ[− π , π ]
,
2 2
2y
sin y
π
welche aufgrund der Voraussetzungen eine L2 -Funktion ist. Lemma 5.4 liefert
also Pn (f )(x) − f (x) → 0 für (n → ∞), was die Behauptung ist.
Mit Hilfe eines vollständigen Orthonormalsystems in L2per (−π, π) kann man
vollständige Orthonormalsysteme in L2per (Q), Q = (−L, L)n ⊆ Rn konstruieren. Das System
1
π
lk (x) = (2L)− 2 ei L kx ,
k∈Z
ist ein vollständiges Orthonormalsystem in L2per (−L, L).
(5.15) c6.19
2.5. SEPARABLE HILBERTRÄUME UND ORTHOGONALSYSTEME 55
c6.20 5.16 Folgerung. Das System
π
n
(2L)− 2 ei L k·x ,
(5.17) c6.21
wobei k = (k1 , . . . , kn ), ki ∈ Z, i = 1, . . . , n, ein Multiindex ist, und
x = (x1 , . . . , xn ) ein Vektor im Rn , ist ein vollständiges Orthonormalsystem
in L2per (Q), wobei Q = (−L, L)n .
Beweis : Wir beweisen die Folgerung nur für n = 2, der allgemeine Fall
folgt analog. Das System (5.17) kann als Produkt von Funktionen des Systems
(5.15) geschrieben werden. Wir haben
π
(2L)−1 ei L (k1 x1 +k2 x2 ) = lk1 (x1 ) · lk2 (x2 ) .
(5.18) c6.22
Man rechnet leicht nach, dass diese Funktionen ein Orthonormalsystem bilden. Aufgrund von Satz 5.5 und Lemma 5.9 ist das Orthonormalsystem (5.18)
vollständig genau dann, wenn für alle u ∈ L2per (Q), mit Q = (−L, L)2 gilt:
ZL ZL
ZL ZL
2
X
2
.
|u(x, y)| dxdy =
u(x,
y)l
(x)l
(y)
dxdy
j
k
(5.19) c6.23
j,k∈Z −L −L
−L −L
Aus u ∈ L2per (Q) folgt mit dem Satz von Fubini u(x) ∈ L2per (−L, L) für
fast alle x ∈ (−L, L). Da {lk (y)} ein vollständiges Orthonormalsystem in
L2per (−L, L) ist gilt für fast alle x ∈ (−L, L)
ZL
L
2
X Z
u(x, y)lj (y) dy |u(x, y)| dy =
2
j∈Z −L
−L
=:
X
|gj (x)|2 .
(5.20) c6.24
j∈Z
Da die |gj (x)|2 nichtnegative messbare Funktionen sind (Man wende den Satz
von Fubini auf u(x, y)lj (y) ∈ L2per (Q) an) kann man, nach einer Folgerung aus
dem Satz von Levi über nichtnegative Reihen (Analysis III, Folgerung 8.4),
(5.20) über (−L, L) integrieren. Somit ist
ZL ZL
L
2
|u| dx =
−L −L
XZ
|gj (x)|2 dx
j∈Z −L
L
2
X Z
gj (x)lk (x) dx ,
=
j,k∈Z −L
56
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
wobei die Vollständigkeitsrelation (5.7) auf jedes der gj angewendet wurde.
Somit ist (5.19) bewiesen und das System (5.17) vollständig.
c6.25 5.21 Satz. Jeder separable Hilbertraum ist isometrisch-isomorph zum Hil-
bertraum `2 .
Beweis : Sei {ϕj } ein vollständiges Orthonormalsystem in H. Jedes u ∈ H
besitzt eine Darstellung
∞
X
u=
(u, ϕj ) ϕj .
j=1
Dem Element u ordnen wir die Folge
T u = (u, ϕj ) j∈N
zu. Offensichtlich ist T eine umkehrbar eindeutige Abbildung von H auf `2 .
Insbesondere ist
∞
X
(u, v) =
(u, ϕj ) (v, ϕj ) = (T u, T v)`2 .
j=1
Satz 5.21 ist nützlich, da gewisse Sätze über Hilberträume in dem recht anschaulichen Raum `2 bewiesen werden können. Ein Beispiel werden wir in
dem nächsten Abschnitt sehen.
2.6
Schwache Konvergenz
Kompaktheit
und
schwache
sec:3.7
Neben der Normkonvergenz gibt es in Hilberträumen einen weiteren, sehr
wichtigen Konvergenzbegriff, nämlich die schwache Konvergenz.
c7.1 6.1 Definition. Eine Folge (uj )j∈N , uj ∈ H in einem Hilbertraum H kon-
vergiert schwach gegen ein Element u, in Zeichen
uj * u
oder
uj * u schwach in H (j → ∞)
genau dann, wenn für alle v ∈ H
(uj , v) → (u, v)
(j → ∞) .
Im Unterschied hierzu bezeichnet man die Konvergenz bezüglich der Norm
als starke Konvergenz.
2.6. SCHWACHE KONVERGENZ
57
Man kann sich leicht überlegen, dass der schwache Grenzwert einer Folge
eindeutig bestimmt ist.
c7.2 6.2 Lemma. Es gilt:
(a) Falls un → u stark in H, dann konvergiert un * u schwach in H.
(b) Aus un * u schwach in H folgt
kuk ≤ lim inf kun k .
(6.3) c7.3
n→∞
Beweis : (a) Für uj → u folgt für alle v ∈ H
|(uj , v) − (u, v)| ≤ kuj − uk kvk → 0
(j → ∞) ,
d.h. uj * u schwach in H.
(b) Sei uj eine schwach konvergente Folge mit Grenzwert u. Für alle v ∈ H
gilt:
|(uj , v)| ≤ kuj k kvk .
Aufgrund der schwachen Konvergenz von uj erhalten wir
|(u, v)| = lim inf |(uj , v)| ≤ lim inf kuj k kvk ,
j→∞
j→∞
was sofort die Behauptung (6.3) liefert, wenn man kuk = sup |(u, v)| beachkvk=1
tet.
c7.4 6.4 Lemma. Sei {ϕj } ein vollständiges Orthonormalsystem in H. Dann
konvergiert
ϕj * 0
schwach in H .
Beweis : Für v ∈ H gilt
v=
∞
X
(v, ϕj ) ϕj .
j=1
Da nach Satz 5.5
P∞
j=1
|(v, ϕj )|2 konvergiert, gilt (v, ϕj ) → 0, (j → ∞).
Da kϕj k = 1, kann (ϕj ) nicht stark (d.h. bezüglich der Normkonvergenz)
gegen Null konvergieren. Man sieht also, dass die schwache Konvergenz verschieden ( schwächer“) von der starken Konvergenz ist.
”
Der folgende Satz ist ein Analogon des Satzes von Bolzano-Weierstraß.
58
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
c7.5 6.5 Satz (Schwache Kompaktheit im Hilbertraum). Sei (uk )k∈N eine
beschränkte Folge in einem Hilbertraum H. Dann gibt es eine schwach konvergente Teilfolge (uk )k∈Λ , Λ ⊆ N.
Beweis : Wir führen das Problem auf den Fall eines separablen Hilbertraumes zurück, indem wir H0 als Abschluß von span{um m ∈ N} betrachten. H0
ist separabel, da die Menge der endlichen Linearkombinationen von Elementen um mit rationalen Koeffizienten einerseits abzählbar, andererseits dicht
in H0 ist. H0 ist somit isometrisch isomorph zu `2 (siehe Satz 5.21), und Satz
6.5 übersetzt sich in die Aussage:
P
2
k 2
Sei ck = (ckj )j∈N ∈ `2 , ∞
j=1 |cj | ≤ K , k ∈ N. Dann gibt es eine Teilfolge
”
k ∈ Λ, Λ ⊆ N und ein Element c = (cj )j∈N ∈ `2 mit
∞
X
ckj
µj →
∞
X
(k → ∞, k ∈ Λ)
cj µ j
j=1
j=1
für alle µ = (µj )j∈N ∈ `2 . “
Aus den Voraussetzungen folgt für alle j, k ∈ N
|ckj | ≤ K.
Mit Hilfe des Diagonalverfahrens erhalten wir also eine Teilfolge k ∈ Λ, Λ ⊆
N so, dass für alle j ∈ N
ckj → cj
(k → ∞, k ∈ Λ).
Diese Folge k ∈ Λ ist bereits unsere gesuchte Teilfolge, denn es gilt zunächst
für alle N ∈ N
N
N
X
X
2
|cj | = lim
|ckj |2 ≤ K 2 ,
k→∞
j=1
und somit
∞
X
j=1
|cj |2 ≤ K 2 ,
j=1
d.h. c ∈ `2 . Weiterhin gilt für jedes µ ∈ `2
N
∞
∞
X
X
X
k
k
(cj − cj ) µj + (cj − ckj ) µj .
(cj − cj ) µj ≤ j=1
j=1
|
j=N +1
{z
=: A
}
|
{z
=: B
}
2.6. SCHWACHE KONVERGENZ
59
Der Term B lässt sich abschätzen durch
B≤
∞
X
|cj −
ckj |2
∞
21 X
|µj |2
21
j=N +1
j=N +1
k
≤ kck`2 + kc k`2
∞
X
2
|µj |
21
≤ 2K
j=N +1
∞
X
|µj |2
21
j=N +1
P∞
Da j=1 |µj |2 konvergiert, existiert für alle ε > 0 ein N (ε) ∈ N, so dass
B ≤ ε. Für dieses N (ε) geht der Term A gegen 0 für k → ∞, k ∈ Λ, da
ckj → cj , k → ∞, k ∈ Λ. Damit erhält man
(c, µ) − (ck , µ) < 2ε
(k ≥ k0 (ε), k ∈ Λ) ,
und die schwache Konvergenz ck * c, k ∈ Λ, ist bewiesen.
Damit haben wir für beliebige
v ∈ H0 die Konvergenz (um , v) → (u, v)
P∞
(m → ∞, m ∈ Λ), u = j=1 cj ϕj , wobei (ϕj ) ein Orthonormalsystem von
H0 ist, und damit auch (um , w) → (u, w), w = w1 + w2 , w1 ∈ H0 , w2 ∈ H0⊥ .
Nun können wir Lemma 4.25 (b) beweisen.
4.25 Lemma. Sei Ω ⊆ Rn ein Gebiet mit ∂Ω ∈ C 0,1 und u ∈ L2 (Ω).
(b) Seien h−1 (u ◦ Tj,h − u) ∈ L2 (Ωh0 ) für alle h0 > 0, 0 < h < h0 und gelte
−1
h (u ◦ Tj,h − u) 2
≤ C1 , j = 1, . . . , n.
L (Ω )
h
Dann existiert die schwache Ableitung Dj u und es gilt
kDj ukL2 (Ω) ≤ C1 .
Beweis : Für ϕ ∈ C0∞ (Ω) und |h| klein genug haben wir
Z
Z
h
∆j u ϕ dx = h−1 (u(x + hej ) − u(x))ϕ(x) dx
Ω
Ω
Z
=−
Ω
Z
=−
(−h)−1 u(x)(ϕ(x − hej ) − ϕ(x)) dx
(*) *
u∆−h
j ϕ dx .
Ω
Mit dem Diagonalverfahren wählen wir eine Folge hk → 0 so, dass ∆hj k u * w
schwach in L2 (Ω0 ) für alle Ω0 ⊆⊆ Ω, was aufgrund der Voraussetzungen und
60
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
RSatz 6.5 möglich ist. Für diese Folge hk Rkonvergiert die linke Seite in 2(*) gegen
wϕ dx und die rechte Seite gegen − Ω uDj ϕ dx. Somit ist w ∈ Lloc (Ω) ein
Ω
Kandidat für die schwache Ableitung von u. Für ϕ ∈ C0∞ (Ω) folgt auf Grund
der Kompaktheit des Trägers von ϕ, der Konvergenz von ∆hj k u gegen w, der
Cauchy-Schwarz Ungleichung und den Voraussetzungen
Z
Z
h
w ϕ dx = lim inf ∆j k u ϕ dx
hk →0
Ω
≤ lim inf
hk →0
Ω
k∆hj k ukL2 (Ωhk ) kϕkL2 (Ω)
≤ C1 kϕkL2 (Ω) .
Eine Variante der Normformel
kwkL2 (Ω) =
sup
ϕ∈C0∞ (Ω)
kϕkL2 (Ω) ≤1
Z
w ϕ dx ≤ C1
Ω
liefert einerseits w ∈ L2 (Ω), und somit dass w die schwache Ableitung Dj u
von u ist, und andererseits die Abschätzung für Dj u.
Es folgen weitere Betrachtungen zur schwachen Konvergenz sowie ihrem
Verhältnis zur starken Konvergenz.
c7.7 6.6 Satz. Sei H ein Hilbertraum und (um ) ⊆ H eine schwach konvergente
Folge. Dann ist (um ) beschränkt.
Beweis : Dies ist eine Folge des Prinzips der gleichmäßigen Beschränktheit, ein grundlegender Satz, welcher besagt, dass in vollständigen Räumen eine punktweise“ beschränkte Folge linearer, beschränkter Abbildungen
”
gleichmäßig beschränkt ist. Dieser Satz von Banach-Steinhaus wird im zweiten Teil der Vorlesung bewiesen (siehe Kapitel 3 Satz 3.1). Im obigen Fall
sind die linearen, beschränkten Abbildungen lineare Funktionale, nämlich
ϕm (v) := (v, um ). Wegen der schwachen Konvergenz der um ist ϕm (v) beschränkt, d.h. |ϕm (v)| ≤ Kv für alle m ∈ N, also punktweise“ beschränkt.
”
Das Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit ergibt sup |ϕm (v)| ≤ K, workvk=1
aus kum k ≤ K folgt.
c7.8 6.7 Satz. Seien H1 , H2 Hilberträume und sei A : H1 → H2 beschränkt und
linear. Dann ist A schwach folgenstetig, d.h. um * u schwach in H1 impliziert Aum * Au schwach in H2 .
Beweis : Aus um * u schwach in H1 folgt für alle v ∈ H2 , dass
(Aum , v)H2 = (um , A∗ v)H1 → (u, A∗ v)H1 = (Au, v)H2 , d.h. Aum * Au
schwach in H2 .
Ein weiterer, grundlegender, für die Variationsrechnung und Optimierung
sehr nützlicher Satz ist
2.6. SCHWACHE KONVERGENZ
61
c7.10 6.8 Satz (Banach-Saks). Sei H ein Hilbertraum und (um ) ⊆ H eine
schwach konvergente Folge mit Grenzwert u ∈ H.PDann gibt es eine Teilfolge Λ ⊆ N, so dass die arithmetischen Mittel N1 N
j=1 umj , N → ∞, stark
gegen u konvergieren.
Beweis : O.B.d.A. nehmen wir an, dass u = 0 gilt (Übergang von um zu
um − u). Wegen der schwachen Konvergenz um * 0 wählen wir sukzessive
Indizes mj ∈ N aus, so dass
|(umj , umk )| ≤
1
j2
für k > j ,
j ∈ N.
In der Tat: Ist um1 bis umk bereits konstruiert und damit fest, nutzen wir
(um , umn ) → 0 (m → ∞, n = 1, . . . , k)
aus und erhalten so den Index mk+1 . Die Indexfolge (mj ) ist die gewünschte,
denn es gilt
N
N
N k−1
2
1 X
1 X
2 XX
2
um = 2
kumj k + 2
Re(umj , umk )
N j=1 j
N j=1
N k=1 j=1
N k−1
N
2 XX 1
K
2 π2
≤ 2K + 2
≤
+
N
N
N k=1 j=1 j 2
N
N2 6
→ 0 (N → ∞) .
Wir geben drei Anwendungen des Satzes von Banach-Saks:
c7.11 6.9 Satz. Sei (um ) eine schwach konvergente Folge vektorwertiger Funktio-
nen aus L2 (Ω; RN ), Ω ⊆ Rn offen, und C eine abgeschlossene, konvexe Menge
des RN , so dass um (x) ∈ C für alle x ∈ Ω mit Ausnahme einer Menge vom
Maß Null. Dann gilt für den schwachen Limes u der Folge um , dass u(x) ∈ C
für alle x ∈ Ω mit Ausnahme einer Menge vom Maß Null.
Beweis : Ist um (x) ∈ C, so gilt auch für die arithmetischen Mittel
M
1 X
um (x) ∈ C .
M j=1 j
PM
Da es sich durch Auswahl von Teilfolgen erreichen lässt, dass M1
j=1 umj →
2
N
u in L (Ω; R ) (M → ∞)Pkonvergiert, erhält man durch Auswahl einer
M
weiteren Teilfolge, dass M1
j=1 umj fast überall konvergiert. Daraus folgt
für den Limes u, dass u(x) ∈ C für alle x ∈ Ω \ E, µ(E) = 0 gilt.
Wenn C nicht konvex ist, ist die entsprechende Aussage im allgemeinen
falsch. Allgemeiner zeigt man mit der gleichen Methode:
62
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
c7.12 6.10 Satz. Sei C eine konvexe, abgeschlossene Menge in einem Hilbertraum
H und (um ) ⊆ C eine Folge mit um * u schwach in H (m → ∞). Dann gilt
u ∈ C.
c7.14 6.11 Satz. Sei C eine nichtleere, abgeschlossene, konvexe Menge eines Hil-
bertraumes H und f : C → R stetig in der starken Topologie von H. Ferner
sei f konvex und koerziv auf C, d.h. f (u) → ∞ für kuk → ∞, u ∈ C. Dann
existiert ein Minimum von f auf C.
Beweis : O.B.d.A. sei f nicht konstant gleich ∞ auf C. Sei (um ) ⊆ C eine
Minimalfolge, d.h.
f (um ) → inf f =: I < ∞ ,
C
|f (um ) − I| ≤ 2−m .
Wegen der Koerzivität von f ist kum k ≤ K und es gibt eine Teilfolge, so
dass, nach Umnummerierung,
uN * u schwach
und
1
N
N
X
uj → u stark.
j=1
P
PN
1
Es ist N1 N
j=1 uj ∈ C, also auch u ∈ C. Ferner gilt N
j=1 f (uj ) → I,
N → ∞. In der Tat, sei ε > 0, dann gilt für geeignetes N , d.h. N −1 ≤ ε,
N
N
∞
1X
1X
1X
f (uj ) − I = (f (uj ) − I) ≤
|f (uj ) − I|
N
N
N
j=1
j=1
j=1
∞
1
1 X −j
≤ ε.
2 ≤
≤
N j=1
N
Somit erhalten wir für N groß genug:
N
N
1 X
1 X
f (u) ≤ ε + f
uj ≤ ε +
f (uj ) ≤ 2ε + inf f ≤ f (u) + 2ε .
C
N j=1
N j=1
Anschließender Grenzübergang ε → 0 ergibt die Behauptung.
2.7
Kompakte lineare Operatoren
sec:3.8
Wir haben bereits die Begriffe relativ folgenkompakt und folgenkompakt definiert (vgl. Definition 3.16 in Kapitel 1). Wir wollen nun die analogen Begriffe
für die schwache Konvergenz einführen.
2.7. KOMPAKTE LINEARE OPERATOREN
63
c8.1 7.1 Definition. Eine Menge M eines Hilbertraumes H heißt relativ
schwach folgenkompakt, wenn jede Folge (um ) ⊆ M eine in H schwach
konvergente Teilfolge besitzt.
c8.2 7.2 Definition. Eine Menge M eines Hilbertraumes H heißt schwach fol-
genkompakt, wenn jede Folge (um ) ⊆ M eine in M schwach konvergente
Teilfolge besitzt.
Wie wir in Abschnitt 2.6 bereits diskutiert haben, sind beschränkte Mengen
im Hilbertraum nicht notwendig relativ folgenkompakt - allerdings relativ
schwach folgenkompakt.
Fundamental für die Anwendungen der Funktionalanalysis ist der Begriff des
kompakten Operators.
c8.3 7.3 Definition. Ein Operator A : H1 → H2 mit Hilberträumen H1 , H2 heißt
kompakt, wenn A stetig ist und beschränkte Mengen in relativ folgenkompakte Mengen überführt. Der Operator A : H1 → H2 heißt vollstetig, wenn
er schwach konvergente Folgen in stark konvergente Folgen überführt, d.h.
um * u in H1 impliziert Aum → Au in H2 .
Bei diesen Definitionen muss A nicht notwendig linear sein. Da H1 , H2 metrische Räume sind, ist nach Lemma 3.13 in Kapitel 1 die Stetigkeit von A
äquivalent zur Folgenstetigkeit von A.
c8.4 7.4 Lemma. Seien H1 , H2 Hilberträume. Der lineare Operator A : H1 → H2
ist genau dann kompakt, wenn er vollstetig ist. Insbesondere ist A beschränkt.
Beweis : ⇐“ Sei A vollstetig. Da starke Konvergenz schwache Konvergenz
”
impliziert, ist A folgenstetig. Aus Lemma 3.13 in Kapitel 1 folgt die Stetigkeit
von A. Sei nun M ⊆ H1 eine beschränkte Menge und sei (um ) ⊆ M eine Folge.
Zu zeigen ist, dass (Aum ) eine stark konvergente Teilfolge hat. Da beschränkte
Mengen schwach folgenkompakt sind, gibt es eine Teilfolge Λ ⊂ N, so dass
um * u (m ∈ Λ, m → ∞) schwach in H1 . Da A vollstetig ist, konvergiert
Aum , m ∈ Λ stark in H2 gegen Au.
⇒“ Sei A kompakt. Nach Definition von kompakt ist A stetig und nach
”
Voraussetzung ist A linear. Somit ist A nach Satz 2.5 in Kapitel 1 beschränkt.
Nach Satz 6.7 sind beschränkte lineare Abbildungen stetig von der schwachen
Topologie in die schwache Topologie, d.h. aus um * u schwach folgt Aum *
Au schwach. Angenommen, Aum konvergiere nicht stark gegen Au. Dann gibt
es ein ε > 0 und eine Teilfolge Λ mit kAum − Auk > ε, m ∈ Λ. Da (Aum )m∈Λ
relativ kompakt ist, gibt es eine Teilfolge Λ1 ⊂ Λ, so dass Aum → f stark
in H2 . Es folgt kf − Auk > ε. Andererseits gilt (Aum , v) = (um , A∗ v) →
64
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
(u, A∗ v) = (Au, v) und (Aum , v) → (f, v). Damit folgt Au = f . Es muss
daher die Konvergenz Aum → Au stattfinden.
Beispiele kompakter linearer Abbildungen:
Typische Beispiele sind Integraloperatoren: Sei Ω ⊆ Rn beschränkt und offen,
K ∈ L2 (Ω × Ω) und
Z
(7.5) c8.5
Au(x) := K(x, y) u(y) dy
Ω
c8.6 7.6 Lemma. Die durch (7.5) definierte Abbildung A : L2 (Ω) → L2 (Ω) ist
vollstetig.
Beweis : Wir beweisen die Aussage zunächst für Kerne K ∈ C Ω × Ω . Es
gilt für um ∈ L2 (Ω), kum k ≤ c
Z
|Aum (x) − Aum (z)| = K(x, y) − K(z, y) um (y) dy Ω
Z
≤ sup |K(x, y) − K(z, y)|
y∈Ω
|um (y)| dx
Ω
≤ sup |K(x, y) − K(z, y)||Ω|1/2 kum kL2 (Ω) .
y∈Ω
Da K gleichmäßig stetig ist, gibt es für ε > 0 ein δ > 0, so dass
sup |K(x, y) − K(z, y)| < ε
für |x − z| < δ .
y∈Ω
Die Funktionen Aum sind daher gleichgradig stetig. Aus
Z
sup |Aum (x)| ≤ sup |K(x, y)| |um (y)| dy
x∈Ω
x∈Ω
Ω
1
≤ sup |K(x, y)| |Ω| 2 kum kL2 (Ω)
x,y∈Ω
folgt, dass die Folge (Aum ) auch gleichgradig beschränkt ist. Nach dem Satz
von Arzela-Ascoli gibt es daher eine gleichmäßig konvergente Teilfolge. Konvergenz in L∞ (Ω) impliziert Konvergenz in L2 (Ω) bei beschränktem Gebiet,
denn
1
kAum − AukL2 (Ω) ≤ |Ω| 2 kAum − AukL∞ (Ω) .
Die Abbildung A ist daher bei gleichmäßig stetigem Kern vollstetig.
2.7. KOMPAKTE LINEARE OPERATOREN
65
Im allgemeinen Fall K ∈ L2 (Ω × Ω) verwenden wir ein Approximationsargument. Da C0∞ (Ω) dicht in L2 (Ω) ist, gibt es eine Folge von Funktionen
(Km ) ⊆ C(Ω × Ω) mit
Z Z
|K − Km |2 dx dy → 0
(m → ∞) .
Ω Ω
Wir setzen Am u(x) :=
R
Km (x, y) u(y) dy und erhalten
Ω
Z Z
|||A − Am ||| = sup kukL2 ≤1
≤ |Ω|
1
2
K(x, y) − Km (x, y) u(y) dy dx
Ω Ω
Z Z
21
|K(x, y) − Km (x, y)| dy dx
→ 0.
2
Ω Ω
Da Am vollstetig ist, impliziert Satz 7.7 die Aussage von Lemma 7.6.
c8.7 7.7 Satz. Seien H1 , H2 Hilberträume, A, Am : H1 → H2 linear und seien
Am vollstetig. Aus
|||A − Am ||| → 0
(m → ∞) ,
folgt, dass dann A vollstetig ist.
Interessanterweise führt also die Konvergenz bezüglich der Operatornorm
nicht aus der Menge der vollstetigen Abbildungen heraus.
Beweis : Sei uj * u schwach in H1 . Es gilt kuj k ≤ K für alle j ∈ N und
somit kuk ≤ K. Sei ε > 0 vorgegeben. Dann gilt
|||A − Am ||| <
ε
4K
für mindestens ein m. Es konvergiert Am uj → Am u (j → ∞) stark in H2 ,
d.h. für alle j ≥ j0 folgt kAm uj − Am uk ≤ 2ε . Daraus folgt für j ≥ j0
kAuj − Auk = kAm uj − Am u + (A − Am ) uj − (A − Am ) uk
≤ kAm uj − Am uk + |||A − Am ||| kuj k + |||A − Am ||| kuk
ε ε ε
< + + = ε.
2 4 4
c8.8a 7.8 Lemma. Seien H1 , H2 , H3 Hilberträume und seien A1 : H1 → H2 ,
A2 : H2 → H3 lineare Operatoren. Dann gilt:
66
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
(i) Ist A1 stetig und A2 kompakt, so ist A2 ◦ A1 kompakt.
(ii) Ist A1 kompakt und A2 stetig, so ist A2 ◦ A1 kompakt.
Beweis : (i) Da kompakte Operatoren nach Definition stetig sind, ist die
Verkettung A2 ◦ A1 stetig. Da A1 linear und stetig ist, ist A1 nach Satz
2.5 in Kapitel 1 beschränkt. Sei nun M ⊂ H1 beschränkt. Dann ist auch
N := A1 (M ) beschränkt und aufgrund der Kompaktheit von A2 ist A2 (N ) =
A2 ◦ A1 (M ) relativ kompakt.
(ii) Sei um * u in H1 . Da der kompakte Operator A1 nach Lemma 7.4
vollstetig ist, gilt A1 (um ) → A1 (u) in H2 . Mit der Stetigkeit von A2 folgt
A2 ◦ A1 (um ) → A2 ◦ A1 (u), also ist A2 ◦ A1 vollstetig. Da A2 ◦ A1 wieder linear
ist, folgt mit Lemma 7.4 die Kompaktheit von A2 ◦ A1 .
Ein weiterer wichtiger Operator ist der Einbettungsoperator. Seien H1 , H2
Hilberträume für die H1 ⊂ H2 als Mengeninklusion gilt.
Eine Abbildung J : H1 → H2 heißt Einbettung, wenn J jedem Element
u aus H1 das Element u aufgefaßt als Element in H2 zuordnet. Wenn die
Einbettung J beschränkt ist, sagen wir dass H1 stetig nach H2 einbettet.
c8.8 7.9 Satz. Sei Ω ⊂ Rn offen und beschränkt. Dann ist die Einbettung
J : H01,2 (Ω) → L2 (Ω) vollstetig, d.h. aus um * u schwach in H01,2 (Ω) folgt
um → u stark in L2 (Ω).
Beweis : Wir zeigen, dass J : H01,2 (Ω) → L2 (Ω) kompakt ist. Aus
kukL2 ≤ kukH 1,2
0
folgt, dass J stetig ist. Da H01,2 (Ω) der Abschluss von C0∞ (Ω) in der H 1,2 (Ω)Norm ist, können wir H01,2 (Ω) als Teilraum von H01,2 (Q) mit einem Würfel
Q = [−πL, πL]n ⊇⊇ Ω betrachten.4 Die H01,2 (Q)-Funktionen werden periodisch auf ganz Rn fortgesetzt mit Q als Periodizitätswürfel. Sei nun
(um ) ⊆ H01,2 (Q) beschränkt. Dann besitzt um ∈ L2 (Q) aufgrund der Bemerkung nach Lemma 5.14 und Satz 5.5 eine Fourierentwicklung
um =
X
k
cm
k
ei
k·x
L
n
,
(2πL) 2
wobei die Summation über die Multiindizes k = (k1 , k2 , . . . , kn ), kj ∈ Z, läuft.
Die Koeffizienten ck sind gegeben durch
Z
k·x
1
m
ck =
um (x)e−i L dx .
n
(2πL) 2 Q
4
Die Funktionen aus H01,2 (Ω) werden durch 0 auf Q \ Ω fortgesetzt.
2.7. KOMPAKTE LINEARE OPERATOREN
67
Da auch Dj um ∈ L2 (Q), j = 1, . . . , n, haben wir auch
m
Dj u =
X
dm,j
k
k
ei
k·x
L
,
n
(2πL) 2
wobei
dm,j
k
=
=
=
1
n
(2πL) 2
1
n
(2πL) 2
Z
Dj um (x)e−
ik·x
L
dx
Q
Z
um (x)e−
ik·x
L
ikj
dx
L
Q
ikj m
c .
L k
Die Beschränktheit der Folge kum kH 1,2 zieht nach Satz 5.5 die Beschränktheit
von
X
2
2
|k|2 |cm
|cm
(7.10) c8.9
k | ≤ K,
0,0,...,0 | ≤ K
k
nach sich. Aus (7.10) folgt mit dem Diagonalverfahren, dass es eine Teilfolge
Λ ⊆ N gibt so, dass für alle Multi-Indizes k
cm
k → ck
(m ∈ Λ, m → ∞).
P 2
Dies und (7.10) impliziert insbesondere
|k| |ck |2 ≤ K und
k
X
2
|cm
k − ck | ≤
X
2
|cm
k − ck | +
|k|≤N
k
≤
ε 2K
+
<ε
2 N2
1 X
2
|k|2 |cm
k − ck |
N2
|k|≥N
für m ≥ m(ε) ,
d.h. cm → c in `2 . Auf die Fourier Reihe übertragen, impliziert die Konvergenz cm → c in `2 (Zn ) die Konvergenz um → u (m → ∞, m ∈ Λ) stark in
L2 (Q), wobei c ∈ `2 (Zn ) der Vektor der Fourierkoeffizienten der u definierenden Reihe ist.
⊆ Rn ein beschränktes Gebiet mit Lipschitz-Rand
∂Ω ∈ C 0,1 . Dann ist die Einbettung J : H 1,2 (Ω) → L2 (Ω) vollstetig.
c8.8aa 7.11 Satz. Sei Ω
Beweis : (i) Der eindimensionale Fall Ω = (a, b) =: I.
Sei (um ) ⊆ H 1,2 (I), kum kH 1,2 ≤ K. Dann gilt aufgrund der Dichtheit von
68
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
C 1 (I) in H 1,2 (I)
Zη
Z
1/2
0 2
0
1/2
|um | dt
≤ K|η − ξ|1/2 ,
|um (η) − um (ξ)| = um ds ≤ |η − ξ|
I
ξ
d.h. die (um ) sind gleichgradig stetig. Die gleichgradige Beschränktheit folgt,
da
Z
Z
Z
− um (η) dη − um (ξ) ≤ − |um (η) − um (ξ)| dη ≤ K − |η − ξ|1/2 dη ≤ K̃ ,
wobei
I
I
I
R
−
I
f (s) ds ≡
1
|I|
R
f (s) ds das Mittelwertintegral ist, und
Z
− um (η) dη ≤ |I| −1
2 ku k 2 .
m L
I
I
Nach dem Satz von Arzela-Ascoli gibt es daher eine Teilfolge, die gleichmässig
und damit auch stark in L2 (I) konvergiert.
(ii) Der allgemeine Fall. Der Beweis läuft wie im Beweis von Satz 7.9.
Allerdings muss man folgende Aussage benutzen:
Es existiert ein Fortsetzungsoperator C : H 1,2 (Ω) → H01,2 (Q), d.h.
(Cu)|Ω = u
∀u ∈ H 1,2 (Ω)
und
kCukH 1,2 (Q) ≤ K kukH 1,2 (Ω) .
0
Zur Konstruktion dieses Operators wird die Regularität des Randes benutzt.
Satz 7.9 und Satz 7.11 lassen sich auch folgendermaßen interpretieren:
c8.10 7.12 Lemma. Sei Ω ein beschränktes Gebiet des Rn und sei H entweder
H01,2 (Ω) oder H 1,2 (Ω), wobei dann ∂Ω ∈ C 0,1 gefordert wird. Weiterhin sei
J : H → H die durch den Rieszschen Darstellungssatz gegebene Abbildung
mit
(Ju, v)H = (v, u)L2
für alle u, v ∈ H.
(7.13) c8.11
Dann ist J kompakt.
Beweis : Sei kum kH ≤ K. Dann folgt aus (7.13) mit v = Jum , u ersetzt
durch um
kJum kH ≤ kum kL2 ≤ K .
2.7. KOMPAKTE LINEARE OPERATOREN
69
Die (Jum ) sind also beschränkt. Andererseits gibt es wegen den Sätzen 7.9
und 7.11 eine Teilfolge Λ, so dass (um )m∈Λ eine Cauchy-Folge in L2 (Ω) ist.
Daraus folgt
sup (Jum − Juk , v)H ≤ kum − uk kL2 → 0
(m, k → ∞, m, k ∈ Λ) ,
kvkH ≤1
woraus mit Hilfe der Normformel kJum − Juk kH → 0 folgt.
Jetzt können wir Satz 4.18 beweisen.
4.18 Satz. Sei Ω ein beschränktes Gebiet des Rn mit ∂Ω ∈ C 0,1 . Dann
existiert eine Konstante K, so dass für alle u ∈ H 1,2 (Ω) gilt:
Z
Z
2
(4.19)
|u − uΩ | dx ≤ K |∇u|2 dx ,
Ω
Ω
R
wobei uΩ := − Ω u dx :=
1
|Ω|
R
u dx der Mittelwert von u über Ω ist.
Ω
Beweis : Da sich beide Seiten nicht verändern, wenn man zu u eine beliebige
Konstante addiert können wir annehmen, dass uΩ = 0. Sei die Behauptung
falsch. Dann gibt es eine Folge (uk ) ⊆ H 1,2 (Ω) mit Mittelwert Null, so dass
Z
|uk |2 dx = 1 ,
ZΩ
1
|∇uk |2 dx ≤ .
k
(7.14) c8.12
Ω
Somit ist die Folge (uk ) in H 1,2 (Ω) beschränkt und nach Satz 7.11 gibt es
eine Teilfolge (ukj ) die in L2 (Ω) stark gegen u ∈ L2 (Ω) konvergiert, wobei
aufgrund von (7.14) kukL2 = 1, und die in H 1,2 (Ω) schwach gegen u konvergiert. Nach (7.14) und Lemma 6.2 gilt k∇ukL2 ≤ lim inf k→∞ k∇uk kL2 = 0,
was aber ∇u = 0 fast überall in Ω impliziert. Daraus folgt dass u in Ω konstant ist. In der Tat, sei uε = Jε ∗ u die Regularisierung von u. Dann gilt für
alle x ∈ Ωε := {x ∈ Ω | dist(x, ∂Ω) > ε} :
Z
∇uε (x) = ∇x Jε (x − y)u(y) dy
Rn
Z
= ∇x
Jε (y)u(x − y) dy
Rn
Z
Jε (y)∇x u(x − y) dy
=
Rn
= Jε ∗ ∇u(x) = 0 ,
70
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
da ∇u ∈ L2 (Ω) ist. Somit sind uε in Ωε konstant. Aufgrund der Eigenschaften
der Glättung (siehe Analysis III, Satz 15.4 und 15.5) konvergiert uε → u
in L2 (Ω) und somit ist u auf ganz Ω konstant. Der Grenzwert u hat auch
Mittelwert Null, da
Z
Z
−1
− uk dx − − u dx ≤ |Ω| 2 kuk − uk 2 → 0
(k → ∞)
L
Ω
Ω
und die Mittelwerte von uk Null sind. Damit ist u notwendig identisch Null,
was ein Widerspruch zu kukL2 = 1 ist.
Als weitere Anwendung der Begriffe werden wir in diesem Abschnitt die Endlichdimensionalität des Kernes von Operatoren der Gestalt A + K, A koerziv und beschränkt, K kompakt, und verwandte Fragen behandeln. Zuvor
benötigen wir noch folgendes Resultat:
c8.13 7.15 Satz. Sei K : H1 → H2 ein lineare, vollstetige Abbildung eines Hil-
bertraumes H1 in einen Hilbertraum H2 . Dann ist die adjungierte Abbildung
K ∗ : H2 → H1 vollstetig.
Beweis : Sei vm * v schwach in H2 . Nach Definition des Begriffs Supre”
mum“ gibt es Elemente um mit kum k = 1 und Zahlen εm → 0, so dass
kK ∗ vm − K ∗ vk = sup |(u, K ∗ vm − K ∗ v)| = |(um , K ∗ vm − K ∗ v)| + εm .
kuk=1
O.B.d.A. kann man um so wählen, dass um * u in H1 (vergleiche Satz 6.5).
Wir haben also
kK ∗ vm − K ∗ vk = |(Kum , vm − v)| + εm .
(7.16) c8.14
Da K vollstetig ist, folgt Kum → f stark in H2 . Somit gilt
(Kum , vm − v) → 0
(m → ∞) .
(7.17) c8.14a
In der Tat: vm * v schwach in H2 und Kum → f stark in H2 impliziert
|(Kum , vm − v)| ≤ |(Kum − f, vm − v)| + |(f, vm − v)|
≤ kKum − f k kvm − vk + |(f, vm − v) | → 0
|
{z
}
|
{z
}
→0
→0
Aus (7.16) und (7.17) folgt, dass K vollstetig ist.
(m → ∞).
2.7. KOMPAKTE LINEARE OPERATOREN
71
c8.15 7.18 Satz. Sei A : H1 → H2 eine lineare, beschränkte Abbildung zwischen
den Hilberträumen H1 und H2 . A genüge der Koerzivitätsungleichung
kAuk ≥ ckuk ,
u ∈ H1 ,
(7.19) c8.19
mit einer positiven Konstanten c. Ferner sei K : H1 → H2 linear und vollstetig. Dann ist der Bildraum (A + K)(H1 ) abgeschlossen und der Kern von
A + K endlichdimensional.
Beweis : (i) Angenommen, es wäre
dim N (A + K) = ∞ .
(7.20) c8.16
Dann gibt es nach Lemma 5.2 ein Orthonormalsystem {ϕj }, ϕj ∈ N (A + K).
Da ϕj ∈ N (A + K), gilt Aϕj = −Kϕj , d.h. die Folge (Aϕj ) ist relativ kompakt, und es gibt eine√stark konvergente Teilfolge (Aϕj` ). Da ϕj` ⊥ϕjk , ` 6= k,
folgt kϕj` − ϕjk k = 2, und wegen der vorausgesetzten Koerzivitätsungleichung
√
` 6= k .
kAϕj` − Aϕjk k ≥ c 2 ,
Die Folge (Aϕj` ) kann daher nicht konvergieren. Also ist dim N (A+K) < ∞.
(ii) Gelte (A+K)um → f in H2 . Wir müssen zeigen, dass ein u ∈ H1 existiert
mit (A + K)u = f . Da A und K stetig sind, ist der Kern N (A + K) von
A + K abgeschlossen. Jedes um hat somit eine eindeutige Zerlegung
um = vm + wm ,
wm ∈ N (A + K), vm ⊥N (A + K).
Wir werden zeigen, dass die Folge (vm ) konvergiert. Aufgrund von Lemma
7.22 gibt es eine positive Konstante c0 , so dass
k(A + K)uk ≥ c0 kuk
für alle u ∈ (N (A + K))⊥ .
(7.21) c8.17
Da (A + K)um = (A + K)vm , gilt auch
(A + K)vm → f
(m → ∞)
und (A + K)vm ist eine Cauchyfolge. Wegen (7.21) ist daher auch (vm ) eine
Cauchyfolge (wende (7.21) mit u = vm − vk an). Daher folgt f = (A + K)v,
und Satz 7.18 ist bewiesen.
c8.18 7.22 Lemma. Unter den Voraussetzungen von Satz 7.18 gibt es eine positive
Konstante c0 , so dass
kAu + Kuk ≥ c0 kuk
für alle u ∈ (N (A + K))⊥ .
72
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Beweis : Angenommen, die Behauptung wäre falsch. Dann gibt es eine
Folge (um ) ⊆ (N (A + K))⊥ mit kum k = 1, kAum + Kum k → 0. Da K
kompakt und (um ) beschränkt, ist die Folge (Kum ) relativ kompakt, somit
auch die Folge (Aum ). In der Tat, es gibt eine Teilfolge Λ ⊂ N, so dass
Kum → f (m ∈ Λ, m → ∞). Da weiterhin Aum + Kum → 0, gilt auch
Aum = Aum + Kum − Kum → f
(m ∈ Λ, m → ∞) ,
d.h. Aum → f . Aus (7.19), angewandt auf um − uk , folgt, dass (um )m∈Λ eine
Cauchyfolge ist. Somit gilt um → u (m → 0, m ∈ Λ), und da kum k = 1,
folgt kuk = 1, also u 6= 0. Da um ∈ N (A + K)⊥ und N (A + K)⊥ abgeschlossen ist, gilt auch u ∈ N (A + K)⊥ . (Orthogonalkomplemente sind
immer abgeschlossen: 0 = (um , v) → (u, v).) Damit gilt (A + K)u 6= 0, da
(N (A + K))⊥ ∩ N (A + K) = {0}, und es ergibt sich der Widerspruch
um → u,
(A + K)um → 0
und
(A + K)u 6= 0 .
⊥
Die Endlichdimensionalität des Defektraumes (A + K)(H1 ) erhält man
analog zu Satz 7.18 durch eine Voraussetzung an A∗ .
c8.20 7.23 Satz. Sei A : H1 → H2 eine lineare, beschränkte Abbildung zwischen
den Hilberträumen H1 , H2 . Die adjungierte Abbildung A∗ erfülle
kA∗ vk ≥ c kvk
für alle v ∈ H2
mit einer positiven Konstanten c. Ferner sei K : H1 → H2 vollstetig und
linear. Dann ist
⊥
dim (A + K)H1 < ∞.
Beweis : Nach Satz 7.18 und Satz 7.15, Satz 4.3 ist dim N (A∗ + K ∗ ) < ∞.
⊥
Sei nun v ∈ (A + K)H1 , d.h. (A + K)u, v = 0 für alle u ∈ H1 . Daraus
⊥
folgt (A + K)H1 ⊂ N (A∗ + K ∗ ). Da dim N (A∗ + K ∗ ) < ∞ und (A +
⊥
K)H1
linear und abgeschlossen ist, folgt die Endlichkeit der Dimension
⊥
von (A + K)H1 .
Ist H1 = H2 = H, so folgen die Bedingungen kAuk ≥ c kuk, kA∗ uk ≥ c kuk
beide aus der Bedingung
Re(Au, u) ≥ c kuk2 .
(7.24) c8.21
Im Folgenden bringen wir eine bedeutende Anwendung der Ergebnisse aus
Abschnitt 2.4 und Abschnitt 2.7 auf Randwertprobleme elliptischer partieller
2.7. KOMPAKTE LINEARE OPERATOREN
73
Differentialgleichungen. Entscheidend ist, dass man für Randwertprobleme
−
n
X
n
X
Di aik (x) Dk u +
bi (x) Di u + c(x) u = f
in Ω
(7.25) c8.21.2
i=1
i,k=1
mit Randbedingungen auf ∂Ω die sogenannte Gårdingsche Ungleichung beweisen kann:
c8.22 7.26 Satz. Sei Ω ⊆ Rn ein beschränktes Gebiet und seien aik ∈ L∞ (Ω),
bi ∈ L∞ (Ω), c ∈ L∞ (Ω), f ∈ L2 (Ω). Es gelte die Elliptizitätsbedingung
n
X
aik (x) ξi ξk ≥ α |ξ|2
i,k=1
mit einer positiven Konstanten α > 0. Definiere die beschränkte Bilinearform
Q : H 1,2 (Ω) × H 1,2 (Ω) → R durch
Z X
n
n
X
Q(u, v) :=
aik Dk u Di v +
bi Di u v + c uv dx .
i=1
Ω i,k=1
Dann gilt für alle u ∈ H 1,2 (Ω) die Gårdingsche Ungleichung
Q(u, u) ≥ c0 kuk2H 1,2 − λ0 kuk2L2
mit positiven Konstanten c0 > 0, λ0 > 0.
Beweis : Wegen der Elliptizitätsbedingung schätzt man
Z
Z X
n
aik Dk u Di u dx ≥ α |∇u|2 dx = α kuk2H 1,2 − α kuk2L2
Ω i,k=1
Ω
ab. Den zweiten Summand in (7.25) schätzt man nach unten ab,
Z
Z
n Z
X
n kbk2∞
α
2
|∇u| dx −
|u|2 dx ,
bi Di u u dx ≥ −
2
2α
i=1
Ω
Ω
Ω
woraus sich
Z
Z
Z
n kbk2∞
α
2
2
|∇u| dx −
|u| dx − kck∞ |u|2 dx
Q(u, u) ≥ α |∇u| dx −
2
2α
Ω
Ω
Ω
Z
ZΩ
Z
2
α
n kbk∞ α
=
|∇u|2 dx + |u|2 dx −
+ + kck∞
|u|2 dx
2
2α
2
Z
2
Ω
Ω
Ω
74
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
ergibt.
Um die Gårdingsche Ungleichung zu verwerten, setzen wir - nach dem Rieszschen Darstellungssatz (Au, v)H = Q(u, v)
(7.27) c8.24
mit H = H01,2 oder H = H 1,2 als Grundraum. Die Abbildung A ist dann eine
beschränkte lineare Abbildung von H in sich und erfüllt
(Au, u)H ≥ c kuk2H − λ0 kuk2L2 .
(7.28) c8.25
Sei J die nach Lemma 7.12 vollstetige, lineare Abbildung von H nach H, für
die gilt:
(Ju, v)H = (u, v)L2 .
Aus (7.28) folgt
(A + λ0 J)u, u H ≥ c kuk2H ,
(7.29) c8.26
und wir können Satz 7.23, Satz 7.18 und die Bemerkung im Zusammenhang
mit (7.24) auf die Abbildung A + λ0 J (anstelle von A) und −λ0 J (anstelle von K) anwenden. Dies ergibt den Hauptsatz zur sogenannten normalen
Lösbarkeit elliptischer Randwertprobleme.
c8.27 7.30 Satz. Unter den Voraussetzungen von Satz 7.26 ist das Randwertpro-
blem:
gesucht ist u ∈ H01,2 bzw. H 1,2 , so dass
”
Q(u, v) = (f, v)L2
für alle v ∈ H01,2 bzw. H 1,2 “
lösbar genau dann, wenn für alle v ∈ N (A∗ )
(f, v)L2 = 0
gilt, wobei
N (A∗ ) = v ∈ H01,2 bzw. H 1,2 Q(u, v) = 0 für alle u ∈ H01,2 bzw. H 1,2 .
Es gilt dim N (A∗ ) < ∞ und dim N (A) < ∞ mit
N (A) = u ∈ H01,2 bzw. H 1,2 Q(u, v) = 0 für alle v ∈ H01,2 bzw. H 1,2 .
Beweis : Wir wollen die Fredholmsche Alternative (Folgerung 4.7) auf den
Operator A : H → H definiert in (7.27) anwenden. Mit den Bezeichnungen
à := A + λ0 J und K := −λ0 J haben wir A = à + K. Aufgrund von (7.29)
und der Bemerkung in Zusammenhang mit (7.24) sind alle Voraussetzungen von Satz 7.18 erfüllt und somit ist das Bild A(H) abgeschlossen und
dim N (A) < ∞. Der Beweis von Satz 7.23 liefert dim N (A∗ ) < ∞. Da das
Bild A(H) abgeschlossen ist, ist die Aussage von Satz 7.28 nichts anderes als
eine Umformulierung von Folgerung 4.7.
2.8. DAS EIGENWERTPROBLEM
2.8
75
Das Eigenwertproblem für vollstetige lineare selbstadjungierte Operatoren
sec:3.9
Aus der linearen Algebra wissen wir, dass jede hermitesche (=selbstadjungierte) lineare Abbildung eine vollständige Orthonormalbasis von Eigenwerten besitzt und die Eigenwerte reell sind. Eine völlig analoge Aussage gelingt
für vollstetige, lineare, selbstadjungierte Abbildungen eines Hilbertraumes in
sich. Darüberhinaus erhält man noch, dass es höchstens abzählbar viele Eigenwerte gibt und diese gegen Null gehen müssen, und die Eigenräume mit
eventueller Ausnahme des Kernes endlich-dimensional sind.
In diesem Abschnitt ist H immer ein Hilbertraum über C und I : H → H
ist die Identität auf H, d.h. Iu = u.
c9.1 8.1 Definition. Sei A : H → H ein linearer stetiger Operator. Die Resol-
ventenmenge ρ(A) ist durch
ρ(A) := {λ ∈ C | (A − λI) hat eine stetige Inverse}
definiert. Das Spektrum σ(A) von A ist die Komplementärmenge von ρ(A),
d.h.
σ(A) := C \ ρ(A).
Man sagt, dass λ ein Eigenwert ist, wenn
N (A − λI) 6= {0}
und schreibt λ ∈ EW (A). Man nennt N (A − λI) den Eigenraum
vom Eigenwert λ, und deren nichttrivialen Elemente Eigenvektoren zum
Eigenwert λ.
• EW (A) ⊆ σ(A)
• Wenn dim H = ∞ ist, ist im Allgemeinen EW (A) $ σ(A). Falls
dim H < ∞, dann ist EW (A) = σ(A).
• Es ist möglich, dass N (A − λI) = {0} und R(A − λI) 6= H. Betrachte
A : `2 → `2 : (un ) 7→ (0, u1 , u2 , . . .).
Dann ist 0 ∈ σ(A) und 0 6∈ EW (A), denn sonst wäre
A(un ) = 0(un ) = 0
und somit (un ) = 0.
76
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
• In der Literatur wird die Resolventenmenge ρ(A) oft definiert als
ρ(A) := {λ ∈ C | (A − λI) ist bijektiv von H nach H}.
Aufgrund von Satz 3.14 in Kapitel 3 ist dies äquivalent zu unserer Definition.
g3.2 8.2 Satz. Sei A : H → H linear und stetig. Das Spektrum ist eine kompakte
Menge, für die gilt
σ(A) ⊆ B|||A||| (0) ⊆ C.
(8.3) g3.3
Beweis : Sei λ ∈ C mit |λ| > |||A|||. Wir müssen zeigen, dass dann λ in
der Resolventenmenge ρ(A) ist, d.h. A − λI eine stetige Inverse besitzt. Für
B := λ−1 A gilt
|||B||| = |λ|−1 |||A||| < 1.
Somit liefert Satz 3.16, dass I − B eine stetige Inverse hat. Wir definieren
Rλ : H → H durch
Rλ f := (I − B)−1 (−λ−1 f ).
Offenbar ist Rλ stetig. Weiterhin gilt
(A − λI)Rλ f = −λ(I − B)Rλ f = f,
d.h. Rλ ist die Inverse von A − λI. Also ist (8.3) gezeigt. Es bleibt zu zeigen,
dass ρ(A) offen ist. Für λ0 ∈ ρ(A) bezeichnen wir die stetige Inverse von
A − λ0 I mit Rλ0 . Sei λ nahe genug an λ0 , d.h. |λ − λ0 | 1. Wir zeigen
zuerst, dass A − λI eine Inverse hat. Für f ∈ H hat die Gleichung
Au − λu = f
eine Lösung genau dann, wenn
Au − λ0 u = f + λu − λ0 u
und da λ0 ∈ ρ(A) ist, muss
u = Rλ0 (f + (λ − λ0 )u)
sein. Betrachte die Abbildung
T : H → H : u 7→ Rλ0 (f + (λ − λ0 )u).
T ist eine Kontraktion, denn
kT u1 − T u2 k = kRλ0 ((λ − λ0 )(u1 − u2 ))k
≤ |||Rλ0 ||||λ − λ0 | ku1 − u2 k.
|
{z
}
=:k
(8.4) g3.4
2.8. DAS EIGENWERTPROBLEM
77
Wenn man |λ − λ0 | < |||Rλ0 |||−1 wählt, folgt dass k < 1 ist. Der Banachsche
Fixpunktsatz liefert die Existenz der Inverse Rλ von A−λI. Obige Rechnung
liefert auch
Rλ f = Rλ0 (f + (λ − λ0 )Rλ f )
und somit
(1 − |λ − λ0 | |||Rλ0 |||) kRλ f k ≤ |||Rλ0 ||| kf k .
Für |λ − λ0 | < |||Rλ0 |||−1 ist also Rλ ein beschränkter Operator, d.h. ρ(A) ist
offen.
g9.5 8.5 Satz. Sei dim H = ∞ und sei K : H → H linear und vollstetig. Dann
ist 0 ∈ σ(K).
Beweis : Sei 0 ∈
/ σ(K), d.h. 0 ∈ ρ(K), also hat (K − 0I) = K eine stetige
Inverse. Somit ist
I = K −1 ◦ K
nach Lemma 7.8 kompakt, d.h. die Menge B1 (0) ist kompakt. Andererseits
enthält H einen separablen Teilraum V mit dim V = ∞. Dieser besitzt nach
Satz 5.3 ein vollständiges Orthonormalsystem√{ϕj }j∈N . Für dieses Orthonormalsystem gilt kϕj k = 1 und kϕj − ϕk k = 2, j 6= k. Somit ist die Folge
(ϕj ) nicht relativ folgenkompakt, was ein Widerspruch zur Kompaktheit von
B1 (0) ist. Also haben wir 0 ∈ σ(A) bewiesen.
Somit ist das Spektrum eines vollstetigen Operators immer nichtleer. Für
selbstadjungierte Operatoren kann man das Spektrum und die Resolventenmenge durch äquivalente Bedingungen charakterisieren. Zuerst zeigen wir,
dass Eigenwerte von selbstadjungierten Operatoren reell sind.
c9.2 8.6 Lemma. Sei A : H → H selbstadjungiert. Dann gilt:
(i) Jeder Eigenwert von A ist reell.
(ii) Eigenvektoren zu verschiedenen Eigenwerten sind orthogonal.
Beweis : (i) Sei λ ∈ C und u 6= 0 so, dass Au = λu. Dann folgt
λ (u, u) = (Au, u) = (u, A∗ u) = (u, Au) = λ (u, u).
Somit ist λ = λ, d.h. λ ∈ R.
(ii) Gilt Au = λu, Av = µv, mit λ 6= µ ∈ R, u, v 6= 0, so folgt
λ (u, v) = (Au, v) = (u, Av) = (u, µv) = µ (u, v) = µ (u, v),
woraus (u, v) = 0 folgt.
78
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
c9.7 8.7 Satz. Sei A : H → H ein linearer, selbstadjungierter, stetiger Operator.
Dann gehört λ ∈ C zur Resolventenmenge ρ(A) genau dann, wenn es eine
Konstante c > 0 gibt, so dass für alle u ∈ H
kAu − λuk ≥ c kuk .
(8.8) g9.8
Beweis : “ ⇒ “ : Sei λ ∈ ρ(A) und sei Rλ die stetige Inverse von A − λI.
Für u ∈ H gilt
kuk = kRλ ((A − λI)u)k ≤ |||Rλ ||| kAu − λuk
und somit ist (8.8) mit c = |||Rλ |||−1 erfüllt.
“ ⇐ “ : Sei λ ∈ C derart, dass (8.8) gilt. Sei V := R(A − λI) das Bild von
(A − λI). Wir wollen V = H zeigen. Dazu zeigen wir zuerst, dass V in H
dicht ist. Falls dies nicht der Fall wäre, würde nach Folgerung 2.6 ein Element
0 6= u0 ∈ V ⊥ existieren. Also gilt für alle u ∈ H
(u0 , Au − λu) = 0,
und da A selbstadjungiert ist auch für alle u ∈ H
(Au0 − λu0 , u) = 0,
d.h. Au0 − λu0 = 0. Somit ist λ ein Eigenwert von A und aufgrund von
Lemma 8.6 reell, d.h. λ = λ. Aus (8.8) folgt dann
0 = kAu0 − λu0 k ≥ c ku0 k ,
d.h. u0 = 0, ein Widerspruch.
Wir zeigen nun, dass V abgeschlossen ist. Sei vn := Aun − λun eine Folge aus
V mit vn → v0 ∈ H. Aus (8.8) folgt für alle m, n ∈ N
1
kAun − λun − Aum + λum k
c
1
(m, n → ∞),
= kvn − vm k → 0
c
kun − um k ≤
d.h. (un )n∈N ist eine Cauchyfolge mit Grenzwert u0 . Da A und I stetig sind,
muss also Au0 − λu0 = v0 gelten, d.h. v0 ∈ V . Also ist V abgeschlossen.
Aufgrund der Dichtheit von V haben wir also V = H gezeigt.
Aus (8.8) folgt, dass A − λI auf H eine eindeutig definierte Inverse Rλ hat.
In der Tat, gelte für u1 , u2 ∈ H
Au1 − λu1 = Au2 − λu2 .
2.8. DAS EIGENWERTPROBLEM
79
Dies ist äquivalent zu
A(u1 − u2 ) − λ(u1 − u2 ) = 0
und (8.8) liefert
ku1 − u2 k ≤ c−1 kA(u1 − u2 ) − λ(u1 − u2 )k = 0.
Aus (8.8) folgt auch
kRλ uk ≤ c−1 k(A − λI)Rλ uk = c−1 kuk ,
d.h. Rλ ist stetig und somit ist λ ∈ ρ(A).
c9.9 8.9 Folgerung. Sei A : H → H ein selbstadjungierter, linearer, stetiger
Operator. Dann gehört λ ∈ C zum Spektrum σ(A) genau dann, wenn eine
Folge (un ) mit kun k = 1 existiert so, dass
kAun − λun k → 0
(n → ∞).
Beweis : Aus Satz 8.7 folgt sofort dass λ ∈ σ(A), genau dann, wenn es eine
Folge (un ) gibt mit
1
kAun − λun k ≤ kun k .
n
Multiplizieren mit kun k−1 liefert die Behauptung.
Wir können nun Satz 8.2 für selbstadjungierte Operatoren verschärfen.
c9.10 8.10 Satz. Für das Spektrum eines selbstadjungierten, linearen, stetigen
Operators gilt
σ(A) ⊆ − |||A|||, |||A||| ⊂ R.
(8.11)
Beweis : Wir zeigen, dass alle komplexen Zahlen λ = α + i β, β 6= 0
Elemente der Resolventenmenge ρ(A) sind. Für u ∈ H und v := Au − λu gilt
(v, u) = (Au, u) − λ(u, u),
(u, v) = (v, u) = (Au, u) − λ(u, u),
da A selbstadjungiert ist und somit (Au, u) ∈ R. Somit gilt
(u, v) − (v, u) = (λ − λ)(u, u) = 2β i kuk2 ,
woraus
2 |β| kuk2 = |(u, v) − (v, u)| ≤ 2 kAu − λuk kuk
80
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
folgt. Also ist Bedingung (8.8) mit c = 2 |β| > 0 erfüllt und Satz 8.7 liefert,
dass λ ∈ ρ(A). Dies und Satz 8.2 liefern die Behauptung.
Für einen selbstadjungierten, linearen und stetigen Operator A : H → H
setzen wir
m(A) = m :=
M (A) = M :=
inf
(Au, u),
sup
(Au, u).
u∈H, kuk=1
(8.12) g9.13
u∈H, kuk=1
c9.12 8.13 Satz. Sei A : H → H selbstadjungiert, linear und stetig. Dann gilt
σ(A) ⊆ [m(A), M (A)] und m(A), M (A) ∈ σ(A).
Beweis : (i) Sei λ > M , dann ist für alle u ∈ H
u
u
, kuk
) kuk2 − λ kuk2 ≤ (M − λ) kuk2 .
(Au − λu, u) = (A kuk
Hieraus folgt
0 < (λ − M ) kuk2 ≤ |(Au − λu, u)| ≤ kAu − λuk kuk ,
d.h. (8.8) ist mit c = (λ − M ) erfüllt und somit ist λ ∈ ρ(A). Der Fall λ < m
wird analog behandelt.
(ii) Um m ∈ σ(A) zu zeigen, definieren wir a(·, ·) : H × H → C durch
a(u, v) := (Au − mu, v).
Da A selbstadjungiert ist, ist a(·, ·) eine hermitische Sesquilinearform. Aus
der Definition von m folgt für alle u ∈ H
u
u
, kuk
) kuk2 ≥ m kuk2 ,
(Au, u) = (A kuk
woraus
a(u, u) ≥ 0
folgt. Also ist a(·, ·) ein Skalarprodukt auf H. Die Cauchy-SchwarzUngleichung für a(·, ·) ergibt:
1
1
|a(u, v)| ≤ a(u, u) 2 a(v, v) 2 ,
also gilt für alle u, v ∈ H:
1
1
|(Au − mu, v)| ≤ (Au − mu, u) 2 (Av − mv, v) 2
1
1
≤ (Au − mu, u) 2 (|m| + |||A|||) 2 kvk ,
2.8. DAS EIGENWERTPROBLEM
81
wobei wir im letzten Schritt die Cauchy-Schwarz-Ungleichung für (·, ·) benutzt haben. Wähle v = Au − mu, dann ist
1
kAu − muk2 ≤ c(Au − mu, u) 2 kAu − muk ,
d.h.
1
kAu − muk ≤ c(Au − mu, u) 2 .
(8.14) g9.14
Wegen der Definition von m gibt es eine Folge (un ) ⊆ H mit kun k = 1 und
(Aun , un ) → m und wegen (8.14) folgt
kAun − mun k → 0.
Folgerung 8.9 liefert also m ∈ σ(A).
(iii) Die Aussagen für M folgen analog, wenn man die Sesquilinearform ã(·, ·) :
H × H → C gegeben durch
ã(u, v) := (M u − Au, v)
betrachtet.
c9.15 8.15 Folgerung. Sei A : H → H linear und selbstadjungiert. Dann ist das
Spektrum σ(A) nicht leer.
c9.16 8.16 Folgerung. Sei A
: H
σ(A) = {0}. Dann ist A = 0.
Beweis :
→ H linear und selbstadjungiert mit
Wegen Satz 8.13 gilt sowohl inf (Au, u) ∈ σ(A) als auch
kuk=1
sup (Au, u) ∈ σ(A). Für alle u ∈ H ist also (Au, u) = 0. Insbesondere
kuk=1
ist also (A(u + v), u + v) = 0 für alle u, v ∈ H. Somit gilt
0 = (Au, u) + (Av, v) + 2Re(Au, v) = 2Re(Au, v).
Aus (A(u + i v), u + i v) = 0 folgt analog Im(Au, v) = 0. Wir erhalten also
Au = 0 für alle u ∈ H, d.h. A = 0.
c9.17 8.17 Satz. Sei K : H → H linear, selbstadjungiert und vollstetig. Dann gilt:
σ(K) \ {0} = EW (K) \ {0},
d.h. jedes von Null verschiedene Element des Spektrums ist ein Eigenwert.
82
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Beweis : Es gilt immer EW (K) ⊆ σ(K). Sei λ ∈ σ(K) \ {0}.
Folgerung 8.9 liefert die Existenz einer Folge (un ) ⊆ H mit kun k = 1 und
kKun − λun k → 0. Für vn := Kun − λun gilt also vn → 0 und
un = λ−1 (Kun − vn ).
(8.18) g9.18
Da K vollstetig ist, gibt es eine Teilfolge (un ) so, dass Kun konvergiert. Aus
(8.18) folgt, dass dann auch un konvergiert und zwar gegen ein u0 ∈ H. Da K
insbesondere stetig ist, konvergiert Kun gegen Ku0 . Aus (8.18) und vn → 0
folgt also
u0 = λ−1 Ku0 ,
d.h. u0 ist ein Eigenvektor zum Eigenwert λ. Man beachte, dass ku0 k = 1
gilt.
c9.19 8.19 Folgerung. Sei K : H → H linear, selbstadjungiert und vollstetig.
Falls K 6= 0, dann existiert mindestens ein Eigenwert.
Beweis : Folgerung 8.16 und Satz 8.5 implizieren, dass σ(K) nicht nur aus
der Null besteht. Die Behauptung folgt also aus Satz 8.17.
Man kann sogar zeigen, dass entweder |||K||| oder −|||K||| ein Eigenwert ist.
Dazu benötigen wir folgendes Resultat.
c9.20 8.20 Lemma. Sei A : H → H linear, stetig und selbstadjungiert. Dann gilt:
|||A||| = sup |(Au, u)| = max (|m(A)| , |M (A)|) .
(8.21) g9.21
kuk=1
Beweis : Wir setzen CA := supkuk=1 |(Au, u)|. Für alle u ∈ H gilt
|(Au, u)| ≤ kAuk kuk ≤ |||A||| kuk2 ,
woraus sofort CA ≤ |||A||| folgt. Weiterhin haben wir für alle u, v ∈ H
(A(u + v), u + v) = (Au, u) + (Av, v) + 2Re(Au, v),
(A(u − v), u − v) = (Au, u) + (Av, v) − 2Re(Au, v).
Hieraus folgt
4Re(Au, v) = (A(u + v), u + v) − (A(u − v), u − v).
Weiter gilt
u
u
(Au, u) = (A kuk
, kuk
) kuk2 ≤ CA kuk2 ,
(8.22) g9.22
2.8. DAS EIGENWERTPROBLEM
83
was zusammen mit (8.22)
CA
ku + vk2 + ku − vk2
4
CA
=
kuk2 + kvk2
2
|Re(Au, v)| ≤
(8.23) g9.23
liefert, wobei wir auch (1.3) benutzt haben. Falls Au 6= 0 ist, setzen wir
kuk
v = kAuk
Au und erhalten mit Hilfe von (8.23)
kuk kAuk = |Re(Au, v)| ≤
CA
kuk2 + kvk2 = CA kuk2 ,
2
d.h. kAuk ≤ CA kuk . Dies gilt trivialerweise auch für Au = 0. somit haben
wir gezeigt, dass |||A||| ≤ CA . Insgesamt gilt also die 1. Gleichheit in (8.21).
Die 2. Gleichheit in (8.21) folgt sofort aus der Definition von m(A) und M (A)
(vgl. (8.12)).
c9.24 8.24 Satz. Sei K : H → H linear, selbstadjungiert und vollstetig. Dann
existiert ein Eigenwert λ ∈ R mit |λ| = |||K||| sowie ein dazugehöriger Eigenvektor u ∈ H mit kuk = 1 und
|(Ku, u)| = sup |(Kv, v)| .
(8.25) g9.25
kvk=1
λ ist der betragsmäßig größte Eigenwert von K.
Beweis : Falls K = 0 sind die Aussagen trivial. Sei also K 6= 0, d.h.
|||K||| > 0. Wir wissen aufgrund von Lemma 8.20, dass
|||K||| = max (|m(K)| , |M (K)|) ,
wobei m(K), M (K) in (8.12) definiert sind. Demzufolge existiert eine Folge
(un ) ⊆ H mit kun k = 1 und
(Kun , un ) → λ,
wobei λ ∈ R und |λ| = |||K|||. Daraus folgt
0 ≤ kKun − λun k2 = kKun k2 − 2λ(Kun , un ) + λ2 kun k2
≤ |||K|||2 − 2λ(Kun , un ) + λ2 → 0,
d.h.
Kun − λun → 0.
(8.26) g9.26
84
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Da K vollstetig ist, konvergiert eine Teilfolge Kun und somit konvergiert
auch un gegen ein u0 , da λ 6= 0. Wir haben ku0 k = 1 und auf Grund der
Stetigkeit von K, gilt auch Kun → Ku0 . Aus (8.26) folgt also
Ku0 = λu0 ,
d.h. u0 ist ein Eigenvektor zum Eigenwert λ, mit |λ| = |||K|||. Weiter gilt
|(Ku0 , u0 )| = |λ| (u0 , u0 ) = |||K|||,
was zusammen mit Lemma 8.20 die Identität (8.25) liefert.
Sei µ ∈ R ein weiterer Eigenwert von K und u ein zugehöriger Eigenvektor
mit kuk = 1. Dann gilt
|µ| = |(µu, u)| = |(Ku, u)| ≤ sup |(Kv, v)| .
kvk=1
Dies liefert die verbleibende Behauptung.
Bevor wir weitere Eigenwerte konstruieren, beweisen wir zwei Eigenschaften
von Eigenwerten.
c9.27 8.27 Lemma. Sei K : H → H linear und vollstetig. Sei λ ∈ C ein beliebiger,
von Null verschiedener Eigenwert. Dann ist der Eigenraum V = N (K − λI)
zu λ endlich-dimensional.
Beweis : Wenn V = {0} oder V endlich-dimensional ist, ist nichts zu
beweisen. Falls dim V = ∞, so gibt es einen separablen Teilraum V0 mit
dim V0 = ∞, und V0 besitzt ein vollständiges Orthonormalsystem {ϕj }j∈N .
Da K vollstetig ist und damit kompakt ist und die Menge der ϕj beschränkt
ist, wird sie von K in eine relativ kompakte Menge überführt. Andererseits
gilt Kϕj = λϕj , also ist auch die Menge der ϕj relativ kompakt (beachte,
dass hier λ 6= 0 benutzt wird). Dies ist jedoch wie im Beweis von Satz 8.5
nicht möglich, also war die Annahme dim V = ∞ falsch.
Mit einer ähnlichen Methode beweist man:
c9.28 8.28 Lemma. Sei K : H → H linear, selbstadjungiert und vollstetig. Dann
gibt es keinen von Null verschiedenen Häufungswert von paarweise verschiedenen Eigenwerten von K.
Beweis : Sei Kvj = λj vj mit vj ∈ H, kvj k = 1, λj 6= λk 6= 0 für j 6= k,
λj ∈ R, λj → λ 6= 0 (j → ∞) , λ ∈ R. Da (vj ) beschränkt ist, ist auch die
Folge (λ−1
j vj ) beschränkt (hierbei wurde λj → λ 6= 0 benutzt) und somit
ist die Folge (λ−1
j Kvj ) relativ kompakt. Daher ist auch die Folge (vj ) relativ
kompakt. Nach Lemma 8.6 gilt vj ⊥vk für j 6= k. Die {vj } müssen daher
2.8. DAS EIGENWERTPROBLEM
85
ein abzählbar unendliches Orthonormalsystem bilden, welches nicht relativ
kompakt sein kann - siehe Beweis von Satz 8.5. Dies ist ein Widerspruch und
somit ist Null der einzig mögliche Häufungspunkt.
• Das Lemma besagt, dass Punkte von EW (K) \ {0} isoliert sind.
Basierend auf Satz 8.24 geben wir nun ein Verfahren an, um alle von Null
verschiedenen Eigenwerte zu konstruieren. Sei K : H → H ein linearer,
selbstadjungierter und vollstetiger Operator.
• Falls K = 0 ist λ = 0 Eigenwert und der Kern N (K) = H der zugehörige
Eigenraum.
• Falls K 6= 0, dann existiert nach Satz 8.24 ein Eigenwert λ1 6= 0 mit
|λ1 | = |||K|||. Dies ist der betragsmäßig größte Eigenwert von K. Wir setzen
V1+ := N (K − λ1 I),
V1− := N (K + λ1 I),
H1 := V1+ ⊕ V1− .
Es kann sein, dass V1− = {0}. Falls dies nicht der Fall ist, gilt V1+ ⊥V1− und
beide Räume sind endlich dimensional. Es gilt immer 1 ≤ dim H1 < ∞. Um
weitere Eigenwerte zu konstruieren benutzen wir, dass H1 unter K invariant
ist, d.h. K(H1 ) ⊆ H1 . In der Tat, jedes u ∈ H1 hat eine Darstellung
u = α+ u+ + α− u− mit α+ , α− ∈ C und u+ ∈ V1+ , u− ∈ V1− . Also gilt
Ku = α+ Ku+ + α− Ku− = α+ λ1 u+ − α− λ1 u− ∈ H1 .
Außerdem ist K(H1⊥ ) ⊆ H1⊥ , denn für alle u ∈ H1⊥ und v ∈ H1 gilt
(Ku, v) = (u, Kv) = 0.
Der Operator
K1 := K|H1⊥ : H1⊥ → H1⊥
ist somit wohldefiniert und offensichtlich vollstetig, selbstadjungiert und linear. Nun können wieder 2 Fälle auftreten. Entweder K1 = 0 oder K1 6= 0.
Im ersten Fall ist H1⊥ der Eigenraum zum Eigenwert λ = 0 und es gilt
H1⊥ = N (K). Es gilt insbesondere
H = H1 ⊕ N (K).
Unser Verfahren bricht dann hier ab. Falls K1 6= 0 liefert Satz 8.24 die Existenz eines Eigenwertes λ2 6= 0 mit |λ2 | = |||K1 ||| und eines zugehörigen Eigenvektors u ∈ H1⊥ mit kuk = 1. Insbesondere ist λ2 auch ein Eigenwert von
K, da u ∈ H1⊥ und somit
λ2 u = K1 u = Ku.
86
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Satz 8.24 liefert auch |λ2 | ≤ |λ1 |. Falls |λ2 | = |λ1 | = |||K||| dann ist u aber
auch ein Element von H1 . Dies ist aber ein Widerspruch zu kuk = 1, denn
u ∈ H1⊥ ∩ H1 = {0}. Wir haben also
|λ2 | < |λ1 |
gezeigt. Weiterhin gibt es keine weiteren Eigenwerte λ von K mit
|λ1 | > |λ| > |λ2 | . Sei dies falsch und sei V der zu λ gehörende Eigenraum.
Die zweite Aussage in Lemma 8.6 liefert V ⊥H1 . Somit gilt für v ∈ V mit
kvk = 1:
|λ| = |(Kv, v)| = |(K1 v, v)| ≤ sup |(K1 z, z)| z ∈ H1⊥ , kzk = 1 = |λ2 | .
Dies ist ein Widerspruch.
Wir setzen nun
V2+ := N (K − λ2 I),
V2− := N (K + λ2 I),
H2 := V2+ ⊕ V2− .
Es kann wiederum sein, dass V2− = {0}. Man beachte H2 ⊆ H1⊥ und
1 ≤ dim H2 < ∞. Wie oben zeigt man K1 (H2 ) ⊆ H2 sowie K1 (H2⊥ ) ⊆ H2⊥ .
Demzufolge ist der Operator5
K2 := K1 |H2⊥ : H2⊥ → H2⊥
wohldefiniert sowie vollstetig, selbstadjungiert und linear. Man beachte, dass
K2 = K|(H1 ⊕H2 )⊥ und
H = H1 ⊕ H2 ⊕ H2⊥ .
Somit hat K2 analoge Eigenschaften wie K1 und wir können dieselben
Überlegungen wiederholen.
Das Verfahren bricht nach endlich vielen Schritten ab, wenn der Raum
H endlich-dimensional ist, oder wenn λN = 0. Wenn dim H = ∞ und
λN = 0 liegt ein unendlich- dimensionaler Nullraum vor. Der Standardfall ist
jedoch, dass das Verfahren nicht abbricht und wir abzählbar unendlich viele
Eigenwerte ±λj , j ∈ N, mit |λj | > |λj−1 | erhalten. Ferner ist noch zusätzlich
der Eigenwert Null möglich. Die Eigenwerte λj müssen wegen Lemma 8.28
gegen Null gehen.
Nun haben wir alle Hilfsmittel zusammen um den Spektralsatz zu beweisen.
5
Das Symbol ⊥ ist natürlich bzgl. des Hilbertraumes H1⊥ gemeint.
2.8. DAS EIGENWERTPROBLEM
87
c9.29 8.29 Satz. Sei K : H → H ein linearer, selbstadjungierter, vollstetiger Ope-
rator. Dann existiert eine möglicherweise endliche Folge von von Null verschiedenen Eigenwerten (±λj ), j ≥ 1. Seien Hj , j ≥ 1, die zugehörigen oben
konstruierten “Eigenräume“ und H0 := N (K). Dann gilt:
M H = H0 ⊕
Hj
(8.30) g9.30
j≥1
Falls die Folge (±λj ) unendlich ist, ist |λj | eine Nullfolge, d.h. |λj | & 0.
L
P + +
Der Raum
Hj besteht aus allen konvergenten Reihen
αj vj + αj− vj− ,
j≥1
j≥1
wobei αj+ , αj− ∈ C und vj± ∈ Vj± . Sei dim Vj± =: N ± (j). Falls N ± (j) 6= 0 seien
±
(u±
j,` )`=1,...,N ± (j) vollständige Orthonormalsysteme von Vj . Damit bildet
⊥
⊥
(u±
j,` )j≥1, `=1,...,N ± (j) ein vollständiges Orthonormalsystem von N (K) = H0 .
Beweis (Satz 8.29): (i) Falls K = 0, dann ist λ = 0 der einzige Eigenwert, d.h. Hj = {0} für alle j ≥ 1. Da N (K) = H ist (8.30) trivial.
(ii) Falls K 6= 0 führen die oben beschriebene Konstruktion durch. Falls die
Konstruktion abbricht haben wir bereits in der obigen Diskussion gezeigt,
dass (8.30) gilt. Breche die Konstruktion also nicht ab. Angenommen
M V := H0 ⊕
Hj 6= H.
j≥1
Der Raum V ist unter K invariant. Sei (uj )j∈N das oben beschriebene
vollständige Orthonormalsystem von H0⊥ . Dann hat jedes u ∈ V eine Darstellung
∞
X
u = u0 +
αj uj ,
j=1
mit u0 ∈ H0 , αj ∈ C,
∞
P
|αj |2 < ∞. Seien λj die zu uj zugehörigen Eigen-
j=1
werte. Dann gilt aufgrund der Stetigkeit von K
Ku =
∞
X
j=1
λj αj uj ∈
M
Hn .
n≥1
Man beachte, dass diese Reihe konvergiert, da |λj | ≤ |||K|||. Wir erhalten
weiter K(V ⊥ ) ⊆ V ⊥ , denn für u ∈ V und v ∈ V ⊥ gilt:
(Kv, u) = (v, Ku) = 0.
88
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
Also ist der Operator
e := K|V ⊥ : V ⊥ → V ⊥
K
e = 0 erwohldefiniert sowie vollstetig, selbstadjungiert und linear. Falls K
halten wir V ⊥ ⊂ H0 = N (K) ⊂ V , was V ⊥ = {0} impliziert. Dies ist ein
Widerspruch zu V 6= H.
e 6= 0 liefert Satz 8.24 die Existenz eines Eigenwertes λ 6= 0. Falls
Falls K
|λ| = |λn | für ein n ≥ 1, so folgt N (K − λI) ⊆ V ⊥ und N (K − λI) ⊆ V , d.h.
N (K − λI) = {0}, ein Widerspruch.
Falls |λ| =
6 |λj | , j ≥ 1, dann impliziert |λn | & 0, dass es ein n0 ≥ 1 gibt
mit |λn0 | > |λ| > |λn0 −1 |. Wir haben aber bereits gezeigt, dass dies nicht
möglich ist. Demzufolge haben wir die Annahme V 6= H in allen Fällen zum
Widerspruch geführt, d.h. V = H und der Satz ist bewiesen.
Anwendung auf elliptische Differentialoperatoren. Wir betrachten das
Rand-Eigenwertproblem für elliptische Differentialoperatoren der Gestalt
−
n
X
Di (aik Dk u) + c u
i,k=1
auf einen beschränkten Gebiet Ω ⊂ Rn . Es sei c ∈ L∞ (Ω), und die Koeffizienten aik ∈ L∞ (Ω) seien symmetrisch, d.h. aik = aki , und elliptisch, d.h. es
existiert Konstante α0 > 0 mit
n
X
aik (x) ξi ξk ≥ α0 |ξ|2 ,
∀ξ ∈ Rn .
(8.31) g9.31
i,k=1
Wir betrachten das Eigenwertproblem
−
n
X
Di (aik Dk u) + c u = λu
in Ω ,
i,k=1
u=0
(8.32) g9.32
auf ∂Ω .
In der schwachen Formulierung lautet dies: Gesucht ist u ∈ H01,2 (Ω) so, dass
(Au, ϕ)H 1,2 :=
n
X
(aik Dk u, Di ϕ)L2 + (c u, ϕ)L2 = λ(u, ϕ)L2
∀ϕ ∈ H01,2 (Ω) .
i,k=1
Aus den Voraussetzungen an c und aik folgt sofort, dass A : H01,2 → H01,2 ein
linearer, stetiger und selbstadjungierter Operator ist, der die Gårdingsche
Ungleichung (Satz 7.26)
(Au, u)H 1,2 ≥ αkuk2H 1,2 − λ0 kuk2L2
(8.33) eq:1
2.8. DAS EIGENWERTPROBLEM
89
mit Konstanten α, λ0 > 0 erfüllt. Sei J : H01,2 → H01,2 der nach Lemma 7.12
vollstetige, lineare Operator mit
(Ju, v)H 1,2 := (u, v)L2 .
Man überlegt sich leicht, dass auch J selbstadjungiert ist. Die Ungleichung
(8.33) kann man also schreiben als
(A + λ0 J)u, u H 1,2 ≥ αkuk2H 1,2 .
(8.34) g9.34
Die schwache Formulierung des Eigenwertproblems (8.32) lautet: Gesucht ist
u ∈ H01,2 mit
Au = λJu
in H01,2 .
(8.35) g9.33
Das Eigenwertproblem (8.35) formulieren wir mit Hilfe von J äquivalent um:
(A + λ0 J)u = (λ + λ0 )Ju
in H01,2 .
Mit den Bezeichnungen
B := A + λ0 J ,
µ := λ + λ0
lautet das Eigenwertproblem also
Bu = µJu
in H01,2 ,
(8.36) g9.35
wobei B : H01,2 → H01,2 ein linearer, stetiger und selbstadjungierter Operator
ist. Man nennt einen Operator D : H → H positiv, wenn für alle u ∈ H gilt
(Du, u) ≥ 0 .
Aus (8.34) folgt, dass B positiv ist. Auf Grund der Eigenschaften von B kann
man zeigen (siehe Übungsblatt), dass es einen eindeutig bestimmten linearen,
beschränkten, selbstadjungierten positiven Operator C : H01,2 → H01,2 mit
in H01,2
C2 = B
1
gibt. Dieser Operator, den wir mit B 2 bezeichnen, besitzt eine lineare, stetige
1
Inverse B − 2 . Dies folgt aus Satz 8.7 mit λ = 0 und
1
1
1
kB 2 uk2 = (B 2 u, B 2 u) = (Bu, u) ≥ αkuk2 ,
1
wobei wir die Selbstadjungiertheit von B 2 und (8.34) benutzt haben. Da
die Inverse eines selbstadjungierten Operators wieder selbstadjungiert ist,
90
2. LINEARE FUNKTIONALANALYSIS IN HILBERTRÄUMEN
1
1
erhalten wir, dass B − 2 selbstadjungiert ist. Mit der Bezeichnung v := B 2 u
formen wir (8.36) um in
1
1
µ−1 v = B − 2 JB − 2 v .
(8.37) g9.36
1
Die Abbildung B − 2 ist linear, beschränkt und selbstadjungiert, die Abbildung J ebenfalls; überdies ist J kompakt. Damit ist die Abbildung
1
1
K := B − 2 JB − 2
linear, vollstetig und selbstadjungiert, und wir können die in diesem Paragraph entwickelte Theorie anwenden. Zur Vereinfachung ist es nützlich zu
wissen, dass die Kerne N (K) und N (J) verschwinden.
c9.37 8.38 Lemma.
N (K) = {0} ,
N (J) = {0} .
Beweis : Es ist (Ju, v)H 1,2 = (u, v)L2 . Aus u ∈ N (J), folgt
(u, v)L2 = 0
für alle v ∈ H01,2 (Ω) .
1
Daraus folgt sofort u = 0, da C0∞ (Ω) dicht in H01,2 (Ω) ist. Da B − 2 invertierbar, folgt auch N (K) = 0.
Wir haben also das Eigenwertproblem (8.32) umformuliert in
Ku = µ−1 u
in H01,2 (Ω) ,
N (K) = {0}, K = K ∗ , K kompakt. Aus Lemma 8.38 sowie Satz 8.29 und
den Lemmata 8.6, 8.27, 8.28 erhalten wir:
c9.30 8.39 Satz. Das elliptische Rand-Eigenwertproblem (8.32) besitzt - unter den
an aik und c genannten Voraussetzungen - abzählbar-unendlich viele Eigenwerte νj . Die Eigenwerte sind reell und gehen gegen unendlich. Die Dimension der Eigenräume Vj ist endlich, Eigenräume zu verschiedenen Eigenwerten
sind orthogonal. Die Gesamtheit der Eigenvektoren ist vollständig in H01,2 (Ω).
Beweis : Die Zahl ν ist genau dann Eigenwert des Problems (8.32), wenn
1
− 21
− 12
die Zahl ν+λ
Eigenwert
von
K
=
B
JB
ist. Da die Eigenwerte von K
0
1
gegen Null gehen, d.h. νj +λ0 → 0, folgt |νj | → ∞, und da (Ku, u) ≥ 0, gilt
νj → ∞ (j → ∞) für die Eigenwerte νj von (8.32).
Selbstverständlich lässt sich ein analoger Satz für H 1,2 (Ω) als Grundraum dies entspricht natürlichen Randbedingungen - oder auch elliptische Operatoren höherer Ordnung formulieren.
Kapitel 3
Allgemeine lineare
Funktionalanalysis
chap:3
Im Verlauf dieses Kapitels sind sämtliche auftretenden Vektorräume reell.
3.1
Analytische Formulierung des Satzes von
Hahn-Banach
chap:1
Der Satz von Hahn-Banach befasst sich mit der Fortsetzung von linearen
Funktionalen, welche auf einem linearen Teilraum definiert sind, auf den
ganzen Vektorraum - dies unter Beibehaltung der Norm bzw. verwandter
Größen.
d4.1 1.1 Satz (Hahn-Banach, analytische Form). Sei V
und p : V
alle x ∈ V
Ferner sei
Funktional
ein Vektorraum
→ R positiv homogen und subadditiv, d.h. p(λx) = λp(x) für
und λ ∈ R, λ > 0, und p(x + y) ≤ p(x) + p(y) für alle x, y ∈ V .
W ein linearer Teilraum von V und ϕ : W → R ein lineares
mit
ϕ(x) ≤ p(x)
für alle x ∈ W.
Dann gibt es ein lineares Funktional f : V → R, das ein Fortsetzung von ϕ
ist, d.h. f |W = ϕ, und
f (x) ≤ p(x)
für alle x ∈ V
erfüllt.
• Besonders wichtig ist der Fall, dass p(x) = kxk, wenn V ein normierter
Vektorraum mit Norm k · k ist.
• Mit der gleichen Beweisstrategie kann man zeigen, dass die Aussagen von
Satz 1.1 analog gelten, wenn man die positiv homogene, subadditive Funktion
p durch eine konvexe Funktion ersetzt.
91
92
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Zum Beweis von Satz 1.1 zeigen wir zunächst, dass das Funktional ϕ in Satz
1.1 auf einen größeren Raum W ⊕ hx0 i unter Erhaltung der Ungleichung
ϕ(x) ≤ p(x) fortgesetzt werden kann.
d4.2 1.2 Lemma (Elementarerweiterung). Unter den Voraussetzungen von
Satz 1.1 gibt es zu jedem x0 ∈ V \W eine lineare Fortsetzung f1 : W ⊕hx0 i →
R von ϕ : W → R, so dass
f1 (y) ≤ p(y)
für alle y ∈ W ⊕ hx0 i .
(1.3) d4.3
Beweis : Wir setzen
f1 (x + tx0 ) = ϕ(x) + tα ,
wobei α noch definiert werden muss. Jedenfalls ist f1 linear auf W ⊕ hx0 i.
Um ein geeignetes α zu finden, welches die Ungleichung (1.3) erfüllt, beachten
wir, dass wegen der positiven Homogenität von p nur sichergestellt werden
muss, dass für alle x ∈ W
ϕ(x) + α ≤ p(x + x0 ) ,
ϕ(x) − α ≤ p(x − x0 )
(1.4) d4.4
gilt. Ersetzt man in (1.4) x durch x/t, t > 0, und multipliziert mit t, so ergibt
sich (1.3) für y = x ± tx0 . Aufgrund der Eigenschaften von ϕ und p gilt
ϕ(x) + ϕ(ξ) = ϕ(x + ξ) ≤ p(x + ξ) ≤ p(x + x0 ) + p(ξ − x0 ) ,
woraus
ϕ(ξ) − p(ξ − x0 ) ≤ p(x + x0 ) − ϕ(x) ,
∀ξ, x ∈ W
folgt. Dies impliziert sofort
sup {ϕ(ξ) − p(ξ − x0 )} ≤ α ≤ inf {p(x + x0 ) − ϕ(x)}
ξ∈W
x∈W
was äquivalent zu (1.4) ist.
Beweis (Satz 1.1): Wir geben den Beweis nur für den besonders einfachen
Fall eines separablen, normierten Vektorraums V und p(x) = Kkxk an. Der
Beweis des allgemeinen Falles geschieht mit Hilfe des Lemmas von Zorn.
Es sei {xj | j ∈ N} eine Menge von linear unabhängigen Vektoren aus V ,
deren lineare Hülle in V dicht ist. Sei {xj | j ∈ Λ ⊂ N} die Teilmenge von
Vektoren xj , die nicht in W liegen. Durch sukzessive Anwendung der Elementarerweiterung
mit x0 = xj , j ∈ Λ, erhalten wir eine Fortsetzung f1 von
ϕ auf W ⊕ hxj j ∈ Λi unter Beibehaltung der Ungleichung
f1 (x) ≤ Kkxk.
3.1. ANALYTISCHE FORMULIERUNG DES SATZES VON HAHN-BANACH93
Durch Abschluss erhalten wir eine Fortsetzung auf den ganzen Raum V , d.h.
wir definieren
f (y) := lim f1 (yk ) ,
yk ∈ W ⊕ hxj j ∈ Λi .
yk →y
Aufgrund der Linearität von f1 sehen wir, dass (f1 (yk ))k∈N eine Cauchyfolge
ist und somit der Grenzwert existiert. Diese Definition zusammen mit obiger
Ungleichung liefert für alle y ∈ V
f (y) ≤ Kkyk.
Der Beweis des allgemeinen Satzes von Hahn-Banach geschieht mit Hilfe des
Lemmas von Zorn. Zur Formulierung dieses Lemmas benötigen wir einige Begriffe: Es sei M eine Menge mit einer Halbordnung ≺, d.h. für gewisse Paare
(a, b) ∈ M × M ist
a≺b
oder
b ≺ a.
Wenn einer der beiden Fälle zutrifft, sagt man a und b sind vergleichbar“. Es
”
gelten die Regeln
(i) a ≺ a,
(ii) {a ≺ b und b ≺ a} ⇒ a = b,
(iii) {a ≺ b und b ≺ c} ⇒ a ≺ c.
Beispiel: (i) M = Rn mit der Halbordnung ≤, die definiert ist durch
a ≤ b ⇔ ai ≤ bi
für die Komponenten ai und bi , i = 1, . . . , n .
(ii) Die Menge der linearen Teilräume eines Vektorraumes bildet eine Halbordnung
bezüglich der mengentheoretischen Inklusion.
Eine Kette Q ist eine Teilmenge einer Menge M mit Halbordnung, welche total
geordnet ist, d.h. für je zwei Elemente a, b ∈ Q gilt a ≺ b oder b ≺ a.
Beispiel: Jede eindimensionale Strecke im Rn mit einem Richtungsvektor der nur
nichtnegative Komponenten hat ist bzgl. der Halbordnung ≤ eine Kette.
Eine obere Schranke für eine Teilmenge S einer Menge M mit Halbordnung ≺
ist ein Element a mit
s≺a
für alle s ∈ S .
Ein Element m ∈ M heißt maximal (auf M ), wenn es von keinem anderen Element x ∈ M bezüglich ≺ übertroffen werden kann, d.h. aus
m≺x
folgt x = m .
94
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
(Es ist aber durchaus möglich, dass m maximal ist und mit dem Element x nicht
vergleichbar ist.)
Lemma (Zorn). Sei M eine nichtleere Menge mit Halbordnung. Jede Kette aus
M besitze eine obere Schranke. Dann besitzt M ein maximales Element.
Beispiel: Sei M ⊂ R2 beschränkt und abgeschlossen und mit der Halbordnung ≤
aus Beispiel (i) versehen. Man überlegt sich - etwa mit Hilfe komponentenweiser
Supremumsbildung - dass jede Kette eine obere Schranke besitzt. Es muss daher
ein maximales Element in M geben. M braucht durchaus nicht konvex“ sein.
”
M
maximales Element
Schranke der Kette
Kette
Das Lemma von Zorn wird aus dem sogenannten Auswahlaxiom der Mengenlehre
hergeleitet: Ist F eine Familie von nichtleeren Mengen, so gibt es eine Funktion,
die jeder Menge M aus F ein Element m ∈ M zuordnet.
Dies erscheint evident, aber die Aussage ist äquivalent zum sogenannten Wohlordnungssatz, der zumindest einem Analytiker Unwohlsein erzeugt, wie sogleich
erläutert wird.
Der Wohlordnungssatz besagt, dass jede Menge M wohlgeordnet werden kann, d.h.
es gibt eine Ordnungsrelation ≺ in M , die die Axiome der Halbordnung erfüllt,
so dass je zwei Elemente a, b ∈ M vergleichbar sind (d.h. es gilt a ≺ b oder
b ≺ a) und zusätzlich die Eigenschaft besitzt, dass jede nichtleere Teilmenge von
M ein kleinstes Element bezüglich der Ordnung ≺ besitzt. Die letztere Eigenschaft
bedeutet, dass die übliche Ordnung in R, welche durch das ≤-Symbol gegeben ist,
keine Wohlordnung ist, denn offene Intervalle in R besitzen kein kleinstes Element.
In der Tat hat bisher noch niemand eine Wohlordnung der reellen Zahlen konkret
konstruiert - man weiss nur, dass sie existiert und aus dem Auswahlaxiom folgt.
Nimmt man den Wohlordnungssatz als gegeben an, ist der Beweis des Zornschen
Lemmas einfach“. Wir geben ihn an, weil in ihm das Prinzip der transfiniten
”
Induktion verwendet wird, welches man aus erkenntnis-theoretischen“ Gründen
”
einmal gesehen haben sollte.
Beweis (Lemmas von Zorn mit Hilfe des Wohlordnungssatzes): Es sei M die im
Lemma von Zorn genannte halbgeordnete Menge und xα , α ∈ I, eine Wohlordnung
der Elemente xα ∈ M , d.h. I ist eine wohlgeordnete Indexmenge bezüglich einer
Ordnungsrelation, die wir mit dem Symbol ≤ bezeichnen und zu jedem α ∈ I
gehört genau ein xα ∈ M . Wir bestimmen durch transfinite Induktion eine spezielle
Kette G in M .
3.1. ANALYTISCHE FORMULIERUNG DES SATZES VON HAHN-BANACH95
(i) Sei α0 der kleinste Index aus I. Dann gehöre xα0 zu G.
(ii) Ist für β < γ, β, γ ∈ I, entschieden, welche xβ zu G gehören, so gehöre xγ
genau dann zu G, wenn xβ ≺ xγ für alle xβ ∈ G, β < γ.
Nach Konstruktion ist G eine Kette. Nach der Voraussetzung im Lemma von Zorn
hat G eine obere Schranke z. Da z eines der xα ist, muss z in G liegen, ist also das
größte Element von G und maximal in M . (Wenn es nicht maximal wäre, gäbe
es ein x0α z, welches aber dann aufgrund der Konstruktion von G in G liegen
müsste, z könnte dann nur obere Schranke sein, wenn x0α = z.)
Der Kürze halber haben wir hier die Indexmenge I nicht konkretisiert und verweisen auf Bücher aus der Mengenlehre (Kamke).
Nach diesen Vorbereitungen beweisen wir den Satz von Hahn-Banach für Vektorräume in voller Allgemeinheit.
Beweis (Satz 1.1): Wir betrachten die Menge
M = h : D(h) −→ R D(h) linearer Teilraum von V, W ⊂ D(h),
h linear, h|W = ϕ, h(x) ≤ p(x) ∀x ∈ D(h) .
In M besteht die Halbordnung ≺, welche erklärt ist durch
h1 ≺ h2 ⇔ D(h1 ) ⊂ D(h2 ) und h2 ist Fortsetzung von h1 .
Da ϕ ∈ M , ist M 6= ∅. Ferner erfüllt (M, ≺) die Voraussetzung
des Lemmas von
Zorn. Ist nämlich K eine Kette in M, K = {hi ∈ M i ∈ I}, so definiert man
[
D(h) =
D(hi ) und h(x) = hi (x) , x ∈ D(hi ) .
i∈I
Das so konstruierte Element h ∈ M ist dann eine obere Schranke von K. Nach dem
Lemma von Zorn gibt es daher ein maximales Element f ∈ M bezüglich ≺. Wir
behaupten, dass D(f ) = V , was den Beweis dann vollenden würde. Angenommen,
es wäre D(f ) 6= V . Dann gibt es ein x0 ∈ V, x0 ∈
/ D(f ) und wir führen eine
Elementarerweiterung von f nach Lemma 1.2 durch. f wäre dann nicht maximal.
Wir geben sofort einige Folgerungen aus dem Satz von Hahn–Banach an.
Dazu erinnern wir an die Definition kf kV ∗ = sup |hf, ui|
kukV ≤ 1
u∈V
d4.18 1.5 Lemma. Sei V ein normierter Raum und W ⊂ V ein linearer Teilraum.
Jedes lineare, stetige Funktional ϕ ∈ W ∗ lässt sich zu einem linearen, stetigen
Funktional f ∈ V ∗ fortsetzen, so dass
kf kV ∗ = kϕkW ∗ .
96
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Beweis : Man wendet Satz 1.1 mit p(x) = kϕkW ∗ kxk an und erhält sofort
die Existenz einer Fortsetzung f ∈ V ∗ von ϕ mit kf kV ∗ ≤ kϕkW ∗ . Die
Definition der Norm im Dualraum und die Eigenschaften des Supremums
liefern sofort kϕkW ∗ ≤ kf kV ∗ .
d4.19 1.6 Lemma. Sei V ein normierter Vektorraum. Zu jedem u ∈ V existiert
ein f ∈ V ∗ mit kf kV ∗ = kukV und hf, ui = kuk2V .
Beweis : Man wendet Lemma 1.5 mit W = hui und ϕ(tu) = t kuk2 an. Es
gilt dann
kϕkW ∗ = sup |t| kuk2 |t|kuk ≤ 1 = kuk .
Also liefert Lemma 1.5 eine Fortsetzung f ∈ V ∗ von ϕ mit kf kV ∗ = kuk. Da
f |W = ϕ gilt
hf, ui = kuk2 .
d4.20 1.7 Lemma. Sei V normierter Vektorraum und u ∈ V . Aus hf, ui = 0 für
alle f ∈ V ∗ folgt u = 0.
Beweis : Man wähle das in Lemma 1.6 konstruierte f und erhält 0 =
hf, ui = kuk2 .
• Das Element f in Lemma 1.6 muss nicht eindeutig sein. Dies gilt nur,
wenn die Norm in V ∗ strikt konvex ist, d.h. für jedes Paar f1 6= f2 ∈ V ∗ ,
kf1 k = kf2 k = 1 gilt
ktf1 + (1 − t) f2 k < 1 ,
0 < t < 1.
Die Abbildung, die jedem u ∈ V die Menge der Elemente f zuordnet, so dass
die Aussagen von Lemma 1.6 gelten, nennt man die Dualitätsabbildung.
Nach Definition von kf kV ∗ , f ∈ V ∗ , gilt
kf kV ∗ := sup |hf, ui| kuk ≤ 1, u ∈ V ,
(1.8) d4.21
nach Lemma 1.6 hingegen gilt
kuk = max{|hf, ui| kf kV ∗ ≤ 1 , f ∈ V ∗ } ,
(1.9) d4.22
denn es gibt ein f0 ∈ V ∗ mit kf0 kV ∗ = kuk , hf0 , ui = kuk2 . Das Element
kuk−1 f0 realisiert das Maximum in (1.9). Man nennt (1.9) oft Normformel.
Man kann beweisen, dass auch das sup“ in (1.8) genau dann angenommen
”
wird, wenn der Raum reflexiv ist.
3.2. GEOMETRISCHE FORM
3.2
97
Geometrische Formulierung des Satzes
von Hahn-Banach
sec:4.4.2
Man kann den Satz von Hahn-Banach auch als Satz über die Trennung konvexer Mengen durch Hyperebenen formulieren. Dazu benötigen wir einige
Begriffe. Wie im endlich-dimensionalen Fall definiert man Hyperebenen.
d4.7 2.1 Definition. Eine Hyperebene in einem Vektorraum V ist eine Menge
der Gestalt
H = {x ∈ V | ϕ(x) = α} =: {ϕ = α}
mit einer linearen Abbildung ϕ : V → R, ϕ 6= 0, und einer Zahl α ∈ R.
d4.8 2.2 Lemma. Sei V ein normierter Vektorraum. Eine Hyperebene {ϕ = α}
ist genau dann abgeschlossen, wenn ϕ stetig ist.
Beweis : Wenn ϕ stetig ist, ist {ϕ = α} offenbar abgeschlossen. Sei also
{ϕ = α} abgeschlossen und sei ϕ nicht stetig. Somit existiert eine Nullfolge
(xn ) mit ϕ(xn ) 6→ 0. Für ein geeignetes c0 > 0 existiert eine Teilfolge, die
wir wieder mit (xn ) bezeichnen, mit |ϕ(xn )| ≥ c0 . Wir reskalieren die Folge
xn
und sehen, dass (x̃n ) einen Nullfolge ist
(xn ), d.h. wir setzen x̃n := ϕ(x
n)
mit ϕ(x̃n ) = 1. Sei nun y0 ∈ V derart, dass ϕ(y0 ) = β 6= α. Die Folge
(α − β)x̃n + y0 konvergiert gegen y0 und erfüllt ϕ (α − β)x̃n + y0 = α. Da
{ϕ = α} abgeschlossen ist, folgt ϕ(y0 ) = α, ein Widerspruch.
d4.9 2.3 Definition. Seien A, B Teilmengen eines normierten Vektorraumes V .
Man sagt, die Hyperebene {ϕ = α} trenne A und B“, wenn
”
ϕ(x) ≤ α ≤ ϕ(y) für alle x ∈ A und y ∈ B .
(2.4) d4.10
• Auf die Reihenfolge von A und B kommt es nicht an, d.h. (2.4) bedeutet
auch, dass {ϕ = α} die Mengen B und A trennt.
H
A
B
Man spricht von strikter Trennung, wenn ein ε > 0 existiert mit
ϕ(x) + ε ≤ α ≤ ϕ(y) − ε ,
x ∈ A, y ∈ B .
98
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
d4.12 2.5 Satz (Hahn-Banach, geometrische Form). Sei V ein normierter
Raum und A, B zwei nichtleere, disjunkte, konvexe Teilmengen von V . Die
Menge A sei offen. Dann gibt es eine abgeschlossene A und B trennende
Hyperebene.
Zum Beweis benötigen wir das Minkowski-Funktional pC : V → R ∪ {∞}
einer konvexen Menge C ⊂ V, 0 ∈ C
pC (x) := inf{α > 0 α−1 x ∈ C} ,
wobei inf ∅ := ∞. Man beachte, dass pC (x) = ∞ nur möglich ist, wenn
0 ∈ ∂C.
d4.13 2.6 Lemma. Sei C eine offene, konvexe Teilmenge des normierten Vektor-
raumes V . Es sei 0 ∈ C. Dann gibt es einer Konstante M > 0, so dass für
alle x ∈ V
0 ≤ pC (x) ≤ M kxk .
(2.7) d4.14
Ferner gilt
C = {x ∈ V pC (x) < 1}
(2.8) d4.15
und pC ist positiv homogen und subadditiv.
x
Beweis : Sei Br (0) ⊂ C, r > 0. Dann gilt (r − ε) kxk
∈ C, x ∈ V ,
nach Definition von pC . Daraus folgt (2.7). Die positive
und pC (x) ≤ kxk
r
Homogenität von pC folgt aus
pC (λx) = inf{α > 0 α−1 λx ∈ C}
= inf{βλ β −1 x ∈ C}
= λ inf{β β −1 x ∈ C} = λ pC (x) ,
λ > 0.
Wir beweisen nun (2.8). Ist x ∈ C, so gilt auch (1 + ε) x ∈ C für genügend
1
< 1, d.h. C ⊂
kleines ε wegen der Offenheit von C. Daher pC (x) ≤ 1+ε
{x ∈ V pC (x) < 1}. Ist umgekehrt pC (x) < 1, dann folgt α−1 x ∈ C mit
einem α ∈ (0, 1) und somit x = α(α−1 x) + (1 − α) 0 ∈ C. Es verbleibt der
Nachweis der Subadditivität von pC . Seien x, y ∈ V, ε > 0. Da
x
1
pC
=
pC (x) < 1 ,
pC (x) + ε
pC (x) + ε
folgt
x
∈C
pC (x) + ε
und entsprechend
y
∈C.
pC (y) + ε
3.2. GEOMETRISCHE FORM
99
Aus Konvexitätsgründen ist
tx
(1 − t) y
+
∈ C,
pC (x) + ε pC (y) + ε
Setzt man
t=
folgt
0 < t < 1.
pC (x) + ε
,
pC (x) + pC (y) + 2ε
x+y
∈C.
pC (x) + pC (y) + 2ε
Dies zusammen mit (2.8) und der positiven Homogenität liefert
pC (x + y) < pC (x) + pC (y) + 2ε .
Grenzübergang ε → 0 ergibt die Behauptung.
d4.16 2.9 Lemma. Sei V ein normierter Vektorraum und C ⊂ V offen, konvex
und nichtleer. Sei x0 ∈ V, x0 ∈
/ C. Dann gibt es ein beschränktes, lineares
Funktional f ∈ V ∗ , f 6= 0 mit
f (x) < f (x0 )
für alle x ∈ C .
Beweis : Mithilfe einer Verschiebung können wir o.B.d.A. 0 ∈ C annehmen.
Auf dem eindimensionalen Raum hx0 i definieren wir das lineare Funktional
ϕ durch
ϕ(tx0 ) = t .
Es gilt ϕ(x) ≤ pC (x), für alle x ∈ hx0 i da andernfalls für ein y = tx0 ∈ hx0 i
gelten würde:
pC (y) < ϕ(y) , d.h. 0 ≤ pC (tx0 ) < t .
Somit ist t > 0 und die positive Homogenität von pC liefert pC (x0 ) < 1. Dies
würde nach Lemma 2.6 aber x0 ∈ C bedeuten, was ein Widerspruch wäre.
Nach dem Satz von Hahn-Banach in der analytischen Form (Satz 1.1) lässt
sich ϕ zu einem linearen Funktional f : V → R fortsetzen mit
f (x) ≤ pC (x) .
Insbesondere ist f (x0 ) = ϕ(x0 ) = 1 und andererseits f (x) ≤ pC (x) < 1 für
x ∈ C wegen (2.8). Aus der letzten Ungleichung und (2.7) folgern wir f ∈ V ∗ ,
was den Beweis des Satzes beschließt.
Beweis (Satz 2.5): Die Menge C = S
A B := a − b a ∈ A, b ∈ B ist
konvex. Wegen der Darstellung C =
(A − y) ist C offen. Da A ∩ B = ∅,
y∈B
100
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
gilt 0 ∈
/ C. Wegen Lemma 2.9 gibt es f ∈ V ∗ (d.h. ist f stetig und linear)
mit
f (z) < f (0) = 0 ,
f (x) < f (y) ,
z ∈C,
x ∈ A, y ∈ B .
(2.10) d4.12a
Wir wählen α so, dass
sup f (x) ≤ α ≤ inf f (y) .
y∈B
x∈A
Die Hyperebene {f = α} ist wegen Lemma 2.2 abgeschlossen und trennt A
und B.
Im Unendlichdimensionalen lassen sich beliebige konvexe Mengen nicht notwendig trennen.
Beispiel: V = L2 (Ω), Ω ein Gebiet des Rn .
A = z ∈ C(Ω) ∩ L2 kzk2 < 1 ,
B = {y0 }
mit fester L2 -Funktion y0 ∈
/ C(Ω), ky0 kL2 = 21 . Man beachte, dass das Innere
2
von A bezüglich der L -Norm leer ist. Ferner gilt A ∩ B = ∅. Wir behaupten,
dass A und B nicht durch eine abgeschlossene Hyperebene getrennt werden
können. Gäbe es ein f ∈ (L2 (Ω))∗ für das
z ∈ C(Ω) ∩ L2 , kzkL2 < 1 ,
gilt, so folgt, da C(Ω) ∩ B dicht in B = w ∈ L2 kwkL2 ≤ 1 ist,
f (z) < f (y0 ) ,
kf k(L2 (Ω))∗ =
sup
kzkL2 (Ω) ≤1
|f (z)| =
sup
|f (z)|
z∈C(Ω)∩B
< |f (y0 )| ≤ 21 |||f |||(L2 (Ω))∗ .
Dies wäre ein Widerspruch.
Wir notieren eine Variante der geometrischen Form des Satzes von HahnBanach.
d4.17 2.11 Satz. Sei V ein normierter Vektorraum und A, C ⊂ V konvexe, dis-
junkte nichtleere Teilmengen von V . Ferner sei A abgeschlossen und C kompakt. Dann gibt es eine abgeschlossene Hyperebene, die A und C strikt trennt.
Beweis : Für ε > 0 setzen wir Aε = A + Bε (0), Cε = C + Bε (0). Offensichtlich sind Aε , Cε offen, konvex und nichtleer. Falls ε > 0 klein genug
gewählt wurde gilt auch Aε ∩ Cε = ∅. Falls dies nicht gelten würde, gäbe
3.3. PRINZIP DER GLEICHMÄSSIGEN BESCHRÄNKTHEIT
101
es εn & 0, xn ∈ A, yn ∈ C, kxn − yn k ≤ 2εn . Da C kompakt ist gibt es eine
Teilfolge ynk → y ∈ C, k → ∞. Dies ist aber ein Widerspruch.
Satz 2.5 liefert die Existenz einer Aε und Cε trennenden, abgeschlossenen
Hyperebene, d.h. es gibt ein f ∈ V ∗ und α ∈ R mit
ε ε ∀x ∈ A, y ∈ C, z1 , z2 ∈ B1 (0) .
f x + z1 ≤ α ≤ f y + z2 ,
2
2
Somit gilt, da sowohl zi als auch −zi , i = 1, 2, gewählt werden können
f (x) +
ε
ε
kf kV ∗ ≤ α ≤ f (y) − kf kV ∗ ,
2
2
∀x ∈ A, y ∈ C ,
d.h. A und C sind strikt getrennt.
d4.18a 2.12 Folgerung. Sei V ein normierter Vektorraum und W ein linearer Teil-
raum mit W 6= V . Dann existiert ein f ∈ V ∗ , f 6= 0, so dass für alle x ∈ W
gilt:
hf, xi = 0
Beweis : Sei x0 ∈ V \ W . Dann folgt mit Satz 2.11 für A = W und
C = {x0 }, dass es ein f ∈ V ∗ , f 6= 0, und α ∈ R gibt, mit
hf, xi < α < hf, x0 i
∀x∈W.
Für x ∈ W ist λx ∈ W für alle λ ∈ R, und somit
)
λ → ∞ ⇒ hf, xi ≤ 0
⇒ hf, xi = 0 ∀ x ∈ W .
λ → −∞ ⇒ hf, xi ≥ 0
• Die analytische Form des Satzes von Hahn-Banach lässt sich mit Hilfe der
geometrischen Form beweisen - siehe Köthe, Topologische lineare Räume,
Kap. 17.2. Der Satz ist dort noch erheblich allgemeiner dargestellt.
3.3
Prinzip der gleichmäßigen Beschränktheit
sec:4.3
d1.1 3.1 Satz (Banach-Steinhaus). Sei X ein Banachraum und Y ein nor-
mierter Vektorraum. Sei (Ai )i∈I eine Familie beschränkter, linearer Operatoren von X nach Y , die punktweise beschränkt sind, d.h. für alle x ∈ X gilt:
sup kAi xkY < ∞.
i∈I
(3.2) d1.2
102
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Dann sind die Operatornormen der Ai gleichmäßig beschränkt, d.h.
sup kAi kL(X,Y ) < ∞.
(3.3) d1.3
i∈I
• Die Linearität ist eine wichtige Voraussetzung , denn betrachte fn : R → R
(
|x|2 für |x| ≤ n
fn (x) =
n2
für |x| ≥ n
Für x ∈ R ist sup fn (x) ≤ K(x) < ∞ und für |x| < K ist supn |fn (x)| ≤ K 2 ,
also ist sup
x∈R
n
|fn (x)|
|x|
= n, aber sup n = ∞. Die Folge fn ist also punktweise,
n∈N
aber nicht gleichmäßig beschränkt.
d1.4 3.4 Satz (Baire). Sei (X, d) ein nichtleerer, vollständiger metrischer Raum
und seien (Ak )k∈N abgeschlossene Mengen mit
[
Ak = X.
k∈N
Dann gibt es ein k0 ∈ N mit int Ak0 6= ∅.
Beweis : Wir machen einen Widerspruchsbeweis und nehmen an, dass für
alle k ∈ N int Ak = ∅. Für alle offenen, nichtleeren Mengen U und für alle
k ∈ N ist U \ Ak offen, denn U \ Ak = |{z}
U ∩ (X \ Ak ) und nichtleer, denn
| {z }
offen
offen
sonst wäre U ⊆ Ak ⇒ int U ⊆ int Ak = ∅ ⇒ U = ∅, ein Widerspruch.
Also gibt es ein ε > 0 und ein x, so dass Bε (x) ⊆ U \ Ak für ε < k1 . Induktiv
konstruieren wir also Mengen
Bεk (xk ) ⊆ Bεk−1 (xk−1 ) \ Ak
εk <
1
.
k
Für alle l ≥ k ist xl ∈ Bεk (xk ), also ist (xk ) ist Cauchyfolge, denn für n, l ≥ k
gilt:
2
d(xn , xl ) ≤ d(xn , xk ) + d(xk , xl ) <
k
Da X vollständig ist, gibt es ein x ∈ X, gegen das die Folge (xk ) konvergiert.
Für alle l ≥ k ist xl ∈ Bεk (xk ) ⇒ x ∈ Bεk (xk ) ∀ k ∈ N. Nach Konstruktion
ist Bεk (xk ) ⊆ Bεk−1 (xk−1 )\Ak , also ist
S Ak ∩Bεk (xk ) = ∅. Da aber x ∈ Bεk (xk )
ist ∀ k ∈ N x 6∈ Ak . Aber x ∈ X = Ak , ein Widerspruch.
Beweis (Satz 3.1): Wir betrachten Mengen der Form
Fn := {x ∈ X ∀ i ∈ I kAi xk ≤ n}.
3.3. PRINZIP DER GLEICHMÄSSIGEN BESCHRÄNKTHEIT
103
S
Da Ai stetig ist, sind die Fn abgeschlossen und Fn = X. Nach dem Satz
von Baire (Satz 3.4) gibt es dann einen Index n0 , für den das Innere von Fn0
nicht leer ist. Also gibt es einen Punkt x0 ∈ Fn0 und einen Radius r > 0, so
dass
Br (x0 ) ⊆ int Fn0 .
Also gilt für alle z ∈ B1 (0) und für alle i ∈ I
kAi (x0 + rz)k ≤ n0 ,
woraus rkAi zk ≤ kAi (x0 + rz)k + kAi x0 k ≤ n0 + kAi x0 k folgt. Wir erhalten
demzufolge für alle z ∈ B1 (0) und für alle i ∈ I
kAi zk ≤
n0 + kAi x0 k
,
r
d.h. |||Ai ||| = sup kAi zk ≤ c(r, x0 , n0 ). Also können wir auch das Supremum
kzk≤1
über alle i ∈ I bilden und erhalten die Behauptung des Satzes 3.1.
• Ungleichung (3.3) kann auch wie folgt formuliert werden: Es existiert ein
K > 0, so dass für alle i ∈ I und alle x ∈ X gilt:
kAi xk ≤ Kkxk
(3.5) d1.6
d1.7 3.6 Folgerung. Seien X, Y Banachräume und seien (An )n∈N lineare, be-
schränkte Operatoren von X nach Y , so dass für alle x ∈ X die Folge
(An x)n∈N konvergiert. Definiere A : X → Y : x 7→ limn→∞ An x. Dann gilt:
(i) sup kAn kL(X,Y ) < ∞
n∈N
(ii) A ∈ L(X, Y )
(iii) kAkL(X,Y ) ≤ lim inf kAn k
n→∞
Beweis : Wir definieren A : X → Y durch Ax := limn→∞ An x.
(i) Für alle x ∈ X konvergiert nach Voraussetzung die Folge (An x)n gegen
Ax, also ist die Folge (An x) beschränkt, d.h. für alle x ∈ X gilt:
kAn xk ≤ K(x) .
Dann folgt mit Satz 3.1 (Banach-Steinhaus), dass die Folge (|||An |||)
gleichmäßig beschränkt ist, d.h. sup |||An ||| < ∞
n∈N
(ii) Für alle x ∈ X und für alle n ∈ N ist kAn xk ≤ Kkxk. Dies und die
Definition von A liefert kAxk ≤ Kkxk. Also ist A beschränkt. Der Operator
A ist linear da alle An linear sind.
104
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
(iii) Für alle x ∈ B1 (0) gilt kAn xk ≤ |||An |||kxk ≤ |||An |||. Dies impliziert
kAxk = lim kAn xk ≤ lim inf |||An |||
n→∞
n→∞
und demzufolge
|||A||| = sup kAxk ≤ lim inf |||An ||| .
n→∞
kxk≤1
d1.8 3.7 Folgerung. Sei X ein Banachraum und M ⊆ X eine Teilmenge. Falls
für alle f ∈ X ∗ die Menge
[
f (M ) =
hf, xi
(3.8) eq:2
x∈M
in R beschränkt ist, dann ist auch M beschränkt.
• Eine Menge M ⊂ X, die (3.8) erfüllt, nennt man schwach beschränkt.
Folgerung 3.7 besagt also, dass schwach beschränkte Mengen stark“ be”
schränkt sind.
Beweis : Wende Satz 3.1 an mit X = X ∗ , Y = R, I = M . Für alle x ∈ M
setzen wir Ax (f ) := hf, xi. Für alle x ∈ X ist Ax eine lineare, beschränkte
∗
∗
Abbildung
S von X nach
S R. Nach Voraussetzung ist für alle f ∈ X die
Menge x∈M hf, xi = x∈M Ax (f ) beschränkt, d.h. sup |Ax (f )| < ∞. Wir
x∈M
haben also gezeigt, dass die Abbildungen (Ax )x∈M punktweise beschränkt
sind. Satz 3.1 liefert also die Existenz eines K > 0, so dass für alle f ∈ X ∗
und für alle x ∈ M gilt:
|hf, xi| ≤ Kkf kX ∗
Daraus folgern wir mithilfe der Normformel (1.9), dass für alle x ∈ M gilt:
kxk ≤ K ,
d.h. die Menge M ist beschränkt.
Analog beweist man:
d1.9 3.9 Folgerung. Sei X ein Banachraum und sei M ∗ ⊆ X ∗ eine Teilmenge.
Falls für alle x ∈ X die Menge
hM ∗ , xi :=
[
hf, xi
f ∈M ∗
in R beschränkt ist, dann ist auch M ∗ in X ∗ beschränkt.
3.3. PRINZIP DER GLEICHMÄSSIGEN BESCHRÄNKTHEIT
105
• Für X = Rn gilt (Rn )∗ ' Rn . Sei (ek ) eine Basis von (Rn )∗ . Wir wählen
hf, xi = ek · x = xk k-te Komponente von x, d.h. komponentenweise Beschränktheit einer Menge impliziert Beschränktheit der Menge.
Ebenfalls eine Folge des Baireschen Kategoriensatzes ist der Satz von der
offenen Abbildung.
d3.6 3.10 Definition. Eine Abbildung eines topologischen Raumes in einen an-
deren heißt offen, wenn sie offene Mengen in offene Mengen überführt.
d3.7 3.11 Satz (von der offenen Abbildung). Jede stetige, lineare, surjektive
Abbildung A : X → Y eines Banachraumes X in einen Banachraum Y ist
offen.
• Betrachten wir den Fall X = Y = Rn mit der üblichen Topologie. Stetige,
surjektive nichtlineare Abbildungen sind selbst hier nicht offen. Beispiel für
n = 1:

für |x| ≤ 1,
 0,
x − 1,
für x > 1,
f (x) =

x + 1,
für x < −1.
f
1
-1
-1
1
Offensichtlich ist f Bε (1) nicht offen.
Der Fall X = Y = Rn mit einer linearen, surjektiven Abbildung A ist
elementar. Wenn A surjektiv ist, gilt det A > 0 und A−1 existiert auf Rn .
Da A−1 stetig, sind Urbilder offener Mengen offen, d.h. A ist offen.
Beweis (Satz 3.11): (i) Wir zeigen, dass eine Konstante c > 0 existiert mit
B4c ⊂ AB1
(3.12) d3.8
Hierbei ist Br = Br (0) und AB1 das Bild von B1 unter der Abbildung A, der
Querstrich bedeutet den Abschluss der Menge.
106
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Um (3.12) zu beweisen, setzen wir Fn = nAB1 . Da A surjektiv ist, gilt
∞
S
Fn = Y , und nach dem Satz von Baire (Satz 3.4) muss eines der Fn eine
n=1
Kugel enthalten, d.h. int Fn0 6= ∅. Daraus folgt, dass auch int F1 = int AB1 6=
∅, d.h. ∃c > 0 und y0 ∈ F1 mit
B8c (y0 ) ⊂ AB1 .
Insbesondere ist y0 ∈ AB1 und auf Grund der Linearität von A auch −y0 ∈
AB1 . Dies und die Linearität von A liefern
B8c (0) = −y0 + B8c (y0 ) ⊂ AB1 + AB1 = 2AB1 .
Daraus ergibt sich (3.12).
(ii) Wir zeigen, dass mit obigem c
Bc ⊂ AB1 .
(3.13) d3.9
Um (3.13) zu beweisen, müssen wir zu y ∈ Bc ein x ∈ B1 mit Ax = y
finden. Wegen (3.12) existiert zu jedem ε > 0 ein z ∈ X mit kzk < 41 und
ky − Azk < ε, denn
y ∈ Bc ⊂ AB1/4 .
Wählt man ε = 4c , hat man ein z1 ∈ X mit
kz1 k <
1
4
und
ky − Az1 k <
c
.
4
Wir wiederholen das Spielchen mit y − Az1 anstelle von y und wählen nun
c
. Da y − Az1 ∈ Bc/4 ⊂ AB1/16 , finden wir ein z2 mit
ε = 16
kz2 k <
1
16
und
k(y − Az1 ) − Az2 k <
c
.
16
Dieses Argument wird wiederholt, und wir erhalten eine Folge (zn ) mit
kzn k <
1
4n
und
ky − A(z1 + z2 + . . . + zn )k <
c
.
4n
Die Elemente xn = z1 + z2 + . . . + zn bilden daher eine Cauchyfolge mit Limes
∞
P
1
x. Es gilt kxn k <
und somit
4j
j=1
∞
X
∞
X
1
kxk ≤
kzj k <
< 1.
4j
j=1
j=1
3.3. PRINZIP DER GLEICHMÄSSIGEN BESCHRÄNKTHEIT
107
Ferner gilt ky − Axn k → 0, und schließlich y − Ax = 0. Das gewünschte x
mit kxk < 1 ist damit konstruiert.
(iii) Sei U ⊆ X offen und sei y ∈ AU . Dann gibt es ein x0 ∈ U mit y = Ax0 .
Da U offen ist gibt es ein ε > 0 mit Bε (x0 ) ⊆ U und also gilt
ABε (x0 ) ⊆ AU .
Aber ABε (x0 ) = Ax0 + εAB1 , was mit Hilfe von (3.13) liefert ABε (x0 ) ⊇
Ax0 + εBc = Bεc (Ax0 ) = Bεc (y), d.h. Bεc (y) ⊆ AU , d.h. AU ist offen.
Aus dem Satz über die offene Abbildung folgt der Satz von der stetigen
Inversen, da die Stetigkeit einer Abbildung äquivalent dazu ist, dass Urbilder
offener Mengen offen sind.
d3.10 3.14 Satz (von der stetigen Inversen). Seien X und Y Banachräume
und A : X → Y ein linearer, stetiger und bijektiver Operator. Dann ist
A−1 stetig.
Beweis : Wir bezeichnen B := A−1 : Y → X. Sei U ⊆ X offen. Das Urbild
B −1 U ist aber die Menge AU , da B −1 = (A−1 )−1 = A gilt. Aber nach Satz
3.11 ist die Abbildung A offen, d.h. AU ist offen. Somit ist auch B −1 U offen,
d.h. B = A−1 ist stetig.
Eine weitere Folgerung ist die Äquivalenz von Normen.
d3.12 3.15 Satz. Der Vektorraum B sei bezüglich der Normen k · k0 und k · k1
vollständig. Es gelte kuk1 ≤ kuk0 für alle u ∈ B. Dann gibt es eine Konstante
K > 0, so dass für alle u ∈ B gilt
kuk0 ≤ Kkuk1 .
Beweis : Wir wenden Satz 3.14 an mit A = I als identischer Abbildung. Der
Raum X bzw. Y sei der mit k·k0 bzw. k·k1 versehene Raum B. Als Abbildung
von X nach Y ist die identische Abbildung I stetig, da kxk1 = kIxk1 ≤ kxk0 .
Nach Satz 3.14 ist daher die Inverse stetig; daraus folgt, dass ein K > 0
existiert mit
kxk0 = kI −1 xk0 ≤ Kkxk1 .
d3.11 3.16 Satz (vom abgeschlossenen Graphen). Seien X und Y Banach-
räume und sei A : X → Y linear. Der Graph G(A) := {(x, Ax) ∈ X × Y } sei
abgeschlossen in X × Y , d.h. aus (xn , Axn ) → (x, y) in X × Y folgt y = Ax.
Dann ist A stetig.
108
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Beweis : Wir versehen X mit der Graphennorm
kxkG(A) := kxkX + kAxkY .
Der Raum X versehen mit der Graphennorm ist ein Banachraum. In der
Tat, sei (xn ) ⊆ X eine Cauchyfolge, bezüglich k · kG(A) . Dann sind sowohl
(xn ) ⊆ X als auch (Axn ) ⊆ Y Cauchyfolgen und es gibt Elemente x ∈ X
und y ∈ Y mit xn → x und Axn → y. Da der Graph abgeschlossen ist,
folgt y = Ax und somit konvergiert xn bezüglich der Graphennorm gegen x.
Weiter gilt
kxkX ≤ kxkG(A)
und Satz 3.15 liefert die Existenz einer Konstante K > 0, mit
kAxk ≤ kxk + kAxk = kxkG(A) ≤ Kkxk,
d.h. A ist beschränkt.
Eine weitere überraschende Folgerung aus unseren Sätzen ist der Satz von
Hellinger-Toeplitz:
d3.15 3.17 Satz. Sei H ein Hilbertraum und A : H → H linear und selbstadjun-
giert, d.h. für alle x, y ∈ H gilt: (Ax, y)H = (x, Ay)H . Dann ist A beschränkt.
Beweis : Wir wollen Satz 3.16 anwenden und müssen also zeigen, dass der
Graph G(A) abgeschlossen ist. Aufgrund der Linearität reicht es zu zeigen,
dass aus xn → 0, Axn → y folgt y = 0. Wir haben aber
kyk2 = (y, y) = ( lim Axn , y)
n→∞
= lim (Axn , y) = lim (xn , Ay) = 0 .
n→∞
3.4
n→∞
Adjungierte Operatoren in Banachräumen
sec:4.6
Wir wollen die Ergebnisse von Abschnitt 2.4 auf Banachräume verallgemeinern. Dazu ist es nützlich Orthogonalitätsrelationen in Banachräumen zu
betrachten und adjungierte Operatoren einzuführen.
d6.2 4.1 Definition. Sei X ein Banachraum. Das Orthogonalkomplement ei-
ner Menge M ⊂ X ist die Menge
M ⊥ := {f ∈ X ∗ hf, mi = 0
für alle m ∈ M } ⊂ X ∗ .
3.4. ADJUNGIERTE LINEARE OPERATOREN
109
Analog definiert man für Mengen N ⊂ X ∗ das Präorthogonalkomplement durch
N ⊥ := {x ∈ X hf, xi = 0 für alle f ∈ N } ⊂ X .
Man nennt die Menge M ⊥⊥ := (M ⊥ )⊥ auch das Biorthogonalkomplement von M .
• Es ist klar, dass M ⊥ und N ⊥ lineare Unterräume sind.
d6.3 4.2 Satz. Sei X ein Banachraum und W ⊂ X ein linearer Teilraum. Dann
gilt
W ⊥⊥ = W .
Sei Y ⊂ X ∗ ein linearer Teilraum. Dann gilt
Y ⊥⊥ ⊃ Y .
Beweis : Es ist klar, dass W ⊂ W ⊥⊥ , denn ist w ∈ W , so gilt hf, wi = 0
für alle f ∈ W ⊥ . Dies impliziert w ∈ W ⊥⊥ . Ferner ist klar, dass W ⊥⊥
abgeschlossen ist, da M ⊥ für jede Menge M abgeschlossen ist. In der Tat,
wenn fj → f, fj ∈ M ⊥ , folgt 0 = hfj , mi → hf, mi, d.h. f ∈ M ⊥ , und
entsprechend für M ⊥⊥ .
Da W ⊂ W ⊥⊥ , gilt somit W ⊂ W ⊥⊥ . Angenommen, W wäre echt in W ⊥⊥
enthalten. Dann gibt es ein x0 ∈ W ⊥⊥ mit x0 ∈
/ W . Nach dem Satz von
Hahn-Banach (Satz 2.11) gibt es eine abgeschlossene Hyperebene, die x0 und
W strikt trennt, d.h. es existiert f ∈ X ∗ und α ∈ R mit
hf, xi < α < hf, x0 i ,
x∈W.
Da W ⊆ X ein linearer Teilraum ist, folgt hf, xi = 0 für alle x ∈ W (man er⊥
setze x durch λx, λ → ±∞, vgl. Beweis Folgerung 2.12), d.h. f ∈ W ⊆ X ∗ .
Da andererseits x0 ∈ W ⊥⊥ ⊆ X, gilt dann hf, x0 i = 0. Dies ist ein Widerspruch und die 1. Behauptung ist bewiesen. Analog beweist man Y ⊂ Y ⊥⊥
und dass Y ⊥⊥ abgeschlossen ist. Daraus folgt die 2. Behauptung und der
Satz ist bewiesen.
• In der zweiten Behauptung des Satzes gilt keine Gleichheit, denn wenn wir
den Beweis analog durchführen wollten, erhielten wir:
Annahme: Y $ Y ⊥⊥ ⊆ X ∗ . Dann gibt es ein f0 ∈ Y ⊥⊥ \ Y ⊆ X ∗ . Nach dem
Satz von Hahn-Banach gibt es dann ein ϕ ∈ X ∗∗ :
ϕ(f ) < α < ϕ(f0 )
∀ f ∈Y.
110
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Dann folgt mit den gleichen Argumenten wie im ersten Teil, dass für
alle f ∈ Y gilt ϕ(f ) = 0. Aber daraus können wir nicht folgern, dass
⊥
ϕ ∈ Y ⊆ X, da ϕ ∈ X ∗∗ , d.h. wir können die Annahme nicht zum
Widerspruch führen.
• Rettung: ∀ ϕ ∈ V ∗∗ ∃ x0 ∈ X:
ϕ(f ) = hf, x0 i
Diese Aussage ist richtig für reflexive Banachräume.
• Wir haben folgende Inklusionen:
W ⊆X
W ⊥ ⊆ X∗
W ⊥⊥ ⊆ X
Y ⊆ X∗
Y⊥ ⊆X
Y ⊥⊥ ⊆ X ∗
Insbesondere haben wir im Beweis von Satz 4.2 bewiesen, dass für W ⊆ X
und Y ⊆ X ∗ die linearen Teilräume W ⊥ und Y ⊥ immer abgeschlossen sind.
Es treten oft, insbesondere in Anwendungen, lineare Operatoren auf, die nicht
notwendig beschränkt sind und deren natürlicher Definitionsbereich nicht der
ganze Raum ist.
bsp:unbdd 4.3 Beispiel. Ein typisches Beispiel eines solchen Operators ist die Ablei-
tung. Wir versehen C([0, 1]) mit der üblichen Supremumsnorm und definieren
A : D(A) ⊂ C([0, 1]) → C([0, 1]), wobei D(A) = C 1 ([0, 1]), durch Au = u0 .
Dies ist offensichtlich ein linearer Operator. Man überlegt sich leicht, das A
nicht beschränkt ist.
def:unbdd 4.4 Definition. Seien X und Y Banachräume und D(A) ein linearer Unter-
raum von X. Für einen linearen Operator A : D(A)
⊂ X → Y heißt D(A)
Definitionsbereich von A, R(A)
:= {Ax ∈ Y x ∈ D(A)} Bildbereich
von A und N (A) := {x ∈ D(A) Ax = 0} Kern von A.
Wir vereinbaren, dass im Folgenden der Definitionsbereich D(A) eines linearen Operators immer ein linearer Unterraum ist.
d6.1 4.5 Definition. Seien X und Y Banachräume, A : D(A) ⊂ X → Y ein
linearer Operator und D(A) ein dichter linearer Unterraum von X. Wir setzen
D(A∗ ) := v ∈ Y ∗ ∃c ≥ 0, so dass |hv, Aui| ≤ c kuk für alle u ∈ D(A) .
3.4. ADJUNGIERTE LINEARE OPERATOREN
111
Ist nun v ∈ D(A∗ ), so definiert ϕ(u) = hv, Aui ein beschränktes lineares Funktional auf D(A), welches durch Abschluss auf ganz X zu einem
Element f ∈ X ∗ fortgesetzt werden kann, d.h.
hf, ui = ϕ(u) = hv, Aui
u ∈ D(A) .
Man definiert den adjungierten Operator A∗ : D(A∗ ) ⊆ Y ∗ → X ∗ durch
A∗ v := f .
Es ist klar, dass f eindeutig ist, denn aus hf, ui = hf˜, ui = ϕ(u) für u ∈ D(A)
folgt f = f˜, da D(A) dicht in X ist und f, f˜ stetig sind. Ebenso ist die
Linearität von A∗ und D(A∗ ) klar. Auf Grund der Definition von A∗ haben
wir
hA∗ v, uiX ∗ ,X = hv, AuiY ∗ ,Y
∀u ∈ D(A), ∀v ∈ D(A∗ ) .
Im Allgemeinen ist D(A∗ ) nicht dicht in Y ∗ , selbst wenn A abgeschlossen ist
(siehe Definition 4.6). Falls Y reflexiv ist kann man zeigen, dass D(A∗ ) dicht
in Y ∗ ist.
Wir wollen nun die Lösbarkeit der Gleichung Au = f betrachten, oder anders
gesagt die Charakterisierung des Bildes von A für unbeschränkte, lineare
Operatoren A unter der Zusatzvoraussetzung dass A abgeschlossen ist. Für
die meisten Anwendungen reicht dies aus.
d6.2a 4.6 Definition. Seien X und Y Banachräume und sei A : D(A) ⊆ X → Y
ein linearer Operator. Dann heißt A abgeschlossen, wenn der Graph
G(A) := {(v, Av) v ∈ D(A)}
abgeschlossen in X × Y ist.
Man überlegt sich leicht, dass der Ableitungsoperator aus Beispiel 4.3 abgeschlossen ist.
d6.8 4.7 Lemma. Seien X und Y Banachräume und sei A : D(A) ⊂ X → Y
linear,
D(A)
= X. Dann
ist A∗ abgeschlossen, d.h. der Graph G(A∗ ) :=
(v, A∗ v) v ∈ D(A∗ ) ist abgeschlossen in Y ∗ × X ∗ .
Beweis : Sei vn → v, A∗ vn → f, vn ∈ D(A∗ ), in Y ∗ bzw. X ∗ . Wir müssen
zeigen, dass
v ∈ D(A∗ ) und A∗ v = f .
Es gilt aber für alle u ∈ D(A)
hvn , Aui = hA∗ vn , ui .
112
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Der Grenzübergang n → ∞ liefert
hv, Aui = hf, ui ,
woraus man v ∈ D(A∗ ) und A∗ v = f abliest.
d6.5 4.8 Satz. Seien X und Y Banachräume und sei A : D(A) ⊂ X → Y abge-
schlossen und linear mit D(A) = X. Dann gilt:
(i)
N (A∗ ) = R(A)⊥ ,
(ii)
N (A) = R(A∗ )⊥ ,
(iii)
N (A∗ )⊥ ⊃ R(A),
(iv)
N (A)⊥ ⊃ R(A∗ ).
Beweis :
(i) Wir betrachten den Graphen
G = G(A) = (u, Au) ∈ X × Y u ∈ D(A)
und den Raum L = X × {0} ⊂ X × Y . Man beachte, dass G und L in X × Y
abgeschlossen sind. Die Beweisidee besteht darin, (G + L)⊥ auszurechnen:
⊥
(G + L)⊥ = {(u + v, Au) ∈ X × Y | u ∈ D(A), v ∈ X
⊥
= (w, Au) ∈ X × Y u ∈ D(A), w ∈ X
= (0, f ∗ ) ∈ X ∗ × Y ∗ f ∗ ⊥Au, u ∈ D(A)
= {0} × R(A)⊥ .
Andererseits gilt ganz allgemein für die Summe zweier Räume
(G + L)⊥ = G⊥ ∩ L⊥ ,
denn
⊥
(G + L)⊥ = z + y z ∈ G , y ∈ L
= ϕ∗ hϕ∗ , zi + hϕ∗ , yi = 0, z ∈ G, y ∈ L .
Setzt man z bzw. y = 0, erhält man, dass das linear beschränkte Funktional
ϕ∗ sowohl in G⊥ als auch in L⊥ liegt. Umgekehrt erfüllen diese ϕ∗ ∈ G⊥ ∩ L⊥
die verlangte Orthogonalität zu z + y. Wir erhalten somit
⊥
⊥
{0} × R(A)⊥ = G
∗∩ L∗
= (e , f ) ∈ X ∗ × Y ∗ he∗ , ui + hf ∗ , Aui = 0, u ∈ D(A), und
he∗ , vi + hf ∗ , 0i = 0 , v ∈ X .
3.4. ADJUNGIERTE LINEARE OPERATOREN
113
Falls aber he∗ , vi + hf ∗ , 0i = 0 für alle v ∈ X, folgt e∗ = 0, und die letzte
Menge {. . .} ist gleich der Menge
(0, f ∗ ) ∈ X ∗ × Y ∗ hf ∗ , Aui = 0 , u ∈ D(A)
und damit gleich
(0, f ∗ ) A∗ f ∗ = 0 = {0} × N (A∗ ) .
Damit erhalten wir
R(A)⊥ = N (A∗ ) ,
(4.9) d6.6
d.h. die Behauptung ist damit bewiesen.
⊥
(ii) Wir betrachten den Ausdruck G⊥ + L⊥ , G und L wie im Beweis für
(i). Einerseits ist
⊥
G⊥ + L⊥ = G⊥⊥ ∩ L⊥⊥ = G ∩ L
= (u, Au) u ∈ D(A) ∩ (v, 0) v ∈ X
(4.10) d6.7
= (u, Au) Au = 0, u ∈ D(A)
= N (A) × {0},
da G und L abgeschlossen sind. Andererseits gelten
L⊥ = (0, h∗ ) ∈ X ∗ × Y ∗ h∗ ∈ Y ∗ ,
G⊥ + L⊥ = (e∗ , f ∗ ) + (0, h∗ ) he∗ , ui + hf ∗ , Aui = 0, u ∈ D(A), h∗ ∈ Y ∗ .
Da alle h∗ ∈ Y ∗ zugelassen sind, folgt
G⊥ + L⊥ = (e∗ , g ∗ ) g ∗ ∈ Y ∗ , ∃f ∗ mit he∗ , ui + hf ∗ , Aui = 0 , u ∈ D(A) .
Wenn für ein Paar (e∗ , f ∗ ) die Gleichung he∗ , ui + hf ∗ , Aui = 0 für alle
u ∈ D(A) gilt, so ist f ∗ ∈ D(A∗ ) und
he∗ + A∗ f ∗ , ui = 0 ,
u ∈ D(A) .
Daraus folgt e∗ = −A∗ f ∗ . Umgekehrt impliziert die letzte Gleichung, dass
he∗ , ui + hf ∗ , Aui = 0 .
Daraus folgt
G⊥ + L⊥ = (−A∗ f ∗ , g ∗ ) f ∗ ∈ D(A∗ ) , g ∗ ∈ Y ∗
= R(A∗ ) × Y ∗ .
114
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Anwendung der ⊥-Operation ergibt
⊥
G⊥ + L⊥ = R(A∗ )⊥ × {0} .
Zusammen mit (4.10) folgt
N (A) × {0} = R(A∗ )⊥ × {0}
und damit N (A) = R(A∗ )⊥ .
(iii) Aus (i) folgt
N (A∗ )⊥ = R(A)⊥⊥ ,
und nach Satz 4.2 gilt R(A)⊥⊥ = R(A) ⊃ R(A).
Ähnlich schliesst man für (iv).
Wie im Fall des Hilbertraumes (vgl. Kapitel 2, Folgerung 4.7) lässt sich auch
die Aussage des vorigen Satzes verschärfen, wenn man die Abgeschlossenheit
des Bildbereiches R(A) fordert:
d6.9 4.11 Satz. Seien X und Y Banachräume und A : D(A) ⊂ X → Y abge-
schlossen, linear und D(A) dicht in X. Dann sind die folgenden Aussagen
äquivalent:
(i) R(A) ist abgeschlossen.
(ii) R(A∗ ) ist abgeschlossen.
(iii) R(A) = N (A∗ )⊥ .
(iv) R(A∗ ) = N (A)⊥ .
• Die Behauptung (iii) lässt sich so lesen: Au = f ist genau dann lösbar,
wenn hv, f i = 0 für alle v ∈ N (A∗ ).
Beweis : Wir begnügen uns damit, aus der Abgeschlossenheit von R(A)
zu folgern, dass R(A) = N (A∗ )⊥ ist. Dies folgt einfach aus Satz 4.8, (i),
durch Anwendung von ⊥, welches R(A)⊥⊥ = N (A∗ )⊥ ergibt. Wenn R(A)
abgeschlossen, ist R(A)⊥⊥ = R(A), woraus (iii) folgt. Analog folgt aus (ii)
die Behauptung (iv). Die fehlenden Implikationen können in Brezis: Analyse
”
fonctionelle“ gefunden werden.
3.5
Schwache Topologie
sec:4.9
d9.1
Wir wollen uns zunächst allgemein mit der Konstruktion von Topologien
mit bestimmten Eigenschaften beschäftigen. Sei X ein Vektorraum und seien
(Yi , σi )i∈I topologische Räume. Für alle i ∈ I seien ϕi : X → Yi Abbildungen.
3.5. SCHWACHE TOPOLOGIE
115
Wir suchen die gröbste Topologie τ auf X, so daß alle ϕi stetig sind, d.h.
die Topologie, die am wenigsten offene Mengen enthält. Seien ωi ⊆ Yi offene
Mengen, d.h. ωi ∈ σi , dann sind notwendigerweise alle ϕ−1
i (ωi ) Elemente von
τ.
Wir bezeichnen die Familie aller solcher Mengen mit (Uλ )λ∈Λ . Wir suchen
nun das kleinste Mengensystem τ , daß (Uλ )λ∈Λ enthält und abgeschlossen
bzgl. endlicher Durchschnitte und beliebiger Vereinigungen ist. Dazu bilden
wir zuerst alle möglichen endlichen Durchschnitte von Mengen aus (Uλ )λ∈Λ ,
d.h. ∩ Uλ , Γ ⊆ Λ, Γ endlich. Dieses System bezeichnen wir mit Φ. Danach
λ∈Γ
bilden wir beliebige Vereinigungen von Mengen aus Φ. Dieses neue System
sei F. Es ist klar, daß F abgeschloßen bzgl. beliebigen Vereinigungen ist.
Es ist nicht völlig offenschichtlich, daß F auch abgeschlossen bzgl. endlicher
Durchschnitte ist. Aber es gilt:
d9.2 5.1 Lemma. Das System F ist abgeschlossen bzgl. endlicher Durchschnitte.
Beweis : Übungsaufgabe aus der Mengentheorie.
Somit ist die gesuchte gröbste Topologie τ gegeben durch endliche Durchschnitte von Mengen der Form ϕ−1
i (ωi ), ωi offen in Yi , und beliebigen Vereinigungen solcher Mengen. In Termen von Umgebungen ausgedrückt heißt
dies: sei x ∈ X, dann ist eine Umgebungsbasis von x bzgl. τ gegeben durch
endliche Durchschnitte der Form ϕ−1
i (Vi ), Vi Umgebung von ϕi (xi ) in Yi .
Die Konvergenz von Folgen in der Topologie τ ist vollständig durch die Abbildungen ϕi , i ∈ I charakterisiert.
d9.3 5.2 Lemma. Sei (xn ) eine Folge in X. Die Folge xn konvergiert gegen x ∈ X
bzgl. τ genau dann, wenn ϕi (xn ) → ϕi (x) für alle i ∈ I.
Beweis : Aus xn → x bzgl. τ folgt sofort ϕi (xn ) → ϕi (x), da alle ϕi bzgl. τ
stetig sind. Umgekehrt sei U eine Umgebung von x. Aufgrund der Konstruktion von τ können wir annehmen, dass U die Form U = ∩ ϕ−1
i (Vi ), J ⊂ I, J
i∈J
endlich, Vi Umgebung von ϕi (x) in Yi , hat. Für alle i ∈ J existiert ein Ni
mit ϕi (xn ) ∈ Vi für alle n ≥ Ni . Sei N = max Ni . Dann ist xn ∈ U für alle
n ≥ N.
d10.1 5.3 Lemma. Sei (Z, σ) ein topologischer Raum und ψ : (Z, σ) → (X, τ ) eine
Abbildung. Dann ist ψ stetig genau dann, wenn für alle i ∈ I die Abbildung
ϕi ◦ ψ : (Z, σ) → (Yi , σi ) stetig ist.
Beweis : “⇒” ψ und ϕi sind stetig, also ist auch ψ ◦ ϕ stetig.
“⇐” Sei U ⊆ X offen, d.h. U ∈ τ . U lässt sich also schreiben als:
[ \
U=
ϕ−1
ωi ∈ σi .
i (ωi ),
beliebig endlich
116
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Damit gilt:
ψ −1 (U ) = ψ −1 (
\
[
ϕ−1
i (ωi ))
beliebig endlich
=
\
[
ψ −1 ϕ−1
i (ωi )
beliebig endlich
=
\
[
(ϕi ◦ ψ)−1 (ωi ).
beliebig endlich
Also ist ψ −1 (U ) offen, d.h. ψ ist stetig.
Um die schwache Topologie in einem Banachraum zu erhalten wählen wir die
Abbildungen ϕi , i ∈ I, wie folgt: Sei X ein Banachraum und f ∈ X ∗ . Dann
definieren wir
ϕf : X → R : x 7→ hf, xi,
und erhalten dann die Abbildungen (ϕf )f ∈X ∗ .
d10.2 5.4 Definition. Sei X ein Banachraum und X ∗ sein Dualraum. Die schwa-
che Topologie τ (X, X ∗ ) ist die gröbste Topologie auf X, bezüglich derer alle
Abbildungen (ϕf )f ∈X ∗ stetig sind, d.h. wir wenden die obige Konstruktion auf
X = X, Yi = R und I = X ∗ an.
d10.3 5.5 Definition. Sei (xn )n∈N ⊆ X eine Folge in X. Man sagt, dass (xn )
schwach gegen x konvergiert, wenn für alle f ∈ X ∗ gilt:
hf, xn i → hf, xi
(n → ∞)
Notation: xn * x (n → ∞)
• Aufgrund von Lemma 5.2 gilt: xn * x ⇔ xn → x bezüglich τ (X, X ∗ ). Um
die schwache Konvergenz einer Folge von der Konvergenz bzgl. der Norm,
d.h. kxn − xk → 0, zu unterscheiden werden wir diese wie im Hilbertraum
als starke Konvergenz bezeichnen und durch xn → x notieren.
d10.4 5.6 Satz. Die schwache Topologie τ (X, X ∗ ) ist eine Hausdorff Topologie.
Beweis : Sei x1 6= x2 ∈ X. Zu zeigen ist: ∃ U1 , U2 ∈ τ mit xi ∈ Ui für
i = 1, 2 und U1 ∩ U2 = ∅. Wir wenden die geometrische Variante des Satzes
von Hahn-Banach an. Die Menge {x1 } ist abgeschlossen und konvex und die
Menge {x2 } ist kompakt. Dann folgt mit Satz 2.11, dass es ein f ∈ X ∗ und
ein α ∈ R gibt, mit
hf, x1 i < α < hf, x2 i.
3.5. SCHWACHE TOPOLOGIE
117
Die Mengen U1 := f −1 (−∞, α) ∈ τ und U2 := f −1 (α, ∞) ∈ τ besitzen dann
die gesuchten Eigenschaften U1 ∩ U2 = ∅ und xi ∈ Ui .
Satz 5.6 impliziert insbesondere, dass der schwache Grenzwert eindeutig bestimmt ist.
d9.5 5.7 Lemma. Sei x0 ∈ X. Eine Umgebungsbasis von x0 bzgl. τ (X, X ∗ ) ist
durch die Mengen der Form
V = {x ∈ X |hfi , x − x0 i| < ε, i ∈ J} ,
wobei J endlich ist, fi ∈ X ∗ und ε > 0, gegeben.
Beweis : Es gilt:
\
V = {x ∈ X |hfi , x − x0 i| < ε}
i∈J
=
\
fi−1 (−∞, hf, x0 i + ε) ∩ fi−1 (−ε + hf, x0 i, ∞) ,
i∈J
also ist V eine offene Umgebung von x0 . Sei U Umgebung von x0 bezüglich
∗
τ (X, X ∗ ). Dann folgt wegen
Tder−1Konstruktion von τ (X, X ), dass wir oBdA U
schreiben können als U =
ϕfi (ωi ), wobei ωi Umgebungen von hfi , x0 i in R
i∈J
sind und J endlich. Also gibt es ein ε > 0, so dass (hfi , x0 i − ε, hfi , x0 i + ε) ⊆
ωi , i ∈ J, und somit gilt:
\
\
ϕ−1
x0 ∈ V = {x ∈ X |hfi , x0 − xi| < ε} ⊆
fi (ωi )
i∈J
i∈J
d9.6 5.8 Satz. Für eine Folge (xn ) ⊆ X gilt:
(i) xn → x bzgl. τ (X, X ∗ ) genau dann, wenn hf, xn i → hf, xi für alle
f ∈ X ∗,
(ii) xn → x stark in X, dann gilt: xn * x schwach in X,
(iii) xn * x schwach in X, dann ist die Folge (kxn k)n∈N beschränkt und es
gilt:
kxk ≤ lim inf kxn k .
n→∞
(iv) xn * x schwach in X und fn → f stark in X ∗ , dann gilt:
hfn , xn i → hf, xi .
118
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Beweis : (i) Dies ist gerade Lemma 5.2.
(ii) Für f ∈ X ∗ ist |hf, xn − xi| ≤ kf kX ∗ kxn − xkX → 0, d.h. xn * x.
(iii) Da xn schwach gegen x konvergiert folgt hf, xn i → hf, xi für alle
f ∈ X ∗ , d.h. die Folge reeller Zahlen hf, xn i ist beschränkt. Definiere nun
die Operatoren
An : X ∗ → R : f 7→ hf, xn i.
Diese sind linear und beschränkt, denn |||An ||| ≤ kxn k. Aus den obigen Überlegungen folgt, dass (An )n punktweise beschränkt ist, d.h. für alle f ∈ X ∗
gilt sup kAn (f )k < ∞. Dann ist nach Satz 3.1
n∈N
sup |||An ||| < ∞,
n∈N
d.h.
sup sup |An (f )| < ∞.
n∈N kf kX ∗ ≤1
Aus der Normformel (1.9) und der Definition von An folgt
kxn k =
sup |hf, xn i| =
kf kX ∗ ≤1
sup |An (f )| .
kf kX ∗ ≤1
Also ist sup kxn k < ∞, d.h. kxn k ist beschränkt. Außerdem wissen wir
n∈N
|hf, xn i| ≤ kf kX ∗ kxn k und somit gilt:
|hf, xi| = lim inf |hf, xn i| ≤ lim inf kf kX ∗ kxn k .
n→∞
n→∞
Wiederum aus der Normformel erhalten wir also
kxk =
sup |hf, xi| ≤
kf kX∗ ≤1
sup kf kX ∗ lim inf kxn k = lim inf kxn k .
kf kX ∗ ≤1
n→∞
n→∞
(iv) Aus xn * x und fn → f folgt:
|hf, xi − hfn , xn i| ≤ |hf, xi − hf, xn i| + |hf, xn i − hfn , xn i|
= |hf, x − xn i| + |hf − fn , xn i|
≤ |hf, x − xn i| + kf − fn kX ∗ kxn k → 0 ,
da kxn k nach (iii) beschränkt ist.
d10.5 5.9 Satz. Sei X ein endlichdimensionaler Banachraum. Dann stimmen die
starke und die schwache Topologie überein. Insbesondere konvergiert eine Folge schwach genau dann, wenn sie stark konvergiert.
3.5. SCHWACHE TOPOLOGIE
119
Beweis : Die starke Topologie ist durch die Norm induziert. Sie ist immer
feiner als die schwache Topologie. Wir müssen also nur zeigen:
U offen bezüglich starker Topologie ⇒ U offen bezüglich schwacher Topologie
Sei x0 ∈ X und V eine Umgebung von x0 bezüglich der starken Topologie.
Dann gibt es einen Radius r > 0, so dass Br (x0 ) ⊆ V . Da X endlichdimensional ist, gibt es eine Basis e1 , . . . en von X mit kei k = 1. Für jedes x ∈ X
n
P
gibt es dann eindeutige xi ∈ R, i = 1, . . . , n mit x =
xi ei . Wir definieren
i=1
die Abbildungen fi ∈ X ∗ durch fi : X → R : x 7→ xi . Dann folgt:
n
X
kx − x0 k = k
(x − x0 )i ei k
=k
≤
i=1
n
X
hfi , x − x0 iei k
i=1
n
X
|hfi , x − x0 i|,
i=1
da kei k = 1. Setze
U :=
n
\
r
{x ∈ X |hfi , x − xo i| < } .
n
i=1
Dann ist U offene Umgebung von x0 bezüglich τ (X, X ∗ ) und für x ∈ U gilt:
kx − x0 k ≤
n
X
i=1
|hfi , x − x0 i| <
n
X
r
r
= n = r.
n
n
i=1
Also ist x ∈ Br (x0 ), d.h. U ⊆ Br (x0 ) ⊆ V , d.h. V ist Umgebung von x0
bezüglich τ (X, X ∗ ).
• Nach Konstruktion ist die schwache Topologie immer gröber als die starke
Topologie, d.h. U ist offen bzgl. der schwachen Topologie impliziert, dass U
offen bzgl. der starken Topologie ist.
• Wenn dim X < ∞ ist, dann stimmen die starke und die schwache Topologie
überein. Wenn dim X = ∞ ist, dann ist im Allgemeinen die starke Topologie
eine echte Obermenge der schwachen Topologie. Analoge Aussagen gelten für
abgeschlossene Mengen.
120
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
d10.6 5.10 Beispiel. (i) Sei dim X = ∞ und S := {x ∈ X kxk = 1}. Dann ist S
stark abgeschlossen, aber nicht schwach abgeschlossen. Es gilt
S
τ (X,X ∗ )
= B1 (0) .
(5.11) d10.7a
τ
Beweis : Sei x0 ∈ X mit kx0 k < 1. Wir müssen zeigen, dass x0 ∈ S . Sei
also V Umgebung von x0 bezüglich τ (X, X ∗ ). Zu zeigen: V ∩ S 6= ∅.
n
T
Nach Lemma 5.7 können wir oBdA V = {x ∈ X |hfi , x − x0 i| < ε} mit
i=1
ε > 0 und fi ∈ X ∗ annehmen. Es gibt ein y0 ∈ X, y0 6= 0, so dass für
alle i = 1, . . . , n : hfi , y0 i = 0. Falls dem nicht so wäre, wäre die Abbildung
ϕ : X → Rn : x 7→ (hfi , xi)i=1,...,n injektiv. Dann ist ϕ : X → ϕ(X) ein
Isomorphismus. Also folgt dim X ≤ n im Widerspruch zu dim X = ∞. Also
gibt es so ein y0 mit obiger Eigenschaft. Betrachte
g : [0, ∞) → [0, ∞) : t 7→ kx0 + ty0 k .
Dann ist g stetig, g(0) = kx0 k < 1 und lim g(t) = ∞. Nach dem Mittelt→∞
wertsatz gibt es also ein t0 mit g(t0 ) = 1. Aus hfi , y0 i = 0, i = 1, . . . , n, folgt
hfi , x0 + t0 y0 − x0 i = 0, i = 1, . . . , n. Somit ist x0 + t0 y0 ∈ V ∩ S und wir
τ
τ
τ
τ
haben gezeigt, dass S ⊆ B1 (0) ⊆ S . Daraus folgt S ⊆ B1 (0) ⊆ S . Der
τ
folgenden Satz 5.13 besagt, dass für konvexe Mengen gilt M = M . Somit
folgt die Behauptung.
(ii) Sei dim X = ∞. Dann ist B1 (0) nicht offen bezüglich τ (X, X ∗ ), genauer
intτ B1 (0) = ∅ .
(5.12) d10.7b
Beweis : Sei x0 ∈ intτ B1 (0). Dann existiert eine Umgebung V von x0
bezüglich τ , so dass V ⊆ B1 (0) und für alle x0 ∈ B1 (0) gibt es nach obigem
Beweis t0 , y0 6= 0 mit kx0 + t0 y0 k = 1 und x0 + t0 y0 ∈ V ⊆ B1 (0), ein
Widerspruch.
d7.1 5.13 Satz. Sei C ⊆ X eine konvexe Teilmenge eines Banachraumes X.
Dann ist C stark abgeschlossen genau dann, wenn C schwach abgeschlossen
ist.
Beweis : Die Richtung
C ist schwach abgeschlossen“ ⇒ C ist stark abgeschlossen“
”
”
ist trivial, da die schwache Topologie gröber ist als die starke. Sei also C stark
abgeschlossen. Wir müssen zeigen, dass das Komplement von C bezüglich der
schwachen Topologie offen ist. Sei x0 ∈
/ C. Nach dem Satz von Hahn-Banach
3.5. SCHWACHE TOPOLOGIE
121
existiert eine x0 und C strikt trennende abgeschlossene Hyperebene, d.h. es
existiert ein f ∈ X ∗ und ein α ∈ R mit
hf, x0 i < α < hf, yi ,
y ∈C.
Die Menge (vgl. Lemma 5.7)
V = {x ∈ X hf, xi < α}
ist aber eine bezüglich der schwachen Topologie offene Menge. Offenbar ist
x0 ∈ V und V ∩ C = ∅. Also ist C abgeschlossen bezüglich der schwachen
Topologie.
d7.2 5.14 Folgerung (Satz von Mazur). Es sei (xn ) ⊆ X eine schwach kon-
vergente Folge in einem Banachraum X. Dann gibt es eine Folge (yj ) von
konvexen Linearkombinationen
yj =
Nj
X
k=1
cjk xnkj
,
cjk
≥ 0,
Nj
X
cjk = 1
k=1
die stark gegen den schwachen Limes der Folge (xn ) konvergiert.
Beweis : Wir bilden die Menge C aller endlichen konvexen Linearkombinationen von Elementen xn . C ist offensichtlich konvex, ebenso der Abschluss
C bezüglich der starken Topologie. Ist nun xn * x schwach, so muss wegen
Satz 5.13 x ebenfalls in C liegen. Nach Definition von C gibt es dann aber
eine Folge (yj ) ⊆ C, die stark gegen x geht. Die Elemente aus C haben aber
gerade die gesuchte Gestalt.
• Die Abbildung ϕ : X → R heißt unterhalbstetig (bzw. oberhalbstetig)
genau dann, wenn ϕ−1 ((−∞, r]) (bzw. ϕ−1 ([r, ∞))) für alle r ∈ R abgeschlossen ist.
d10.8 5.15 Folgerung. Sei ϕ : X → R eine konvexe, unterhalbstetige Funktion
bezüglich der starken Topologie. Dann ist ϕ auch unterhalbstetig bezüglich
der schwachen Topologie.
Beweis : Zu zeigen ist, dass für alle r ∈ R die Menge
A := {x ∈ X ϕ(x) ≤ r}
abgeschlossen ist bezüglich τ (X, X ∗ ). ϕ ist konvex, also ist A konvex, denn
für x, y ∈ A gilt
ϕ(λx + (1 − λ)y) ≤ λϕ(x) + (1 − λ)ϕ(y) ≤ λr + (1 − λ)r = r.
Nach Voraussetzung ist A stark abgeschlossen, also folgt mit Satz 5.13, dass
A schwach abgeschlossen ist.
Für den Beweis von Satz 5.17 benötigen wir das folgende Lemma.
122
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
d10.9a 5.16 Lemma. Sei T : (E, τ ) → (F, σ) eine stetige Abbildung topologischer
Hausdorffräume. Dann ist G(T ) abgeschlossen bezüglich τ × σ.
Beweis : Wir zeigen, dass (E × F ) \ G(T ) offen ist. Für beliebige (x0 , y0 ) ∈
(E × F ) \ G(T ) gilt y0 6= T x0 . Es gibt also Umgebungen U0 , V0 ∈ σ mit
y0 ∈ U0 , T x0 ∈ V0 und V0 ∩ U0 = ∅. T ist stetig, also ist W0 := T −1 (V0 ) ∈ τ,
x0 ∈ W0 . Die Menge W0 × U0 ist offen bzgl. τ × σ und es gilt (W0 × U0 )∩
G(T ) = ∅. In der Tat, für (x, y) ∈ W0 × U0 ∩ G(T ) gilt y = T x ∈ U0 mit
x ∈ W0 = T −1 (V0 ), also T x ∈ V0 . Dies ist ein Widerspruch zu U0 ∩ V0 = ∅.
d10.9 5.17 Satz. Seien X, Y Banachräume und A : X → Y ein linearer Operator.
Dann ist A stetig bezüglich der starken Topologien genau dann, wenn A stetig
bezüglich der schwachen Topologien ist.
Beweis : (i) Sei A stetig bezüglich der starken Topologien. Wir wollen
zeigen, dass A : (X, τ (X, X ∗ )) → (Y, τ (Y, Y ∗ )) stetig ist. Nach Lemma 5.3
reicht es zu zeigen, dass für alle f ∈ Y ∗ die Abbildung
ϕ := f ◦ A : (X, τ (X, X ∗ )) → (R, | · |) : x 7→ hf, Axi
stetig ist. Da ϕ = f ◦ A ∈ X ∗ erhalten wir aufgrund der Konstruktion
der schwachen Topologie τ (X, X ∗ ), dass ϕ−1 (ω) ∈ τ (X, X ∗ ) für alle offenen
Mengen ω ⊂ R. Also ist ϕ : (X, τ (X, X ∗ )) → (R, | · |) stetig.
(ii) Sei A : (X, τ (X, X ∗ )) → (Y, τ (Y, Y ∗ )) stetig und linear. Wir müssen
zeigen, dass A stetig bezüglich der starken Topologien ist. Aber Lemma 5.16
angewendet in unserer Situation liefert, dass G(A) abgeschlossen ist bezüglich
τ (X, X ∗ )×τ (Y, Y ∗ ). Da die schwache Topologie gröber ist als die starke, folgt
dass G(A) abgeschlossen ist bezüglich der starken Topologie. Da A linear ist,
folgt dann mit Satz 3.16, dass A stetig ist.
3.6
∗-Schwache Topologie
sec:sterntop
Auf dem Dualraum X ∗ eines normierten Raumes kann man neben der starken
Topologie (gegeben durch die Norm in X ∗ (vergleiche Kap. 1.2 (3.2)) und der
schwachen Topologie τ (X ∗ , X ∗∗ ) noch die ∗-schwache Topologie τ (X ∗ , X)
definieren. Für x ∈ X definieren wir ϕx : X ∗ → R durch
ϕx (f ) := hf, xi
und betrachten die Familie (ϕx )x∈X .
3.6. ∗-SCHWACHE TOPOLOGIE
123
d9.7 6.1 Definition. Die ∗-schwache Topologie τ (X ∗ , X) auf dem Dualraum
X ∗ eines normierten Vektorraumes X ist die gröbste Topologie bzgl. derer alle
Abbildungen (ϕx )x∈X stetig sind, das heißt wir setzen X = X ∗ , Yi = R, I = X
in Abschnitt 3.5.
d10.10 6.2 Satz. Die ∗-schwache Topologie ist eine Hausdorff Topologie.
Beweis : Seien f1 , f2 ∈ X ∗ , f1 6= f2 . Dann gibt es ein x ∈ X : mit hf1 , xi =
6
hf2 , xi. Sei hf1 , xi < hf2 , xi. Also gibt es ein α ∈ R : hf1 , xi < α < hf2 , xi.
Setze
U1 := {f ∈ X ∗ hf, xi < α} = ϕ−1
x (−∞, α),
∗
U2 := {f ∈ X hf, xi > α} = ϕ−1
x (α, ∞).
Dann gilt: U1 , U2 ∈ τ (X ∗ , X), f1 ∈ U1 , f2 ∈ U2 , U1 ∩ U2 = ∅
• Wir sagen, die Folge (fn )n ⊆ X ∗ konvergiert ∗-schwach gegen f ∈ X ∗
genau dann, wenn fn → f bezüglich τ (X ∗ , X). Wir benutzen die Notation
∗
(n → ∞)
fn + f
Dies ist nach Lemma 5.2 äquivalent zu
hfn , xi → hf, xi
(n → ∞) ∀ x ∈ X,
d.h. punktweise Konvergenz.
• Wir wollen nun die Topologien τ (X ∗ , X), τ (X ∗ , X ∗∗ ) und die starke Topologie (induziert durch die Operatornorm in X ∗ ) miteinander vergleichen.
Dazu benötigen wir folgende Überlegung: Sei X ein Banachraum, X ∗ sein
Dualraum mit der Norm
kf kX ∗ = sup |hf, xiX ∗ ,X |
kxkX ≤1
und X ∗∗ sein Bidualraum mit der Norm
kgkX ∗∗ =
sup |hg, f iX ∗∗ ,X ∗ | .
kf kX ∗ ≤1
Die kanonische Isometrie J : X → X ∗∗ wird wie folgt definiert: sei x ∈ X
fest, die Abbildung f 7→ hf, xi von X ∗ nach R ist ein beschränktes, lineares
Funktional auf X ∗ , d.h. ein Element von X ∗∗ , das mit Jx bezeichnet wird.
Wir haben also
hJx, f iX ∗∗ ,X ∗ = hf, xiX ∗ ,X
∀x ∈ X, f ∈ X ∗ .
(6.3) d9.10
124
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Es ist klar, daß J linear und eine Isometrie ist, d.h. kJxkX ∗∗ = kxkX für alle
x ∈ X. In der Tat gilt:
kJxkX ∗∗ =
(6.3)
(1.9)
sup |hJx, f i| =
kf kX ∗ ≤1
sup |hf, xi| = kxk .
kf kX ∗ ≤1
Allerdings ist J nicht notwendig surjektiv. Man kann aber immer mit Hilfe
von J den Raum X mit einem abgeschlossenen Unterraum von X ∗∗ identifizieren.
Beispiel: Wir werden zeigen, dass (L1 (Ω))∗ = L∞ und (L∞ (Ω))∗ % L1 (Ω),
d.h. L1 (Ω) $ (L1 (Ω))∗∗ .
• Sei X ein Banachraum. Dann sind auf X ∗ die schwache τ (X ∗ , X ∗∗ ) und
die ∗-schwache τ (X ∗ , X) und die starke Topologie σ definiert. Da X ⊆ X ∗∗ ,
ist τ (X ∗ , X) ⊆ τ (X ∗ , X ∗∗ ) ⊆ σ. Wir werden zeigen, dass die abgeschlossene
Einheitskugel
B1 (0) = {f ∈ X ∗ kf k ≤ 1}
kompakt bezüglich τ (X ∗ , X) ist (Satz 6.10).
• Wenn dim X < ∞ ist, wissen wir aus der linearen Algebra, dass dann
dim X = dim X ∗ = dim X ∗∗
und somit sind nach Satz 5.9 alle Topologien identisch.
Völlig analog zu Lemma 5.7 und Satz 5.8 beweist man:
d9.8 6.4 Lemma. Sei f0 ∈ X ∗ . Eine Umgebungsbasis von f0 bzgl. τ (X ∗ , X) ist
durch Mengen der Form
V = {f ∈ X ∗ |hf − f0 , xi i| < ε, i ∈ J} ,
wobei J endlich ist, xi ∈ X und ε > 0, gegeben.
d9.9 6.5 Lemma. Für eine Folge (fn ) ⊆ X ∗ gilt:
(i) fn → f bzgl. τ (X ∗ , X) genau dann, wenn für alle x ∈ X
hfn , xi → hf, xi ,
(ii) fn → f stark in X ∗ , dann gilt fn * f schwach in X ∗ ,
∗
fn * f schwach in X ∗ , dann gilt fn + f ∗-schwach in X ∗ ,
∗
(iii) fn + f ∗-schwach in X ∗ , dann ist die Folge (kfn kX ∗ ) beschränkt und
es gilt
kf kX ∗ ≤ lim inf kfn kX ∗ ,
n→∞
3.6. ∗-SCHWACHE TOPOLOGIE
125
∗
(iv) fn + f ∗-schwach in X ∗ und xn → x stark in X, dann gilt
hfn , xn i → hf, xi.
d10.11 6.6 Satz. Sei ϕ : X ∗ → R linear und stetig bezüglich τ (X ∗ , X). Dann exi-
stiert ein x ∈ X mit
∀ f ∈ X ∗.
ϕ(f ) = hf, xi
(6.7) d10.12
Um dies zu beweisen, benötigen wir folgendes Lemma:
d10.13 6.8 Lemma. Sei X ein Vektorraum und seien ϕ, ϕ1 , . . . , ϕn Linearformen
auf X mit der Eigenschaft
ϕi (x) = 0
∀ i = 1, . . . , n
⇒
ϕ(x) = 0 .
(6.9) d10.14
Dann existieren λ1 , . . . , λn ∈ R so, dass
ϕ=
n
X
λi ϕi .
i=1
Beweis : Betrachte
F : X → Rn+1 : x 7→ (ϕ(x), ϕ1 (x), . . . , ϕn (x))> .
Mit (6.9) folgt, dass a = (1, 0, . . . , 0)> 6∈ R(F ). Weiterhin ist R(F ) ein abgeschlossener, linearer Unterraum. Also gibt es nach Satz 2.11 eine Hyperebene
auf Rn+1 , die a und R(F ) strikt trennt, d.h. es existieren λ0 , λ1 , . . . , λn ∈ R
und ein α ∈ R mit
λ0 < α < λ0 ϕ(x) +
n
X
λi ϕi (x)
∀x ∈ X .
i=1
Da X ein linearer Raum ist, gilt die Aussage nicht nur für x, sondern auch für
βx und wir können mit β → ±∞ gehen. Dann folgt (vgl. Beweis Folgerung
2.12)
n
X
0 = λ0 ϕ(x) +
λi ϕi (x) ,
i=1
aber da λ0 < α < 0 ist λ0 6= 0. Wir können also durch λ0 teilen und erhalten:
ϕ(x) = −
n
X
λi
ϕi (x) ,
λ
0
i=1
126
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
wir haben also also die gesuchte Darstellung gefunden.
Beweis (Satz 6.6): Da ϕ : X ∗ → R linear und stetig bezüglich τ (X ∗ , X)
ist, gibt es eine Umgebung V von 0 bezüglich τ (X ∗ , X) mit
|ϕ(f )| < 1
∀f ∈ V .
OBdA sei V von der Form
V = {f ∈ X ∗ |hf, xi i| < ε, i = 1, . . . , n}
mit xi ∈ X, ε > 0. Insbesondere hat V folgende Eigenschaft: Falls f derart
ist, dass
hf, xi i = 0
i = 1, . . . , n ,
dann ist auch ϕ(f ) = 0. In der Tat ist f ∈ V und für alle α ∈ R ist auch
αf ∈ V . Also ist |α||ϕ(f )| < 1 und nach Übergang |α| → ∞ folgt ϕ(f ) = 0.
Um Lemma 6.8 anwenden zu können, betrachten wir ϕi (f ) = hf, xi i, f ∈ X ∗ ,
i = 1, . . . , n und ϕ(f ). ϕi und ϕ sind Linearformen auf X ∗ . Nach Lemma 6.8
gibt es λi ∈ R, so dass für alle f ∈ X ∗ gilt:
ϕ(f ) =
n
X
λi ϕi (f ) =
i=1
n
X
i=1
λi hf, xi i = hf,
n
X
λi xi i =: hf, xi .
i=1
d10.15 6.10 Satz (Banach-Alaoglu-Bourbaki). Der abgeschlossene Ball mit
Radius r > 0
r
∗
BX
kf kX ∗ ≤ r}
∗ := {f ∈ X
des Dualraumes eines Banachraumes X ist kompakt bezüglich der
∗-schwachen Topologie τ (X ∗ , X).
• Kurzausflug in die Topologie
Q
Für topologische Räume (Xi , τi ) betrachtet man den Produktraum Xi und
i∈I
Projektionen
πj :
Y
Xi → Xj : (xi )i∈I 7→ xj .
i∈I
Q
Die kanonische Topologie auf
Xi ist die schwache Topologie aus Abschnitt
i∈I
Q
3.5 mit X =
Xi , Yi = Xi , ϕi = πi . Dies ist die gröbste Topologie, bezüglich
i∈I
derer die πi , i ∈ I stetig sind. Diese Topologie ist Hausdorff, da die πi stetig
sind und die Xi Hausdorff.
3.6. ∗-SCHWACHE TOPOLOGIE
127
d10.16 6.11 Satz (Tychonoff ). Seien (Xi , τi ) topologische Räume. Der Produkt-
raum (
Q
Xi , τ ) ist genau dann kompakt, wenn Xi , i ∈ I, kompakt sind.
i∈I
Beweis : ⇒“ Wenn f : (X, τ ) → (Y, σ) stetig ist und X kompakt,
Q dann ist
”
auch das Bild f (X) kompakt. Nach Konstruktion sind die πj :
Xi → Xj
i∈I
Q
Q
stetig und da
Xi kompakt ist, ist πj ( Xi ) = Xj kompakt.
i∈I
i∈I
⇐“ Der Beweis benutzt Hilfsmittel, die wir noch nicht kennen und wird
”
deshalb weggelassen. Er kann z.B. im Buch von Rudin, Funktionalanalysis
oder im Buch von Meise, Vogt, Funktionalanalysis gefunden werden.
Q
Beweis (Satz 6.10): Betrachte den Raum RX = Z :=
Rx mit Elementen
x∈X
ω = (ωx )x∈X , ωx ∈ R. Wir versehen Z mit der kanonischen Topologie τ ,
außerdem versehen wir X ∗ mit der ∗-schwachen Topologie τ (X, X ∗ ). Die
Projektionen πy : Z → R : ω = (ωx )x∈X 7→ ωy sind stetig für alle y ∈ X.
Betrachte die Abbildung
Φ : X ∗ → Z : f 7→ (hf, xi)x∈X
Nach Lemma 5.3 ist Φ stetig genau dann, wenn für alle y ∈ X gilt, dass die
Abbildung
πy ◦ Φ : X ∗ → R
stetig ist. Sei y ∈ X, dann ist πy ◦Φ(f ) = hf, yi linear. Für ε > 0 ist die Menge
{f ∈ X ∗ |hf, xi| < ε} eine offene Umgebung der Null bezüglich τ (X ∗ , X)
und somit ist πy ◦ Φ stetig.
Wir zeigen, dass Φ : X ∗ → Φ(X ∗ ) ein Homöomorphismus ist, d.h. wir
zeigen, dass Φ und Φ−1 stetig sind und dass Φ bijektiv ist. Offensichtlich ist
Φ : X ∗ → Φ(X ∗ ) surjektiv. Sei Φ(f ) = Φ(g), dann ist hf, xi = hg, xi für alle
x ∈ X, d.h. f = g, also ist Φ injektiv. Wir müssen noch zeigen, dass die
Umkehrabbildung
Φ−1 : Φ(X ∗ ) → X ∗
stetig ist. Wir wenden wieder Lemma 5.3 an, wir müssen also nur zeigen, dass
für alle y ∈ X die Abbildung ϕy ◦Φ−1 : Φ(X ∗ ) → R stetig ist. Sei ω ∈ Φ(X ∗ ),
dann hat ω die Form ω = (hf, xi)x∈X , f ∈ X ∗ , also ist Φ−1 (ω) = f . Aber es
gilt: ϕy (g) = hg, yi, g ∈ X ∗ . Für ω ∈ Φ(X ∗ ) ist ϕy (Φ−1 (ω)) = hf, yi = ωy =
πy ω. Aber ϕy ◦ Φ−1 ist somit gerade πy |Φ(X ∗ ) und also stetig.
Sei
Kr := {ω ∈ Z |ωx | ≤ r kxk, ωx+y = ωx + ωy , ωλx = λωx
∀ x, y ∈ X, λ ∈ R}.
128
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
r
Wir zeigen Φ(BX
∗ ) = Kr :
r
∗
⊆“ Sei ω ∈ Φ(BX
mit kf kX ∗ ≤ r und Φ(f ) =
∗ ). Dann existiert f ∈ X
”
(hf, xi)x∈X = ω. Dann ist
|ωx | = |πx (Φ(f ))| = |hf, xi| ≤ kf k kxk ≤ r kxk .
Weiterhin gilt:
ωx+y = hf, x + yi = hf, xi + hf, xi = ωx + ωy .
Analog zeigt man ωλx = λωx . Also ist ω ∈ Kr .
⊇“ Für ω ∈ Kr gilt ωx+y = ωx + ωy , ωλx = λωx . Wir definieren f durch:
”
hf, xi := ωx .
Dann ist f linear und es gilt:
|hf, xi| = |ωx | ≤ r kxk ,
r
also ist f stetig mit kf k ≤ r. Somit ist ω = Φ(f ) ∈ BX
∗.
r
Es reicht also zu zeigen, dass Kr kompakt ist, denn da Kr = Φ(BX
∗ ) und
−1
r
Φ ein Homöorphismus, ist dann auch Φ (K) = BX ∗ kompakt. Wir teilen
Kr auf in zwei Mengen:
Kr = K1 ∩ K2
mit
K1 := {ω ∈ Z |ωx | ≤ r kxk ∀ x ∈ X}
und
K2 := {ω ∈ Z ωx+y = ωx + ωy , ωλx = λωx ∀ x, y ∈ X, λ ∈ R} .
Offensichtlich kann man K1 schreiben als
Y
K1 =
[−r kxk, r kxk] .
x∈X
Da die Intervalle [−r kxk, r kxk] in R kompakt sind, ist nach Satz 6.11 auch
ihr Produkt und somit K1 kompakt. K2 ist abgeschlossen, denn für x, y fest,
aber beliebig, betrachte
Ax,y := {ω ∈ Z ωx+y − ωx − ωy = 0}
und für λ ∈ R, x ∈ X fest, aber beliebig, betrachte
Bλ,x = {ω ∈ Z ωλx − λωx = 0} .
3.7. REFLEXIVE RÄUME
129
Urbilder der Null unter stetigen Abbildungen sind abgeschlossen, also ist
auch ihr Durchschnitt
\
\
K2 =
Ax,y ∩
Bλ,x
x,y∈X
λ∈R, x∈X
abgeschlossen. Also ist K1 ∩ K2 eine abgeschlossene Teilmenge von K1 und
nach Kapitel 1.2, Lemma 3.15 ist Kr kompakt.
3.7
Reflexive Räume
sec:refraeume
d9.11 7.1 Definition. Sei X ein Banachraum und sei J : X → X ∗∗ die durch (6.3)
definierte kanonische Isometrie von X nach X ∗∗ . Dann heißt X reflexiv
genau dann, wenn J surjektiv ist.
• Wenn X reflexiv ist, sind X und X ∗∗ identifizierbar.
• Es gibt einen Banachraum X und eine lineare, surjektive Isometrie von X
auf X ∗∗ , so dass X nicht reflexiv ist.
• Wenn X reflexiv ist, stimmen die ∗-schwache Topologie τ (X ∗ , X) und die
schwache Topologie τ (X ∗ , X ∗∗ ) überein.
• Aufgrund der Definition von reflexiv und schwacher bzw. ∗-schwacher Konvergenz erhält man sofort, daß für reflexive Banachräume X schwache und
∗-schwache Konvergenz in X ∗ übereinstimmen.
d10.17 7.2 Satz (Kakutani). X ist reflexiv genau dann, wenn
BX := {x ∈ X kxk ≤ 1}
kompakt bezüglich der schwachen Topologie τ (X, X ∗ ) ist.
d10.17a 7.3 Folgerung. X ist reflexiv genau dann, wenn für alle r > 0
r
BX
:= {x ∈ X kxk ≤ r}
kompakt bezüglich der schwachen Topologie τ (X, X ∗ ) ist.
Beweis : ⇒“ Sei X reflexiv. Die Abbildung A : X → X : x 7→ rx, r >
”
0, ist stetig bzgl. der Normtopologie auf X. Satz 5.17 liefert also, dass A
auch stetig bezgl. der schwachen Topologie τ (X, X ∗ ) ist. Dies, Satz 7.2 und
r
A(BX ) = r BX = BX
liefert die Behauptung.
⇐“ Dies folgt offensichtlich aus Satz 7.2.
”
130
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Beweis (Satz 7.2) ⇒“: Da X reflexiv ist, ist J surjektiv, d.h. J(X) = X ∗∗ .
”
Da J eine Isometrie ist, ist J(BX ) = BX ∗∗ . Aus Satz 6.10 wissen wir, dass
BX ∗∗ kompakt ist bezüglich τ (X ∗∗ , X ∗ ). Wir zeigen nun, dass
J −1 : (X ∗∗ , τ (X ∗∗ , X ∗ )) → (X, τ (X, X ∗ ))
stetig ist. Nach Lemma 5.3 reicht es, zu zeigen, dass für alle f ∈ X ∗ die
Abbildung
ω 7→ hf, J −1 ωiX ∗ ,X
als Abbildung von (X ∗∗ , τ (X ∗∗ , X ∗ )) nach R stetig ist. Aber hf, J −1 ωiX ∗ ,X =
hω, f iX ∗∗ ,X ∗ , wir betrachten also die Stetigkeit der Abbildung ω 7→
hω, f iX ∗∗ ,X ∗ . Sie ist aber schon stetig nach Konstruktion von τ (X ∗∗ , X ∗ ),
also ist BX kompakt bezüglich τ (X, X ∗ ).
Zum Beweis der Rückrichtung benötigen wir 2 Lemmata.
d10.18 7.4 Lemma (Helly). Sei X ein Banachraum und f1 , . . . , fn ∈ X ∗ und
α1 , . . . , αn ∈ R beliebig, aber fest. Dann sind äquivalent:
(i) Für alle ε > 0 gibt es ein xε ∈ X, so dass kxε k ≤ 1 und für alle
i = 1, . . . , n gilt:
|hfi , xε i − αi | < ε,
(ii) Für alle β1 , . . . , βn ∈ R gilt
n
n
X
X
αi βi ≤ βi f i X∗
i=1
.
i=1
Beweis : (i) ⇒ (ii) Für β1 , . . . , βn ∈ R beliebig, aber fest, setzen wir
n
P
S :=
|βi |. Aus (i) folgt
i=1
n
n
X
X
βi hfi , xε i −
αi βi ≤ Sε,
i=1
i=1
und somit
n
n
X
X
α i βi ≤
βi hfi , xε i + Sε
i=1
i=1
n
X
≤
βi fi X∗
i=1
kxε kX + Sε
3.7. REFLEXIVE RÄUME
131
Da kxε kX ≤ 1 und ε > 0 beliebig folgt (ii).
(ii) ⇒ (i) Sei α := (α1 , . . . , αn )> ∈ Rn und
ϕ : X → Rn : x 7→ (hf1 , xi, . . . , hfn , xi)> .
Aussage (i) ist äquivalent zu α ∈ ϕ(BX ). Dies zeigen wir durch einen Widerspruchsbeweis. Sei also α 6∈ ϕ(BX ). Da {α} kompakt ist und ϕ(BX ) abgeschlossen und konvex ist, folgt mit dem Satz von Hahn-Banach, dass es ein
β = (β1 , . . . , βn )> ∈ Rn und ein γ ∈ R gibt, so dass
n
X
βi hfi , xi < γ <
n
X
i=1
∀ x ∈ BX .
αi βi
i=1
Da auch −x ∈ BX ist, folgt
n
n
n
X
X
X
βi hfi , xi < γ <
αi βi .
βi f i , x = i=1
i=1
i=1
Wir bilden das Supremum über x ∈ BX und erhalten:
n
X
βi f i X∗
i=1
≤γ<
n
X
αi βi .
i=1
Dies ist ein Widerspruch zu (ii).
d10.19 7.5 Lemma (Goldstine). Sei X ein Banachraum. Dann ist J(BX ) dicht
in BX ∗∗ bezüglich der ∗-schwachen Topologie τ (X ∗∗ , X ∗ ).
Beweis : Sei ω ∈ BX ∗∗ und V Umgebung von ω bezüglich τ (X ∗∗ , X ∗ ). Wir
müssen zeigen, dass V ∩ J(BX ) 6= ∅. OBdA sei
V = {η ∈ X ∗∗ |hη − ω, fi i| < ε, i = 1, . . . , n} ,
mit ε > 0, fi ∈ X ∗ . Wir müssen also zeigen, dass es ein x ∈ BX gibt mit
|hJx, fi iX ∗∗ ,X ∗ − hω, fi i| = |hfi , xiX ∗ ,X − hω, fi i| < ε ,
(7.6) d10.19a
für i = 1, . . . , n. Sei αi := hω, fi i und β1 , . . . , βn fest, aber beliebig. Dann ist
n
n
n
X
X
X
αi βi = βi hω, fi i ≤ kωkX ∗∗ βi f i i=1
i=1
i=1
X∗
.
Das ist Bedingung (ii) aus Lemma 7.4. Aus Lemma 7.4 (i) folgt also, dass
ein xε ∈ BX existiert, so dass für alle i = 1, . . . , n gilt
|hfi , xε i − αi | < ε ,
132
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
und nach der Definition von αi folgt (7.6) und somit die Behauptung.
Beweis (Satz 7.2, ”⇐”): Sei BX kompakt bezüglich der schwachen Topologie τ (X, X ∗ ). Wir wissen, dass J : X → X ∗∗ stetig bezüglich den starken
Topologien ist und mit Satz 5.17 folgt
J : (X, τ (X, X ∗ )) → (X ∗∗ , τ (X ∗∗ , X ∗∗∗ )) ,
ist stetig. Da τ (X ∗∗ , X ∗ ) gröber ist als τ (X ∗∗ , X ∗∗∗ ) folgt, dass
J : (X, τ (X, X ∗ )) → (X ∗∗ , τ (X ∗∗ , X ∗ ))
stetig ist. Also ist J(BX ) kompakt bezüglich τ (X ∗∗ , X ∗ ). Allgemein gilt, dass
jede kompakte Menge abgeschlossen ist und da wegen Lemma 7.5 J(BX )
dicht in BX ∗∗ bezüglich τ (X ∗∗ , X ∗ ) ist, folgt
J(BX ) = BX ∗∗ .
Nach Skalierung erhält man J(X) = X ∗∗ .
d9.12a 7.7 Lemma. Sei X ein Banachraum und W ⊂ X ein abgeschlossener linea-
rer Unterraum.
Dann sind die beiden schwachen Topologien τ (W, W ∗ ) und
∗ τ (X, X ) W identisch.
Beweis : ⊇“ Sei x ∈ W und sei V eine Umgebung von x bzgl. τ (X, X ∗ )W .
”
OBdA können wir annehmen, dass es fi ∈ X ∗ und ε > 0 gibt, so dass
V = y ∈ X |hfi , x − yi| < ε ∩ W
= y ∈ W |hfi , x − yi| < ε .
W
Da fi W ∈ W ∗ folgt aus Lemma 5.7, dass V eine Umgebung von x bezüglich
τ (W, W ∗ ) ist.
⊆“ Sei x ∈ W und sei V eine Umgebung von x bzgl. τ (W, W ∗ ). OBdA
”
können wir annehmen, dass es fi ∈ W ∗ und ε > 0 gibt, so dass
V = y ∈ W |hfi , x − yi| < ε .
Aus dem Satz von Hahn–Banach folgern, dass es Fortsezungen f˜i ∈ X ∗ von
fi ∈ W ∗ gibt. Also ergibt sich
V = y ∈ X |hf˜i , x − yi| < ε ∩ W ,
d.h. V ist Umgebung von x bezüglich τ (X, X ∗ )W .
3.7. REFLEXIVE RÄUME
133
d9.12 7.8 Lemma. Seien X und Y Banachräume.
(i) Jeder abgeschlossene lineare Unterraum W von X ist reflexiv, falls X
reflexiv ist.
(ii) Sei A : X → Y ein Isomorphismus, d.h. A und A−1 sind linear, stetig,
bijektiv. Dann ist X reflexiv genau dann, wenn Y reflexiv ist.
(iii) X ist reflexiv genau dann, wenn X ∗ reflexiv ist.
Beweis : (i) Da X reflexiv ist, folgt aus Satz 7.2, dass BX kompakt bzgl. der
schwachen Topologie τ (X, X ∗ ) ist. Da W stark abgeschlossen und konvex ist,
folgt aus Satz 5.13, dass W auch schwach abgeschlossen ist. Somit ist BW =
BX ∩W ⊆ W kompakt bzgl. τ (X, X ∗ ). Lemma 7.7 liefert aber τ (X, X ∗ )W =
τ (W, W ∗ ), d.h. BW ist kompakt bezüglich τ (W, W ∗ ). Aus Satz 7.2 folgt also,
dass W reflexiv ist.
(ii) Es reicht zu zeigen:
X reflexiv ⇒ Y reflexiv ,
denn die umgekehrte Richtung folgt daraus sofort, da die Inverse auch ein
Isomorphismus ist. Sei also X reflexiv und A : X → Y ein Isomorphismus.
Insbesondere ist A stetig bzgl. der starken Topologien, woraus mit Satz 5.17
folgt, dass A auch stetig bzgl. der schwachen Topologien ist. Aufgrund von
Satz 7.2 reicht es zu zeigen, dass BY kompakt bzgl. der schwachen Topologie
r
τ (Y, Y ∗ ) ist. Da A surjektiv und linear ist, erhalten wir BY ⊆ A(BX
) mit
r
kompakt bzgl. τ (X, X ∗ ) ist. Da
r = |||A−1 |||. Folgerung 7.3 liefert, dass BX
r
)
A stetig bzgl. der schwachen Topologien ist, erhalten wir also, dass A(BX
∗
kompakt bzgl. τ (Y, Y ) ist. Weiterhin ist BY stark abgeschlossen und konvex
und somit auch schwach abgeschlossen (Satz 5.13). Also ist BY eine schwach
abgeschlossene Teilmenge einer schwach kompakten Menge und somit selbst
schwach kompakt (Kapitel 1.2, Lemma 3.15).
(iii) Nach Satz 6.10 ist BX ∗ kompakt bezüglich der ∗-schwachen Topologie
τ (X ∗ , X). Da X reflexiv ist, ist τ (X ∗ , X) = τ (X ∗ , X ∗∗ ), d.h. BX ∗ ist auch
kompakt bezüglich τ (X ∗ , X ∗∗ ) und dann folgt mit Satz 7.2, dass X ∗ reflexiv
ist.
Sei umgekehrt X ∗ reflexiv. Nach dem gerade gezeigten ist X ∗∗ reflexiv. Da
JX (X) ein abgeschlossener, linearer Unterraum von X ∗∗ ist, ist nach (i)
JX (X) reflexiv und nach (ii) ist also X reflexiv.
d10.20 7.9 Folgerung. Sei X ein reflexiver Banachraum und K eine konvexe, abge-
schlossene, beschränkte Teilmenge. Dann ist K kompakt bezüglich der schwachen Topologie τ (X, X ∗ ).
134
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Beweis : Da K konvex und abgeschlossen ist, folgt mit Satz 5.13, dass K
abgeschlossen ist bzgl. τ (X, X ∗ ) und da K beschränkt ist, gibt es ein r, so
r
r
dass K ⊆ BX
. Nach Folgerung 7.3 ist BX
kompakt bzgl. τ (X, X ∗ ). Somit
folgt mit Lemma 3.15 aus Kapitel 1.2, dass K kompakt ist bzgl. τ (X, X ∗ ).
• Wir wollen nun untersuchen, ob BX auch folgenkompakt ist. Dazu benötigen wir einige Resultate für separable Räume.
d10.21 7.10 Satz. Sei (M, d) ein separabler, metrischer Raum und A ⊆ M eine
Teilmenge. Dann ist auch A separabel.
Beweis : Da M separabel ist, gibt es eine Folge (xn ), die dicht in M liegt.
Sei (rn ) ⊆ R≥0 mit rn & 0. Wähle an,m ∈ A ∩ Brm (xn ), falls A ∩ Brm 6= ∅.
(an,m )n,m∈N ist abzählbar. Sei a ∈ A. Dann gibt es für alle ε > 0 ein xn so,
dass d(a, xn ) < 2ε und ein m ∈ N mit rm < 2ε . Dann ist
d(a, an,m ) ≤ d(a, xn ) + d(xn , an,m ) ≤
ε
+ rm < ε .
2
d10.22 7.11 Satz. Sei X ein Banachraum so, dass X ∗ separabel ist. Dann ist auch
X separabel.
Beweis : Da X ∗ separabel ist, gibt es eine Folge (fn ), die dicht in X ∗ liegt.
Weiterhin gilt:
kfn kX ∗ = sup |hfn , xi| = sup |hfn , xi| .
kxkX ≤1
(7.12) eq:hihi
kxkX =1
Die letzte Gleichheit gilt aufgrund folgender Überlegungen: sup |hfn , xi| ≤
kxkX =1
sup |hfn , xi|, da {kxk = 1} ⊆ {kxk ≤ 1}. Die umgekehrte Ungleichung
kxkX ≤1
kxk
x
x
folgt, da für x 6= 0 gilt: hfn , x kxk
i = kxkhfn , kxk
i ≤ hfn , kxk
i.
Aufgrund von (7.12) gibt es also (xn ) mit kxn k = 1, so dass hfn , xn i ≥ 12 kfn k.
Sei L0 der Vektorraum über Q generiert durch {xn }n∈N , d.h.
N
X
L0 := {x ∈ X x =
qn xn , qn ∈ Q} .
n=1
L0 ist abzählbar, da L0 =
S
n∈N
Λn und Λn = spanQ {x1 , . . . , xn } isomorph zu
Qn ist . Sei L der Vektorraum über R generiert durch {xn }n∈N . Dann gilt:
L0 ⊆ L
und
L0 ist dicht in L .
3.7. REFLEXIVE RÄUME
N
P
In der Tat, sei x =
|qn − αn | ≤
ε
N
135
αn xn ∈ L, dann gibt es zu ε > 0 ein qn ∈ Q so, dass
n=1
und dann ist
kx −
N
X
q n xn k = k
n=1
N
X
n=1
α n xn −
N
X
q n xn k ≤ ε .
n=1
Wenn wir zeigen, dass L dicht in X ist, ist die Behauptung bewiesen, denn
dann ist L0 ⊆ L ⊆ X jeweils dicht, d.h. L0 = L = X. Sei f ∈ X ∗ mit
hf, xi = 0 für alle x ∈ L. Wir wollen zeigen, dass dann schon f = 0 ist, denn
dann folgt mit Folgerung 1.5, dass L = X ist. Zu ε > 0 gibt es ein fn so,
dass kf − fn kX ∗ < ε. Wir erhalten also
1
kfn kX ∗ ≤ hfn , xn i = hfn − f, xn i ≤ ε ,
2
da kxn k = 1. Die Dreiecksungleichung liefert also
kf kX ∗ ≤ kf − fn kX ∗ + kfn kX ∗ < ε + 2ε = 3ε ,
und da ε beliebig war, folgt f = 0, d.h. die Behauptung.
d10.22a 7.13 Folgerung. Sei X ein Banachraum. Dann ist X separabel und reflexiv
genau dann, wenn X ∗ separabel und reflexiv ist.
Beweis : ⇐“: Wenn X ∗ separabel ist, folgt mit Satz 7.11, dass X separabel
”
ist und wenn X ∗ reflexiv ist, ist nach Lemma 7.8 (iii) X reflexiv.
⇒“: Nach Lemma 7.8 (iii) ist X reflexiv genau dann, wenn X ∗ reflexiv
”
ist. Wenn X reflexiv ist, ist außerdem J : X → J(X) = X ∗∗ eine lineare
Isometrie, wenn also (xn ) eine dichte Folge in X ist, ist auch (J(xn )) dicht in
X ∗∗ , d.h. X ∗∗ ist separabel. Dann folgt, dass X ∗ separabel und reflexiv ist.
d10.23 7.14 Satz. Sei X ein separabler Banachraum. Dann ist BX ∗ bezüglich der
∗-schwachen Topologie τ (X ∗ , X) metrisierbar, d.h. es existiert auf BX ∗ eine
Metrik d so, dass die durch sie generierte Topologie auf BX ∗ mit τ (X ∗ , X)
eingeschränkt auf BX ∗ übereinstimmt.
Beweis : Da X separabel ist, gibt es eine Folge (xn ) ⊆ BX , die dicht in
BX liegt. Für f, g ∈ BX ∗ definieren wir die Metrik
d(f, g) :=
∞
X
1
|hf − g, xn i|
n
2
n=1
136
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
und betrachten die dadurch generierte Topologie.
(i) Für f0 ∈ BX ∗ sei V Umgebung von f0 bezüglich τ (X ∗ , X). Wir wollen Bw ab hier we
zeigen, dass es ein r > 0 gibt, so dass
lassen in Vorl.
U := {f ∈ BX ∗ d(f, f0 ) < r} ⊆ V.
OBdA können wir annehmen, dass für ε > 0, yi ∈ X, V die Form hat
V = {f ∈ BX ∗ |hf − f0 , yi i| < ε, i = 1, . . . , k}.
Da
yi
kyi k
∈ BX , gibt es also einen Index ni , so dass
ε 1
yi
− xni <
.
kyi k
4 kyi k
Wähle r > 0 so, dass für alle i = 1, . . . , k gilt
2ni r <
ε
.
2kyi k
Sei f ∈ U , d.h. d(f, f0 ) < r, dann ist auch
i = 1, . . . , k und somit:
1
|hf
2ni
− f0 , xni i| < r für alle
yi
i|
kyi k
yi
≤ kyi k(hf − f0 ,
− xni i| + |hf − f0 , xni i|)
kyi k
yi
≤ kyi k(kf k + kf0 k)
− xni + kyi kr2ni
kyi k
kyi k ε
ε
≤2
+ kyi k
kyi k 4
2kyi k
=ε
|hf − f0 , yi i| = kyi k|hf − f0 ,
(ii) Sei f0 ∈ BX ∗ , r > 0 fest, beliebig. Wir müssen zeigen, dass es eine Umgebung V bezüglich τ (X ∗ , X) gibt mit V ⊆ Brd (f0 ) = {f ∈ BX ∗ d(f, f0 ) <
r} =: U . Sei
V = {f ∈ BX ∗ |hf − f0 , xi i| < ε, i = 1, . . . , k}.
3.7. REFLEXIVE RÄUME
137
Zu wählen ist ε > 0, k ∈ N. Für f ∈ V ist
d(f, f0 ) =
k
∞
X
X
1
1
|hf
−
f
,
x
i|
+
|hf − f0 , xn i|
0
n
n
n
2
2
n=1
n=k+1
≤ε+2
∞
X
1
2n
n=k+1
1
= ε + k−1
2
r r
≤ +
2 2
= r,
1
wenn wir ε < 2r und 2k−1
< 2r wählen.
• Die Umkehrung von Satz 7.14 gilt: Wenn BX ∗ bezüglich τ (X ∗ , X) metrisierbar ist, so ist X separabel.
d10.24 7.15 Satz. Sei X ein Banachraum so, dass X ∗ separabel ist. Dann ist BX
metrisierbar bezüglich der schwachen Topologie τ (X, X ∗ ).
Beweis : Wortwörtlich wie der Beweis von Satz 7.14, vertausche die Rolle
von X und X ∗ .
d10.25 7.16 Folgerung. Sei X ein separabler Banachraum und sei (fn ) ⊆ X ∗
beschränkt. Dann existiert eine Teilfolge (fnk ) ⊆ (fn ), die bezüglich der
∗-schwachen Topologie konvergiert.
Beweis : OBdA sei kfn kX ∗ ≤ 1. Nach Satz 6.10 ist BX ∗ kompakt bezüglich
τ (X ∗ , X) und nach Satz 7.14 ist BX ∗ metrisierbar bezüglich τ (X ∗ , X), aber
nach Kapitel 1 Satz 3.17 sind kompakt und folgenkompakt äquivalent.
d10.26 7.17 Satz. Sei X ein reflexiver Banachraum und (xn ) ⊆ X eine beschränkte
Folge. Dann existiert eine Teilfolge (xnk ) ⊆ (xn ) die bezüglich der schwachen
Topologie konvergiert.
Beweis : OBdA sei kxn k ≤ 1. Sei M0 der Vektorraum über R, der durch
(xn ) generiert wird. Setze M = M0 . Analog zu Satz 7.11 sieht man, dass
M separabel ist. Außerdem ist M ein abgeschlossener, linearer Unterraum
von X, also ist nach Lemma 7.8 (i) M reflexiv und wegen Satz 7.2 ist die
Einheitskugel BM = {x ∈ M kxk ≤ 1} kompakt bezüglich τ (M, M ∗ ).
Da M separabel ist, ist nach Folgerung 7.13 auch M ∗ separabel und somit ist nach Satz 7.15 BM metrisierbar bezüglich der schwachen Topologie
138
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
τ (M, M ∗ ). Nach Kapitel 1 Satz 3.17 ist eine Menge eines metrischen Raumes
kompakt genau dann, wenn sie folgenkompakt ist, also gibt es eine Teilfolge
(xnk ) ⊆ (xn ), die bezüglich τ (M, M ∗ ) konvergiert, d.h. für alle f ∈ M ∗ gilt:
hf, xnk i → hf, xi.
Aber (xnk ) konvergiert auch bezüglich τ (X, X ∗ ), denn für alle f ∈ X ∗ ist
f |M ∈ M ∗ und da (xnk ) ⊆ M erhalten wir
hf, xnk i = hf |M , xnk i → hf |M , xi = hf, xi.
• Es gilt die Umkehrung von Satz 7.17: Sei X ein Banachraum so, dass alle
beschränkten Folgen eine schwach konvergente Teilfolge besitzen. Dann ist
X reflexiv.
d7.2a 7.18 Lemma. Sei C eine abgeschlossene, konvexe Menge eines reflexiven
Banachraumes X. Das Funktional f : C → (−∞, ∞] sei konvex, unterhalbstetig und koerziv, d.h. f (u) → ∞ für kuk → ∞, u ∈ C. Dann besitzt f auf
C ein Minimum. Die Begriffe abgeschlossen“ und unterhalbstetig“ sind
”
”
bezüglich der starken Topologie gemeint.
Beweis : O.B.d.A. können wir annehmen, dass f nichttrivial ist, d.h.
f 6≡ ∞. Sei (un ) ⊂ C eine Minimalfolge von f , d.h.
f (un ) → inf f (v)
v∈C
(n → ∞) .
Aufgrund der Koerzivität von f muss die Folge (un ) beschränkt sein. Also
gibt es nach Satz 7.17 eine schwach konvergente Teilfolge (unk ) mit unk * u0
(k → ∞). Aus Satz 5.13 und Kapitel 1 Lemma 3.8 folgt dann u0 ∈ C. Sei
nun ε > 0 fest, aber beliebig, und sei k0 derart, dass für alle k ≥ k0 gilt:
f (unk ) < inf f (v) + ε .
(7.19) infi
v∈C
Ferner gibt es, aufgrund von Folgerung 5.14, eine Folge (vj ) ⊂ C von konvexen Linearkombinationen der unk , die stark gegen u0 konvergieren, d.h.
Nj
PNj j
P
cjk = 1 und vj → u0 , j → ∞. Wegen der
vj = k=1
ck unk , 0 ≤ cjk ≤ 1,
k=1
Konvexität des Funktionals f und (7.19) folgt
f (vj ) ≤
Nj
X
k=1
cjk
f (unk ) ≤
Nj
X
k=1
cjk inf f (v) + ε = inf f (v) + ε .
v∈C
v∈C
(7.20) infi1
3.7. REFLEXIVE RÄUME
139
In Banachräumen ist die Unterhalbstetigkeit äquivalent zur Bedingung:
Für xn → x0 gilt: f (x0 ) ≤ lim inf f (xn ) .
xn →x0
Beweis hiervon:
”⇒”: f ist unterhalbstetig ⇔ {f ≤ λ0 } abgeschlossen ⇔ {f > λ0 } offen.
Sei xn → x0 und f (x0 ) > lim inf f (xn ) =: λ0 , dann gibt es ein ε0 > 0 mit
x0 ∈ {f > λ0 + ε0 } offen. Also gibt es ein r > 0 mit Br (x0 ) ⊆ {f > λ0 + ε0 }.
Weiterhin gibt es ein n0 , so dass für alle n ≥ n0 gilt xn ∈ {f > λ0 + ε0 }, d.h.
f (xn ) > λ0 + ε0 , ein Widerspruch zur Definition von λ0 = lim inf f (xn ).
n→∞
”⇐”: Sei {f ≤ λ0 } nicht abgeschlossen, dann gibt es eine Folge (xn ), xn → x0 ,
xn ∈ {f ≤ λ0 } und f (x0 ) > λ0 . Dann ist λ0 < f (x0 ) ≤ lim inf f (xn ) ≤ λ0 ,
n→∞
ein Widerspruch.
Aber vj → u0 , also erhalten wir aus (7.20)
f (u0 ) ≤ lim inf f (vj ) ≤ inf f (v) + ε .
j→∞
v∈C
Da ε > 0 beliebig war, ergibt sich f (u0 ) = inf f , d.h. das Minimum wird
C
angenommen.
d10.29 7.21 Definition. Ein Banachraum heißt gleichmäßig konvex genau
dann, wenn für alle ε > 0 ein δ > 0 existiert so, dass für alle x, y ∈ BX , d.h.
kxk ≤ 1, kyk ≤ 1, mit kx − yk > ε folgt k x+y
k < 1 − δ.
2
• X ist gleichmäßig konvex ⇒ BX ist ”rund”
Beispiele - R2 mit der euklidischen Metrik, dann kann man ε und δ
explizit berechnen.
- R2 mit der Norm kxk := |x1 | + |x2 | ist nicht gleichmäßig konvex.
- Lp (Ω), 1 < p < ∞ ist gleichmäßig konvex,
- L1 , L∞ , C(Ω) nicht.
d10.30 7.22 Satz (Milman-Pettis). Jeder gleichmäßig konvexe Banachraum ist
reflexiv.
Beweis : Sei ω ∈ X ∗∗ mit kωk = 1. Zu zeigen ist, dass ω ∈ J(BX ) ist,
dann folgt durch Skalieren die Behauptung. J(BX ) ist abgeschlossen. In der
Tat, sei (ωn ) ⊆ J(BX ) eine Folge mit ωn → ω in X ∗∗ . Es gibt eine Folge
(xn ) ⊆ BX mit ωn = J(xn ), dann gilt:
kxn − xm k = kJ(xn ) − J(xm )k = kωn − ωm k ,
140
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
und da (ωn ) eine Cauchyfolge ist, ist es auch (xn ), es gibt also ein x ∈ BX :
xn → x. Dann gilt auch
ωn = J(xn ) → J(x),
d.h. ω ∈ J(BX ). Es reicht also zu zeigen, dass es für alle ε > 0 ein x ∈ BX
gibt mit
kω − J(x)k ≤ ε.
Sei also ε > 0, dann gibt es ein δ aus Definition 7.21. Sei f ∈ X ∗ , kf k ≤ 1
und
δ
(7.23) d10.31
hω, f i > 1 − .
2
Diese Wahl ist möglich, da kf k = sup hω, f i. Setze
kωkX ∗∗ ≤1
n
δo
V := η ∈ X ∗∗ |hη − ω, f i| <
.
2
Dies ist eine Umgebung von ω bezüglich τ (X ∗∗ , X ∗ ). Nach Lemma 7.5 ist
J(BX ) dicht in BX ∗∗ bzgl. τ (X ∗∗ , X ∗ ), also ist J(BX ) ∩ V 6= ∅. Sei x ∈ BX
mit J(x) ∈ V . Wir zeigen durch einen Widerspruch:
ω ∈ J(x) + εBX ∗∗ .
Sei also ω ∈ X ∗∗ \ (J(x) + εBX ∗∗ ) =: W . Da BX ∗∗ kompakt bzgl. τ (X ∗∗ , X ∗ )
ist, ist BX ∗∗ auch abgeschlossen bzgl. BX ∗∗ , d.h. W ist offen bezüglich
τ (X ∗∗ , X ∗ ) und somit ist W eine offene Umgebung von ω. Nach Lemma
7.5 ist (V ∩ W ) ∩ J(BX ) 6= ∅, es gibt also ein x̂ ∈ BX : J(x̂) ∈ V ∩ W . Aus
J(x̂) ∈ V und J(x) ∈ V folgt
|hf, xi − hω, f i| = |hJ(x), f i − hω, f i| <
und
δ
2
δ
|hf, x̂i − hω, f i| < .
2
Also gilt
kf k≤1
2hω, f i < δ + hf, x + x̂i ≤ δ + kx + x̂k.
Mit (7.23) gilt dann
δ
δ x + x̂ .
1 − < hω, f i < + 2
2
2 Da X gleichmäßig konvex ist, ist kx − x̂k ≤ ε, aber J(x̂) ∈ W und somit
kx − x̂k = kJ(x) − J(x̂)k > ε, ein Widerspruch.
3.7. REFLEXIVE RÄUME
141
traumreflexiv 7.24 Folgerung. Ein Hilbertraum ist gleichmäßig konvex und somit reflexiv.
Beweis : Seien u, v ∈ H mit kuk, kvk ≤ 1 und ku − vk > ε. Mit der
Parallelogrammgleichung (1.3) aus Kapitel 2 folgt
u + v 2
u 2
v 2 u − v 2
= 2 + 2 − 2
2
2
2
1 1 ε2
≤ + − ,
2 2
4
H ist also gleichmäßig konvex und Satz 7.22 liefert, dass H reflexiv ist.
d10.31a 7.25 Satz. Sei X ein gleichmäßig konvexer Banachraum und sei (xn ) ⊆ X
eine Folge, die schwach gegen x konvergiert und
lim sup kxn k ≤ kxk
n→∞
erfüllt. Dann konvergiert xn stark gegen x.
Beweis : OBdA sei x 6= 0. Sei λn := max(kxn k, kxk), dann ist sofort klar,
dass λn → kxk. Außerdem definieren wir
yn :=
xn
,
λn
y :=
x
.
kxk
Aus xn * x folgt, dass yn * y, denn für f ∈ X ∗ gilt:
xn
xn
xn
x
−
i| + |hf,
−
i|
λn kxk
kxk kxk
1
1 1
≤ kf kX ∗ kxn k +
−
|hf, xn − xi| → 0.
| {z } λn kxk
{z
}
kxk |
{z
}
→0
≤K |
|hf, yn i − hf, yi| ≤ |hf,
→0
Wir wissen, dass kyk ≤ lim inf k yn2+y k, aber da kyk = 1 und kyn k ≤ 1 folgt
n→∞
1 ≤ lim inf k
n→∞
yn + y
1
k ≤ lim sup (kyn k + kyk) = 1.
2
n→∞ 2
Somit folgt k yn2+y k → 1 und da X gleichmäßig konvex ist, folgt yn − y → 0,
also auch xn → x.
142
3.8
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Die Lebesgueräume
In diesem Abschnitt wollen wir grundlegende Eigenschaften der Lebesgueräume beweisen.
e2.3 8.1 Satz. Sei 1 < p < ∞. Dann ist Lp (Ω) gleichmäßig konvex und somit
reflexiv.
1
Beweis : Seien u, v ∈ Lp (Ω) mit kukp , kvkp ≤ 1 und ku − vkp > ε p . Sei
ϕ : R → R≥0 : s 7→ |s|p ,
Für alle ε ∈ (0, 1) gibt es ein δ > 0, so dass für alle a, b ∈ R mit |a − b| ≥
p1
ε
max(|a|, |b|) gilt:
p+1
2
a + b 1 − δ
ϕ
≤
ϕ(a) + ϕ(b) .
(8.2) e2.4
2
2
Der Beweis dieser Aussage folgt im nächsten Lemma. Setze nun
ε 1
A := {x ∈ Ω |u(x) − v(x)| ≥ p+1 p max(|u(x)|, |v(x)|)},
2
dann folgt aus (8.2), dass für alle x ∈ A gilt:
u(x) + v(x) 1
ϕ
≤ (1 − δ) ϕ(u(x)) + ϕ(v(x)) .
2
2
(8.3) e2.5
Weiterhin gilt
Z
Z Z 1
u + v
u + v
dx ≥
dx
ϕ(u) + ϕ(v)dx − ϕ
1− ϕ
2
2
2
Ω
Ω
Ω
Z
Z
u + v 1
≥
ϕ(u) + ϕ(v)dx − ϕ
dx
2
2
A
A
Z
Z
(8.3) 1
1−δ
≥
ϕ(u) + ϕ(v)dx −
ϕ(u) + ϕ(v)dx
2
2
A
ZA
δ
=
ϕ(u) + ϕ(v)dx,
2
A
wobei wir kukp , kvkp ≤ 1; die Zerlegung Ω = (Ω \ A) ∪ A und die Konvexität
von ϕ auf Ω \ A benutzt haben. Insgesamt erhalten wir also
Z Z
u+v
δ
1− ϕ
dx ≥
ϕ(u) + ϕ(v)dx.
(8.4) e2.6
2
2
Ω
A
3.8. DIE LEBESGUERÄUME
143
p1
ε
(|u(x)| + |v(x)|), also ϕ(u − v) <
Für x ∈ Ω \ A ist |u(x) − v(x)| < 2p+1
p1
ε
ε
ϕ 2p+1 (|u| + |v|) ≤ 2p+1 ϕ(|u| + |v|), da ϕ(s) = |s|p . Wenn wir nun das
Integral über Ω \ A bilden, erhalten wir:
Z
Z
ε
ϕ(u − v)dx < p+1
ϕ(|u| + |v|) dx
2
Ω\A
Ω\A
Z
ε p−1
≤ p+1 2
ϕ(u) + ϕ(v) dx
(8.5) e2.7
2
Ω\A
ε
≤ ,
2
1
da ϕ(|u|+|v|) = ϕ( 2 (2 |u|+2 |v|)) = 12 (ϕ(2 |u|)+ϕ(2 |v|)) = 2p−1 (ϕ(u)+(ϕ(v))
und kukp , kvkp ≤ 1. Also Aus (8.5) folgt
Z
Z
Z
ϕ(u − v)dx = ϕ(u − v)dx −
ϕ(u − v)dx
A
Ω
Ω\A
Z
(8.5)
ϕ(u − v)dx −
>
ε
2
Ω
>
ε
2
1
aufgrund von ku − vkp > ε p . Also gilt
Z
Z
ε
p−1
< ϕ(u − v)dx ≤ 2
ϕ(u) + ϕ(v)dx
2
A
A
Z (8.4)
u + v p−1 2
≤ 2
1− ϕ
dx
δ
2
Ω
d.h.
u + v p u + v p
ε
2p εδ
<
1−
⇐⇒ ≤ 1 − p+1
2
δ
2
2
2
p
p
u + v ⇐⇒ ≤ 1 − δ̃(δ, ε, p)
2
p
Lp (Ω) ist also gleichmäßig konvex und Satz 7.22 liefert, dass H reflexiv ist.
8.6 Lemma. Sei ϕ : R → R≥0 : s 7→ |s|p . Für alle ε ∈ (0, 1) gibt es ein
p1
ε
δ > 0, so dass für alle a, b ∈ R mit |a − b| ≥ 2p+1
max(|a|, |b|) gilt:
a + b 1 − δ
ϕ
≤
ϕ(a) + ϕ(b) .
2
2
144
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Beweis : Da ϕ achsensymmetrisch ist, reicht es den Fall a > |b| ≥ 0
zu zeigen. Somit existiert ein τ ∈ [−1, 1], so dass b = τ a. Aufgrund der
p1
ε
], denn für τ ≥ 0 gilt
Voraussetzung folgt sogar τ ∈ [−1, 1 − 2p+1
(1 − τ )a = a − b ≥
Für τ ∈ [−1, 1 −
ε
2p+1
p1
ε p1
2p+1
a
⇔
1−
ε p1
2p+1
≥ τ.
] gilt:
a + b
1
1
ϕ
= p (a + b)p = p (1 + τ )p ap ,
2
2
2
1−δ p
1−δ
1
(a + ap |τ |p ) =
(1 + |τ |p )ap .
(1 − δ) ϕ(a) + ϕ(b) =
2
2
2
Die behauptete Ungleichung gilt also genau dann, wenn
1 (1 + τ )p
≤1−δ
2p−1 1 + |τ p |
für alle τ ∈ [−1, 1 −
(1+τ )p
1
2p−1 1+|τ |p
≤
1
2p−1
ε
2p+1
(8.7) g.3.8.1
p1
] gilt. Der Fall τ ∈ [−1, 0] ist aufgrund von
p1
ε
] betrachten wir die Hilfsklar und falls τ ∈ [0, 1 − 2p+1
p
1 (1+τ )
funktion f (τ ) = 2p−1
. Diese ist im Intervall [0, 1] streng monoton wach1+τ p
send, denn es gilt
f 0 (τ ) =
p(1 + τ )p−1 (1 − τ p−1 )
>0
(1 + τ p )2
für alle τ ∈ [0, 1). Wegen f (1) = 1 folgt (8.7) für alle τ ∈ [0, 1 −
Nun betrachten wir die Dualräume.
ε
2p+1
p1
].
e2.9 8.8 Satz (Riesz). Sei 1 < p < ∞ und sei f ∈ (Lp (Ω))∗ . Dann existiert
0
genau eine Funktion g ∈ Lp (Ω),
1
p
+
1
p0
= 1, so dass für alle u ∈ Lp (Ω) gilt:
Z
hf, ui =
gu dx.
(8.9) e2.10
Ω
Weiterhin gilt:
kgkp0 = kf k(Lp (Ω))∗ .
0
(8.10) e2.11
Umgekehrt definiert jedes g ∈ Lp (Ω) durch (8.9) ein stetiges lineares Funktional auf Lp (Ω).
3.8. DIE LEBESGUERÄUME
145
0
Beweis : Wir definieren die Abbildung T : Lp (Ω) → (Lp (Ω))∗ durch:
Z
0
hT g, ui := gu dx
u ∈ Lp (Ω), g ∈ Lp (Ω).
Ω
Offensichtlich ist T linear. Außerdem folgt mit der Hölder-Ungleichung
|hT g, ui| ≤ kgkp0 kukp ,
d.h. T g ∈ (Lp (Ω))∗ und somit
kT gk(Lp )∗ ≤ kgkp0 ,
(8.11) e2.12
und die Rückrichtung ist bewiesen. Nun beweisen wir (8.10). Wähle dazu
(
0
|g(x)|p −2 g(x) für g(x) 6= 0,
u0 (x) =
0
für g(x) = 0.
Offensichtlich ist u0 ∈ Lp (Ω), denn mit p0 =
Z
Z
p
|u0 | dx =
Ω
(p0 −1)p
|g|
p
p−1
Z
und p0 − 1 =
gilt
p
|g| p−1 dx < ∞,
dx =
Ω
{g6=0}
1
0
0
1
p−1
da g ∈ Lp (Ω). Also ist ku0 kpp = kgkpp0 und somit ku0 kp = kgkpp−1
, d.h. u0 ist
0
also eine zulässige Testfunktion. Wenn wir diese einsetzen, ergibt sich
Z
Z
0
0
p0 −2
hT g, u0 i = g|g|
g dx = |g|p = kgkpp0
Ω
Ω
und somit
kgkp0 =
hT g, u0 i
0
kgkpp0 −1
=
kT gk(Lp )∗ ku0 kp
hT g, u0 i
≤
= kT gk(Lp )∗ .
ku0 kp
ku0 kp
Zusammen mit (8.11) haben wir die Isometrieeigenschaft (8.10) bewiesen. Es
0
bleibt zu zeigen, dass T surjektiv ist. Sei E := T (Lp (Ω)) = R(T ), E ist also
ein linearer Unterraum von (Lp (Ω))∗ . Da T eine lineare Isometrie ist, ist E
abgeschlossen. In der Tat, sei (un ) eine Folge in Lp (Ω), so dass T un → v in
(Lp (Ω))∗ konvergiert. Dann ist
kT (un − um )k(Lp )∗ = kun − um kp ,
146
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
also ist auch (un ) eine Cauchyfolge und konvergiert somit gegen ein u in
Lp (Ω), d.h. T un → T u = v.
Es reicht zu zeigen, dass E dicht in (Lp (Ω))∗ ist. Dazu sei ϕ ∈ (Lp (Ω))∗∗ so,
dass
0
hϕ, T gi(Lp )∗∗ ,(Lp )∗ = 0
∀ g ∈ Lp (Ω),
d.h. ϕ ∈ E ⊥ ⊆ (Lp (Ω))∗∗ , wobei wir E ⊥ bezüglich des Grundraums
X = (Lp (Ω))∗ betrachten. Da Lp (Ω) reflexiv ist, ist J : Lp (Ω) → (Lp (Ω))∗∗
surjektiv. Also gibt es ein h ∈ Lp (Ω) mit ϕ = Jh und somit
hϕ, T gi = hJh, T gi = hT g, hi,
d.h.
Z
0
∀ g ∈ Lp (Ω).
gh dx = 0
Ω
p−2
R
Nun wählen wir g = |h| h und erhalten |h|p dx = 0, woraus folgt h = 0
0
fast überall. Oder man folgert aus C0∞ (Ω) dicht in Lp (Ω), dass nach dem
Fundamentallemma der Variationsrechnung h = 0 ist. Dann ist auch ϕ = 0
und somit E ⊥ = {0}. In den Übungen haben wir gezeigt, dass dann E dicht
in (Lp (Ω))∗ ist (vgl. Folgerung 2.6 in Kapitel 2).
0
Zur Eindeutigkeit: Seien g1 , g2 ∈ Lp (Ω) mit
Z
Z
hf, ui = g1 u dx = g2 u dx.
Ω
p
Dann ist für alle u ∈ L (Ω) : 0 =
Ω
R
(g1 − g2 )u dx und mit den gleichen
Ω
Argumenten wie oben folgt, dass g1 = g2 fast überall ist.
• Wir haben gezeigt, dass für 1 < p < ∞ die lineare, surjektive Isometrie
aus (8.9) existiert. Wir können also die beiden Räume identifizieren:
0
(Lp (Ω))∗ ∼
= Lp (Ω).
Die Fälle p = 1 und p = ∞ sind schwieriger. Man kann zeigen:
e2.13 8.12 Satz. Sei f ∈ (L1 (Ω))∗ . Dann existiert genau eine Funktion g ∈ L∞ (Ω)
so, dass für alle u ∈ L1 (Ω) gilt:
Z
hf, ui =
gu dx.
(8.13) e2.14
Ω
Weiterhin gilt:
kgk∞ = kf k(L1 )∗ .
Umgekehrt definiert jedes g ∈ L∞ (Ω) durch (8.13) ein stetiges, lineares Funktional auf L1 (Ω).
3.8. DIE LEBESGUERÄUME
147
• Identifiziere (L1 (Ω))∗ ∼
= L∞ (Ω) durch linearen, surjektiven Isomorphismus
aus (8.13).
e2.18 8.14 Folgerung. L1 (Ω) ist nicht reflexiv.
Beweis : OBdA sei 0 ∈ Ω. Betrachte fn = αn χB 1 (0) , αn = |B 1 (0)|−1 . Also
n
n
gibt es ein n0 derart, dass B 1 (0) ⊆ Ω, d.h. für alle n ≥ n0 gilt kfn kL1 (Ω) = 1.
n0
Wenn L1 (Ω) reflexiv wäre, dann gäbe es mit Satz 7.17 eine Teilfolge, (fnk ) ⊆
(fn ), so dass
fnk * f in L1 (Ω).
Da (L1 (Ω))∗ = L∞ (Ω) heißt das für alle g ∈ L∞ (Ω)
Z
Z
fnk g dx →
f g dx.
Ω
(8.15) e2.19
Ω
Für g ∈ C0 (Ω \ {0}) und k groß genug ist
R
gfnk dx = 0. Daraus und aus
Ω
(8.15) folgt:
Z
f g dx = 0
∀ g ∈ C0 (Ω \ {0}).
Ω
Dann liefert das Fundamentallemma der Variationsrechnung f = 0 fast überall in Ω \ {0}, also f = 0 fast überall in Ω. Aber wenn man in (8.15) g = 1
setzt, folgt
Z
Z
fnk →
1=
Ω
f = 0,
Ω
ein Widerspruch.
e2.20 8.16 Folgerung. L∞ (Ω) ist nicht reflexiv.
Beweis : Aus Satz 8.12 wissen wir, dass L∞ (Ω) = (L1 (Ω))∗ , aber in Satz
7.8 (iii) haben wir gezeigt, dass X reflexiv ist genau dann, wenn X ∗ reflexiv
ist. Folgerung 8.14 besagt aber, dass L1 (Ω) nicht reflexiv ist. Also ist auch
L∞ (Ω) nicht reflexiv.
• Dualraum von L∞ : Sei Ω ⊆ Rn offen und B Menge der Lebesgue-messbaren
Teilmengen von Ω.
e2.21 8.17 Definition. Eine Mengenfungtion ϕ : B → R heißt additiv, wenn für
beliebige disjunkte Mengen A, C ∈ B gilt:
ϕ(A ∪ C) = ϕ(A) + ϕ(C).
148
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
Für A ∈ B wird mit
Vϕ (A) :=
sup
|ϕ(C)|
(8.18) e2.22
C⊆A, C∈B
die Variation von ϕ auf A bezeichnet. Man sagt, dass ϕ von beschränkter Variation ist, wenn Vϕ (Ω) < ∞. ϕ heißt absolutstetig bezüglich des
Lebesguemaßes, wenn aus |B| = 0 folgt, dass ϕ(B) = 0 ist.
e2.30 8.19 Satz. Sei f ∈ (L∞ (Ω))∗ . Dann existiert genau eine additive, absolut-
stetige Mengenfunktion ϕ mit beschränkter Variation so, dass
Z
∀ u ∈ L∞ (Ω).
hf, ui = u dϕ
(8.20) e2.31
Ω
Weiterhin gilt
kf k(L∞ (Ω))∗ = kϕkBV .
(8.21) e2.32
Umgekehrt definiert jede solche Mengenfunktion durch (8.20) ein stetiges,
lineares Funktional auf L∞ (Ω).
R
Dabei ist das Radonintegral Ω u dϕ wie folgt zu verstehen. Für u ∈ L∞ (Ω)
sei `0 , `1 < . . . < `N +1 eine Zerlegung des Bildbereiches von u, d.h.
− kukL∞ (Ω) > `0 , kukL∞ (Ω) < `N +1 . Dann nennt man max |`i+1 − `i | =: F (`)
i
die Feinheit der Zerlegung. Definiert man nun
Ai+1 := {x ∈ Ω `i ≤ u(x) < `i+1 }
und wählt αi ∈ [`i , `i+1 ] beliebig, so definiert
s` :=
N
X
αi χAi+1
i=0
eine Treppenfunktion, für die das Radonintegral definiert wird durch
Z
s` dϕ :=
N
X
αi ϕ(Ai+1 ).
i=0
Ω
Weiterhin kann man zeigen, dass
lim
F (`)→0
N
X
i=0
αi ϕ(Ai+1 )
3.8. DIE LEBESGUERÄUME
149
existiert und unabhängig von der Wahl der Zerlegung und der Wahl der αi
ist. Somit definiert man
Z
N
X
u dϕ := lim
αi ϕ(Ai+1 ).
F (`)→0
Ω
i=0
Weiterhin definiert man kϕkBV = supkukL∞ (Ω) ≤1
R
Ω
u dϕ.
bsp8.23 8.22 Beispiel.
Sei g ∈ L1 (Ω). Betrachte
Z
Z
gχA dx,
g dx =
ϕ(A) :=
Ω
A
dann ist ϕ : B → R ist additiv, denn wenn A∩C = ∅ ist, ist χA∪C = χA +χC .
ϕ ist absolutstetig, denn wenn |A| = 0, d.h. χA = 0, dann ist auch ϕ(A)
= 0.
R
Außerdem ist ϕ von beschränkter Variation, denn Vϕ (Ω) = sup | g dx| ≤
A∈B A
R
1
∞
sup |g|dx ≤ kgk1 , d.h. L (Ω) ⊆ BV . Sei u ∈ L (Ω). Dann ist
A Ω
Z
u dϕ = lim
X
F (`)→0
i
Ω
= lim
αi` ϕ(A`i+1 )
X
F (`)→0
αi`
Z
g dx
A`i+1
= lim
Z X
F (`)→0
Ω
αi` χA`i+1 g dx
i
Z
=
ug dx.
Ω
• Beispiel 8.22 impliziert L1 (Ω) ⊆ (L∞ (Ω))∗ . Nicht alle f ∈ (L∞ (Ω))∗ sind
durch L1 -Funktionen generiert. Sei 0 ∈ Ω und sei
f0 : C0 (Ω) → R : u 7→ u(0).
Dann ist f0 ∈ (C0 (Ω))∗ und C0 (Ω) ⊆ L∞ (Ω).1 Nach dem Satz von
Hahn-Banach gibt es eine Fortsetzung f ∈ (L∞ (Ω))∗ mit f |C0 (Ω) = f0 und
Die Formulierung C0 (Ω) ⊆ L∞ (Ω) ist etwas unpräzise, genauer meint man den Unterraum X von L∞ (Ω), so dass für alle Äquivalenzklassen [h] ∈ X ein Repräsentant
h ∈ C0 (Ω) existiert. Wie üblich wird auch hier auf die genaue Unterscheidung von Funktion und Äquivalenzklasse verzichtet.
1
150
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
kf k(L∞ )∗ ≤ 1. Sei g ∈ L1 (Ω) mit
Z
hf, ui = ug dx
∀ u ∈ L∞ (Ω).
Ω
Für u ∈ C0 (Ω \ {0}) ⊆ C0 (Ω) ⊆ L∞ (Ω) gilt
Z
ug dx = hf, ui = u(0) = 0.
Ω
Mit dem Fundamentallemma der Variationsrechnung ist dann g = 0 fast
überall in Ω \ {0}, also auch fast überall in Ω. Für u0 ∈ C0 (Ω) mit u0 (0) 6= 0
folgt u0 (0) = hf, u0 i = 0, ein Widerspruch.
e2.33 8.23 Satz. Sei 1 ≤ p < ∞. Dann ist Lp (Ω) separabel.
Beweis : Wir gehen wie in Kapitel 1 vor, wo wir gezeigt haben, dass L2 (Ω)
separabel ist.
Man kann zeigen (siehe Alt, Lineare Funktionalanalysis oder Brezis, Functional Analysis):
e2.35 8.24 Satz. L∞ (Ω) ist nicht separabel.
Wir wollen kurz die Eigenschaften von Lp (Ω) zusammenfassen:
0
• 1 < p < ∞ : separabel, reflexiv (Lp )∗ ∼
= Lp , gleichmäßig konvex
• p = 1 : separabel, (L1 )∗ ∼
= L∞ , nicht reflexiv
• p = ∞ : nicht separabel, nicht reflexiv, (L∞ )∗ % L1
• 1 < p < ∞ : Da Lp reflexiv ist, ist nach Satz 7.2
BLp = {f ∈ Lp kf kp ≤ 1}
0
kompakt bezüglich der schwachen Topologie τ (Lp , Lp ). Wenn (fn ) eine
beschränkte Folge ist, gibt es nach Satz 7.17 eine Teilfolge (fnk ) ⊆ (fn )
mit
fnk * f
in Lp .
• p = ∞ : Aus Satz 6.10 und da (L1 )∗ ∼
= L∞ folgt, dass
BL∞ = {f ∈ L∞ kf k∞ ≤ 1}
kompakt bzgl. der ∗-schwachen Topologie τ (L∞ , L1 ) ist. Wegen Folgerung 7.16 und Satz 8.23 gibt es für jede beschränkte Folge (fn ) in L∞
eine Teilfolge (fnk ) ⊆ (fn ) mit
∗
fnk + f
in L∞ .
3.8. DIE LEBESGUERÄUME
151
Wir wollen nun diese Resultate auf Sobolevräume übertragen.
8.25 Definition. Sei Ω ⊂ Rn eine offene Menge und sei u ∈ L1loc (Ω). Eine
Funktion ui ∈ L1loc (Ω) heißt schwache Ableitung von u bezüglich der i-ten
Variablen, wenn
Z
Z
u Di ϕ dx = − ui ϕ dx
für alle ϕ ∈ C0∞ (Ω)
Ω
Ω
gilt. Die schwache Ableitung wird mit Di u oder auch ∂i u bezeichnet.
8.26 Definition. Für 1 ≤ p ≤ ∞ ist der Sobolevraum W 1,p (Ω) analog zu
Definition 1.15 in Kapitel 2 durch
W 1,p (Ω) := {u ∈ Lp (Ω) | schwache Ableitung Di u ∈ Lp (Ω), i = 1, . . . , n}
definiert und mit der Norm kuk1,p := kukpp +
Pn
p
i=1 kDi ukp
p1
versehen.
Sobolevraum 8.27 Satz. Sei 1 < p < ∞. Der Raum W 1,p (Ω) ist ein Banachraum, der
separabel, reflexiv und gleichmäßig konvex ist.
Beweis : Zuerst zeigen wir, dass W 1,p (Ω) ein Banachraum ist. Sei (un )n∈N
eine Cauchyfolge in W 1,p (Ω). Aus der Definition der Norm auf W 1,p (Ω) folgt
dann, dass (un )n∈N und (Di un )n∈N für jedes i = 1, . . . , n Cauchyfolgen in
Lp (Ω) sind. Da Lp (Ω) ein Banachraum ist, existieren Funktionen u, gi ∈
Lp (Ω), so dass
un → u
Di un → gi
in Lp (Ω),
in Lp (Ω).
Sei nun ψ ∈ C0∞ (Ω) beliebig. Da starke Konvergenz schwache Konvergenz
impliziert, folgt
Z
Z
Z
Z
u Dj ψ dx ←
un Dj ψ dx =
ψ Dj un dx →
ψ gj dx
Ω
Ω
Ω
Ω
und somit gilt Di u = gi und u ∈ W 1,p (Ω).
n+1
Mit Hilfe der Isometrie T : W 1,p (Ω) → Lp (Ω)
: u 7→ (u, ∇u) folgt, dass
n+1
W 1,p (Ω) ein abgeschlossener Unterraum von Lp (Ω)
versehen mit der
1
Pn+1
p p
ist. Offensichtlich ist das Produkt separabler
Norm kf k :=
i=1 kfi kp
Räume separabel. Aus Satz 6.11 und Satz 7.2 folgt sofort, dass das Produkt
reflexiver Räume reflexiv ist. Dies
n+1und die Reflexivität und Separabilität von
p
p
L (Ω) implizieren, dass L (Ω)
reflexiv und separabel ist. Mit Lemma 7.8
152
3. ALLGEMEINE LINEARE FUNKTIONALANALYSIS
und Satz 7.10 folgt somit, dass auch W 1,p (Ω) separabel und reflexiv ist. Analog zum Beweis von Satz 8.1 kann man zeigen, dass das Produkt gleichmäßig
konvexer Räume gleichmäßig konvex ist. Man ändert dazu die Menge A dort
wie folgt:
A := {j ∈ {1, . . . , n + 1} kuj − vj kp ≥
ε p1
2p+1
max(kuj kp , kvj kp )},
und ersetzt die Integration durch Summation. Dies und Satz 8.1 liefern sofort,
dass W 1,p (Ω) gleichmäßig konvex ist.
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