Entgeltliche Einschaltung AIT-Innovation EpiScan Automatische Erkennung epileptischer Anfälle Das vom AIT * entwickelte Softwaresystem EpiScan erkennt epileptische Anfälle bereits beim Auftreten und ist dank der hohen Trefferquote das erste System, das für den klinischen Einsatz geeignet ist. Zudem kann die EEG-Auswertung durch die automatische Analyse verbessert und ökonomisiert werden. Redaktion: Maria Uhl Bei Epilepsie sind für eine genaue Diagnosestellung in vielen Fällen EEG-Langzeitableitungen erforderlich. Einerseits ist das EEG zur Abgrenzung epileptischer von nichtepileptischen Anfällen wichtig, andererseits kann das EEG auch entscheidend für die Zuordnung zu einer bestimmten Epilepsieform und die genaue Lokalisation des betroffenen Hirnareals sein. Dies ist besonders bei einem geplanten epilepsiechirurgischen Eingriff von Bedeutung, da die Möglichkeit einer Operation von der Lokalisation des dem epileptischen Anfalls zugrunde liegenden Hirnareals abhängt. Die für die prächirurgische Abklärung notwendigen EEG-Langzeitableitungen von bis zu einer Woche mussten bisher manuell/visuell analysiert werden. Ein Verfahren, das bei den großen Datenmengen sehr zeitaufwendig und auch fehleranfällig ist. Allein die Datenauswertung von 24 Stunden nimmt rund 2 bis 3 Stunden in Anspruch und erfordert viel Erfahrung sowie eine hohe Konzentration, um nicht Anfälle zu übersehen. Schnellere Diagnose Von Experten des AIT Safety & Security Department wurde nun in enger Zusammenarbeit mit Prim. Univ.-Prof. DI Dr. Christoph Baumgartner, Neurologisches Zentrum Rosenhügel im Krankenhaus Hietzing, mit „EpiScan“ eine weltweit einzigartige Technologie entwickelt, die es erstmals ermöglicht, epileptische Anfälle bereits zum Zeitpunkt des Auftretens automatisch zu erkennen und im Echtzeitbetrieb das medizinische Personal zu alarmieren. Die ständige, Tag und Nacht gleichbleibende Überwachung erhöht die Sicherheit für die Patienten und verbessert die Diagnostik, da neuropsychologische Untersuchungen bereits während des Anfalls durchgeführt werden können. Gleichzeitig wird der Analyseprozess mithilfe der Software EpiScan erheblich beschleunigt, wie Dr. Tilmann Kluge, Leiter der AIT-Forschungsgruppe „Advanced Algorithms for Brain Signal Analysis“, ausführt: „Die Software, die verschiedene epilepsietypische Muster im EEG erkennt, führt zu einer Objektivierung der Datenanalyse und erleichtert die Befundung. Der Neurologe bekommt eine Liste von Zeitpunkten, wo das System annimmt, dass eine pathologische Aktivität vorliegt, die er durchsehen muss, ob es sich tatsächlich um einen Anfall gehandelt hat oder nicht. Er kann sich somit auf die relevanten EEG-Abschnitte konzentrieren.“ 66 Zuverlässige Anfallserkennung Die Software erlaubt eine zuverlässige Anfallserkennung mit einer geringen Fehleralarmquote. Untersuchungen zeigen laut Kluge bei Temporallappenepilepsien eine durchschnittliche Sensitivität von 80–90 %. Wird das gesamte Patientenkollektiv einer EpilepsieMonitoring-Unit mit allen speziellen Fällen und seltenen Epilepsieformen inkludiert, reduziert sich die Sensitivität auf 78 % bzw. – wie in einer laufenden niederländischen Studie – auf 81 %. Der mittlere Zeitraum bis zu einem Fehlalarm liegt bei 3 bis 4 Stunden. Das System wurde an sehr großen Datenmengen von mehr als 30.000 EEG-Stunden entwickelt und getestet, um eine breite Basis für statistische Verfahren und Algorithmen zu haben. „Um das komplexe EEG-Signal auch mathematisch-technisch am Computer fassen zu können, war eine Entwicklungszeit von einigen Jahren notwendig. Wesentlich schwieriger als das Erkennen von Anfällen war die Unterscheidung von Fehlalarmen. Muskelbewegungen, wie z. B. Augenzwinkern, sind ja rhythmische Aktivitäten, die sich als starke rhythmische Signale im EEG zeigen“, so der Experte. Außerdem sei das EEG von Mensch zu Mensch sehr verschieden. Das System versuche automatisch zu bestimmen, was ein normales EEG des jeweiligen Patienten ist und fange darüber hinaus noch bestimmte Tag-Nacht-Schwankungen ab. Erst durch diesen entscheidenden Schritt sei die geringe Fehlalarmquote möglich geworden. Im Neurologischen Zentrum Rosenhügel des Krankenhauses Hietzing und im Allgemeinen Krankenhaus Wien laufen derzeit klinische Studien mit dem EpiScan, die demnächst abgeschlossen werden. „Die bisherigen Ergebnisse sind sehr positiv und bestätigen auch im klinischen Einsatz die bisherigen Erfahrungen aus unserem Datenpool von ca. 30.000 EEG-Stunden bezüglich Sensitivität und Fehlalarmrate“, so Kluge. EpiScan lässt sich dank offener Schnittstellen in die verschiedenen EEG-Systeme integrieren. Neben dem Einsatz in spezialisierten Epilepsiezentren könnte die Software vor allem auch in allgemeinen neurologischen Abteilungen Vorteile bringen, meinte Kluge, denn gerade in kleineren Häusern fehle es oft an Personal für die ¢ 24-Stunden-Ableitung zur Epilepsieabklärung. *AIT: Austrian Institute of Technology