Unser Spezialist: Dr. Daniel Fishman Gesundheit! – Schädel-Hirn-Trauma Einen Sturz oder Schlag auf den Kopf sollte man nie unterschätzen. Auch wenn der Unfall noch so banal erscheint und man sich bald einmal wieder besser fühlt, ist er ernst zu nehmen. Denn so hart unser Schädel auch zu sein scheint, so empfindlich ist das darunter liegende Gehirn. Antoine Gessler (dt. Text Karin Gruber) Gerade jetzt im Winter, wo die Strassen spiegelglatt sind und auch unter scheinbar festen Schneehaufen gefährliche Eisflächen liegen können, ist die Gefahr gross, dass man ins Rutschen gerät, sein Gleichgewicht verliert und hinfällt. Nicht selten schlägt die unglücklich fallende Person dabei hart mit dem Kopf auf. Einen kurzen Moment lang bleibt sie liegen, Passanten eilen herbei und helfen ihr auf. Einer bietet an, mit ihr zum Arzt zu fahren, doch die gestürzte Person will keine Umstände machen, reibt sich nur etwas den schmerzenden Kopf und lehnt dankend ab. Das sei nicht nötig, es gehe ihr gut. Worte zur Beruhigung, Worte des Dankes – und alle gehen wieder ihren Weg. Doch kaum zu Hause, bekommt die gestürzte Person plötzlich Kopfschmerzen, die länger je stärker werden. Ihr wird schwindelig und übel, sie muss erbrechen… Dazu kommen vielleicht auch noch Probleme mit dem Sprechen, Seh- oder Gleichgewichtsstörungen. Spätestens jetzt – das heisst allerspätestens jetzt – ist die Situation nicht mehr auf die leichte Schulter zu nehmen. Jede Minute zählt und am einfachsten und sichersten ist es, sofort die Notrufnummer 144 zu wählen. «Um notfalls rasch handeln und eine Verschlimmerung der Situation rechtzeitig verhindern zu können, sollte man bei jedem Schlag oder Sturz auf den Kopf sobald als möglich einen Arzt aufsuchen. Das ist vor allem dann nicht zu vernachlässigen, wenn man beim Aufprall oder kurz danach das Bewusstsein verloren hat – und sei es für noch so kurze Zeit – oder wenn man sich nicht genau an den Unfallhergang erinnern kann. Diese Symptome – Bewusstlosigkeit oder Vergessen – sind nämlich klare Anzeichen dafür, dass das Gehirn in irgendeiner Weise geschädigt oder gestört wurde», erklärt Dr. Daniel Fishman, Facharzt FMH für Innere Medizin und Intensivmedizin, Chef des Departements Notfall des Spitals Sitten. «Um notfalls rasch handeln und eine Verschlimmerung der Situation rechtzeitig verhindern zu können, sollte man bei jedem Schlag oder Sturz auf den Kopf sobald als möglich einen Arzt aufsuchen» «Diese Symptome weisen auf ein Schädel-Hirn-Trauma hin, dessen Folgen eine leichte Gehirnerschütterung sein können, aber auch eine dermassen ernste Form annehmen können, dass der Patient ins Koma fällt oder sogar daran sterben kann.» Schädel-Hirn-Traumata können verschiedene Schweregrade haben. Bei einem schweren Schädel-HirnTrauma, das sich durch eine lange Bewusstlosigkeit kennzeichnet, sind Spätfolgen wahrscheinlich. Je nach betroffener Hirnregion und je nach Schwere der Schädigung können unterschiedliche körperliche Folgen auftreten. «Die neurologischen Folgen können eine ernste Form annehmen», so Dr. Fishman. «Verlust geistiger Fähigkeiten, begleitet von neuropsychologischen Störungen, schränken die betroffene Person in ihrem Alltag stark ein.» Schwere Schädel-Hirn-Traumata können bis zur Behinderung führen und die betroffene Person zum Pflegefall machen. «Schwere Schädel-HirnTraumata können bis zur Behinderung führen und die betroffene Person zum Pflegefall machen.» Glücklicherweise nimmt der Grossteil der Fälle aber einen nicht so dramatischen Ausgang. Um trotzdem alle Eventualitäten ausschliessen zu können, sollte man aber nichts banalisieren. Auch leichte Gehirner- Bei einem Sturz oder Schlag auf den Kopf sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden, um mögliche Verletzungen des Gehirns ausschliessen zu können. schütterungen können sich arg verschlimmern. Darum gilt es bei jedem Schlag oder Sturz auf den Kopf so schnell wie möglich einen Arzt aufzusuchen. Auch wenn keine von aussen sichtbaren Kopfverletzungen vorliegen, kann das Gehirn durch den Stoss stark erschüttert worden sein. Daher ist es auch schwer zu sagen, bei welchem Patienten der Stoss zu einer effektiven Verletzung des Gehirns geführt hat und bei welchem nicht. Bei einem leichten Schädel-Hirn-Trauma genügt es, wenn der Patient während mindestens 24 Stunden überwacht wird. Bei mittelschweren oder schweren Schädel-Hirn-Traumata muss der Patient hospitalisiert werden, sodass jederzeit eine Computertomographie (CT) durchgeführt werden kann. Nur so kann bestimmt werden, ob es zu Blutungen oder Gewebeschäden im Hirn gekommen ist. Denn obschon die meisten Fälle wie gesagt einen glimpflichen Ausgang nehmen, kann ein Schädel-Hirn-Trauma immer potenziell lebensbedrohend sein. Wenn der Patient nach einer leichten Gehirnerschütterung nach Hause entlassen werden kann, erhält er eine Liste mit Empfehlungen, die er befolgen sollte. Es ist wichtig, ihn dann nicht alleine zu lassen. Er und seine Angehörigen werden über die Anzeichen informiert, bei deren Auftreten sofort erneut ein Arzt aufgesucht werden sollte. Dabei handelt es sich hauptsächlich um starke Müdigkeit, Schwindel und wiederholtes Erbrechen, zunehmende Kopfschmerzen oder Krämpfe. Ausserdem bietet jedes neurologische Symptom wie Kraftverlust oder Verlust des Gespürs in einer Gliedmasse, Sprechschwierigkeiten, anormales Verhalten, Seh-, Hör- oder Gleichgewichtsstörungen Anlass zur Sorge und es sollte sofort reagiert werden. Auch Ausfluss von Blut oder klarer Flüssigkeit aus der Nase oder den Ohren sollte den Patienten dazu veranlassen, sofort einen Arzt aufzusuchen oder sich in den Notfall zu begeben. Kluge Köpfe schützen sich «Das Gehirn ist sehr sensibel und Schäden am Gehirn sind irreparabel», unterstreicht Dr. Daniel Fishman. «Das Gehirn ist das empfindlichste Organ des Menschen. Es wird komplett vom Schädel umschlossen und von diesem gut geschützt. Doch auch wenn der Schädel sehr solide ist, kann er bei einem starken Stoss nicht die gesamte Energie absorbieren.» FOTO ISTOCK Stürze zurückzuführen. Bei jungen Erwachsenen sind es Unfälle, insbesondere Verkehrsunfälle. Diese letzte Gruppe ist einerseits in ihrem Alltag am aktivsten, legt aber teilweise auch das risikoreichste Verhalten an den Tag. INFO «Das Gehirn ist sehr sensibel und Schäden am Gehirn sind irreparabel» Durch das Tragen eines Helms beim Sport und bei bestimmten Freizeitaktivitäten kann im Notfall ein solcher Stoss gedämpft werden. Je nach Sportart, die man ausübt, gibt es spezifische Helme, sei es nun zum Motorrad- oder Velofahren, zum Reiten, Skioder Snowboardfahren, Klettern, Kajakfahren usw. Spezifische Vorkehrungen sollten auch in Situationen getroffen werden, in denen der Kopf nicht durch einen Helm geschützt ist. So beispielsweise beim Autofahren, wo es besonders wichtig ist, sich an die entsprechenden Sicherheitsvorschriften zu halten und sowohl auf den Vorder- als auch auf den Rücksitzen stets angeschnallt zu sein. Damit wird ein Aufprallen des Kopfes im Falle eines Unfalls verhindert oder zumindest gebremst. «Grundsätzlich lassen sich drei Gruppen von Patienten unterscheiden, bei denen es am häufigsten zu Schädel-Hirn-Traumata kommt: Kleinkinder, junge Erwachsene und Betagte.» Bei Kindern und Betagten sind die meisten Schädel-Hirn-Traumata auf Bei Schädel-Hirn-Verletzungen wird zwischen primären und sekundären Schäden unterschieden. Der primäre Schaden entsteht im Augenblick der Gewalteinwirkung und führt zu einer Zerstörung von Gewebe des Schädels und des Gehirns. Er ist nicht rückbildbar. Ein sekundärer Schaden entwickelt sich als Folge der primären Verletzung. Ist ein Blutgefäss verletzt (primärer Schaden), entwickelt sich ein Bluterguss im Gehirn. Dies führt zu einer Drucksteigerung im Schädelinnern und resultiert schliesslich in einer Durchblutungsstörung des übrigen Gehirns. Der daraus folgende Sauerstoffmangel führt zu einer Hirnschwellung und zur weiteren Durchblutungsstörung. Quelle: Schweizerische Gesellschaft für Neurochirurgie PARTNER