HERZKLAPPENPROTHESEN- ENDOKARDITIS Infektionen

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Antibakterielle
Beschichtungen
JOSEPH A. CHINN
SULZER MEDICA
Koautoren:
Mark Moore
Sallie McLaughlin
■
Wenn auch bei den meisten
künstlichen Implantaten
nur sehr wenige klinische Infektionen vorkommen, können die Folgen für die infizierten Patienten
sowie die Kosten für das Gesundheitswesen sehr schwerwiegend
Faden
Biofilm
Photograph courtesy J. William Costerton.
1■ Staphylococcus epidermidis haftet
leicht auf silberbeschichteten
Nahtringfasern für Herzklappen.
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Infektionen künstlicher Implantate sind seltene, aber
teure Komplikationen bei der klinischen Anwendung.
Implantate, die mit permanent haftenden Substanzen
beschichtet sind, die Bakterien bei Kontakt abtöten,
können, zumindest im Labor, eine Besiedelung mit
Bakterien verhindern. Zur Verringerung der Häufigkeit
von Infektionen künstlicher Implantate im klinischen
Alltag wird allerdings eine wirkungsvollere Strategie
benötigt.
sein. Beispielsweise wird das Risiko einer HerzklappenprothesenEndokarditis (PVE, Prosthetic
Valve Endocarditis) mit 1% pro
Patientenjahr angegeben. Die
zusätzlichen Kosten in Verbindung mit PVE werden zurückhaltend auf 50 000 USD pro Überlebenden geschätzt. Noch schwerwiegender sind die Konsequenzen
für die betroffenen Patienten, da
die Sterblichkeitsrate 20% (bei
früher PVE) bis 40% (bei später
PVE) beträgt. Deshalb würde sich
bereits eine geringfügige Verringerung der Infektionshäufigkeit sowohl kostendämpfend auf das Gesundheitswesen auswirken als
auch segensreich für die Patienten
sein. Das günstige Kosten-NutzenVerhältnis infektionshemmender
Prothesen wird zwingend zu ihrer
endgültigen Akzeptanz und weit
verbreiteten Nutzung führen.
HERZKLAPPENPROTHESENENDOKARDITIS
Früh-PVE tritt innerhalb von 60
Tagen nach dem Ersatz einer erkrankten Herzklappe durch eine
Prothese auf, und es wird angenommen, daß sie auf Hautbakterien zurückzuführen ist, die im Operationssaal aufgenommen wurden.
Spät-PVE tritt nach mehr als
60 Tagen nach einer Herzklappenprothesen-Implantation auf. Sie
kann im Zusammenhang mit Bakterien stehen, die bei einer späteren medizinischen oder zahnmedizinischen Behandlung in den Blutkreislauf gelangt sind. Die Infektion kann jedoch auch durch entweder langsam wachsende oder
nur schwach virulente Bakterien
wie beispielsweise Staphylococcus
epidermidis verursacht worden
sein, die bereits zum Zeitpunkt der
Operation aufgenommen wurden.
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Die Infektion stellt sich dabei
jedoch erst viel später als PVE heraus.
LABOR- VERSUS KLINISCHE
BEDINGUNGEN
Vor dem Aufkommen der Antibiotika, die das Wachstum und die
Aktivität der Bakterien hemmen,
wurden Infektionen normalerweise mit antiseptischen Mitteln
behandelt, wie beispielsweise bestimmten Schwermetallen, die
toxisch auf Bakterien wirken. Verbandsstoffe, die mit permanent
haftenden antibakteriellen Mitteln beschichtet sind, werden noch
heute zur Behandlung von Wunden wie Hauteinschnitten und
-verbrennungen verwendet, bei
denen ein direkter Kontakt der
Bakterien mit der Wunde Infektionen verursachen würde. Beschichtungen mit permanent haftenden
Substanzen, die bei Kontakt Bakterien abtöten, verringern im
Labor wirksam Bakterienansiedelungen auf künstlichen Implantaten. Leider hat sich ein derartiger
Erfolg im klinischen Bereich nicht
eingestellt.
Wie vermehren sich Bakterien auf
künstlichen Implantaten, die mit
toxischen Substanzen beschichtet
sind? Um wirksam zu sein, müssen
2■ Antibakterielle CPHV-Nahtringe sind gegen
Staphylococcus epidermidis wirksam.
die auf den Implantaten fixierten
antibakteriellen Substanzen in
engen Kontakt mit den Bakterien
gelangen. Einige Bakterien haben
eine Strategie entwickelt, in solchen feindlichen Umgebungen zu
überleben, indem sie eine schleimige, Biofilm genannte Substanz erzeugen, in der sie wachsen können.
Besonders virulente Bakterien
umgeben sich ganz mit einer Biofilmschicht (genannt Glycocalyx),
wodurch sie widerstandsfähiger
gegen eine Antibiotikabehandlung
werden. Das Glycocalyx verhindert auch einen direkten Kontakt
der Organismen mit der Oberfläche, was sie widerstandsfähig
gegenüber ansonsten toxischen
Stoffen macht. Dies erklärt teilweise, warum bei klinischen Infektionen oft Biofilmbakterien beteiligt sind. Außerdem bilden auf
Implantaten haftende Biofilmbak-
terien einen ausgezeichneten
Haftuntergrund und ein Wachstumsmedium für die Besiedelung
von Bakterien, die keinen Biofilm
bilden.
Im mikrobiologischen Labor wird
die antibakterielle Wirksamkeit
von künstlichen Implantaten oft
durch Einbringen in Bakterienkulturen geprüft. Zur Erzielung aussagefähiger Ergebnisse bei solchen
Experimenten sind die Auswahl
und die Herkunft der Bakterien
ein kritischer Punkt. Dabei ist zu
berücksichtigen, daß Mikroorganismen, die sich innerhalb der Kulturen frei bewegen (planktonartige Bakterien genannt), sich unterschiedlich zu solchen verhalten,
die an Oberflächen wie den
Gefäßen der Bakterienkulturen
oder einem infizierten Implantat
festsitzen. Planktonartige Bakterien reagieren auf antibakterielle
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3■ Silberbeschichtete Nahtringe für Herzklappen sind
unwirksam gegen Staphylococcus epidermidis.
Substanzen und toxische Oberflächen empfindlicher als Biofilmbakterien. Implantate, die mit
antibakteriellen Substanzen wie
Silber, welche auf die Bakterienzellmembranen einwirken, beschichtet sind, verhindern im
Labor zwar wirksam die Besiedelung mit planktonartigen Bakterien. Sie können jedoch völlig unwirksam sein gegen Infektionen,
die durch klinisch relevante, mit
Glycocalyx umhüllte Biofilmbakterien verursacht werden. In der in
Bild 1■ gezeigten LaserkonfokalMikroskop-Aufnahme entspricht
die hellgrüne Farbe lebenden Biofilmbakterien. Mangelhafte Auswahl der Bakterien, d. h. Prüfung
mit im Labor gezüchteten planktonartigen Bakterien statt mit Biofilmbakterien aus einer klinischen
Infektion, hat zu einer Vermarktung zahlreicher Produkte ge-
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führt, die über keine erwiesene klinische Wirksamkeit verfügen.
KLINISCH WIRKSAME MITTEL
Um Biofilmbakterien effektiv abtöten zu können, muß ein antibakterielles Mittel in den Biofilm eindringen. Deshalb sollte ein unter
klinischen Bedingungen infektionshemmendes künstliches Implantat folgende Eigenschaften
aufweisen:
• Aktivität gegenüber einem breiten Bereich potentieller Krankheitserreger
• Die Fähigkeit, das antibakterielle Mittel soweit in die unmittelbare Umgebung abzugeben, daß
dieses in den Biofilm der Bakterien eindringen kann, jedoch so
wenig weit wie möglich, damit
keine systemischen Wirkungen
eintreten
(Wenn Antibiotika in ausrei-
chend großer Menge in den Blutkreislauf freigesetzt werden,
kann dies zu schädlichen Interaktionen mit anderen dem
Patienten verordneten Medikamenten wie Antibiotika oder zur
Kontrolle der Blutgerinnung
dienenden Antikoagulanzien
führen. Bei sehr hoher Konzentration wirken Antibiotika
toxisch.)
• Eine ausreichende Dauer der
antibakteriellen Aktivität, damit eine vollständige Einheilung
der Prothese mit körpereigenem
Gewebe sichergestellt ist
Antiseptische Mittel, die mit Erfolg bei Wundverbänden verwendet werden, haben sich auch als
wirksam erwiesen, wenn sie in
Prothesen eingebettet sind. Zentrale Venenkatheter, in die Chlorhexidin und Silbersulfadiazin eingebettet waren, erzielten eine
79%ige Verringerung des klinischen Auftretens von katheterbedingten Blutbahninfektionen.
Wenn auch antiseptische Mittel
ein breites Wirkungsspektrum bieten, so fehlen bei ihnen doch die
klinischen Erfahrungen bei innerer Anwendung, und sie sind
potentiell toxisch, wenn sie in zu
hohen Dosen angewendet werden.
Antibiotika, die mit Erfolg zur
Behandlung von Infektionen eingesetzt werden, haben sich bei Einbettung in Prothesen sogar als
noch wirksamer erwiesen als antiseptische Mittel. Zentrale Venenkatheter, in die Rifampin und
Minocyclin eingebettet waren, erreichten eine 100%ige Verringe-
rung des klinischen Auftretens von
katheterbedingten Blutbahninfektionen. Zwar bieten Antibiotika ein
breites Wirkungsspektrum, und es
gibt ausreichende klinische Erfahrungen über ihre Anwendung als
sichere und wirksame Therapeutika. Doch ist ebenso bekannt, daß
bei niedriger Antibiotika- und
hoher Bakterienkonzentration die
Entwicklung resistenter Bakterienstämme begünstigt wird. Zur
Vermeidung dieses Problems sollten die verwendeten Antibiotika
sorgfältig ausgewählt werden.
Kombinationen
verschiedener
Antibiotika mit verschiedenen
Wirkungsmechanismen können
das Risiko einer Resistenzbildung
vermindern, da es weniger wahrscheinlich ist, daß Bakterien
gleichzeitig gegenüber mehreren
Mitteln resistent werden als
gegenüber nur einem.
ENTWICKLUNG EINES
ANTIBAKTERIELLEN
NAHTRINGES
Zur Vermeidung der Komplikation
durch PVE hat Sulzer Carbomedics ein eigenes Verfahren zur Einbettung verschiedener antibakterieller Substanzen in den Nahtring der Sulzer-CarbomedicsHerzklappenprothese (CPHV) verwendet. Die Mittel wurden zuerst
durch einen modifizierten KirbyBauer-Versuch geprüft, bei dem
die zu prüfende Herzklappenprothese direkt auf eine Agarplatte
gelegt wird, die mit Bakterien aus
einem infizierten Katheter bedeckt ist. Die bakterienfreie Zone
4■ Antibakterielle Sulzer-Carbomedics-AnnuloFlo™-Annuloplastikringe
sind wirksam gegen Staphylococcus epidermidis.
um den Nahtring herum, Inhibitionszone genannt (ZOI, Zone of
Inhibition), entspricht der Zone, in
welcher die Bakterien durch die
Substanz, die aus dem Nahtring in
das Agar hineindiffundiert ist,
abgetötet wurden (Bild 2■). Demgegenüber zeigen Nahtringe, auf
die Silber (ein Antiseptikum mit
mäßiger antibakterieller Wirkung)
aufgebracht wurde, keine Inhibitionszone (Bild 3■). Weitere Untersuchungen mit diesen Nahtringen
und anderen Prothesen sind in
Arbeit.
ZUKUNFTSAUSSICHTEN
Nur wenige antibakterielle Implantate, die erwiesenermaßen klinische Infektionen vermindern,
sind momentan auf dem Markt
erhältlich, jedoch sind viele dieser
Prothesen in der Entwicklung und
werden auf die Markteinführung
vorbereitet. Welcher Zugang sich
klinisch als der wirksamste erweisen wird, muß sich noch herausstellen. Die CPHV mit antibakteriellem Nahtring stellt einen guten
Ansatz für die zukünftige Entwicklung dar. Diese Lösung wird
auch auf andere Produkte wie den
Sulzer-Carbomedics-AnnuloFlo™Annuloplastikring (Bild 4■) anwendbar sein.
Ω
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