Eine Publikation des Reflex Verlages zum Thema Seltene Krankheiten Pulmonale Hypertonie Atemnot und Abgeschlagenheit können ihre Ursache bei vielen Erkrankungen haben, Lungenhochdruck wird häufig nicht in Betracht gezogen – was dramatische Folgen haben kann. Seite 6 Forschung Für einen Großteil der Seltenen Erkrankungen fehlen noch Diagnose- und Therapieverfahren. Damit es schneller zu Ergebnissen kommt, wird Wissen nun in Forschungskooperationen gebündelt. Seite 11 Selbsthilfe Sie geben sich gegenseitig Halt, sind häufig wichtigste Informationsquelle für ihre Erkrankungen – von Betroffenen organisierte Gruppen. Seite 13 dezember 2014 grusswort Wissend machen Stellen Sie sich vor, Sie fühlen sich über Jahre krank – und kein Arzt kann Ihnen sagen, worunter Sie leiden. Er findet auch kein probates Mittel, um die Beschwerden abzustellen oder zumindest zu reduzieren. Eher zufällig wird bei Ihnen eine Seltene Erkrankung diagnostiziert. Nur: Zu Ihrer Krankheit gibt es äußerst spärliche Informationen, viele davon erschreckend negativ. Häufig ist dann zu lesen von „rasche Verschlechterung des Gesundheitszustands“, „nicht mehr arbeitsfähig“ oder „innerhalb von drei Jahren tödlich“. Sie denken, diese Geschichte ist konstruiert? Leider nicht: In Deutschland leben mehr als vier Millionen Menschen mit einer Seltenen Erkrankung. Noch immer gibt es eine große Unsicherheit bei diesem Thema, sowohl bei Betroffenen als auch bei Angehörigen, Ärzten und allgemein in der Bevölkerung. Mit der Ihnen vorliegenden Publikation möchten wir zum besseren Verständnis der Thematik beitragen, Ihnen auch von einigen Hoffnung bringenden Fortschritten berichten. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre. Mike Paßmann Chefredakteur krankheitsbilder 3 Leitartikel Was ist eigentlich das Besondere an den Seltenen Erkrankungen, unter denen in Deutsch­ innovation 9 organisation Diagnostik Diagnoseverfahren sind bei den meisten Seltenen Erkrankungen extrem aufwendig und setzen explizites 13 Selbsthilfe Die seelische Belastung durch eine schwere Erkrankung ist für die Betroffenen hoch, nachvoll­ land vier Millionen Menschen leiden? Nicht Fachwissen voraus. Wissenschaftler forschen nun ziehbar ist das vor allem für Menschen, die ebenfalls nackte Zahlen stehen im Vordergrund, sondern der gemeinsam an vereinfachten Verfahren. unter ihr leiden. Selbsthilfegruppen geben Halt. 10 14 Mensch. 6 Pulmonale Hypertonie Auch wenn in den vergangenen Jahren Anästhesie Bei bestimmten Seltenen Erkrankungen können Anästhetika schwere Nebenwirkungen auslösen. Eine Abrechnung Das liebe Geld spielt auch bei der Frage nach der Übernahme von Aufwendungen für umfangreiche große Fortschritte in der Erforschung des Lun­ gründliche Anamnese ist daher noch wichtiger, als bei Diagnose- und Therapiemöglichkeiten eine wichtige genhochdrucks gemacht wurden, bleibt er noch „normalen“ Patienten. Rolle. immer häufig unerkannt. Das fortgeschrittene Wissen um diese Erkrankung hat sich noch nicht herumgesprochen. 7 Forschung Wissen innerhalb Deutschlands und auch international zu verknüpfen – das macht gerade bei Seltene Krebserkrankungen den forschungsintensiven „Seltenen“ Sinn. Denn meist Krebs ist in Deutschland weit verbreitet, einige können belastbare Studien nur so realisiert werden. Unterarten gelten als Seltene Erkrankung. Bei der Therapie ist höchste Vorsicht geboten, da sie ein verstärktes Wachstum des Tumors auslösen kann. 8 11 12 Arzneimittelzulassung Vereinfachte europäische Zulassungsverfahren sollen zum schnelleren Einsatz von Orphan Drugs Cystische Fibrose Funktionseinschränkungen führen. Doch seit dem Jahr 2000 sind erst Medikamente verschiedener gegen 44 Erkrankungen zugelassen worden. Organe sind typisch für die angeborene Stoff­ wechselkrankheit Mukoviszidose. Eine Genotypi­ sierung gibt Aufschluss über Mutationsart und Therapiemöglichkeiten. Das Papier der Publikation, die im aufgeführten Trägermedium erschienen ist, stammt aus verantwortungsvollen Quellen. Partner und Sponsoren krankheitsbilder3 leitartikel Den Menschen Perspektiven bieten Insgesamt viele Patienten, kaum Wissen über Entstehung, Ausbreitung und Zusammenhänge und trotzdem verwaist: Die Seltenen Erkrankungen haben einen schweren Stand in der Medizin, die Betroffenen häufig wenig Aussicht auf Heilung oder zumindest Linderung der Beschwerden. Doch so langsam tut sich etwas. Ein Überblick. Von Mike Paßmann E s sind die Waisen der Medizin, die wir Ihnen mit der vorliegenden Publikation näher bringen möchten. Verwaist sind sie, weil es meist nur wenige Betroffene einer spezifischen Seltenen Erkrankung gibt und sie damit häufig wenig Beachtung von Forschern und Pharmaunternehmen erhalten. Aus finanzieller Sicht klingt das zunächst logisch: Mit Medikamenten für die vielen Millionen Diabetes- oder Krebspatienten lassen sich die erheblichen Kosten für Forschung, Entwicklung, Zulassung und Marketing eher wieder einfahren, als nur mit wenigen hundert oder tausend Menschen, die von einer Seltenen Erkrankung betroffen sind. Doch so einfach ist es dann auch nicht. Denn auch diese Menschen haben ein Recht auf eine optimale medizinische Versorgung, auf ein möglichst beschwerdefreies und selbstbestimmtes Leben. Durch das Raster unseres Gesundheitssystems dürfen sie ebenso wenig fallen, wie sie sich auch nicht mit ihren Problemen alleingelassen fühlen sollten. Hohe Gesamtzahl Dabei lässt uns alle eine Zahl aufhorchen: vier Millionen. So viele Menschen leiden allein in Deutschland an einer Seltenen Erkrankung. Von den über 30.000 bekannten Krankheiten zählen 6.000 bis 8.000 zu den seltenen, genaue Zahlen gibt es bezeichnenderweise nicht. In der eu gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Auf Deutschland heruntergebrochen macht das immerhin bis zu 40.000 Menschen je Erkrankung. Doch meist sind es deutlich weniger, ab und zu nur eine Handvoll. Zwei Beispiele: Von der genetisch bedingten Stoffwechselerkrankung Zystinose gibt es bei uns unter einhundert bekannte Fälle, weltweit sind es nur etwa 2.000. Von Lungenhochdruck hingegen sind in Deutschland zwischen 2.000 und 6.000 Menschen betroffen, weltweit leiden viele Millionen Menschen an einer der verschiedenen Formen der pulmonalen Hypertonie. Seltenes Aufeinandertreffen Anhand des Lungenhochdrucks lässt sich die „Misere“ vieler Seltener Erkrankungen gut verdeutlichen: Zu den typischen Symptomen zählen beispielsweise Atemnot, rasche Erschöpfung und ein schneller Herzschlag. Allerdings treffen diese unspezifischen Symptome auch auf eine große Zahl anderer Erkrankungen zu, weshalb die Diagnose sehr schwer zu stellen ist und meist erst in einem fortgeschrittenen Stadium erfolgt. Doch je früher die Diagnose, um so besser sind die Behandlungsoptionen, die zu einer Linderung der Beschwerden und einem verlangsamten Fortschreiten führen. Unbehandelt führt sie innerhalb von drei Jahren zum Tod, geheilt werden kann sie nicht. Vielen Medizinern fehlt schlicht das vertiefte Wissen um diese Krankheit, zum Beispiel welche anderen bekannten Erkrankungen mit Lungenhochdruck einhergehen. Die Chance, auf einen entsprechenden Patienten während eines Hausarztlebens zu treffen, ist naturgemäß relativ gering. Ähnlich geht es auch den über 10.000 Kinderärzten: Sie diagnostizieren im Jahr nur III werbebeitrag – interview „Zehn Jahre eine Stimme der Seltenen“ Die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen, kurz ACHSE, ist ein Netzwerk von Patientenorganisationen von und für Menschen mit Seltenen Erkrankungen. Sie vertritt ihre Anliegen und ist die einzige krankheitsübergreifende Anlaufstelle für Betroffene und ihre Angehörigen. Dr. Andreas Reimann ist ehrenamtlicher Vorsitzender der ACHSE. Was hat sich in den letzten zehn Jahren für Menschen mit Seltenen Erkrankungen in Deutschland getan? Vor zehn Jahren waren der Begriff „Seltene Erkrankungen“ und die spezifische Problematik kaum bekannt, geschweige denn die Nöte und Anliegen der Betroffenen, die sich hinter diesem Begriff verbergen. Heute sind „die Seltenen“ im Bewusstsein der Fachöffentlichkeit, auf der politischen Agenda und in Teilen der Gesellschaft an- gekommen. Die ACHSE hat mit ihrer Beratung für Betroffene, aber auch für Ärzte eine bundesweite Anlaufstelle geschaffen. Es gibt einen Nationalen Aktionsplan für Seltene Erkrankungen, den die ACHSE maßgeblich vorangetrieben hat. Jetzt gilt es aber, den Aktionsplan umzusetzen. Denn: Nur tatsächliche Fortschritte sind für Kinder und Erwachsene mit Seltenen Erkrankungen von Bedeutung. Papier allein genügt nicht. Welche Motivation eint die Menschen, die die ACHSE tragen? Obwohl die Krankheitsbilder ganz verschieden sind, eint uns die gleiche Vision: Wir wollen, dass Betroffene einer Seltenen Erkrankung nicht länger die „Waisen der Medizin“ sind, wir wollen einen gleichberechtigten Zugang zu medizinischer Versorgung und mehr Forschung. Damit wir unsere verschiedenen Projekte weiter voranbringen können, sind wir auf Unterstützung angewiesen. Jeder kann helfen – mit Knowhow oder mit einer Spende! www.achse-online.de 4krankheitsbilder III bei drei bis fünf Kindern Zystinose – zu wenig, um die Erkrankung frühzeitig beziehungsweise überhaupt erkennen zu können. Die Eiswasser-Aktion Doch wie kann das Wissen um Entstehung, Verlauf, Symptome, Diagnose- und Therapiemöglichkeiten für die vielen tausend Seltenen Erkrankungen gewonnen werden? In erster Linie: mit viel Geduld. Darauf folgen: Engagierte Forscher, Pharmaunternehmen, Ärzte, Betroffene und deren Familien, gut verständlich „verpackte“ Informationen, die von einer breiten Masse wahrgenommen werden – und natürlich das liebe Geld. Ein positives Beispiel dafür, wie es eine Seltene Erkrankung in das Bewusstsein der Menschen schafft, war die sogenannte „Ice bucket challenge“, bei der es auf den ersten Blick darum ging, sich einen Eimer Eiswasser über den Kopf zu schütten, sich dabei filmen lassen und dann drei weitere Personen zu nominieren, die genau das gleiche tun sollen. Auf den zweiten Blick hat diese Aktion zu weltweiter Beachtung der seltenen neurodegenerativen Erkrankung Amyotrophe Lateralsklerose (als) und zu vielen Millionen Dollar Spendengeldern geführt, die dringend für die Erforschung der Erkrankung gebraucht wurden und werden. Der zu- nächst vermutete „Quatsch“ hatte also einen ernsthaften Hintergrund und hat die Problematiken der Seltenen Erkrankungen zumindest kurzfristig in die Köpfe der Menschen gebracht – und den an als erkrankten Menschen auf der ganzen Welt Mut gemacht und Hoffnung auf eine Perspektive. Endlich ein Plan Das Ziel des Nationalen Aktionsbündnis Seltene Erkrankungen, kurz: namse, ist langfristig ausgerichtet. Gegründet wurde das Bündnis im Jahr 2010 gemeinsam vom Bundesministerium für Gesundheit, dem Bundesministerium für Bildung und Forschung und der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (achse), um Kräfte und Wissen zu bündeln, die Lebenssituation für die Betroffenen sowie die öffentliche Wahrnehmung zu verbessern. Im Jahr 2013 wurde dann ein Maßnahmenkatalog mit 52 Punkten vorgestellt, der konkrete Handlungsempfehlungen zum Informationsmanagement, zu möglichen Diagnosewegen, zu Versorgungsstrukturen und zur Erforschung der Seltenen Erkrankungen enthält. Aktuell wird der „se-atlas“ erstellt, der Versorgungseinrichtungen für Menschen mit Seltenen Erkrankungen kartographiert. Das Besondere an dem Angebot: Es werden – sofern vorhanden – konkret für die anzeige einzelnen Seltenen Erkrankungen alle verfügbaren Informationen zur Krankheit selbst, zu Diagnostik und Therapie, zur Selbsthilfe, zu Versorgungszentren, zur Forschung, Registern, etc. erreichbar sein. Der offizielle Start ist für Anfang 2015 geplant. Krankheiten und verwandten Gesundheitsprobleme“ heraus und dient den Kassen als Basis für die Erstattung von ärztlichen Leistungen. Gibt es keinen Code, kann auch nicht abgerechnet werden beziehungsweise kommt es darüber immer wieder zu Streitigkeiten. Wichtig sind die Codes auch, um Patientenwege Forschung wichtig sichtbar zu machen und die DiagnoseAuch in die Erforschung von grundleund Therapiewege aufzuzeichnen und genden Vorgängen im Körper sowie von um Auffälligkeiten zu erkennen. Diagnostik- und Therapieverfahren werWeiteren Klärungsbedarf gibt es in den dank namse viele Millionen Euro in diesem Zusammenhang auch mit der diverse Projekte investiert. In erster LiÜbernahme der zum Teil immensen nie ist hier vor allem Geduld gefragt, vor Arzneimittelkosten. Es kommen schnell allem seitens der Betroffenen. Die Wahrein paar Tausend Euro pro Patient und scheinlichkeit ist leider recht hoch, dass Monat zusammen, um Symptome zu sie mögliche Durchbrüche in diesem lindern. Derzeit geben die gesetzliBereich mitunchen Kassen in ter nicht mehr Deutschland laut erleben werden. aktueller Zahlen Die Ice bucket Challange Dennoch ist ihre gut 890 Millionen hat mit reichlich Quatsch Euro im Jahr für Mitwirkung an auf als hingewiesen. ForschungsproArzneimittel diejekten immens ser Patientengrupwichtig: Ohne sie pe aus; bei rund ist die Erprobung neuer Wirkstoffe in 300 Milliarden Euro Gesamtkosten klinischen Studien nicht möglich und für das Gesundheitssystem ist das ein die meist kleine Zahl an potenziellen überschaubarer Betrag. Doch das PoTestpersonen generell eine große Hetenzial ist gegeben, dass hierdurch die rausforderung. Die Wirksamkeit muss in diesem Bereich engagierten Kassen nicht nur im „Mausmodell“ bewiesen finanziell gefordert sein können. Der werden, sondern auch beim Menschen. sogenannte morbiditätsorientierte RiDieser Schritt ist immens wichtig und sikostrukturausgleich, kurz Morbi-rsa, kommt spätestens künftigen Beregelt die Höhe an Zuweisungen, die troffenen zugute. die Kasse für einen bestimmten Versicherten erhält. Alter und GesundheitsDas liebe Geld zustand werden hier berücksichtigt, die Die Seltenheit der Erkrankungen Seltenen Erkrankungen jedoch überstellt Ärzte und Kliniken auch wiegend nicht. Folge: Die Mittel reichen beim Thema Honorierung durch nicht zur Deckung der tatsächlichen die Krankenkassen gehörig auf Kosten. die Probe. Nur ein paar Hundert Noch gibt es viel im Sinne der Betrofder vielen Tausend Seltenen Erfenen zu tun, doch die aktuellen Projekkrankungen können tatsächte zeigen auf, dass das Thema mittlerlich nach den sogenannten icd weile ernster genommen wird, als noch 10-Codes abgerechnet werden. vor ein paar Jahren. Die Perspektiven Die Weltgesundheitsorganisatisind nicht mehr ausschließlich negativ, on who gibt die „Internationale sondern werden endlich besser. ● statistische Klassifikation der „ Quelle: vfa, 2009 Ausgewählte Seltene Erkrankungen in der EU nach Anzahl der Erkrankten 400 4.000 46 22.500 37.500 Vertex entwickelt neue Therapieoptionen mit dem Ziel, Erkrankungen zu heilen und die Lebensqualität zu verbessern. 185.000 95.000 Die Lebensperspektiven von Menschen mit schwerwiegenden Erkrankungen und deren Familien zu verbessern ist unsere Vision. Um diese zu verwirklichen, arbeiten wir mit führenden Forschern, Ärzten, Gesundheitsexperten und anderen Spezialisten zusammen. 97.900 115.500 Vertex Pharmaceuticals (Germany) GmbH · Josephspitalstr. 15 / 4. St. · 80331 München © 2012 Vertex Pharmaceuticals Incorporated. VXR-DE-00-00003 102.000 Narkolepsie mit Kataplexie bei Erwachsenen Nierenzellkrebs Eisenüberladung Ductus arteriosus bei Frühgeborenen Lungenhochdruck Leberzellkrebs Akromegalie (Riesenwuchs) Nebennierenrindenkarzinom Mukopolysaccharidose II (Hunter-Syndrom) Hyperammonämie (Harnstoffzyklusstörung) krankheitsbilder5 werbebeitrag – unternehmensporträt Lungenhochdruck – häufig nicht erkannt Lungenhochdruck, auch pulmonale Hypertonie (PH) genannt, gehört zu den Seltenen Erkrankungen. Der Beginn ist meist schleichend mit unspezifischen Beschwerden wie Atemnot bei Belastung oder Müdigkeit verbunden. Solche Symptome treten jedoch auch bei vielen anderen Erkrankungen wie Asthma oder chronischer Bronchitis auf. Daher bleibt Lungenhochdruck häufig lange unerkannt. Eine schnelle und korrekte Diagnose ist jedoch für die Betroffenen überlebenswichtig. Eine große Herausforderung bei Lungenhochdruck ist die korrekte Diagnose. Weil bei den mit Lungenhochdruck verbundenen Beschwerden so viele Krankheiten infrage kommen, kann die Diagnose meist nicht direkt durch zielgerichtete Untersuchungen gestellt werden, sondern erfolgt als Ausschlussdiagnose. Das heißt, andere mögliche Krankheitsursachen werden durch verschiedene diagnostische Maßnahmen konsequent ausgeschlossen. Diese Abklärung findet in der Regel beim Hausarzt beziehungsweise Internisten, beim Lungenfacharzt und beim Kardiologen statt. Erhärtet sich der Verdacht, sollte der Patient in ein Experten-Zentrum für Lungenhochdruck, ein sogenanntes PH-Zentrum, überwiesen werden. Die PH-Zentren sind häufig großen Unikliniken angeschlossen; eine Übersicht gibt die Selbsthilfeorganisation Pulmonale Hypertonie e.V. In den PH-Zentren können aufgrund der großen Erfahrung eine gezielte Abschluss-Diagnostik und die therapeutische Versorgung optimal erfolgen. Die weitere medizinische Betreuung erfolgt üblicherweise anschließend in Wohnortnähe. Risikofaktor Lungenembolie Als Risikofaktor für eine Form des Lungenhochdrucks gilt die Lungenembolie. Dabei wird ein Lungengefäß durch ein Blutgerinnsel verstopft. Wenn sich das Lungenhochdruck-Patienten leiden beim Trep­ pensteigen oft unter Atemnot. Gerinnsel nicht auflöst, kann es zu einer chronischen Verstopfung und Verengung des Lungengefäßes kommen – es entsteht die sogenannte chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH, im Bild rechts). Die operative Entfernung des Thrombus ist hier die Behandlung der Wahl, denn sie ist die einzige Möglichkeit der Heilung. Daher ist es sehr wichtig, bei bestehender Atemnot und einer vorangegangenen Lungenembolie oder Thrombose schnellstmöglich den Facharzt zu konsultieren und die Erkrankung CTEPH abzuklären. Die Operation ist allerdings bei bis zu 40 Prozent der Betroffenen nicht möglich. Bei bis zu 35 Prozent der operierten Patienten bleibt der Lungenhochdruck bestehen oder tritt erneut auf. Für diese Patienten steht heute eine medikamentöse Behandlungsmöglichkeit zur Verfügung. Lungenhochdruck überlastet das Herz Der Lungenhochdruck ist durch eine Verengung der Blutgefäße gekennzeichnet, die sauerstoffarmes Blut vom rechten Herzen zur Sauerstoffanreicherung in die Lungen leiten (Lungenarterien). Hintergrund ist eine Fehlfunktion der Gefäßwände, die verschiedene Ursachen haben kann. Mit der Gefäßverengung steigt der Widerstand und in der Folge auch der Blutdruck in diesen Gefäßen. Die Sauer- Die chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH) kann durch eine Operation geheilt werden. stoffaufnahme ins Blut ist gestört und das rechte Herz muss gegen den krankhaft erhöhten Druck arbeiten. Durch die zunehmende Belastung kommt es zu einer Vergrößerung und Schwächung des rechten Herzens, was letztendlich zum Herzversagen und in der Folge zum Tod führen kann. www.gesundheit.bayer.de werbebeitrag – interview „Der lange Weg zum Spezialisten“ Trotz ausreichender Zahl an Spezialisten und Fachzentren dauert der Weg bis dorthin immer noch viel zu lang. Eine höhere Aufmerksamkeit für die Erkrankung Lungenhochdruck (Pulmonale Hypertonie, PH) könnte diesen Weg für die Patienten erheblich verkürzen und damit deren Chance auf eine verbesserte Lebensqualität und Lebenserwartung erhöhen. Im Interview erläutert Hans Dieter Kulla, erster Vorsitzender der Selbsthilfeorganisation Pulmonale Hypertonie e.V., worauf es dabei ankommt. Warum muss stärker über Lungenhochdruck aufgeklärt werden? Entscheidend beim Lungenhochdruck sind die Früherkennung und die damit verbundene gezielte Behandlung. Das erhöht die Chancen der Betroffenen wesentlich. Leider vergehen heute bis zur Diagnosestellung immer noch zwischen zwei und drei Jahre. Die meisten Patienten kennen die Erkrankung nicht und sehen auch nicht immer krank aus. Die Symptome lassen sich vielen potenziellen Ursachen zuordnen. Oft werden auch nur wegen der Symptome Medikamente verschrieben, die zunächst Entlastung für die Betroffenen schaffen. Das verzögert dann die Diagnosestellung. Mit einer entsprechenden Aufklärung und damit mehr Bewusstsein, könnte die Zeit bis zur Diagnose erheblich verkürzt werden. Welche Rolle können Angehörige spielen? Die Angehörigen können eine entscheidende Rolle im Rahmen der Diagnostik spielen, da diese oft eine realistischere Einschätzung der Symptome des Patienten haben als dieser selbst. Aber auch wenn die Diagnose steht, ist neben dem psychischen Beistand die aktive Unterstützung der Patienten durch die Angehörigen gefordert. Was können Patienten mit unklaren Atembeschwerden selbst tun? Wichtig ist, dass die Patienten zum Facharzt gehen, um ihre Beschwerden klären zu lassen. Dort sind sie an der richtigen Stelle und werden, wenn es erforderlich ist, auch frühzeitig an ein PH-Zentrum überwiesen. Wenn die Diagnose Lungenhochdruck steht, ist es wichtig, aktiv zu bleiben und sich unter ärztlicher Aufsicht weiter zu bewegen. Dadurch lässt sich die körperliche Belastbarkeit deutlich steigern und die Lebensqualität der Betroffenen erhöhen. Welche Unterstützung können Patienten und ihre Angehörigen von der Selbsthilfeorganisation erwarten? Der Verein wurde 1996 von seinem Gründer, der selbst von der pulmonalen Hypertonie betroffen war, mit dem Ziel ins Leben gerufen, Wege zur Lebensverlängerung bei dieser Erkrankung zu finden. Wir können beraten und den Patienten ihren Leidensweg erleichtern. Seit 2001 verfügen wir über eine Stiftung, mit der wir die Forschung unterstützen und Preise für entsprechende Verbesserungen ausloben. Der Verein hat inzwischen ein großes Netzwerk. Die Erfahrungen aus diesem Netzwerk können wir an unsere Mitglieder weitergeben – das reicht von der Krankenkasse über die Rentenversorgung, Kontakt zu den PH-Zentren, bis zur Beratung bezüglich Ausbildung und Beruf. Die Nähe zu den Betroffenen schaffen wir über unsere Landesverbände, die jeweils zwischen drei und fünf Patiententreffen im Jahr organisieren. Zusätzlich verfügen wir über eine europäische und sogar weltweite Vernetzung. Mit freundlicher Unterstützung der Bayer Vital GmbH www.phev.de 6krankheitsbilder pulmonale hypertonie Unterversorgt Von Mike Paßmann Wenn einem die Luft bei geringen Anstrengungen wegbleibt, kann das viele Ursachen haben. Häufig vergeht ein langer Zeitraum, bis Mediziner dahinter Lungenhochdruck vermuten. Dahinter steht vielfach – unbeabsichtigt – mangelndes Wissen über die Erkrankung. Frühzeitig begonnene Therapien können die Symptome über Jahre lindern, heilbar ist die pulmonale Hypertonie jedoch nicht. I m Laufe des Jahres 2003 bekommt Inge Meier immer schlechter Luft, sie fühlt sich müde und abgeschlagen, ihr ist ständig schwindelig. Ihr Arzt führt die Beschwerden auf mangelnde Bewegung und den beruflichen Stress zurück. Die Therapieempfehlung: Viel frische Luft, lange Spaziergänge und bei der Arbeit etwas langsamer machen. Doch das alles hilft nichts. Als sie zu dieser Zeit im Fernsehen zufällig eine Reportage über Pulmonale Hypertonie, kurz: ph, schaut, ist sie sicher, an dieser Krankheit zu leiden. Sie lässt sich nun gezielt auf ph hin untersuchen – und bekommt ihren Verdacht bestätigt. Prognostizierte Lebenserwartung: zwei bis drei Jahre. Viel mehr können ihr die Ärzte nicht sagen, es gibt kaum Informationen zum Verlauf, zu Therapien. Gefährlicher Rückstau Elf Jahre später führt sie noch immer ein halbwegs eigenständiges Leben. „Ich hatte Glück“, erzählt sie, „weil ich recht bald nach der Diagnose an klinischen Studien teilgenommen habe und medikamentös optimal versorgt wurde. Die Therapien wurden seit meiner Diagnose massiv verbessert.“ So viel Glück wie Inge Meier haben längst nicht alle Menschen, denn bis die entzündliche Autoim­munkrankheiten, die das Bindekorrekte Diagnose gestellt wird, vergehen meist ein gewebe im Körper angreifen, angeborene Herzfehler paar Jahre. Bleibt die Erkrankung unbehandelt, schreimit Überlastung der Lunge sowie ein lang anhaltentet sie weiter fort und kann zu Herzversagen führen. der Sauerstoffmangel bei Lungenerkrankungen. Tritt Der Grund dafür liegt in einer Überlastung des HerAtemnot während geringer Alltagsbelastungen auf zens durch verengte Lungenarterien, wodurch das und werden Lungen- sowie Linksherzerkrankungen Blut nicht mehr richtig ausgeschlossen, befließt. Blutdruck und steht meist der VerIn den letzten zwölf Jahren haben sich Widerstand in den dacht auf Pulmonadie Therapiemöglichkeiten bei pulmonaler Lungenarterien steile Hypertonie. Eine Hypertonie massiv verbessert. gen an, es kommt zu Rechtsherzkathetereinem Blutrückstau auf untersuchung bringt der rechten Herzseite und somit zu einer verminderdann Klarheit. Erfolgt die Differenzialdiagnostik frühten Pumpleistung (Rechtsherzinsuffizienz). Dieser Teil zeitig – möglichst in einem der derzeit 27 spezialisierdes Herzens sorgt jedoch dafür, dass das Blut durch ten Zentren für diese Erkrankung –, bremsen chirurdie Lungen gepumpt und mit Sauerstoff angereichert gische Eingriffe und Medikamente den Verlauf. Zum wird. Die Folge: Sauerstoffunterversorgung sowie eine Einsatz kommen hier unter anderem Gerinnungshemmitunter lebensbedrohliche Vergrößerung der rechten mer und Entwässerungsmittel, aber auch eine ganze Herzkammer. Reihe spezifischer Wirkstoffe, die einzeln genommen oder kombiniert werden können. Derzeit befinden sich Frühe Differenzialdiagnostik wichtig einige Erfolg versprechende Arzneimittel in der kliEine Vielzahl von Erkrankungen kann zu unterschiednischen Erprobung. Geheilt werden kann die Erkranlichen Formen von ph führen. Das sind zum Beispiel kung jedoch nicht. „ Wissen verbreiten Damit die Diagnose pulmonale Hypertonie in einem frühen Stadium gestellt werden kann, muss es bei Haus- und Fachärzten zu einer vermehrten Wahrnehmung dieser Erkrankung kommen. Nur dann ist meist eine erhebliche Reduzierung der Symptome möglich. Kommt ein Hausarzt bei einem Patienten, der über lange Zeit über Atemnot, klagt nicht weiter, sollte er ihn unbedingt zu einem Lungenfacharzt überweisen. Pharmaunternehmen und Patientenverbände leisten hier wichtige Informationsarbeit – damit in Zukunft Betroffene wie Inge Meier ihre Diagnose nicht selbst per tv stellen. ● Erste Hinweise auf Probleme mit der Lunge lassen sich beim Ab­ hören feststellen. Für die Diagnose von Lungenhochdruck kom­ men noch ekg und Rechtsherzkatheteruntersuchung infrage. werbebeitrag – verbandsporträt Unser Ziel ist Ihre Heilung Was geschieht in der Pathologie? Wenn wir Ihnen das Stichwort „Pathologie“ geben, an was denken Sie? Vermutlich spontan an eine Leiche und die Autopsie im Krimi. Richtig? Nein – Obduktionen machen weniger als fünf Prozent unserer Tätigkeit aus. Was geschieht also in der Pathologie? Wir Pathologen sind Ärzte und für Sie, als Lebende, wichtig. Wir sehen uns selten direkt und sprechen kaum miteinander. Und doch sprechen wir oft mit Ihrem Arzt über Sie und beraten mit ihm Ihre Therapie. Wir befassen uns in jedem Einzelfall mit Ihnen individuell und ganz persönlich. Vielleicht eher im Hintergrund, aber oft mit den entscheidenden Hinweisen für Ihre Behandlung mit dem Ziel der Heilung. Jede Krebsdiagnose wird vom Pathologen gestellt Höchstpersönlich mit seinen zwei Augen. Individuell für jede Patientin und jeden Patienten. Der Facharzt für Pathologie beurteilt immer selbst Ihre Gewebe oder Zellen. Das Mikroskop ist sein wichtigstes Arbeitsmittel. Mit ihm sucht er die Muster, die auf Krankheiten wie Krebs hinweisen könnten. Er ist derjenige, der zum Beispiel das eventuelle Vorliegen von Krebs definitiv feststellt oder ausschließt. Aber Krebs ist nicht gleich Krebs. Er kann beispielsweise mehr oder weniger bösartig sein. Die Gewebemuster und Genanalysen erzählen uns von dem „Charakter“ Ihres Tumors. Auch wenn die Diag- nose Krebs gestellt wurde, besteht häufig berechtigte Hoffnung auf Heilung. Ob mögliche Therapien bei Ihnen anschlagen werden, kann von uns in zahlreichen Fällen vorausschauend (prädiktiv) untersucht werden. www.pathologie.de krankheitsbilder7 seltene krebserkrankungen Individuell lebensgefährlich Von Helge Denker A Unter den Seltenen Erkrankungen tauchen auch etwa hundert seltene Formen von Krebs auf. Diese unterscheiden sich sehr stark, was Heilungschancen, Behandlungsmöglichkeit und die Neigung zur Bildung von Metastasen betrifft. Doch immer mehr Ärzte sind auch auf Patienten mit seltenen Krebsformen gut vorbereitet. ussagen von Ärzten, wie „Diese Krebserkrankung kommt äußerst selten vor“ oder „Das haben wir hier noch nie gesehen“, werfen bei Krebspatienten und Angehörigen viele Fragen auf. Laut dem Krebsinformationsdienst berichten betroffene Patienten dann oft von ihrer Angst, dass möglicherweise keine Behandlungsansätze für ihre Erkrankung existieren könnten. Doch in der Praxis greifen Ärzte auch bei der Behandlung Seltener Erkrankungen auf vorhandene Erfahrungen zurück und nutzen eine bei ähnlichen Erkrankungen übliche und bewährte Therapie. Für einige seltene Tumorerkrankungen existieren sogar eigene medizinische Leitlinien, an denen sich Ärzte bei der Behandlung orientieren können. Selten heißt dabei nicht nur, dass von einer Erkrankung nur relativ wenige Menschen betroffen sind: Unter Umständen ist der diagnostizierte Tumor an sich gar nicht selten, sondern lässt sich einer häufigeren Krebsart zuordnen – er ist nur an einem ungewöhnlichen Organ oder Gewebe entstanden. Krebserkrankung während der Schwangerschaft Auch andere, schon vorher bestehende Erkrankungen können dazu führen, dass für einen Tumorpatienten nicht jede der üblichen Krebsbehandlungen infrage kommt, sondern individuelle Lösungen gefunden werden müssen. Eine besondere Situation ist zum Beispiel eine Krebserkrankung während der Schwangerschaft. Es gibt viele weitere Faktoren, die eine eigentlich nicht ungewöhnliche Krankheitssituation besonders machen. So wachsen einige Tumoren unter bestimmten Therapien sogar, oder sie entstehen an anderen Stellen neu. Ein anderes Beispiel sind Weichteilsarkome, also Krebserkrankungen des Binde- und Stützgewebes. Von den etwa 80,5 Millionen Menschen in Deutsch- land erkranken pro Jahr knapp 4.000 daran, also etwas weniger als fünf von 100.000 Einwohnern. Weichteilsarkome sind damit wesentlich seltener als beispielsweise Brustkrebs mit mehr als 70.000 neuen Patientinnen oder Prostatakrebs mit mehr als 65.000 Neuerkrankungen pro Jahr. Die Gruppe der Weichteilsarkome umfasst zahlreiche Unterformen, wie beispielsweise Liposarkome, Rhabdomyosarkome oder Leiomyosarkome. Es gibt zudem Tumorarten, die zwar im weitesten Sinn Weichteilsarkome sind, in Statistiken aber meist als eigenständige Krebsart erfasst werden, etwa Mesotheliome. Hinzu kommt: Weichteilsarkome treten an ganz unterschiedlichen Stellen im Körper auf, etwa an Armen, Beinen, im Bauchraum, oder in verschiedenen Organen. Es kann daher vorkommen, dass ein Arzt zwar viele Patienten mit Weichteilsarkomen behandelt hat, aber eine bestimmte Weichteilsarkom-Unterart oder die Erkrankung an einem bestimmten Körperteil erst wenige Male gesehen hat. Dennoch ist ein Patient mit einem Weichteilsarkom in der Regel kein „medizinischer Einzelfall“. Ärzte in größeren Kliniken wissen meist genau, welche Therapiemöglichkeiten es gibt. Sie können laut Krebsinformationsdienst auf eine große Anzahl veröffentlichter Studien und Behandlungsempfehlungen zugreifen – und im Zweifel an ein Bei seltenen Krebserkrankungen ist bei der Therapie Vorsicht geboten, da durch sie unter Umständen weitere Tumoren entstehen können. fokusinterview „Gezielte Suche nach Mutationen rettet Leben“ Kommt ein Mensch mit einer Keimbahnmutation in einem Tumorgen zur Welt, sind alle Zellen im Körper davon betroffen. Dadurch besteht ein deutlich erhöhtes Risiko, an Krebs zu erkranken. „Eine Identifizierung der Gen- veränderung sowie gezielte Früherkennungsprogramme sind überlebenswichtig“, weiß Prof. Dr. med. Brigitte Schlegelberger, Direktorin des Instituts für Humangenetik der Medizinischen Hochschule Hannover. Worin liegt die Problematik in der Diagnose erblicher Krebserkrankungen? Häufig werden sie übersehen und als normale Krebserkrankung oder Leukämie betrachtet. Tritt beispielsweise eine Brustkrebserkrankung im Zusammenhang mit dem Li-Fraumeni-Syndrom (LFS) auf, kann eine Bestrahlung zu weiteren Krebserkrankungen führen. Hat man durch eine genetische Untersuchung ein LFS gesichert, wird nach Möglichkeit auf die Bestrahlung verzichtet. Zusätzlich kann bei Verwandten gezielt nach dieser Genmutation gesucht werden. Diejenigen, die die Genveränderung nicht tragen, haben kein erhöhtes Erkran- spezialisiertes Zentrum für Seltene Erkrankungen überweisen. Nur 750 Patienten erkrankten an Knochen- und Knorpelkrebs Wie oft einzelne Krebserkrankungen auftreten, werten in Deutschland die Krebsregister aus. Sie fassen in ihren statistischen Erhebungen Zahlen zu Tumorlokalisationen zusammen und orientieren sich dabei am jeweiligen Oberbegriff für die Erkrankungen. In den Registern werden auch Krebserkrankungen aufgeführt, die nur wenige Menschen betreffen: an Morbus Hodgkin, einer Lymphomform, erkrankten 2010 nur etwa 2.200 Patienten. Unter dem Punkt „seltene Lokalisationen“ finden sich in der Krebsregister-Broschüre „Krebs in Deutschland 2014” auch erstmals Zahlen zu weiteren seltenen Tumorarten: Dazu zählen beispielsweise Tumoren des Dünndarms, etwa 1.830 Menschen erkrankten 2010 neu daran; oder Tumoren in Knochen und Knorpel, etwa 750 Menschen waren 2010 erstmals betroffen. Neue molekularbiologische Verfahren ermöglichen es, immer mehr individuelle Eigenschaften eines Tumors zu identifizieren. Dadurch lassen sich auch mehr und mehr Unterformen einer Krebsart beschreiben. Mediziner hoffen, Patienten auf dieser Basis in Zukunft zielgerichtete Behandlungen anbieten zu können, die genau auf die Eigenschaften ihres Tumors zugeschnitten sind. ● kungsrisiko. Bei denen, die die Genveränderung tragen, können Tumoren frühzeitig erkannt und somit Leben gerettet werden. Können Sie uns ein Beispiel für den Verlauf von LFS geben? Ja. Ein Kind mit einem Li-Fraumeni-Syndrom hat mit vier Monaten einen Hirntumor bekommen, mit vier Jahren eine Leukämie und mit fünf Jahren einen Nierentumor. Dank optimaler Therapie hat das Kind überlebt und geht nun in den Kindergarten. Wie kann eine optimale Versorgung von Patienten mit erblichen Krebserkrankungen aussehen? Wir brauchen Zentren mit hoher Expertise, in denen interdisziplinär zusammengearbeitet wird. Vor allem müssen wir Entstehung und Verlauf der Erkrankungen besser verstehen lernen. Und die zum Teil sehr aufwendigen und speziellen Früherkennungsuntersuchungen sollten endlich vollständig von den Kassen übernommen werden. 8krankheitsbilder cystische fibrose Was für ein Schleimer Von Eva Herzog Mukoviszidose ist eine gefürchtete Krankheit unter den Seltenen Erkrankungen, vor allem weil sie bisher meist nur symptomatisch behandelt wird. Um die Krankheit genau zu klassifizieren, hilft ein Gentest. Der Test kann je nach Genotyp individuell feststellen, ob eventuell eine neue Therapiemöglichkeit infrage kommt. I n Deutschland leiden derzeit 8.000 Menschen an Mukoviszidose, die auch Cystische Fibrose (cf) genannt wird. Für Eltern, die gerade erfahren haben, dass ihr Kind daran erkrankt ist, gehören Ratlosigkeit und Betroffenheit zu den ersten Reaktionen. Die Menge an Informationen über die angeborene Stoffwechselkrankheit und deren Verlauf ist mitunter überwältigend und verwirrend, und die nach heutigem Wissen angenommene, verkürzte Lebenserwartung beunruhigt die jungen Eltern zutiefst. Gekennzeichnet ist die Erkrankung dadurch, dass die Drüsensekrete der exokrinen Drüsen, also die der Lunge und des Magen-Darm-Trakts, extrem zähflüssig sind und dadurch nicht mehr richtig abfließen können. Hervorgerufen wird dieser Zustand durch einen Gendefekt, der eine Rückresorption von Chloridionen unmöglich macht oder stark erschwert. Dadurch, dass die Sekrete so dickflüssig sind, entstehen ganz unterschiedliche Funktionseinschränkungen oder Störungen und Entzündungen an ganz verschiedenen Organen. Umso wichtiger ist es daher, dass die Krankheit früh diagnostiziert wird, was allerdings häufig gar nicht so einfach ist, gerade weil die Symptome sehr unterschiedlich ausfallen können. Eine genaue Diagnostik bestimmt die Genmutation Bei Neugeborenen kann schon sehr früh durch eine Blutprobe festgestellt werden, ob weitere Untersuchungen zur Abklärung nötig sind. Wird das kindliche Blut zweifach positiv getestet, wird ein Schweißtest durchgeführt, der misst, ob der Chloridgehalt erhöht ist. Damit kann eine sehr sichere Aussage getroffen werden, ob Mukoviszidose als Krankheit infrage kommt. Um eine genaue Differenzierung der Krankheit zu treffen, gibt es inzwischen einen Gentest, der in 90 Prozent der Fälle feststellen kann, um welche Genmutation es sich handelt. Dafür wird Blut im Labor auf die entsprechenden Parameter hin untersucht und der entsprechende Genotyp ermittelt. Zwar beginnt Mukoviszidose häufig mit recht harmlos klingenden Lungenbeschwerden wie rezidivierenden Atemwegsinfekten bei Säuglingen; doch es sind auch Erstsymptome wie ein lebensgefährlicher Darmverschluss bei der Cystischen Fibrose möglich. Dieser wird lerweile aber wurden Medikamente häufig dadurch hervorgerufen, dass der entwickelt, die eine enorm positive erste, zähe Stuhlgang der Säuglinge den Wirkung auf die Krankheit haben, weil Darm verstopft und nicht ausgeschiesie in der Lage sind, den Chloridfluss zu den werden kann. Sind die Patienten älverbessern, indem sie die Funktion der ter, kommt es neben einer chronischen Kanäle in der Zellwand optimieren oder Bronchitis häufig zu schweren Lungenweitere Kanäle zur Verfügung stellen. entzündungen, die für die Patienten Damit kann beispielsweise die Verflüssiohne Transplantatigung von Schleim in on meist tödlich ender Lunge bewirkt Die Bestimmung det. Die Betroffenen werden, oder dass des Genotyps kann leiden in der Regel sich die Bauchspeiaufzeigen, welche an Magen-Darm-Becheldrüse soweit Medikamente wirken. entspannt, schwerden, wobei die dass Bauchspeicheldrüse den Patienten eine extrem stark von den Verbesserung ihres Störungen betroffen ist, weil die VerKörpergewichts möglich ist. Diese Medauungssäfte nur unzureichend für den dikamente wirken allerdings nicht pauNahrungsstoffwechsel zur Verfügung schal bei jedem, der an Mukoviszidose stehen. Dadurch können wiederum weierkrankt ist, sondern beziehen sich häutere Erkrankungen entstehen, wie zum fig auf einen speziellen Genotyp und gelBeispiel Diabetes mellitus oder auch ten als mutationsspezifische Therapien. schwere Gedeihstörungen bis hin zu Auch wenn die Krankheit damit noch Cor pulmonale. nicht komplett geheilt werden kann, so ist es mit den neuen Medikamenten oft Die medikamentöse Versorgung möglich, das schwere Krankheitsbild hat sich verbessert abzumildern oder soweit zu modulieBisher konnte Mukoviszidose nur symp­ ren, dass sich der bisher oft schwere tomatisch behandelt und die KrankKrankheitsverlauf positiv beeinflussen heitssymptome gelindert werden. Mittlässt. ● „ Quelle: IGES, 2014 Umsatzzuwachs auf dem deutschen Arzneimittelmarkt im Jahr 2013 gegenüber dem Vorjahr (in Millionen Euro) Rheumatoide Arthritis und andere Systemerkrankungen 113 Multiple Sklerose (Immuntherapie) 91 Erhöte Thrombozytenaggregationsneigung 77 Mittel mit Wirkung auf das Renin-Angiotensinsystem (Hypertonie) 51 Säure bedingte Erkrankungen 47 Bakterielle Infektionen 39 Verschiedene Krebserkrankungen 36 Asthma, COPD 35 HIV/AIDS 32 Makuladegeneration 29 Diabetes mellitus (Teststreifen) 28 Neuropathische Schmerzen 24 Mukoviszidose 21 Lipidsenker Psoriasis Antidepressiva 18 16 15 innovation9 W issenschaftliche Forscher in Europa, den usa und Australien wollen gemeinsam neue Standards auf dem Gebiet der Diagnose und Therapie seltener Erkrankungen setzen. Ihre Forschung wird von der Europäischen Kommission mit zwölf Millionen Euro finanziert. Die Forschung am Projekt Neuromics (Integrated European project on omics research of rare neuromuscular and neurodegenerative diseases), wird von Professor Olaf Riess vom Institut für Medizinische Genetik und Angewandte Genomik der Universität Tübingen koordiniert. Es konzentriert sich auf die seltene neurodegenerative und neuromuskuläre Erkrankungen. In ganz Europa sind etwa eine halbe Million Menschen von diesen Krankheiten betroffen. Laut Global Genes-Projektleiden 350 Millionen Menschen weltweit an einer Seltenen Erkrankung, während die Europäische Organisation für Seltene Erkrankungen Eurordis schätzt, dass 5.000 bis 7.000 Seltene Erkrankungen existieren, die etwa sechs bis acht Prozent der Bevölkerung in der Europäischen Union betreffen. Den ganzen Heuhaufen auf einmal untersuchen Das Forschungsteam, das aus akademischen Einrichtungen und Unternehmen besteht, will mithilfe neuester Technologien die Diagnose dieser Krankheiten verbessern und neue Therapien auf der Basis der Me- diagnostik In Zukunft besser erkennen Für viele Seltene Erkrankungen gibt es immer noch keine sichere Diagnostiklösungen. Doch ein internationales Team von Wissenschaftlern arbeitet gemeinsam an neuen Methoden, um Seltene Erkrankungen in Zukunft besser erkennen und bekämpfen zu können. Eine Schwerpunkt liegt dabei auf seltenen neurodegenerativen und neuromuskulären Erkrankungen. Von Helge Denker chanismen jeder einzelnen Krankheit entwickeln. Der Fokus liegt dabei auf zehn Seltenen Erkrankungen, darunter Ataxie, spastische Paraplegie, Morbus Hunting- Durch deutlich verbesserte Analysemethoden können menschliche Gene erheblich schneller als zuvor untersucht werden. ton, Muskeldystrophie oder spinale Muskelatrophie. Die Ergebnisse sollen sofort in der Praxis angewendet werden können und so einen unmittelbaren Nutzen für die Patienten schaffen. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeit, die 2012 gestartet ist und bis 2017 dauern soll, stehen die seltenen neurologischen Erkrankungen. Sie bietet laut Professor Riess die Chance, für die Mehrzahl der Erkrankungen eine Diagnostik zu etablieren und für einige eine Therapie zu entwickeln. Da rund 80 Prozent der Seltenen Krankheiten genetisch bedingt sind, liegt ein Schwerpunkt der Forschung auf der Genotypisierung. Durch modernste Sequenziertechnik besteht neuerdings die Möglichkeit, eine Vielzahl von Genen beziehungsweise Genabschnitten gleichzeitig zu untersuchen. Das Finden von bereits bekannten und neuen genetischen Veränderungen wird dadurch deutlich einfacher, schneller und preiswerter. Für die seltenen neurodegenerativen und neuromuskulären Erkrankungen bedeutet das, dass die Diagnostik, die bisher oft der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen glich, in der Lage sein wird, den gesamten Heuhaufen in seinen einzelnen Bestandteilen auf einmal zu untersuchen. Zentren für unerkannte Krankheiten gibt es in einigen großen Krankenhäusern und Uni-Kliniken. Bei der Einbindung von Medizinstudenten ist laut dem Nationalen Aktionsbündnis für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (namse) Frankfurt der Vorreiter. Aber auch Kliniken in Bonn und Ulm arbeiten mit Studierenden als Gesundheitsfahnder – Fernseharzt Dr. House lässt grüßen. ● anzeige www.achse-online.de Schmittgall Werbeagentur werbebeitrag – interview „Diagnose und Therapie bei Sklerodermie“ Systemische Sklerose (SSc) ist eine besonders tückische Autoimmunerkrankung, die Haut, Bindegewebe und innere Organe betreffen kann. Ein mögliches Anzeichen für eine beginnende SSc ist das Raynaud-Phänomen (Weißfingerkrankheit). Da schwere Fälle der SSc auch zum Tode führen können, werden neue Konzepte für Diagnose und Therapie benötigt. Was ist das Einzigartige an den Entwicklungen von Protagen? Blut basierte Tests auf einzelne Autoantikörper sind in der Autoimmun- und SSc-Diagnostik etabliert. Protagen ermöglicht nun erstmals die Identifizierung aller krankheitsspezifischen Autoantikörper. Diese sind dann die Basis für eine verbesserte, frühere Diagnose von SSc und anderer Autoimmunerkrankungen. Zudem können wir so den Verlauf der Erkrankungen prognostizieren und erstmalig die Wirksamkeit von Medikamenten voraussagen. Warum nun einen neuen Test für SSc? Bei SSc gibt es individuell sehr unterschiedliche Krankheitsverläufe und die richtige Diagnose ist generell schwierig. Eine optimale Therapie von Patienten mit Organschädigungen ist hingegen nur durch eine möglichst frühe Diagnose möglich. Hier setzt unser Test an. Wann wird Ihr SSc Test zur Verfügung stehen? Mit unseren Partnern in Europa und Nordamerika ist der diagnostische Test in der finalen klinischen Erprobung und wird 2015 für Patienten und Ärzte verfügbar sein. WIR BITTEN UM AUFMERKSAMKEIT Josephine hat das Williams-Beuren-Syndrom Wer hilft, wenn niemand helfen kann?! Rund 4 Mio. Menschen in Deutschland leiden an einer chronischen, seltenen Krankheit. Ein großer Teil der Kranken sind Kinder. Die „Seltenen“ fallen durch das Raster unseres Gesundheitssystems. Die ACHSE springt ein, berät Kranke und ihre Angehörigen im Umgang mit der Krankheit, fördert das Netzwerk, und gibt den „Seltenen“ eine Stimme. Helfen Sie uns, zu helfen. Mit Ihren Ideen, Ihrem Know-how oder mit Ihrer Spende! Schirmherrin: Eva Luise Köhler Spendenkonto: ACHSE e.V. Bank für Sozialwirtschaft BIC: BFS WDE 33 IBAN: DE89 3702 0500 0008 0505 00 www.protagen.com Achse-AZ_Josephine_112x156_RZ_ISOnewspaper26v4_19-11-14.indd 1 19.11.14 17:23 10innovation anästhesie Leicht zu übersehen Von Helge Denker Ein Problem bei Patienten mit Seltenen Erkrankungen ist, dass Anästhetika bei Operationen unerwünschte Nebenwirkungen auslösen können. In einigen Fällen verschlimmert sich dadurch sogar das Krankheitsbild. Doch immer mehr Anästhesisten wissen, wie sie sich auf diese Art von Patienten einstellen müssen. P rofessor Dr. Peter Tonner, Chefarzt am Klinikum Links der Weser in Bremen und von Haus aus Anästhesist und Intensivmediziner, warnt: „Seltene Erkrankungen werden schnell übersehen” Wichtig sei es bei einer Operation, dass die Anästhesie darauf achte, dass die Atemwege des Patienten frei bleiben, was zum Beispiel bei Missbildungen im Gesicht problematisch sein kann. Auch sei es wichtig, einen Patienten mit einer Seltenen Erkrankung zu fragen, welche Medikamente er einnimmt, um unerwünschte Wechselwirkungen ausschließen zu können. Oft werden bestimmte Arzneimittel für die Narkose von Patienten nicht vertragen, sodass andere eingesetzt werden müssen. Bei der sogenannten Malignen Hyperthermie zum Beispiel reagiert der Patient auf ein bestimmtes Narkosemittel mit einem erhöhten Stoffwechsel sowie mit Fieber. Gleichzeitig wird der Körper nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt und es besteht Lebensgefahr. Doch dagegen gibt es ein sehr gutes Medikament. „Das weiß heute jeder Anästhesist”, so Tonner, der mit zwei Co-Autoren ein medizinisches Fachbuch über „Anästhesie und Begleiterkrankungen” verfasst hat. Diese Seltene Erkrankung kann einerseits von den Eltern vererbt werden, sie kann andererseits auch im Mutterleib durch eine Mutation entstehen. Der Arzt kann die Erbform der Krankheit bei der Anamnese feststellen, indem er nachfragt, ob Todesfälle in der Familie unter Narkoseeinwirkung bekannt sind. Ist die Krankheit durch Mutation entstanden, wird es erheblich schwieriger, hier hilft unter Umständen ein Labortest mit einer Muskelgewebeprobe bei der Erkennung der Krankheit. Symptome behandeln, ohne die Krankheit zu kennen Doch auch wenn eine Seltene Erkrankung im Vorfeld nicht erkannt wird, können viele Symptome behandelt werden, zum Beispiel ein erhöhter Hirndruck. Dieser lässt sich gezielt senken, unabhängig von der aktuellen Ursache. In vielen Fällen unterscheidet sich eine Narkose bei Patienten mit einer Seltenen Erkrankung nicht von einer üblichen Narkose, die mit großer Sorgfalt durchgeführt wird. Grundsätzlich müsse man bei Narkosen immer die Risiken abschätzen und so weit wie möglich reduzieren. Das gilt besonders bei Notfällen, wenn eine Anamnese nicht oder nur eingeschränkt möglich ist und die Narkose quasi „ohne Vorkenntnisse“ erfolgt. Bei der Überwachung des Patienten helfen auch technische Innovationen: So werden mithilfe einer kleinen Elektrode auf der Stirn des Patienten laufend seine Gehirnströme gemessen und überwacht. Der Computer zeigt dem Anästhesisten dabei einen Wert zwischen 0 und 100, wobei 100 für den Wachzustand steht. Liegt dieser Wert zwischen 40 und 60, ist die Narkose optimal, bewegt sich der Wert aus diesem Bereich, könne gezielt nachdosiert werden. Das Ziel sei es, so viel wie nötig und so wenig wie möglich zu dosieren. ● werbebeitrag – interview Damit bei der Narkose für eine Operation alles gutgeht, sind eine umfangreiche Anamnese und ständige Überwachung notwendig. „Sichere Anästhesie“ OrphanAnesthesia ist ein Projekt der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin. Projektleiter Professor Dr. med. Tino Münster erklärt, warum das Projekt einen wichtigen Schritt für die Erhöhung der Patientensicherheit darstellt. Welches Ziel verfolgt Ihr Projekt? Ziel des Projektes ist die Veröffentlichung von Handlungsempfehlungen zur Durchführung von Narkosen bei Patienten mit Seltenen Erkrankungen. Das Problem dabei ist, dass es in den meisten Fällen nur wenig gesicherte Erkenntnisse darüber gibt, welche Schwierigkeiten auftreten können und wie die Narkose sicher durchgeführt werden kann. Wie möchten Sie dieses Ziel erreichen? Unsere Handlungsempfehlungen werden von erfahrenen Anästhesisten erstellt und von Fachexperten begutachtet. Damit stellen wir sicher, dass unsere Empfehlungen den neuesten Wissensstand wiedergeben. Wie werden die Handlungsempfehlungen publiziert? Die Sprache unserer Handlungsempfehlungen ist Englisch. Somit können wir die Empfehlungen allen Ärzten, Patienten und interessierten Organisationen weltweit zur Verfügung stellen. Unser Angebot ist kostenfrei. Wie kann man OrphanAnesthesia unterstützen? Nehmen Sie per E-Mail Kontakt mit uns auf (info@ orphananesthesia.eu) oder unterstützen Sie uns in Form einer Spende. Spendenkonto: Stiftung Deutsche Anästhesiologie, IBAN: DE11 3006 0601 0007 9274 79 BIC: DAAEDEDD. www.orphananesthesia.eu werbebeitrag – produktportät Brückenbauer für betroffene Kinder Tanja war ein 13-jähriges aufgewecktes und lebenslustiges Mädchen und liebte ihre Gymnastikstunden. Eines Tages zeigte sich eine plötzliche Lähmung ihres rechten Beines. Später kamen auch Sprachprobleme dazu. Der Kinderarzt hatte keine Erklärung für diese Symptome und schickte die Familie wieder nach Hause. Wenige Monate später und dem erneuten Auftreten der Lähmungen und Sprachstörungen stand die Diagnose fest. Es war Moyamoya, eine der über 7.000 inzwischen bekannten Seltenen Krankheiten, englisch auch als Orphan Disease bekannt. Bis vor Kurzem konnten so ein Verschluss der Gehirn­ arterien mit bleibenden Schäden wie bei einem Schlaganfall nur in den USA operiert werden. Heute ist dies auch in wenigen Zentren in Europa möglich, weil Seltene Krankheiten immer häufiger Unterstützer finden. Medikamente, um Tanjas Gefässe im Hirn offen zu halten, gibt es aber bis heute noch keine. Tanja geht es heute, nach mehreren Operationen, wieder besser. Sie bekam ihr Selbstvertrauen zurück und geht wieder auf andere Kinder zu. Dazu beigetragen hat auch das Comicbuch für Kinder und der Hund, der Stiftung Orphanbiotec. Über 20 Millionen Kinder leben mit einer Seltenen Krankheit in Europa. Damit sich das ändert, forscht die Schweizer Stiftung Orphanbiotec und bietet mit ELFEN HELFEN® ein Gesundheitsförderprogramm für betroffene Kinder und Familien an. Um noch erfolgreicher agieren zu können, sucht die Stiftung dringend Gönner und Patrons. www.orphanbiotec-foundation.com innovation11 forschung Mit Geduld und Spucke Von Mike Paßmann Die Forschung für Seltene Erkrankungen erfolgt meist in sehr kleinen Schritten, umsetzbare Ergebnisse lassen Jahre auf sich warten, dafür ist die Materie schlicht meist Neuland für die Mediziner. Ohne die Forschung jedoch gäbe es für (künftige) Betroffene kaum mehr Perspektiven. M ichael Müller wird mit dem Verdacht auf eine Endokarditis, also einer Entzündung der Herzinnenhaut, ins Krankenhaus eingeliefert. Symptomatik und Bildgebung weisen auf einen schweren Verlauf hin, der einer umgehenden Operation bedarf. Doch während der op zeigt sich bereits, dass die ursprüngliche Diagnose wahrscheinlich nicht korrekt ist. Die Pathologie bringt Klarheit: Müller leidet an einem Systemischen Lupus erythematodes, kurz sle, einer seltenen Autoimmunkrankheit, die auch Organe angreifen und unbehandelt zum Tode führen kann. Für den Patienten bedeutet die eher zufällig gestellte Diagnose Glück im Unglück, der behandelnden Uni-Klinik bringt sie einen wirtschaft- lichen Schaden von mehreren Tausend Euro. Der Grund dafür liegt am Honorierungssystem, nach dem Krankenhäuser medizinische Leistungen fallbezogen abrechnen können – Seltene Erkrankungen sind dort jedoch nicht vorgesehen. Statt der entstandenen Kosten in Höhe von 9.000 Euro werden nur 3.500 Euro vergütet. Uni-Kliniken in Not Dabei sind es zurzeit vor allem die Uni-Kliniken, die Seltene Erkrankungen behandeln, da dort am ehesten nach Ursprüngen, Verläufen, Diagnose- und Therapiemethoden bestimmter seltener Krankheitsbilder geforscht wird. Denn anderswo wurden die Patienten längst aufgegeben. Doch diese Forschungsarbeit wird nicht ausrechend honoriert: 2013 haben 17 der 33 Kliniken rote Zahlen geschrieben, insgesamt ist ein Minusbetrag von 161 Millionen Euro aufgelaufen. In der Folge könnte die Entwicklung neuer Therapien dem Rotstift zum Opfer fallen, weil beispielsweise für die Durchführung von klinischen Tests kein Geld mehr vorhanden ist. Den Patienten wäre damit nicht gedient. geforscht werden kann und es schnellstmöglich zu am Patienten umsetzbaren Ergebnissen kommt – auch wenn nur wenige Menschen überhaupt für Forschungszwecke zur Verfügung stehen. Zurzeit gibt es zwölf dieser Forschungsverbünde, beispielsweise das Netzwerk für Mitochondriale Erkrankungen, das Netzwerk für Autoinflammatorische Syndrome bei Kindern und Jugendlichen oder das Netzwerk für Erbliche Netzhauterkrankungen. Über einen Zeitraum von drei Jahren gibt es für die unter der Bezeichnung „Research For Rare“ zusammengefassten Netzwerke vom bmbf eine finanzielle Unterstützung in Höhe von 20 Millionen Euro. Wissen verknüpfen Doch es gibt auch viele positive Impulse, durch immer mehr forschende Pharmaunternehmen, aber auch unter anderem durch den „Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen“, kurz namse. Die 2010 gemeinsam von der Bundesregierung und den im Bereich Seltene Erkrankungen tätigen Selbsthilfeorganisationen entwickelte Schnell mal ausgelesen Initiative verfolgt als eines seiner wichViele Seltene Erkrankungen haben ihren tigsten Ziele die Forschungsförderung Ursprung in einem genetischen Defekt. für diesen Bereich und möchte nationaHier setzt das „next generation sequenle und internationale Experten miteinzing“ an: Eine neue Methode reduziert ander vernetzen. Das BundesministeAufwand und Kosten, in dem Millionen rium für Bildung und Forschung, kurz der winzigen dna-Abschnitte parallel bmbf, beteiligt ausgelesen und nach sich unter andebestimmten Fehlern Wenn Forscher sich rem an deutschen untersucht werden. vernetzen und Wissen und europäischen Sind sie lokalisiert, austauschen, geht es Forschungskoopemüssen ihre Funktietwas schneller voran. onsweisen erforscht rationen mit bis zu 27 Millionen Euro werden; Behandbis zum Jahr 2018, lungsansätze gibt es bei denen zum Beispiel Krankheitsmejedoch meist nur wenn klar ist, unter chanismen und genetische Ursachen welchen Bedingungen die Zellen mutieergründet werden. ren und was zum Auslösen der SymptoWichtig ist auch die Zusammenme führt. Ein beschwerlicher Weg also – führung von Wissen zu spezifischen der den Betroffenen über kurz oder lang Erkrankungen, damit systematisch Nutzen bringen kann. ● „ Wichtig für die Erforschung Seltener Erkrankungen ist der Austausch der gewonnenen Daten. werbebeitrag – interview „Auch für kleine Patientengruppen Therapien ermöglichen“ Meist ist der Forschungsaufwand für Therapien für Seltene Erkrankungen immens groß, der Kundenkreis jedoch besteht nur aus wenigen Patienten. Für das italienische Pharmaunternehmen Sigma-Tau steht diese Patientengruppe jedoch im Fokus. Dr. Marc-Oliver Rauch, Geschäftsführer der deutschen Niederlassung, erläutert im Gespräch Hintergründe und Ziele des Unternehmens. Warum engagiert sich Sigma-Tau so stark bei der Erforschung nach therapeutischen Lösungen für Seltene Erkrankungen? Wir sind der Überzeugung, dass auch die meist sehr kleinen Patientengruppen einzelner Seltener Erkrankungen eine Therapie und eine Linderung ihrer Symp­ tome erhalten sollten. Viele Pharmaunternehmen scheuen die hohen Forschungskosten in diesem Bereich im Vergleich zum erwartenden Gewinn. Das ist bei uns nicht der Fall, in unserem seit 1957 bestehenden Unternehmen in Familienbesitz sind 220 der circa 2.000 Mitarbeiter an Lösungen für die sogenannten Rare Diseases tätig. Für welche Erkrankungen bieten Sie bereits Therapien an? Unter anderem für die akute lymphatische Leukämie (ALL), von der häufig Kinder betroffen sind. Unser Produkt baut den Asparaginspiegel im Blut ab, wodurch den Tumorzellen ein Wachstumsfaktor entzogen wird. Für ein anderes Präparat konnten wir in diesem Jahr die Indikation für die seltene Hirntumorart, das anaplastische Oligodendrogliom, erhalten. Für den seltenen, vererbten Carnitin-Transporter-Defekt bieten wir L-Carnitin an. Was ist künftig von Sigma-Tau zu erwarten? Wir haben unter anderem ein verbessertes ALL-Therapeutikum mit längerer Halbwertzeit in der Pipeline sowie Produkte, die bei seltenen Stoffwechselerkrankungen zum Einsatz kommen könnten. Wir arbeiten zudem an der Zulassung für ein Präparat bei schweren kombinierten Immun­defekten. www.sigma-tau.de 12innovation arzneimittelzulassung Vereinfachter Markteintritt Von Mike Paßmann Hohe Entwicklungs- und Vermarktungskosten, aber nur eine überschaubare Zielgruppe – für Pharmaunternehmen bedeuten Arzneimittel, die bei Seltenen Erkrankungen zum Einsatz kommen, ein hohes wirtschaftliches Risiko. Eine europäische Verordnung bietet den Unternehmen Anreize zur Entwicklung der Medikamente. Derzeit gibt es nur für 44 Seltene Erkrankungen Zulassungen – bei mehr als 7.000 Krankheitsbildern. A rzneimittel für Seltene Erkrankungen werden auch als Orphan Drugs bezeichnet. Der englische Begriff orphan, übersetzt „die Waise“, trifft die Situation sehr genau, denn nur für einen verschwindend geringen Teil der bekannten seltenen Erkrankungen gibt es überhaupt Arzneimittel. Die Mehrheit jedoch spielt für die pharmazeutische Industrie eine untergeordnete oder auch keine Rolle. Sogenannte „Blockbuster“, also Umsätze mit einem Medikament jenseits der Milliarden-us-Dollar-Marke, sind hier noch seltener, als das bei Volkskrankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck der Fall ist. Allerdings gibt es durchaus Potenzial, zum Beispiel durch die sehr große Gruppe an seltenen Krebserkrankungen. Aber auch wegen der für die Pharmaunternehmen reizvollen Möglichkeit, die hohen Entwicklungs- und Vermarkungskosten durch entsprechend hohe Arzneimittelpreise zu überkompensieren. Langer Weg bis zur Zulassung Seit dem Jahr 2000 gibt es eine europäische Verordnung, die den Pharmaunternehmen die Zulassung neuer Arzneimittel für Diagnose, Prävention und Behandlung bei Seltenen Erkrankungen erleichtert. Denn nur dadurch – so war die Überlegung – können auch diese Patienten vom medizinischen Fortschritt profitieren. Zunächst müssen die Wirkstoffe als Orphan-Medizinprodukt vom Committee for Orphan Medicinal Products (comp), das zur europäischen Arzneimittelagentur ema gehört, zugelassen werden. Wichtige Voraussetzungen dafür: Es sind nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen in der eu von der Erkrankung betroffen, die Krankheit ist chronisch, lebensbedrohlich oder führt zur Invalidität und es existiert keine zuverlässige Alternative. Die Pharmaunternehmen müssen den Antrag wissenschaftlich belastbar begründen, wobei sich die Forschungsarbeit entweder noch in den Kinderschuhen befindet, der Wirkstoff noch nicht an Menschen getestet wird oder aber die Wirksamkeit bereits in klinischen Studien am Menschen überprüft wird. Erteilt wird die endgültige Zulassung nach eingehender Prüfung von Risiken, Wirksamkeit und Qualität durch das Committee for Medicinal Products for Human Use (chmp), also dem Ausschuss für Humanarzneimittel. Sie erfolgt nicht eu-weit, sondern muss auch noch von den einzelnen Länderkommissionen erteilt werden. Und: Sie kann auch unter der Bedingung erfolgen, dass bestimmte Daten nachgeliefert werden müssen. Häufiges Problem: Es gibt nur wenige Betroffene für die Durchführung belastbarer Studien. Das sorgt einerseits für eine frühe Zulassung, damit den Menschen rasch geholfen werden kann, andererseits aber auch für eine ständige Erfolgsüberprüfung durch die Behörden. Garantierte Entlastung Für ihr Engagement erhalten die Pharmaunternehmen unter anderem eine attraktive Marktexklusivität für zehn Jahre. Wird der Wirkstoff auch bei Kindern eingesetzt, verlängert sie sich auf zwölf Jahre. Zusätzlich bekommen sie beispielsweise günstige oder auch kostenlose organisatorische Unterstützung, eine deutliche Reduzierung der Gebühren für das Zulassungsverfahren und die jährlichen Inspektionen sowie mitunter beschleunigte Verfahrenszeiten. Insgesamt ergeben sich schnell Einsparungen in Höhe von mehreren hunderttausend Euro. Allerdings belaufen sich Forschungs- und Entwicklungskosten meist auf zweistellige Millionenbeträge. Die Vorteile des Orphan Drug-Status‘ könnte Pharmahersteller dazu verleiten, Wirkstoffe als elementar für die Behandlung Seltener Erkrankungen auszugeben – um unterm Strich eine schnellere Zulassung für abweichende und finanziell reizvollere Indikationen zu erhalten. Die aktuellen Zahlen sprechen jedoch eher gegen diese Vermutung: Derzeit sind nur 75 Medikamente als Orphan Drug gelistet, 35 weitere haben den Status nach Ablauf der zehn beziehungsweise zwölf Jahre wieder verloren. In der Prüfung befinden sich derzeit immerhin mehr als 1.250 Arzneimittel, viele von ihnen für onkologische Erkrankungen. Welche Präparate zugelassen und somit Hoffnung für die Patienten bringen werden, ist völlig unklar – das Engagement der Unternehmen stimmt jedoch positiv. ● Der Zulassungsprozess dauert bei Arzneimitteln meist einige Jahre, bei Seltenen Erkrankungen kann er verkürzt werden. trie übernimmt hier schon länger Verantwortung und hat in der EU bislang mehr als 100 Orphan Drugs auf den Markt gebracht. gastbeitrag Orphan Drugs fördern Volkskrankheiten wie Diabetes oder Bluthochdruck genießen in der Öffentlichkeit eine hohe Aufmerksamkeit. Von Seltenen Erkrankungen hört man dagegen nicht so häufig. Dabei leiden allein in Deutschland rund vier Millionen Men­schen unter einer der rund 6.000 bekannten Erkrankungen. Dazu schreibt Henning Fahrenkamp, Hauptgeschäftsführer Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie. Viele von ihnen haben eine jahrelange Irrfahrt durch unzählige Arztpraxen hinter sich, bevor ihr Leiden überhaupt diagnostiziert wird. Und dann gibt es für die Krank- Menschen mit Seltenen Erkrankungen hoffen auf Forschungs­ erfolge. heit möglicherweise noch gar keine Therapie. Deshalb hoffen Patienten auf Forschungserfolge bei den Orphan Drugs, den Arzneimitteln gegen Seltene Erkrankungen. Wir dürfen sie nicht enttäuschen, denn die Betroffenen haben das Recht, gleichermaßen mit wirksamen und sicheren Arzneimitteln versorgt zu werden, wie Patienten, die an einer Volkskrankheiten leiden. Die Pharmaindus- Forschungsanreize nötig Das kann aber nur ein Anfang sein, denn die Forschung und Entwicklung muss auch in Deutschland noch weiter intensiviert werden. So sieht es auch der Aktionsplan des Nationalen Aktionsbündnisses für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) vor, der 2013 verabschiedet worden ist. Neben Verbesserungen der Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten muss es aus Sicht des BPI aber auch darum gehen, nationale Anreize zum Beispiel durch die Forschungsförderung zu schaffen und die Gebühren für die Beantragung klinischer Studien zu senken. Nicht zuletzt braucht die langfristig angelegte Forschung an Orphan Drugs unbedingt verlässliche Rahmenbedingungen bei der Erstattung. organisation13 selbsthilfe Hilf dir selbst, aber wie? Menschen mit einer Seltenen Erkrankung stehen plötzlich vor der Frage nach der geeigneten Therapie oder dem passenden Medikament. Doch allzu häufig gibt es (noch) keine geeigneten Verfahren um die Krankheit zu heilen oder zu lindern. Wer den Austausch mit anderen Betroffenen sucht, ist mit Selbsthilfeorganisationen gut beraten. K Von Charlotte Klingenthal opfschmerz, Migräne, Bauchweh – wer davon betroffen ist, findet in der Regel Verständnis für die Beschwerden, ganz einfach deshalb, weil sie jeder kennt. Für solche gängigen Krankheiten haben die meisten von uns das passende Mittelchen im Arzneischrank zuhause. Anders geht es den Betroffenen von Seltenen Erkrankungen: Sie haben häufig überhaupt niemanden in ihrem Bekanntenkreis, der ihre Krankheit kennt, versteht oder weiß, wie hoch der Leidensdruck ist, mit dem sie zurechtkommen müssen. Sich immer wieder erklären zu müssen, ist dabei für viele eine zusätzliche Last zur eigentlichen Erkrankung, bei der häufig nur die Symp­tome gelindert werden können. Mitgefühl tut gut Um dennoch Menschen zu haben, die mitempfinden können, wie es sich anfühlt an einer Krankheit zu leiden, die nur wenige Menschen haben und die zudem häufig als nicht heilbar gilt, finden viele ein Forum in eigens dafür eingerichteten Selbsthilfegruppen, Patientenvereinigungen oder in verständnisvollen Gesprächen mit einem Psychologen. Häufig sind es nämlich nur die Ärzte, Physiotherapeuten oder anderes medizinisches Personal, die den Weg der Betroffenen kreuzen und annähernd nachvollziehen können, was die Erkrankung bedeutet. Sie können wertvolle Ansprechpartner sein, wenn es darum geht, geeignete Selbsthilfegruppen oder Stiftungen zu finden, oder sogar selbst zu gründen, um sich mit anderen Patienten und der jeweiligen Krankheit auseinanderzusetzen. Patientenvereinigungen und Stiftungen bieten nicht nur einen verständnisvollen Austausch mit anderen Betroffenen, sondern sind häufig durch eigens finanzierte Forschungsprojekte maßgeblich daran beteiligt, neue Erkenntnisse über die Krankheit und geeignete Therapiemöglichkeiten zu erlangen und unter den Patienten zu verbreiten. Ziel: Seltenen Erkrankungen Gehör verschaffen Durch die geringe Dichte an Betroffenen steht für forschende Pharmafirmen der Aufwand ein neues Medikament zu entwickeln häufig in keiner Relation zum finanziellen Gewinn, der mit dem Medikament erzielt werden kann. Da ist der gewöhnliche Migränepatient besser dran, weil die Krankheit in der Bevölkerung einfach häufiger auftritt. Der Anreiz an neuer Medizin oder besseren Behandlungsmethoden für die Seltenen Erkrankungen zu forschen, ist somit aus ökonomischer Sicht für die Konzerne einfach zu gering, obwohl in Deutschland insgesamt circa vier Millionen Menschen davon betroffen sind. Umso wichtiger ist es daher, sich über die vorhandenen Organisationen ein Gehör bei der Öffentlichkeit zu verschaffen. Als übergeordnete Organisation ist hier beispielsweise der Verein achse e. V. (Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen) tätig, der unter anderem mithilfe von breiter Öffentlichkeitsarbeit und Gesprächen mit Verantwortlichen dabei hilft, dass sich die Lebensumstände und Behandlungsmaßnahmen für Menschen mit den Seltenen Erkrankungen verbessern. ● Wichtig ist die Vernetzung unter den Betroffenen und mit ihr das Gefühl, verstanden zu werden. Bildunterschrift werbebeiträge selbsthilfekompass Standbein e. V. Morbus Osler Selbsthilfe Deutsche Huntington-Hilfe e. V. PFFD, Fibula- oder Tibiadefekte sind angeborene Fehlbildungen, die bei nicht angemessener Versorgung zu starken Bewegungseinschränkungen führen. In Deutschland werden jährlich fünf bis zehn Kinder mit diesen Anomalien geboren. Umso wichtiger ist es, die Informationslage zu verbessern und Kinder aus Entwicklungsländern medizinisch zu unterstützen. Standbein e.V. hilft den Betroffenen und deren Familien. Es ist nicht immer Nasenbluten – es kann auch Morbus Osler sein, eine seltene, erbliche Erkrankung der Blutgefäße und des umliegenden Gewebes. Eine bundesweite aktive Selbsthilfegruppe sowie eine Stiftung konnten ins Leben gerufen werden. Lebenshilfe und der Ausbau der wissenschaftlichen Forschung ist unser Ziel. Bitte helfen Sie! IBAN: DE 18370501981901037034, BIC: COLDSDE33XXX, Sparkasse Köln-Bonn. ist die Selbsthilfeorganisation für die Huntington-Krankheit (HK). Sechs Landesverbände, 40 Selbsthilfegruppen und 50 Kontaktpersonen stehen für die circa 10.000 Betroffenen und ihre Familien zur Verfügung. Durch Informationsmaterial und Informationsveranstaltungen auf Bundes- und Landesebene können Familienmitglieder und Pflegepersonal über die HK lernen und Erfahrungen austauschen. www.standbein-ev.com www.morbus-osler.de www.huntington-hilfe.de Galaktosämie Initiative Deutschland e. V. Galaktosämie ist eine sehr seltene Stoffwechselerkrankung des Kohlenhydrathaushaltes. Aufgrund eines genetischen Defektes fehlt dem Körper ein Enzym, das für den normalen Stoffwechsel benötigt wird. Da nur etwa eines von 40.000 Kindern mit Galaktosämie geboren wird, ist das Wissen zu dieser Krankheit nicht ausreichend verbreitet. Unsere Website, unsere Treffen und unser wissenschaftlicher Beirat sorgen für aktuelle Informationen zur Erkrankung, ihren Folgen und der erforderlichen Diät. Damit bieten wir betroffenen Familien Hilfe zur Selbsthilfe. www.galid.de 14organisation abrechnung Kostenübernahme vorab klären Von Mike Paßmann Das Gesundheitssystem in Deutschland gehört zu den besten der Welt – und dennoch gibt es auch bei uns nur wenige Therapien bei Seltenen Erkrankungen. Einziger Hoffnungsschimmer sind häufig nicht evidenzbasierte Arzneimittel sowie die indikationsfremde Verabreichung von Medikamenten. Diese Möglichkeiten sieht der Gesetzgeber explizit vor. Doch die Tücke steckt vor allem in Abrechnungsfragen. D ie gute Nachricht ist, dass laut Fünftes Buch Sozialgesetzbuch Paragraf 1, die Krankenversicherung als Solidargemeinschaft die Aufgabe hat, „die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder ihren Gesundheitszustand zu bessern.“ Zusätzlich ist geregelt, dass die gesetzlich versicherten Patienten einen Anspruch auf Behandlung nach dem allgemein anerkannten Stand haben und Arzneimittel erstattungsfähig sind, sofern sie für die entsprechende Indikation zugelassen sind. Für die meisten seltenen Krankheitsbilder existieren jedoch keine in medizinischen Leitlinieren beschriebenen anzeige Therapien. Dementsprechend fehlen sie auch im Honorierungssystem der Ärzte. Es lebe die Therapiefreiheit Immer wieder zeigt sich bei bereits etablierten Arzneimitteln, dass sie auch bei anderen Indikationen wirken, zu denen sie jedoch nicht zugelassen sind. Der Gesetzgeber ermöglicht Ärzten im Rahmen ihrer Therapiefreiheit die Verschreibung dieser Medikamente – sogenannter Off-Label-Use –, sofern es sich beispielsweise um eine unerforschte oder Seltene Erkrankung handelt und der Nutzen die Risiken überwiegt. Die Krankenkassen sträuben sich häufig, die Therapiekosten zu überneh- men. Einige Urteile des Bundessozialgerichts haben hier in der Vergangenheit jedoch die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit bestätigt. ten mit Seltenen Erkrankungen in der Regel eine der seltenen Möglichkeiten dar, überhaupt therapiert zu werden. Die Durchführung ist streng reglementiert und muss akribisch dokumentiert Teilnahme an klinischen werden. Für die Kosten kommen in der Studien kostenlos Regel Forschungszentren und PharmaWirkstoffe, die sich noch in der Erforhersteller auf, der Patient muss für die schung befinden Therapie nichts und Beschwerbezahlen. Eine Medikamente dürfen auch Übersicht aktueller den erleichtern bei Indikationen für die oder eine komForschungsarbeisie nicht zugelassen sind plette Heilung in ten und Studien verschrieben werden. Aussicht stellen, liefert unter andemüssen letztlich rem die Webseite am Menschen getestet werden. Diese orpha. net, die von der eu-Kommission klinischen Studien stellen für Patienzur Verfügung gestellt wird. ● „ zu guter letzt, aber nicht das letzte. ein kommentar. Unsere nächste Ausgabe Dankbar sein Tropfen für 800 Euro je Woche, Tabletten für 70.000 Euro im Jahr – pro Patient. Medikamente für Menschen mit Seltenen Erkrankungen sind meist teuer. Dabei versprechen sie vielfach keine Heilung, sondern sorgen „nur“ für einen Aufschub des Unvermeidbaren. Die Lebensverlängerung ist teuer erkauft und kann von starken Nebenwirkungen begleitet werden, die letzten Lebenswochen geraten mitunter zur Qual. Es ist legitim, wenn sich Patienten in diesem Stadium gegen ein aggressives Medikament entscheiden. Wer sich jedoch für ein solches Medikament entscheidet, hat vielleicht das sprichwörtliche Glück in letzter Sekunde und darf einige Zeit länger mit seinen Liebsten verbringen. Möglich ist die Wahl zwischen den Op- tionen nur, wenn weiterhin an Entstehungsmechanismen der Erkrankungen sowie an Diagnose- und Therapieoptionen interdisziplinär geforscht wird. Und dass es letztlich zu einer sinnvollen Anwendung am Patienten kommt. Die Kosten für diesen Aufwand sind immens hoch, entsprechend viel kosten auch die Medikamente. Doch der Preis darf nie ausschlaggebend sein, wenn es um die Erhaltung eines Menschenlebens geht. Wir können dankbar sein, in einem Land mit einem Gesundheitssystem zu leben, dass auch die kostenintensive Versorgung dieser Menschen sicherstellt – denn vielleicht sind wir selbst eines Tages davon betroffen. Eine Publikation des Reflex Verlages zum Thema Investment Ratgeber Themenschwerpunkt Hendi vel iur? Natem quae poreicipsus sum harumqui coriorit ut fugias nonsequi cus eariamustor sum nobitis et reperat urionse ctotatiiscit evel magnam net expla coresti ntibus ut lite magnimintur se percian deriorepe excero corit arum Seite 6 Themenschwerpunkt Hendi vel iur? Natem quae por nonsequi cus eariamustor sum nobitis et reperat urionse ctotatiiscit evel magnam net expla coresti ntibus ut lite magnimintur se percian deriorepe excero corit arum urionse ctotatiiscit net Seite 9 Themenschwerpunkt Ostio. Non conetur restiure quidit fugia prae seque exerum delest vende id magnihil et aut fugiani entiuscit por ad maios acea eum event ipsam uta doluptatiam repuda velignim atempor endaerum et laut labore volorep erovidelenis et as ut venist, ad quate earchicilia sam voluptium eaquat magnis vollaut pliquisquam fugit que nosam quo cores voluptionet Seite 12 dezember 2014 Investmentratgeber Institutionelle wie auch vermögende private Anleger sind in der aktuellen Marktlage teilweise verunsichert und investieren ihr Geld nur zurückhaltend. Mike Paßmann Chefredakteur impressum Projektmanager Ingo Schulz [email protected] Inhalte von Werbebeiträgen wie Unternehmens- und Produktporträts, Interviews, Anzeigen sowie Gastbeiträgen und Fokus­ interviews geben die Meinung der beteiligten Unternehmen wieder. Die Redaktion ist für die Richtigkeit der Beiträge nicht verantwortlich. Die rechtliche Haftung liegt bei den jeweiligen Unternehmen. Weitere Informationen: Sascha Bogatzki [email protected] Redaktion Helge Denker, Eva Herzog, Charlotte Klingenthal, Mike Paßmann, Reflex Verlag GmbH Hackescher Markt 2–3 D-10178 Berlin T 030 / 200 89 49-0 Art Direktion Ann-Kathrin Gallheber [email protected] Der Reflex Verlag greift aktuelle Themen auf, recherchiert zielgruppengenau die Hintergründe und den Markt. Ergebnis sind Publikationen, die gespickt sind mit neuesten Daten, Kommentaren und Beiträgen von weltweit angesehenen Experten und Journalisten. Verständlich aufbereitet und sorgfältig recherchiert für Leser, die eine unabhängige Redaktion zu schätzen wissen. www.reflex-media.net Fotos Thinkstock / Getty Images Eine Publikation der Reflex Verlag GmbH am 11. Dezember 2014 im Handelsblatt. Druck BVZ Berliner Zeitungsdruck GmbH Der Reflex Verlag und die Verlagsgruppe Handelsblatt sind rechtlich getrennte und redaktionell unabhängige Unternehmen. V.i.S.d.P. Redaktionelle Inhalte: Mike Paßmann [email protected] Der Investmentratgeber zeigt auf, welche Anlageformen sie in ihr Portfolio aufnehmen sollten, um ausgeglichen zwischen Ertrag und Risiko erfolgreiches Investment zu betreiben. Mehr am 17. Dezember unter anderem in Die Zeit. Und für alle, die nicht warten möchten, ab dem 16. Dezember in unserer „Reflex Verlag“ App. Zum Download einfach den qr-Code scannen. wir sind dabei Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE) e.V. 3 c/o DRK-Kliniken Berlin-Mitte Drontheimer Straße 39 13359 Berlin [email protected] Vertex Pharmaceuticals (Germany) GmbH Protagen AG 4 Josephspitalstraße 15 80331 München [email protected] Bayer Vital GmbH 5 Robert-Koch-Platz 9 10115 Berlin [email protected] Einsiedlerstrasse 31 A 8820 Wädenswil, Schweiz [email protected] sigma-tau Arzneimittel GmbH 11 Liebherrstraße 22 80538 München [email protected] 9 Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. 10 10 Standbein e.V.– European Association for PFFD, Fibula-und Tibiadefect 12 13 Oberneulander Landstraße 134 C 28355 Bremen [email protected] Morbus-Osler Selbsthilfe e.V. Lessingstraße 13 41372 Niederkrüchten [email protected] Galaktosämie Inititiative Deutschland e.V 13. Orchideenstraße 9 24811 Owschlag [email protected] Friedrichstraße 148 10117 Berlin [email protected] Roritzerstraße 27 90419 Nürnberg [email protected] Forschungsstiftung Orphanbiotec 6 7 Otto-Hahn-Straße 15 44227 Dortmund [email protected] Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin e.V. Jutta Schulze, Unternehmenskommunikation 51366 Leverkusen www.gesundheit.bayer.de Bundesverband Deutscher Pathologen e.V. Medizinische Hochschule Hannover (MHH) Carl-Neuberg-Straße 1 30625 Hannover [email protected] 13 Deutsche Huntington-Hilfe e.V. Falkstraße 73 – 77 47058 Duisburg [email protected] 13 Mehr brauchen Sie nicht. www.ethas.net