Untersuchung von Massenbewegungen und Störungsflächen mit

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Untersuchung von Massenbewegungen und Störungsflächen
mit terrestrischem Laserscanning
Thomas WIATR1 , Tomás FERNANDEZ-STEEGER2 , Klaus REICHERTER1
1 Lehr- und Forschungsgebiet für Neotektonik und Georisiken
2 Lehrstuhl für Ingenieurgeologie und Hydrogeologie
Zusammenfassung
Die Einsatzmöglichkeiten von LiDAR („Light Detection And Ranging“) sind weit
gefächert und bilden durch die hohe räumliche und zeitliche Auflösung der Daten von den
Untersuchungsobjekten eine vielseitige Methode, um koordinatenbezogene Phänomene zu
untersuchen. Das LiDAR ILRIS 3D der Firma Optech wird am Lehr- und Forschungsgebiet
für Neotektonik und Georisiken (NUG) zusammen mit dem Lehrstuhl für
Ingenieurgeologie und Hydrogeologie (LIH) der RWTH Aachen vorwiegend für das
Monitoring verschiedener Arten von geogenen Massenbewegungen und zur Analyse von
aktiven Störungen eingesetzt. Des Weiteren findet die Methode Anwendung bei
archäologischen und geoarchäologischen Projekten. Entsprechende Erfahrungen wurden
bereits in diversen Geländekampagnen auf der Atlantikinsel Madeira und im Süden von
Spanien gesammelt. Hierbei wurde LiDAR für Untersuchungen von Felsstürzen,
Schuttströmen und Hangrutschungen sowie für Kluftmessungen erfolgreich eingesetzt.
Eine Messkampagne im April 2009 zielt auf die Analyse von freigelegten Störungsflächen
(fault scarps) infolge von koseismischen Versätzen in Griechenland ab. Dabei liegt das
Hauptaugenmerk auf der Unterscheidung von verschiedenen seismischen Ereignissen unter
Berücksichtigung des jeweiligen Verwitterungsgrades der freiliegenden fault scarps.
1
Einleitung
Im Frühjahr des Jahres 2008 wurde gemeinsam von den Lehrstühlen für Neotektonik und
Georisiken sowie für Ingenieurgeologie und Hydrogeologie in die innovative Methode des
terrestrischen Laserscanning (TLS) der Firma Optech ILRIS 3D investiert. In Tabelle 1
sind die wichtigsten technischen Daten des ILRIS 3D zusammengefasst. Das System des
TLS stellt für raumbezogene Analysen in unzugänglichen Gebieten eine optimal
unterstützende Methode für die Datenakquisition dar. Für die flächenhaften geographischen
und geologischen Untersuchungen und Fragestellungen in mesoskalischen Bereich bietet
das System von Optech mit einer Messgenauigkeit von unter 10mm und einer Reichweite
von 800m bei einer Reflexivität von 20% gute Voraussetzungen. Im Jahr 2008 kam der
TLS im Mai und im Dezember im Rahmen eines Forschungsprojektes auf Madeira bei
verschiedenen Messkampagnen zum Einsatz. Die Intention dieser Untersuchungen ist die
Weiterentwicklung von Monitoringverfahren von Massenbewegungen, sowie die
Verbesserung der Datenbasis für die Ausweisung von potentiellen Gefahrenzonen. Anhand
eines ausgewählten Beispiels werden die Untersuchungen auf Madeira erörtert sowie die
Ziele und Umsetzung der Analysen von Störungsflächen in Griechenland dargestellt.
T. Wiatr, T. Fernandez-Steeger, K. Reicherter
Tabelle 1:
Technische Daten des ILRIS 3D der Firma Optech
Messbereich
40° (horizontal und vertikal)
Messgeschwindigkeit
2000 Messungen pro Sekunde
Maximale Auflösung
0,00115° (20 µrad)
Laserstrahlaufweitung
0,00974° (170 µrad)
Messgenauigkeit
< 10 mm
Kamera
Integrierte Digitalkamera (6 Megapixel)
2
Untersuchung von Massenbewegungen auf Madeira
(Portugal)
Die zu Portugal gehörende Insel Madeira ist vulkanischen Ursprungs und liegt etwa 550 km
vor der nordwestlichen Küste Afrikas im Atlantik. Madeira hat eine Fläche von rund 800
km2. Die Hauptstadt Funchal befindet sich im südöstlichen Teil der Insel. Die Geologie auf
der Insel besteht aus basaltischen Gesteinen, pyroklastischen Sedimenten, vulkanischen
Gängen sowie Wechsellagerungen von basaltischen Gesteinen und pyroklastischen
Sedimenten. Aufgrund des silikatreichen Ausgangsmaterials, der klimatischen Verhältnisse,
den intensiven Verwitterungsprozessen sowie der Pedogenese sind tonmineralreiche Böden
vorhanden. Die Untersuchungen von Massenbewegungen mit Unterstützung des
terrestrischen Laserscanners sind bisher vorrangig in den südlichen Gebieten der Insel
durchgeführt worden. Es wurden Hangrutschungen in Machico und Canical im Osten der
Insel, pyroklastische Sedimente in Praia Formosa im Süden der Insel und
Wechsellagerungen von basaltischen Gesteinen und pyroklastischen Sedimenten in Calheta
und Praia Formosa im Südwesten bzw. im Süden der Insel untersucht (Abb. 1).
Abb. 1:
Reliefkarte von Madeira mit den wichtigsten Untersuchungsgebieten (SRTM
Daten 90 m Auflösung)
Untersuchung von Massenbewegungen und Störungsflächen mit terrestrischem Laserscanning
TLS Untersuchung der Wechsellagerung von basaltischen Gesteinen
und pyroklastischen Sedimenten
In diesen Abschnitt soll in Bezug auf die Massenbewegungen exemplarisch nur auf die
anstehenden Wechsellagerungen in Praia Formosa bei Funchal eingegangen werden, wo in
einem Küstenkliff zwischen basaltischen Lavaströmen mächtige Aschelagen eingeschaltet
sind. Die Besonderheit dieser geologischen Formation liegt in den verschiedenen
Verwitterungsstabilitäten der übereinander liegenden Gesteinseinheiten. Ein Problem
hinsichtlich der Stabilität dieses Kliffs liegt in dem unterschiedlichen
Verwitterungsverhalten der wechsellagernden Gesteinsarten. Die zwischengelagerten
porösen pyroklastischen Sedimente (Aschen, Tuffe) sind wesentlich verwitterungsanfälliger
als die sehr kompakten basaltischen Gesteine. In diesen Zusammenhang sind die
pyroklastischen Sedimente (Aschen, Tuffe) nicht im gleichen Maße verwitterungsresistent
wie das Festgestein (Basalt). Demzufolge ist die Verwitterungsrate der pyroklastischen
Sedimente höher, sodass Hohlkehlen und Überhänge entstehen können, die zu einem
Stabilitätsverlust der darüber liegenden Schichten führen können. Zielsetzung dieser
Untersuchung mit TLS ist unter anderem die Bewegungen der Gesteinseinheiten räumlich
zu beobachten, berührungslos das Trennflächengefüge zu ermitteln, sowie durch
Intensitätsunterschiede verschiedenen Gesteinseinheiten zu erkennen. Durch erweiterte
Analysen z.B. von HRDEM soll darüber hinaus eine morphologische Beschreibung der
Gesteinseinheiten und deren Verwitterungszustandes erfolgen. In der Abbildung 2 ist die in
Praia Formosa anstehende Wechsellagerung mit den vier überlappenden
Aufnahmebereichen schematisch dargestellt. Der Aufschluss ist ca. 80 m lang, 23 m hoch
und nach Südosten exponiert.
Abb. 2:
Küstenkliff bei Praia Formosa mit überlappenden Aufnahmebereichen
Der gesamte Aufschluss wurde aus einer Scanposition durch vier überlappende und nach
Priorität definierte Scanfenster mit einer Auflösung von 6,3 mm unter Verwendung des
Last Pulse Modus vollständig erfasst. Zusätzlich wurden drei ausgewählte Detailscans mit
einer Auflösung von 2 mm durchgeführt. Nach der Datenakquirierung durch den TLS
wurde mit einem Gefügekompass die Scanrichtung und Scanwinkel ermittelt sowie mit
einem GPS-Messgerät die globalen Koordinaten des Standortes festgehalten. Somit ist eine
grobe Georeferenzierung der aufgenommen Objekte und der Scannerposition möglich. Der
Rohdatensatz der vier Übersichtsscans mit rund 22 Mio. Punktmessungen pro Scanfenster
beinhaltet primär die scannereigenen Koordinaten (X, Y, Z) und die Intensität als 256
Grauwertabstufungen. Während der Datenaufbereitung wurden Fragmente und nicht
relevante Objekte aus der Punktwolke eliminiert, sodass die Qualität für die
T. Wiatr, T. Fernandez-Steeger, K. Reicherter
weiterführenden Analysen gewährleistet ist. Für die flächenhafte Analysen über den
gesamten Bereich des anstehenden Gesteins sicher zu stellen, wurden in einem weiteren
Schritt die einzelnen Scanfenster miteinander verknüpft. Die Datenbereinigung und das
Zusammenfügen der Punktwolken geschehen mit dem Softwarepaket Polyworks.
Abbildung 3 zeigt einen Ausschnitt der Punktwolke des gescannten Abschnittes mit den
Intensitätswerten, sowie die Position eines Detailscanns (Rahmen) innerhalb der Szene.
Abb. 3:
Zusammengefügte Punktwolke des Küstenkliffs in Praia Formosa und
Ausschnitt eines Detailscanns (Rahmen) für die weiteren Analysen
Höhe in Meter
Hangneigung
in Grad
Länge in Meter
Abb. 4:
Intensitätsverteilung von 0-100 (dunkel) und 101-200 (hell)
Abbildung 4 zeigt die Verteilungen von zwei Intensitätsklassen der der Reflektion in dem
Detailscann (s. Abb. 3). Dargestellt sind die Intensität von 0 bis 100 des Grauwertbereiches
in der Farbe braun und die Verteilung 101 bis 200 des Grauwertbereiches in der Farbe gelb.
Es zeigt sich, dass die basaltischen Festgesteine im Mittel eine geringere Intensitäten
Untersuchung von Massenbewegungen und Störungsflächen mit terrestrischem Laserscanning
aufweisen als die pyroklastischen Sedimente. Die Klasseneinteilung ergibt sich aus dem
Mittelwert der Intensitäten der unterschiedlichen Gesteinseinheiten und durch den
Vergleich mit den aufgenommenen Fotos. Um dies weiter zu untersuchen soll zunächst
eine Datenbank für die durchschnittlichen Intensitätswerte unterschiedlicher Gesteine unter
Berücksichtigung von verschiedenen Einfallswinkeln und der Oberflächenbeschaffenheit
erstellt werden. Der dargestellte Ausschnitt hat eine Länge von ca. 25 m, eine Höhe von
rund 13 m und eine Hangneigung von etwa 80°. Ein wichtiges Ziel im Rahmen der
Untersuchungen ist über relative Veränderungen die räumliche Oberflächendeformation
und Massenverluste zu beschreiben. Infolgedessen wurden die temporal unterschiedlichen
Scanfenster in ein gleiches Koordinatensystem gesetzt, sodass vektorbasierte
Differenzunterschiede ersichtlich werden. Dabei dient der „Nullscan“ von Mai 2008 als
Referenzfläche und wurde in ein Mesh überführt. Die Punktwolke der Messkampagne von
Dezember 2008 wurde in die Referenzfläche transformiert, sodass der Betrag der
Veränderungen durch die Funktion „kürzeste Entfernung“ (shortest distance) von der
interpolierten Fläche zu der Punktwolke berechnet werden kann (Abb. 5). Die Skaleneinheit
der Legende zeigt die Veränderungen im Zentimeterbereich an. Da die Messgenauigkeit
laut Hersteller unter 10 mm liegt, wurde die Farbeinteilung in diesem Bereich mit grün
dargestellt, da sonst die Unterscheidung zwischen Messfehler und Veränderung nicht
möglich wäre. Der Epochenvergleich zeigt, dass der größte Teil dieses Scanausschnittes
innerhalb des Beobachtungszeitraums von 6 Monaten kaum Veränderungen über 10mm
aufweist. Jedoch weist eine markante Stelle im Basalt (Rahmen) eine Veränderung auf.
Abb. 5:
Epochenvergleich und Darstellung der Veränderungen in cm zwischen den
Messkampagnen im Mai und Dezember 2008
Für die weiteren Analysen zur Bewertung der Morphologie in einem GIS muss die
Punktwolke der vertikalen Kliffwand auf eine horizontale Ebene projiziert werden.
T. Wiatr, T. Fernandez-Steeger, K. Reicherter
Anschließend wurde die Punktwolke in ArcMap in ein Raster mit der Zellengröße von 1cm
x 1cm konvertiert und kann dann als digitales Geländemodell weiterverarbeitet werden.
Das Ergebnis ist in der Abbildung 6 als Reliefabbildung (Hillshade) dargestellt.
Abb. 6:
Reliefabbildung (Hillshade) des Detailscanns aus Abb 3 in einer 1 cm
Auflösung. Die weniger reliefierten basaltischen Lavaströme zeichnen sich deutlich von
den komplexeren pyroklastischen Sedimenten ab.
Abb. 7:
Hangneigung in Grad, aus der Horizontalen
Untersuchung von Massenbewegungen und Störungsflächen mit terrestrischem Laserscanning
Durch die Umwandlung in ein Geländemodell bzw. in ein Rasterformat können
grundlegende und komplexe Funktionen für Oberflächenanalysen (morphologische
Beschreibung), die ein GIS beinhaltet, abgeleitet werden. Insofern kann durch etablierte
Analysen die Oberfläche beschrieben und klassifiziert werden. Unter anderem ist die
Berechnung der „Hangneigung“ der Gesteinsoberfläche möglich. Aufgrund der
Heterogenität und komplexeren Strukturierungen der Oberfläche heben sich die
pyroklastischen Sedimente von den basaltischen Lavaströmen ab (Abb. 7). Weiterhin sind
aufgrund des hohen Neigungsgradienten bei hervorstehenden Blöcken die Kanten gut
abgrenzbar, was z.B. zur Identifikation gefährdeter Bereiche bei Felssturzanalysen
angewandt werden kann.
3
Untersuchung von Störungsflächen in Griechenland
Ausgehend von den oben beschriebenen morphologischen Analysen der Felsoberfläche
sollen ab April 2009 Untersuchungen in Griechenland folgen, die sich auf Störungen in
neotektonisch sehr aktiven Zonen konzentrieren. In diesen Zonen kann die Entwicklung
von Bruchstufen (fault scarps) sehr gut beschrieben werden. Durch die Schwächezonen
begünstigt kommt es bei Erdbebenereignissen durch Abschiebungen zu koseismischen
Versätzen, in deren Folge Störungsflächen exhumiert werden (BENEDETTI et al. 2002). Eine
Prämisse für diese Untersuchung ist, dass die durch älteren Ereignisse exhumierten
Bereiche der Störungsfläche der Verwitterung länger ausgesetzt sind und somit eine höhere
Rauhigkeit aufweisen als die jüngeren Ereignisse am Fuß der Störungsfläche. In Abbildung
8 ist schematisch die Entstehung einer Bruchstufe dargestellt. Zur Verdeutlichung dienen
zwei Fotos von den Versatz zwischen Arkitsa und Kalypso in Mittelgriechenland.
Zeitachse
1. Ereignis
2. Ereignis
3. Ereignis
T. Wiatr, T. Fernandez-Steeger, K. Reicherter
Abb. 8:
Schematische Darstellung der Entstehung von Störungsflächen nach
BENEDETTI et al (2002) bei einer Abschiebung und Fotos der Störung zwischen Arkitsa
und Kalypso in Mittelgriechenland
Ein Ziel ist es unter Verwendung von Rauhigkeitsindices verschiedene Generationen von
Erdbebenereignissen zu bestimmen. Für die anschließenden Auswertungen der gewonnenen
Daten werden etablierte Lösungsansätze aus der Geo- und Matrerialwissenschaften
verwendet. Hierfür stehen zum Beispiel Ansätze aus der fraktalen Geometrie zur
Verfügung. Viel versprechende Methoden für flächenhafte Aussagen sind die Root Mean
Sqaure (RMS) Methode, die Roughness-Length Methode (FARDIN et al. 2001) oder der
Topographic Ruggedness Index (RILEY et al. 1999). In der ersten Phase sind
Untersuchungen an Bruchstufen und Störungsflächen in Mittelgriechenland, auf dem
Peloponnes und auf Attika vorgesehen. Die geplanten Untersuchungsgebiete für TLS
Messungen sind in der Abbildung 9 dargestellt.
Abb. 9:
Untersuchungsgebiete in Griechenland
Untersuchung von Massenbewegungen und Störungsflächen mit terrestrischem Laserscanning
4
Literatur
Benedetti, L., Finkel, R., King, G., Armijo, R., Papanastassiou, D., Ryerson, F.J., Flerit, F.,
Farber, D. & Stavrakakis, G. (2002). Motion on the Kaparelli fault (Greece) prior to the
1981 earthquake sequence determined from 36 Cl cosmogenic dating. Terra Nova, Vol. 15,
No. 2/2002, 118-124.
Fardin, N., Stephansson, O., & Jing, L. (2001). The scale dependence of rock joint surface
roughness. International Journal of Rock Mechanics & Mining Sciences, 38/2001, 659-669.
Riley S.J., DeGloria, S.D. & Elliot, R. (1999). A terrain ruggedness index that quantifies
topographic heterogeneity. Intermountain Journal of Science, Vol. 5, No. 1-4/1999, 23-27.
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