GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE DER UNION FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK REGIONALE ENTWICKLUNG DIE ROLLE DER REGIONALPOLITIK BEI DER BEKÄMPFUNG DER AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE STUDIE Dieses Dokument wurde vom Ausschuss für regionale Entwicklung des Europäischen Parlaments in Auftrag gegeben. VERFASSER Österreichisches Institut für Raumplanung (ÖIR): Bernd Schuh Universität für Bodenkultur Wien (BOKU): Herbert Formeyer Heidlinde Trimmel ZUSTÄNDIGE VERWALTUNGSBEAMTINNEN Ivana Katsarova, Esther Kramer Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Europäisches Parlament B-1047 Brüssel E-Mail: [email protected] REDAKTIONSASSISTENZ Lea Poljančić SPRACHFASSUNGEN Original: EN Übersetzung: DE, FR Zusammenfassung: BG, CS, DA, DE, EL, EN, ES, ET, FI, FR, HU, IT, LT, LV, MT, NL, PL, PT, RO, SK, SL, SV. ÜBER DEN VERFASSER Kontakt zur Fachabteilung oder Bestellung des monatlichen Newsletters: [email protected] Redaktionsschluss: Juli 2011. Brüssel, © Europäisches Parlament, 2011. Dieses Dokument ist im Internet abrufbar unter: http://www.europarl.europa.eu/studies HAFTUNGSAUSSCHLUSS Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung der Verfasser wieder und entsprechen nicht unbedingt dem offiziellen Standpunkt des Europäischen Parlaments. Nachdruck und Übersetzung - außer zu kommerziellen Zwecken - mit Quellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplar übermittelt wird. GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE DER UNION FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK REGIONALE ENTWICKLUNG DIE ROLLE DER REGIONALPOLITIK BEI DER BEKÄMPFUNG DER AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE STUDIE Inhalt Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit den möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Regionen in äußerster Randlage und gibt einen Überblick über die Maßnahmen und Initiativen der EU-Regionalpolitik, die einen Beitrag zur Abschwächung der Folgen und zur Anpassung dieser Regionen an den Klimawandel leisten. Ziel der Studie ist es, die Wissensbasis über potenziell vom Klimawandel ausgehende Gefahren für die Regionen in äußerster Randlage zu erweitern und die Rolle der Regionalpolitik in diesem Zusammenhang näher zu beleuchten. IP/B/REGI/FWC/2010-002/Lot04-C01-SC01 PE 460.056 Juli 2011 DE Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage INHALTSVERZEICHNIS ABBILDUNGEN 9 ZUSAMMENFASSUNG 11 1. EINLEITUNG 17 1.1. Der globale Klimawandel und die damit verbundenen Gefahren 18 1.2. Die politischen Maßnahmen der EU im Kampf gegen den Klimawandel 21 2. DIE MÖGLICHEN AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE - BESTEHENDE HERAUSFORDERUNGEN 23 2.1. Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 24 2.1.1. Steigende Temperaturen 24 2.1.2. Verändertes Wetterverhalten 24 2.1.3. Anstieg der Meeresspiegel 25 2.1.4. Zunehmende Intensität tropischer Wirbelstürme 29 2.1.5. Anfälligkeit für Kippeffekte im Klimasystem 30 2.2. Herausforderungen für die Ökosysteme in den Regionen in äußerster Randlage 33 3. DIE ROLLE DER REGIONALPOLITIK IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE - EIN ÜBERBLICK 37 4. REGIONALPOLITIK UND KLIMAWANDEL IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE - ERKENNTNISSE 43 4.1. Schwierigkeiten bei der Bewertung der Auswirkungen der europäischen Regionalpolitik auf den Klimawandel 44 4.2. Karibik 45 4.2.1. Guadeloupe 52 4.2.2. Martinique 62 4.3. Indischer Ozean 71 4.3.1. Réunion 71 4.4. Makaronesien 80 4.4.1. Die Kanarischen Inseln 82 4.4.2. Die Azoren 93 4.4.3. Madeira 100 4.5. Amazonasgebiet 108 4.5.1. Französisch-Guayana 108 3 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 5. ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNGEN 115 ANHANG 119 A1 SOZIOÖKONOMISCHE VERHÄLTNISSE IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE 119 A2 MASSNAHMEN ZUR BEGRENZUNG DER AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS IM RAHMEN DER GAP 131 LITERATURHINWEISE 159 4 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage ABKÜRZUNGEN ACCC Adapting to Climate Change in the Caribbean (Anpassung an den Klimawandel in der Karibik) AOGCM Atmospheric-Ocean General Circulation Model (Allgemeines Atmosphären-Ozean-Zirkulationsmodell) ARM Autonome Region Madeira AWZ Ausschließliche Wirtschaftszone BIP Bruttoinlandsprodukt C Celsius CARICOM CARIbbean COMmunity (Karibische Gemeinschaft) CCCCC Caribbean Community Climate Change Centre (Zentrum der Karibischen Gemeinschaft für Klimawandel) CCS Carbon Capture and Storage (Kohlenstoffbindung und speicherung) CEA Canadian Executing Agency (Kanadische Exekutivagentur) CIDA Canadian International Development Agency (Kanadische Agentur für internationale Entwicklung) CIPORE Caribbean Information Platform On Renewable Energy (Karibische Informationsplattform für erneuerbare Energien) CPACC Caribbean Planning for Adaptation to Climate Change (Karibische Planung für die Anpassung an den Klimawandel) DAWI Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ECCP European Climate Change Programme (Europäisches Programm zur Klimaänderung) EDF Électricité de France (Französische Elektrizitätsgesellschaft) EFF Europäische Fischereifonds EFRE Europäischer Fonds für regionale Entwicklung EK Europäische Kommission ELER Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums ENRD Europäisches Netz für die Entwicklung des ländlichen Raums (European Network for Rural Development) ENSO El Niño/Südliche Oszillation EPO Education and Public Outreach (Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit) 5 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ERSST Extended Reconstructed Sea Surface Temperature (Erweiterte rekonstruierte Meeresoberflächentemperatur) ESF Europäischer Sozialfonds EU Europäische Union EUA Europäische Umweltagentur FAO Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (Food and Agriculture Organization of the United Nations) FEDER Fonds Européen de Développement Régional (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung/EFRE) GAP Gemeinsame Agrarpolitik GCM Global Climate Model (Globales Klimamodell) GEF Global Environment Facility (Globale Umweltfazilität) GERRI Grenelle de l’Environment à la Réunion (Umwelt-Grenelle auf La Réunion) GFP Gemeinsame Fischereipolitik GPP Gabinete de Planeamento e Politicas (Planungs- und Landwirtschaftsamt) GWh Gigawattstunde HadISST Hadley centre sea Ice and Sea Surface Temperature (Hadley Centre Meereseis- und Meeresoberflächentemperatur) HEQ High Environmental Quality (Hohe Umweltqualität) HQE High Quality Environment (qualitativ hochwertige Umwelt) IKZM Integriertes Küstenzonenmanagement IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change (Zwischenstaatlicher Ausschuss für Klimaänderungen) LEADER Verbindung zwischen Aktionen zur Entwicklung der ländlichen Wirtschaft (Gemeinschaftsinitiative) LMSL Local Mean Sea Level (Normalhöhennull) LOCAN PLataforma Oceánica de CANarias (Meeresplattform der Kanarischen Inseln) m Meter MAC Madeira-Açores-Canarias (Madeira-Azoren-Kanarische Inseln) MACC Projekt „Mainstreaming Adaptation to Climate Change“ mm Millimeter MOC Meridional Overturning Circulation (meridionale Umwälzzirkulation) 6 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage MOT Meeresoberflächentemperatur MSA Meeresspiegelanstieg MW Megawatt NAO Nordatlantische Oszillation NASA National Aeronautics and Space Administration (Nationale Luft- und Raumfahrtbehörde der USA) OMMM Observatoire du Milieu Marin Martiniquais (Institut für Meeresforschung von Martinique) OP Operationelles Programm PAG Parc Amazonien de Guyane (Amazonaspark Guyana) PECAN Plan Energético de CANarias Energy (Energieplan der Kanarischen Inseln) PIK Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung PLE Programm für ländliche Entwicklung PNRG Parc Naturel Régional de la Guyane (Regionaler Naturpark von Guyana) POSEI Sondermaßnahmen im Bereich der Landwirtschaft zugunsten der französischen überseeischen Departements (POSEIDOM), der Azoren, Madeira (POSEIMA), der Kanarischen Inseln (POSEICAN) PRERUE Regionaler Plan für die Erforschung und den Einsatz erneuerbarer Energiequellen sowie für eine rationelle Energienutzung in Guadeloupe bis 2020 PRODERAM PROgrama de DEsenvolvimento rural da Região Autónoma da Madeira (Programm zur ländlichen Entwicklung der Autonomen Region Madeira) PRORURAL PROgrama de desenvolvimento RURAL da Região Autónoma dos Açores (Programm zur ländlichen Entwicklung der Autonomen Region Azoren) RPIU Regional Project Implementation Unit (Regionale Projektdurchführungseinheit) SAGITAL Servicios de Adaptación para la Gestión de Iniciativas Turisticopesqueraas en Áreas Litorales (Anpassungdienste für Initiativen im Fischereitourismus in Küstengebieten: Asturien, Andalusien und Kanarische Inseln, Spanien) SLP Sea Level Pressure (Meeresspiegeldruck) THG Treibhausgas THZ Thermohaline Zirkulation 7 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik UNFCCC United Nations Framework Convention on Climate Change (Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen) URBACT Europäisches Austausch- und Lernprogramm zur Förderung einer nachhaltigen Stadtentwicklung UVP Umweltverträglichkeitsprüfung VN Vereinte Nationen WWF World Wildlife Fund 8 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage ABBILDUNGEN Abbildung 1 Szenarien für den weltweiten Klimawandel und seine Auswirkungen auf das Klima und den Meeresspiegelanstieg 20 Abbildung 2 Dekadische Entwicklung der MOT im Zeitraum 1950-2005 24 Abbildung 3 Projektion der veränderten Niederschlagsmengen für 2100 25 Abbildung 4 Schwankungen beim prognostizierten MSA für das 21. Jahrhundert in den verschiedenen Studien 27 Abbildung 5 MSA im Verlauf des 21. Jahrhunderts 28 Abbildung 6 Relativer Unterschied in der Höhe der Meeresoberfläche im Jahrzehnt 20902099 - ohne Abschmelzung von Festlandeis 28 Abbildung 7 Mögliche Kippelemente im Klimasystem, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) 33 Abbildung 8 Gegenwärtig, 2030 und 2050 gefährdete Riffe 36 Abbildung 9 Projekt „Mainstreaming Adaptation to Climate Change“ 45 Abbildung 10 Prognostizierte Niederschlagsänderungen nach verschiedenen Zeithorizonten (Projekt „Adapting to Climate Change in the Caribbean“ (ACCC)) 47 Abbildung 11 Gegenwärtig, 2030 und 2050 gefährdete Riffe 48 Abbildung 12 EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen in Guadeloupe 55 Abbildung 13 Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Martinique 55 Abbildung 14 EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen in Martinique 63 Abbildung 15 Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Martinique 64 Abbildung 16 EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen in Réunion 73 9 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Abbildung 17 Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Réunion 73 Abbildung 18 EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen auf den Kanarischen Inseln 84 Abbildung 19 EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen auf den Azoren 95 Abbildung 20 Jährlicher Betrag aus Säule 2 für die Azoren 96 Abbildung 21 Deutlich zurückgehende Niederschlagsmengen 101 Abbildung 22 Temperatur auf Madeira (2071-2100) 101 Abbildung 23 EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen auf Madeira 102 Abbildung 24 Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Madeira 103 Abbildung 25 EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen in Guayana 110 Abbildung 26 Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Guayana 110 10 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage ZUSAMMENFASSUNG Die vorliegende Studie beschäftigt sich mit den möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Regionen in äußerster Randlage und gibt einen Überblick über die Maßnahmen und Initiativen der EU-Regionalpolitik, die einen Beitrag zur Abschwächung der Folgen und zur Anpassung dieser Regionen an den Klimawandel leisten. Innerhalb dieses Themenspektrums ergeben sich drei Bereiche, die von besonderem Interesse sind: • Bevölkerungskonzentration, Küstengebieten; sozioökonomische Aktivitäten • Anfälligkeit für extreme Witterungsbedingungen Dürren, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche); • Abhängigkeit von Wasserressourcen (küstennahe Grundwasserleiter), ausgesprochen anfällig für Meeresspiegeländerungen sind. (z. B. und Infrastruktur Orkane, in Wirbelstürme, die Während die Küstengebiete von Überschwemmungen, Erosion und Trinkwasserknappheit bedroht sind, stellen der Verlust der Artenvielfalt und seine Auswirkungen auf den Tourismus nach wie vor ein zentrales Anliegen dar und stehen im Mittelpunkt der aktuellen Gespräche über den Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage. Ziel der vorliegenden Studie ist es, eine kritische Bewertung der möglichen Gefahren des Klimawandels für die Regionen in äußerster Randlage vorzunehmen und die passenden regionalpolitischen Maßnahmen und Initiativen zu ermitteln. Dementsprechend wurden drei wesentliche Forschungsziele ausgewählt: a) Analyse der regionalen Auswirkungen des Klimawandels auf die Regionen in äußerster Randlage auf der Grundlage mehrerer Szenarien der Klimaänderung; b) Ermittlung der Auswirkungen des Klimawandels auf wirtschaftlich relevante Sektoren wie Tourismus, Landwirtschaft und Fischerei; c) Analyse des Beitrags regionalpolitischer Maßnahmen (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Programm für ländliche Entwicklung (PLE) und Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)) zur Dämpfung der negativen Auswirkungen des Klimawandels und zur Stärkung der regionalen Minderungs- und Anpassungsprogramme. Gegenwärtig gibt es neun Regionen in äußerster Randlage in vier verschiedenen geografischen Zonen: Karibik, Makaronesien, Indischer Ozean und Amazonas. Sieben wurden für diese Studie ausgewählt: Guadeloupe und Martinique in der Karibik, die Kanarischen Inseln, die Azoren und Madeira in Makaronesien, La Réunion im Indischen Ozean und Französisch-Guyana im Amazonas. Obgleich sich die Regionen in äußerster Randlage in weiter Entfernung von den EUMitgliedstaaten befinden, fallen sie unter das Gemeinschaftsrecht und verkörpern in wirtschaftlicher und biologischer Hinsicht einen wichtigen Bestandteil der EU. Gemäß dem Lissabon-Vertrag (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), Artikel 349) kann der Rat spezifische Maßnahmen beschließen, die insbesondere darauf abzielen, die Bedingungen für die Anwendung der Verträge auf die Gebiete in äußerster Randlage, einschließlich gemeinsamer Politiken, festzulegen. Die EU-Kohäsionspolitik fördert die wirtschaftliche Entwicklung und Konvergenz dieser Regionen mit der EU auf dem europäischen Kontinent. Im Rahmen dieser Politik werden den Regionen in äußerster Randlage mit Hilfe spezifischer Finanzinstrumente Mittel aus den Struktur- und Kohäsionsfonds in den Bereichen Fischerei und Landwirtschaft zugewiesen, für 11 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik den letztgenannten Bereich stammen sie aus der zweiten Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Darüber hinaus leistet die Regionalpolitik einen Beitrag zum Kampf gegen den regionalen Klimawandel, insbesondere durch die Bereitstellung von EFRE-Mitteln. Mit Klimawandel sind langfristige Veränderungen der statistischen Verteilung des globalen Wetterverhaltens gemeint. Diese Veränderungen umfassen eine Erderwärmungstendenz, die sich auf die Wind- und Meeresströmungen auswirkt, zu Veränderungen in der Verteilung der Niederschläge und zu einem Anstieg der Häufigkeit und einer verstärkten Intensität von extremen Wetterverhältnissen führt. Alles in allem bringt der Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage zahlreiche Probleme mit sich, darunter insbesondere einen Biodiversitätsverlust, gesundheitliche Folgen und Wasserversorgungsprobleme. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts waren in den Regionen in äußerster Randlage deutliche Veränderungen der Meeresoberflächentemperatur (MOT), der Luftzirkulation, der Niederschlagsmuster, der Meeresspiegel und der Häufigkeit von Schlechtwetterbedingungen mit zahlreichen negativen regionalen Auswirkungen zu verzeichnen. In allen Regionen in äußerster Randlage bewegte sich die Tendenz in Richtung eines Anstiegs der MOT. Dieser Trend wird sich, wenn auch mit einigen geografischen Unterschieden, voraussichtlich fortsetzen. Bisher war Réunion besonders schwer davon betroffen. Veränderungen der Lufttemperatur, der Luftzirkulation und der Niederschlagsmengen wurden dort innerhalb eines fünfzigjährigen Zeitraums ebenfalls erfasst. Französisch-Guyana war ganz besonders von Veränderungen der Luftzirkulation betroffen, während in der Karibik die Kombination aus höheren Temperaturen und geringen Regenfällen vermehrt Dürren zur Folge hatte. Umgekehrt waren in einigen europäischen Regionen in äußerster Randlage höhere Niederschlagsmengen zu verzeichnen, wie beispielsweise auf Réunion. Kleine Inseln sind aufgrund ihres anfälligen Grundwasserspiegels besonders von Veränderungen der Niederschlagsmengen betroffen. Es wird davon ausgegangenen, dass sich die zunehmende Häufigkeit von Orkanen im Nordatlantik auch auf die tropischen Regionen ausbreitet und stärkere Winde und Regenfälle mit sich bringt; allerdings weisen die einzelnen Modellstudien unterschiedliche Ergebnisse auf. Der Anstieg des Meeresspiegels hat sich im vergangenen Jahrzehnt zu einem globalen Problem entwickelt. Aus Studien geht hervor, dass dieser Anstieg besonders in der Karibik, an der Amazonasküste und in Makaronesien ein erhebliches Ausmaß annehmen wird. Mit der Erderwärmung ist die thermohaline Zirkulation (THZ) deutlich zurückgegangen. Dementsprechend werden tiefgreifende Auswirkungen auf die natürlichen Ressourcen der Regionen in äußerster Randlage vorhergesagt, darunter der Anstieg der Höchsttemperaturen in Makaronesien, die Zerstörung der Korallenriffe in der Karibik und das Absterben der Regenwälder im Amazonas-Gebiet. Die Regionen in äußerster Randlage sind aufgrund ihrer abgeschiedenen Lage und der empfindlichen Ökosysteme besonders anfällig für die negativen Auswirkungen des Klimawandels. Aus diesem Grund nehmen Klimaschutz und Klimaanpassung einen wichtigen Stellenwert in den politischen Strategien dieser Regionen ein. Der Verlust der Artenvielfalt und der Erhalt der Grundwasserspiegel stellen wichtige Anliegen dar. Artenvielfalt fördert den Tourismus, trägt aber auch in entscheidendem Maße zur ökologischen Widerstandsfähigkeit bei. Die Uferlinien (z. B. Mangroven und Korallenriffe) unterstützen die Widerstandsfähigkeit der Regionen in äußerster Randlage gegenüber schädlichen natürlichen Einwirkungen. Die Mangroven-Gebiete sind in Guadeloupe und in der Karibik durch einen Anstieg der Meeresspiegel und eine Zunahme tropischer Stürme gefährdet. Die Korallenriffe erleiden Schaden durch eine Versauerung der Meere. Gegenwärtig sind Riffe in Guadeloupe, Martinique und Réunion großen Gefahren ausgesetzt. Es hat sich herausgestellt, dass die Folgen des Klimawandels im Zusammenspiel mit einem menschlichen Einwirken die 12 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Umweltschäden in den Regionen in äußerster Widerstandsfähigkeit dieser Ökosysteme schaden. Randlage verschlimmern und der Regionalpolitik - Festlegung des Rahmens für Maßnahmen der EU In der aktuellen Studie zum Thema „Regionale Herausforderungen mit Blick auf 2020 - Phase 2: Erweiterung und Vertiefung der Analyse“ 1 werden die besonderen Herausforderungen für die Regionen in äußerster Randlage hervorgehoben. Dabei wird insbesondere auf drei Problembereiche verwiesen, namentlich soziodemografische und wirtschaftliche Schwierigkeiten sowie Klimawandel und Energiefragen. Die Strategie „Europa 2020 - Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum 2 “ bildet die Hauptgrundlage für die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums in der EU. Mit dem Schwerpunkt auf intelligentem und nachhaltigem Wachstum werden im Rahmen dieser Strategie regionalpolitische Instrumente unterstützt. In den Regionen in äußerster Randlage bildet die Regionalpolitik ein wichtiges Instrument des lokalen Klimaschutzes und der Klimaanpassung. Zugute kommen den Regionen in äußerster Randlage zur Bewältigung dieser einzigartigen Probleme im Zeitraum 2007-2013 Investitionen aus den EU-Strukturfonds in Höhe von 7,8 Mrd. EUR, getätigt im Rahmen des EFRE, des Europäischen Sozialfonds (ESF), des ELER, des Europäischen Fischereifonds (EFF) sowie spezifische Maßnahmen für Agrarprodukte zur Unterstützung der französische überseeischen Departements (POSEIDOM), der Azoren und Madeira (POSEIMA) und der Kanarischen Inseln (POSEICAN). In Ergänzung dieser Maßnahmen und zur Bewältigung der spezifischen regionalen Entwicklungsaufgaben in den Regionen in äußerster Randlage hat die Kommission die Mitteilung „Die Regionen in äußerster Randlage: eine Chance für Europa“ sowie darüber hinaus die Studie „Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Anpassung an den Klimawandel in den EUKüstengebieten“ vorgelegt. Die wichtigsten Maßnahmen im Rahmen der Kohäsionspolitik und der zweiten Säule der GAP mit Blick auf den Klimawandel werden in zwei Hauptgruppen unterteilt: Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel sollen die Widerstandsfähigkeit natürlicher und vom Menschen geschaffener Systeme gegen die negativen Auswirkungen des Klimawandels erhöhen. Die Anpassung an den Klimawandel, von zentraler Bedeutung in den Entwicklungsländern, trägt zur Steigerung der menschlichen Anpassungskapazitäten und potenziale (Anpassungsfähigkeit) im Gefolge von Klimaänderungen bei. Programme zur Anpassung an den Klimawandel gelten in der Regel als passive Strategien und umfassen: Finanzmittel für den Erhalt natürlicher Ressourcen, Wasserversorgung und -bewirtschaftung, Katastrophenmanagement und Initiativen im Gesundheitsbereich. Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels tragen zum Abbau der Treibhausgasemissionen (THG) bzw. zur Verbesserung der THG-Bindung durch die Entwicklung und den Ausbau lokaler Kohlenstoffsenken bei. Derartige Maßnahmen werden in der Regel aus eigener Initiative ergriffen und leisten einen Beitrag zur ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit der Regionen in äußerster Randlage. Die Programme umfassen Investitionen in erneuerbare Energien, eine Verbesserung der institutionellen Energieeffizienz und die Förderung umweltfreundlicheren Verbraucherverhaltens (z. B. Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs). 1 2 GD Regio, 2011. EK, 2010-2. 13 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Ergebnisse für die Regionen in äußerster Randlage Klimawandels und regionalpolitische Maßnahmen - Auswirkungen des Mit dieser Studie wurden regionalspezifische Auswirkungen des Klimawandels und ihre Verbindung mit regionalpolitischen Strukturen ermittelt. In Guadeloupe sind ein Rückgang der Wald- und Mangrovengebiete, Artenverlust und Korallenbleiche (die zu schweren Erosionen führt) zu verzeichnen. Als besonders anfällig gelten die hinter den Mangrovengebieten befindlichen hochwassergefährdeten Süßwasserökosysteme. Tropische Stürme treiben den Artenvielfaltverlust voran und behindern die regionale wirtschaftliche Entwicklung durch den Rückgang der Tourismuszahlen. Darüber hinaus führen steigende Temperaturen zu Problemen im Bereich der öffentlichen Gesundheit. Nahezu ein Drittel des gegenwärtigen EFRE-Budgets (2007-2013) wird in Anpassung und Abschwächung investiert. Derzeit fließt der größte Anteil in die Wasserbewirtschaftung und Abwasseraufbereitung, gefolgt von Abfallbewirtschaftung. Im Gegenzug dazu werden alle im Bereich der Bekämpfung des Klimawandels investierten Mittel aus dem ELER für Agrarförderung (zur Unterstützung benachteiligter Gebiete und Zahlungen für Agrarumweltmaßnahmen) aufgewendet. Martinique läuft Gefahr, dass die tropischen Regenwälder im Hochland durch längere Dürreperioden und geringere Niederschläge zerstört werden. Eine steigende Intensität tropischer Stürme wirkt sich nachteilig auf die Mangroven und die maritime Artenvielfalt aus, und ein Anstieg des Meeresspiegels kann das Ausbleichen der Korallen in Küstengebieten zur Folge haben. Auch der Tourismus wird von derartigen Veränderungen des Ökosystems beeinträchtigt. Allerdings wird insbesondere auch mit einem Anstieg der Temperaturen und einer Veränderung der Luftfeuchtigkeit die Übertragung von Krankheitserregern zunehmen. In Martinique wird etwa die Hälfte des EFRE-Budgets direkt oder indirekt in die Bewältigung des Klimawandels investiert. Der größte Anteil entfiel auf den „multimodalen Verkehr“ (etwa ein Drittel der EFRE-Mittel). Der Beitrag aus der zweiten Säule des GAP fiel weniger umfangreich aus und floss hauptsächlich in die Agrarförderung in benachteiligten Gebieten. Réunion ist gemeinhin für seine große biologische Vielfalt bekannt. Landwirtschaftliche Aktivitäten und der Klimawandel verursachen Schäden an natürlichen Lebensräumen. Ein besonderes Problem stellen invasive Arten dar, die gegenwärtig die lokalen Ökosysteme bedrohen. Der Anstieg der Meeresspiegel und die Korallenbleiche sind in den Küstengebieten stark ausgeprägt. Eine besonders schwere Gefahr für die öffentliche Gesundheit stellt die Ausbreitung von Mikroalgen dar. Alles in allem wird sich der Klimawandel nachteilig auf die Artenvielfalt, die menschliche Gesundheit und das touristische Angebot in Réunion auswirken. Im aktuellen Zeitraum (2007-2013) werden etwa ein Drittel des EFRE-Mittel für Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels bereitgestellt. Der größte Anteil fließt in die Wasserbewirtschaftung und die Abwasseraufbereitung. Die GAP-Zahlungen in diesem Bereich sind relativ gering und erfolgen gezielt hauptsächlich in den benachteiligten Gebieten. Makaronesien (die Kanarischen Inseln, die Azoren und Madeira) haben mit Veränderungen des Azorenhochs zu kämpfen, die sich auf die bioklimatischen Gebiete der einzigartigen Lorbeerwälder der Region ausgewirkt haben. Diese Gebiete sind besonders durch invasive Arten wie auch durch Dürre und Versteppung gefährdet. Die Versauerung der Meere führt zu Veränderungen der maritimen Ökosysteme, gefährdet die Tiefseekorallen und wirkt sich schädlich auf die Artenvielfalt aus. Darüber hinaus hat ein Anstieg der Meerestemperatur zur Ausbreitung von Warmwasserarten geführt, die in dieser Region nicht heimisch sind. Gesundheitliche Probleme umfassen die nachteiligen Folgen von Hitzewellen, tropischen Krankheiten und das vermehrte Auftreten von Allergien. Es wird daher von 14 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Einbußen im regionalen Tourismus ausgegangen, wodurch sich die wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Klimawandels weiter verschärfen. Zwischen den Regionen in äußerster Randlage in Makaronesien bestehen erhebliche Unterschiede bei der Mittelverwendung. Auf den Kanarischen Inseln wird etwa ein Drittel der aktuellen EFRE-Mittel für Abschwächungs- und Anpassungsmaßnahmen aufgewendet. Die Mittel fließen hauptsächlich in die Hafen- und Gesundheitsinfrastruktur. Der Schwerpunkt des FRP liegt in der Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe und einer Erhöhung der Wertschöpfung bei land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnissen. Auf den Azoren wird weniger als ein Viertel der EFRE-Mittel in Programme zur Bekämpfung des Klimawandels investiert, wohingegen die GAP-Finanzierung (aus der 2. Säule) über dem Durchschnitt liegt und sich hauptsächlich an benachteiligte Gebiete richtet. In Madeira ist der Anteil aus der zweiten Säule gering (zur Unterstützung von Landwirten in Berggebieten), und ein Drittel der EFREMittel wird für Programme zur Bekämpfung des Klimawandels (Finanzierung von Abfallentsorgung und Wasserbewirtschaftung sowie Abwasseraufbereitung) veranschlagt. Französisch-Guyana - der Amazonische Regenwald in Französisch-Guyana wird voraussichtlich stark von Austrocknung und Dürre betroffen sein. Darüber hinaus ist mit der Zunahme der von Insekten übertragenen Krankheiten eine Gefahr für die ökologische und die menschliche Gesundheit verbunden. In Französisch-Guyana liegt der Anteil der für die Bekämpfung des Klimawandels aufgewendeten EFRE-Mittel in allen Regionen in äußerster Randlage am niedrigsten. Dies trifft ebenso auf die Mittel aus der zweiten Säule der GAP zu. Schlussfolgerungen Die Verfasser der Studie kommen zu dem Schluss, dass der Klimawandel mit zahlreichen Folgen für die Regionen in äußerster Randlage verbunden ist. Zu den besonderen nachteiligen Auswirkungen, die für alle Regionen vorhergesagt werden, gehören der Verlust an Artenvielfalt, Schwierigkeiten im Bereich der Landwirtschaft und der Wasserversorgung, der Rückgang der Touristenzahlen sowie Gesundheitsprobleme. Die politischen Maßnahmen sind gegenwärtig sowohl auf eine Abschwächung der Folgen sowie auf eine Anpassung an den Klimawandel ausgerichtet. Für die Anpassungsmaßnahmen lag die Mittelausstattung zwar höher, sie stellen allerdings lediglich eine defensive Strategie dar. Im Gegensatz dazu zeigen die Abschwächungsmaßnahmen mehr Wirkung bei der Bekämpfung des Klimawandels, weil sie auf einer aktiven Strategie basieren. Regionalpolitische Maßnahmen zur Anpassung umfassen in nahezu allen Regionen in äußerster Randlage: • Wasserwirtschaft - Abwasseraufbereitung und Trinkwasserversorgung • Abfallbewirtschaftung - obgleich dies in vielen Fällen mit Abfallverbrennung verbunden ist, die zum Klimawandel beiträgt • Anpassung von Infrastruktureinrichtungen insbesondere von Hafenanlagen • Erhalt und Schutz des Naturerbes - Ausweisung von Naturschutzgebieten und Ausarbeitung von Regelungen für die Verwendung natürlicher Ressourcen • Investitionen in die soziale Infrastruktur - Gesundheitsinfrastruktur an extreme Wetterverhältnisse - Zur Abschwächung werden in fast allen Regionen in äußerster Randlage folgende regionalpolitische Maßnahmen durchgeführt: • Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen - Aufbau einer Infrastruktur für erneuerbare Energien • Energieeffizienzmaßnahmen - Investitionen in energiesparende Technologien 15 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik • Verkehr - Förderung von Veränderungen beim Anteil der einzelnen Verkehrsarten durch die Verlagerung auf öffentlichen Personenverkehr • allgemeine und berufliche Bildung - Erwachsenenbildung in Fragen des Klimawandels und Einführung von klimaschützenden Technologien (insbesondere in der Landwirtschaft) Somit kann eingeschätzt werden, dass sich in der Regionalpolitik zahlreiche vielversprechende Initiativen finden lassen. Dies trifft insbesondere auf den Bereich der Infrastruktur für erneuerbare Energien und den Schutz natürlicher Lebensräume zu. Im Zuge der Studie konnten einige vorbildliche Beispiele für aus dem EFRE und der zweiten Säule der GAP finanzierte Programme in den Bereichen Infrastrukturentwicklung und finanzielle Unterstützung benachteiligter Gebiete ermittelt werden. Stellt man allerdings die Intensität der Auswirkungen des Klimawandels auf die lokale Infrastruktur, die Artenvielfalt, die Gesundheitssituation und den Tourismus der Finanzausstattung in diesen Gebieten gegenüber, zeigt sich, dass die Mittel nicht ausreichen, um die Regionen in äußerster Randlage auf die künftigen Schwierigkeiten, die mit dem Klimawandel einhergehen, vorzubereiten. Des Weiteren fällt das „Nettoergebnis“ angesichts der Mittel, die für nicht nachhaltige regionale Maßnahmen (in Bereichen wie motorisierter Individualverkehr, Intensivanbau, umweltschädigender Tourismus), veranschlagt werden, negativ aus. Vor diesem Hintergrund und mit Blick auf die Strategie „Europa 2020“ für integratives und nachhaltiges Wachstum sollten künftige Vorhaben, die im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik finanziert werden, einem Klimawandeltest unterzogen werden, um die tatsächlichen Auswirkungen regionaler Entwicklungsprojekte ganzheitlicher zu betrachten. Darüber hinaus kommen die Verfasser der Studie vor dem Hintergrund des prioritären Status, der dem Klimawandel in der Strategie EU 2020 eingeräumt wird, zu dem Schluss, dass es in den Regionen in äußerster Randlage nur begrenzte Maßnahmen einer kohäsionspolitischen Einflussnahme in diesem Bereich gibt und dies durch zusätzliche Investitionen zur Anpassung an den Klimawandel und zur Abschwächung seiner Folgen verbessert werden könnte. 16 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 1. EINLEITUNG In dieser Studie werden die Auswirkungen des Klimawandels auf die Regionen in äußerster Randlage sowie die regionalpolitischen Maßnahmen und Initiativen der EU in diesen Regionen und ihre Wirksamkeit im Bereich des Klimawandels (Abschwächung und Anpassung) näher beleuchtet. Dabei sind die folgenden Aspekte von besonderem Interesse: • Bevölkerungskonzentration, Küstengebieten; sozioökomische Aktivitäten und Infrastruktur • hohe Anfälligkeit gegenüber extremen Witterungsbedingungen Wirbelstürme, Dürren, Überschwemmungen, Vulkanausbrüche); • Abhängigkeit von Wasserressourcen (küstennahe Grundwasserleiter), ausgesprochen anfällig für Meeresspiegeländerungen sind. (z. B. in Orkane, die Darüber hinaus geht von Überschwemmungen, Erosion und Trinkwasserknappheit zwar eine gewisse Gefahr für die Küstengebiete aus, allerdings konzentrieren sich die gegenwärtigen Diskussionen über den Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage hauptsächlich auf den Verlust der Artenvielfalt, der mit erheblichen Folgen für die Landwirtschaft, die Fischerei und die für die Inseln so wichtige Tourismusindustrie verbunden ist. Ziel dieser Studie ist es, den Blick auf mögliche Gefahren, die mit dem Klimawandel für die Regionen in äußerster Randlage verbunden sind, zu erweitern und die Rolle der Regionalpolitik in diesem Zusammenhang auszuweiten. Folgende Aspekte werden in der Studie behandelt: a) Analyse der regionalen Auswirkungen des Klimawandels auf die Regionen in äußerster Randlage auf der Grundlage mehrerer Szenarien der Klimaänderung; b) Ermittlung der Auswirkungen des Klimawandels auf wirtschaftlich relevante Sektoren wie Tourismus, Landwirtschaft und Fischerei; c) Analyse des Beitrags regionalpolitischer Maßnahmen (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung (EFRE), Programm für ländliche Entwicklung (PLE) und Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)) zur Verminderung der negativen Auswirkungen des Klimawandels und zur Stärkung der regionalen Minderungs- und Anpassungsprogramme. Die Studie widmet sich vorrangig den genannten Aspekten. Kapitel 2 enthält eine kurze Erklärung des Phänomens Klimawandel. Anschließend werden insbesondere die möglichen Folgen des Klimawandels in den Regionen in äußerster Randlage näher beleuchtet. In Kapitel 3 werden die Möglichkeiten der Regionalpolitik in den Regionen in äußerster Randlage erläutert - mit besonderem Schwerpunkt auf durch die EU kofinanzierte Initiativen , zu denen beispielsweise der Struktur- und der Kohäsionsfonds gehören. In Kapitel 4 werden anschließend die beiden Hauptthemen dieser analytischen Studie zusammengeführt und eine Beschreibung der möglichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Regionen, der Folgen für die dortige sozioökonomische Situation und der regionalpolitischen Maßnahmen, die zur Verfügung stehen, um diese Herausforderungen zu bewältigen, vorgenommen. Dabei werden alle acht Regionen, die in dieser Studie behandelt werden, mit Blick auf die vorstehend genannten Aspekte einer gründlichen Analyse unterzogen. Kapitel 5 enthält eine Zusammenfassung und Empfehlungen für regionalpolitische Maßnahmen in den Regionen in äußerster Randlage zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels. 17 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 1.1. Der globale Klimawandel und die damit verbundenen Gefahren Der Klimawandel ist definiert als eine langfristige Veränderung der statistischen Wetterbedingungen über einen Zeitraum von Jahrzehnten bis zu Millionen von Jahren. Dazu gehören Veränderungen der durchschnittlichen Witterungsbedingungen oder Veränderungen in der Verteilung der Wetterereignisse gemessen am Durchschnitt, beispielsweise das Auftreten von mehr oder von weniger extremen Wetterereignissen. Klimawandel kann sich auf eine bestimmte Region beschränken oder weltweit auftreten. Ganz allgemein lässt sich der Klimawandel als eine Veränderung der statistischen Merkmale des Klimasystems über mehrere Jahrzehnte oder einen längeren Zeitraum definieren, unabhängig davon welche Ursachen dem zugrunde liegen. Unter Erderwärmung versteht man den Anstieg der durchschnittlichen Temperatur der bodennahen Luft und der Ozeane seit Mitte des 20. Jahrhunderts sowie die prognostizierte zukünftige Entwicklung. Laut Viertem Sachstandsbericht des UN-Weltklimarats (IPCC) erhöhte sich die Temperatur an der Erdoberfläche im 20. Jahrhundert um 0,74 ± 0,18 °C 3 . Der seit Mitte des 20. Jahrhunderts beobachtete Temperaturanstieg wird hauptsächlich auf die Zunahme der durch menschliches Handeln, wie die Verbrennung fossiler Brennstoffe und die Zerstörung der Wälder, erzeugten Treibhausgase (THG) zurückgeführt 4 . Die globale Verdunkelung, die auf einer erhöhten Konzentration von durch den Menschen erzeugten Partikeln in der Atmosphäre beruht, die die Eigenschaften von Wolken verändern und das Sonnenlicht daran hindern, die Erdoberfläche zu erreichen, hat der durch THG verursachten Erderwärmung teilweise entgegengewirkt. Wissenschaftler sind sich darüber einig, dass die globale Erwärmung vom Menschen verursacht wird. Diese Erkenntnis wird von den einzelstaatlichen wissenschaftlichen Institutionen der wichtigsten Industrienationen anerkannt und von keiner namhaften nationalen oder internationalen wissenschaftlichen Einrichtung zurückgewiesen 5 6 . Nichtsdestotrotz zeigt sich die breite Öffentlichkeit nach wie vor skeptisch. Das KyotoProtokoll zielt auf eine Stabilisierung der THG-Konzentration ab, um „gefährliche anthropogene Störungen“ auszuschließen. Bis zum November 2009 hatten 187 Staaten das Protokoll unterzeichnet und ratifiziert. Als Maßnahmen gegen die Erderwärmung werden Klimaschutzmaßnahmen zur Verringerung der Emissionen, eine Anpassung an die Auswirkungen der Erderwärmung sowie Geo-Engineering vorgeschlagen, um die THG aus der Atmosphäre zu entfernen. 3 4 5 6 IPCC, 2007. UN-Wissenschaftsrat, 2008; Nationaler Forschungsrat, 2010. Die gemeinsame Erklärung aus dem Jahre 2001 wurde von den nationalen Akademien der Wissenschaften von Australien, Belgien, Brasilien, Frankreich, Deutschland, Indien, Indonesien, Irland, Italien, Kanada, der Karibik, Malaysia, Neuseeland, Schweden, dem Vereinigten Königreich und der Volksrepublik China unterzeichnet. Der Erklärung aus dem Jahr 2005 schlossen sich Japan, Russland und die USA an, aus dem Jahr 2007 Mexiko und Südafrika. Das Netzwerk der afrikanischen Akademien der Wissenschaft und die polnische Akademie der Wissenschaft haben gesonderte Erklärungen herausgegeben. Zu den wissenschaftlichen Fachgesellschaften gehören folgende Einrichtungen: American Astronomical Society, American Chemical Society, American Geophysical Union, American Institute of Physics, American Meteorological Society, American Physical Society, American Quaternary Association, Australian Meteorological and Oceanographic Society, Canadian Foundation for Climate and Atmospheric Sciences, Canadian Meteorological and Oceanographic Society, Europäische Akademie der Wissenschaften und Künste, Europäische Union der Geowissenschaften, Geological Society of America, Geological Society of Australia, Geological Society of London-Stratigraphy Commission, InterAcademy Council, International Union of Geodesy and Geophysics, International Union for Quaternary Research, National Association of Geoscience Teachers, National Research Council (USA), Royal Meteorological Society, und Weltorganisation für Meteorologie. Oreskes, 2004. 18 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die sieben Regionen 7 in äußerster Randlage der EU, die in dieser Analyse betrachtet werden Guadeloupe, Martinique, Réunion, die Kanarischen Inseln, die Azoren, Madeira, FranzösischGuyana - sind in vielfältiger Weise von den Folgen des Klimawandels betroffen. Diese Folgen sind anhand von Modellen für den Klimawandel darzustellen. 7 Rein rechtlich gibt es natürlich neun Regionen in äußerster Randlage der EU, allerdings werden im Rahmen der vorliegenden Studie die sieben Gebiete behandelt, auf die sich die Programmplanung des EFRE bezieht. 19 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Der globale Klimawandel wird weltweit in unterschiedlichen numerischen Modellen dargestellt. Die Modelle unterscheiden sich in ihrer vertikalen und horizontalen Auflösung und in der Darstellung der Prozesse voneinander. Klimamodelle können die Atmosphäre und die Ozeane, Kohlenstoffkreisläufe, die Chemie der Atmosphäre und Aerosole, Verbindungssysteme Boden-Vegetation-Atmosphäre, Strahlung und Konvektion, „Upwelling Diffusion“/Energiebilanz, Eisdecken sowie Berechnungen des Meeresspiegelanstiegs (MSA) darstellen. 8 Prozesse auf der Erde wie Veränderungen der Landnutzung und -bewirtschaftung werden in unterschiedlichem Ausmaß ebenfalls berücksichtigt. Darüber hinaus werden verschiedene Annahmen über die gesellschaftliche Entwicklung zugrunde gelegt. In Szenarium A2 9 in Abbildung 1, das die Entwicklung des Klimawandels unter spezifischen sozioökonomischen Bedingungen darstellt, wird beispielsweise davon ausgegangen, dass die Welt weiterhin auf die Erlangung von Wohlstand ausgerichtet ist, und es werden insbesondere die regionalen Volkswirtschaften betrachtet. B1 geht dagegen davon aus, dass die Welt auf Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit ausgerichtet ist und das Denken und der Handel internationale Ziele verfolgen. Diese unterschiedlichen Annahmen führen hinsichtlich der Kohlendioxidemissionen zu unterschiedlichen Ergebnissen und damit zu unterschiedlich schweren Folgen für das globale Klima (siehe Abbildung 1). Abbildung 1: Szenarien für den weltweiten Klimawandel und seine Auswirkungen auf das Klima und den Meeresspiegelanstieg Quelle: Guide to the Integration of Climate Change Adaptation into the EIA (UVP) Legende: CO2-Emissionen - Jahr - CO2-Konzentrationen - SO2-Emissionen - SO2-Emissionen (Millionen Tonnen Schwefel pro Jahr) - Temperaturwandel - Einige Modelle – alle SRES* Envelope - Modell-Ensemble – alle SRES Envelope Die Säulen zeigen den Durchschnittswert aus mehreren Modellen für 2100 - Alle-IS92 - Anstieg des Meeresspiegels (in Meter) - Gesamt SRES-Envelope, einschließlich der Land-Eis-Unsicherheiten - Einige Modelle – alle SRES-Envelope - Durchschnitt aus den Modellen – alle SRES-Envelope - Die Säulen zeigen den Durchschnittswert aus mehreren Modellen für 2100 - Alle-IS92 - *SRES - Special Report on Emission Scenarios 8 9 IPCC, 1997. IPCC, 2000. 20 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 1.2. Die politischen Maßnahmen der EU im Kampf gegen den Klimawandel Die Bekämpfung des Klimawandels hat für die EU oberste Priorität. Die EU ist sehr darum bemüht, ihre THG-Emissionen erheblich abzusenken, und ermutigt andere Länder und Regionen, es ihr gleichzutun. Gleichzeitig wird in der EU eine Strategie für die Anpassung an diejenigen Folgen des Klimawandels, die nicht länger verhindert werden können, erarbeitet. Die Abschwächung des Klimawandels ist mit Kosten verbunden, allerdings wäre eine Untätigkeit auf lange Sicht weitaus kostspieliger. 10 Darüber hinaus tragen Investitionen in umweltfreundliche Technologien zum Abbau der Emissionen sowie zu Beschäftigung und Wirtschaftswachstum bei. Die EU ist wegweisend mit ihrer Strategie 11 zur Bekämpfung des Klimawandels, was die politischen Strategien, die bereits umgesetzt werden oder den Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament vorgeschlagen wurden, anbelangt. Ferner loten die Dienststellen der Europäischen Kommission (EK) Optionen für die Ausarbeitung künftiger Vorschläge aus. Zu den bereits ergriffenen Initiativen für einen Abbau der klimaschädlichen Emissionen gehören: • die konsequente Verbesserung der Energieeffizienz zahlreicher Maschinen und Haushaltsgeräte; • die Verpflichtung zur verstärkten Nutzung von erneuerbaren Energieträgern wie Wind-, Sonnenenergie und Wasserkraft sowie erneuerbaren Kraftstoffen wie Biokraftstoffen; • die Förderung der Entwicklung von Technologien zur CO2-Abscheidung und Speicherung (CCS), um von Kraftwerken und anderen großen Anlagen erzeugtes CO2 zu binden und zu speichern; • die Einleitung des Europäischen Programms zur Klimaänderung (ECCP) im Jahre 2000, das die Annahme zahlreicher neuer Strategien und Maßnahmen zur Folge hatte, darunter das Emissionshandelssystem, das als wichtigstes Instrument der EU für einen kosteneffizienten Abbau der THG-Emissionen aus der Industrie dient; • die Entwicklung einer umfassenden EU-Anpassungsstrategie, Widerstandsfähigkeit der EU gegen den Klimawandel zu stärken. um die Die EU war lange Zeit eine treibende Kraft in den internationalen Verhandlungen, die im Ergebnis zu einer Einigung über die beiden UN-Klimaabkommen, das Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (UNFCCC) aus dem Jahre 1992 und das Kyoto-Protokoll aus dem Jahre 1997, geführt haben. Die 15 Länder, die bei der Vereinbarung des Kyoto-Protokolls EU-Mitgliedstaaten waren („EU15“), haben sich verpflichtet, ihre gemeinsamen Emissionen im Zeitraum 2008-2012 um 8 % unter den Wert des Jahres 1990 zu senken. Emissionskontrollen und -prognosen zeigen, dass die EU-15 schon gute Fortschritte bei der Verwirklichung dieser Zielsetzung gemacht haben. Im Jahre 2007 haben die EU-Staats- und Regierungschefs einem integrierten Konzept für Klima- und Energiepolitik zugestimmt und ihre Entschlossenheit betont, Europa zu einer Volkswirtschaft mit hoher Energieeffizienz und niedrigem CO2-Ausstoß zu machen. Die EU hat 10 11 Bueno, 2008. Siehe Erstes und Zweites Europäisches Programm zur Klimaänderung (http://ec.europa.eu/clima/policies/eccp/second_en.htm) sowie die Richtlinie zur Förderung der Verwendung von Biokraftstoffen (KOM(2001)0547 vorläufige Fassung) und die „RES-H Initiative“ (http://ec.europa.eu/clima/documentation/eccp/docs/renewable_energy_srcs_heat.pdf). 21 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik sich einseitig verpflichtet, ihre Treibhausgasemissionen bis 2020 um 20 % unter das Niveau von 1990 zu senken. Diese Verpflichtungen werden mittels eines verbindlichen Gesetzespakets umgesetzt. Die EU hat ferner zugesagt, das Reduktionsziel für Treibhausgasemissionen bis 2020 auf 30 % anzuheben, wenn sich weitere große Emissionsländer mit entwickelten und aufstrebenden Volkswirtschaften im Rahmen eines künftigen weltweiten Klimaschutzübereinkommens dazu verpflichten, einen angemessenen Anteil daran zu tragen. Dieses Abkommen sollte Anfang 2013 mit Ablauf des ersten Verpflichtungszeitraums des Kyoto-Protokolls in Kraft treten. Die Einigung von Cancún ist ein ausgewogenes, umfassendes Paket von Entscheidungen, das zum Abschluss der UN-Klimakonferenz in Mexiko (Dezember 2010) verabschiedet wurde, und ein wichtiger Schritt hin zu einem umfassenden, völkerrechtsverbindlichen KlimaschutzRahmenübereinkommen für die Zeit nach 2012. 22 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 2. DIE MÖGLICHEN AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE BESTEHENDE HERAUSFORDERUNGEN SCHLÜSSELERKENNTNISSE • Es wird in allen Regionen in äußerster Randlage mit einem Anstieg der Temperaturen gerechnet, obgleich es geografische Unterschiede mit Blick auf das Ausmaß dieses Anstiegs geben wird. Französisch-Guyana wird besonders von einem Anstieg oberhalb des globalen Durchschnitts betroffen sein. Diese Entwicklung wird mit negativen Folgen für die empfindliche Artenvielfalt in den Regionen in äußerster Randlage verbunden sein. • Insbesondere auf Réunion wurde ein Anstieg der MOT verzeichnet. • In der Karibik und an der nordöstlichen Küste Südamerikas werden die Niederschlagsmengen zurückgehen, wohingegen Réunion gegebenenfalls mit stärkeren Regenfällen rechnen muss. Die Karibik wird neben einem Temperaturanstieg auch mit einer zunehmenden Dürre zu kämpfen haben. Dies führt ebenfalls dazu, dass mit einem Rückgang der Luftfeuchtigkeit im Amazonas-Gebiet ein Absterben des Regenwalds und Auswirkungen auf die Wasserressourcen verbunden sind. • Mit einem Anstieg der Meeresspiegel ist insbesondere in der Karibik und an den Ufern des Amazonas zu rechnen, der auf Réunion geringer ausfallen wird. Allerdings sind sich die Studien über das Ausmaß nicht einig. • Ungeachtet der Vielfalt der Ergebnisse der verschiedenen Modellstudien für einzelne Regionen ist davon auszugehen, dass die Intensität tropischer Wirbelstürme zwar zunehmen, ihre durchschnittliche Häufigkeit weltweit aber bis zum Ende des 21. Jahrhunderts abnimmt. • Der Klimawandel hat möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf das Klimaphänomen des El Niño/südliche Oszillation (ENSO), wodurch sich das Klima in der Karibik, auf dem Nordatlantik und auf Réunion ändern wird. Ein möglicher Rückgang der thermohalinen Zirkulation (THZ) im Zuge des Klimawandels wird mit grundlegenden Folgen für das Klima in Makaronesien und sogar für die Korallenriffe in der Karibik verbunden sein. • Die Wasserressourcen kleiner Inseln sind insbesondere mit Blick auf einen Rückgang der Niederschläge besonders gefährdet. • Mangroven-Gebiete werden sowohl durch den Anstieg der Meeresspiegel als auch durch häufige starke Tropenstürme bedroht, die ihre Regenerationskapazitäten beeinträchtigen. • Korallenriffe sind durch eine Versauerung der Meere aufgrund von Temperaturanstiegen und einer Zunahme der Kohlenstoffkonzentration im Meerwasser gefährdet. Die Auswirkungen des Klimawandels werden im Zusammenspiel mit schädigenden Aktivitäten des Menschen die Korallenbleiche beschleunigen und die Widerstandsfähigkeit der Riffe beeinträchtigen. 23 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 2.1. Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 2.1.1. Steigende Temperaturen In allen Regionen in äußerster Randlage ist mit einer erheblichen Erwärmung zu rechnen. Allerdings wird es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen geografischen Regionen geben. Eine Tendenz hin zu einem Anstieg der MOT war schon im vergangenen Jahrhundert insbesondere auf Réunion zu beobachten (Abbildung 2). Für die Karibik, den Indischen Ozean und Makaronesien werden Erwärmungen vorhergesagt, die mit einem Anstieg von +2°C bis 2050 leicht unter dem globalen Durchschnitt liegen. Für denselben Zeitraum wird für Französisch-Guyana ein höherer Anstieg von etwa +3.3°C [+2.6 bis +3.7°C] aufgrund einer Verringerung der Wärmeträgheit der Kontinente gegenüber den Ozeanen prognostiziert. 12 Abbildung 2: Dekadische Entwicklung der MOT im Zeitraum 1950-2005 Sea Surface Temperature 1950 - 2005 Reunión Guyane HadlSST ERSST Guadeloupe Martinique -0,05 0 0,05 0,1 0,15 °C/decade Quelle: nach Gillet, 2008 2.1.2. Verändertes Wetterverhalten Der Klimawandel kann auch Veränderungen der Luftzirkulation in der Atmosphäre zur Folge haben. So hat sich in den letzten Jahrzehnten beispielsweise das Azorenhoch in Richtung Osten verlagert 13 , was eine positive Nordatlantische Oszillation (NAO+) zur Folge hatte. Durch dieses Phänomen haben sich die Windverhältnisse in der Nordatlantikregion grundlegend geändert. In Makaronesien waren damit ein Rückgang des Nordost-Passats sowie eine Zunahme der Intensität der Ostwinde aus Afrika verbunden. Seit den 1970er Jahren waren, insbesondere in den Tropen und Subtropen, weltweit langanhaltendere und ausgeprägtere Dürrephasen zu beobachten. Diese zunehmende Trockenheit ist auf höhere Temperaturen und weniger Niederschläge zurückzuführen. Diese Tendenz hat sich in der Karibischen Region manifestiert, wo in den vergangenen Jahren ein deutlicher Rückgang der Niederschläge zu verzeichnen war, während die übrigen Regionen in äußerster Randlage der EU mit stärkeren Regenfällen zu kämpfen hatten. 12 13 IPCC,2007. Cassou et al., 2004. 24 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Für die Zukunft sagt der IPCC einen Anstieg des Niederschlagsvolumens in höheren geografischen Breiten und einen Rückgang in den subtropischen Regionen (um etwa 20 % bis 2099) voraus. In der Karibik deutet der vorhergesagte Trend auf einen Rückgang der jährlichen Niederschläge um 12 % [-19 bis -3 %] hin. Umgekehrt wird für den Indischen Ozean ein leichter Anstieg mit Jahresdurchschnittswerten von +4 % [+3 bis +5] prognostiziert. In den meisten Regionen der höheren Breiten wird es sowohl im Winter als auch im Sommer mehr Niederschläge geben. Die Mehrzahl der Landgebiete, ausgenommen fast ganz Asien, Grönland und das nördliche Nordamerika, wird zwischen Juni und August trockener sein (oberes Bild der Abbildung weiter unten). Das Niederschlagsmuster für Landflächen (oberes Bild der untenstehenden Abbildung) zeigt dagegen eine Mischung aus trockeneren und feuchteren Regionen. Abbildung 3: Projektion der veränderten Niederschlagsmengen für 2100 In den blauen und grünen Regionen ist mit einem Anstieg der Niederschlagsmengen zu rechnen. Für die gelben und pinkfarbenen Regionen ist dagegen mit einem Rückgang zu rechnen. 14 Die Abbildung oben bezieht sich auf die Monate Dezember, Januar und Februar. Die Abbildung unten stellte die Lage im Juni, Juli und August dar. Quelle: Abbildung mit freundlicher Genehmigung des IPCC (AR4 WG1 FAQ 11.1 Seite 127 Abbildung 1). 2.1.3. Anstieg der Meeresspiegel Weltweit war in den vergangenen zwei Jahrzehnten ein immer rascherer Anstieg der Meeresspiegel 15 als direkte und indirekte Folge der Erderwärmung zu beobachten. Beim Meeresspiegelanstieg kann man zwischen eustatischen und lokalen Veränderungen unterscheiden. Eustatische Schwankungen haben eine Änderung der weltweiten Meeresspiegel aufgrund von Veränderungen der Wassermenge in den Weltmeeren oder Nettoänderungen des Volumens der Meeresbecken zur Folge. Die Wassermenge kann sich durch eine Wärmeausdehnung der zunehmend warmen Meere, durch allosterische Hemmung (Anstieg des Volumens durch Abnahme des Salzgehalts bzw. Aussüßung der Wassersäule) sowie durch ein Abschmelzen der Gletscher, Eismassen und Polareiskappen, durch das die 14 15 IPCC, 2007. IPCC,2007. 25 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Gesamtwassermenge in den Ozeanen zunimmt, ändern. Veränderungen der Eismassen, die Grönland umgeben, sind hervorragende Indikatoren für die Auswirkungen des Klimawandels. Im Jahre 1978 betrug ihre Fläche zum Sommerende (September) etwa 7 Millionen km²; bis 2005 war sie auf 5,32 Millionen km² und bis September 2007 auf 4,13 Millionen km² und damit 40 % der ursprünglichen Fläche zurückgegangen 16 . Der aufrüttelnde Wert aus dem Jahr 2007 stellt den höchsten je verzeichneten Rückgang dar. Im Zeitraum von zwei Jahren zwischen 2005 und 2007 hat sich die Fläche um mehr als 1 Million km² oder ein Gebiet in der fünffachen Größe des Vereinigten Königreichs reduziert. Diese Ergebnisse liegen über allen Berechnungen der IPCC-Klimamodelle für dasselbe Jahr. Zugleich schmelzen die Gebirgsgletscher und Eisdecken auf beiden Erdhalbkugeln. Der lokale mittlere Meeresspiegel (Local mean sea level - LMSL) definiert sich als durchschnittliche Höhe des Meeres gemessen an einem Bezugspunkt auf der Erdoberfläche innerhalb eines Zeitraums von einem Monat oder einem Jahr, der ausreichend lang ist, um Fluktuationen durch Wellen oder Gezeiten auszugleichen. Die vorhergesagten Veränderungen des LMSL sind mit Vertikalbewegungen des Festlandes innerhalb desselben Zeitraums (Monate/Jahre) wie bei Meeresspiegeländerungen abzugleichen. Einige Festlandbewegungen sind auf eine isostatische Anpassung des Erdmantels an das Abschmelzen der Eismassen am Ende der letzten Eiszeit zurückzuführen. Durch das Gewicht der Eismassen werden die darunterliegenden Landmassen zusammengedrückt, und bei einem Abschmelzen des Eises dehnt sich das Land langsam wieder aus. Veränderungen des Eisvolumens auf dem Festland wirken sich durch eine Anpassung des Geoids und tatsächliche Polwanderungen auf den lokalen und regionalen Meeresspiegel aus. Ferner können Änderungen des atmosphärischen Drucks, der Meeresströmungen und der lokalen Meerestemperatur den LSML beeinflussen. Unterschiedliche Meeresmodelle führen zu unterschiedlichen Ergebnissen, je nachdem welche Prozesse bei der Berechnung berücksichtigt werden. Weltweit ist der Meeresspiegel seit 1900 um etwa 20 Zentimeter angestiegen. Offensichtlich beschleunigt sich die Steigerungsrate; sie lag nach 1961 bei 1,8 mm/Jahr [1,3 bis 2,3] und hat sich seit 1993 auf 3,1 mm/Jahr [2,4 bis 3,8] erhöht 17 . Nach Angaben von Gornitz (2006) ist mit einem Anstieg der Meeresspiegel um etwa 1 Meter zu rechnen, die Schätzungen liegen bei 48 cm bis zum Jahr 2100. Diese Zahlen stellen eine vier- bis siebenfache Steigerung gegenüber den gegenwärtigen Werten dar. Bodensenkungen und Erdrutsche können den Meeresspiegelanstieg deutlich beschleunigen. So ist in Louisiana gegenwärtig eine MSA-Tendenz zu verzeichnen, die nahezu das Zehnfache über der globalen Durchschnittsrate liegt. In anderen Quellen wird ein MSA um bis zu zwei Meter bis zum Ende des Jahrhunderts (Abbildung 4) prognostiziert. Die kürzlich herabgesenkten MSA-Schätzungen beruhen auf Klimamodellen, die von keinem oder einem negativen Beitrag zum MSA aus der Antarktis ausgehen. Die Mehrzahl der globalen Klimamodelle (GCM) verweist auf eine Eisablagerung über der Antarktis, weil in einer wärmeren Welt die Niederschläge die Abschmelzung/Schneeschmelze übertreffen werden. Allerdings wurden die Auswirkungen von Abriebprozessen wie einem Ausdünnen der Eismassen nach Angaben einiger Fachleute unterschätzt. Darüber hinaus stimmen nicht alle Klimamodelle miteinander überein. Die Ergebnisse weiterer globaler Klimamodelle führen zu gegensätzlichen Schlussfolgerungen. Zudem ist für das Eisschild der Westantarktis mit schwer vorhersehbaren dynamischen und vulkanischen Instabilitäten zu rechnen. Angesichts der großen Ungewissheiten im Zusammenhang mit MSA-Vorhersagen wird eine gründliche 16 17 NASA, 2007. IPCC, 2007. 26 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Kontrolle der künftigen Meeresspiegelentwicklung mit Hilfe moderner Gezeitenpegel-Netze und Satellitengeodäsie unerlässlich sein. Abbildung 4: Schwankungen beim prognostizierten MSA für das 21. Jahrhundert in den verschiedenen Studien Quelle: Rahmstorf, 2010 Schließlich werden angesichts der hohen räumlichen Variabilität der Absenkungsgeschwindigkeit der Erdkruste, des Wellenklimas und der Tidenregime die vielzähligen lokalen Bedingungen (insbesondere des relativen MSA) und nicht ein einziger weltweiter Entwicklungstrend für den mittleren Meeresspiegel die Anfälligkeit der einzelnen Regionen gegenüber künftigen MSA bestimmen. Gregory et al. (2001) machen deutlich, dass gekoppelte allgemeine Atmosphären-OzeanZirkulationsmodelle (AOGCM) bei der Berechnung des MSA auf sehr unterschiedlichen Ansätzen beruhen. Es ist für nahezu alle Regionen mit Sicherheit von einem MSA auszugehen, allerdings variiert das Ausmaß von einigen wenigen Zentimetern bis zu mehr als einem halben Meter bis zum Ende dieses Jahrhunderts. In allen Modellen wird für Réunion lediglich ein geringer MSA im Vergleich zur Karibik oder Makaronesien vorhergesagt, die in den Modellen den höchsten Anstieg in den in dieser Studie behandelten Regionen in äußerster Randlage verzeichnen (Abbildung 5). Landerer 18 hat das AOGCM des Max-PlanckInstituts für Meteorologie zugrunde gelegt und ist zu ähnlichen Ergebnissen gekommen. Aus der Studie geht hervor, dass der relative Meeresspiegel in der Karibik, an den Ufern des Amazonas und in Makaronesien bis zum Ende des Jahrhunderts um 10 bis 20 cm ansteigen könnte, während Réunion gegebenenfalls sogar einen leichten Rückgang verzeichnen könnte (Abbildung 6). 18 Landerer et al., 2005. 27 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Abbildung 5: MSA im Verlauf des 21. Jahrhunderts Jedes Feld zeigt den Unterschied zwischen dem letzten Jahrzehnt der Untersuchung (2090-2100) und dem Jahrzehnt 100 Jahre davor. Der Höhenlinienabstand beträgt 0,1 m. Quelle: Gregory et al. 2001. Abbildung 6: Relativer Unterschied in der Höhe der Meeresoberfläche im Jahrzehnt 2090-2099 - ohne Abschmelzung von Festlandeis. Quelle: Landerer, 2005. 28 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 2.1.4. Zunehmende Intensität tropischer Wirbelstürme Zwei Voraussetzungen sind erforderlich, damit sich ein tropischer Wirbelsturm bildet. Erstens muss das Meereswasser eine bestimmte Temperatur (26,5 °C) bis zu einer Tiefe von mindestens 50 m aufweisen 19 . Zweitens darf es in der Atmosphäre keine Scherungen durch vertikale Veränderungen der Windgeschwindigkeit oder der Windrichtung geben. Es liegt auf der Hand, dass der Anstieg der Meerwassertemperatur durch den Klimawandel begünstigt wird. Nach Angaben des IPCC wurde seit den 1970er Jahren eine Zunahme der Orkanintensität auf dem Nordatlantik beobachtet, die mit einem Anstieg der Meerestemperatur einhergeht. Auf der Grundlage unterschiedlicher Modelle sagt der IPCC eine Zunahme der Intensität tropischer Wirbelstürme in tropischen Regionen mit stärkeren Winden und deutlich mehr Niederschlägen vorher, die auf einen Anstieg der Oberflächentemperatur der tropischen Meere zurückzuführen sind 20 . Bisher war es nicht möglich, Änderungen der Häufigkeit dieser Wirbelstürme vorherzusagen. Der Einfluss des Klimawandels auf die Windscherung in der Atmosphäre lässt sich beim derzeitigen Wissensstand noch nicht prognostizieren. Knutson geht davon aus, dass nicht allein die absolute Meerestemperatur, sondern auch die relative Meerestemperatur des Atlantiks im Vergleich zu anderen Ozeanen einen wichtigen Anteil an der Entstehung von Orkanen hat. Während durch eine starke relative Erwärmung die Intensität von Orkanen gesteigert werden könnte, würde dies durch einen gleichmäßigen Anstieg der Meerestemperatur in allen Ozeanen gesenkt 21 . „Die Frage, ob sich die Eigenschaften von tropischen Wirbelstürmen geändert haben oder im Rahmen der Erderwärmung ändern werden - und falls ja, in welcher Form - war bereits Gegenstand gründlicher Untersuchungen, die häufig zu widersprüchlichen Ergebnissen geführt haben. Starke Amplitudenschwankungen im Zusammenhang mit der Häufigkeit und Intensität von tropischen Wirbelstürmen machen die Ermittlung langfristiger Trends und deren ursächliche Verbindung mit einer Zunahme der atmosphärischen Treibhausgase ausgesprochen schwierig. Die Trendermittlung wird ferner dadurch erschwert, dass frühere Aufzeichnungen über tropische Wirbelstürme weltweit nur begrenzt verfügbar und verwertbar sind. Es ist daher nicht sicher, ob Veränderungen in der Aktivität tropischer Wirbelstürme in der Vergangenheit wichtiger waren als die Variabilität aufgrund natürlicher Ursachen. Allerdings weisen alle theoretische Zukunftsprojektionen auf der Grundlage hochauflösender dynamischer Modelle ausnahmslos darauf hin, dass der Treibhauseffekt dazu führen wird, dass sich die Intensität tropischer Wirbelstürme im globalen Mittel mit einem Intensitätsanstieg von 2-11 % bis 2100 verstärken wird. In vorliegenden Modellstudien wird ebenfalls durchweg ein Rückgang der Häufigkeit tropischer Wirbelstürme im globalen Mittel um 6-34 % vorhergesagt. Zum Vergleich werden in Modellstudien mit höherer Auflösung in der Regel eine deutliche Zunahme der Häufigkeit besonders starker Wirbelstürme und ein Anstieg der Niederschlagsraten um etwa 20 % in einem Radius von 100 km um das Sturmzentrum prognostiziert. Die in den verschiedenen Modellstudien projizierten Veränderungen für alle Parameter tropischer Wirbelstürme in den einzelnen Ozeanbecken unterscheiden sich deutlich voneinander.“ 22 19 20 21 22 Atlantic Oceanographic and Meteorological Laboratory 2006. Z. B. Emanuel, 2005. Knutson, 2010. Knutson, 2010. 29 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 2.1.5. Anfälligkeit für Kippeffekte im Klimasystem Der Begriff THZ bezieht sich auf den Teil der großräumigen Meeresströmungen, die durch globale Dichtegradienten beeinflusst werden, welche wiederum von der Oberflächenwärme und dem Frischwassereintrag bestimmt werden. Das Adjektiv thermohalin setzt sich aus „thermo“ für Temperatur und „halin“ für den Salzgehalt zusammen, zwei Faktoren, die zusammengenommen die Dichte des Meerwassers bestimmen. Meerwasser hat eine höhere Dichte als Süßwasser, weil die aufgelösten Salze zwar zur Masse, aber nicht wesentlich zum Volumen beitragen. Die THZ wird bisweilen auch als marines Förderband, großes marines Förderband oder globales Förderband bezeichnet. Gelegentlich wird der Begriff auch im Zusammenhang mit der meridionalen Umwälzzirkulation (oftmals auch MOC - Meridional Overturning Circulation) verwendet. Die atlantische MOC führt warmes Oberflächenwasser in die nördlichsten Breiten und kaltes Tiefenwasser südwärts über den Äquator1. Dieser Wärmetransport leistet einen wichtigen Beitrag zum gemäßigten Klima im maritimen Europa und in Kontinentaleuropa, und eine Verlangsamung dieser Umwälzzirkulation würde sich grundlegend auf den Klimawandel auswirken. Windbedingte Oberflächenströmungen (wie der Golfstrom) bewegen sich vom äquatorischen Atlantik polwärts, kühlen dabei kontinuierlich ab und sinken schließen in hohen Breiten ab (als Nordatlantisches Tiefenwasser). Dieses verdichtete Wasser fließt anschließend in die Meeresbecken (Entstehung des Atlantischen Tiefenwassers). In einer Tiefe von nahezu drei Kilometern bewegen sich diese Wassermengen südwärts. Sobald sie die Tropen erreichen, erwärmen sie sich wieder und gelangen auf ihrem Weg zurück in den Norden zurück an die Wasseroberfläche. Dieser Strom trägt dazu bei, die Hitze der Tropen über den gesamten Planeten zu verteilen. Wenn sich die Oberflächenschicht des Wassers erwärmt, steigt der Dichteunterschied zwischen Oberflächenwasser und tieferem Wasser deutlich an, und die aufsteigenden Strömungen sind nicht stark genug, um die Oberfläche zu durchbrechen. Die Erderwärmung bewirkt somit einen Abfall der aufsteigenden Strömungen und verlangsamt die THZ. Durch ein Abschmelzen des grönländischen Inlandeises und weiterer Süßwasserressourcen an den Ufern des Nordatlantiks sowie des Meereises würde das Salzwasser der Meere verdünnen und versüßen - wie bei der letzten Eiszeit - und die THZ könnte sich verlangsamen oder sogar für einen gewissen Zeitraum aussetzen. Studien ist zu entnehmen, dass die atlantische MOC im Zeitraum 1957-2004 um etwa 30 % zurückgegangen ist. Während der nordwärts gerichtete Transport im Golfstrom über 25°N nahezu konstant geblieben ist, wird die Verlangsamung durch einen 50 Prozent stärkeren, südwärts gerichteten mittelozeanischen Rückfluss der thermischen Sprungschichten sowie durch einen 50-prozentigen Rückgang des südwärts gerichteten Transports von nordatlantischem Tiefenwasser in einer Tiefe zwischen 3000 m und 5000 m deutlich. Im Jahre 2004 flossen mehr Wassermassen, die vom Golfstrom Richtung Norden transportiert werden, zurück Richtung Süden in der Thermokline des subtropischen Wirbels als im Tiefenwasser 23 Der IPCC hat gestützt auf aktuelle Simulationen einen möglichen Rückgang der THZ um 25 % [0 bis -50 %] im Verlauf dieses Jahrhunderts vorhergesagt 24 . Diese Veränderungen könnten weltweit und auch in den Regionen in äußerster Randlage der EU in Makaronesien schwerwiegende Folgen haben. Aufgrund des verminderten Wärmetransports in nördliche Breiten könnte die Kanarische Strömung wärmer als bisher werden und auf diese 23 24 Cunningham, 2004, Bryden, 2005. IPCC, 2007. 30 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Weise das Klima in diesen Regionen beeinflussen. Die Regionen in äußerster Randlage in der Karibik werden die Folgen einer veränderten THZ möglicherweise zu spüren bekommen, weil sich dies auf die Menge des Tiefenwassers, das an die Oberfläche gelangt, auswirkt und somit eine höhere Kohlendioxidemission in das Meerwasser bewirkt, die den Korallenriffen schadet. Ein Rückgang der Luftfeuchtigkeit, die vom Atlantik auf die Amazonas-Region trifft, kann zu verminderten Niederschlägen und einem Absterben des Amazonas-Regenwaldes bei gleichzeitigem Übergang zu einer trockeneren Vegetationszone führen. „Neuere Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass der Wasserstress während der Trockenzeit in Ostamazonien innerhalb des 21. Jahrhunderts vermutlich zunehmen wird; allerdings bewegt sich die Region in Richtung eines Klimas, das sich eher für einen Jahreszeitenwald als eine Savanne eignet. Diese Jahreszeitenwälder sind widerstandsfähig gegenüber saisonalen Dürren, werden aber voraussichtlich aufgrund höherer Temperaturen einem stärkeren Wasserstress ausgesetzt und von Bränden bedroht sein, die derzeit fast im gesamten Amazonasgebiet relativ selten vorkommen. Die Ausbreitung von Bränden aufgrund einer fortschreitenden Entwaldung, Abholzung und Fragmentierung könnte langfristig zu einem Übergang dieser Jahreszeitenwälder in von Bränden beherrschte Wälder mit geringer Biomasse führen. Umgekehrt wäre die bewusste Eindämmung der Abholzung und der Brände eine sinnvolle Maßnahme, um die Widerstandsfähigkeit des Amazonaswaldes gegenüber den mit dem Klimawandel im 21. Jahrhundert einhergehenden Problemen zu stärken. Eine derartige Maßnahme würde ausreichen, um auszuschließen, dass sich Ostamazonien zu einem möglichen Kipppunkt entwickelt, über den hinaus sich große Regenwälder nicht mehr halten können.“ 25 Ein weiteres Problem ist mit einer möglichen Begrünung der Sahara durch eine Verlagerung des westafrikanischen Monsuns verbunden. Die Erderwärmung könnte ein Klima zur Folge haben, das dem Klimaoptimum aus dem Holozän entspricht, als die Sahara grün war. „In Nordafrika lassen sich die Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre und Vegetation auf beispielhafte Weise nachvollziehen. Theoretische und Modellversuche deuten darauf hin, dass diese Wechselwirkung meist nicht linear erfolgt. Sie wirkt sich vermutlich auf die Niederschlagsvariabilität in der Sahelzone aus. Darüber hinaus können paläoklimatische Veränderungen ohne die Wechselwirkung zwischen Atmosphäre und Vegetation nicht vollständig erklärt werden. Zu der Frage, ob Nordafrika wieder grüner werden wird, wie es während der Steinzeit der Fall war, lassen sich aufgrund von Modellunsicherheiten und der Tatsache, dass die sozioökonomischen Randbedingungen in den nächsten Jahrhunderten unbekannt sind, keine Vorhersagen machen. Es gibt gewisse theoretische Belege dafür, dass die Sahara ergrünen könnte, allerdings werden in diesem Zusammenhang anthropogene Landnutzungsänderungen vermutlich eine wesentlichere Rolle spielen als durch Treibhausgase ausgelöste Klimaänderungen.“ 26 25 26 Malhi, 2008. Claussen, 2002, Brovkin et al., 2008. 31 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Veränderungen des El Niño/Südliche Oszillation (ENSO) Beim El Niño handelt es sich um ein natürliches Klimaphänomen, das alle vier bis acht Jahre auftritt. Ursache ist eine Veränderung des atmosphärischen Drucks oberhalb des Pazifiks, und es zeichnet sich durch eine Erwärmung des Oberflächenwassers in den östlichen und zentralen Regionen des tropischen Pazifiks aus; er beeinflusst atmosphärische Strömungen und damit die Ökosysteme weltweit. Er kann Dürren in einigen Regionen Asiens und des Westpazifiks oder strenge Winter und Überschwemmungen auf dem Nordamerikanischen Kontinent auslösen. Die außergewöhnlichen Witterungsbedingungen infolge des Wettersystems El Niño liefern einen ersten Eindruck davon, welche möglichen Folgen mit dem Klimawandel in der Zukunft verbunden sein können. Der Einfluss des Klimawandels auf das Auftreten des El Niño-Phänomens ist noch nicht hinlänglich geklärt, obgleich sich die beiden zurückliegenden Ereignisse 1982/1983 und 1997/1998 als extremste des vergangenen Jahrhunderts und vermutlich auch der letzten 400 Jahre erwiesen haben. Ungeachtet dessen könnte der Klimawandel angesichts der Tatsache, dass er in einigen Regionen einen Temperaturanstieg und einen Rückgang der Niederschläge bewirkt, in den nächsten Jahren eine deutliche Verschlimmerung der Auswirkungen des El-Nino-Phänomens zur Folge haben. Während El Niño ein trockeneres und wärmeres Klima zur Folge hat, ist La Niña 27 für ein feuchteres und kälteres Klima verantwortlich. Durch Veränderungen des ENSO kann sich nicht nur das Klima in der Karibik, sondern auch im Nordatlantik und in Réunion ändern. Es ist bekannt, dass sich das ENSO-Phänomen sowie die Variabilität des hohen Meeresspiegeldrucks (SLP) im subtropischen Nordatlantik auf die Regenmengen in der Karibik auswirken. Während eines El-Niño ist es im Sommer eines Jahres in der borealen Zone trockener als im Durchschnitt und im Frühling des Folgejahres feuchter als im Durchschnitt. Mit anderen Worten haben Phasen extremer Trockenheit oder Feuchtigkeit in den vergangenen 20 Jahren im Vergleich zu den letzten Jahrzehnten zugenommen. 28 27 28 La Niña ist als gekoppeltes ozeanisch-atmospärisches Phänomen das Gegenstück zu El Niño und Teil des umfassenderen Klimamusters El Niño/Südliche Oszillation. Im Verlauf einer La-Niña-Episode sinkt die Meeresoberflächentemperatur im äquatorialen Zentralpazifik um 3-5 °C gegenüber dem Normalwert. Giannini et. al., 2001. 32 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Abbildung 7 fasst alle in diesem Abschnitt aufgeführten Kippelemente zusammen: Abbildung 7: Mögliche Kippelemente im Klimafolgenforschung (PIK) Klimasystem, Potsdam-Institut für Quelle: Europäische Umweltagentur (EUA) 2010 2.2. Herausforderungen für die Ökosysteme in den Regionen in äußerster Randlage Der Temperaturanstieg wird irreversible Folgen für die Artenvielfalt haben. Nach Angaben des IPCC werden etwa 20-30 % der bekannten Arten stärker vom Aussterben bedroht sein, wenn die Erderwärmung über 1,5-2,5°C (im Vergleich zu den Werten im Zeitraum 19801999) liegt. Bei einem durchschnittlichen weltweiten Temperaturanstieg um über 3,5°C deuten alle Modelle auf ein weltweites Aussterben zahlreicher Arten (zwischen 40-70 % aller bekannten Arten) hin 29 . Die Artenvielfalt in den überseeischen Gebieten der EU ist besonders gefährdet. Wälder fallen als Erste dem Klimawandel zum Opfer. Für kleine Inseln zählt die Wasserverschmutzung zu den größten Problemen. Eine schlechte Wasserqualität schadet der Gesundheit und kann durch Wasser übertragbare Krankheiten zur Folge haben. Angesichts der geringen Größe und der geologischen und geographischen Voraussetzungen kleiner Inseln sind die dortigen Wasserressourcen im starken Maße von Klimaänderungen und -schwankungen und insbesondere von Veränderungen der Niederschläge abhängig. Im Zusammenhang mit einem raschen Wachstum der Tourismusund Dienstleistungsindustrie auf zahlreichen kleinen Inseln besteht die Notwendigkeit, die bestehenden Wasserressourcen zu erweitern und effizienter zu bewirtschaften 30 . 29 30 IPCC, 2007. UNFCCC, 2005. 33 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Küstenlinien sind zwar in der Regel widerstandsfähig gegenüber belastenden Naturereignissen wie Stürmen, allerdings kann ihre Regenerationsfähigkeit überschritten werden, wenn beispielsweise Stürme heftiger oder häufiger werden und sich die Schädigung der Korallenriffe fortsetzt. Dies kann zu kontinuierlicher Erosion und Landverlust führen. Mangroven Mangroven übernehmen eine wichtige Funktion beim Schutz der Küsten vor Tropenstürmen und Tsunamis; wenn sich eine Welle durch einen 200 Meter breiten Mangrovenwald bewegt, verliert sie 75 % ihrer Kraft 31 . Gemäß dem ESPON-Projekt 1.3.1 ist Guadeloupe Tropenstürmen des Typs SS2 (210-249 km/h) (58,3-69,2 m/s) ausgesetzt. Aus einer aktuellen Studie zur Gefährdung von 16 pazifischen Inselstaaten und Gebieten, in denen Mangroven heimisch sind, geht hervor, dass bis zu 13 % der Mangrovengebiete einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt sind 32 . Die Gefährdung durch einen Anstieg der Meeresspiegel und eine zunehmende Intensität tropischer Stürme ausgelöst. Einer Studie der University of the Antilles and Guiana in Guadeloupe zufolge wurden durch den Hurrikan Hugo 75 % der roten Mangroven in Guadeloupe zerstört 33 . Allerdings hat sich der Bestand nach dem Ereignis ausgesprochen schnell wieder erholt. Etwa 50 % der Mangrovengebiete in der Karibik bestehen aus roten Mangroven. In der Vergangenheit haben zerstörte Gebiete durchschnittlich 10 Jahre für eine Regeneration benötigt, die durchschnittliche Zeit zwischen zwei Wirbelstürmen in diesem Gebiete lag im vergangenen Jahrhundert bei 25 Jahren. Eine zunehmende Intensität der tropischen Stürme aufgrund des Klimawandels könnte zur Folge haben, dass den Mangrovengebieten keine ausreichende Zeit mehr bleibt, um sich zwischen zwei Wetterereignissen zu regenerieren. Ein Anstieg der Meeresspiegel ist mit direkten Gefahren für die Mangroven-Lebensräume verbunden. Er trägt mit aller Wahrscheinlichkeit zu ihrer weiteren Zerstörung bei, denn die Mangrovenbestände in der Karibik wurden bereits durch menschliche Einflüsse deutlich reduziert und geschwächt. Sie mussten landwirtschaftlichen Nutzflächen, touristischen Infrastrukturen, Häfen, Flughäfen usw. weichen. Mit dem Klimawandel ist demnach neben dem Druck, der auf diesen Lebensräumen bereits lastet, eine zusätzliche Gefahr verbunden 34 . Korallen Der seit 1750 zunehmende CO2-Ausstoß hat zu einer allgemeinen Versauerung der Ozeane geführt. In diesem Zusammenhang wurde ein Rückgang des globalen durchschnittlichen PHWerts um 0,1 festgestellt. IPCC-Modelle deuten auf einen weiteren Rückgang des PH-Werts im Oberflächenwasser der Ozeane um 0,14 bis 0,35 bis zum Ende des Jahrhunderts hin 35 . Die Versauerung der Ozeane führt im Zusammenspiel mit einem gleichzeitigen Temperaturanstieg dazu, dass sich die Korallenbleiche häufiger und intensiver vollzieht. Korallen sind ausgesprochen sensibel gegenüber Änderungen der Wassertemperatur. Unter außergewöhnlich warmen Bedingungen zeigen Korallen eine Stressreaktion, die als Bleiche bezeichnet wird und bei der sie die mikroskopischen Algen (Zooxanthellae) verlieren, die normalerweise in ihrem Gewebe leben. Ohne die Zooxanthellae wird das lebendige Korallengewebe durchsichtig und das darunter liegende Kalkgerüst sichtbar. In Abhängigkeit von der Dauer und dem Ausmaß der Temperaturbelastung sterben die Korallenriffe entweder ab oder überleben die Bleiche. Allerdings können selbst bei Riffen, die sich wieder erholen, 31 32 33 34 35 FAO, 2008. UNEP, 2006. Imbert, 2002. Petit und Prudent, 2008. IPCC, 2007. 34 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Wachstum und Reproduktion gehemmt werden, und sie sind möglicherweise anfälliger für Krankheiten 36 . Korallen sind bereits einer Gefahr durch menschliches Einwirken (Umweltverschmutzung, Ausbeutung der Ressourcen, Sedimentablagerungen auf den Riffen usw.) ausgesetzt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Zerstörung und die Minderung der Widerstandskraft (Widerstands- und Erholungsfähigkeit) dieser Ökosysteme mit dem Klimawandel nur vorangetrieben wird. Gesunde Korallen könnten sich steigenden Meeresspiegeln anpassen, aber bereits beschädigte Korallen werden nicht in der Lage sein, mit dem Wasserspiegel zu wandern. In Guadeloupe hatte der El Niño 1998 eine hohe Sterblichkeit der Korallen, die bereits vom Druck durch menschliches Einwirken geschwächt waren, zur Folge. Unabhängig von ihrem ökologischen und ökonomischen Wert als Lebensraum spielen Korallenriffe eine entscheidende Rolle für den Schutz der Strände, indem sie Wellen verlangsamen und brechen. Wenn die Korallen bleichen und absterben, können die Riffe diese Funktion nicht länger erfüllen, was eine verstärkte Küstenerosion zur Folge haben könnte. Mit der Widerstandskraft der Korallenriffe wird ihre Fähigkeit bezeichnet, sich nach einem Stressereignis wieder zu erholen. Bei einer Bleichung hängt diese Widerstandskraft unmittelbar mit den durch den Menschen verursachten Belastungen, denen sie ausgesetzt sind, darunter insbesondere die Umweltverschmutzung und die Überfischung, zusammen. Studien, die im Verlauf der 1998er Bleiche auf den Seychellen durchgeführt wurden, haben auf einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Korallenerholung und Küstenwasserqualität hingewiesen. Die Erholungsrate belief sich in Abhängigkeit von der Stärke der Verschmutzung auf 5 bis 70 %. Am schnellsten haben sich in der Regel die Korallenriffe in geschützten Meeresgebieten und in Küstengebieten mit geringer Verschmutzung erholt 37 . Das ökologische Gleichgewicht und die biologische Vielfalt auf den Riffen sind ebenfalls entscheidende Faktoren für die Widerstandskraft der Korallen. Insbesondere pflanzenfressende Fische und Seeigel übernehmen eine wichtige Funktion bei der Erholung der Korallen nach einer Belastung 38 : sie entfernen die Meeresalgen, verhindern somit, dass sie sich auf den geschädigten Korallen ansiedeln, und begünstigen die Bildung junger Korallen. Mit einer Überfischung pflanzenfressender Rifffische wird die Widerstandskraft der Korallen gegenüber der Korallenbleiche geschwächt. Es wurden deutliche Unterschiede bei der Widerstandskraft der Korallen in den überseeischen Gebieten der EU festgestellt. Nach einer Korallenbleiche im Indischen Ozean im Jahre 1998 war die Korallensterblichkeit unter den verschmutzten und beschädigten Korallen von Mayotte ausgesprochen hoch. Im Gegensatz dazu lag die Erholungsrate im Chagos-Archipel, wo der Druck durch menschliches Einwirken weniger ins Gewicht fällt, weitaus höher. Obwohl es schwierig sein wird, eine Erwärmung der Gewässer kurzfristig zu verhindern, ist es also dennoch möglich, die Widerstandskraft der Korallen gegenüber der Bleiche durch eine Verringerung der Auswirkungen durch menschliches Einwirken zu verbessern. Im Zuge des Klimawandels wird die Häufigkeit von Hitzeperioden wie im Jahr 2005 mit großer Wahrscheinlichkeit zunehmen. Die Riffe in der Karibik sind daher einer großen Bedrohung ausgesetzt. Auch wenn es also nicht möglich ist, direkten Einfluss auf die Wassertemperatur zu nehmen, ist es doch möglich, die Widerstandskraft der Korallen 36 37 38 World Resource Institute, 2011. Wilkinson, 2002, UNEP, 2006. Nyström and Folke, 2001. 35 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik gegenüber diesen Belastungen zu verbessern, indem das menschliche Einwirken auf diese Ökosysteme soweit wie möglich eingeschränkt wird 39 . Gegenwärtig sind die Riffe in Guadeloupe, Martinique und Réunion bereits einer großen oder sehr großen Gefahr ausgesetzt, und Prognosen zufolge werden der Wärmestress und die Versauerung der Ozeane bis 2050 ein kritisches Ausmaß erreicht haben (siehe Abbildung 8). Abbildung 8: Gegenwärtig, 2030 und 2050 gefährdete Riffe Quelle: World Resource Institute, 2011. 39 Petit und Prudent, 2008. 36 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 3. DIE ROLLE DER REGIONALPOLITIK IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE - EIN ÜBERBLICK SCHLÜSSELERKENNTNISSE • „Europe 2020: Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum 40 “ bildet die Hauptgrundlage für die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums in der EU. • Um den besonderen Herausforderungen der Regionen in äußerster Randlage im Bereich der Regionalentwicklung zu begegnen, hat die EU-Kommission die Mitteilung „Die Regionen in äußerster Randlage: eine Chance für Europa“ angenommen. • Im Zeitraum 2007-2013 werden die Regionen in äußerster Randlage 7,8 Milliarden EUR aus den EU-Strukturfonds erhalten. • Innerhalb der Regionalpolitik lassen sich zwei Formen von Interventionen zur Bekämpfung des Klimawandels unterscheiden: Anpassung (d. h. eine Reaktion auf den Klimawandel, mit der die Anfälligkeit natürlicher und vom Menschen geschaffener Systeme gegen die Auswirkungen des Klimawandels vermindert werden soll) und Abschwächung (d. h. Maßnahmen zum Abbau der THG-Emissionen oder zur Unterstützung der Entfernung dieser Gase aus der Atmosphäre). Die Regionen in äußerster Randlage bilden einen wesentlichen Bestandteil der EU. Gemäß dem Vertrag von Lissabon gilt für diese Gebiete das Gemeinschaftsrecht mit einigen Ausnahmen „unter Berücksichtigung der strukturbedingten sozialen und wirtschaftlichen Lage, die durch die Faktoren Abgelegenheit, Insellage, geringe Größe, schwierige Relief- und Klimabedingungen und wirtschaftliche Abhängigkeit von einigen wenigen Erzeugnissen erschwert wird, die als ständige Gegebenheiten und durch ihr Zusammenwirken die Entwicklung schwer beeinträchtigen“ 41 . Ursprünglich gab es gemäß EG-Vertrag sieben Regionen in äußerster Randlage, doch mit dem Vertrag von Lissabon wurden zwei weitere Gebiete hinzugefügt, die sich beide von den ursprünglichen Regionen in äußerster Randlage abgespalten haben. Seit 2004 verfügt die EU über eine integrierte Strategie, die auf einer aktiven Partnerschaft zwischen den europäischen Institutionen, den Mitgliedstaaten und den Gebieten in äußerster Randlage basiert. Sie umfasst drei Schwerpunkte umfasst: Förderung der Anbindung, Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und regionale Einbindung der Gebiete. In der Strategie für die Regionen in äußerster Randlage werden diese Prioritäten und weitere Maßnahmen erläutert 42 . Die EU-Regionen in äußerster Randlage stehen vor zahlreichen Herausforderungen. In der aktuellen Studie zum Thema „Regionale Herausforderungen mit Blick auf 2020 - Phase 2: Erweiterung und Vertiefung der Analyse“ 43 ist der Grad der Anfälligkeit für die Regionen in äußerster Randlage zu entnehmen, die da wären: 40 41 42 43 • starke Anfälligkeit im Rahmen der Globalisierung - Bezeichnung als „stark anfälliges Randgebiet“; • gewisse Anfälligkeit durch Migrationsströme und Integration; EK, 2010-2. Artikel 349 (ex Artikel 299 Absatz 2) des Vertrags über die Funktionsweise der Europäischen Union. Mitteilung der Kommission, Strategie für die Regionen in äußerster Randlage: Fortschritte und Ausblick KOM(2007)0507 endg., 12. September 2007. GD Regio, 2011. 37 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik • Anfälligkeit im Rahmen des Klimawandels - insbesondere Inseln, die als Regionen mit besonders hoher vielfältiger Anfälligkeit durch den Klimawandel eingestuft werden; • Anfälligkeit im Zusammenhang mit der Energieversorgung - nahezu alle Regionen in äußerster Randlage werden als von Energieimporten abhängige Regionen mit Verwundbarkeit bei Spitzenleistungen eingestuft -, die sich durch eine geringe Autarkie durch erneuerbare Energien auszeichnen; • starke Anfälligkeit aufgrund sozialer Disparitäten - insbesondere mit Blick auf den Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse (DAWI) sowie mit der Jugendarbeitslosigkeit. Die Regionalpolitik muss sich diesen Herausforderungen stellen und sich bemühen, die Anfälligkeiten zu reduzieren. Die EU-Regionalpolitik stützt sich auf „Europa 2020 - Eine Strategie für intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ eine von der Kommission am 3. März 2010 vorgeschlagene und auf zehn Jahre ausgelegte Strategie zur wirtschaftlichen Erholung in Europa zur Weiterverfolgung der (nur ansatzweise erfolgreichen) Lissabon-Strategie. Sie zielt auf ein kontinuierlich intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum sowie eine bessere politische Koordinierung auf EU- und nationaler Ebene ab und steht unter dem deutlichen Einfluss der europäischen und weltweiten Wirtschaftskrise, mit der Jahre des Wirtschaftswachstum und der Schaffung von Arbeitsplätzen zunichte gemacht wurden. Sie liefert mögliche Antworten auf langfristige Herausforderungen im Zusammenhang mit der Globalisierung, dem Druck auf die Ressourcen oder die Überalterung, die sich in Zukunft verstärken werden. Die neue Strategie ist vornehmlich auf die Überwindung der Krise und die Vorbereitung der EU-Wirtschaft auf das kommende Jahrzehnt ausgerichtet, und zeigt auf, wie die EU ein intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum verwirklichen, neue Arbeitsplätze schaffen und die gesellschaftliche Entwicklung beeinflussen kann. Mit Europa 2020 ist eine Zielvorstellung für die europäische soziale Marktwirtschaft im 21. Jahrhundert entwickelt worden, in der drei sich gegenseitig verstärkende Prioritäten vorgeschlagen werden, die zu einem hohen Niveau an Beschäftigung, Produktivität und sozialem Zusammenhalt beitragen sollten: • Intelligentes Wachstum: Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft • Nachhaltiges Wachstum: Förderung einer umweltfreundlicheren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft • Integratives Wachstum: Förderung einer Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und wirtschaftlichem, sozialem und territorialem Zusammenhalt. ressourcenschonenden, Insbesondere die Prioritäten eines intelligenten und nachhaltigen Wachstums sollen zu regionalpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen. Bisher widmen sich die Kohäsionspolitik sowie die zweite Säule der GAP den Folgen des Klimawandels mit Maßnahmen zur Abschwächung und/oder Anpassung durch: • die Förderung zahlreicher Umweltschutzmaßnahmen im Rahmen Kohäsionspolitik, beispielsweise Katastrophenvorsorge, Risikomanagement; • die Förderung der erneuerbaren Energien im Rahmen von FuE-Programmen; • einen direkten und indirekten Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels im Rahmen der Forschungs- und Entwicklungspolitik. 38 der Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Im September 2007 44 hat die Kommission folgende Notwendigkeit anerkannt: „Daher sollten die Bemühungen zur Anpassung der Gemeinschaftspolitiken und die spezifischen Unterstützungsmaßnahmen fortgesetzt werden, wenn immer dies nötig ist.“ Die Berücksichtigung der Besonderheiten der Regionen in äußerster Randlage wurde seit 2007 durch die Annahme neuer Programme und Maßnahmen zugunsten dieser Regionen vorangetrieben und sollte es diesen ermöglichen, deutliche Fortschritte in Bezug auf die drei Ansatzpunkte des Konzepts zu erzielen: • Verbesserung der Erreichbarkeit; • Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit; • Stärkung der regionalen Integration. Nach 2007 wurden drei zusätzliche Aspekte aufgenommen: die hohen Kosten der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, die Auswirkungen des demografischen Wandels bzw. der Alterung der Bevölkerung und die Folgen der wachsenden illegalen Einwanderung. Im Oktober 2008 hat die Kommission eine neue Mitteilung „Die Regionen in äußerster Randlage: eine Chance für Europa“ 45 angenommen, mit der zwei Ziele verfolgt werden: • Integration der neuen Schwierigkeiten, mit denen die Gebiete in äußerster Randlage konfrontiert sind: Globalisierung, Klimawandel, demografische Entwicklung, die Migrationsströme und die nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, wie der Meeresressourcen und der landwirtschaftlichen Erzeugnisse; • Nutzung der Vorteile, die die Gebiete in äußerster Randlage bieten. In Bereichen mit hoher Wertschöpfung wie dem Lebensmittelsektor, der biologischen Vielfalt, den erneuerbaren Energien, der Astrophysik, der Luft- und Raumfahrt, der Meereskunde, der Vulkanologie oder der Seismologie, aber auch in ihrer Rolle als Vorposten der Europäischen Union in der Welt können sie die Entwicklung der Wirtschaft voranbringen. Die geomorphologischen Merkmale und die geografische Lage der Regionen in äußerster Randlage sind ausgezeichnete Voraussetzungen für die wissenschaftliche Forschung, insbesondere für Studien und Beobachtungen von Phänomenen, die mit dem Klimawandel in Verbindung stehen. Der Schutz vor Naturgefahren, denen diese Regionen in großem Maße ausgesetzt sind, ist ein wichtiger Forschungsbereich mit hohem Mehrwert. Die Regionen in äußerster Randlage können in ihren jeweiligen Gebieten die Funktion einer Plattform für technologische und wissenschaftliche Zusammenarbeit in den Bereichen Überwachung und Beobachtung von Naturgefahren ausfüllen. In Bezug auf die Energieversorgung stehen diese Regionen vor einer zweifachen Herausforderung: Sie müssen ihre Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen verringern und die Möglichkeiten, die ihnen ihre natürliche Umwelt bietet, nutzen, um Wissen und Techniken zu entwickeln, die sich für den Export und die Nutzung andernorts eignen. Mit derzeit laufenden oder sich in Vorbereitung befindenden Pilotprojekten werden innovative und eigenständige Lösungen auf der Grundlage der erneuerbaren Energien entwickelt. Neben ihrem Nutzen für Umwelt und Wirtschaft stellen diese Lösungen auch ein Schaufenster echten europäischen Know-hows dar. Der Klimawandel vergrößert heute die Exposition und die Anfälligkeit in Bezug auf tropische Krankheiten. Das Auftreten neuer Krankheiten macht die Einrichtung moderner Zentren für 44 45 Mitteilung der Kommission, Strategie für die Regionen in äußerster Randlage: Fortschritte und Ausblick KOM(2007)0507 endg., 12. September 2007. Mitteilung der Kommission, Die Regionen in äußerster Randlage: eine Chance für Europa KOM(2008)0642. 39 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik die Erforschung und Überwachung der mikrobiologischen Situation in endemischen Gebieten erforderlich, um eine schnelle und verlässliche Diagnose der Krankheitserreger und eine Risikoeinschätzung hinsichtlich ihres Auftretens und ihrer Verbreitung durchführen zu können. Die Regionen in äußerster Randlage verfügen bereits über Infrastrukturen für die Forschung bzw. werden diese ausbauen; damit tragen sie zur Stärkung des Gesundheitsschutzes sowohl ihrer Region als auch Kontinentaleuropas bei. Im Jahre 2008 hat die Kommission eine umfassende Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Anpassung an den Klimawandel in den EUKüstengebieten 46 („The Economics of Climate Change Adaption in EU Coastal Areas“) vorgelegt, in der folgende Aspekte im Zusammenhang mit der Anfälligkeit der Regionen in äußerster Randlage hervorgehoben wurden: • Überschwemmung und Erosion (die Anfälligkeit für Erosion wird möglicherweise durch die erwartete Zunahme der Intensität und der Häufigkeit von Extremwetterereignissen wie Wirbelstürmen und Überschwemmungen verstärkt); • Trinkwasserknappheit (Gefährdung der Süßwasserressourcen durch Salzwasserintrusion in Süßwasserbecken, Häufigkeit und Intensität von Dürren); • Zerstörung der küstennahen Ökosysteme (starke Gefährdung durch die Folgen des menschlichen Einwirkens, beispielsweise durch Umweltverschmutzung, Ausbeutung der Ressourcen, Urbanisierung und Verlust von Korallenriffen). Im Bereich der Kohäsionspolitik sind die Regionen in äußerster Randlage ein Beispiel für die bedarfsorientierte Bündelung von Mitteln. Dies bedeutet, dass alle von der EU kofinanzierten Programme ganz bewusst auf gemeinsame Prioritäten ausgerichtet werden. In der Mitteilung der Kommission „Die Regionen in äußerster Randlage: eine Chance für Europa“ werden folgende Prioritäten genannt: „Verbesserung der Erreichbarkeit“, „Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit“ und „Stärkung der regionalen Integration“. Diese stimmen mit den Zielen überein, die im Vertrag von Lissabon für die EU festgelegt wurden. Im Zeitraum 2007-2013 werden für die Regionen in äußerster Randlage 7,8 Milliarden EUR durch die Gemeinschaftsinstrumente (EFRE, ESF, EAGFL, Europäischer Fischereifonds (EFF) und POSEI) bereitgestellt. Es gilt nun, diese Instrumente optimal einzusetzen und die durch die Verordnungen eingeräumte Flexibilität für das Einfügen neuer Prioritäten zu nutzen, etwa bei den zur Halbzeit anzustellenden strategischen Überlegungen zu den nationalen Berichten im Jahr 2009 und dem Kommissionsbericht im Jahr 2010. Darüber hinaus können sich die Regionen in äußerster Randlage an der Initiative „Regionen für den wirtschaftlichen Wandel“ und ihrer Schnellspurvariante beteiligen, die im Rahmen der interregionalen Komponente des Ziels „Europäische territoriale Zusammenarbeit“ und des Programms zur nachhaltigen Stadtentwicklung (URBACT II) durchgeführt wird. Diese Initiative sieht prioritäre Themen vor, die für die Regionen in äußerster Randlage besonders von Belang sind, wie etwa „Erschließung der Küstengebiete“ und „Aus den Meeren und Ozeanen Nutzen ziehen“. Die wichtigsten regionalpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels lassen sich in zwei Kategorien unterteilen: Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel - Klimaschutzmaßnahmen, die die Widerstandsfähigkeit natürlicher und vom Menschen geschaffener Systeme gegen die Auswirkungen des Klimawandels erhöhen. Die Anpassung an den Klimawandel hat einen 40 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage besonders hohen Stellenwert in den Entwicklungsländern, da sie laut Vorhersagen die Hauptlast der Auswirkungen des Klimawandels tragen müssen. Dies bedeutet, dass die Anpassungsfähigkeit und das Anpassungspotenzial von Menschen ungleich über die verschiedenen Regionen und Bevölkerungen verteilt sind und Entwicklungsländer in der Regel über geringere Anpassungskapazitäten verfügen. Diese Aktivitäten gelten als passive Strategien gegen den Klimawandel und umfassen beispielsweise Finanzhilfen zum Erhalt der Naturlandschaften, zur Wasserversorgung und -bewirtschaftung, zum Katastrophenmanagement (Bau von Dämmen, Stärkung von Hafeninfrastrukturen), Initiativen im Gesundheitsbereich (Gesundheitsinfrastruktur). Maßnahmen zur Abschwächung der Folgen des Klimawandels beinhalten beispielsweise Maßnahmen zur Senkung der CO2-Emissionen oder zur Beseitigung dieser Gase aus der Atmosphäre (Ausbau der Kohlenstoffsenken). Diese Maßnahmen folgen einem aktiven Ansatz mit dem Ziel der Bekämpfung des Klimawandels und umfassen beispielsweise die Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien, die Förderung neuen Konsumverhaltens (z. B. Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs) und die Einführung umweltfreundlicherer Herstellungsprozesse. 46 Petit J. und Prudent G., 2008, Climate Change and Biodiversity in the European Union Overseas Entities, UICN, Brüssel. 41 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 42 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 4. REGIONALPOLITIK UND KLIMAWANDEL IN DEN REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE ERKENNTNISSE SCHLÜSSELERKENNTNISSE • Der Klimawandel wird sich vor allem in den besonders gefährdeten Süßwasserökosystemen mit hohem Überschwemmungsrisiko (in Guadeloupe) und im tropischen Hochlandregenwald (Martinique) auf die biologische Vielfalt der Karibik auswirken. Zudem werden heftige tropische Stürme und eine massive Korallenbleiche auch Mangroven und die Artenvielfalt des Meeres schwer in Mitleidenschaft ziehen. • Durch Landwirtschaft und Klimawandel werden die natürliche Flora und Fauna in Réunion zunehmend zerstört und die Zuwanderung gebietsfremder Arten begünstigt. Der steigende Meeresspiegel und die sich immer rasanter vollziehende Korallenbleiche werden schwer wiegende Auswirkungen für die Küstengebiete haben. • Veränderungen der Wind- und Niederschlagsmuster begünstigen die Invasion durch gebietsfremde Arten und die Wüstenbildung, was zu einer schweren Beeinträchtigung des Gleichgewichts des Waldökosystems in Makaronesien führen wird. Auch im Meeresökosystem vollziehen sich Veränderungen, die durch Versauerung und steigende Wassertemperaturen ausgelöst werden. • Die klimawandelbedingte Austrocknung wiederum wird dem Amazonas-Regenwald in Französisch-Guayana schwer zusetzen. Hinzu kommt, dass Dürreperioden die Ernährung einer weiter wachsenden Bevölkerung gefährden und die Gefahr von Waldbränden schüren werden. • Diese Entwicklungen werden schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben. Feuchte Bedingungen begünstigen die Ausbreitung von vektorübertragenen Krankheiten. Allergien und Atmungsprobleme verschlimmernde Hitzewellen werden das Gesundheitssystem vor erhebliche Probleme stellen. • In allen Regionen in extremer Randlage werden sich diese Folgen des Klimawandels auf deren Attraktivität für den Fremdenverkehr auswirken. • Nur ein recht moderater Teil der EU-Regionalpolitik ist in direkter oder indirekter Form der Bekämpfung des Klimawandels gewidmet. Die im Rahmen des EFRE bereitgestellten Mittel reichen von weniger als einem Viertel (Azoren, Französisch Guayana) bis zu einem Drittel (Martinique, Kanarische Inseln) des EFRE-Haushalts (Beitrag der EU zum laufenden Programmplanungszeitraum 2007-2013). • Der größte Teil der Maßnahmen dient der Anpassung an den Klimawandel - d. h. dem Schutz und der Erhaltung der Artenvielfalt, der Verteilung und dem Schutz knapper Wasserressourcen, der Abfallbehandlung, der Förderung des nachhaltigen Fremdenverkehrs und der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen. • Die besten Beispiele für Strategien zur Abschwächung des Klimawandels bietet die Entwicklung intelligenter Verkehrslösungen. Ferner streben alle Regionen mittels Nutzung erneuerbarer Energien und der Verwertung von Abfallstoffen und landwirtschaftlichen Nebenprodukten eine energetische Unabhängigkeit an. • Allerdings steht den wenigen Maßnahmen, die zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen, eine Übermacht an Maßnahmen gegenüber (die bisweilen das Zehnfache des Finanzierungsvolumens erreichen), die den Klimawandel sogar verstärken (wie motorisierter Verkehr, emissionsintensive wirtschaftliche Prozesse, Massen-tourismus). 43 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 4.1. Schwierigkeiten bei der Bewertung der Auswirkungen der europäischen Regionalpolitik auf den Klimawandel Im folgenden Abschnitt stellen wir die wichtigsten Erkenntnisse vor, die bei der Analyse der Auswirkungen des Klimawandels in den sieben vorstehend genannten Regionen in äußerster Randlage gewonnen wurden. Dabei wird eine Verbindung zwischen den prognostizierten Auswirkungen des Klimawandels und den Komponenten der von der EU kofinanzierten regionalpolitischen Programme hergestellt, die einen Beitrag zur Milderung der Folgen des Klimawandels und zur Anpassung an den Klimawandel leisten sollen. Eine solche Analyse ist u. a. mit folgenden Schwierigkeiten verbunden: • Viele der regionalpolitischen Maßnahmen dienen nicht explizit der Bekämpfung des Klimawandels, sondern stellen andere Ziele in den Mittelpunkt (wie den Naturschutz, den territorialen Zusammenhalt, das Wirtschaftswachstum), wobei Klimaschutzergebnisse als „unbeabsichtigte oder Mitnahmeeffekte“ und weniger als Programmschwerpunkte eingestuft werden. Dadurch lässt sich nur schwer feststellen, welche Vorteile die Regionalpolitik für den Klimaschutz erbringt. • Das Problem der positiven / negativen Effekte - Die Bekämpfung des Klimawandels im Rahmen der regionalpolitischen Programme kann sich sowohl positiv als auch negativ auf die regionale Anpassung an den Klimawandel bzw. dessen Abschwächung auswirken. Die tatsächlichen diesbezüglichen Auswirkungen lassen sich kurzfristig gewöhnlich nur schwer ermitteln und treten erst im Rahmen einer longitudinalen Beurteilung zutage. So kann nachhaltiger Fremdenverkehr sowohl positive als auch negative Auswirkungen haben. Die Förderung der Bewahrung des Naturerbes und die Zugänglichmachung dieser Ressourcen für Touristen dienen der Bewahrung der biologischen Vielfalt vor Ort. Die gewachsene Attraktivität eines Urlaubsziels kann sich jedoch langfristig durch einen Anstieg verkehrsbedingter Treibhausgasemissionen und des Abfallvolumens in der Region negativ auf das Klima auswirken. • Das Problem Informationsmangel - im Falle einiger Klimaschutzprogramme liegen nur in begrenztem Umfang Informationen über konkrete Programmmerkmale und budgets vor. Regionale operationelle Programme (OP) bildeten die wichtigste Grundlage für die Analyse, allerdings war es bisweilen schwierig, anhand der vorliegenden Informationen das volle Ausmaß der regionalpolitischen Maßnahmen zu beurteilen. Ein Beispiel sind Politikmaßnahmen im Rahmen des EFRE-Programms „Multimodaler Verkehr“, die entweder die Finanzierung eines klimafreundlichen Verkehrs oder die Kofinanzierung zusätzlicher Straßenverkehrsinfrastrukturen beinhalten. Während also die eine Möglichkeit die Verschiebung der Aufteilung des Verkehrsaufkommens (Modalsplit) in Richtung öffentlicher Verkehr fördert, bewirkt die andere einen signifikanten Anstieg des motorisierten Individualverkehrs. Wir haben festgestellt, dass sich nicht alle regionalpolitischen Maßnahmen positiv auf das Klima auswirken und dass davon grundlegend abweichende Programme positive Klimawirkungen zunichtemachen können. Daher ist bei der Einschätzung von regionalpolitischen Maßnahmen ein gewisses Maß an Vorsicht angebracht, und es sollten stets sowohl ihre positiven als auch ihre negativen Auswirkungen auf das Klima ermittelt werden. Die folgenden Unterkapitel sind einheitlich gegliedert und fassen die Informationen für jede Region in äußerster Randlage zusammen. Den Anfang bildet eine kurze Beschreibung der jeweiligen Region, ihres soziökonomischen Profils und ihrer Umweltbedingungen. Im zweiten Teil geht es um die Regionalpolitik der 44 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Region und den Anteil klimarelevanter Maßnahmen. Dabei wird detailliert auf die Bereiche eingegangen, die die Regionen in extremer Randlage kennzeichnen: biologische Vielfalt, terrestrische, marine und Küsten-Ökosysteme, Fremdenverkehr und Gesundheit, Wasser und Energie - unter Berücksichtigung der beiden Klimaschutzansätze, also der Anpassung und Abschwächung des Klimawandels. 4.2. Karibik Klimawandel in der Karibik Tendenzen in der Vergangenheit In der Vergangenheit waren für das Klima steigende Meeresoberflächentemperaturen (MOT, siehe Kapitel 9) sowie rückläufige Niederschlagsmengen kennzeichnend (siehe Abbildung 9). Während die Meeresoberflächentemperaturen im Raum der Kleinen Antillen und vor der Küste von Französisch-Guayana langsamer anstiegen als vor der Küste von Réunion, verläuft die Entwicklung der Niederschlagsmengen in die andere Richtung. Während die Niederschläge in Réunion zugenommen haben, sind sie in der Karibik und an der Nordostküste von Südamerika zurückgegangen. Abbildung 9: Projekt „Mainstreaming Adaptation to Climate Change“ Quelle: CARICOM 2005. Die Zukunft Vorhersagen zufolge wird sich der Klimawandel wie folgt auf die Region auswirken: • Zunahme der Verdunstungsverluste; • Abnahme der Niederschläge (Fortsetzung einer in einigen Teilen der Region beobachteten Tendenz abnehmender Regenfälle); • Verkürzung der Regenzeit - um 7-8 % bis 2050; • Verlängerung der Trockenzeit - um 6-8 % bis 2050; 45 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik • Häufiger heftige Regenfälle - um 20 % bis 2050; • Verstärkung der Erosion und der Verschmutzung von Küstenregionen. Das Caribbean Community Climate Change Center (CCCC) hat regionale Klimamodelle veröffentlicht, denen zufolge die Lufttemperatur auf den Kleinen Antillen im Monat Juli bis Mitte des Jahrhunderts gegenüber dem Referenzzeitraum 1961-1990 um 1,5 °C und bis Ende des Jahrhunderts um 4 °C ansteigen wird. Die mittlere Oberflächentemperatur weist eine ähnliche Entwicklung auf. Diese Ergebnisse wurden mithilfe des A2-Szenariums der Regionalisierung ermittelt, wobei der Wohlstand des Einzelnen im Vordergrund steht. Dabei sind die Werte höher als beim Szenarium B1, bei dem die Globalisierung mit dem Schwerpunkt der Nachhaltigkeit und sozialen Gerechtigkeit im Mittelpunkt steht47. In Bezug auf Niederschläge kommen die Modelle zu recht unterschiedlichen Ergebnissen (siehe Abbildung 10). Das IPCC prognostiziert eine Tendenz, der zufolge die jährliche Niederschlagsmenge um durchschnittlich 12 % [-19 bis -3] sinkt, doch während feststeht, dass die Temperaturen steigen werden, und lediglich das Ausmaß des Anstiegs noch umstritten ist, kann nicht mit Bestimmtheit festgestellt werden, ob die Niederschlagsmengen in den nächsten zehn Jahren zu- oder abnehmen werden. Wie bereits erwähnt, wird der Meeresspiegel in der Karibik weiter ansteigen, und zwar noch schneller als in anderen Regionen. Klimaexperten in Nord- und Südamerika sind zunehmend besorgt über die potenziell verheerenden Auswirkungen möglicher noch höherer MSA-Schätzwerte. Bislang galten Nordund Südamerika als weniger gefährdet als andere Teile der Welt wie flache Pazifikinseln, Vietnam oder Bangladesch. Doch das im März in Kopenhagen auf einem Treffen von Wissenschaftlern vorgestellte Ausmaß des zu erwartenden Anstiegs des Meeresspiegels hat Beobachter in der Region in Alarmbereitschaft versetzt. Danach ist die Gefahr für Teile der Karibik, Mexikos und Ecuadors am größten. Aber auch New York City und Teile von Südflorida gelten als besonders gefährdet. Dem IPCC-Bericht von 2007 zufolge kann davon ausgegangen werden, dass die Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts um 19 cm bis 59 cm steigen werden. Zahlreiche Wissenschaftler halten jedoch einen größeren Anstieg für wahrscheinlich, und zwar selbst dann, wenn die globalen Treibhausgasemissionen auf einem niedrigen Niveau verbleiben. So würde ein Anstieg um einen Meter ein Gebiet an der Küste von FranzösischGuayana überschwemmen, in dem 70 % der Bevölkerung leben und in dem sich 40 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche befinden. Das würde eine umfangreiche Reorganisation der Wirtschaft des Landes erfordern. 47 CCCC, 2011. 46 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Abbildung 10: Prognostizierte Niederschlagsänderungen nach verschiedenen Zeithorizonten (Projekt „Adapting to Climate Change in the Caribbean“ (ACCC)) Quelle: Guide to the Integration of Climate Change Adaptation into the EIA48 In einer Studie über die Städte der Welt, die im November 2008 von UN-Habitat veröffentlicht wurde, wird festgestellt, dass in den meisten Inselstaaten der Karibik 50 % der Bevölkerung nicht weiter als 2 km von der Küsten entfernt leben. Sie wären direkt von einem Anstieg des Meeresspiegels und anderen Auswirkungen des Klimawandels betroffen. Nach Ansicht der Weltbank wären die Bahamas, Französisch-Guyana, Belize und Jamaika bei einem Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter besonders gefährdet49. Man weiß, dass das Phänomen El Niño/südliche Oszillation (ENSO) und die Schwankungen des hohen SLP im subtropischen Nordatlantik die Niederschläge in der Karibikregion beeinflussen. Eine Änderung der ENSO kann das Klima in der Karibik signifikant verändern. Diese Erscheinung kann u. a. eine verstärkte Exposition der Riffe zur Folge haben. Die folgende Abbildung zeigt, für welche Riffe ein Risiko besteht, wobei die Riffe in Guadeloupe und Martinique besonders stark gefährdet sind. 48 49 CARICOM, 2004. Quelle: BBC Nachrichten http://news.bbc.co.uk/2/hi/americas/7977263.stm. 47 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Abbildung 11: Gegenwärtig, 2030 und 2050 gefährdete Riffe Quelle: World Resource Institute 2011. Gesundheitliche Auswirkungen des Klimawandels und von klimatischen Schwankungen in der Karibik Das CCCC, das als eine Agentur der Karibischen Gemeinschaft (CARICOM) tätig ist, - siehe Kasten 1 - hat einen Bericht über die potenziellen gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels in der Karibik veröffentlicht. Nachfolgend einige der Erkenntnisse und Empfehlungen: • Der Klimawandel wird sich wahrscheinlich spürbar auf die menschliche Gesundheit auswirken. • Die Zusammenhänge zwischen dem Klimawandel und der menschlichen Gesundheit sind allerdings komplex und nicht immer klar definiert. Klimafaktoren machen nur einen Teil der Stressfaktoren aus, die das Auftreten von Krankheiten verändern. Die klimatischen Auswirkungen müssen in einen umfassenderen sozioökonomischen Kontext gestellt werden. • In der Karibik werden sich die Gefahren für das Wohlbefinden im Angesicht extremerer Ereignisse (wie Dürreperioden, höhere Temperaturen, Hurrikans) entweder direkt oder indirekt verstärken. • Angesichts von potenziell häufigeren und schlimmeren Überschwemmungen und Sturmfluten aufgrund von heftigeren Hurrikans ist mit folgenden Gefahren zu rechnen 1) Verletzte und Todesopfer; 2) Hunger oder Unterernährung durch Wegfall der Ernährungssicherheit und 3) Zunahme von Krankheiten, die durch unsauberes Wasser oder Nagetiere übertragen werden. • Mögliche künftige Gefahren in Verbindung mit steigenden Temperaturen und veränderten Niederschlagsmustern sind: 1) verstärkte Übertragung von Krankheiten wie des Denguefiebers; 2) häufigeres Auftreten von Durchfallerkrankungen und Lebensmittelvergiftungen mit Meeresfrüchten; 48 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 3) erhöhte Konzentration an gefährlichen Schadstoffen, einschließlich Ozon, in der Atmosphäre; 4) vermehrtes Vorkommen von Moskitos in höher gelegenen Regionen und 5) Zunahme von Atemwegserkrankungen und Hitzestress. • Während ein Teil der Bevölkerung diese Gefahren bewältigen kann, sind ihnen andere, vor allem die in Armut lebenden Bevölkerungsgruppen, schutzlos ausgeliefert. Das Maß der Gefährdung wird davon abhängen, wie gut die Betroffenen informiert und vorgewarnt sind und wie gut die Regierungen agieren bzw. reagieren können. • Hinsichtlich der gegebenen Empfehlungen sollte der Schwerpunkt auf folgenden Maßnahmen liegen i) Aufklärung aller Akteure, einschließlich der Öffentlichkeit und der Mediziner, über die Rolle und die Gefahren des Klimawandels im Hinblick auf das allgemeine Wohlbefinden und die Gesundheit;. ii) Berücksichtigung des Klimawandels bei aktuellen und künftigen nationalen gesundheitspolitischen Maßnahmen;. iii) Bewertung und Implementierung von Optionen für die Anpassung an die Wahrscheinlichkeit des verstärkten Auftretens einiger in der Region bereits weit verbreiteter Krankheiten, wie des Denguefiebers. Dazu zählen gegebenenfalls die Entwicklung und Einrichtung von Frühwarnsystemen. iv) Nationale und regionale Einrichtungen für die Katastrophenhilfe sollten besser in die Lage versetzt werden, vor Katastrophen zu warnen und im Ernstfall zu reagieren. v) Gewährleistung Gewässer;. einer effizienten Überwachung und Bewirtschaftung vi) Ausbau der Datenerfassungs- und personellen Ressourcen meteorologischen Dienste und Gesundheitsministerien;. der der nationalen vii) Förderung der Erforschung von Verbindungen zwischen Klima und Gesundheit mit Schwerpunkt auf Krankheiten und Auswirkungen, die für die Region von Belang sind;. viii) Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen regionalen Forschungsgremien, meteorologischen Diensten, Gesundheitsministerien, Wasserbehörden, Einrichtungen für das Katastrophenmanagement und anderen relevanten Einrichtungen; ix) Aktiveres staatliches Engagement in der Darlegung der Gründe für die Notwendigkeit der Reduzierung der Treibhausgasemissionen, insbesondere durch die Industrieländer. Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Der Studie „The Costs of Inaction“50 zufolge wird ein immer größerer Anteil des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zur Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels nötig sein, wenn keine Klimaschutzmaßnahmen ergriffen werden. Nach Berechnungen des Verfassers wird Guadeloupe 2025 2,3 % seines BIP (gemessen am BIP des Jahres 2004) zur 50 Bueno, 2008. 49 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels aufwenden müssen. Dieser Anteil wird sich bis 2050 auf 4,6 %, bis 2075 auf 7 % und bis 2100 auf immerhin 9,5 % erhöhen. Für Martinique sind die Zahlen etwas niedriger, aber ähnlich (2025: 1,9 %; 2050: 3,8 %; 2075: 5,9 %; 2100: 8,1 %). Kasten 1: Erfolgsgeschichten: Adapting to Climate Change in the Caribbean (ACCC) und Caribbean Information Platform on Renewable Energy (CIPORE) ERFOLGSGESCHICHTEN (OHNE KOFINANZIERUNG DURCH DIE EU) Adapting to Climate Change in the Caribbean (ACCC)51 Die Anpassung an Klimaschwankungen und den Klimawandel sowie an den steigenden Meeresspiegel ist für die Länder der Karibik von elementarer wirtschaftlicher und sozialer Bedeutung. Das Projekt ACCC wurde von der Canadian International Development Agency (CIDA) finanziert und von Oktober 2001 bis März 2004 durchgeführt. Es baute auf den im Rahmen des Vorhabens Caribbean Planning for Adaptation to Climate Change (CPACC) gewonnenen Erfahrungen auf, das im Dezember 2001 abgeschlossen worden war. Das Projekt im Wert von 1,4 Mio. EUR umfasste neun Einzelkomponenten, die vom Projekt CPACC übernommen wurden, um die Bekämpfung des Klimawandels zu konsolidieren, auszuweiten und nachhaltig zu gestalten. Sie sollen ferner an das im Rahmen der Globalen Umweltfazilität (GEF) durchgeführte Programm MACC anknüpfen und dieses ergänzen. Die neun Komponenten des Projekts ACCC: • Komponente 1: Erarbeitung eines Geschäftsplans für das Caribbean Climate Change Centre • Komponente 2: Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit • Komponente 3: Risikomanagement-Ansatz in der praktischen Planung • Komponente 4: Stärkung der technischen Kapazität der Region • Komponente 5: Anpassungsplanung bei der Umweltprüfung • Komponente 6: Strategien für die Anpassung in der Wasserwirtschaft • Komponente 7: Anpassungsstrategien für den Gesundheitsschutz • Komponente 8: Anpassungsstrategien für die Land- und Lebensmittelwirtschaft • Komponente 9: Förderung der Zusammenarbeit mit Ländern außerhalb der CARICOM Mit dieser Initiative sollten folgende Ziele erreicht werden: 51 • Das CCCCC entwickelt sich zu einer nachhaltigen Einrichtung für die Koordinierung sämtlicher Klimaschutzaktivitäten in der Region. • Die Region bezieht Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in die Planungsund Bewertungsverfahren der wichtigsten wirtschaftlichen und sozialen Sektoren ein. • Die wissenschaftliche und technische Kompetenz der Region im Bereich Klimaschutz wird gestärkt. • Nationale und regionale Agenturen können sich konstruktiv an internationalen Klimaschutzverhandlungen beteiligen, und • Bürger, die Privatwirtschaft und die Regierungen der Region verfügen über ausreichende Kenntnisse, um die erforderlichen Klimaschutzmaßnahmen zu CCCCC, 2008. 50 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage unterstützen und durchzuführen. Am ACCC-Projekt sind folgende CARICOM-Länder beteiligt: Antigua & Barbuda, Bahamas, Barbados, Belize, Dominica, Grenada, Guyana, Jamaica, St. Lucia, St. Kitts und Nevis, St. Vincent und die Grenadinen, Trinidad und Tobago Die Ausführung des ACCC-Vorhabens lag in den Händen der Canadian Executing Agency (CEA), die die kanadischen Unternehmen de Romilly and de Romilly Ltd. sowie GCSI - Global Change Strategies International Inc umfasste. Für das operative Tagesgeschäft war die in Barbados ansässige und ursprünglich für das CPACC-Projekt eingerichtete Regional Project Implementation Unit (RPIU) zuständig. Die Umsetzung selbst lag jedoch in der Verantwortung des Sekretariats der CARICOM. • Programm: CIDA, Oktober 2001 bis März 2004 • CIDA-Beitrag: 1,4 Mio. EUR Caribbean Information Platform on Renewable Energy (CIPORE) Nur sehr wenige der für die Energiewirtschaft zuständigen Ministerien der Region verfügen über einen eigenen Internetauftritt, und lediglich im Falle von Jamaika enthält die entsprechende Website einen Abschnitt zu erneuerbaren Energien. Die CIPORE wurde eingerichtet, um Informationen über erneuerbare Energien bereitzustellen, und sie hat die Aufgabe, die für die Energiewirtschaft zuständigen Ministerien vor Ort bei der Stärkung ihrer Handlungskompetenz in diesem Bereich zu unterstützen. Bei der CIPORE handelt es sich um ein Internetportal zum Thema erneuerbare Energien mit folgendem Angebot: • Links zu regionalen Websites von Energieministerien, Universitäten usw. zum Thema erneuerbare Energien; • Detaillierte Informationen in Form von Fallstudien zum Planungsprozess und zur Durchführung einer Reihe erfolgreicher Projekte im Bereich der erneuerbaren Energien in der Region und im karibischen Raum insgesamt; • Veröffentlichung von Artikeln zur Wirtschaftlichkeit von Systemen im Bereich der erneuerbaren Energie innerhalb und außerhalb der Region; • Links zu regionalen Experten auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien in relevanten Bereichen, die als Berater fungieren und Schulungen durchführen können; • Prüfung der Rentabilität von Entwicklungen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien, die für die Region von Bedeutung sind, und deren Anpassung an die lokalen/regionalen Bedingungen; • Information über bewährte Verfahren. 51 Energieversorgern, Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 4.2.1. Guadeloupe Menschliche Einflüsse und die aktuelle Lage - sozioökonomische Lage (Landwirtschaft, Fischerei, Fremdenverkehr, sonstige bedeutende Wirtschaftssektoren), Demografie Anzahl der Inseln 2 dicht nebeneinander liegende Hauptinseln + 11 kleine verstreute Inseln Bevölkerung 420 000 Einwohner (2006) Fläche 1 628 km² Bevölkerungsdichte 258 Einwohner/km² BIP/Einwohner 5 700 EUR/Einwohner (2003) Arbeitslosenquote 22,7 % (2007) Wichtigste Wirtschaftsaktivitäten Landwirtschaft, Lebensmittelproduktion, Fremdenverkehr Das etwa 600 km östlich der Dominikanischen Republik gelegene Departement Guadeloupe besteht aus den zwei unmittelbar nebeneinander liegenden größeren Inseln Grande-Terre und Basse-Terre sowie elf verstreuten kleineren Inseln, einschließlich Marie Galante, der Inselgruppe de Saintes und Désirade. Bis Februar 2007 gehörten die im nördlichen Teil der Kleinen Antillen gelegene Insel Saint-Barthélemy und der französische Teil von Saint Martin ebenfalls zu diesem Departement. Sie bilden seitdem eigenständige überseeische Gebietskörperschaften. Ein Drittel der Fläche der beiden Hauptinseln wird landwirtschaftlich genutzt, während die Gebirgsregionen unbewohnbar sind. Die Landwirtschaft (vor allem Zuckerrohr und Bananen), die ursprünglich den wichtigsten Wirtschaftssektor bildete, kann heute nur mithilfe von Subventionen überleben52. Zwischen 2000 und 2009 verzeichnete die Bevölkerung einen gemäßigten Zuwachs, und 2009 lebten etwa 450 000 Menschen im Departement Guadeloupe. Nach Angaben der Regionalregierung beträgt die Geburtenrate 2,2 Kinder je Frau (Conseil Régional de Guadeloupe). Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist unter 25 Jahre alt, wobei dieser Anteil sinkt und das Durchschnittsalter der Bevölkerung zunimmt. Im Jahr 2009 waren etwa 60 000 Einwohner älter als 65 Jahre. Bananen sind die wichtigste Exportkultur. Doch heute sind lediglich sieben Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung im Primärsektor beschäftigt. Von den wenigen Industriezweigen, die es gibt, gehören die meisten zum Agrar- und Lebensmittelsektor (Süßwarenindustrie, Rumdestillerien und Konservenindustrie). Zu den expandierenden Wirtschaftszweigen zählen der Fremdenverkehr und das Dienstleistungsgewerbe. So besuchten 2004 und 2005 ca. 370 000 Touristen Guadeloupe. Die wichtigsten Ziele sind Gosier und Saint-François sowie die Inseln Saint-Martin und Saint-Barthélemy. (Conseil Régional de Guadeloupe) Im Juni 2007 betrug die Arbeitslosenquote 22,7 %.53 52 53 Petit und Prudent, 2008. Petit und Prudent, 2008. 52 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Quelle: http://europa.eu/abc/maps/regions/france/mer_de.htm In Bezug auf die Umwelt zeichnen sich einige Besorgnis erregende Entwicklungen ab: Der durch Urbanisierung, Landwirtschaft und die Entnahme von Ressourcen (Jagd und Fischerei) verursachte Rückzug der Wälder und deren Degradation haben schwer wiegende Auswirkungen für die Biodiversität von Guadeloupe. Holzkohle wird noch immer auf Kosten des Trockenwaldes vor Ort produziert. Im Bereich Grands Fonds (Grande-Terre) wird nach wie vor Wald gerodet, während auf Marie-Galante, den Inseln de Saintes und Désirade die Mangroven fast vollständig verschwunden sind. Ein Teil der Böden und Gewässer von Guadeloupe sind durch Chlordecon, ein Organochlor-Insektizid, das auf den Bananenplantagen intensiv zur Bekämpfung von Rüsselkäfern eingesetzt und 1993 verboten wurde, dauerhaft vergiftet54. Durch verschiedene Maßnahmen soll der Zugang zu Trinkwasser gewährleistet werden, doch die Böden in einigen Regionen der Insel und auf anderen Inseln der Antillen sind dauerhaft verseucht. Derzeit wird im Rahmen von Studien untersucht, welche Auswirkungen diese Produkte auf die Gesundheit haben. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, werden die Ausflüsse von Destillerien kaum oder nur mangelhaft aufbereitet. Über 50 % der Struktur von Korallenriffen weisen Schäden auf, die u. a. auf die schlechte Aufbereitung von Schadstoffen in Verbindung mit Abwässern und der Landwirtschaft zurückzuführen sind55. Auch zahlreiche Seegräser wurden durch die chemische und von Land ausgehende Verschmutzung in Mitleidenschaft gezogen. Die Bestände einer Vielzahl Pflanzen fressender Fische wie die des Papageienfischs wurden überfischt, und die Algen gewinnen allmählich die Oberhand über die Korallen. Zudem hat auf einige Standorte wie die Pigeon Inseln ein regelrechter Ansturm von Hochseetauchern eingesetzt.56 Die aktuelle Regionalpolitik - mittelfristige Tendenzen Die Regionalpolitik - von der EU kofinanziert und mit Bezug zum Klimawandel - bezieht Mittel aus zwei Quellen: dem EFRE sowie der zweiten Säule der GAP (Programm für ländliche Entwicklung (PLE)). Im Programmplanungszeitraum 2000-2006 wurden aus dem EFRE insgesamt etwa 500 Mio. EUR als EU-Beitrag für Guadeloupe bereitgestellt, und für den laufenden Programmplanungszeitraum (2007-2013) beläuft sich der Beitrag der EU aus dem EFRE-Haushalt auf 542 Mio. EUR. Der Anteil der Maßnahmen mit Klimaschutzbezug im 54 55 56 Belpomme, 2007. Reefbase, 2007. Petit und Prudent, 2008. 53 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik vorangegangenen Programmplanungszeitraum57 lässt sich nur schwer bestimmen da nur eine sehr grobe Aufschlüsselung der Maßnahmen vorliegt. Geht man davon aus, dass Maßnahmen der Bereiche „Umweltinfrastruktur“ und „Planung und Sanierung“ sowie Teile der Bereiche „Fremdenverkehr“ und „Verkehrsinfrastruktur“ direkt oder indirekt dem Klimaschutz dienen so kann annähernd ein Drittel des EFRE-Haushalts Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zugerechnet werden. Im Hinblick auf den laufenden Zeitraum (2007-2013) ist die Zuordnung der Mittel, die dem Klimaschutz dienen, einfacher, da die Maßnahmen inzwischen detaillierter aufgeschlüsselt werden. Die Unterstützung aus dem Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums fiel für Guadeloupe im vorangegangenen Programmplanungszeitraum recht gering aus (siehe Abbildung 13), wobei sich dies im laufenden Programmplanungszeitraum (2007-2013) grundlegend änderte und der Beitrag der EU 2009 mit ca. 1,5 Mio. EUR einen Spitzenwert erreichte. Ein Drittel des EFRE-Haushalts wird zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen bereitgestellt, wobei der größte Anteil für die Bereiche „Energieeffizienz, Wärme/KraftKopplung und Energiemanagement“ und „Management von Haushalts- und Industrieabfällen“ (Abschwächung der Folgen des Klimawandels) sowie „Wasserbewirtschaftung und verteilung“ (Anpassung an den Klimawandel) aufgewendet wird. 57 Im Programmplanungszeitraum 2000-2006 wurde keine systematische thematische Klassifizierung der Mittel vorgenommen - zudem arbeitet der EFRE im Gegensatz zum ELER nicht mit einheitlichen Maßnahmen, sodass eine detaillierte Zuordnung der Mittel zu spezifischen Themen nicht möglich ist. 54 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Abbildung 12: EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen in Guadeloupe 0,92% 2,72% 0,69% 0,33% Services and applications for citizens (e‐health, e‐government, e‐learning, e‐inclusion, etc.) 8,66% Multimodal transport Ports 7,19% Energy efficiency, co‐generation, energy management 5,34% 1,37% Management and distribution of water (drink water) Management of household and industrial waste 1,31% 71,46% ‐ Other measures Water treatment (waste water) Promotion of biodiversity and nature protection (including Natura 2000) Renewable energy (wind, solar, biomass, hydrroelectric, geothermal & other Quelle: OP EFRE für Guadeloupe - thematische Aufteilung durch die GD Regionalpolitik (2008): The Potential of Regional Policy Instruments 2007-2013 to Contribute to the Lisbon and Göteborg Objectives for Growth, Jobs and Sustainable Development; Brüssel Legende: Dienste und Anwendungen für Bürger (elektronische Gesundheitsdienste, E-Government, E-Learning, digitale Integration usw.) - Multimodaler Verkehr - Häfen - Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung und Energiemanagement - Wasserbewirtschaftung und –verteilung (Trinkwasser) - Management von Haushalts- und Industrieabfällen Wasserbehandlung (Abwasser) - Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur (einschließlich Natura 2000) - Erneuerbare Energien (Windkraft, Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft, Geothermie u. a.) Abbildung 13: Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Martinique 1.600.000 € 1.492.683 € 1.400.000 € 1.200.000 € 1.000.000 € 800.000 € 600.000 € 400.000 € 168.083 € 200.000 € 48.611 € 0 € 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: OP für PLE (2000-2006 und 2007-2013) Guadeloupe und GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (2010): Study on Employment, Growth and Innovation in Rural Areas (SEGIRA); Brüssel Bei den einzelnen Maßnahmen des Programms für ländliche Entwicklung (PLE), die für die Bekämpfung des Klimawandels von Relevanz sind, handelt es sich vor allem um Maßnahmen der Schwerpunkte 1 und 2 - Förderung benachteiligter Gebiete (Bergregionen) sowie 55 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Agrarumweltzahlungen. Der im Rahmen der GAP für Klimaschutzmaßnahmen bereitgestellte Gesamtbeitrag muss als gering eingeschätzt werden, insbesondere gemessen an der jährlichen Unterstützung für die Landwirtschaft von Guadeloupe im Rahmen von Säule 1, die sich im Zeitraum 2004-2008 auf jährlich zwischen 21 Mio. EUR und 61 Mio. EUR (EU-Beitrag) belief. 4.2.1.1. Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Artenvielfalt Die fragmentierten Bergwaldbestände in den Gipfelregionen der Inseln, die eine große biologische Vielfalt aufweisen, werden durch Temperaturänderungen und veränderte Niederschlagsmengen beeinträchtigt werden. Wahrscheinlich werden zahlreiche Arten in höhere Regionen abwandern, und in ihren Lebensräumen werden sich opportunistischere Arten ansiedeln, was zur Folge haben wird, dass spezialisierte und angepasste Arten immer seltener oder sogar verschwinden werden. Zudem sind Populationen von in der Karibik endemischen Fledermausarten, die oftmals die einzigen einheimischen Säugetiere auf diesen Inseln sind, durch eine Intensivierung tropischer Stürme gefährdet. Die reiche, aber extrem fragile Biodiversität des Archipels von Guadeloupe leidet unter den ständigen Verzögerungen im Kampf gegen die Umweltverschmutzung und dem wachsenden, durch menschliche Aktivitäten entstehenden Druck und bedarf daher Maßnahmen zu ihrer Erhaltung und Aufwertung sowie einer ausreichenden Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung. Dies erfordert einen ganzheitlichen Ansatz, der u. a. die Förderung nachhaltiger Fremdenverkehrspraktiken, die Umwelterziehung und die Umsetzung von Richtlinien in den Bereichen Umweltschutz und Umweltmanagement umfasst.58 Im Rahmen von regionalpolitischen Maßnahmen werden Initiativen zur Erhaltung der Artenvielfalt und zum Schutz der Natur kofinanziert (also Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel). 4.2.1.2. Auswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme und die Fischerei Mangrovenzone In Guadeloupe sind die hinter den Mangroven gelegenen Süßwasserökosysteme besonders stark gefährdet, das Überschwemmungsrisiko durch den Klimawandel steigt. Diese Ökosysteme sind eingeschlossen zwischen Mangroven und menschlichen Siedlungen. Folglich ist eine Verlagerung ins Innere der Insel zum Schutz vor einem steigenden Meeresspiegel und der Gefahr der Versalzung nicht möglich. Korallenriffe In den letzten Jahren kam es in Guadeloupe wiederholt zu Korallenbleichen größeren Ausmaßes. Im Jahr 2005 lagen die Wassertemperaturen im Karibischen Becken insgesamt über einen Zeitraum von sechs Monaten (von Mai bis November) bei über 29°C, wobei es im östlichen Bereich am wärmsten war59. Das war das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen 1880. Diese außergewöhnlichen Witterungsbedingungen hatten eine massive Korallenbleiche zur Folge. Regelmäßige Erhebungen ergaben, dass 2005 durchschnittlich 50 % der Korallen betroffen waren. Die damit einhergehende Sterblichkeit lag ein Jahr später 58 59 Präfektur von Guadeloupe 2007: S. 91, 137, 138. Sheppard, 2005. 56 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage bei 40 %60. Diese Sterblichkeit wurde an verschiedenen Standorten festgestellt, einschließlich der Pigeon Inseln, Port Louis und des Barriereriffs von Grand Cul-de-Sac Marin. Die Schäden an den Korallen hatten Beeinträchtigungen für andere im Meer lebende Arten zur Folge, wie Rifffische und Pflanzen fressende Arten, die für ihr Überleben direkt auf diese Lebensräume angewiesen sind. Die in der Karibik festgestellte Korallenbleiche wirkte sich nicht überall gleich aus. Die Riffe in den einzelnen Zonen weisen eine sehr unterschiedliche Widerstandsfähigkeit auf, wobei die Mortalität der geschwächten Riffe dort am größten ist, wo der Einfluss des Menschen beispielsweise durch Überfischung, Sedimentation und Verschmutzung durch die Landwirtschaft oder Privathaushalte besonders intensiv ist. Zudem wurde an einer Reihe von Stränden eine ausgeprägte Erosion festgestellt, die das Ergebnis heftiger Hurrikans ist. In Guadeloupe sind derzeit etwa 45 % der Küste von Erosion betroffen. Die auf die Lösung dieser Klimaschutzprobleme ausgerichteten regionalpolitischen Initiativen sind Bestandteil von fremdenverkehrsrelevanten Aktivitäten. Die von der EU kofinanzierten regionalpolitischen Programme für meeresbezogene Themen und die regionale Entwicklung von Küstenzonen (Achse 4 des EFF) umfassen keine Aktivitäten mit Bedeutung für die Bekämpfung des Klimawandels. 4.2.1.3. Auswirkungen auf den Fremdenverkehr und die Gesundheit Der Fremdenverkehr stellt den wichtigsten und nachhaltigsten Wirtschaftssektor von Guadeloupe dar. Daher könnten die Degradation der Korallen und die Erosion der Strände schwerwiegende Folgen für diesen Sektor haben, der direkt auf die Unversehrtheit der Natur angewiesen ist. Die Häufigkeit tropischer Stürme und deren Auswirkungen auf die Infrastruktur könnten den Fremdenverkehr gefährden. Gleichzeitig können steigende Meeresspiegel und die Überschwemmung tief gelegener Gebiete Konflikte bezüglich der Ressourcennutzung (Boden, Wasser) auslösen. Die Verdrängung von Einrichtungen und Menschen in das Innere der Insel dürfte massive indirekte Auswirkungen auf die biologische Vielfalt haben. Der Klimawandel könnte in Guadeloupe zudem eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellen. Steigende Temperaturen in stehenden Gewässern und Flüssen könnten nicht nur ein Ansteigen der Prävalenz von Bilharziose, einer von Insekten übertragenen ansteckenden Parasitenkrankheit, bewirken, sondern auch die Ausbreitung von in diesem Gebiet bereits vorkommenden Krankheiten, wie Denguefieber, sowie von neuen Krankheiten unterstützen. Schließlich könnten auch Landwirtschaft und Tierhaltung durch den Klimawandel schwer in Mitleidenschaft gezogen werden. Schwankungen in Bezug auf Temperaturen und Niederschlagsmengen könnten nachhaltige Veränderungen in der Bodennutzung auslösen und zu neuen Beziehungen zwischen natürlichen und belasteten Ökosystemen führen. So könnte die Ausbreitung einiger Krankheiten oder von Insekten, die die Ernte vernichten, begünstigt werden, während sich einige selbstvermehrende Arten invasiv ausbreiten könnten. Die regionalpolitischen Maßnahmen in diesem Bereich dienen ausnahmslos der Förderung der Anpassung an den Klimawandel: Fremdenverkehrseinrichtungen wie der Nationalpark, das nationale Forstamt und der Schutz der Uferzone. 60 Dynecar, 2007. 57 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 4.2.1.4. Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Wasser In Anbetracht der zeitlich und räumlich unausgewogenen Wasserverteilung kommt es darauf an, den allgemeinen Zugang zu Wasser zu gewährleisten und die Wasserressourcen zu sichern und zu schützen. Hauptziele sind die Bereitstellung und Verteilung von Trinkwasser und die Reduzierung von verschmutzten Abwässern. Zu den flankierenden operationellen Maßnahmen zählen u. a. der Schutz des Trinkwassers an sämtlichen Entnahmestellen, die Sanierung oder Erneuerung der Kanalisation, von Kläranlagen, des 61 Abwasserbeseitigungsnetzes sowie der Bau neuer Talsperren. Begleitet werden diese Maßnahmen von Kampagnen zur Information und Aufklärung der Öffentlichkeit. 4.2.1.5. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Um seine Unabhängigkeit im Bereich Energie zu erhöhen und einen Beitrag im internationalen Kampf gegen den Klimawandel zu leisten, fördert Guadeloupe neben der Senkung des Energieverbrauchs die Entwicklung im Bereich der erneuerbaren Energien und führt flankierend dazu Informations- und Aufklärungskampagnen durch. Nach Angaben von EDF (Electricité of France) und PRERUE (Regionaler Plan für die Erforschung und den Einsatz erneuerbarer Energiequellen sowie für eine rationelle Energienutzung in Guadeloupe bis 2020) sollte es bis 2020 möglich sein, 468 GWh aus erneuerbaren Energiequellen, vor allem Windkraft, Wasserkraft und Erdwärme, zu erzeugen. Geplant 2010 Leistung, Erzeugung Geplant 2020 Leistung, Erzeugung Erneuerbare Energiequelle Installiert 2006 Leistung, Erzeugung Windenergie (Hochschätzung) 2,3 21,2 MW 35 GWh 36 MW 64,8 GWh 80 MW 144 GWh Fotovoltaik (Hochschätzung) 0,3 % 0,84 MW 929 GWh 30 MW 42 GWh 100 MW 140 GWh Erdwärme 5,1 % 15 MW 78 GWh Einheit Bouillante 3: 10 bis 30 MW bis 2013, Verbundsystem mit Dominica: 40 MW 2015 Miniwasserkraftwerk 1,2 % 6.5 MW 17 GWh 11 MW 33 GWh 18 MW 54 GWh Quelle: Präfektur von Guadeloupe - Generalsekretariat für Regionalangelegenheiten - Abteilung Europa Subventionen für erneuerbare Energien sollten praxisorientiert und innovativ sein, sie sollten sich in das Sozialgefüge vor Ort einfügen, aber auch der Wettbewerbsfähigkeit Rechnung tragen. Das gilt beispielsweise für Windkraftanlagen, die sich für Wirbelsturmgebiete eignen, die architektonische Integration von Fotovoltaikanlagen, die Verwertung von Biomasse, einschließlich der Umwandlung der jährlich anfallenden Melasseüberschüsse in Kraftstoff (2,2 - 3,5 % des gesamten Kraftstoffverbrauchs in Guadeloupe), die Erkundung von Erdwärmelagerstätten und die Erzeugung von Energie aus Abfällen. Die Erzeugung von 61 Präfektur von Guadeloupe 2007: 135. 58 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Agrarkraftstoffen stellt eine Option für Böden dar, die von Pestiziden verseucht sind. Ein Umsetzungsbeispiel ist das Projekt Synergîles, dem eine in Guadeloupe entwickelte Initiative zugrunde liegt. Im Rahmen dieses Vorhabens ist ein Wettbewerbscluster für Rohstoffe und Energiequellen tropischer Inseln, die großen naturbedingten Risiken ausgesetzt sind, entstanden, das der Schaffung von Arbeitsplätzen im Baugewerbe und generell im Bereich der erneuerbaren Energien dienen soll. Von großem Interesse sind ferner Schulungsmaßnahmen in Bezug auf die Entwicklung innovativer Lösungen sowie das Management von auf lokale Anforderungen und tropische Bedingungen abgestimmten energetischen Systemen.62 Laut Rahmenvereinbarung über die Einsparung von Energie besteht das Ziel darin, den jährlichen Anstieg des Stromverbrauchs (2007 4,5 % pro Jahr) von 2010 bis 2013 auf maximal 2,3 % bzw. 2 % zu reduzieren und auf einen Anstieg von maximal 1 % bis 2020 hinzuarbeiten. Ferner soll die Leistungsspitze von 283 MW im Jahr 2010 auf 264 MW im Jahr 2013 gesenkt und Vorbereitungen für eine Spitzenlast von 321 MW bis 2020 getroffen werden. Der Schwerpunkt liegt auf dem öffentlichen Verkehr als einer effizienten Alternative zum PKW sowie auf der Bereitstellung von intermodalen Verkehrsangeboten, um die Inseln miteinander zu verbinden. In diesem Sinne erlangt die Optimierung des öffentlichen Verkehrsnetzes in den Ballungsgebieten Basse-Terre und Pontoise (in Verbindung mit Stadterneuerungsprogrammen) große Bedeutung63 und ist damit Bestandteil der aus dem EFRE kofinanzierten regionalpolitischen Initiativen. Abfall Die Abfallbehandlung stellt die Behörden von Guadeloupe ganz allgemein vor große Probleme. Der EFRE umfasst u. a. folgende Tätigkeitsbereiche: Reduzierung der Abfallmenge, Recycling, Abfallerfassung sowie die Behandlung und/oder Sanierung von Deponien, verseuchten und Brachflächen. Einen weiteren wichtigen Punkt wird künftig die Verwertung der Abfälle bilden. All dies erfordert die Unterrichtung und Aufklärung der Bewohner. 62 63 Präfektur von Guadeloupe, 2007: 81. Präfektur von Guadeloupe, 2007: 82, 83. 59 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Kasten 2: Erfolgsgeschichten: Die Antwort Naturschutz zum Wohle aller weiß ganz allein der Wind und ERFOLGSGESCHICHTEN Die Antwort weiß ganz allein der Wind Auf der Insel La Désirade ist es gelungen, eine unerschöpfliche natürliche Energiequelle technisch nutzbar zu machen, die die Umwelt nicht belastet und dank der auf teure Kraftstoffeinfuhren verzichtet werden kann: die Windkraft. Bis Januar 1993 war La Désirade zur Energieerzeugung auf ein 350-kW-Dieselaggregat angewiesen, das jährlich fast 600 t Öl verbrauchte. Inzwischen wurden zwölf Windgeneratoren mit einer Leistung von 12 kW installiert, die von Passatwinden getrieben werden, die die Inseln fast ständig mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich neun bis zehn Metern pro Sekunde überqueren. Das installierte System erfordert, dass das Dieselaggregat ständig mit geringer Kraft läuft. In dem Maß, in dem die Nachfrage steigt, schalten sich die Windgeneratoren nacheinander zu. Zu Spitzenzeiten sind sämtliche Windgeneratoren in Betrieb, und das Dieselaggregat läuft hoch und stellt zusätzliche Energie bereit. Dank der Windkraftanlage können jährlich ca. 220 t Dieselöl eingespart werden. Der Windpark funktioniert hervorragend, sodass seine Leistung 1996 mehr als verdoppelt werden konnte und nunmehr 500 kW beträgt. Die Leistung der ursprünglichen zwölf Windgeneratoren wurde von je 12 auf je 25 kW angehoben, und es wurden acht weitere 25-kW-Windgeneratoren installiert, sodass der neue Windenergiepark inzwischen etwa 80 % des Energiebedarfs der Insel decken kann. Ist der lokale Energiebedarf besonders niedrig, kann La Désirade sogar mit Windkraft erzeugten Strom nach Guadeloupe exportieren. Diese Erfolgsgeschichte ist ein Beispiel dafür, wie die topografischen Bedingungen einer Region in extremer Randlage - Guadeloupe - gewinnbringend genutzt werden können. Der erzeugte Strom deckt den regionalen Bedarf und trägt zu einem Verzicht auf fossile Brennstoffe bei, was wiederum zur Abschwächung der Folgen des Klimawandels beiträgt. • Gesamtkosten: 1,4 Mio. EUR • EU-Beitrag: 0,5 Mio. EUR Naturschutz zum Wohle aller Die Karibikinsel Saint Martin wehrt sich gegen den zunehmenden Druck auf die Umwelt. Mithilfe von mehreren groß angelegten Vorhaben sollen die Öffentlichkeit auf die Problematik aufmerksam gemacht und die schwerwiegendsten Probleme in Angriff genommen werden. Die nordwestlich von Guadeloupe gelegene Insel Saint Martin besteht aus zwei Teilen. Der südliche Teil gehört zu den niederländischen Antillen, während der nördliche Teil zur französischen Überseegemeinschaft gehört und damit Teil der EU ist. Im Rahmen des teilweise aus EU-Mitteln finanzierten Projekts werden drei Teilprojekte zur Lösung einiger der dringendsten Probleme der Insel durchgeführt. Das Projekt ‚Baie de Cul-de-Sac: Barrière lake', das sich über eine Fläche von etwa 25 000 m2 erstreckt, sieht die Errichtung eines durch gefährdete Mangroven führenden Stegs auf Stelzen und eine Beobachtungsstelle für Großvögel vor. Im Rahmen des Projekts ‚Pinel islet' soll ein fast kreisförmig verlaufender Rundweg angelegt werden, von dem aus Wanderer fragile lokale Lebensräume, Strände, Korallen und Pflanzen entdecken können. Mit dem Projekt ‚Baie de lembouchure' soll die gesamte Bucht geschützt und in das bereits bestehende Naturschutzgebiet einbezogen werden. Mit diesem Projekt in Saint Martin ist es erfolgreich gelungen, das Naturerbe zu schützen und die Öffentlichkeit über den gefährdeten Lebensraum zu informieren. Gleichzeitig wird damit dieses Gebiet - vorsichtig - für den Fremdenverkehr erschlossen. Mit anderen Worten stellt dieses Vorhaben eine erfolgreiche Kombination aus kurzfristigen Anpassungsmaßnahmen (Naturschutz) und nachhaltigeren Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels wie Aufklärungsmaßnahmen dar. Gesamtkosten: 306 310 EUR EU-Beitrag: EU-Beitrag: 153 155 EUR 60 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über Klimaschutzmaßnahmen in Guadeloupe für den Programmplanungszeitraum 2007-2013. Eine genauere Beschreibung der politischen Maßnahmen ist Anhang 2 zu entnehmen. Anpassung an den Klimawandel Ökosysteme/Artenvielfalt EFRE: Maßnahmen in der Rubrik „Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur“ ELER sieht einige Maßnahmen vor, die gegebenenfalls dem Schutz der Artenvielfalt dienen Fremdenverkehr/Gesundheit EFRE: Fremdenverkehrseinrichtungen wie Nationalpark, nationales Forstamt und Schutz der Uferzone, Ökotourismus ELER sieht eine Maßnahme zur Förderung von naturbezogenen Fremdenverkehrsaktivitäten vor Abschwächung des Klimawandels Energie/Verkehr EFRE: Subventionen für erneuerbare Energien, Informations- und Aufklärungskampagnen, öffentlicher Verkehr als effiziente Alternative zum Pkw, intermodale Verkehrsangebote zur Verbindung der Inseln ELER: Förderung erneuerbarer Energien im Rahmen der Maßnahme „Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe“, Maßnahmen zur Energieeinsparung (Investitionen in Gebäude und Ausrüstungen), Förderung nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken (Agrarumweltzahlungen) 61 Wasser/Abfall EFRE: auf die Komponenten „Wasserbewirtschaftung und verteilung (Trinkwasser)“ und „Wasserbehandlung (Abwasser)“ entfallen ca. 14 % des gesamten EFRE-Haushalts in Guadeloupe. ELER: Die aus dem ELER finanzierten Aktivitäten umfassen Maßnahmen zum Schutz des Wasserkreislaufs sowie zur Reinhaltung des Wassers durch Pflanzenschutzverfahren und Forstwirtschaft. EFRE: Maßnahmen zur Reduzierung der Abfallmenge, Recycling, Abfallerfassung sowie die Behandlung und/oder Sanierung von Deponien, Altlasten und Brachflächen Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 4.2.2. Martinique Menschliche Einflüsse und die aktuelle Lage - sozioökonomische Lage (Landwirtschaft, Fischerei, Fremdenverkehr, sonstige bedeutende Wirtschaftssektoren), Demografie Anzahl der Inseln 1 Insel Bevölkerung 397 820 Einwohner (2005) Fläche 1 128 km2 Bevölkerungsdichte 352 Einwohner/km² BIP/Einwohner 14 293 EUR/Einwohner (2000) Arbeitslosenquote 25,2 % (2006) Wirtschaftliche Tätigkeiten Landwirtschaft, Fremdenverkehr, Agrar- und Nahrungsmittelindustrie Martinique ist ein etwa 700 km südöstlich der Dominikanischen Republik gelegenes französisches Überseedepartement. Die Insel mit ihrer schroffen Landschaft ist vulkanischen Ursprungs; sie besteht aus mehreren Gebirgszügen, die eine Vielzahl von Biotopen beherbergen. Montagne Pelée, der letzte aktive Vulkan, liegt im Norden der Insel und erhebt sich bis in eine Höhe von 1396 m. Sein Ausbruch im Jahr 1902 forderte 28 000 Todesopfer. Mit einer Bevölkerung von 398 000 Einwohnern (2005) und 352 Einwohnern pro km² ist Martinique nach Mayotte das am zweitdichtesten besiedelte französische Überseeterritorium. Die wichtigsten Wirtschaftszweige der Insel sind die Landwirtschaft (Zuckerrohr, Bananen und Ananas), Fremdenverkehr und die Leichtindustrie, und zwar in erster Linie die Agrar- und Nahrungsmittelindustrie.64 Quelle: http://europa.eu/abc/maps/regions/france/mer_de.htm Was die Umwelt betrifft, so weisen die natürlichen Landschaften von Martinique schwere Schäden auf. Der Einfluss des Menschen hat sich nachteilig auf die natürlichen Lebensräume der Insel ausgewirkt; verschärfend kommen Naturkatastrophen wie intensive vulkanische Aktivität und wiederholte tropische Stürme hinzu. Fremdenverkehr und die mit dem Bevölkerungswachstum zusammenhängende Entwicklung der Städte sind direkt für die Zerstörung zahlreicher Lebensräume im Verlaufe der letzten 20 Jahre verantwortlich. Zudem wurden der Tieflandregenwald und tiefer gelegene Teile des Bergregenwaldes abgeholzt, um intensive Landwirtschaft zu betreiben. In den letzten Jahren haben sich einige invasive Arten zu einer ernsthaften Gefahr entwickelt: der Afrikanische Tulpenbaum (Spathodea campanulata) zählt zu den besonders aggressiven Arten. Zahlreiche Mangrovenhaine, die 64 Petit und Prudent, 2008. 62 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage vielen Fischarten als Brutstätte dienen, wurden aufgeschüttet. Diese Gebiete leiden zusätzlich unter der von Aktivitäten an Land ausgehenden Verschmutzung. In der Lagune von Les Salines wurden in den Sedimenten Besorgnis erregende Schwermetallkonzentrationen festgestellt. Die stark verschmutzten Buchten von Fort-de-France und Le Marin werden im Rahmen eines langfristigen Programms saniert. Die Bestände einiger Meeresressourcen wie Steinhummer, weißer Seeigel (Tripneustes esculentus) und Riesen-Fechterschnecke (Strombus gigas) sind noch immer überfischt. Ein weiteres ernstes Problem sind der illegale Fang von Meeresschildkröten sowie ihr unbeabsichtigter Fang in der Fischerei.65 Die aktuelle Regionalpolitik - mittelfristige Tendenzen So wie in allen Regionen in extremer Randlage werden auch in Martinique klimaschutzrelevante und im Rahmen der EU-Regionalpolitik kofinanzierte Maßnahmen aus dem EFRE und der zweiten Säule der GAP finanziert. Im Programmplanungszeitraum 2000-2006 wurden über den EFRE 470 Mio. EUR mobilisiert, von denen über die Hälfte der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels zugeordnet werden können. Dieser Schätzwert ist unter Vorbehalt zu betrachten, da die Maßnahmen in diesem Programmplanungszeitraum nicht detailliert genug aufgeschlüsselt sind, um eine genauere Differenzierung zu gestatten. Für den laufenden EFRE-Zeitraum (2007-2013) ist die Zuordnung der Mittel, die dem Klimaschutz dienen, einfacher, da die Maßnahmen inzwischen detaillierter aufgeschlüsselt werden. Aus Abbildung 14 geht hervor, dass annähernd ein Drittel der Zuschüsse für Martinique in Höhe von 420 Mio. EUR zur Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen bereitgestellt wird. Die größten Anteile entfielen dabei auf Maßnahmen in den Bereichen „multimodaler Verkehr“ und „erneuerbare Energien“ (Abschwächung des Klimawandels) sowie „Wasserbehandlung“ (Anpassung an den Klimawandel). Abbildung 14: EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen in Martinique 0,48% Services and applications for citizens (e‐health, e‐ government, e‐learning, e‐inclusion, etc.) Multimodal transport 17,38% 0,96% 0,96% 2,16% 3,12% Energy efficiency, co‐generation, energy management Management and distribution of water (drink water) Management of household and industrial waste Water treatment (waste water) 1,20% 2,28% 65,12% ‐ Other measures 1,44% 4,20% 0,72% Promotion of biodiversity and nature protection (including Natura 2000) Promotion of natural assets Protection and development of natural heritage Health infrastructure Renewable energy (wind, solar, biomass, hydrroelectric, geothermal & other Quelle: OP EFRE für Martinique - thematische Aufteilung durch die GD Regionalpolitik (2008): The Potential of Regional Policy Instruments 2007-2013 to Contribute to the Lisbon and Göteborg Objectives for Growth, Jobs and Sustainable Development; Brüssel 65 Petit und Prudent, 2008. 63 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Legende: Dienste und Anwendungen für Bürger (elektronische Gesundheitsdienste, E-Government, E-Learning, digitale Integration usw.) Multimodaler Verkehr Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung und Energiemanagement Wasserbewirtschaftung und -verteilung (Trinkwasser) Management von Haushalts- und Industrieabfällen Wasserbehandlung (Abwasser) Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur (einschließlich Natura 2000) Förderung des natürlichen Reichtums Schutz und Entwicklung des Naturerbes Gesundheitsinfrastruktur Erneuerbare Energien (Windkraft, Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft, Geothermie u. a.) Im Vergleich zu den aus dem EFRE bereitgestellten Mitteln fällt die Förderung aus der zweiten Säule der GAP für Klimaschutzmaßnahmen eher gering aus. Die Höhe der Fördermittel aus dem PLE betrug durchschnittlich 750 000 EUR pro Jahr (EU-Beitrag), wobei die Aufwendungen im neuen Programmplanungszeitraum mit 1,6 Mio. EUR im Jahr 2008 und 1,4 Mio. EUR im Jahr 2009 Spitzenwerte erreichten. Doch verglichen mit den für die Landwirtschaft aus Säule 1 bereitgestellten Mitteln, die sich jährlich auf Beträge zwischen 51 Mio. EUR und sogar 119 Mio. EUR (EU-Beitrag) im Zeitraum 2004-2008 belaufen, erscheint die Förderung aus dem PLE unbedeutend. Abbildung 15: Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Martinique 1.800.000 € 1.598.369 € 1.600.000 € 1.400.000 € 1.382.163 € 1.198.267 € 1.200.000 € 1.000.000 € 800.000 € 600.000 € 787.771 € 573.835 € 400.000 € 200.000 € 136.807 € 0 € 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: OP für PLE (2000-2006 und 2007-2013) Martinique und GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (2010): Study on Employment, Growth and Innovation in Rural Areas (SEGIRA); Brüssel Im Hinblick auf die im Rahmen von ELER geförderten Aktionen mit potenzieller Klimaschutzrelevanz ist vor allem auf Zahlungen zur Förderung der Landwirtschaft in benachteiligten Gebieten (Bergregionen) sowie Agrarumweltzahlungen zu verweisen. 64 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 4.2.2.1. Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft (Bergwälder) Artenvielfalt Die erwarteten Temperaturänderungen könnten sich auf die letzten noch erhaltenen Höhenwälder in den Bergmassiven von Martinique auswirken. Bei den Höhenwäldern handelt es sich um die ursprünglichsten Gebiete der Insel. Das ist u. a. auf deren relative Unzugänglichkeit zurückzuführen. Deshalb konnten ihr menschliche Einflüsse und invasive gebietsfremde Arten weit weniger anhaben als den Ökosystemen an der Küste. Ein Team der Universität der Antillen und Guyanas untersuchte, welche Veränderungen sich im Zuge des Klimawandels in den Höhenwäldern der Kleinen Antillen vollziehen könnten. So wie auf allen „Gebirgsinseln“ der Antillen eignet sich die enorme Vielfalt der Biotope auf Martinique als veritables Laboratorium zur Untersuchung der Veränderungen an der Vegetation. Die klimatischen Bedingungen dieser Inseln weisen von Bergregion zu Bergregion große Unterschiede auf und können je nach Lage und Höhe in eine Vielzahl von „bioklimatischen Mikroregionen“ unterteilt werden. Häufigkeit und Stärke der Niederschläge sind die wichtigsten Unterscheidungsfaktoren der verschiedenen Bioklimata. Die geographische Teilung der Arten sowie die räumlich und zeitlich unterschiedlichen Vegetationsschichten werden im Wesentlichen vom Niederschlagsregime bestimmt. In Martinique reichen die bioklimatischen Zonen von der Küste bis zu den Bergspitzen von einem trockenen bis zu einem extrem feuchten Bioklima. Diese bioklimatische Spannbreite wiederum ist bestimmend für die verschiedenen Vegetationsschichten, die vom trockenen Tieflandtropenwald bis zum tropischen Bergregenwald reichen. Wahrscheinlich wird der Klimawandel längere Trockenzeiten und eine progressive Abnahme der Niederschlagsmengen in den Bergregionen mit sich bringen. Das wird dazu führen, dass sich das trockene Bioklima in höhere Regionen verlagert und das feuchte Gebirgsbioklima allmählich verschwindet. Die Waldökosysteme könnten sich langsam an die trockenen Bedingungen anpassen, und es könnte eine „Migration“ der trockenen Tieflandwälder in höhere Lagen einsetzen, die letztlich den tropischen Bergregenwald verdrängen könnte66. Durch die Migration der Arten ins Hochland und die Störung des existierenden Gleichgewichts könnten günstige Bedingungen für invasive gebietsfremde Arten entstehen, die eine Verarmung der bislang unversehrten Landschaften bewirken und diese ihrer riesigen Vielfalt berauben werden. Durch die vollständige Zerstörung der Bananenplantagen auf Martinique verursachte die Insel schwere Schäden vor allem im Agrarsektor. Die daraus resultierenden wirtschaftlichen Einbußen wurden auf 115 Mio. EUR geschätzt67. Wurzelgemüse wie Maniok (Manihot esculenta) und Süßkartoffeln (Ipomoea batata) sind ebenfalls einen wesentlicher Bestandteil der karibischen Ernährung. Sie bilden eine wichtige Nahrungsquelle für große Teile der einheimischen Bevölkerung. Auf Klimaprojektionen beruhende Modelle deuten darauf hin, dass sich der Klimawandel auch auf den Anbau dieser Ertragskulturen negativ auswirken könnte68. Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft könnten schwer wiegende Konsequenzen für die Insel Martinique haben, die in hohem Maße von diesem Primärsektor abhängig ist. Die EU unterstützt mit ihrer Politik nach wie vor diese negative Entwicklungen (siehe Betrag, der im Rahmen von Säule 1 für die intensive Landwirtschaft bereitgestellt wird, im Vergleich zu ELER-Maßnahmen, die dem Klimawandel dienen). Aus dem EFRE werden Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel lediglich in sehr geringem Umfang in den Bereichen 66 67 68 Joseph, 2006. PECE 2007. Centella, 2001. 65 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik „Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur“, „Schutz und die Erschließung des Naturerbes“ sowie „Förderung des natürlichen Reichtums“ gefördert. 4.2.2.2. Auswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme und die Fischerei Mangroven Die potenziell immer heftigeren tropischen Stürme und steigende Meeresspiegel werden sich auf die großen und vorerst noch intakten Mangrovenzonen von Martinique auswirken und indirekt auch die heimische Fauna in Mitleidenschaft ziehen. Hurrikan „Dean“, der im August 2007 unweit von Martinique vorbeizog, richtete an Wäldern und Mangroven schwere Schäden an. Korallenriffe Martinique hat an einigen Standorten innerhalb eines Jahres (2005-2006) etwa 30 % seiner Korallenriffe verloren. Zudem ist zu erwarten, dass aufgrund steigender Meeresoberflächentemperaturen (MOT) zahlreiche in Martinique heimische Arten nach Norden abwandern werden, wo gemäßigtere MOT herrschen.69 Im Jahr 2005 beobachtete das Observatoire du Milieu Marin Martiniquais (OMMM) eine massive Bleiche der Korallenriffe vor Martinique. Im Durchschnitt waren 70 % der Korallen betroffen. Die aus dieser Bleiche resultierende Sterblichkeit wurde 2006 auf 13 % geschätzt.70 Auch eine Zunahme der Hurrikanintensität könnte schwer wiegende Auswirkungen auf die biologische Vielfalt des Meeres in dieser Region haben. Im August 2007 zerstörte Hurrikan Dean bestimmte Bereiche des südlichen Riffs der Insel und zog auch die Küstenwälder und Strände in Mitleidenschaft, an der die Karettschildkröte ihre Eier legt. Die Weibchen dieser Art legen ihre Eier im Allgemeinen an dem Strand ab, an dem sie geboren wurden. Verschwindet ein Strand, so besteht die Gefahr, dass auch die Schildkrötenpopulation verschwindet oder dass sie stark gefährdet ist. Die auf die Lösung dieser Klimaschutzprobleme ausgerichteten regionalpolitischen Initiativen sind Bestandteil von biodiversitäts- und fremdenverkehrsrelevanten Aktivitäten. Die von der EU kofinanzierten regionalpolitischen Programme für meeresbezogene Themen und die regionale Entwicklung von Küstenzonen (Achse 4 des EFF) umfassen keine Aktivitäten mit Bedeutung für die Bekämpfung des Klimawandels. 4.2.2.3. Auswirkungen auf den Fremdenverkehr und die Gesundheit Es wird davon ausgegangen, dass der Klimawandel vor allem durch häufigere tropische Stürme und eine Beeinträchtigung der Biodiversität eine erhebliche Gefahr für den Fremdenverkehr darstellt. Bedauerlicherweise wurde für diese Region noch keine wirtschaftliche Evaluierung des potenziellen Schadens vorgenommen. Auf Martinique wurden Untersuchungen durchgeführt, um die potenziellen Auswirkungen des Klimawandels auf die öffentliche Gesundheit und die Ausbreitung von Infektionskrankheiten wie Denguefieber zu beurteilen. Denguefieber ist eine von Moskitos übertragene Infektionskrankheit, die weltweit verstärkt auftritt. Unter dem Einfluss des Klimawandels könnten steigende Temperaturen und Veränderungen in der Luftfeuchtigkeit deutliche Auswirkungen auf die Überträger von Infektionskrankheiten, einschließlich des Denguefiebers, haben. Von Vektoren übertragene Krankheiten sind kompliziert und umfassen mehrere Faktoren: die als Vektoren bezeichneten Überträger (im Falle von Denguefieber 69 70 Gillet, 2008. OMMM 2005. 66 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Moskitos), Parasiten (das Dengue-Virus), Wirte (Menschen) und (Lebensraum, Regen, Temperatur, Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung). Umweltfaktoren Eine durch den Klimawandel hervorgerufene Veränderung der Umweltfaktoren kann sich auf die Widerstands-fähigkeit des die Krankheit übertragenden Insekts (Vektor) auswirken (Dichte, Überlebensrate, Länge des Lebenszyklus). Das hat wahrscheinlich ein vermehrtes Auftreten von Denguefieber in tropischen Regionen sowie eine Verschiebung der räumlichen Verbreitung der Krankheitsüberträger von den tropischen Zonen in gemäßigte Zonen zur Folge71. In der karibischen Region war in den letzten zehn Jahren eine deutliche Zunahme von Denguefieberer-krankungen zu verzeichnen72. In ersten Empfehlungen, die im Ergebnis der laufenden Untersuchungen vorgelegt wurden, wird geraten, die Sachkompetenz in diesem Bereich zu stärken, wissenschaftliche Beobachtungen vor Ort zu intensivieren und angesichts einer drohenden Epidemie geeignete Gegenmaßnahmen zu ergreifen. In diesem Bereich sieht der EFRE die Bereitstellung von Mitteln für elektronische Gesundheitsdienste und Gesundheitsinfrastrukturen vor und trägt damit zumindest teilweise zur Anpassung an den Klimawandel bei. Die aus EFRE-Mitteln finanzierten regionalpolitischen Maßnahmen zur Förderung von Fremdenverkehr und zur Bekämpfung des Klimawandels umfassen vor allem auch Anpassungsmaßnahmen - Wasserbehandlung, Abfallwirtschaft und Naturschutz sind die Bereiche, auf die in diesem Zusammenhang besonders zu verweisen ist. Die einzige Maßnahme zur Abschwächung des Klimawandels, die zumindest indirekt mit dem Fremdenverkehr in Verbindung steht, ist die besonders hervorspringende Förderung des multimodalen Verkehrs. 4.2.2.4. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Im Rahmen von EFRE werden Maßnahmen der Rubrik Energieeffizienz unterstützt und Investitionen in die Kraft-Wärme-Kopplung sowie das Energiemanagement gefördert. Darüber hinaus sind 4,2 % des EFRE-Haushalts im laufenden Programmplanungszeitraum für Initiativen im Bereich der erneuerbaren Energien vorgesehen - wie die technologische Unterstützung der Energieerzeugung aus Windkraft, Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft. Dennoch scheinen erneuerbare Energien im Vergleich zu anderen Schwerpunkten des EFRE-Programms im Rahmen der regionalpolitischen Maßnahmen für Martinique eine recht untergeordnete Rolle zu spielen. Verkehr Martinique ist eine Insel, die durch ein sehr hohes Straßenverkehrsaufkommen (sowohl Güter- als auch Personenverkehr) gekennzeichnet ist; die daraus resultierende Verkehrsüberlastung stellt einen Hemmschuh für die Entwicklung der einheimischen Wirtschaft, einschließlich des Fremdenverkehrs, dar. Aufgrund seiner geografischen Lage bieten sich der intermodale und der Seeverkehr als natürliche Alternativen zum ausschließlich auf der Straße abgewickelten Verkehr an. Bislang gibt es weder einen in sich stimmigen Plan für die Entwicklung des intermodalen Verkehrs noch liegt eine Analyse der aktuellen Situation, künftiger Tendenzen und potenzieller sowie notwendiger Maßnahmen vor. Ein ganz erheblicher Teil des EFRE-Haushalts ist für den multimodalen Verkehr vorgesehen (17 %). Die Aktivitäten in dieser Rubrik umfassen die Erarbeitung eines detaillierten 71 72 Hopp & Foley, 2003. CAREC, 2007. 67 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Gesamtkonzepts für den Conseil Régional de la Martinique, dessen Ziel darin besteht, unter Einbeziehung sämtlicher Akteure und unter Berücksichtigung der Erfordernisse auf unterschiedlichen Ebenen (Nutzer, Kunden, Betreiber, Wirtschaftslage usw.) eine koordinierte Verkehrspolitik zu erarbeiten. Gleichzeitig dient diese Maßnahme der Modernisierung und Einrichtung von Fahrspuren für öffentliche Verkehrsmittel, die unmittelbar neben der Autobahn A1 und der RN1 verlaufen. Diese Förderung befindet sich nicht notwendigerweise im Einklang mit der Abschwächung des Klimawandels, da sich der motorisierte Individualverkehr verstärken wird und damit auch die Emissionen zunehmen werden. 68 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über Klimaschutzmaßnahmen in Martinique für den Programmplanungszeitraum 2007-2013. Eine genauere Beschreibung der politischen Maßnahmen ist Anhang 2 zu entnehmen. Ökosysteme/Artenvielfalt Anpassung an den Klimawandel EFRE: begrenzte Unterstützung, Aktionen in den Bereichen „Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur“, „Schutz und die Erschließung des Naturerbes“ sowie „Förderung des natürlichen Reichtums“ werden in geringem Umfang gefördert Fremdenverkehr/Gesundheit Energie/Verkehr EFRE: Mittel in dieser Rubrik für Maßnahmen in Bereichen wie elektronische Gesundheitsdienste und Gesundheitsinfrastruktur, Wasserbehandlung, Abfallmanagement und Naturschutz ELER: Förderung von ELER: Unterstützung beim Fremdenverkehrsmaßnahmen Wiederaufbau des durch Naturkatastrophen zerstörten landwirtschaftlichen Produktionspotenzials, Ausgleichszahlungen für Gebiete mit naturbedingten Nachteilen, Agrarumweltzahlungen, Förderung von Entwässerung, Rodung und Bekämpfung von Erosion sowie des Zugangs zu Bewässerung und Wassersparmaßnahmen Abschwächung des Klimawandels EFRE: deutliche Förderung des multimodalen Verkehrs 69 EFRE Energie: Maßnahmen in der Rubrik Energieeffizienz: Investitionen in die Kraft-WärmeKopplung und das Energiemanagement, Initiativen im Bereich der erneuerbaren Energien - wie die technologische Unterstützung der Energieerzeugung aus Windkraft, Solarenergie, Biomasse und Wasser/Abfall Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Wasserkraft EFRE Verkehr: hoher Anteil des Haushalts für den multimodalen Verkehr; Erarbeitung eines detaillierten Gesamtkonzepts für den Conseil Régional de la Martinique Aus dem ELER werden über die Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe Initiativen im Bereich der erneuerbaren Energien gefördert, und es werden Mittel für Grunddienstleistungen für die Wirtschaft und die ländliche Bevölkerung bereitgestellt 70 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 4.3. Indischer Ozean 4.3.1. Réunion Menschliche Einflüsse und die aktuelle Lage - sozioökonomische Lage (Landwirtschaft, Fischerei, Fremdenverkehr, sonstige bedeutende Wirtschaftssektoren), Demografie Anzahl der Inseln 1 Insel Bevölkerung 785 000 Einwohner (2006) Fläche 2 512 km2 Bevölkerungsdichte 313 Einwohner/m² BIP/Einwohner 12 000 EUR/Einwohner (2000) Arbeitslosenquote 30 % (2006) Wirtschaftliche Tätigkeiten Fremdenverkehr, Lebensmittelindustrie, Landwirtschaft, Dienstleistungen Die Insel Réunion ist ein französisches überseeisches Department und ein europäisches Gebiet in äußerster Randlage. Sie liegt im Indischen Ozean, 700 Kilometer östlich von Madagaskar. Die gebirgige Vulkaninsel gehört zur Inselgruppe der Maskarenen, die Gebirgslandschaft ist sehr zerklüftet. Auf der Insel gibt es zwei Vulkane: den Piton des Neiges (3069 m), der nicht mehr aktiv ist, und den Piton de la Fournaise, der regelmäßig ausbricht und das südöstliche Drittel der Insel bedeckt. Réunion hat eine Fläche von 2 512 km², seine ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) erstreckt sich über eine Fläche von 318 300 km². Mit einem Bevölkerungswachstum von jährlich mehr als 1,8 % in den vergangenen zwanzig Jahren hat es die höchste Wachstumsrate aller Regionen der EU. Mehr als hundert Jahre lang war Rohrzucker die wichtigste Ressource der Insel, heute ist jedoch der Tourismus die wichtigste Wirtschaftstätigkeit. 2004 besuchten mehr als 430 000 Personen die Insel. Die Lebensmittelindustrie ist auch weiterhin der wichtigste Industriezweig, insbesondere die Alkoholherstellung aus Rohrzucker und die Rumerzeugung.73 Quelle: http://europa.eu/abc/maps/regions/france/mer_de.htm Die Lage der Umwelt in Réunion ist als gespannt zu bezeichnen. Réunion ist als „Biodiversity Hotspot“ eingestuft. Die 193 natürlichen Lebensräume auf der Insel Réunion sind häufig eng begrenzt, ihre Verteilung über die verschiedenen Hänge ist von einem äußerst empfindlichen Gleichgewicht zwischen Feuchtigkeit und Temperatur abhängig, das durch den Klimawandel möglicherweise gestört wird. Ein Anstieg der Temperaturen könnte dazu führen, dass 73 Petit und Prudent, 2008. 71 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Pflanzenarten in höhere Lagen migrieren, dies könnte einen Rückgang der Bergwälder und eine Zunahme opportunistischer Arten zu Lasten schwächerer Arten zur Folge haben. Es gibt jedoch keine Prognosen zu den möglichen Folgen des Klimawandels auf die terrestrische Artenvielfalt von Réunion. Eine solche Bewertung wäre heute wichtig, um genauere Hypothesen aufzustellen, die bei der Bewirtschaftung der Lebensräume und der derzeit umgesetzten Schutzmaßnahmen berücksichtigt werden können74. Als mögliche Folge des Klimawandels nahm die Oberflächentemperatur des Meeres um Réunion in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rascher zu als in den anderen Regionen in Randlage; der IPCC schätzt jedoch, dass der Anstieg der Lufttemperatur in Réunion in diesem Jahrhundert ähnlich dem Anstieg in der Karibik sein wird. Die Regenfälle haben in Réunion in den vergangenen Jahrzehnten etwas zugenommen, der IPCC hat auch einen leichten Anstieg der Niederschläge für den Indischen Ozean vorhergesagt, mit einem jährlichen Durchschnitt von +4 % [+3 bis +5]. In vielen Modellen fällt der Meeresspiegelanstieg in Réunion gegenüber der Karibik und Makaronesien lediglich gering aus75 oder der Meeresspiegel geht sogar leicht zurück76. Es gibt keine eindeutigen Beweise für die Zunahme der Häufigkeit oder der Stärke von Wirbelstürmen, weitreichenden Auswirkungen stärkerer Monsune oder ENSO auf Réunion. Die aktuelle Regionalpolitik - mittelfristige Tendenzen Der EFRE und die zweite Säule der GAP sind die Finanzmittel für die Regionalpolitik bei der Bekämpfung des Klimawandels. Réunion erhielt im Programmplanungszeitraum (2000-2006) etwa 822 Mio. EUR (EU-Beitrag) aus dem EFRE-Haushalt. Unter der Voraussetzung, dass im Rahmen von „Umweltinfrastrukturen“, „Raumplanung und Flächensanierung“ sowie Teilen der Bereiche „Tourismus“, „Energieinfrastrukturen“ und „Verkehrsinfrastrukturen“ finanzierte Tätigkeiten direkt oder indirekt für den Klimawandel aufgewendet werden, können mehr als die Hälfte dieses EFRE-Haushalts für Maßnahmen zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels ausgewiesen werden. Im laufenden Planungszeitraum (2007-2013) erhielt Réunion 1000 Mio. EUR aus dem EFRE-Haushalt, ein Drittel wurde für Tätigkeiten zur Bekämpfung des Klimawandels bereitgestellt (Abbildung 16). Der größte Teil wird für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel aufgewendet, genauer gesagt für „Wasserbewirtschaftung und -verteilung“, „Wasseraufbereitung“ und „Anpassung der Häfen“. Klimaschutzmaßnahmen werden lediglich mit einem relativ geringfügigen Anteil der Haushaltsmittel unterstützt. Die Unterstützung durch die zweite Säule der GAP (Abbildung 17) zur Bekämpfung des Klimawandels fällt im Vergleich zu den EFRE-Mitteln relativ gering aus. Durchschnittlich lag die Unterstützung durch das REP bei 5 000 000 EUR jährlich (EU-Beitrag), im neuen Programmplanungszeitraum stiegen die Ausgaben auf 10 Mio. EUR im Jahr 2008 und 9,9 Mio. EUR im Jahr 2009. Im Vergleich zu den Zahlungen an die Landwirtschaft über die erste Säule, die jährlich zwischen 22 Mio. EUR und bis zu 99 Mio. EUR (EU-Beitrag) im Zeitraum zwischen 2004 und 2008 betrugen, erscheint die Unterstützung im Rahmen des REP gering, ist aber dennoch höher als in anderen Regionen in äußerster Randlage. 74 75 76 Petit und Prudent, 2008. Gregory et. al., 2001. Landerer, 2005. 72 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Abbildung 16: EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen in Réunion 0,39% 4,29% 0,20% 6,61% Services and applications for citizens (e‐health, e‐ government, e‐learning, e‐inclusion, etc.) Ports 3,45% 6,41% Energy efficiency, co‐generation, energy management Management and distribution of water (drink water) Management of household and industrial waste 0,49% 2,17% Water treatment (waste water) 1,97% 1,48% 1,28% 71,26% ‐ Other measures Promotion of biodiversity and nature protection (including Natura 2000) Promotion of natural assets Protection and development of natural heritage Health infrastructure Renewable energy (wind, solar, biomass, hydrroelectric, geothermal & other Quelle: OP EFRE für Réunion - thematische Aufteilung durch die GD Regionalpolitik (2008): The Potential of Regional Policy Instruments 2007-2013 to Contribute to the Lisbon and Göteborg Objectives for Growth, Jobs and Sustainable Development; Brüssel Legende: Dienste und Anwendungen für Bürger (elektronische Gesundheitsdienste, E-Government, E-Learning, digitale Integration usw.) - Häfen - Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung und Energiemanagement Wasserbewirtschaftung und –verteilung (Trinkwasser) Management von Haushalts- und Industrieabfällen - Wasserbehandlung (Abwasser) - Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur (einschließlich Natura 2000) - Förderung des natürlichen Reichtums - Schutz und Entwicklung des Naturerbes - Gesundheitsinfrastruktur - Erneuerbare Energien (Windkraft, Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft, Geothermie u. a.) Abbildung 17: Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Réunion 12.000.000 € 10.073.096 € 10.000.000 € 9.070.471 € 9.906.252 € 8.159.184 € 8.000.000 € 6.000.000 € 5.060.419 € 4.000.000 € 2.898.631 € 2.000.000 € 478.912 € 0 € 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: OP für PLE (2000-2006 und 2007-2013) Réunion und GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (2010): Study on Employment, Growth and Innovation in Rural Areas (SEGIRA); Brüssel Im Hinblick auf die im Rahmen von ELER geförderten Aktionen mit potenzieller Klimaschutzrelevanz ist vor allem auf Zahlungen für die Förderung der Landwirtschaft in 73 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik benachteiligten Gebieten (Bergregionen) und die Unterstützung der beruflichen Bildung und von Informationsmaßnahmen sowie auf Agrarumweltzahlungen zu verweisen. 4.3.1.1. Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Artenvielfalt Die größten Bedrohungen für die Artenvielfalt in Réunion sind die unmittelbare Zerstörung natürlicher Lebensräume und die zunehmende Zahl an invasiven gebietsfremden Arten. Nahezu die gesamten ursprünglichen Wälder in niedrigen Lagen (unter 500 Metern) wurden in landwirtschaftlich genutzte Flächen oder Stadtentwicklungsgebiete umgewandelt77. Die semiariden Wälder in niedrigen Lagen sind besonders bedroht, es bestehen nur noch wenige Hektar im Westen der Insel. Die Invasion eingeführter Tier- und Pflanzenarten haben den Rückgang einheimischer Lebensräume beschleunigt. Heute gibt es etwa 2200 eingeführte Pflanzenarten in Réunion, von denen 700 heimisch geworden sind, etwa 150 sind invasiv78. Durch den Klimawandel wird sich das Problem noch verschärfen. Er wird das Gleichgewicht der Ökosysteme stark beeinträchtigen und damit den Weg für die Ausbreitung opportunistischer exotischer Arten bereiten, die möglicherweise zu invasiven Arten werden könnten. Seit 2005 führt der französische Ausschuss der IUCN eine Initiative für invasive gebietsfremde Arten in den französischen überseeischen Gebieten durch; diese Initiative wird von der Insel Réunion koordiniert. Diese Priorität findet in den EFRE-Programmen der Vergangenheit und der Gegenwart offenbar keinen Niederschlag. Lediglich ein geringer Anteil von 4,5 % des Gesamthaushalts wird für die Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur, die Förderung natürlicher Ressourcen sowie den Schutz und die Förderung des Naturerbes aufgewendet. 4.3.1.2. Auswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme und die Fischerei Die vom Klimawandel am stärksten bedrohten Meeresökosysteme sind zweifellos die Korallenriffe. Der Anstieg der Temperatur der tropischen Gewässer um 2,8 °C bis 2100, den der IPCC voraussagt, könnte bedeuten, dass Erscheinungen wie die Korallenbleiche in den Jahren 1998 und 2005 künftig häufiger auftreten, das heißt im Zeitraum 2030-2050 jedes Jahr oder alle zwei Jahre79. Viele Wissenschaftler prognostizieren einen Rückgang der Vorkommen von Korallenriffen, die bis Mitte dieses Jahrhunderts selten werden könnten80. 1983 wurde das erste Auftreten von Korallenbleiche auf der Insel gemeldet81. Während der großen Hitzewelle im gesamten Indischen Ozean im Jahr 1998 blieben der Korallen Réunions größtenteils verschont. Der Umfang der Korallenbleiche war hier im Gegensatz zu den Riffen im westlichen Indischen Ozean relativ gering, wo sie zu einer hohen Korallensterblichkeit führte82. Seitdem wurden einige geringe, jedoch wiederkehrende Fälle von Korallenbleiche auf Réunion in den Jahren 2001,83 2003,84 2004,85 und 2005 beobachtet. Der Zustand der Korallenriffe wird vom Reunion Island Marine Park in Zusammenarbeit mit dem Laboratoire d’Écologie Marine der Universität von Réunion überwacht. 77 78 79 80 81 82 83 84 85 Gargominy, 2003. Soubeyran, 2008. UNEP, 2006. Hoegh-Guldberg, 2005. Guillaume et al,. 1983. Quod, 2000. Turquet et al., 2002. Turquet et al., 2003. Nicet and Turquet, 2004. 74 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Ein vermehrtes Auftreten der Korallenbleiche könnte die Korallen auf der Insel ernsthaft schädigen, dies hätte entscheidende Auswirkungen für die gesamte assoziierte Fauna und den Schutz der Küstengebiete vor Sturmwellen. Ein Anstieg des Meeresspiegels wird voraussichtlich zu einer Erosion der Strände und Küstenökosysteme führen. Eine Kombination dieser Phänomene und eine Zunahme der Intensität tropischer Stürme wird wahrscheinlich schwerwiegende Folgen für die Küstengebiete haben. Derzeit gibt es keine allgemeinen Prognosen für diese Gebiete. Bestimmte mikroskopische Algen in den tropischen Regionen könnten von der klimawandelbedingten Verringerung der Korallen für ihre eigene Entwicklung profitieren. Dazu gehören beispielsweise Dinoflagellate und insbesondere Gambierdiscus toxicus, der die Lebensmittelvergiftung „Ciguatera“ hervorruft. Diese Algen vermehren sich auf toten Korallen; sie werden in Réunion und Französisch-Polynesien sorgfältig überwacht. Die EU-Programme für meeresbezogene Themen und die regionale Entwicklung von Küstenzonen (Achse 4 des EFF) umfassen keine Aktivitäten mit Bedeutung für die Bekämpfung des Klimawandels. Was die sonstigen von der EU kofinanzierten Programme betrifft, so konzentrieren sich die Initiativen eher auf die Wasserqualität und die Wasseraufbereitung (siehe unten) sowie den Schutz und die Erhaltung der Korallenbiosphäre. 4.3.1.3. Auswirkungen auf den Fremdenverkehr und die Gesundheit Etwa 82 % der Bevölkerung von Réunion lebt im Küstenstreifen, wo die Bevölkerungsdichte drei- bis viermal über dem Inseldurchschnitt liegt. Der Anstieg des Meeresspiegels, der abnehmende Schutz durch die Korallenriffe und die Zunahme der Stärke tropischer Stürme werden möglicherweise Folgen für die Infrastrukturen in den niedrig liegenden Gebieten haben. Der Tourismus auf Réunion dürfte auf den ersten Blick weniger anfällig für den Klimawandel sein als der auf den karibischen oder polynesischen Inseln, da er nicht ausschließlich von der Qualität der Strände und der Korallenriffe abhängt. Einige der Touristenattraktionen der Insel, wie die Vulkanlandschaft, werden unabhängig von den Folgen des Klimawandels weiter bestehen. Ein Rückgang der Strände würde die Attraktivität der Insel dennoch einschränken, eine Schädigung der natürlichen Landschaften des Nationalparks ist nicht auszuschließen. Eine Zunahme der Wirbelstürme könnte die touristischen Infrastrukturen und das Image von Réunion ebenfalls schädigen. Ferner könnte der Klimawandel durch eine Zunahme vektorübertragener Krankheiten oder die Entwicklung von Mikroalgen, die für die menschliche Gesundheit und die Brutgebiete im Meer nachteilig sind, die öffentliche Gesundheit insgesamt beeinträchtigen. Die mit EFRE-Mitteln finanzierten regionalpolitischen Maßnahmen zur Förderung des Fremdenverkehrs und zur Bekämpfung des Klimawandels konzentrieren sich vorrangig auf die Anpassung an den Klimawandel - die diesbezüglichen Maßnahmen erstrecken sich auf die Wasserbehandlung, die Trinkwasserversorgung und die Abfallentsorgung. Die einzige Maßnahme zur Abschwächung des Klimawandels, die zumindest indirekt mit dem Fremdenverkehr in Verbindung steht, betrifft die Unterstützung erneuerbarer Energien (siehe unten). Kasten 3: Erfolgsgeschichten: Gemeinsame Wassernutzung und Koordinierung der Forschung ERFOLGSGESCHICHTEN Gemeinsame Wassernutzung Ziel eines ehrgeizigen Projekts, das derzeit von den regionalen Behörden mit Hilfe der EU durchgeführt wird, ist es, die umfangreichen Wasservorkommen an der Ostküste von Réunion zu nutzen, um den steigenden Bedarf von Haushalten und anderen Nutzern im 75 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik westlichen Teil der Insel zu decken. Die Wasserressourcen auf Réunion können bestenfalls als unausgewogen bezeichnet werden. Die Niederschläge verteilen sich sehr ungleichmäßig über das Jahr, die größten Mengen gehen zwischen Dezember und April nieder, wenn der Wasserspiegel durch die Wirbelstürme steigt und es zu Überschwemmungen kommt. Die Niederschläge sind auch geographisch ungünstig verteilt, die Berggebiete im Osten erhalten durchschnittlich zwölfmal mehr Regen im Jahr als die Ebene im Westen, wo der Bedarf durch Industrie, Landwirtschaft und Tourismus sehr hoch ist. Die alte Idee einer Umverteilung des Wassers wurde in einem Projekt wiederaufgenommen, in dessen Rahmen unterirdische Kanäle von 30 km Länge und mehrere Wasserbecken gebaut wurden, um die Wasserversorgung im Westen zu verbessern. Als Termin für den Abschluss der Arbeiten war ursprünglich das Jahr 2005 geplant, dank neuer Finanzmittel in Höhe von knapp 122 Mio. EUR aus dem EFRE konnten die Arbeiten jedoch frühzeitig beendet werden. Etwa 60 Millionen m3 Wasser fließen jährlich in den Westteil der Insel und kommen damit früher als geplant 15 000 Arbeitnehmern im Agrarsektor zugute und schaffen etwa 5000 neue Arbeitsplätze in der Industrie und im Handwerk. Die Umverteilung von Wasser von der einen Seite der Insel zur anderen ist zwar eine Möglichkeit der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, kann jedoch nicht als Klimaschutz gelten. Es könnte sogar argumentiert werden, die Bauarbeiten für den Tunnel hätten zeitweilig zu einem deutlichen Anstieg der CO2-Emissionen geführt und daher zum Klimawandel beigetragen (siehe Kapitel 4.1 zum Positiv-negativ-Problem). • Gesamtkosten: 400 Mio. EUR EU-Beitrag: 220 Mio. EUR NET-BIOME: Europaweite Koordinierung der Forschung in Übersee NET-BIOME ist ein regionales EFR-NET-Projekt eines Konsortiums von 11 Partnern, bei dem Interessen im Forschungsbereich zum wichtigen Thema Artenvielfalt mit Fragen der globalen Veränderungen und der nachhaltigen Entwicklung verbunden werden (die gesamte Priorität 6.3 des FP6). Das Projekt wird vom Regionalrat von Réunion koordiniert und läuft seit März 2007 über 48 Monate. Hauptziel von NET-BIOME ist die Vernetzung der regionalen forschungspolitischen Maßnahmen zur nachhaltigen Bewirtschaftung der Artenvielfalt in den europäischen tropischen und subtropischen Regionen und Gebieten in äußerster Randlage, um: • eine dauerhafte Partnerschaft bei der Finanzierung der Forschung und Praxis zwischen den Partnerorganisationen zu entwickeln und damit für hochwertige tropische und subtropische Forschungsarbeiten zu den Meeren einen zusätzlichen Nutzen zu bewirken; • die Zusammenarbeit zwischen regionalen Programmen zu verstärken und damit eine überregionales Programm zur Finanzierung der Forschung zwischen den Partnerorganisationen zu entwickeln; • eine strategische und operationelle Plattform der Zusammenarbeit einzurichten, die eine Schnittstelle zwischen regionalen, nationalen, europäischen und internationalen Strukturen sein kann; • zur Koordinierung der Forschungsarbeiten zur Artenvielfalt der Regionen und Gebiete in äußerster Randlage in Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern beizutragen; • eine „nachhaltige Bewirtschaftung der tropischen und subtropischen Artenvielfalt“ als Bestandteil des Europäischen Forschungsraums zu entwickeln; • die gegenseitige Öffnung von regionalen Programmen zu erleichtern, gemeinsame Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen und interregionale Programme für 76 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage eine „nachhaltige Bewirtschaftung der Artenvielfalt“ zu entwickeln; • die Regionen in äußerster Randlage bei der Gestaltung ihrer gemeinsamen forschungspolitischen Strategie zu unterstützen, die Grundlagen einer tropischen und subtropischen Komponente der Forschungsstrategie der EU schafft. • EU-Beitrag: 2.5 Mio. EUR (Sechstes Rahmenprogramm der EG von März 2007 bis März 2011) 4.3.1.4. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Réunion ist eine der fortschrittlichsten Regionen in puncto Energieeffizienz. In Reaktion auf die Herausforderung des Klimawandels entwickelt die Insel Réunion derzeit u. a. eine wirksame Abschwächungsstrategie. Zudem setzt es eine Festlegung zur Lenkung des Energieverbrauchs durch den Einsatz erneuerbarer Energiequellen um. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche Maßnahmen durchgeführt, die im Rahmen des Programms „Réunion 2030“ ausgebaut werden sollten. Réunion 2030: Eine ehrgeizige Zukunftsvision zur Abschwächung des Klimawandels Das im Februar 2008 auf den Weg gebrachte Programm „Réunion 2030“ ist ein ehrgeiziges Entwicklungsprojekt, mit dem Réunion bis 2030 die vollständige Energieunabhängigkeit erlangen soll. Damit könnte die Insel ein Modell nachhaltiger Entwicklung für die übrigen Überseegebiete und die Welt insgesamt werden. Im Mittelpunkt der verschiedenen Projektmaßnahmen stehen die Entwicklung eines umweltfreundlichen Verkehrs (wie des Straßen-/Stadtbahnsystems in Saint Denis), die Gewinnung erneuerbarer Energien, die Energiespeicherung, der Bau von Wohnraum nach hohen Umweltqualitätsstandards (HEQ) sowie der nachhaltige Tourismus. Mit dem Projekt sollen 15 000 Arbeitsplätze im Bereich Energie und Umwelt geschaffen und die Wirtschaft der Insel wiederbelebt werden. Réunion, das auf dem Weg der nachhaltigen Entwicklung weit fortgeschritten ist, erzeugt derzeit 40 % seiner Energie aus erneuerbaren Quellen in Anlagen wie dem Wärmekraftwerk Bois-Rouge, das Bagasse (ein Zuckerrohr-Abfallprodukt) zum Einsatz bringt, dem Windpark Saint-Rose, einem Wasserkraftwerk und einer Fotovoltaikanlage (die die größte Frankreichs ist). Weitere Großvorhaben sind in Vorbereitung, so der Bau eines Erdwärmekraftwerks in der Plaine des Sables, im Gebirgsmassiv des Piton de la Fournaise. Uneinigkeit herrscht hinsichtlich des Standorts dieses Kraftwerks, da es sich im Zentrum des Nationalparks befindet, der derzeit in Hinblick auf die Aufnahme in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO überprüft wird. Gründliche Studien sind nötig, um die möglichen Folgen des Kraftwerks für die Umwelt abzuschätzen und Entschädigungspläne zu prüfen. Die Entwicklung sauberer Energietechnologien muss im Einklang mit der Artenvielfalt erfolgen und darf keine zusätzliche Bedrohung für die Naturräume darstellen. Die Entwicklung erneuerbarer Energien hat daher Priorität, insbesondere die Förderung von Sonnenenergie, Wasserenergie und geothermischer Energie.86 Mit dem Projekt „Grenelle de l'Environment à la Réunion“ (GERRI) soll Réunion zur ersten Region weltweit werden, in der alle wichtigen ökologischen Innovationen auf dem Gebiet der Mobilität, Energieerzeugung und Energienutzung, Städtebau, Baugewerbe und Tourismus in 86 Préfecture de La Réunion, 2007, S. 239. 77 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik die Gesellschaft einbezogen werden. Wichtigstes Ziel ist die Entwicklung einer realistischen und schlüssigen Vision einer großartigen Natur auf engem Raum für die künftige Gesellschaft. Kasten 4: Erfolgsgeschichte: Sonnenenergie Stromversorgung von Réunion mithilfe der ERFOLGSGESCHICHTE Stromversorgung von Réunion mithilfe der Sonnenenergie Die Insel Réunion im Indischen Ozean will mit den Strahlen der Sonne eine nachhaltige Stromversorgung für ihre 802 000 Einwohner sicherstellen. Bis 2025 soll vollständige Energieautarkie erreicht sein. Ein fotovoltaisches Kraftwerk, in dem ausreichend Strom für den jährlichen Verbrauch von 850 Haushalten erzeugt wird, bringt die Insel diesem Ziel bereits näher. Auf der Insel gibt es jährlich etwa 1350 Sonnenstunden. Um dies optimal zu nutzen, wurden 8000 fotovoltaische Module auf drei Industriegebäuden installiert, die 1,45 MW fotovoltaische Energie erzeugen. Dadurch wurden nicht nur die inseleigenen Energieressourcen verstärkt, sondern auch die CO2-Emissionen verringert. Die Solarpaneele sind so angebracht, dass sie die Isolation der Gebäude verbessern und den Bedarf an Klimaanlagen sowie den Energieverbrauch im Allgemeinen reduzieren. Durch den Klimawandel ist die Insel häufiger und in stärkerem Umfang Wirbelstürmen ausgesetzt. Die Solarpaneele können daher Winde von 210 km/h und darüber standhalten. Die Schaffung von Arbeitsplätzen ist eine der positiven Nebenwirkungen des wachsenden Sonnenenergiesektors. Dies hat für Réunion große Bedeutung, da die Arbeitslosenquote auf der Insel sehr viel höher als im übrigen Teil Europas ist (etwa 30 %). Im Rahmen des „Prerure-Plans“ für erneuerbare Energieträger und eine sinnvolle Energienutzung, dessen Ziel die Energieautarkie Réunions bis 2025 ist, wurden durch weitere Maßnahmen zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen. Dazu gehören die Verteilung von mit Solarenergie betriebenen Einzelwarmwasserbereitern (10 000 jährlich) und der Bau von Windparks, mit denen mehr als 40 MW Strom erzeugt werden können. Dieses Beispiel für eine bewährte Verfahrensweise, deren Schwerpunkt auf der Verringerung von CO2-Emissionen und der Förderung erneuerbarer Energiequellen liegt, ist zweifellos ein Klimaschutzprojekt mit einem zukunftsorientierten Charakter. • Programm: EFRE von Januar 2007 bis März 2008 • EU-Beitrag: 623 691 EUR Sieger im Rahmen von „RegioStars 2009“ Verkehr Angesichts der begrenzten Fläche und des Bevölkerungswachstums hat der Verkehrssektor große Bedeutung und stellt die Insel vor große Probleme. Die regionalen Behörden beschäftigen sich daher neben der Anpassung des primären und sekundären Straßennetzes auch mit der Verbesserung des lokalen öffentlichen Verkehrs, z. B. dem StraßenbahnStadtbahn-Projekt, das eine weitere Möglichkeit zur Steuerung der Stadtentwicklung ist.87 87 Préfecture de La Réunion, 2007, S. 230. 78 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die folgende Tabelle bietet einen Überblick über relevante Maßnahmen für den Klimawandel in Réunion Programmplanungszeitraum 2007-2013. Eine genauere Beschreibung der politischen Maßnahmen ist Anhang 2 zu entnehmen. Ökosysteme/Artenvielfalt Anpassung an den Klimawandel EFRE: Lediglich ein geringer Anteil von 4,5 % des Gesamthaushalts wird für die Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur, die Förderung natürlicher Ressourcen sowie den Schutz und die Förderung des Naturerbes aufgewendet. ELER: Zahlungen an Landwirte in Gebieten zum Ausgleich von natürlichen Nachteilen, Erhaltung und Förderung des Waldökosystems, Verbesserung und Entwicklung von Einrichtungen der Infrastruktur in Verbindung mit der Entwicklung und Anpassung von Land- und Forstwirtschaft: Erhaltung der Zuckerrohrproduktion (Einführung von Sorten in der Zuckerrohrproduktion, die an die agro-ökologischen Zonen der Insel angepasst sind), Agrarumweltzahlungen: Bekämpfung von Erosion, Erhaltung der biologischen Vielfalt Abschwächung des Klimawandels Fremdenverkehr/Gesundheit Energie/Verkehr EFRE: Wasseraufbereitung, Trinkwasserversorgung, Abfallbewirtschaftung EFRE: nicht notwendigerweise alle auf die Anpassung an den Klimawandel ausgerichtet, Investitionen in Anpassung der ELER: Förderung touristischer Häfen, Einrichtungen des Aktivitäten (Einrichtungen für die Gesundheitssystems und Aufnahme von Touristen im Umkreis Initiativen wie E-Healthdes Parc de la Réunion (Naturreservat) Maßnahmen, Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft: Bau von Schulen nach den Standards einer hohen Umweltqualität (HQE), Hochschulforschung EFRE: Unterstützung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen 79 ELER: Erzeugung von Energie aus Biomasse Wasser/Abfall im Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 4.4. Makaronesien Dem IPCC zufolge wird es die Temperatur in Makaronesien bis 2050 um etwa 2 °C ansteigen. Die Niederschläge haben im letzten Jahrhundert etwas zugenommen, doch sagt der IPCC eine leichte Verringerung für das nächste Jahrhundert voraus. Landerer (2005) prognostiziert einen Meeresspiegelanstieg zwischen 10 und 20 cm bis Ende dieses Jahrhunderts. Es gibt keine eindeutigen Belege für die Zunahme der Häufigkeit oder der Stärke tropischer Wirbelstürme im Atlantik, die sich auf Makaronesien auswirken, doch einige Wirbelstürme erreichten bereits fast die Küste der Kanarischen Inseln. Der Klimawandel könnte dazu führen, dass sich das Azorenhoch während der Sommermonate nach Osten verlagert. Dies wird wahrscheinlich dazu beitragen, dass die Häufigkeit und Intensität der nordöstlichen Passatwinde abnimmt. Diese schwächeren Passatwinde könnten unterschiedliche Folgen für die Ökosysteme der einzelnen Inseln Makaronesiens haben. Im Falle von Madeira ist es möglich, dass in höheren Lagen höhere Temperaturen erreicht werden, wodurch sich das „Wolkenmeer“ weiter nach oben verschiebt. Der Lorbeerwald wird sich voraussichtlich nach oben verlagern und stark abnehmen.88. Im Gegensatz dazu werden die schwächeren Passatwinde wahrscheinlich zu einer Abwärtsbewegung des „Dachs“ des „Wolkenmeers „ in niedrigere Höhen auf Inseln wie Teneriffa führen89. Dies wird mit einer Zunahme der Anzahl an Hitzewellen in diesen Gebieten einhergehen. Für die Ökosysteme wird das schwerwiegende Folgen haben, da sich in den niedriger gelegenen Regionen vielfach städtische Gebiete befinden und Wälder sich nicht selbst anlegen können. Ferner werden die Pinien- und Eukalyptusarten, die sich aus ähnlichen Gründen wahrscheinlich ebenfalls in niedrigere Höhen verlagern, auf die von Lorbeerwald bedeckten Zonen übergreifen. Diese aggressiveren Sorten mit einer höheren Kolonisierungsfähigkeit werden leichter wandern können. Das Verschwinden des Lorbeerwalds wäre ein erheblicher Verlust für die biologische Vielfalt Makaronesiens. Darüber hinaus würde er das hydrologische Gleichgewicht der Inseln und die Wasserversorgung für den menschlichen Verbrauch stören. Da horizontale oder „versteckte“ Niederschläge (d. h. die Ablagerung von Wassertröpfchen auf Vegetation und Bodenoberflächen über den direkten Kontakt zu den Wolken) erheblich zum Wasserdargebot beitragen, haben sie für das Gleichgewicht des Ökosystems große ökologische Bedeutung und erbringen ökosystemische Dienstleistungen für die örtliche Bevölkerung. Der Lorbeerwald ist ein an endemischen Arten reiches Waldsystem, das einzigartig in Makaronesien ist. Es besteht aus Bäumen, die bis zu 40 Meter hoch werden können, wie dem Kanarischen Lorbeerbaum, Laurus novocanariensis, und ist in den feuchten Berggebieten der Inseln zu finden. Diese „fossilen“ Wälder sind Relikte aus dem Tertiär, sie bedeckten einst den größten Teil des Mittelmeerraums, als das Klima in der Region vor den nachfolgenden Eiszeiten noch feuchter war. Als die Inseln entdeckt wurden, waren sie fast vollständig von Lorbeerwald bedeckt; heute sind sie hauptsächlich auf den Nordhängen der höheren Inseln, in den tiefen und abgelegenen Tälern im Inneren auf Höhen zwischen 300 und 1300 Metern zu finden. Der Lorbeerwald besteht aus hydrophyten Arten der Buschheide (Erica spp.), die sich in Gebieten mit hoher Feuchtigkeit entwickeln. Da in dieser Höhe ein wahrhaftes „Wolkenmeer“ besteht, dem Gebiet unter Einfluss der nördlichen Passatwinde, kann der Lorbeer gedeihen. Dieser Wald, im dem fast ausschließlich endemische Arten wachsen, ist ein vorrangiges Schutzgebiet. Madeira, die Azoren und die Kanarischen Inseln sind Heimat einer großen Zahl an Tiefseekorallenriffen, die hauptsächlich aus Lophelia pertusa bestehen, die sich in einer Tiefe von 50 Metern entwickeln und teilweise in einer Tiefe von bis zu 1000 Metern zu finden sind. Diese Korallen sind Teil eines breiten Gürtels von Kaltwasserriffen, die sich von 88 Santos und Aguiar, 2006. 80 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Norwegen bis nach Westafrika erstrecken. Diese Ökosysteme sind durch die Grundschleppnetzfischerei ernstlich bedroht, durch die Korallen zerstört werden, die sich über mehrere Tausend Jahre entwickelt haben. Seit 2004 untersagt eine geänderte Verordnung der EG die Grundschleppnetzfischerei in einer Entfernung von weniger als 200 Metern von den Küsten Madeiras, der Azoren und der Kanarischen Inseln. Diese destruktive Fangmethode stellt bedauerlicherweise nicht die einzige Bedrohung für Tiefseekorallen dar. Diese Organismen reagieren auch stark auf die Versauerung der Ozeane durch den Anstieg des CO2-Gehalts in der Atmosphäre. Ein Sinken des PH-Werts verringert die Kalzifizierungsrate der Korallen und bremst ihr Wachstum und ihre Regeneration. Kaltwasserkorallen sind besonders bedroht, da sich die Wassertiefe, ab der sie sich aufzulösen beginnen (oder die Grenze der Aragonit-Sättigung), um mehrere hundert Meter nach oben verschieben könnte90. Dies sind nicht die einzigen bedrohten Organismen; ein Rückgang des PH-Werts könnte sich auf alle Meeresorganismen mit Kalziumskeletten auswirken, darunter die meisten tropischen Korallen, jedoch auch Seeigel, einige Weichtiere und mehrere Arten von Calcium-umhülltem Zooplankton91. Dies hätte einschneidende Folgen für die Meeresökosysteme insgesamt. In Makaronesien wurden kürzlich zum ersten Mal Wanderungsbewegungen von südlichen tropischen Fischen beobachtet. Größere Bewegungen von Fischbeständen könnten das Gleichgewicht der Nahrungsmittelketten im Meer vollständig verändern und zu einem Rückgang bestimmter Kaltwasserarten führen, die nicht in der Lage sein werden, in höhere Breiten abzuwandern. Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen In kleinem Umfang gibt es Belege dafür, dass die Fisch- und Muschelzuchtwirtschaft ihre Technologie und Tätigkeiten an die sich ändernden klimatischen Bedingungen anpasst, indem sie beispielsweise die küstennahe Fischerei ausweitet und optimale Zuchtstandorte für Käfige zur Muschelzucht auswählt92. Für kleinere Küstenfischereibetriebe, die keine großen Entfernungen zurücklegen können, um zu neuen Fischgründen zu gelangen, ist die Anpassung im Vergleich zu größeren Betrieben mit Langstreckenflotten schwieriger. Bei wichtigen politischen Instrumenten wie der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) sind Möglichkeiten der Anpassung bisher noch nicht in größerem Rahmen in Betracht gezogen worden, obwohl ihre Erzeugungsquoten und technischen Maßnahmen eine ideale Plattform für diese Anpassungsmaßnahmen bieten. Eine weitere wichtige Anpassungsmöglichkeit ist die Berücksichtigung langfristiger potenzieller Folgen bei der Planung neuer Meeresschutzgebiete. Anpassungsstrategien sollten gegebenenfalls in umfassende Pläne für die Bewirtschaftung der Küstengebiete in Europa einbezogen werden. Diese Pläne bestehen jedoch, vor allem im Mittelmeerraum, nicht und müssen dringend entwickelt werden.93 MaReS - Makaronesische Forschungsstrategie MaReS ist eines von 48 Projekten, die im Mai vom Verwaltungsausschuss des Programa de Cooperación Transnacional Madeira-Azores-Canarias (MAC) 2007-2013 genehmigt wurden. Das Madeira Tecnopolo und der Fundo Regional da Ciencia y Tecnología sind am Canary Islands Oceanic Platform Consortium beteiligt. Auf der Grundlage der eigenständigen Initiativen mit einem geeigneten Konsolidierungsgrad in jeder Region, wie PLOCAN (Bereich Wissenschaften und Meerestechnologien), dem Projekt CMU/Madeira (TIC-Gebiet) und dem Unterwasserobservatorium auf den Azoren, soll ein gemeinsames Instrument für die Analyse, 89 90 91 92 93 Sperling et al., 2004. Doney, 2006. Orr, 2005. Pérez et al., 2003. Coccossis, 2003. 81 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Koordinierung und die Untersuchung von Entwicklungschancen in europäischen und internationalen Bereichen entwickelt werden. Viele europäische Küstengebiete haben Probleme durch die Schädigung ihrer natürlichen, sozioökonomischen und kulturellen Ressourcen. Es wird erwartet, dass die Gefährdung der Küsten durch Überschwemmungen und Erosion durch den Klimawandel weiter zunimmt. Die Küstengebietsplanung oder Raumentwicklungsbeschlüsse finden jedoch immer noch sektorweise statt und sind kaum miteinander verbunden. Dieser uneinheitliche Ansatz bei Planung und Verwaltung führt zu einem ineffizienten Einsatz von Ressourcen, kollidierende Forderungen in Hinblick auf den Raum und verpassten Chancen für eine nachhaltigere Entwicklung der Küsten. Um diese Lage zu verbessern, haben das Europäische Parlament und der Rat 2002 eine Empfehlung zum Integrierten Küstenzonenmanagement (IKZM) abgegeben, in der die Grundsätze einer soliden Küstenzonenplanung und -bewirtschaftung festgelegt sind. Dazu gehört es, die Planung auf fundierte und gemeinsame Erkenntnisse zu stützen, eine langfristige und sektorübergreifende Perspektive zu entwickeln, die Interessengruppen aktiv einzubeziehen und die terrestrischen und marinen Komponenten der Küstengebiete zu berücksichtigen. 4.4.1. Die Kanarischen Inseln Menschliche Einflüsse und die aktuelle Lage - sozioökonomische Lage (Landwirtschaft, Fischerei, Fremdenverkehr, sonstige bedeutende Wirtschaftssektoren), Demografie Anzahl der Inseln 7 Hauptinseln Bevölkerung 2 025 951 Einwohner (2008) Fläche 7447 km2 Bevölkerungsdichte 272 Einwohner/km² BIP/Einwohner 20 800 EUR Arbeitslosenquote 26,2 % Wirtschaftliche Tätigkeiten Tourismus Die Inselgruppe der Kanaren ist eine autonome Region Spaniens, deren östlichster Punkt lediglich 100 Kilometer westlich von Marokko liegt. Die Region besteht aus sieben Hauptinseln: Teneriffa, Fuerteventura, Gran Canaria, Lanzarote, La Gomera, El Hierro und La Palma. Mit einer Bevölkerung von etwa 2 Millionen Einwohnern ist sie das am dichtesten bevölkerte überseeische Gebiet Europas. Die Bevölkerungsdichte unterscheidet sich innerhalb der Region stark. Die Mehrheit lebt auf den Inseln Gran Canaria und Teneriffa, die ländlichen Bereiche, die 67 % des Gesamtgebiets ausmachen, sind dünn besiedelt.94 Die zerklüftete Landschaft der Inseln ist eine Folge vulkanischer Tätigkeiten, die an einigen Orten weiterhin spürbar sind. Der Vulkan El Teide auf der Insel Teneriffa ist mit 3718 Metern der höchste Berg Spaniens. Der tertiäre Sektor und insbesondere der Tourismus mit mehr als 10 Millionen Besuchern jährlich haben einen Anteil von 75 % an der Wirtschaft der Kanaren. Die Landwirtschaft spielt 94 Generaldirektion Kommunikation, 2008. 82 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage für die Wirtschaft der Inseln eine geringere Rolle. Lediglich 10 % der Landfläche der Inseln wird landwirtschaftlich genutzt (Getreide, Wein, Bananen, Tomaten und tropische Früchte). Quelle: http://europa.eu/abc/maps/regions/spain/canarias_de.htm Die Umwelt ist aufgrund der klimatischen Bedingungen bedroht. Die Kanaren sind als „Biodiversity-Hotspot“ eingestuft. Unmittelbare Zerstörung von Lebensräumen, Übernutzung von Ressourcen und invasive Arten waren und sind derzeit die drei größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt der Kanarischen Inseln. Der Klimawandel könnte sich in verschiedener Form auf die Flora und Fauna auswirken: Plagen durch Wüstenheuschrecken könnten infolge der Zunahme südwestlicher Winde aus Afrika, die bei höheren Temperaturen erwartet werden, häufiger auftreten. Die Desertifikation auf der Insel Fuerteventura könnte zur Ansiedlung mehrerer exotischer Vogelarten geführt haben, die bislang auf die Region der Sahara beschränkt waren. Die meisten der vor Ort befragten Akteure hielten den Klimawandel für eine weniger ernste Bedrohung der Artenvielfalt. Die größte Bedrohung besteht ihres Erachtens weiterhin in der Zerstörung des Ökosystems durch Verstädterung und übermäßige Nutzung der Ressourcen. Die potenziellen Folgen des Klimawandels auf die Pflanzenformationen der Kanarischen Inseln sind gut dokumentiert. Weniger Daten liegen dagegen zu den Meeresökosystemen vor. Die aktuelle Regionalpolitik - mittelfristige Tendenzen Während des vorherigen Programmplanungszeitraums (2000-2006) waren die Kanarischen Inseln für alle von der EU kofinanzierten Programme in zwei territoriale Programmplanungsgebiete aufgeteilt - Las Palmas und Teneriffa: • Strukturfondsziel 1 • Kohäsionsfonds • Gemeinschaftsinitiative URBAN • GAP – Zweite Säule - Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums Die gesamte, während dieses Zeitraums ausbezahlte Summe der Strukturfonds belief sich auf 940 Mio. EUR in Las Palmas und 967 Mio. EUR in Teneriffa (EU-Beitrag). Der Kohäsionsfonds trug 85 Mio. EUR für die Umweltinfrastrukturen in Las Palmas und 83 Mio. EUR für die Verkehrs- und Umweltinfrastrukturen in Teneriffa bei. Während des vorherigen Programmplanungszeitraums wurde aus dem Programm URBAN lediglich Teneriffa mit knapp 4 Mio. EUR unterstützt (größtenteils für Raumplanung und Flächensanierung sowie Umweltinfrastrukturen). Bei der Untersuchung der einzelnen Maßnahmen innerhalb dieser Programme und ihrer Bedeutung für den Klimawandel zeigt sich, dass mehr als ein Drittel der Ausgaben entweder als Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel oder für den Klimaschutz betrachtet werden können. Der größte Teil der Ausgaben im vorherigen Programmplanungszeitraum ging jedoch in Bereiche, die zu höheren Emissionen und dem Klimawandel beitrugen (z. B. Verkehrsinfrastrukturen - motorisierter Individualverkehr, Unterstützung von Unternehmen 83 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik die das Wirtschaftswachstum und Emissionen verringern, und Tourismus, durch den der einund ausgehende Flugverkehr und der Umfang des vom Menschen geschaffenen Kapitals zunahmen). Im laufenden Programmplanungszeitraum (2007-2013) hat sich das Bild etwas zum Besseren verändert. Der Umfang des EU-Beitrags für den laufenden Programmplanungszeitraum des EFRE beträgt etwa 1000 Mio. EUR. Innerhalb dieses Haushalts können etwa ein Drittel der Mittel als relevant für den Klimawandel gelten (siehe Abbildung 18). Der Großteil dieser Ausgaben wird für die Verbesserung der Hafeninfrastrukturen, Gesundheitsinfrastrukturen sowie die Wasserbewirtschaftung und -verteilung aufgewendet (Anpassung an den Klimawandel), und zeigt daher einen relativ defensiven Ansatz gegenüber dem Klimawandel. Abbildung 18: EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen auf den Kanarischen Inseln 4,90% Services and applications for citizens (e‐health, e‐ government, e‐learning, e‐inclusion, etc.) 11,43% Ports 0,95% Energy efficiency, co‐generation, energy management 5,33% 1,14% 0,08% 63,92% ‐ Other measures Management and distribution of water (drink water) Promotion of biodiversity and nature protection (including Natura 2000) 10,61% Promotion of clean urban transport Health infrastructure 1,64% Renewable energy (wind, solar, biomass, hydrroelectric, geothermal & other Quelle: OP EFRE für die Kanaren - thematische Aufteilung durch die GD Regionalpolitik (2008): The Potential of Regional Policy Instruments 2007-2013 to Contribute to the Lisbon and Göteborg Objectives for Growth, Jobs and Sustainable Development; Brüssel Legende: Dienste und Anwendungen für Bürger (elektronische Gesundheitsdienste, E-Government, E-Learning, digitale Integration usw.) Häfen Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung und Energiemanagement Wasserbewirtschaftung und –verteilung (Trinkwasser) Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur (einschließlich Natura 2000) Förderung umweltfreundlichen Stadtverkehrs Gesundheitsinfrastruktur Erneuerbare Energien (Windkraft, Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft, Geothermie u. a.) Im Vergleich zu den aus dem EFRE bereitgestellten Mitteln fällt die Förderung aus der zweiten Säule der GAP für Klimaschutzmaßnahmen eher gering aus. Die Unterstützung aus dem PLE betrug 1 000 000 EUR jährlich (EU-Beitrag), wobei im vorherigen Programmplanungszeitraum Spitzenwerte von bis zu 4,9 Mio. EUR erreicht wurden. Gegenüber den über die erste Säule getätigten Zahlungen, die sich im Zeitraum 2004-2008 für die Landwirtschaft auf Jahresbeträge zwischen 59 Mio. und 90 Mio. EUR (EU-Beitrag) in Las Palmas und zwischen 78 Mio. und 167 Mio. EUR in Teneriffa beliefen, erscheint die Unterstützung durch das PLE jedoch gering. Die gewaltigen Beträge im Rahmen der ersten 84 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Säule - direkte Agrarbeihilfen - sind jedoch noch bemerkenswerter, wenn man die relativ geringe Bedeutung der Landwirtschaft (sehr wenig Ackerfläche) auf den Kanaren berücksichtigt. Bei der Bewertung des PLE in Hinblick auf ihre Bedeutung für die Bekämpfung des Klimawandels wird deutlich, dass auf den Kanaren der Schwerpunkt der Programme auf der Modernisierung der landwirtschaftlichen Betriebe sowie einer höheren Wertschöpfung bei den land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse liegt; dies könnte lediglich indirekt zum Klimaschutz durch Energieeffizienz und/oder der Erzeugung erneuerbarer Energie beitragen. Im Gegensatz zu anderen Regionen in äußerster Randlage scheinen die Agrarumweltmaßnahmen von geringer Bedeutung zu sein. 4.4.1.1. Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Die biologische Vielfalt der Kanaren wird hauptsächlich durch eine Änderung der Windverhältnisse beeinflusst. Es wird erwartet, dass kühle, feuchte nord-südliche Winde ostwestlich drehen. Infolgedessen könnten feuchte Küstengebiete im Norden der Inseln trockener werden, während die derzeit halbwüstenähnlichen südlichen Küsten feuchter werden könnten. 2008 erreichte die Wassertemperatur Rekordwerte von 29,5°C, das sind 3 Grad mehr als die Höchsttemperaturen, die in den vergangenen 15 Jahren aufgezeichnet wurden95. Gleichzeitig führte der Rückzug der nördlichen Passatwinde zu einem Vakuum, das durch das Einfließen warmer Luftmassen aus der Sahara aufgefüllt wurde. Die Änderung der Windrichtungen könnte die Migration zahlreicher Landpflanzenarten, darunter invasiver Arten, zur Folge haben, die sich durch vom Wind verbreitete Samen ausbreiten. Pflanzen, die nicht migrieren können, sind vom Verschwinden bedroht. Die endemischen hydrophilen Arten wie die Kanarische Weide (Salix canariensis) oder die Kanarische Dattelpalme (Phoenix canariensis) werden besonders betroffen sein. Die fünf Habitate der Kanarischen Inseln könnten ebenfalls durch eine Änderung der Windrichtung sowie die daraus folgenden Änderungen der Temperatur und der Niederschlagsmenge bedroht sein96. Die Wolfsmilchbüsche könnten sich ausbreiten, während sich die thermophilen Wälder zurückziehen werden. Letztere sind aufgrund ihrer großen Fragmentierung und geringen Wachstumsrate bereits wenig widerstandsfähig. Die Lorbeerwälder sind mit Sicherheit am anfälligsten für den Klimawandel. Sie werden direkt von einer Änderung der Richtung der Passatwinde betroffen sein. Die Pinienwälder könnten stärker von Waldbränden bedroht sein, die aufgrund des Temperaturanstiegs und der abnehmenden Niederschläge häufiger auftreten. Im Sommer 2007 zerstörte ein heftiger Brand fast 35 000 Hektar Wald und damit praktisch den gesamten Lebensraum des Teydefinks (Fringilla teydea) auf der Insel Gran Canaria. Ferner werden auch die hochgelegenen Ökosysteme von den Folgen des Temperaturanstiegs in Mitleidenschaft gezogen werden, da sie nicht in größere Höhen migrieren können. Die subalpine Bencomia exstipulata oder Rhamnus integrifolia beispielsweise sind bereits vom Aussterben bedroht; durch eine Dürre würden sie nahezu sicher endgültig verschwinden. An der Küste könnte sich ein Anstieg des Meeresspiegels auf die Vegetation der Dünen und Strände auswirken und größere Veränderungen der Küstenlandschaft nach sich ziehen. Ferner könnte die Einführung invasiver Arten und die Ausdehnung der räumlichen Verteilung bestehender invasiver Arten zu den weitreichendsten Folgen des Klimawandels gehören. Insbesondere zahlreiche Arten afrikanischen Ursprungs könnten sich, angezogen von trockeneren klimatischen Bedingungen, auf den Kanaren niederlassen. Das Afrikanische 95 96 Ramos, 2005. Del Arco, 2008. 85 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Lampenputzergras (Pennisetum setaceum) beispielsweise, ein Gras, das sich in hohen Lagen entwickelt, ist bereits auf den Kanaren vorhanden, bisher aber auf Trockengebiete beschränkt. Seine räumliche Verteilung könnte zunehmen. Warme Sommer könnten auch zu einer Plage durch Afrikanische Heuschrecken führen. Neue Vogelarten, die ursprünglich aus der Sahara stammen, wurden ebenfalls kürzlich auf den Kanarischen Inseln beobachtet. Die landwirtschaftliche Erzeugung beschränkt sich auf kleine Anbauparzellen, doch die Auswirkungen des Klimawandels gefährden den gesamten Sektor - insbesondere durch den Verlust spezieller Kultursorten infolge ungünstiger klimatischer Bedingungen. Der EFRE gibt kaum Antworten auf diese Fragen - lediglich 1,14 % des Gesamtbudgets werden zur Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur verwendet. 4.4.1.2. Auswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme und die Fischerei Viele tropische Fischarten wurden aufgrund der gestiegenen Wassertemperaturen zum ersten Mal in Makaronesien beobachtet. Beispielsweise wurde der Ozean-Drückerfisch (Canthidermis suflamen), ein Warmwasserfisch, kürzlich in der Nachbarschaft der Kanarischen Inseln gesichtet. Der Klimawandel könnte die Zusammensetzung und die Häufigkeit der Fischbestände in der Region erheblich verändern. Ferner könnten auch die Korallen der Kanarischen Inseln, die größtenteils aus sehr fragilen Kaltwasserarten bestehen, durch einen Anstieg der Temperaturen und eine Versauerung des Meerwassers bedroht sein. Neben höheren Wassertemperaturen führt dies zu einer massiven Blüte der Blaualgen. Die hohe Konzentration der Algenblüte bewirkt eine Verfärbung des Wassers97. Die dabei entstehenden roten Gezeiten rufen beim Menschen durch den Verzehr von Meeresfrüchten häufig Gesundheitsprobleme hervor und lösen eine hohe Sterblichkeitsrate bei Fischen und Seevögeln aus. Auf den Kanarischen Inseln ist die Algenblüte nicht stark genug, um rote Gezeiten hervorzurufen, doch sie könnte durch einen Anstieg der Wassertemperatur häufiger auftreten. Um eine bessere Lebensqualität der Bevölkerung zu erreichen und eine nachhaltige soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen, müssen die Erhaltung und der Schutz natürlicher Lebensräume einschließlich der Bedürfnisse der Meeresumwelt berücksichtigt werden. Besonderen Vorrang haben die Gefahrenabwehr im Seeverkehr und die Verhütung von Naturkatastrophen.98 Die Unterstützung dieser Bereiche durch EFRE und ELER ist begrenzt und geschieht im Wesentlichen durch eine Unterstützung für den Tourismussektor (siehe unten). Der EFF sieht jedoch eine gewisse Hilfe für die nachhaltige Entwicklung der Küstengebiete durch die Prioritätsachse 4 des Programms vor. Innerhalb des Netzwerks für Fischwirtschaftsgebiete sollen entsprechend einer lokalen Entwicklungsstrategie nach dem Bottom-up-Ansatz lokale Aktionsgruppen der Fischwirtschaft (ähnlich den lokalen Aktionsgruppen von LEADER) eingesetzt werden, die eine nachhaltige Bewirtschaftung der Meeresressourcen sicherstellen. FLAG auf den Azoren werden in der nächsten Auswahlrunde ausgewählt. Eine weitere, vom EFF finanzierte Initiative sind das IKZM und Leitlinien für bewährte Verfahrensweisen bei der Bodennutzung an den Küsten, die veröffentlicht wurden, um die Belastungen aufgrund menschlicher Tätigkeiten entlang der portugiesischen Küste zu verringern. 97 98 Walsh, 2006. Ministerio de Economía y Hacienda, 2010, S. 57, 61. 86 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 4.4.1.3. Auswirkungen auf Gesundheit und Fremdenverkehr In der Region hat der Klimawandel in größerem Umfang sozioökonomische Folgen. Die Anzahl der Hitzewellen wird vermutlich zunehmen und sich unmittelbar auf die Bevölkerung auswirken. 2003 führte eine außergewöhnliche Hitzewelle mit Temperaturen von bis zu 46°C in Lanzarote zum Tod von 13 Personen. Ein Temperaturanstieg könnte auch die Ausbreitung tropischer Krankheiten begünstigen, vor allem von Insekten übertragene Krankheiten, die sich rasch verbreiten könnten. La Calima heißt eine Wetterlage, die entsteht, wenn der Ostwind Saharastaub auf die Kanarischen Inseln trägt. Die Folgen für die Einwohner sind Staub, Schwüle und das Auftreten von Kopfschmerzen. Eine Zunahme staubbeladener Luft aus der Sahara könnte die Häufigkeit von Allergien und Atemwegsproblemen verstärken. Die Wahrung und der Schutz von Naturgebieten ist wichtig, um die Haupttouristenattraktionen der Kanarischen Inseln zu erhalten, und deckt sich mit den Zielen der Göteborg-Strategie. Die natürliche Umwelt der Kanarischen Inseln ist eine touristische Attraktion und sorgt für eine höhere Lebensqualität der Bevölkerung, woraus sich die Bedeutung erklärt, die ihr von der Regierung der Kanarischen Inseln und der Öffentlichkeit beigemessen wird.99 Diese strategische Ausrichtung ist im EFRE-Programm für den laufenden Zeitraum (2007-2013) verankert. Der EFRE bietet jedoch hauptsächlich Anpassungsmaßnahmen in Hinblick auf den Klimawandel. Darunter fallen die Wasserbewirtschaftung und die Risikoprävention. Vergleichsweise hoch fällt die Unterstützung für die Gesundheit aus, die entweder über die Förderung von Gesundheitseinrichtungen oder über Dienstleistungen und Anwendungen für die Bürger (wie elektronische Gesundheitsdienste) erfolgt. 4.4.1.4. Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Ein Rückgang der Fischbestände würde sich auf die Fischereiindustrie auswirken. Auch die Aquakultur, eine recht neue Tätigkeit auf der Inselgruppe, könnte von einer Änderung der klimatischen Bedingungen betroffen sein. Vor allem eine zunehmende Erwärmung auf den Inseln hätte jedoch schwerwiegende Folgen für die Tourismusindustrie, der wichtigsten wirtschaftlichen Säule der Kanarischen Inseln. Eine Zunahme der Anzahl der Hitzewellen, wie die Hitzewelle in der Region im Jahr 2003, könnte Besucher von einem Aufenthalt in den Sommermonaten abhalten. Eine Desertifikation der natürlichen Landschaften würde die Attraktivität der Inseln ebenfalls mindern. Finanzierung der regionalen Forschung zum Klimawandel und Unterstützung lokaler Initiativen zum Klimawandel auf den Kanarischen Inseln Die regionale Forschungsstrategie auf den Kanarischen Inseln sieht die Finanzierung einer Vielzahl von Projekten vor. So verwaltet die Regierung der Kanarischen Inseln den Fonds, der aus zwei übergreifenden und instrumentellen Bereichen (Informationsund Kommunikationstechnologie und Biotechnologien) und neun wissenschaftlichentechnologischen prioritären Sektoren besteht, darunter Naturressourcen; innerhalb dieses Bereichs werden Projekte in Zusammenhang mit Energie, Wasser, Klimawandel und biologischer Vielfalt unterstützt. Bei der Regierung der Kanarischen Inseln arbeiten zwei Räte, die für die Artenvielfalt zuständig sind: der Rat für Landwirtschaft, Fischerei und Lebensmittel und der Rat für Umwelt und Raumordnung. Sie werden von der Regierung der Kanaren finanziert, bewerben 99 EFRE 2007, S. 139. 87 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik sich jedoch auch für Projekte im Rahmen von INTERREG IIIB und Life. Sie nutzen regelmäßig die Haushaltsmittel, die ihnen die Regierung der Kanarischen Inseln zugewiesen hat, um die Ressourcen, darunter die Naturschutzgebiete, zu überwachen, ausgewählte Gebiete wieder aufzuforsten und Ähnliches. Sie erstellen einen allgemeinen Plan. Die Verwaltung der Ressourcen jeder Insel ist jedoch der kommunalen Verwaltung der jeweiligen Insel übertragen (den so genannten Cabildo), in der es eine Umweltabteilung gibt, die sich mit der Erhaltung der natürlichen Ressourcen der Insel beschäftigt. Jede Inselverwaltung hat entsprechende Fachleute, die häufig von den Wissenschaftlern der Hochschulen unterstützt werden (Universität La Laguna auf Teneriffa und Universität Las Palmas de Gran Canaria), sowie mehrere Forschungs- und Planungszentren. Wasserbewirtschaftung Dem grenzübergreifenden Programm Spaniens zufolge stehen die Grenzregionen (darunter die Kanaren) großen Umweltproblemen durch den Einsatz von Industriechemikalien, intensive Landwirtschaft, Massentourismus, starkem Seeverkehr und der Konzentration der Bevölkerung in den Küstengebieten gegenüber. Das Programm enthält Empfehlungen für mehrere mögliche Maßnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen, zum Beispiel die Einrichtung umfassender operationeller Systeme zur Bewirtschaftung der Wasserressourcen, die Diversifizierung der Nutzung von Naturgebieten für Tourismus und Freizeitaktivitäten usw.100 Schwerpunkte der Förderung sind, wie bereits dargelegt, die Wasserbewirtschaftung und die Trinkwasserversorgung. Zum Schutz wertvoller Ökosysteme sind eine integrierte Wasserbewirtschaftung und -planung der knappen Wasservorräte besonders wichtig. Diese Aufgabe umfasst mehrere Aspekte, darunter die Sicherstellung einer angemessenen Wasserqualität, die effiziente Verteilung von Trinkwasser in den abgelegensten Gebiete, den Schutz der öffentlichen Wasserversorgung und der nachhaltigen Wassernutzung durch die Förderung einer restriktiveren Preispolitik101. Neben der Wasserbewirtschaftung ist auch ein angemessenes Abfallbewirtschaftungssystem ein Schlüssel zur nachhaltigen Entwicklung, da sich damit die Auswirkungen von Schadstoffen auf die aufnehmende Umwelt, die Gesundheit des Menschen und den Klimawandel reduzieren lassen. Daher sollen die Wiederverwendung, das Recycling und die Reduzierung von Abfall gefördert werden. In Hinblick auf die Luftqualität wurde auf den Kanaren ein Überwachungsnetz eingerichtet, das für die Information der Bevölkerung über Luftverschmutzung gemäß der Richtlinie 2008/50/EG zuständig ist. Durch die Einrichtung eines Informationssystems zum aktuellen Stand der Luftverschmutzung können die wichtigsten Emissionsquellen ermittelt und weitere Maßnahmen zur Verminderung der Verschmutzung ergriffen werden. 4.4.1.5. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Die meisten Leitlinien werden im Energieplan der Kanaren (PECAN) festgelegt. Neben Energieeffizienz und Verringerung des Energieverbrauchs haben erneuerbare Energieträger zunehmend Bedeutung (30 % der Stromerzeugung und 8 % der Energieversorgung der Kanaren). Insbesondere Sonnenenergie, fotovoltaische Energie, Windenergie, Biomasse, Wasserkraft und geothermische Energie haben ein starkes Potenzial. Zu den angestrebten 100 Ministerio de Economía y Hacienda, 2010, S. 49, 50. 101 EFRE 2007, S. 137. 88 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Zielen gehören das Herbeiführen von Wirtschaftswachstum, die Verringerung der Abhängigkeit von außen, die Verbesserung der Sozialhilfe und der Schutz der Umwelt. Diese Maßnahmen unterstützen die Ersetzung fossiler Brennstoffe und fördern somit die nachhaltige Entwicklung.102 Zur Verringerung der Treibhausgasemissionen entsprechend dem Kyoto-Protokoll fördern die Kanarischen Inseln zudem die Erzeugung und Verteilung von Erdgas. Dies würde die Abhängigkeit von Erdöleinfuhren verringern und aufgrund der niedrigeren Kosten zu einer positiven Entwicklung der örtlichen Wirtschaft beitragen. Neben diesen Maßnahmen wird im grenzüberschreitenden Programm Spaniens der Abbau institutioneller, rechtlicher, technischer, handelspolitischer und finanzieller Hemmnisse empfohlen, um den Ausbau und die Verbreitung erneuerbarer Energieträger und energieeffizienter Technologien zu fördern.103 Trotz dieser Erklärungen in verschiedenen Strategien und Programmen sieht der EFRE einen sehr geringen Anteil von Haushaltsmitteln für die Unterstützung der erneuerbaren Energie vor. Ein Beispiel für eine bewährte Verfahrensweise ist jedoch zu nennen: El Hiero. Kasten 5: Erfolgsgeschichte: El Hierro: die erste energieautarke überseeische Insel? ERFOLGSGESCHICHTE El Hierro: die erste energieautarke überseeische Insel? El Hierro, eine Insel mit 10 500 Einwohnern, ist ein Biosphärenreservat der UNESCO. Um eine der ersten vollständig energieautarken Inseln zu werden, müssen die Energieerzeugungsanlagen vollständig umstrukturiert werden. Mit einer Finanzhilfe in Höhe von 54,3 Mio. EUR, deren Auszahlung bis 2009 gestaffelt wurde, werden jährlich Emissionen von 18 700 Tonnen Kohlendioxid verhindert. Der größte Teil der Energie wird von einem Wasserkraftwerk mit einer Leistung von 10 Megawatt geliefert werden. Ein Windpark (10 Megawatt) versorgt ein Pumpsystem, um Wasser in einem der zwei Reservoirs zu sammeln, und bietet eine zusätzliche Energiequelle. Die überzählige Windkraft wird genutzt, um zwei Meerwasserentsalzungsanlagen zu betreiben. Wasser und Wind sollen bis zu 80 % des Energie-bedarfs der Insel decken. Über fotovoltaische und thermodynamische Paneele soll die Sonne den übrigen Teil liefern. Das derzeitige Brennstoff-Kraftwerk der Insel wird am Ende seiner Laufzeit stillgelegt. Ein Programm zur Aufklärung der örtlichen Bevölkerung über die Wichtigkeit der Energieeffizienz ist ein wesentlicher Bestandteil des Projekts. Mehrere andere Inseln in Kontinentaleuropa sind bereits energieautark, darunter die Insel Samsø in Dänemark und die Insel Vlieland in den Niederlanden. Dieses Projekt zur Verwirklichung einer Energieautarkie ist ein Beispiel für eine sehr ehrgeizige Strategie zur Abschwächung des Klimawandels. Ist sie erfolgreich, wird die Insel ihre Treibhausgasemissionen jährlich um 187 000 Tonnen senken. Außerdem wird mit der mit erneuerbarer Energie betriebenen Entsalzungsanlage eine Kombination aus einer Anpassungs- und einer Abschwächungsstrategie verfolgt, die Trinkwasser für die lokale Bevölkerung liefern wird und dabei unabhängig von Energieeinfuhren ist. Die EU hat angekündigt, dass sie den Schwerpunkt auf eine wissensbasierte Wirtschaft legen wird. Den Kanarischen Inseln werden Beihilfen für die Forschung in innovativen und fortgeschrittenen Forschungs- und Entwicklungsprojekten u. a. in den Bereichen Biomedizin und Gesundheit, nachhaltige Entwicklung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, Artenvielfalt, erneuerbare Energie, Klimawandel und Bekämpfung der Wüstenbildung 102 103 EFRE 2007, S. 146. Ministerio de Economía y Hacienda, 2010, S. 50. 89 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik gewährt. Dazu gehört beispielsweise die Entwicklung der Aquakultur vor der Küste oder eine Plattform für Forschungsprojekte im Kanarischen Meer.104 Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Atlantikregionen Spaniens förderfähig sind ferner Ausbildungsmaßnahmen und der Austausch von Fachleuten auf den Gebieten Bewirtschaftung erneuerbarer Energien, Wasserressourcen und Abfallwirtschaft.105 Verkehr Um die Isolierung zu verringern, haben die Förderung des intermodalen Verkehrs und die Entwicklung intelligenter Verkehrslösungen, z. B. Straßen, auf denen Busse Vorrang haben, automatische Fahrzeugleitsysteme und die Bereitstellung von Echtzeitinformationen, hohe Priorität.106 Kasten 6: Erfolgsgeschichte: Verbesserung der Mobilität auf den Inseln ERFOLGSGESCHICHTE Verbesserung der Mobilität auf den Inseln Busfahrgäste auf den Kanarischen Inseln haben mehrere Monate lang den Prototyp eines Echtzeit-Informationssystems getestet. Das System wurde vor Ort konzipiert und gebaut; über statische Bildschirme und Touchscreens an einem Informationsterminal konnten die Fahrgäste rasch Fahrpläne einsehen oder weitere Reisen auf der Inselgruppe unter Nutzung anderer Verkehrsmittel planen. Im Jahr 2000 stellte die Inselregierung einen Plan für die stärkere Nutzung des Einsatzes von IKT auf den Kanarischen Inseln auf, der Verkehrslenkung und Ressourcenplanung vorsieht; ein Ziel ist die Verbesserung der öffentlichen Verkehrsmittel für die Mobilität innerhalb der Inselgruppe. Das SIVR-Projekt: Das SIVR „En Route Passenger System“ war Teil des Plans, in dessen Rahmen der Prototyp eines Terminals entwickelt wurde, der Fahrgästen mehr und bessere Reiseinformationen bietet. Das Projekt wurde von der Regierung der Kanarischen Inseln unterstützt und von der EU kofinanziert, es wurde nach zwölf Monaten im Dezember 2005 abgeschlossen. Beteiligt waren Gemeinde- und Inselräte sowie regionale Verkehrsunternehmen, Technologiefirmen und die Universität von Las Palmas. Tests unter realen Bedingungen fanden in Santa statt. Informationsterminals in Form eines Totempfahls wurden entwickelt und an einigen Bushaltestellen aufgestellt, die von den Fahrzeugen öffentlicher Verkehrsunternehmen bedient werden. Jede Informationsstelle ist mit einem statischen Topscreen ausgerüstet, auf dem Busfahrpläne und Werbung angezeigt werden. Mit dem Tastbildschirm darunter konnten die Nutzer Reisen auf der Insel planen oder örtliche Touristeninformationen abrufen. Zu den weiteren Innovationen gehörte ein WiFi, über das die Fahrgäste Zugang zu den Informationen erhielten, und eine zentrale Überwachung der Terminals durch GPS und Funkkontakt. Die Terminals boten ferner Netzwerk-Informationen für Buskontrolleure und Busfahrer. Das SIVR-System ist auf andere Verkehrsunternehmen übertragbar und zeigt, wie die Fahrgastmobilität durch IKT erleichtert, die Verkehrsdienste verbessert und die Effizienz der Verkehrsunternehmen erhöht werden können. 104 105 106 • Programm: EFRE im Programmplanungszeitraum 2000-2006 • EU-Beitrag: 138 547 EUR EFRE 2007, S. 122. Ministerio de Economía y Hacienda, 2010, S. 61. EFRE 2007, S. 168. 90 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die folgende Tabelle bietet einen Überblick über relevante Maßnahmen für den Klimawandel auf den Kanaren Programmplanungszeitraum 2007-2013. Eine genauere Beschreibung der politischen Maßnahmen ist Anhang 2 zu entnehmen. Ökosysteme/Artenvielfalt Anpassung an den Klimawandel Abschwächung des Klimawandels Fremdenverkehr/Gesundhe it Energie/Verkehr EFRE: sehr wenige Antworten auf diese Herausforderungen EFRE: Wasserwirtschaft und Risikoprävention, vergleichsweise hoher Anteil ELER: Maßnahmen zur an Unterstützung für Erhaltung der Artenvielfalt und Gesundheit - entweder durch zum Schutz der natürlichen Unterstützung der Ressourcen; Gesundheitsinfrastruktur oder Agrarumweltbeihilfe durch Dienstleistungen und (Bekämpfung von Erosion, Anwendungen für Bürger (wie Verhütung von e-Health) Überwachungsnetz Naturkatastrophen, Schutz der (Umweltinformationen) Artenvielfalt) ELER: Förderung touristischer Aktivitäten, Wiederherstellung der traditionellen ländlichen Landschaft ELER: Aufbau von Kapazitäten in der Landwirtschaft (Erweiterung der Kenntnisse und Sensibilisierung in Zusammenhang mit Fragen der nachhaltigen Land- und EFRE: Beihilfen für die Forschung in innovativen und fortgeschrittenen Forschungsund Entwicklungsprojekten u. a. in den Bereichen Biomedizin und Gesundheit, nachhaltige 91 im Wasser/Abfall EFRE: Wasserwirtschaft und Risikoprävention, Trinkwasserversorgung, Sicherstellung einer angemessenen Wasserqualität, effiziente Verteilung von Trinkwasser an die Gebiete in äußerster Randlage, Schutz der öffentlichen Wasserversorgung und nachhaltige Wassernutzung unterstützt durch eine restriktivere Preispolitik Abfallwirtschaftssysteme, Wiederverwendung, Recycling und Verminderung der Abfallerzeugung ELER: Verbesserung und Entwicklung der Infrastruktur in Zusammenhang mit der Entwicklung und Anpassung der Land- und Forstwirtschaft, Verbesserung der Wasserwirtschaft, Effizienz der Bewässerungssysteme und Qualität des zur Bewässerung verwendeten Wassers EFRE unterstützt Sonnenenergie und Fotovoltaik, Windenergie und Biomasse, Wasserkraft und geothermische Energie. Zur Verringerung der Treibhausgasemissionen Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Forstwirtschaft, Zugang zu Beratungsdiensten zur Verbesserung der Gesamtleistung und der Umweltleistung von Land- und Forstwirtschaft) Entwicklung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, Artenvielfalt, erneuerbare Energie, Klimawandel und Bekämpfung der Wüstenbildung entsprechend dem Kyoto-Protokoll fördern die Kanarischen Inseln zudem die Erzeugung und Verteilung von Erdgas. Unterstützung des intermodalen Verkehrs und Entwicklung intelligenter Verkehrslösungen ELER: Diversifizierung bei nicht landwirtschaftlichen Tätigkeiten, Verkauf und Einbau alternativer Energietechnologie, Basisdienstleistungen für die Wirtschaft und Bevölkerung im ländlichen Raum, Bau und Verbesserung kleiner Einrichtungen der Infrastruktur für Energieversorgung 92 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 4.4.2. Die Azoren Menschliche Einflüsse und die aktuelle Lage - sozioökonomische Lage (Landwirtschaft, Fischerei, Fremdenverkehr, sonstige bedeutende Wirtschaftssektoren), Demografie Anzahl der Inseln 9 Inseln Bevölkerung 241 206 Einwohner (2005) Fläche 2332 km² Bevölkerungsdichte 104 Einwohner/km² BIP/Einwohner 15 200 Arbeitslosenquote 6,7 % (2009) Wirtschaftliche Tätigkeiten Landwirtschaft, Fischerei, Tourismus Die Azoren sind eine autonome überseeische Region Portugals und eine Region in äußerster Randlage der EU, gelegen in der Mitte des Atlantischen Ozeans, etwa 1500 Kilometer von Lissabon und Marokko und 3900 Kilometer von der Ostküste Nordamerikas. Die Inselgruppe der Azoren besteht aus neun Inseln mit einer Gesamtfläche von 2333 km² Festland. Sie haben ein sehr feuchtes ozeanisches Klima mit geringen jährlichen Schwankungen. Der Mount Pico auf der Insel gleichen Namens ist mit 2352 Metern der höchste Berg Portugals. Grundlage der Wirtschaft ist in erster Linie die Landwirtschaft mit einer Milcherzeugung von 500 Millionen Litern jährlich bzw. 25 % der portugiesischen Milcherzeugung. Die Fischerei bringt der Region jährlich ein Einkommen von etwa 26 Mio. EUR, 10 000 Tonnen Fisch werden in der AWZ von einer Fläche von etwa 1 Million km² gefangen. Die Tourismusindustrie ist weitaus weniger entwickelt als auf Madeira oder den Kanarischen Inseln, die touristischen Einrichtungen wurden in den vergangenen zehn Jahren jedoch ausgebaut. Die in einer abgelegenen Region des Nordatlantik befindlichen Azoren sind eine Art Versuchslabor für die natürliche Entwicklung. Die meisten Arten in der Region sind lebende Fossilien, die der voreiszeitlichen Flora des europäischen Kontinents ähneln, wie der Lorbeerwald, der typisch für Makaronesien ist. Die Inselgruppe ist Heimat einer großen Vielfalt an endemischen Arten, die an keinem anderen Ort vorkommen. Dazu gehören der Azorengimpel (Pyrrhula azorica), eine gefährdete Art mit einer Population von etwa 250 Tieren, die in die Rote Liste der IUCN aufgenommen wurde und nur im Lorbeerwald im Osten der Insel Sao Miguel vorkommt.107 107 McGinley, 2007, Petit und Prudent, 2008. 93 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Quelle: http://europa.eu/abc/maps/regions/portugal/acores_de.htm Seit der Ankunft der ersten Siedler auf den Azoren sind die einheimische Flora und Fauna durch Abholzung, Landwirtschaft und der Einführung invasiver Arten starkem Druck ausgesetzt. Lediglich 2 % der ursprünglichen Lorbeerwalddecke wurde von der Abholzung ausgenommen. Exotische Arten wie die Japanische Zeder (Cryptomeria japonica) oder der Klebsame (Pittosporum undulatum) erschweren das Überleben der einheimischen Flora und Fauna. Die Inseln waren früher wichtige Nistplätze für Seevögel, die Einführung von Ratten führte jedoch zu einem Rückgang dieser Populationen, die heute auf die steilen Klippen oder kleine Inseln beschränkt sind. Die umfangreiche Entwicklung der Landwirtschaft auf den Azoren in der jüngsten Zeit hat zu einer Umwandlung von schätzungsweise 50 % der Naturräume geführt, die in den vergangenen zehn Jahren als Weiden für Milchvieh genutzt wurden. Diese Entwicklung ist zum Teil auf den Beitritt Portugals zur EU und die Subventionen zurückzuführen, die das Land erhielt.108 Die Inselgruppe besitzt keinen Nationalpark, die bestehenden Schutzgebiete sind nicht gesetzlich geschützt.109 Der Tourismussektor ist im letzten Jahrzehnt gewachsen und selbst in großem Umfang Verursacher von Klimaemissionen geworden. Die aktuelle Regionalpolitik - mittelfristige Tendenzen Die Azoren erhielten im vorherigen Programmplanungszeitraum (2000-2006) mehr als 780 Mio. EUR von den Strukturfonds (EU-Beitrag). Hinzu kamen über 91 Mio. EUR aus dem Kohäsionsfonds. Als potenzielle Ausgaben zur Bekämpfung des Klimawandels kann jedoch nur ein Viertel dieser Mittel gelten. Umweltmaßnahmen haben lediglich einen Anteil von 5,6 % am Gesamthaushalt, dessen größter Teil für die Unterstützung der Verkehrsinfrastruktur (Individualverkehr) sowie soziale und Gesundheitsinfrastrukturen (die zumindest teilweise als Anpassungsmaßnahmen betrachtet werden können) aufgewendet wird. Im laufenden Programmplanungszeitraum (2007-2013) des EFRE hat sich die Lage nicht wesentlich geändert (siehe Abbildung 19). Die Azoren erhielten zwar insgesamt mehr als 966 Mio. EUR (EU-Beitrag), doch weniger als ein Viertel kann als relevant für den Klimawandel betrachtet werden. Die Unterstützung aus dem EFRE kommt hauptsächlich der Verbesserung der Hafeninfrastrukturen und der Wasserwirtschaft zugute, die beide als Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel gelten. 108 McGinley, 2007. 94 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Abbildung 19: EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen auf den Azoren 0,90% 0,26% 7,20% Services and applications for citizens (e‐health, e‐ government, e‐learning, e‐inclusion, etc.) Ports 3,10% 0,48% 0,52% 7,21% 0,35% 0,52% 0,52% Energy efficiency, co‐generation, energy management Management and distribution of water (drink water) Management of household and industrial waste 1,55% Water treatment (waste water) Promotion of biodiversity and nature protection (including Natura 2000) Promotion of clean urban transport 77,39% ‐ Other measures Promotion of natural assets Protection and development of natural heritage Health infrastructure Quelle: OP EFRE für die Azoren - thematische Aufteilung durch die GD Regionalpolitik (2008): The Potential of Regional Policy Instruments 2007-2013 to Contribute to the Lisbon and Göteborg Objectives for Growth, Jobs and Sustainable Development; Brüssel Legende: Dienste und Anwendungen für Bürger (elektronische Gesundheitsdienste, E-Government, E-Learning, digitale Integration usw.) Häfen Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung und Energiemanagement Management von Haushalts- und Industrieabfällen Wasserbehandlung (Abwasser) Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur (einschließlich Natura 2000) Förderung umweltfreundlichen Stadtverkehrs Förderung des natürlichen Reichtums Schutz und Entwicklung des Naturerbes Gesundheitsinfrastruktur Die Unterstützung über die zweite Säule der GAP lag auf den Azoren durchschnittlich bei mehr als 11 Mio. EUR jährlich, dies ist eine vergleichsweise hohe Zahl. Die Unterstützung stieg im laufenden Programmplanungszeitraum, in dem Zahlungen von bis zu 21 Mio. EUR (2008) geleistet wurden. Im Vergleich zur Unterstützung der Landwirtschaft über die erste Säule ist der bereitgestellte Betrag relativ gering, da sich die Beihilfe für die Azoren im Rahmen von Säule 1 auf 47 Mio. EUR im Jahr 2004 und 91 Mio. EUR im Jahr 2008 belief. 109 McGinley, 2007. 95 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Abbildung 20: Jährlicher Betrag aus Säule 2 für die Azoren 25.000.000 € 21.442.892 € 20.000.000 € 17.916.651 € 16.542.418 € 15.000.000 € 13.162.682 € 10.000.000 € 7.770.181 € 5.000.000 € 3.834.540 € 3.787.987 € 0 € 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: OP für PLE (2000-2006 und 2007-2013) Azoren und GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (2010): Study on Employment, Growth and Innovation in Rural Areas (SEGIRA); Brüssel In Hinblick auf Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels unterstützt der EFRE hauptsächlich benachteiligte Gebiete (Anpassung an den Klimawandel) und Agrarumwelttätigkeiten. Im Allgemeinen sind die Azoren wahrscheinlich die Region in äußerster Randlage mit der geringsten regionalpolitischen Unterstützung zur Bekämpfung des Klimawandels. Der EFRE stellt lediglich etwa 1,5 % der gesamten Haushaltsmittel im laufenden Programmplanungszeitraum für den Naturschutz, die Förderung natürlicher Ressourcen sowie den Schutz und die Bewirtschaftung des Naturerbes bereit. Diese mangelnde Unterstützung wird mittelfristig zu einem Rückgang der Anpassungsfähigkeit des Ökosystems führen. 4.4.2.1. Auswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme und Fischerei (Migration tropischer Fische) In letzter Zeit sind in den Gewässern rund um die Azoren mehrere tropische Fischarten beobachtet worden. Der Zwerghai (Squaliolus laticaudus) wurde erstmals im Jahr 1998110 entdeckt und die Kleine Gabelschwanzmakrele (Seriola fasciata) im Jahr 2006111. Eine Erklärung für ihr dortiges Auftauchen könnte in der räumlichen Verteilung dieser Arten infolge der Wassererwärmung liegen. Auch die Ansiedlung und Ausbreitung der Grünalge Caulerpa webbiana, einer unlängst in den azorischen Gewässern entdeckten invasiven Spezies, könnte durch die steigenden Wassertemperaturen erleichtert worden sein112. Ebenso ist bereits die Abwanderung von Fischarten in europäische Gewässer beobachtet worden. In einer vor kurzem erstellten Studie wurde die räumliche Verteilung mehrerer Fischarten in der Nordsee zwischen 1977 und 2001 analysiert. Von den 36 untersuchten Arten sind 15 Arten wie die Seezunge (Solea solea) und der Dorsch (Gadus morhua) in Reaktion auf die Erwärmung des 110 111 112 Silva, 1998. Silva, 1998; Machado, 2006. Cardigos et al., 2006. 96 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Wassers um durchschnittlich 1,5 °C weiter nordwärts gewandert113. Einige Arten sind in weniger als 20 Jahren bis zu 1 000 Kilometer weiter nordwärts gezogen114. Indem sie an die Stelle heimischer Arten treten, können zuwandernde Arten zu gewaltigen Ungleichgewichten im Ökosystem führen. Obwohl die Fischerei eine unverzichtbare Einnahmequelle auf den Azoren ist und ansonsten reichlich Unterstützung von der EU erhält, bietet der EFF keine Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. 4.4.2.2. Auswirkungen auf den Fremdenverkehr und die Gesundheit Der Tourismussektor ist im letzten Jahrzehnt gewachsen und selbst in großem Umfang Verursacher von Klimaemissionen geworden. Die aus dem EFRE finanzierten Gegenmaßnahmen dienen in erster Linie der Anpassung: Bei ihnen geht es hauptsächlich um die Wasserbehandlung und -bewirtschaftung (Trinkwasser) sowie die Abfallbehandlung. In gewissem Maße wurden auch Gesundheitsthemen in Angriff genommen (Gesundheitsinfrastruktur und Dienstleistungen/Anwendungen für Bürger), doch liegen die Aufwendungen hierfür weit unter denen anderer Regionen in äußerster Randlage. 4.4.2.3. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Die Erzeugung erneuerbarer Energie und die Nutzung geothermischer Energie sind die wichtigsten Klimaschutzinitiativen, die aktiv von der Regionalpolitik unterstützt werden, wie dies an folgenden Beispielen deutlich wird. 113 114 Perry, 2005. Quéro, 1998. 97 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Kasten 7: Erfolgsgeschichten: Die sanfte Energie der Vulkane ERFOLGSGESCHICHTE Die sanfte Energie der Vulkane Zwei geothermische Kraftwerke, die mit Unterstützung des EFRE gebaut wurden, haben gezeigt, dass Vulkane eine endogene Energiequelle der Azoren sind. Ihre sichere und saubere Energie hat das Potenzial, einen Ausgleich für die extreme Randlage der Inseln zu bieten. Die Azoren, die sich an der Schnittstelle dreier tektonischer Platten befinden, sind von starker vulkanischer Aktivität gekennzeichnet, der die Inseln ihren Ursprung verdanken. Diese Besonderheit ist auch eine Chance für diese äußerst abgelegene und wirtschaftlich benachteiligte Region, deren neun Inseln sich über 600 km erstrecken. 1973 entdeckten Studenten den hohen geothermischen Gradienten der Nordhänge des Vulkans Fogo auf der Insel São Miguel. Seitdem haben mehrere wissenschaftliche Untersuchungen und Temperaturbohrungen das Bestehen eines großen geothermischen Reservoirs in einer Tiefe von mehr als 800 Metern bestätigt. Die Kraftwerke von Ribeira Grande und Pico Vermelho, die 1994 mit zwei Turbogeneratoren von je 2,5 MW Leistung in Betrieb genommen wurden, hatten 2006 eine Kapazität von 23 MW. Es hat sich gezeigt, dass die Geothermik die vielversprechendste erneuerbare Energiequelle auf den Azoren ist, mit der ihre Energieabhängigkeit drastisch verringert werden kann. Für 2007 wurde erwartet, dass die Geothermik 161 GWh liefern kann, dies sind 38 % des Energiebedarfs der Inseln. Mit der Gesamtleistung aller derzeit in Vorbereitung befindlichen Projekte soll die Energieerzeugung ab 2010 auf bis zu 275 GWh pro Jahr erhöht werden. Da die Geothermik hochqualifiziertes Personal benötigt, fördert sie die Entwicklung eines regionalen Kompetenzzentrums. So wurden neben den 80 Arbeitskräften, die beim Bau der beiden Kraftwerke beschäftigt waren, für weitere Beschäftigte bisher 25 direkte Arbeitsplätze geschaffen. Diese geothermischen Kraftwerke spielen eine zentrale Rolle beim Klimaschutz, indem die Energieerzeugung der Region auf saubere Energieträger verlagert wird und dies eine weitgehende Reduzierung der THG-Emissionen ermöglicht. Ferner tragen die geothermischen Anlagen zur Stabilität der Wirtschaft bei, da Arbeitsplätze im Bau- und Energiesektor geschaffen werden. • EU-Beitrag: 10 Mio. EUR • Gesamtkosten: 20 Mio. EUR 98 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über Klimaschutzmaßnahmen auf den Azoren für den Programmplanungszeitraum 2007-2013. Eine genauere Beschreibung der politischen Maßnahmen ist Anhang 2 zu entnehmen. Ökosysteme/Artenvielfalt Anpassung an den Klimawandel Nur ca. 1,5 % des EFREGesamthaushalts werden im laufenden Programmplanungszeitraum für den Naturschutz, die Förderung des natürlichen Reichtums und den Schutz und die Bewirtschaftung des Naturerbes aufgewendet. ELER: ebenfalls sehr begrenzte Unterstützung für Maßnahmen gegen den Klimawandel: Ausgleichszulage für natürliche Nachteile mit Ausnahme von Berggebieten, Erhaltung und Verbesserung des ländlichen Erbes, Erhaltung von Produktionsbedingungen, die durch schwere Naturkatastrophen beeinträchtigt wurden Fremdenverkehr/Gesundheit EFRE: Bei ihnen geht es um die Wasserbehandlung und bewirtschaftung (Trinkwasser) sowie die Abfallbehandlung. Energie/Verkehr EFRE: Infrastrukturinvestitionen in Häfen ELER: Förderung des Tourismus d. h. Entwicklung von Tourismusinitiativen und anderen Erholungs- und Freizeitaktivitäten in Verbindung mit der Förderung von Umweltkomponenten und verbesserter Nachhaltigkeit Abschwächung des Klimawandels EFRE: Erzeugung erneuerbarer Energie und Nutzung geothermischer Energie ELER: Aufbau von Kapazitäten und nachhaltige Anbaumethoden 99 Wasser/Abfall ELER: Verbesserung und Entwicklung von Infrastrukturen (angemessene Bewirtschaftung von Wasserressourcen, Bewässerung) Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 4.4.3. Madeira Menschliche Einflüsse und die aktuelle Lage (Landwirtschaft, Fischerei, Fremdenverkehr, Wirtschaftssektoren), Demografie sozioökonomische Lage sonstige bedeutende Anzahl der Inseln 3 Hauptinseln und mehrere kleinere Inseln Bevölkerung 244 098 Einwohner Fläche 828 km2 Bevölkerungsdichte 295 Einwohner/km² BIP/Einwohner 21 400 Arbeitslosenquote 7,6 % Wirtschaftliche Tätigkeiten Landwirtschaft und Fremdenverkehr Das Archipel Madeira ist eine Portugal zugehörige autonome Region und liegt im Atlantischen Ozean westlich von Marokko. Es besteht aus zwei bewohnten Inseln, der Insel Madeira (742 km²) und der Insel Porto Santo (43 km²), drei kleineren Inseln, die als die „Desertas“Inseln bezeichnet werden (Ilhéu Chão, Deserta Grande und Bugio) und dem kleinen Selvagen-Archipel mit seinen zwei kleinen Inseln (Selvagem Grande und Selvagem Pequena) sowie einer Felseninsel (Ilhéu de Fora) und mehreren anderen kleinen Inseln. Die Hauptstadt der Inselgruppe, Funchal, liegt ca. 660 Kilometer von der afrikanischen Küste und 980 Kilometer von Lissabon entfernt. Die Insel Madeira, die 90 % der Gesamtfläche der Inselgruppe ausmacht, ist vulkanischen Ursprungs und hat steile Hänge. Aufgrund ihres subtropischen Klimas und ihrer einzigartigen Landschaften ist sie ein beliebtes Reiseziel für Touristen. Als die Inselgruppe von den Portugiesen entdeckt wurde, war sie unbewohnt; die heutigen Einwohner stammen von den Kolonisatoren ab und sind überwiegend portugiesischer Herkunft. Die Bevölkerungsdichte ist mit ca. 300 Einwohnern pro km² in etwa dreimal höher als der portugiesische Durchschnitt. Die regionale Wirtschaft beruht im Wesentlichen auf der Landwirtschaft und dem Fremdenverkehr. Mit 850 000 Besuchern pro Jahr (Schätzung 2005) werden durch den Fremdenverkehr 20 % des BIP erwirtschaftet. Die auf Madeira erzeugten Bananen, Blumen und der Wein sind für die örtlichen Märkte sowie die Märkte der Hauptstadt bestimmt. Die Industrie ist wenig entwickelt, doch locken günstige Steuerbedingungen viele internationale Finanzunternehmen an. Quelle: http://europa.eu/abc/maps/regions/portugal/acores_de.htm In Madeira wird sich infolge des Klimawandels das Niederschlagsverhalten dramatisch ändern. Die folgenden Abbildungen veranschaulichen die Bandbreite dieser Veränderungen, wie sie in den vom IPCC entwickelten Szenarien vorkommen. Je dunkler die Farbe, desto 100 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage größer sind die potenziellen Veränderungen; es wird deutlich, dass besonders der Westteil der Insel mit zurückgehenden Niederschlagsmengen zu kämpfen haben wird, während für den Süden ein Temperaturanstieg prognostiziert wird. Abbildung 21: Deutlich zurückgehende Niederschlagsmengen Quelle: Abreu, 2008 Abbildung 22: Temperatur auf Madeira (2071-2100) Quelle: Abreu, 2008 Die größte Gefahr für die Ökosysteme Madeiras besteht in der unmittelbaren Zerstörung natürlicher Lebensräume. Schon bald nach der Ankunft der ersten Siedler aus Portugal zu Beginn des 15. Jahrhunderts wurden die Waldflächen der Insel abgeholzt, um Getreide und später Zuckerrohr anbauen zu können. Auch die Tourismusbranche nimmt einen großen Teil der Inselfläche in Anspruch, insbesondere in den Lebensräumen an den Küsten. 101 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Elf Gebiete der gesamten Inselgruppe sind als Natura-2000-Gebiete und elf weitere als Vogelschutzgebiete (Important Bird Areas, IBA) ausgewiesen. Das bekannteste Biotop der Inselgruppe ist ihr Lorbeerwald, der sich noch immer über eine Fläche von über 15 000 Hektar ausdehnt und damit 20 % der Inselfläche bedeckt. Diese Wälder mit ihrer gigantischen Artenvielfalt sind die größten und besterhaltenen Lorbeerwälder ganz Makaronesiens. Die aktuelle Regionalpolitik - mittelfristige Tendenzen Madeira wurden im Programmplanungszeitraum 2000-2006 insgesamt 660 Mio. EUR aus dem EFRE und weitere ca.175 Mio. EUR aus dem Kohäsionsfonds zugewiesen. Im laufenden Programmplanungszeitraum (2007-2013) hat Madeira nur 320 Mio. EUR aus dem EFRE erhalten. Wie bereits dargelegt, wirft die Frage, wie viele Maßnahmen der Bekämpfung des Klimawandels dienen, im Programmplanungszeitraum 2000-2006 aufgrund der ungenauen Spezifizierungen Probleme auf. Bei rund einem Drittel der EFRE-Aufwendungen und über der Hälfte der Kohäsionsfondsmittel kann davon ausgegangen werden, dass sie dem Klimawandel entgegenwirken, vorausgesetzt, die Investitionen in den Kategorien „Umweltinfrastruktur“ und „Planung und Sanierung“ und anteilig in den Kategorien „Fremdenverkehr“, „Energieinfrastruktur“ und „Verkehrsinfrastruktur“ werden direkt oder indirekt für Klimabelange verwendet. Im laufenden Programmplanungszeitraum (2007-2013) wird etwas mehr als ein Viertel der verfügbaren EFRE-Mittel für die Finanzierung von Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels eingesetzt (Abbildung 23). Der Großteil dieser EFRE-Aufwendungen wird für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel wie die „Management von Haushalts- und Industrieabfällen“ oder die Wasser- und Abwasserbewirtschaftung verwendet. Wie auf den Azoren auch werden in Madeira nur in sehr begrenztem Maße regionalpolitische Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels durchgeführt. Abbildung 23: EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen auf Madeira 1,56% 1,72% 2,18% Services and applications for citizens (e‐health, e‐government, e‐learning, e‐inclusion, etc.) Ports 4,37% 4,69% 4,45% Energy efficiency, co‐generation, energy management Management and distribution of water (drink water) Management of household and industrial waste 0,76% 2,81% 1,09% Water treatment (waste water) 1,09% 2,42% 72,55% ‐ Other measures 0,31% Promotion of biodiversity and nature protection (including Natura 2000) Promotion of clean urban transport Promotion of natural assets Protection and development of natural heritage Health infrastructure Renewable energy (wind, solar, biomass, hydrroelectric, geothermal & other Quelle: OP EFRE für Madeira - thematische Aufteilung durch die GD Regionalpolitik (2008): The Potential of Regional Policy Instruments 2007-2013 to Contribute to the Lisbon and Göteborg Objectives for Growth, Jobs and Sustainable Development; Brüssel Legende: Dienste und Anwendungen für Bürger (elektronische Gesundheitsdienste, E-Government, E-Learning, digitale Integration usw.) - Häfen - Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung und Energiemanagement - 102 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Wasserbewirtschaftung und –verteilung (Trinkwasser) - Management von Haushalts- und Industrieabfällen - Wasserbehandlung (Abwasser) - Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur (einschließlich Natura 2000) - Förderung umweltfreundlichen Stadtverkehrs - Förderung des natürlichen Reichtums - Schutz und Entwicklung des Naturerbes - Gesundheitsinfrastruktur - Erneuerbare Energien (Windkraft, Solarenergie, Biomasse, Wasserkraft, Geothermie u. a.) Im Vergleich zu den EFRE-Mitteln fällt die Unterstützung der Bekämpfung des Klimawandels aus der zweiten Säule der GAP noch geringer aus. Im Durchschnitt belief sich die Unterstützung aus dem PLE im vorangegangenen Programmzeitraum auf 1,6 Mio. EUR (EUBeitrag) pro Jahr, wobei bis 2006 (2,9 Mio. EUR) ein kontinuierlicher Zuwachs und im laufenden Programmzeitraum ein rasanter Wiederaufschwung des Programms zu verzeichnen waren. Doch verglichen mit den für die Landwirtschaft aus Säule 1 bereitgestellten Mitteln, die sich jährlich auf Beträge zwischen 13 Mio. EUR und sogar 28 Mio. EUR (EU-Beitrag) im Zeitraum 2004-2008 belaufen, erscheint die Förderung aus dem PLE unbedeutend. Abbildung 24: Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Madeira 3.500.000 € 3.000.000 € 2.925.742 € 2.500.000 € 2.000.000 € 1.745.399 € 1.500.000 € 1.187.544 € 1.000.000 € 500.000 € 487.615 € 0 € 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: OP für PLE (2000-2006 und 2007-2013) Madeira und GD Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (2010): Study on Employment, Growth and Innovation in Rural Areas (SEGIRA); Brüssel Bei den aus dem ELER geförderten Maßnahmen machen die Zahlungen zugunsten der Landwirtschaft in Berggebieten den mit Abstand größten Posten aus. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf Agrarumweltzahlungen. 4.4.3.1. Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Die Lorbeerwälder Madeiras sind die Ökosysteme der Inselgruppe, die am stärksten durch den Klimawandel und insbesondere eine Änderung der Intensität der nördlichen Passatwinde gefährdet sind. Einige der auf der Insel vertretenen Pflanzenarten, die bislang unbedenklich waren, könnten vom Klimawandel, der für ihr Wachstum optimale Bedingungen schafft, begünstigt werden. Sie beginnen sich rasch auszubreiten und gegenüber den ursprünglichen Wäldern an Boden zu gewinnen. Auch Veränderungen in den Zuggewohnheiten einiger der auf der Inselgruppe vertretenen Vogelarten wurden unlängst beobachtet. So verbringen beispielsweise einige Fahlsegler 103 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik (Apus pallidus) nunmehr das ganze Jahr in Madeira und ziehen nicht mehr im Herbst nach Afrika. Andere Vögel machen sich später auf den Weg in ihre Winterquartiere oder kehren früher zurück. Die laufende Programmplanung des EFRE sieht nur eine geringe Förderung dieses Aspekts in Madeira vor. 4.4.3.2. Auswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme und die Fischerei Eine Ursache für das in den letzten Jahren zu beobachtende Auftreten und/oder die Zunahme von verschiedenen Warmwasserarten rund um Madeira könnte in der allmählichen Erwärmung des Wassers infolge des Klimawandels liegen115. Eine fortschreitende Erwärmung kann dazu führen, dass weitere tropische Fischarten auftauchen und sich rund um die Inselgruppe ansiedeln116. Darüber hinaus werden die Tiefseekorallen des Archipels durch die Übersäuerung der Ozeane gefährdet. Küsten- und Meeresökosysteme werden nicht ausdrücklich durch die Regionalpolitik gefördert und auch der EEF sieht keine Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels vor. 4.4.3.3. Auswirkungen auf Gesundheit und Fremdenverkehr Im Jahr 2004 gab es erste Meldungen über das Auftauchen der Ägyptischen Tigermücke (Aedes aegypti) in Madeira. Die Mücke, die mancherorts auch als „St. Lucia-Mücke“ bezeichnet wird (nach dem Ort, wo sie erstmalig entdeckt wurde), gehört zu den Überträgern von Dengue- und Gelbfieber. Es wurden Mittel zur Ausrottung dieser Art sowie zur Abschwächung der Ausbreitung der Mücken-Populationen bereitgestellt. Trotz aller Bemühungen findet die Mücke jedoch günstige klimatische Bedingungen, um sich anzusiedeln und zu vermehren, sodass sie zu einem großen Problem für die betroffene Bevölkerung geworden ist. Ein Mückenstich verursacht akute Hautreaktionen und mehrere hundert Menschen waren bereits auf medizinische Hilfe und das Eingreifen lokaler Gesundheitsbehörden angewiesen. Angesichts des Ausmaßes des Problems wurde eine gebührenfreie Hotline eingerichtet, an die sich Menschen mit ihren Fragen wenden können. Die Mücken-Population ist bislang nicht mit Viren infiziert, doch da Madeira ein Fremdenverkehrsziel ist und viele Einwanderer aus südamerikanischen Ländern sowie aus Südafrika verzeichnet, ist die Gefahr der Einschleppung von Krankheiten wie Dengue- oder Gelbfieber hoch. Das Auftauchen der Überträgerart dieser tropischen Erkrankungen in Verbindung mit den zunehmend günstigeren Klimabedingungen könnten Maßnahmen zur Anpassung der Gesundheitspolitik notwendig machen117. Die Regionalpolitik Madeiras befasst sich in vielfältiger Weise mit dem Fremdenverkehr, wobei es jedoch fast ausschließlich um die Verbesserung der Infrastruktur und den Ausbau der Tourismustätigkeiten geht (wodurch wiederum klimawandelrelevante Emissionen beträchtlich erhöht werden). Im Fremdenverkehrsbereich konzentrieren sich die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Unterstützung der Anpassung an diesen Wandel auf Verbesserungen der Wasser- und Abwasserbehandlung. Lediglich 2 % des EFRE-Haushalts werden für die Gesundheitsinfrastruktur und öffentliche Dienstleistungen (wie elektronische Gesundheitsdienste) aufgewendet. 115 116 117 Wirtz et al., 2008. Wirtz et al., 2008. Santos und Aguiar, 2006. 104 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Kasten 8: Erfolgsgeschichte: Der Kohäsionsfonds als Hebel für die nachhaltige Entwicklung der Gebiete in äußerster Randlage ERFOLGSGESCHICHTE Der Kohäsionsfonds als Hebel für die nachhaltige Entwicklung der Gebiete in äußerster Randlage Die Inselregionen der EU in äußerster Randlage, einschließlich der Autonomen Region Madeira (ARM) sind - was die Förderung ihrer nachhaltigen Entwicklung anbelangt - in hohem Maße von ihrer Zugänglichkeit abhängig. Eingedenk dieser Tatsache leistet die EU finanzielle Unterstützung für den Bau und die Modernisierung der Infrastrukturen dieser Regionen. Dabei spielt der Kohäsionsfonds eine besonders herausragende Rolle, wie dies unlängst beim Ausbau des internationalen Flughafens von Madeira deutlich wurde. Für eine abgelegene Insel wie Madeira sind Hafeninfrastrukturen als Plattform für einen regelmäßigen Güterverkehr und als Träger für die Entwicklung des Fremdenverkehrs besonders wichtig. Die allgemeine Entwicklung der Region in den vergangenen Jahrzehnten hat zu einer Zunahme des Schiffsverkehrs, und zwar sowohl des Güter- als auch des Personenverkehrs, und damit zur Überlastung des Hafenbetriebs und zu Konflikten zwischen den verschiedenen Verkehrsträgern geführt, infolgedessen sich die Qualität und die Wettbewerbsfähigkeit der Dienstleistungen allgemein verschlechtert haben. Die Regionalbehörden beschlossen die Entwicklung einer Lösung als Teil eines integrierten und langfristigen Entwicklungsplans für die Hafeninfrastrukturen in Madeira. Ziel ist es, den Hafen in Caniçal in einen Handelshafen umzuwandeln, der groß genug ist, um die gegenwärtigen und zukünftigen Handelsströme abzuwickeln. Gleichzeitig soll Freiraum für den Hafen in Funchal geschaffen werden, sodass man sich dort auf Fremdenverkehrsaktivitäten konzentrieren kann. Durch die Vollendung der Hafenprojekte wird Madeira seine Logistikkette optimieren und stärker verknüpfen können und so eines der grundlegenden Ziele der EU verwirklichen: die Stärkung seines wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts zum Wohle seiner Bürger. Der Hafen von Madeira liefert ein Beispiel für eine Strategie zur Abschwächung des Klimawandels, die zur Steigerung der Effizienz der lokalen Häfen und damit zur Senkung der Treibhausgasemissionen infolge einer Hafenüberlastung führen wird. Durch einen besseren und örtlich konzentrierten Zugang für Touristen wird ein Beitrag zur Erhöhung der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit der Region geleistet, aber auch zur effizienteren Gestaltung der öffentlichen Verkehrsanbindung des Hafens. • Gesamtkosten: 73,5 Mio. EUR • EU-Beitrag: 42,6 Mio. EUR 4.4.3.4. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Wie oben dargelegt, leistet die Regionalpolitik nur einen begrenzten Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels in Madeira. Allerdings werden im Rahmen des EFRE verschiedene Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energiequellen und nachhaltiger Verkehrssysteme durchgeführt. 105 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Kasten 9: Erfolgsgeschichte: Umweltfreundliche Verkehrsmittel Herzen und Köpfe der Menschen in Madeira gewinnen die ERFOLGSGESCHICHTE Umweltfreundliche Verkehrsmittel gewinnen die Herzen und Köpfe der Menschen in Madeira Die Bewohner und Besucher von Funchal auf Madeira profitieren von hohen Standards auf allen Gebieten, von hochwertigen Unterkünften bis zu einem verlockenden Angebot an Geschäften, Restaurants und Bars mit konkurrenzfähigen Preisen und das alles in einer vorzugsweise unverbauten natürlichen Umgebung. Die Notwendigkeit, eine hochwertige Umwelt mit modernen und schicken Handelseinrichtungen zu kombinieren, macht Madeira zu einem idealen Ort für umweltfreundliche öffentliche Verkehrsmittel. Inzwischen können sich alle an der Erweiterung des innerstädtischen Verkehrssystems freuen, wo mit modernster umweltfreundlicher Technologie ausgestattete, komfortable, leise und benutzerfreundliche Busse für die Verbesserung der Luftqualität und der Verkehrssituation sorgen. Die Stadtverwaltung von Funchal verfolgt eine langfristige Verkehrsstrategie, die in den 1980er Jahren eingeleitet wurde, jedoch unlängst aktualisiert wurde, um die umweltfreundlichsten Technologien zu berücksichtigen. Geschäftstätigkeiten und Fremdenverkehr nehmen auf der Insel gleichermaßen zu; die Stadt ist für alle zugänglich und in Werbematerial für den Fremdenverkehr wird zunehmend auf die Busse verwiesen, um der Attraktivität der Insel Ausdruck zu verleihen. Die Busse können dank ihrer Niedrigflureinstiege und Rollstuhlplätze leicht von behinderten Personen benutzt werden. Sie sorgen für weniger Verkehrsstaus und ihr Beitrag für eine saubere Luft rund um das Stadtzentrum wird allgemein begrüßt. Auch wenn für die Elektrobusse in Funchal Strom erzeugt werden muss, halten sie die Spitze unter den kohlenstoffemissionsarmen Verkehrsmitteln. Ihr Erfolg beruht auf der Leistungskraft der so genannten Zebra-Batterien, die erst noch ganztägigem Einsatz wiederaufgeladen werden müssen. Funchal ist die zweite europäische Stadt nach Lucca in Italien, die diese Technologie in ihr öffentliches Verkehrssystem integriert hat. Während bei anderen umweltfreundlichen Technologien Kompromisse hinsichtlich der praktischen Tauglichkeit eingegangen werden müssen, bieten die vier Elektrobusse in Funchal eine hohe Leistungsfähigkeit, die sämtlichen Standards gerecht wird. Sie erreichen eine Geschwindigkeit von bis zu 33 km/h, die für Fahrten innerhalb des Stadtzentrums völlig ausreicht, und können 22 Passagiere aufnehmen. Alles in allem also ein großartiges Beispiel für grünes Stadtleben im 21. Jahrhundert. Umweltfreundliche Verkehrsmittel in Madeira sind ein Beispiel für ein auf die Abschwächung des Klimawandels ausgerichtetes Programm. Die Verbesserung des Zugangs zu öffentlichen Verkehrsmitteln führt zu einer Verringerung der durch Fahrzeuge verursachten THGEmissionen und durch die Investition in batteriebetriebene Busse wird dieser Nutzen noch verstärkt und ein Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels geleistet. • EU-Beitrag (EFRE): 459 000 EUR 106 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die folgende Tabelle vermittelt einen Überblick über Klimaschutzmaßnahmen in Madeira für den Programmplanungszeitraum 20072013. Eine genauere Beschreibung der politischen Maßnahmen ist Anhang 2 zu entnehmen. Ökosysteme/Artenvielfalt Anpassung an EFRE: Nur ca. 3 % des EFRE-Haushalts den Klimawandel sind für Naturschutzmaßnahmen vorgesehen. ELER: Es erfolgen vorrangig Ausgleichszahlungen für die Landwirtschaft in benachteiligten Gebieten und nur zu einem geringen Teil für die Erhaltung des ländlichen Erbes. Fremdenverkehr/Gesundhe it Energie/Verkehr EFRE: Unterstützung für Infrastruktur und den Ausbau von Tourismusaktivitäten (und damit beträchtliche Erhöhung von klimawandelrelevanten Emissionen). Die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels im Bereich des Fremdenverkehrs, mit denen auch ein Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel geleistet wird, bestehen in Verbesserungen der Wasser- und Abfallbehandlung. Abschwächung des Klimawandels EFRE: Wasserversorgung sowie Wasserbehandlung und Abfallbewirtschaftung, aber auch Verbesserung der HafenInfrastruktur. ELER: Bietet auch kleinere Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und/oder zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion an den Klimawandel. EFRE: Förderung von erneuerbaren Energiequellen sowie von nachhaltigen Verkehrssystemen. ELER: Die Unterstützung hat einen geringen Umfang und erstreckt sich auf den Kapazitätsausbau (Schulung und Beratungsdienste), Agrarumweltmaßnahmen, Aufforstung und Diversifizierung landwirtschaftlicher Tätigkeiten (erneuerbare Energie). 107 Wasser/Abfall Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 4.5. Amazonasgebiet Klimawandel im Amazonasgebiet IPCC-Prognosen zufolge könnten die durchschnittlichen Jahrestemperaturen in FranzösischGuayana im Zeitraum von heute bis zum Ende des Jahrhunderts um 3,3 °C steigen [2,6 bis 3,7], mit dem deutlichsten Zuwachs von 3,5 °C [+2,7 bis +3,9] im Juni-Juli-August. Französisch-Guayana erwärmt sich schneller als die Karibik, weil sich Kontinente aufgrund ihrer geringeren Wärmeträgheit schneller erwärmen als Ozeane. Auch bei den Niederschlagsmengen werden Veränderungen erwartet, wobei von einer Zunahme des Niederschlags um 4 % [+0 bis +1] in den Monaten Dezember-Januar-Februar und einer Verringerung des Niederschlags um 3 % [-10 bis +2] in den trockeneren Monaten Juni-Juli-August ausgegangen wird118. 4.5.1. Französisch-Guayana Sozioökonomische Verhältnisse (Landwirtschaft, Fischerei, Fremdenverkehr, sonstige wichtige Wirtschaftszweige), Demografie Bevölkerung 230 000 Einwohner (2005) Fläche 86 504 km² Bevölkerungsdichte 2,7 Einwohner/km² BIP/Einwohner 11 935 EUR (2006) Arbeitslosenquote 24,5 % (2004) Wirtschaftliche Tätigkeiten Raumfahrtindustrie, staatliche Beihilfen Französisch-Guayana ist ein französisches Überseeterritorium nördlich von Brasilien. Es ist das einzige europäische Territorium in Südamerika und die einzige EU-Region in äußerster Randlage auf diesem Kontinent. Mit einer Fläche von 86 504 km² entspricht es der Fläche von Portugal. In Französisch-Guayana herrscht Äquatorialklima mit Durchschnittstemperaturen von 27 °C und einer Luftfeuchtigkeit von 70 bis 90 %. Die 230 000 Einwohner zählende Bevölkerung von Französisch-Guayana ist äußerst multikulturell und setzt sich wie folgt zusammen: aus Kreolen, indigenen Ureinwohnern (Indios), Maroons, Einwanderern aus dem französischen Mutterland, Hmongs, Chinesen, Libanesen usw. Die Bevölkerungsdichte ist mit 2 Einwohnern pro km² sehr gering, wohingegen das Bevölkerungswachstum mit 3,8 % sehr hoch ist. Die Wirtschaft von Französisch-Guayana ist weitgehend abhängig von Beihilfen aus dem französischen Mutterland und von der Raumfahrtindustrie. Die Arbeitslosenquote ist mit 24,5 % eine der höchsten in Europas Überseegebieten. 118 IPCC, 2007. 108 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Quelle: http://europa.eu/abc/maps/regions/france/mer_de.htm Auf Klimaprognosen basierende Ökosystem-Modellanalysen zeigen für Französisch-Guayana besonders deutlich, dass ein Rückgang der Niederschlagsmengen zu einer potenziellen Verringerung der Primärproduktivität der Tropenwälder führen kann119. Hochauflösende Satellitenbilder weisen auf deutlich höhere Niederschlagsmengen über entwaldeten Gebieten und auf einen Wandel der Niederschlagsmuster für die gesamte Region hin.120 Zu den größten Bedrohungen für die Ökosysteme Französisch-Guayanas gehören die Fragmentierung des Landes durch Straßen, illegales Goldwaschen und Wilderei. Im Vergleich zu anderen Waldgebieten Südamerikas ist der Straßenausbau im Departement Guayana allerdings noch nicht weit fortgeschritten. So sind der Waldbewirtschaftung mangels Zugangsmöglichkeiten Grenzen gesetzt. Durch die Erschließung von Straßen wird die illegale Jagd auf geschützte Tierarten wie den Halsbandpekari (Pecari tajacu), Arten des Roten Klammeraffens (Ateles sp.) oder den Jaguar (Panthera onca) erleichtert. Auch handwerkliche und industrielle Goldwäscherei hat zur örtlichen Zerstörung von Forst-Lebensräumen sowie zu einer erheblichen Verunreinigung der Flüsse und des Grundwassers mit Quecksilber (das zur Goldextraktion genutzt wird) und Abfallschlamm geführt. Goldwäscherei und insbesondere das illegale Goldwaschen, wird an allen großen Flüssen in Französisch-Guayana und sogar an jenen betrieben, die durch den Nationalpark führen. Die aktuelle Regionalpolitik - mittelfristige Tendenzen Etwa ein Drittel der im Programmplanungszeitraum 2000-2006 bewilligten Mittel in Höhe von 233 Mio. EUR wurden für die Bekämpfung des Klimawandels verwendet. Im laufenden Planungszeitraum (2007-2013) erfolgt eine präzisere Zuweisung der Mittel zur Bekämpfung des Klimawandels, was sich in einer detaillierteren Aufschlüsselung der Maßnahmen widerspiegelt. Wie Abbildung 25 zu entnehmen ist, wurde nicht einmal ein Viertel der 305 Mio. EUR des EFRE-Haushalts für klimawandelbedingte Sanierungsmaßnahmen verwendet, während der größte Teil für Häfen und Wasserbewirtschaftung eingesetzt wurde, die als Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel eingestuft werden können. Wie auch auf den Azoren und Madeira werden in Französisch-Guayana nur in sehr begrenztem Maße regionalpolitische Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels durchgeführt. Im Vergleich zu den EFRE-Mitteln fällt die Unterstützung der Bekämpfung des Klimawandels aus der zweiten Säule der GAP für Französisch-Guayana noch geringer aus. Im vorangegangenen Programmplanungszeitraum wurden durchschnittlich ca. 283 000 EUR (EUBeitrag) pro Jahr im Rahmen des PLE aufgewendet, wobei bis 2006 ein stetiger Anstieg (406 000 EUR) und im laufenden Planungszeitraum eine recht rasante Aufstockung des Programms (mit einem deutlichen Anstieg der Finanzierungsmittel auf mehr als 1 Mio. EUR 119 120 Cox, 2004. Chagnon, 2004. 109 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik im Jahr 2009) zu verzeichnen waren. Da in Französisch-Guayana kaum intensive Agrarerzeugung betrieben wird, fällt die Unterstützung durch die Säule 1 der GAP mit 4,9 Mio. EUR pro Jahr (EU-Beitrag) zwischen 2004 und 2009 sehr viel geringer als in den übrigen Regionen in äußerster Randlage aus. Abbildung 25: EFRE-Haushalt 2007-2013 für klimawirksame Maßnahmen in Guayana y 1,07% 8,52% 2,13% Services and applications for citizens (e‐ health, e‐government, e‐learning, e‐ inclusion, etc.) Ports 4,92% 2,64% 2,62% Energy efficiency, co‐generation, energy management Management and distribution of water (drink water) 78,11% ‐ Other measures Management of household and industrial waste Water treatment (waste water) Quelle: OP EFRE für Guayana - thematische Aufteilung durch die GD Regionalpolitik (2008): The Potential of Regional Policy Instruments 2007-2013 to Contribute to the Lisbon and Göteborg Objectives for Growth, Jobs and Sustainable Development; Brüssel Legende: Dienste und Anwendungen für Bürger (elektronische Gesundheitsdienste, E-Government, E-Learning, digitale Integration usw.) - Häfen - Energieeffizienz, Kraft-Wärme-Kopplung und Energiemanagement Wasserbewirtschaftung und –verteilung (Trinkwasser) - Management von Haushalts- und Industrieabfällen Wasserbehandlung (Abwasser) Abbildung 26: Jährlicher Betrag aus Säule 2 für Guayana 1.200.000 € 1.031.997 € 1.000.000 € 800.000 € 600.000 € 406.775 € 400.000 € 338.445 € 200.000 € 144.045 € 0 € 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Quelle: OP des PLE (2000-2006 und 2007-2013) Guayana und GD Landwirtschaft und regionale Entwicklung (2010): Study on Employment, Growth and Innovation in Rural Areas (SEGIRA); Brüssel 110 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 4.5.1.1. Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Höhere Temperaturen und nachlassende Niederschlagsmengen in der Trockenzeit werden aller Wahrscheinlichkeit nach zu längeren und schwereren Dürreperioden im Amazonasgebiet und damit zu einer Austrocknung der tropischen Wälder führen. Unter solchen Bedingungen wird auch die Gefahr von Waldbränden deutlich zunehmen121. Aus mehreren Studien geht bereits hervor, dass sich die Zahl der Brände in der Region infolge der veränderten Klimabedingungen signifikant erhöht hat122. Darüber hinaus haben auf Klimaprognosen basierende Ökosystem-Modellanalysen einen potenziellen Rückgang der Produktivität der tropischen Wälder, d. h. der Menge an gebundenem Kohlenstoff, als Folge des nachlassenden Niederschlags ergeben. Dieser Rückgang könnte spürbare Auswirkungen auf den globalen Kohlenstoffkreislauf haben123. So könnte sich der gegenwärtige Zustand des Amazonasgebiets infolge des Klimawandels verändern. Der Amazonaswald beherbergt hochspezialisierte Pflanzen- und Tierarten mit einer mitunter sehr begrenzten geografischen Streuung. In einer neueren wissenschaftlichen Studie wurde die räumliche Verteilung von 69 Arten von Angiospermen vor dem Hintergrund von IPCCKlimaprognosen für den Zeitraum bis zum Ende des Jahrhunderts untersucht. Es wurde eine Karte der potenziellen Verteilung dieser Arten entworfen, wobei die für ihre Keimung, ihr Wachstum und ihr Überleben notwendigen Temperatur- und Niederschlagsbedingungen berücksichtigt wurden. Dabei ergab sich, dass 43 % der untersuchten Arten ihre Lebensfähigkeit bis zum Jahr 2095 aufgrund einer radikalen Veränderung ihrer räumlichen Verteilung im Ergebnis von Temperatur- und Niederschlagsänderungen einbüßen würden. Unter den prognostizierten klimawandelbedingten Veränderungen hätte diese Arten keine Räume mehr, in die sie abwandern könnten bzw. ihre neue räumliche Verteilung wäre zu weit von ihren derzeitigen Lebensräumen entfernt, um die Abwanderung möglich zu machen. Am stärksten betroffen werden Pflanzen mit einer begrenzten räumlichen Verteilung und einem kurzen Lebenszyklus sein124. Diese Studie zeigt sehr deutlich die Komplexität der Ökosysteme des tropischen Waldes und dass die äußerst angepassten Arten nicht dauerhaft in der Lage sein werden, sich den - wenn auch nur geringen - Veränderungen der klimatischen Bedingungen anzupassen.125 Brasilianischen Forschern zufolge könnte sich das Amazonasgebiet bis zum Jahr 2100 in eine Savannenlandschaft verwandeln. Im Verlauf des Jahres 2005 waren die Oberflächentemperaturen des tropischen Nordatlantiks besonders hoch, was zur Bildung eines Tiefdruckgebiets über diesem Bereich führte. Dieses Tiefdruckgebiet veränderte die Windverhältnisse über dem gesamten Amazonasgebiet, sodass es zu einem deutlichen Rückgang der Niederschlagsmengen kam, was wiederum zur schwersten Dürre führte, die jemals in der Region beobachtet wurde. Flüsse trockneten aus und tausende Quadratkilometer Waldfläche brannten ab, wodurch 100 Mio. Tonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wurden.126 Ein dauerhafter Anstieg der Temperaturen des Atlantischen Ozeans, so wie er im Jahr 2005 beobachtet wurde, könnte tiefgreifende Auswirkungen auf den Amazonaswald haben. In einer in Brasilien durchgeführten Studie wurden die Auswirkungen des Klimawandels auf den Amazonaswald unter Zugrundelegung von IPCC-Prognosen untersucht. Die Ergebnisse sind alarmierend. Im schlimmsten vom IPCC angenommenen Fall könnte ein Temperaturanstieg von 5 bis 8 Grad in Verbindung mit einem Niederschlagsrückgang um 15 % die Landschaft des Amazonasgebiets in eine 121 122 123 124 125 126 Nepstad et al., 2004. Cochrane, 2003. Cox et al., 2004. Miles, 2004. Woodward, 2004. Marengo, 2008. 111 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Savannenlandschaft verwandeln.127 Die Folgen wären beträchtlich, nicht nur für die Artenvielfalt dieser Region sondern auch für den globalen Kohlenstoffkreislauf. Veränderte klimatische Bedingungen in der Region werden sich zweifellos auf die Landwirtschaft auswirken. Durch weniger Niederschläge in den kritischen Monaten könnten sich die Ernteerträge verringern und Schädlinge leichter ausbreiten. Angesichts dieser Entwicklung und der Notwendigkeit, die Bevölkerung zu ernähren, werden weitere Flächen benötigt, was wiederum den Prozess der Entwaldung beschleunigt.128 Die Ergebnisse wissenschaftlicher Forschung zeigen, dass eine Verkürzung der ZuckerrohrVegetationsperiode in Französisch-Guayana zu einer Beschleunigung der Reifung und einer Ertragsminderung um 29,8 % bei einem doppelt so hohen CO2-Ausstoß führen würde.129 In St. Kitts und Nevis wären die klimatischen Bedingungen zu trocken für vom Regen abhängige Landwirtschaft, wodurch sie wirtschaftlich unrentabel würde, während die Produktivität in St. Vincent und den Grenadinen um 20 % zurückgehen würde.130 Trotz dieser Szenarien wurden aus dem EFRE-Haushalt nur geringe Mittel zur Förderung des Naturschutzes und/oder zum Schutz natürlicher Ressourcen und damit zur Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme an den Klimawandel aufgewendet. 4.5.1.2. Auswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme und die Fischerei Der Studie „Gebiete in äußerster Randlage“ der Policy Research Corporation zufolge sind ca. 45 % der Küstenstreifen von Französisch-Guayana gegenwärtig von Erosion betroffen. Trotzdem wurden nur sehr wenige regionalpolitische Initiativen zur Förderung von Maßnahmen ergriffen, um dieser Entwicklung entgegenzuwirken. 4.5.1.3. Auswirkungen auf den Fremdenverkehr und die Gesundheit Wie bereits gezeigt, können extreme Klimabedingungen, die gelegentliche Hochwasser verursachen, zur seuchenartigen Ausbreitung von durch Insekten übertragenen Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber sowie auch anderer Infektionskrankheiten wie Cholera oder Meningitis führen.131 Seit den 1960er Jahren nehmen die Fälle von Dengue-Fieber in Französisch-Guayana zu.132 Das EFRE-Programm Französisch-Guayanas enthält einige Initiativen zur „Entwicklung von Potenzialen für hohe Wertschöpfung und Innovation“: Zur Bekämpfung (immer wieder) aufflammender tropischer Krankheiten (wie z. B. Dengue-Fieber, Malaria und durch Arboviren übertragener Krankheiten) müssen die Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft vorangetrieben und die Forschung im Biotechnologiebereich gefördert werden. Die Maßnahmen umfassen die Gesundheitsüberwachung, die Forschung zur Lokalisierung und Verfolgung des Ausbruchs tropischer Krankheiten sowie auch die Einrichtung von Laboratorien und Kliniken, die in den Fachbereichen Virologie, Immunologie und Epidemiologie tätig sind. Da Französisch-Guayana kein hoch entwickeltes Fremdenverkehrsziel darstellt, werden diese Initiativen nur in geringem Maße gefördert - gleiches gilt für Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels im Fremdenverkehrsbereich. 127 128 129 130 131 132 Marengo, 2006. WWF, 2007. Nepstad, 2004. UNFCC 2005. ONERC 2006. Gagnon, 2001. 112 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Kasten 10: Erfolgsgeschichten: Zum Wohle von Wasser und Wildnis und das Schildkröten-Schutzgebiet ERFOLGSGESCHICHTEN Zum Wohle von Wasser und Wildnis Das Naturschutzgebiet Kaw-Roura, dessen ökologische Bedeutung seinem breiten Spektrum an Ökosystemen und der großen Vielfalt der darin beheimateten Arten entspringt, umfasst eine Fläche von 94 700 Hektar. Zu den Ökosystemen des Naturschutzgebiets gehören Mangrovenwälder in Küsten- und Mündungsbereichen, küstennahe Moorlandschaften (das Moorgebiet von Kaw) und Bergwälder. Die größten Siedlungen sind Roura und Kaw, die beide knapp außerhalb des Naturschutzgebiets liegen. Fremdenverkehr, Fischfang und Jagd stellen wichtige Einkommens- und Lebensmittelquellen für die örtliche Bevölkerung dar und diese Tätigkeiten sind in einigen Teilen des Naturschutzgebiets erlaubt. Die Einheimischen haben touristische Aktivitäten wie Fahrten in Einbaumkanus erschlossen und bieten den Gästen auch Unterkunft und Verpflegung an. Dank der EU-Mittel verfügt das Naturschutzgebiet heute auch über ein neues Verwaltungs- und Besucherzentrum, wodurch sich die Möglichkeiten für Besucher und Wissenschaftler verbessert haben. Durch das Zentrum können auch ehrgeizigere politische Maßnahmen zur Umwelterziehung auf den Weg gebracht und die touristische und kulturelle Attraktivität des Gebiets erhöht werden. In dem Naturschutzgebiet sind gegenwärtig vier Wächter und ein Leiter beschäftigt. • Gesamtkosten: 228 675 EUR • EU-Beitrag: 152 450 EUR Schildkröten: Beobachten, nicht stören Im äußersten Westen von Französisch-Guayana, zwischen den Mündungen der Flüsse Maroni und Organabo, liegt mit Amana ein außergewöhnlicher und vermutlich einzigartiger Naturfleck. Um diesen zu schützen und bekannt zu machen, haben ihn die Behörden des Departements zum Naturschutzgebiet erklärt. Die Strände des Schutzgebiets Amana beheimaten die Hälfte aller auf der Erde lebenden Lederschildkröten. Im Jahr 1997 kamen auf dem Höhepunkt der Legezeit 400 Lederschildkröten hierher, um auf einer Strandlänge von drei Kilometern ihre Eier abzulegen. Das Gebiet, das mit seinen Mangrovenwäldern und Lagunen eine Fläche von ca. 17 000 Hektar ausmacht, wurde 1996 zum Naturschutzgebiet erklärt. Im Jahr darauf floss ein Beitrag aus dem EFRE in das Projekt. Im Rahmen der Gemeinschaftsinitiativen Envireg und Regis unterstützte die EU den Schutz dieses Gebiets durch die Kofinanzierung eines Abfall- und Abwasserbewirtschaftungssystems sowie des Baus von Parkplätzen und gastronomischen Einrichtungen. Durch das Naturschutzgebiet wurden direkt und indirekt Arbeitsplätze geschaffen, wenngleich die Organisatoren keinen Massentourismus erzeugen wollen. Das Bestehen des Naturschutzgebiets ist aus mehreren Gründen wichtig: Die eingeborenen Indios leben zu einem gewissen Grad von der Jagd und dem Fischfang im Schutzgebiet. Teile des Schutzgebiets sind für einen kontrollierten grünen Tourismus zugänglich. Lokale Organisationen und der World Wildlife Fund (WWF) führen Forschungsarbeiten und -maßnahmen zum Schutz von fünf Arten im Schutzgebiet lebender Meeresschildkröten durch. Teil der Kampagne sind auch öffentliche Sensibilisierungsmaßnahmen; diese werden im Ergebnis der Einrichtung des Schutzgebiets fortgesetzt und intensiviert. Diese Erfolgsgeschichte aus Französisch-Guayana ist ein Beispiel für ein Programm, dessen Hauptschwerpunkt auf der Anpassung an den Klimawandel liegt. Durch den Schutz natürlicher Lebensräume werden künftige Generationen die lokalen Gegebenheiten erleben und davon lernen können. • Gesamtkosten: 0,5 Mio. EUR • EU-Beitrag: 76 000 EUR 113 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Die nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die klimawandelrelevanten Maßnahmen in Französisch-Guayana im Programmplanungszeitraum 2007-2013. Eine genauere Beschreibung der politischen Maßnahmen ist Anhang 2 zu entnehmen. Ökosysteme/Artenvielfalt Anpassung an den Klimawandel EFRE: Der Regionalpark von Guayana (PNRG) und der Amazonaspark von Guayana (PAG) wurden eingerichtet, um die Umwelt zu schützen und die Entwicklung örtlicher Wirtschaftstätigkeiten zu fördern. Fremdenverkehr/Gesundheit Energie/Verkehr EFRE: Initiativen zur „Entwicklung von Potenzialen für hohe Wertschöpfung und Innovation“ (Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft und Förderung der Forschung im Biotechnologiebereich) EFRE: Versorgung mit Trinkwasser ELER: Zahlungen an Landwirte in Berggebiete zum Ausgleich naturbedingter Nachteile Unterstützung für die Verbesserung der Infrastruktur sowie für die Wiederherstellung und den Schutz von Ökosystemen Abschwächung des Klimawandels EFRE: Technologien, mit denen die Folgen von Materialkorrosion und -zersetzung infolge der Einwirkung von Feuchtigkeit, Hitze, Sonne und Meeresluft verringert werden sollen Unterstützung im Bereich Wissensaufbau und Innovation zur Verbesserung der Energieinfrastruktur (erneuerbare Energie) ELER unterstützt Kapazitätsaufbau und nachhaltige Verfahren in Land- und Forstwirtschaft sowie die Erzeugung erneuerbarer Energie 114 Wasser/Abfall Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage 5. ZUSAMMENFASSUNG UND EMPFEHLUNGEN SCHLÜSSELERKENNTNISSE • Der Klimawandel dürfte sich auf die Regionen in äußerster Randlage sehr unterschiedlich auswirken, wobei die Auswirkungen auf die Artenvielfalt, die Landwirtschaft, den Fremdenverkehr und die Gesundheit allen Regionen gemein sein werden. • Zur Bewältigung dieser klimawandelbedingten Effekte werden zwei regionalpolitische Strategien verfolgt: Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und Maßnahmen zu seiner Abschwächung. Zu den in fast allen Regionen in äußerster Randlage umgesetzten Anpassungsmaßnahmen gehören die (Ab-)Wasserbewirtschaftung, der Aufbau von technischen Infrastrukturen zum Schutz vor extremen Wetterereignissen, der Schutz des Naturerbes und Investitionen in die Einrichtungen im Sozial-und Gesundheitsbereich. Ziel der andererseits durchgeführten Abschwächungsmaßnahmen sind der Ausbau der Erzeugung erneuerbarer Energie, während gleichzeitig der Energieverbrauch durch die Änderung des Verkehrsmixes, die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen und durch Investitionen in Sensibilisierungsmaßnahmen verringert werden soll. • Die Studie zeigt, dass der Hauptschwerpunkt der regionalpolitischen Maßnahmen der EU auf der defensiveren Strategie, d. h. den Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel liegt. • Die Studie gelangt zu dem Ergebnis, dass die kohäsionspolitischen Investitionen in den Regionen in äußerster Randlage in diesem Bereich insbesondere mit Blick auf die Klimaschutzpriorität der EU-2020-Strategie recht begrenzt und daher in Zukunft ausbaufähig sind. In dieser Studie werden die Auswirkungen des Klimawandels in den EU-Regionen in äußerster Randlage analysiert und die Maßnahmen zu deren Bekämpfung im Rahmen der EURegionalpolitik dargelegt. Maßnahmen wurden in den folgenden Bereichen ermittelt: • Artenvielfalt und Landwirtschaft • Fremdenverkehr und Gesundheit • Anpassung an den Klimawandel • Abschwächung des Klimawandels Die größten Gefahren des Klimawandels für die Regionen in äußerster Randlage gehen von den veränderten klimatischen Bedingungen (Temperatur, Niederschlag), Veränderungen in der Höhe des Meeresspiegels und der Meerestemperatur sowie extremen Wetterbedingungen (Wirbelstürme) aus. Außerdem können Dominoeffekte mit Einfluss auf das Wetterverhalten auftreten (Änderung von Windrichtungen und Meeresströmungen). Diese Veränderungen werden sich auf die Regionen in äußerster Randlage unterschiedlich auswirken, doch werden einheitlich für alle Regionen die folgenden Phänomene erwartet: In allen Regionen in äußerster Randlage ist die Artenvielfalt durch den Klimawandel bedroht. Dies ist insofern besonders problematisch, als es sich bei allen betreffenden Regionen um Inseln mit einer jeweils hochsensiblen und einzigartigen Zusammensetzung von Flora und Fauna handelt. Die durch die Tätigkeit des Menschen und den Wettbewerb um Land als einem Multiplikationsfaktor ohnehin schon unter Druck stehende Artenvielfalt wird im Spannungsfeld des Klimawandels einen drastischen Rückgang in diesen Regionen erleiden. Auch die Meeresflora und -fauna ist von dieser Gefahr des Verlusts der Artenvielfalt 115 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik betroffen. Eine zusätzliche Bedrohung für viele Meeresarten stellen die Korallenbleiche und die Zunahme von Fremdenverkehrs- und Fischfangaktivitäten dar. Die Landwirtschaft wird den Klimawandel durch den Wassermangel und die Konfliktsituation bei der Bodennutzung zu spüren bekommen. Aber auch die üblicherweise zum Einsatz kommende Zusammensetzung der Nutzpflanzen könnte sich ändern, d. h. bestimmte Ackerpflanzen könnten verlorengehen. Erhebliche Auswirkungen werden im Fremdenverkehr und Gesundheitsbereich zu beobachten sein. Extreme Wetterereignisse und steigende Temperaturen werden die Attraktivität einiger Regionen in äußerster Randlange als Urlaubsorte schmälern, wodurch die Einnahmen dieser Regionen deutlich sinken werden. In Kombination mit dem Verlust an Artenvielfalt werden diese Klimaänderungen in einigen Regionen (insbesondere den Kanarischen Inseln und Madeira) eine Gefahr für den Fremdenverkehrssektor darstellen. Zudem wird der Fremdenverkehr auch von dem in einigen Regionen wachsenden Problem der Wasserversorgung betroffen sein. Im Gesundheitsbereich wird in fast allen Regionen die Gefahr von vektorübertragenen Krankheiten auf die Tagesordnung rücken. Abhilfe durch Anpassung Zur Anpassung werden in fast allen Regionen regionalpolitische Maßnahmen durchgeführt: in äußerster Randlage folgende • Wasserbewirtschaftung - Wasserbehandlung und Trinkwasserversor-gung; • Abfallbewirtschaftung - obgleich dies in vielen Fällen Abfallverbrennung bedeutet, wodurch der Klimawandel noch verstärkt werden könnte; • Errichtung von Infrastrukturanlagen zum Schutz vor extremen Wetterereignissen insbesondere in Bezug auf die Infrastruktur in Häfen; • Erhalt und Schutz des Naturerbes und Naturschutz - Errichtung Naturschutzgebieten, Vorgaben für den Umgang mit natürlichen Ressourcen; • Investitionen in Sozialinfrastrukturen - Gesundheitsinfrastruktur zur Bekämpfung der negativen Gesundheitsauswirkungen des Klimawandels. von Abhilfe durch Abschwächung Zur Abschwächung werden in fast allen Regionen in äußerster Randlage folgende regionalpolitische Maßnahmen durchgeführt: • Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen - Aufbau einer Infrastruktur für Energie aus erneuerbaren Quellen; • Energieeffizienzmaßnahmen - Investitionen in neue energiesparende Technologien; • Verkehr - Förderung von Veränderungen beim Anteil der einzelnen Verkehrsarten mit einer Schwerpunktverlagerung auf öffentliche Verkehrsmittel; • allgemeine und berufliche Bildung - Schulung von Erwachsenen, damit sie klimawandelrelevanten Themen mehr Beachtung schenken und klimaschützende Technologien anwenden (insbesondere in der Landwirtschaft). Bei der Verteilung der Finanzmittel innerhalb der Regionalpolitik lässt sich feststellen, dass Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel weitaus stärker gefördert wurden als Maßnahmen zu seiner Abschwächung. Damit verfolgen die Regionen in äußerster Randlage und/oder deren Regierungen eine eher defensive Strategie gegenüber dem Klimawandel, was insofern nicht verwunderlich ist, als jede durchgreifende und offensive Maßnahme zur 116 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Bekämpfung des Klimawandels wichtige Wirtschaftssektoren dieser Regionen in unmittelbare Gefahr bringen würde. Das wirksamste Mittel gegen den Klimawandel wäre beispielsweise, sämtliche Tourismusaktivitäten mit ihren enormen ökologischen Fußabdrücken und Treibhausgasemissionen einzustellen. Da damit jedoch die Lebensader vieler dieser Regionen durchtrennt werden würde, kommt dies nicht als Option in Betracht. Obgleich die EU weniger Finanzmittel für Abschwächungs- als für Anpassungsmaßnahmen eingesetzt hat, sind diese tendenziell effektiver, da sie einen aktiven Ansatz verfolgen und die Menschen darin bestärken, selbst etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. So lässt sich feststellen, dass es einige vielversprechende regionalpolitische Initiativen zur Bekämpfung des Klimawandels gibt. Insbesondere im Bereich der erneuerbaren Energie und des Naturschutzes (einschließlich des nachhaltigen Tourismus) lassen sich gute Beispiele für sinnvoll eingesetztes EU-Geld finden. Der Anteil der Investitionen zur Bekämpfung des Klimawandels ist jedoch im Verhältnis zu den Gesamtausgaben im Rahmen der EU-Kohäsionspolitik eher gering. Dies wird umso deutlicher, betrachtet man die beträchtlichen Geldmittel, die für Tätigkeiten aufgewendet werden, mit denen die negativen Auswirkungen des Klimawandels noch verstärkt werden, z. B. die Förderung des motorisierten Individualverkehrs oder die Unterstützung für nicht nachhaltige Produktionsweisen, den Ausbau des Fremdenverkehrs und die Ausbeutung natürlicher Ressourcen dieser Regionen anstatt sie für künftige Generationen zu erhalten, denn diese Investitionen übersteigen bei Weitem jene zur Bekämpfung des Klimawandels. Im Sinne der EU-2020-Strategie für integratives und nachhaltiges Wachstum wäre den politischen Entscheidungsträgern zu empfehlen, die Zahl der Maßnahmen in den Regionen in äußerster Randlage zur Anpassung an den Klimawandel und insbesondere zu dessen Abschwächung zu erhöhen. Darüber hinaus sollte jedes aus den Struktur- und Kohäsionsfonds der EU finanzierte Projekt einem Klimawandel-Test unterzogen werden, bei dem die Nettoergebnisse des Projekts gegen seine Klimaauswirkungen abgewogen werden. Der stärkere Einfluss, den das Europäische Parlament mit dem Vertrag von Lissabon gewonnen hat, könnte seinen Mitgliedern - und insbesondere den Mitgliedern des Ausschusses für regionale Entwicklung - eine günstige Ausgangsposition dafür bieten, die Mitgliedstaaten und die Regionen in äußerster Randlage dabei zu unterstützen und darin zu bestärken, die regionalpolitischen Prioritäten zu überdenken und eine nachhaltige endogene Entwicklung in diesen Regionen zu fördern. 117 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 118 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage ANHANG A1 SOZIOÖKONOMISCHE VERHÄLTNISSE REGIONEN IN ÄUSSERSTER RANDLAGE IN DEN Guadeloupe Das BIP zu laufenden Marktpreisen von Guadeloupe hat zwischen 1998 und 2008 kontinuierlich zugenommen. Dennoch lag es ca. 22 % unter dem Durchschnitt der EU-27. Abbildung A1 1: BIP zu laufenden Marktpreisen 26.000 € 25.100 € 24.000 € Euro per inhabitant 22.000 € 19.500 € 20.000 € 18.000 € 17.000 € 16.000 € EU 27 14.000 € Guadeloupe 12.500 € 12.000 € 10.000 € 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Eurostat Zwischen 2002 und 2007 wies die sektorale Beschäftigungsstruktur beträchtliche Schwankungen auf. Während der Rückgang im Fremdenverkehr eher gemäßigt ausfiel, kamen die Beschäftigungsquoten im Baugewerbe und im verarbeitenden Gewerbe einer Achterbahnfahrt gleich. Nach einem Höhepunkt im Jahr 2006 ging die Beschäftigungsquote im Jahr 2007 wieder zurück. Im Hotel- und Gaststättengewerbe steigt die Rate seit 2006 wieder an. Abbildung A1 2: Entwicklung der sektoralen Beschäftigung auf Guadeloupe 25% 23,00% 20% rate of change in employment 17,60% 15% 10% 12,20% 9,20% 5% Development of manufacturing 0% Development of construction Development of hotels & restaurants ‐5% ‐5,80% ‐10% ‐10,70% ‐15% 2002 2003 2004 2005 2006 Quelle: Eurostat 119 2007 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Da die Beschäftigungsquote recht unbeständig ist, hat Guadeloupe mit einer hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen, von der insbesondere junge Menschen betroffen sind. Im Jahr 2009 konnten nur 40 % der Jugendlichen eine geeignete Arbeitsstelle finden, wobei sich die Situation bei jungen Frauen noch schlechter darstellte. Zwar war die allgemeine Arbeitslosenquote nicht ganz so hoch, doch lag sie zwischen 2001 und 2009 stabil bei ca. einem Viertel der Erwerbsbevölkerung. Der seit 2007 anhaltende Abwärtstrend im verarbeitenden Gewerbe und im Bausektor hat sich im Zuge der Wirtschaftskrise beschleunigt und zu einem steilen Anstieg der Arbeitslosigkeit im Jahr 2009 geführt. Abbildung A1 3: Arbeitslosenquote von Guadeloupe 70 60 59,3 % 56,2 % 50 40 Unemployment 30 Unemployment rate in % 25,2 % Youth Unemployment 23,4 % 20 10 0 2001 2003 2005 2007 2009 Quelle: Eurostat Martinique Zwischen 1998 und 2008 hat das BIP zu laufenden Marktpreisen kontinuierlich zugenommen, blieb allerdings immer noch hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Das BIP-Gefälle zwischen Martinique und der EU-27 lag in diesem Zeitraum mehr oder weniger konstant bei ca. 25 %. 120 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Abbildung A1 4: BIP zu laufenden Marktpreisen 26.000 € 25.100 € 24.000 € 21.600 € Euro per inhabitant 22.000 € 20.000 € 17.000 € 18.000 € 16.000 € 14.300 € EU 27 14.000 € Martinique 12.000 € 10.000 € 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Eurostat Die Entwicklung der Beschäftigungsquote verlief zwischen 2002 und 2007 sehr unausgewogen. Insbesondere im Fremdenverkehr waren mehrere Aufund Abwärtsbewegungen zu verzeichnen. Die Beschäftigungsquoten erreichten im Jahr 2006 in sämtlichen Sektoren (verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe, Hotel- und Gaststättengewerbe) einen Höhenpunkt, gingen 2007 jedoch wieder zurück. Abbildung A1 5: Entwicklung der sektoralen Beschäftigung auf Martinique 25% 22,00% rate of change in employment 20% 15% 13,90% 10% Development of manufacturing 5% Development of construction 0% Development of hotels & restaurants ‐1,50% ‐5% ‐5,30% ‐5,60% ‐10% 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Quelle: Eurostat Während die allgemeine Arbeitslosenquote zwischen 2001 und 2009 von 24 % auf 21,8 % sank, stieg die Jugendarbeitslosigkeit im gleichen Zeitraum um 7 % an. Im Jahr 2009 waren nahezu 60 % der Jugendlichen von Martinique arbeitslos. 121 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Abbildung A1 6: Arbeitslosenquote von Martinique Unemployment rate in % 70 60 57,6 % 56,1 % 50,3 % 50 40 Unemployment Youth Unemployment 30 24 % 20 21,8 % 10 0 2001 2003 2005 2007 2009 Quelle: Eurostat Die Zahl der Einwohner stieg zwischen 2000 und 2009 maßvoll von 384 000 auf beinahe 399 000 Einwohner an. 2005 lag die Geburtenziffer bei 13 Geburten je 1000 Einwohner.133 Die Zahl der Einwohner unter 25 Jahren sank, während die Zahl der über 65-Jährigen zunahm, was besagt, dass die Gesellschaft von Martinique immer älter wird. Réunion Das BIP zu laufenden Marktpreisen ist von 11 400 EUR im Jahr 1998 auf 17 900 EUR im Jahr 2008 und damit um beinahe 60 % gestiegen. Das Wachstum verlief jedoch weniger dynamisch als in der EU-27 und erreichte im Jahr 2008 nur 70 % des Durchschnittswerts der übrigen EU-Mitgliedstaaten. Abbildung A1 7: BIP zu laufenden Marktpreisen 26.000 € 25.100 € 24.000 € Euro per inhabitant 22.000 € 20.000 € 17.900 € 18.000 € 17.000 € 16.000 € EU 27 14.000 € Réunion 12.000 € 11.400 € 10.000 € 1998 1999 2000 2001 2002 2003 Quelle: Eurostat 133 Programm zur ländlichen Regionalentwicklung, 2009. 122 2004 2005 2006 2007 2008 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die sektorale Beschäftigungslage hat sich im Beobachtungszeitraum zwischen 2002 und 2007 wesentlich verändert. Nach einem Anstieg bis 2004, von dem das Hotel- und Gaststättengewerbe ausgenommen war, stürzten die Quoten in allen Sektoren im Jahr 2005 ab. Von da an konstatiert Eurostat einen starken Anstieg, obgleich sich das verarbeitende Gewerbe stabiler entwickelte als das Bauwesen und der Fremdenverkehr, wo die Beschäftigungszahlen wieder zurückgingen. Abbildung A1 8: Entwicklung der sektoralen Beschäftigung auf Réunion 25% 22,70% rate of change in employment 20% 15% 12,50% 10,20% 10% 7,20% 5% Development of manufacturing 1,20% 0% Development of construction ‐5% Development of hotels & restaurants ‐10% ‐11,20% ‐15% 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Quelle: Eurostat Trotz einiger Erfolge zwischen 2003 und 2007 verbunden mit einem vorübergehenden Rückgang der Arbeitslosenzahlen, stieg die Quote erneut an und verblieb auf dem recht hohen Niveau von 27 % im Jahr 2009. Bei Jugendlichen stellte sich die Lage noch schlimmer dar, da die Hälfte von ihnen 2009 arbeitslos war. Abbildung A1 9: Arbeitslosenquote von Réunion 60 56,6 % Unemployment rate in % 54,3 % 50 49,6 % 40 32,8 % 31,5 % 27,1 % 30 Unemployment Youth Unemployment 20 10 0 2001 2003 2005 2007 Quelle: Eurostat 123 2009 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Die Zahl der Einwohner erhöhte sich von 716 000 im Jahr 2000 auf 821 000 im Jahr 2009 und damit um 15 %. Dieses Bevölkerungswachstum stellt die Regionalbehörden vor große Probleme bei der Bereitstellung angemessener Infrastruktur, öffentlicher Dienstleistungen und Arbeitsplätze sowie auch beim Umgang mit der fortschreitenden Urbanisierung.134 Der Anteil der unter 25-jährigen Einwohner ist stabil geblieben, während der Anteil der über 65-Jährigen um 43 % gestiegen ist. Kanarische Inseln Das BIP zu laufenden Marktpreisen ist zwischen 1998 und 2008 von 12 900 EUR auf 20 800 EUR und damit um 62 % gestiegen, blieb 2008 jedoch um ca. 20 % hinter dem Durchschnitt der EU-27 zurück. Abbildung A1 10: BIP zu laufenden Marktpreisen 26.000 € 25.100 € 24.000 € Euro per inhabitant 22.000 € 20.800 € 20.000 € 18.000 € 17.000 € 16.000 € EU 27 14.000 € Canaries 12.900 € 12.000 € 10.000 € 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Eurostat Insbesondere das Baugewerbe war zwischen 2001 und 2007 von mehreren Aufs und Abs betroffen. Nach einem Tiefpunkt im Jahr 2006 stiegen die Beschäftigungsquoten wieder an. Die Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe verlief nicht so stürmisch, doch seit 2006 sind die Beschäftigungszahlen wieder gefallen. Im Fremdenverkehrssektor lag die Beschäftigungsquote recht stabil bei 4 %, geht jedoch seit 2005 zurück. Abbildung A1 11: Entwicklung der sektoralen Beschäftigung auf den Kanaren 30% 27,50% 25% rate of change in employment 20% 14,80% 15% 10% 4,10% 5% Development of manufacturing 4,70% Development of construction 0% Development of hotels & restaurants ‐5% ‐5,40% ‐10% ‐9,80% ‐15% 2001 2002 2003 2004 2005 Quelle: Eurostat 134 PLE Réunion, 2010c, S. 1. 124 2006 2007 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Während die Arbeitslosenquote zwischen 1999 und 2007 stabil blieb, ist sie seitdem gestiegen. Im Jahr 2009 war die Jugendarbeitslosigkeit mit fast 48 % besonders hoch und damit 1,5 Mal höher als 1999. Abbildung A1 12: Arbeitslosenquote auf den Kanaren Unemployment rate in % 60 50 47,9 % 40 28,6 % 26,2 % 30 Unemployment Youth Unemployment 20 14,3 % 10 0 1999 2001 2003 2005 2007 2009 Quelle: Eurostat Die Bevölkerungszahl der Kanarischen Inseln ist zwischen 2005 und 2009 auf mehr als 2 Mio. Einwohner und damit um 9 % gestiegen. Mit einem Anstieg die Zahl der über 65-Jährigen um 14 % ist die Gesamtgesellschaft in diesem Zeitraum gealtert. Der Anteil der unter 25Jährigen blieb stabil und lag 2009 bei 27 %. Azoren Das BIP zu laufenden Marktpreisen ist von 8800 EUR im Jahr 1998 auf 15 200 EUR im Jahr 2008 gestiegen. Auch wenn dies einer Wachstumsrate von mehr als 70 % innerhalb von 10 Jahren entspricht, blieb es weiterhin weit hinter dem Durchschnitt der EU-27 zurück. Abbildung A1 13: BIP zu laufenden Marktpreisen 26.000 € 25.100 € 24.000 € Euro per inhabitant 22.000 € 20.000 € 18.000 € 16.000 € 17.000 € 15.200 € 14.000 € EU 27 12.000 € Azores 10.000 € 8.000 € 1998 8.800 € 1999 2000 2001 2002 2003 Quelle: Eurostat 125 2004 2005 2006 2007 2008 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Mit Ausnahme des verarbeitenden Gewerbes, das recht stabile Zahlen aufweisen kann, entwickelten sich die Beschäftigungszahlen in den Wirtschaftssektoren sehr unbeständig. Insbesondere im Baugewerbe stürzten die Zahlen im Jahr 2002 nach dem Höhenflug von 2001 ab, stiegen 2003 aber wieder deutlich an. Im Hotel- und Gaststättengewerbe verlief die Entwicklung ähnlich, wenngleich weniger einschneidend. Abbildung A1 14: Entwicklung der sektoralen Beschäftigung auf den Azoren 60% 50% rate of change in employment 48,20% 40% 30% 25,80% 20% Development of manufacturing 13,70% 18,20% Development of construction 10% 1,90% Development of hotels & restaurants 0% ‐3,40% ‐10% ‐13,90% ‐20% 2000 2001 2002 2003 2004 Quelle: Eurostat Zwar lag die Arbeitslosenquote hier zwischen 1999 und 2009 nicht so hoch wie in den übrigen EU-Regionen in äußerster Randlage, dennoch ist der Trend offenkundig: die Zahl der Arbeitslosenzahlen ist stark angestiegen. Im Jahr 2009 waren 6,7 % der gesamten Erwerbsbevölkerung und 15,9 % der Jugendlichen arbeitslos. Abbildung A1 15: Arbeitslosenquote auf den Azoren 18 15,9 % Unemployment rate in % 16 14 12 10 8 Unemployment 9,9 % 7,7 % 6,7 % 6 4 3,4 % 3,4 % 2 0 1999 2001 2003 2005 2007 Quelle: Eurostat 126 2009 Youth Unemployment Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Die Bevölkerungszahl ist zwischen 2000 und 2005 stabil geblieben. 2005 lebten ca. 240 000 Einwohner auf den Azoren. Sowohl der Anteil der Jugendlichen als auch der Anteil der über 65-Jährigen hat abgenommen. 93 % der Bevölkerung leben in ländlichen Gebieten, die 99,6 % des gesamten Territoriums ausmachen. Madeira Beim BIP zu laufenden Marktpreisen ist zwischen 1998 und 2008 mit einer Verdopplung von 10 300 EUR auf 21 400 EUR ein deutlicher Zuwachs zu verzeichnen. Betrug es im Jahr 1998 lediglich 60 % des Durchschnitts der EU-27, stieg dieser Prozentsatz auf 85 % im Jahr 2008. Abbildung A1 16: BIP zu laufenden Marktpreisen 26.000 € 25.100 € 24.000 € 21.400 € Euro per inhabitant 22.000 € 20.000 € 18.000 € 17.000 € 16.000 € EU 27 14.000 € Madeira 12.000 € 10.300 € 10.000 € 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Eurostat Die Leistungsfähigkeit der Wirtschaftssektoren unterschied sich zwischen 2000 und 2004 deutlich. Während das verarbeitende Gewerbe ein Tief zu verzeichnen hatte, schoss das Baugewerbe im Jahr 2002 in die Höhe, fiel in den folgenden Jahren allerdings wieder ab. Im Fremdenverkehrsbereich einschließlich des Hotel- und Gaststättengewerbes verlief die Entwicklung gemäßigter und im Jahr 2004 erreichte die Beschäftigungsquote hier einen Höhepunkt von fast 20 %. Abbildung A1 17: Entwicklung der sektoralen Beschäftigung auf Madeira 50% 46,10% rate of change in employment 40% 30% 19,60% 20% 14,40% Development of manufacturing 12,00% 10% Development of construction 0% Development of hotels & restaurants ‐1,60% ‐10% ‐16,70% ‐20% 2000 2001 2002 2003 Quelle: Eurostat 127 2004 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Die Zahl der arbeitslosen Arbeitnehmer schwankte zwischen 1999 und 2009, weist jedoch im Beobachtungszeitraum einen Aufwärtstrend auf. Die Jugendarbeitslosigkeit lag im Jahr 2009 bei fast 20 % und überstieg die allgemeine Quote damit um das 2,5 fache. Abbildung A1 18: Arbeitslosenquote von Madeira Unemployment rate in % 25 19,7 % 20 16,9 % 15 Unemployment 10,3 % 10 Youth Unemployment 6,8 % 6,4 % 7,6 % 5 3,4 % 2,8 % 0 1999 2001 2003 2005 2007 2009 Quelle: Eurostat Die Bevölkerungszahl Madeiras ist zwischen 2000 und 2005 relativ stabil geblieben. Die Zahl der unter 25-Jährigen sank, während die Zahl der über 65-Jährigen leicht um 3,7 % anstieg. Ein Drittel der Gesamtbevölkerung lebt in ländlichen Gebieten, die 81,4 % der Gesamtfläche ausmachen. Französisch-Guayana Im Vergleich zu den übrigen EU-Regionen in äußerster Randlage ist das BIP zu laufenden Marktpreisen im Zeitraum 1998-2008 nur mäßig gestiegen. Damit hat sich das Gefälle zwischen dem Durchschnitt der EU-27 und Guayana weiter verschärft. Insbesondere im Jahr 2000 hatte die Region mit einer Krise zu kämpfen, in deren Folge das BIP stark zurückging. Im Jahr 1998 lag das BIP von Guayana um 27 % unter dem Durchschnitt der EU-27 und im Jahr 2008 sogar um 44 % unter diesem Wert. Probleme für die regionale Wirtschaftsentwicklung stellen der begrenzte Markt und das Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage dar135. 135 Programm für ländliche Entwicklung Guyanas 2007-2013, 2008: S. 16 f. 128 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Abbildung A1 19: BIP zu laufenden Marktpreisen 26.000 € 25.100 € 24.000 € Euro per inhabitant 22.000 € 20.000 € 18.000 € 17.000 € 16.000 € EU 27 14.100 € 14.000 € Guyane 12.000 € 12.400 € 10.000 € 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 Quelle: Eurostat Mit Ausnahme des Baugewerbes war die sektorale Beschäftigungslage zwischen 2002 und 2007 sehr instabil. Insbesondere im verarbeitenden Gewerbe sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe fiel und stieg die Beschäftigungsquote fast jedes Jahr in erheblichem Maße. Im Baugewerbe entwickelte sich die Beschäftigung seit 2003 stabiler und die Zahl der Beschäftigten stieg an. Abbildung A1 20: Entwicklung der sektoralen Beschäftigung in Guayana 35% 30,10% 30% 25% rate of change in employment 21,70% 20% 17,50% 15% 11,30% 10% Development of manufacturing 5% Development of construction 0% Development of hotels & restaurants ‐5% ‐8,00% ‐10% ‐13,50% ‐15% ‐15,10% ‐20% 2002 2003 2004 2005 2006 2007 Quelle: Eurostat Bei den Arbeitslosenquoten war mit einem Rückgang der Zahl der Arbeitslosen zwischen 2001 und 2009 ein positiver Trend zu verzeichnen. Insbesondere die Lage bei den arbeitslosen Jugendlichen hat sich verbessert, da die Quote um 13,2 % gesunken ist. Mit einer Gesamtarbeitslosenquote von über 20 % blieb die Arbeitslosigkeit aber weiterhin ein großes Problem. 129 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Abbildung A1 21: Arbeitslosenquote von Guayana 60 52,5 % Unemployment rate in % 50,8 % 50 37,6 % 40 30 28,5 % 28,1 % Unemployment Youth Unemployment 20 20,2 % 10 0 2001 2003 2005 2007 2009 Quelle: Eurostat Zwischen 2000 und 2009 war in Guayana ein starker Bevölkerungszuwachs zu verzeichnen. Die Zahl der Einwohner erhöhte sich innerhalb von neun Jahren um mehr als 70 %. Insbesondere die Zahl der Jugendlichen stieg an, sodass im Jahr 2009 51 % der Bevölkerung jünger als 25 Jahre alt war, während die Zahl der über 65-Jährigen nur langsam zunahm. Über einen längeren Zeitraum von 25 Jahren betrachtet, hat sich die Bevölkerung damit sowohl infolge der hohen Geburtenziffer als auch aufgrund der hohen Zuwanderungsrate verdoppelt. Die Bereitstellung sozialer und technischer Infrastruktureinrichtungen in ausreichenden Umfang - wie Bildung, medizinische Versorgung, Wasser- und Stromversorgung - insbesondere in den Küstengebieten und entlang den großen Flüssen, wo sich die Bevölkerung konzentriert, stellt die Regionalbehörden daher vor große Herausforderungen136. 136 Programm für ländliche Entwicklung Guyanas 2007-2013, 2008: S. 16 f. 130 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage A2 MASSNAHMEN ZUR BEGRENZUNG DER AUSWIRKUNGEN DES KLIMAWANDELS IM RAHMEN DER GAP Guadeloupe Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Die diesbezüglichen politischen Initiativen umfassen verschiedene Maßnahmen unter der Überschrift „Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur“ – Errichtung eines Nationalparks für den Umweltschutz. Jedoch gibt es bislang kein Natura-2000-Gebiet in Guadeloupe. Im Rahmen des ELER werden verschiedene Maßnahmen durchgeführt, die zum Schutz der Artenvielfalt im Sinne der Anpassung an den Klimawandel geeignet sind137: 137 138 139 140 • Maßnahme 126 – Wiederaufbau von durch Naturkatastrophen geschädigtem landwirtschaftlichem Produktionspotenzial - finanziert werden materielle und immaterielle Investitionen in den Wiederaufbau landwirtschaftlichen Produktionspotenzials (Neuanpflanzung von Obstplantagen, Wiederaufbau von Gebäuden)138. • Maßnahme 211: Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile (ICHN) in Berggebieten – gefördert werden Agrarbetriebe, die durch Geländeeinschränkungen benachteiligt sind. (PLE Guadeloupe, S. 158) • Maßnahme 212: Ausgleichszahlungen Gebieten, die nicht Berggebiete sind. • Maßnahme 214 – Agrarumweltzahlungen für naturbedingte Nachteile (ICHN) in – Vorhaben A: Schutz vom Aussterben bedrohter Arten: Dies beinhaltet den Schutz bedrohter Arten zur Erhaltung der Vielfalt an Nutztierarten sowie zur Bewahrung vom Aussterben bedrohter Pflanzenressourcen. Guadeloupe konzentriert sich auf die „kreolische“ Rinderrasse.139 – Vorhaben E: Integrierter Pflanzenschutz; Erhaltung der Bananenpflanze: Aus mehreren Gründen wird integrierter Landbau betrieben, wodurch eine Anpassung an regionale Besonderheiten und Probleme ermöglicht wird; die integrierte Bananenerzeugung in Guadeloupe zielt z. B. auf die Erhaltung der Bananenpflanze ab, die von einem speziellen Schädling befallen ist (der Rüsselkäfer aus der Familie „Curculionidae“, der dafür bekannt ist, Pflanzen und Korn zu zerstören); das Ziel besteht darin, den Fortbestand der Bananenkultur zu sichern und den Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln gleichzeitig zu begrenzen.140 – Vorhaben G: Mit Agrarumweltmaßnahmen sollen Landwirte ermutigt werden, ihre Tierzucht in Gebieten fortzusetzen, die anfällig für Umweltrisiken sind, indem sie umweltfreundliche Maßnahmen durchführen (z. B. Anpflanzung und Pflege von Maßnahmen und Achsen innerhalb der GAP sind in mehreren Verordnungen und geänderten Verordnungen festgelegt, z. B. in der Verordnung (EG) Nr. 1974/2006 der Kommission vom 15. Dezember 2006 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). ENRD, 2010a, S. 10. ENRD, 2010a, S. 9.; PLE Guadeloupe, S. 183. ENRD, 2010a, S. 9.; PLE Guadeloupe, S. 201. 131 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Hecken und Baumreihen; Erhaltung von Be- und Entwässerungsgräben und Bodensenken; Anlage und Pflege einer Grasnarbe unter Bananenanpflanzungen; Erzeugung von Mulch aus Pflanzen oder biologisch abbaubarem Material; Erschließung stark verwildeter Landflächen; jährliche Durchführung der Methode der „grünen Zuckerrohrernte“; Erhöhung des Anteils an organischem Material durch Zufügung von Holzkompost usw.)141 • Maßnahme 323: Erhaltung und Aufwertung des ländlichen Erbes – gefördert werden die Entwicklung von Managementplänen für Naturgebiete, die ein sehr wertvolles Erbe darstellen, die Wiederherstellung beeinträchtigter Naturräume, die Sanierung von Trockenwäldern, die Stärkung seltener oder bedrohter Arten sowie die Erhaltung und Wiederherstellung natürlicher Lebensräume von hohem Wert142. Auswirkungen auf Fremdenverkehr und Gesundheit Aus dem ELER wird eine Maßnahme zur Förderung von Tourismustätigkeiten in der natürlichen Umwelt finanziert. Damit soll die Entwicklung neuer Ökotourismusaktivitäten gefördert und die Errichtung der entsprechenden Infrastruktur unterstützt werden143. Die große Artenvielfalt von Guadeloupe wird als ein Touristenmagnet betrachtet und ihr Erhalt ist fester Bestandteil touristischer Einrichtungen wie des Nationalparks, der Arbeit des nationalen Forstamts sowie beim Schutz des Küstengebiets. Investitionen in Projekte, mit denen das Ziel verfolgt wird, Guadeloupe als Fremdenverkehrsziel zu fördern, und die die Kriterien des nachhaltigen und diversifizierten Tourismus erfüllen, sollen ausgebaut werden144. Beim Ökotourismus soll der Ansatz des Nationalparks, ein Qualitätssiegel für Aktivitäten und Unterkünfte zu verleihen, die die Kriterien der Integration und des Niedrigenergieverbrauchs erfüllen, fortgesetzt und gefördert werden145. Vor diesem Hintergrund wird der Ökotourismus insbesondere in Basse-Terre und auf den Inseln vorangetrieben. Ein Beispiel hierfür ist das Label „Bienvenue à la ferme” (Willkommen auf dem Bauernhof), das sowohl die Möglichkeit bietet, den integrierten Tourismus zu fördern als auch Guadeloupe als Ökotourismusziel auszuweisen. Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Wasser Die aus dem ELER finanzierten Aktivitäten umfassen Maßnahmen zum Schutz des Wasserkreislaufs sowie zur Wasserreinigung durch Pflanzenschutzverfahren und Forstwirtschaft. • 141 142 143 144 145 146 Maßnahme 125-1, 2: Kontinuierliche und ausgewogene Bewässerung: Bei dieser Maßnahme wird ausdrücklich auf die Förderung von Investitionen zur Verbesserung und Entwicklung von Bewässerungsinfrastrukturen verwiesen. Beispiele für unterstützte Maßnahmen sind die Modernisierung von Transportund Verteilungssystemen, Wasserspeicherungssysteme, Investitionen in individuelle oder gemeinschaftliche Dämme und Anlagen zur Speicherung von Wasser während starker Regenfälle sowie Entwässerungsanlagen146. ENRD, 2010a, S. 9.; PLE Guadeloupe, 2009, S. 183. PLE Guadeloupe, S. 279. f. PLE Guadeloupe, S. 275. Präfektur von Guadeloupe 2007: 63-64, 103. Präfektur von Guadeloupe 2007: 63-64. ENRD, 2010a, S. 10. 132 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage • Maßnahme 216 – Bewertung des Verunreinigungszustands von Böden und Pflanzen durch Pflanzenschutzverfahren - dient der Optimierung der Landbewirtschaftung unter Beachtung von Pflanzenschutzbeschränkungen, dem Erhalt bzw. der Wiederherstellung der Wasser- und Bodenqualität und dem Erhalt der Artenvielfalt. Mit Vorhaben A soll der Verunreinigungszustand von Böden und Pflanzen durch chlororganische Verbindungen bewertet werden. Mit Vorhaben B wird die Landbewirtschaftung unter Beachtung von Pflanzenschutzbeschränkungen gefördert147. • Maßnahme 227 – Nichtproduktive Investitionen – Schutz von Aufforstungen: Unterstützung der Einleitung von Präventivmaßnahmen zum Schutz vor Naturgefahren, Maßnahmen zur Bekämpfung von Erosion und Wüstenbildung nach Naturkatastrophen, Schaffung und Wiederherstellung von Freiflächen in Wäldern (Lichtungen) und Beseitigung von unerwünschten und sich rasch ausbreitenden Pflanzenarten. Gefördert werden auch Investitionen in die Verbreitung von Informationen über die Waldnutzung und sonstige nichtproduktive Investitionen148. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Zur Erhöhung der Energieunabhängigkeit und als Beitrag zu den internationalen Bemühungen um die Bekämpfung des Klimawandels werden in Guadeloupe die Reduzierung des Energieverbrauchs und die Entwicklung erneuerbarer Energiequellen gefördert, womit Informations- und Aufklärungskampagnen einhergehen sollen149. EDF und dem PRERUE zufolge besteht das Potenzial, dass bis 2020 aus erneuerbaren Energiequellen, insbesondere aus Wind- und Wasserkraft sowie Erdwärme, 468 GWh an Energie gewonnen werden. Erneuerbare Energiequelle Installiert 2006 Leistung, Erzeugung Geplant 2010 Leistung, Erzeugung Geplant 2020 Leistung, Erzeugung Windenergie (Hochschätzung) 2,3 % 21,2 MW 35 GWh 36 MW 64,8 GWh 80 MW 144 GWh Fotovoltaik (Hochschätzung) 0,3 % 0,84 MW 929 GWh 30 MW 42 GWh 100 MW 140 GWh Erdwärme 5,1 % 15 MW 78 GWh Miniwasserkraftwerk 1,2 % 6,5 MW 17 GWh Bouillante 3: 10 bis 30 MW bis 2013, Verbundsystem mit Dominica: 40 MW 2015 11 MW 33 GWh 18 MW 54 GWh Quelle: Präfektur von Guadeloupe - Generalsekretariat für Regionalangelegenheiten - Abteilung Europa Subventionen für erneuerbare Energieträger sollten praxisorientiert und innovativ sein, sich in das lokale und soziale Umfeld einfügen, aber auch dem Ziel der Wettbewerbsfähigkeit dienen. Dies gilt z. B. für antizyklonische Windenergieanlagen, die architektonische Einbettung von Fotovoltaikanlagen, die Verwertung von Biomasse, die Verarbeitung des jährlich anfallenden Molasseüberschusses zu Kraftstoff (2,2 % – 3,5 % des gesamten 147 148 149 PLE Guadeloupe, S. 249 f. ENRD, 2010a, S. 12. Präfektur von Guadeloupe 2007: 135. 133 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Kraftstoffverbrauchs von Guadeloupe), die Erkundung von Erdwärmelagerstätten und die Energieerzeugung aus Abfall. Die Erzeugung von Agrokraftstoffen kann eine Option für durch Schädlingsbekämpfungsmittel verunreinigtes Land sein150. Ein Umsetzungsbeispiel ist das Projekt Synergîles, dem eine in Guadeloupe entwickelte Initiative zugrunde liegt. Im Rahmen des Projekts wurde ein Wettbewerbszentrum bzw. -cluster eingerichtet, das sich mit den Rohstoffen und Energiequellen tropischer Inseln befasst, die großen natürlichen Risiken ausgesetzt sind, wobei das Ziel verfolgt wurde, Arbeitsplätze im Bauwesen und ganz allgemein im Bereich der erneuerbaren Energieträger zu schaffen. Ein weiterer Themenschwerpunkt sind Bildungsmaßnahmen zur Entwicklung innovativer Lösungen sowie zur Bewirtschaftung von Energiesystemen, die an die lokalen Erfordernisse angepasst sind und in den Tropen betrieben werden können151. Das Ziel besteht darin, den jährlichen Zuwachs des Stromverbrauchs (2007 um jährlich 4,5 %) auf höchstens 2,3 % im Jahr 2010 und 2 % im Jahr 2013 zu reduzieren und auf einen Höchstwert von 1 % im Jahr 2020 hinzuarbeiten. Darüber hinaus sollen der Maximalwert des Stromverbrauchs von 283 MW im Jahr 2010 auf 264 MW im Jahr 2013 gesenkt und ein Höchstwert von 321 MW im Jahr 2020 angestrebt werden. Hauptaugenmerk gilt dem öffentlichen Verkehr als effizienter Alternative zum Individualverkehr sowie der Bereitstellung intermodaler Beförderungsmöglichkeiten zwischen den Inseln. Vor diesem Hintergrund ist die Optimierung des öffentlichen Verkehrsnetzes in den Ballungsräumen Basse-Terre und Pointoise (in Verbindung mit Stadterneuerungsprogrammen) von großer Bedeutung und deshalb Bestandteil der vom EFRE kofinanzierten regionalpolitischen Initiativen. Erneuerbare Energiequellen werden in Guadeloupe aus dem ELER innerhalb der Maßnahme „Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe“ gefördert. Diese Maßnahme umfasst Investitionen in Düngerbehandlung und –verarbeitung mit dem Ziel, den Ausstoß von Ammoniak und Treibhausgasen z. B. durch die Abdeckung von Gruben und durch technische Vorrichtungen zur Düngerbehandlung zu verringern. Teil dieser Maßnahme sind auch Investitionen in Streugeräte, um die Ausbringung zu verbessern und eine hohe Düngereffizienz zu erzielen152. Regionale Ziele Guadeloupes sind die Modernisierung von Produktionseinheiten und die Erweiterung von Anlagen, die Nutzung von Bioenergie zur Abschwächung der Erderwärmung, die Förderung der Verwendung von gesundem Pflanzenmaterial sowie die Entwicklung von Arten, die an die lokalen Bedingungen angepasst sind153. Ein weiterer Bestandteil des Programms für ländliche Entwicklung ist Maßnahme 123 (1&2) – Erhöhung der Wertschöpfung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse: Damit wird die Entstehung lokaler Netze und Lieferketten für die Versorgung mit Holzenergie unterstützt. Gefördert werden auch auf Energieeinsparungen und erneuerbare Energien ausgerichtete Maßnahmen, so z. B. Investitionen in energiesparende Gebäude und Ausrüstungen und in die Erzeugung erneuerbarer Energie (z. B. Biokraftstoffanlagen), sowie die Entstehung lokaler Lieferketten für die Bereitstellung von Holzenergie154. Die -wichtigste Maßnahme, mit der im Rahmen der PLE die Bemühungen um die Verringerung der landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen unterstützt werden sollen, ist Maßnahme 214 – Agrarumweltzahlungen155: 150 151 152 153 154 155 Präfektur von Guadeloupe 2007: 81, 134. Siehe auch für die nachstehenden Informationen, Präfektur von Guadeloupe 2007: 80 ff. ENRD, 2010a, S. 8. PLE Guadeloupe, S. 117. ENRD, 2010a, S. 13. ENRD, 2010a, S.6. 134 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Vorhaben B: Umstellung auf ökologischen Landbau (einschließlich des Verzichts auf synthetische Düngemitteln, auf chemische Produkte bei der Überprüfung auf Schädlingsbefall oder Krankheiten sowie auf den Anbau derselben Art in einem anderen Bereich des Agrarbetriebs, in dem kein ökologischer Landbau betrieben wird156) • Vorhaben C: Aufrechterhaltung des ökologischen Landbaus • Vorhaben D: Bienenhaltung: Verbesserung des Potenzials von Bestäubern für den Schutz der Artenvielfalt • Vorhaben F: Extensivierung der Weidenbewirtschaftung: dazu gehört eingeschränkte/keine Düngung, eingeschränkter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, Unterstützung beim Erhalt/bei der Erhöhung des organischen Niveaus des Bodens, Schutz des Bodens vor Erosion und Beitrag zur effizienten Bewirtschaftung von Weideland, das von grundlegender Bedeutung für das Ökosystem (insbesondere für die Artenvielfalt und die Wasserqualität) ist.157 Die Mittel für die ländliche Entwicklung werden auch zur Abschwächung des Klimawandels eingesetzt, und zwar über folgende Maßnahmen: • Maßnahme 221: Erstaufforstung landwirtschaftlicher Flächen: Diese Maßnahme dient der Abschwächung des Klimawandels durch die Anlage und Pflege von Wäldern, die unmittelbar zur Aufnahme von CO2–Emissionen sowie zur Anpassung beitragen, indem sie dem Wasserabfluss und der Erosion entgegenwirken und für die Wasserspeicherung sowie der Erhaltung und Wiederherstellung des Wasserzustands sorgen.158 • Maßnahme 222: Unterstützung bei der Ersteinrichtung von Agrarforst-Systemen – damit sollen den Landwirten zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt und öffentliches Interesse sowie die Achtung vor den natürlichen Ressourcen erzeugt werden (Schutz von Landschaften, Böden, Wasserressourcen).159 • Maßnahme 321: Dienstleistungseinrichtungen zur Grundversorgung für die ländliche Wirtschaft und Bevölkerung: Bau und Verbesserung von kleinen Energieversorgungsanlagen. Nutzung von Biomasse auf kollektiver Ebene. Kleine Infrastruktureinrichtungen für eigenständige Energieerzeugungssysteme und/oder Versuchsanlagen für erneuerbare Energien. Abfall Die Abfallbehandlung stellt die Behörden von Guadeloupe ganz allgemein vor große Probleme. Mit EFRE-Mitteln sollen die Reduzierung, das Recycling und die Sammlung des Abfalls sowie die Behandlung und/oder Wiederherstellung von Deponien, verunreinigten Flächen und Industriebrachen kofinanziert werden. Ein in der Zukunft noch anstehender Themenkomplex ist die Abfallverwertung. Zur Lösung all dieser Probleme bedarf es einer Aufklärung der Bevölkerung über Umweltthemen.160 156 157 158 159 160 ENRD, 2010a, S. 6 f. ENRD, 2010a, S. 13. ENRD, 2010a, S. 8; PLE Guadeloupe, S. 255. PLE Guadeloupe, S. 259. Präfektur von Guadeloupe 2007: 126. 135 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Martinique Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft (Bergwälder) Für die Inangriffnahme dieser Probleme werden nur begrenzte Mittel aus dem EFRE bereitgestellt. Lediglich über die Maßnahmen „Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur”, „Schutz und Entwicklung des Naturerbes” und „Förderung des natürlichen Reichtums“ wird mit begrenzten Haushaltsmitteln etwas gegen den Verlust der Artenvielfalt unternommen. Der ELER widmet sich den Problemen der Artenvielfalt mit den folgenden Maßnahmen hingegen recht offenkundig: 161 162 163 164 165 166 • Maßnahme 126 – Wiederaufbau von durch Naturkatastrophen geschädigtem landwirtschaftlichem Produktionspotenzial – finanziert werden materielle und immaterielle Investitionen in den Wiederaufbau landwirtschaftlichen Produktionspotenzials (Neuanpflanzung von Obstplantagen, Wiederaufbau von Gebäuden)161. • Maßnahmen 211 und 212: Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile162 – die Zahlungen können nur zum Teil als für die Bekämpfung des Klimawandels relevant gelten – mit ihnen werden lediglich die landwirtschaftlichen Tätigkeiten in benachteiligten Gebieten aufrechterhalten, was nicht unbedingt bedeutet, dass Produktionsverfahren angewendet werden, die geeignet sind, einen Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels oder zur Anpassung an ihn zu leisten (z. B. ökologischer Landbau, Erzeugung erneuerbarer Energie). • Maßnahme 125-C: Ausbau und Erneuerung von Waldwegen zur Förderung der Mobilisierung der Waldressourcen.163 • Maßnahme 214: Agrarumweltzahlungen164 – Vorhaben C: Schutz Ziegenrassen. bedrohter Arten, konkret geschützter – Vorhaben E: Agrarumweltmaßnahmen für die Weidewirtschaft – Vorhaben F: Erhaltung bedrohter traditioneller Pflanzenressourcen Rinder- und • Maßnahme 216 – Nichtproduktive Investitionen. Mit Vorhaben A soll der Verunreinigungszustand von Böden und Pflanzen durch chlororganische Verbindungen bewertet werden. Mit Vorhaben B wird die Landbewirtschaftung unter Beachtung von Pflanzenschutzbeschränkungen gefördert.165 • Maßnahme 227 – Nichtproduktive Investitionen – Schutz von Aufforstungen: hervorgehoben wird die Bedeutung von Wäldern für die ländlichen Gebiete von Martinique; mit Vorhaben A „Analyse, Diagnose und Bestandsaufnahme von Waldflächen” soll eine vollständige Diagnose der Waldflächen in Martinique erstellt werden und mit Vorhaben B „Präventivmaßnahmen zur Stärkung der Umweltfunktionen von Wäldern“ soll dem Risiko der Waldschädigung entgegengewirkt werden.166 ENRD, 2010a, S. 10. PLE Martinique, 2009, S. 145 PLE Martinique, 2009, S. 129 PLE Martinique, 2009, S. 153 PLE Martinique, S. 161 f. PLE Martinique, 2009, S. 164 f. f. f. f. 136 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Auswirkungen auf Fremdenverkehr und Gesundheit Die in diesem Bereich eingesetzten EFRE-Mittel werden z. B. für elektronische Gesundheitsdienste und Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsinfrastruktur genutzt, womit zumindest etwas für die Anpassung an den Klimawandel getan wird. Auch die aus dem EFRE finanzierten Maßnahmen zielen in erster Linie auf die Anpassung an den Klimawandel ab – zu nennen wären hier die Wasserbehandlung, die Abfallbewirtschaftung und der Naturschutz. Die einzige Maßnahme zur Abschwächung des Klimawandels, die zumindest indirekt mit dem Fremdenverkehr in Verbindung steht, ist die besonders hervorspringende Förderung des multimodalen Verkehrs. Aus dem ELER werden Mittel für die Förderung touristischer Aktivitäten eingesetzt: Mit der Maßnahme sollen ländliche Gebiete attraktiv gemacht werden, um den Fremdenverkehr als wirtschaftliche Grundlage der in diesen Gebieten ansässigen Bevölkerung zu erhalten und zu entwickeln und Beschäftigung und Wachstum zu fördern. Gleichzeitig soll die Berücksichtigung der ökologischen und sozialen Dimension (nachhaltiger Tourismus) begünstigt werden.167 Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Wie in dieser Studie dargelegt, dient etwa die Hälfte aller aus dem EFRE finanzierten regionalpolitischen Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels Anpassungszwecken, d. h. dem Naturschutz, der Wasserund Abfallbehandlung sowie der Gesundheitsinfrastruktur. Der ELER fördert die Anpassungsfähigkeit der Landwirtschaft von Martinique an den Klimawandel durch die Erschließung und den Schutz von Agrarland und natürlichen Stadtrandgebieten durch Entwässerung, Rodung und Erosionsbekämpfung sowie durch die Förderung des Zugangs zu Bewässerungsmöglichkeiten, um damit die landwirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen; ferner werden wassersparende Verfahren und die Installation entsprechender Geräte gefördert, um in Trockenperioden den Druck von den Wasserressourcen zu nehmen. Mit der Maßnahme zur Verbreitung von wissenschaftlichen und wirtschaftspolitischen Kenntnissen in der Land-, Ernährungs- oder Forstwirtschaft werden Bildungsmaßnahmen gefördert, um die Landwirte bei der Umsetzung von Agrarumweltmaßnahmen wie integrierter Erzeugung und Verringerung des Einsatzes von Pflanzenschutz- und Düngeverfahren als Teil der integrierten landwirtschaftlichen Bewirtschaftung zu unterstützen168. Darüber hinaus soll mit dem PLE von Martinique die Entwicklung selbstprüfender Mechanismen zur Feststellung chemischer Rückstände bei der Erzeugung gefördert werden169. Mit den Agrarumweltzahlungen werden in Martinique folgende Initiativen zur besseren Anpassung an den Klimawandel in der Landwirtschaft gefördert: 167 168 169 • Vorhaben A: Umstellung auf den ökologischen Landbau; • Vorhaben B: Aufrechterhaltung des ökologischen Landbaus; • Vorhaben D: Bienenhaltung: Verbesserung des Potenzials von Bestäubern für den Schutz der Artenvielfalt. PLE Martinique, 2009, S. 173 f. ENRD, 2010a, S. 8. PLE Martinique, 2009, S. 92. 137 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Voraussetzungen für die Förderfähigkeit sind eingeschränkte oder gar keine Düngemaßnahmen, eingeschränkter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, das Vorhandensein eines Düngeplans und keine Wasserverunreinigung durch Nitrate und Phosphate170. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Zu den aus dem EFRE unter der Überschrift Energieeffizienz finanzierten Maßnahmen gehören Investitionen in Kraft-Wärme-Kopplung und Energiemanagement. Darüber hinaus werden 4,2 % des EFRE-Haushalts im laufenden Programmplanungszeitraum für Initiativen im Bereich erneuerbare Energien eingesetzt – also für Wind- und Sonnenergie, Energie aus Biomasse und Unterstützung für Technologien zur Energieerzeugung aus Wasserkraft. Im Vergleich zu anderen Prioritäten der EFRE-Programme spielen die erneuerbaren Energieträger offenbar eine relativ geringe Rolle bei der Regionalpolitik von Martinique. Mit dem Programm für ländliche Entwicklung werden die folgenden Initiativen für erneuerbare Energieträger gefördert: • Maßnahme 121 - Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe: Die Entwicklung landwirtschaftlicher Bewässerungssysteme und die Verbesserung der Energieeffizienz landwirtschaftlicher Betriebe schließt Investitionen in energiesparende Ausrüstungen und die Erzeugung erneuerbarer Energie (z. B. landwirtschaftliches Biogas) ein. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit traditioneller Agrarsektoren wie der Zuckerrohrund Bananenerzeugung sichergestellt werden.171 • Maßnahme 321: Dienstleistungseinrichtungen zur Grundversorgung für die ländliche Wirtschaft und Bevölkerung: Bau und Verbesserung von kleinen Energieversorgungsanlagen. Nutzung von Biomasse auf kollektiver Ebene. Kleine Infrastruktureinrichtungen für eigenständige Energieerzeugungssysteme und/oder Versuchsanlagen für erneuerbare Energien.172 Verkehr Ein recht großer Teil der EFRE-Mittel wird für den multimodalen Verkehr verwendet (17 %). Zu den Tätigkeiten innerhalb dieser Maßnahme gehören die Erarbeitung eines detaillierten Generalplans für den Regionalrat von Martinique, mit dem eine kohärente lokale Verkehrspolitik erleichtert werden soll und der die Einbeziehung sämtlicher Akteure und die Berücksichtigung des Bedarfs auf den verschiedenen Ebenen (Nutzer, Auftraggeber, Betreiber, Wirtschaftslage usw.) vorsieht. Gleichzeitig werden mit dieser Maßnahme auch die Modernisierung und die Einrichtung von Fahrspuren für öffentliche Verkehrsmittel, die unmittelbar neben der Autobahn A1 und der RN1 verlaufen, gefördert. Dies dient nicht der Abschwächung des Klimawandels, da der motorisierte Individualverkehr und damit die Emissionen zunehmen werden. Réunion Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Diese Priorität findet in den EFRE-Programmen der Vergangenheit und der Gegenwart offenbar keinen Niederschlag. Gerade einmal 4,5 % des Gesamtbudgets kommen der Förderung der Artenvielfalt und dem Naturschutz, der Förderung der Naturschätze und dem Schutz und der Förderung des natürliches Erbes zugute. 170 171 172 PLE Martinique, 2009, S. 153 f. PLE Martinique, 2009, S. 110. PLE Réunion, 2009, S. 296 f. 138 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Mit den Zahlungen wegen naturbedingter Benachteiligungen zugunsten von Landwirten aus dem ELER sollen die Präsenz des Menschen in sensiblen Gebieten erhalten und eine endogene Wirtschaftsentwicklung durch die Landwirtschaft ermöglicht werden. Unter der Rubrik Erhaltung und Sanierung des Waldökosystems werden die Erkundung der semi-xerophyten Vegetation von Réunion und Bildungsmaßnahmen in den Bereichen Erhalt der Artenvielfalt und Umweltschutz gefördert173. Auswirkungen auf Fremdenverkehr und Gesundheit Die mit EFRE-Mitteln finanzierten regionalpolitischen Maßnahmen zur Förderung des Fremdenverkehrs und zur Bekämpfung des Klimawandels konzentrieren sich vorrangig auf die Anpassung an den Klimawandel – die diesbezüglichen Maßnahmen erstrecken sich auf die Wasserbehandlung, die Trinkwasserversorgung und die Abfallbewirtschaftung.Die einzige Maßnahme zur Abschwächung des Klimawandels, die zumindest indirekt mit dem Fremdenverkehr in Verbindung steht, betrifft die Unterstützung erneuerbarer Energien. Aus dem ELER werden Mittel für die Förderung touristischer Aktivitäten eingesetzt: Ziel dieser Maßnahme ist eine durchdachte weitere Öffnung des Naturraums und der Wälder durch die Förderung des Baus von Waldwegen für touristische Zwecke und von Beherbergungsmöglichkeiten für die Touristen in diesen Naturräumen. Die umfangreichsten Investitionen werden im direkten Umkreis des Nationalparks von Réunion (Naturschutzgebiet) getätigt werden.174 Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Ein bedeutender Teil der EFRE-Haushaltsmittel für Strategien zur Anpassung an den Klimawandel werden für Investitionen in die Anpassung des Hafens eingesetzt, die zwar nicht notwendigerweise alle auf die Anpassung an den Klimawandel ausgerichtet sind, aber immerhin in diese Richtung weisen. Mit einigen Maßnahmen wird die Anpassungsfähigkeit der Bevölkerung gefördert, indem Gesundheitsinfrastrukturen und elektronische Gesundheitsdienste finanziert werden. Mit anderen regionalpolitischen Initiativen soll eine wissensbasierte Wirtschaft entwickelt werden: Die nachhaltige Entwicklung erfolgt insbesondere durch den Bau von Schulen nach dem HQE-Standard (Zertifikat für hohe Umweltqualität). Aber auch Forschungsinitiativen auf Hochschulebene lassen sich finden: In Zusammenarbeit mit den tropischen und subtropischen Forschungseinrichtungen ist Réunion für die Koordinierung eines ehrgeizigen europäischen Programms zur Schaffung eines Netzwerks von Informationen über laufende Arbeiten zur Erforschung und nachhaltigen Bewirtschaftung der Artenvielfalt zuständig: das Programm NET-BIOME. Aus dem ELER werden Mittel für die Verbesserung und den Ausbau der Infrastruktur im Zusammenhang mit der Entwicklung und Anpassung der Land- und Forstwirtschaft eingesetzt. Es wird ein Rahmen für die Erhaltung und Entwicklung der Landwirtschaft geboten, indem Infrastrukturen und natürliche Ressourcen geschaffen bzw. konsolidiert werden, z. B. in den Bereichen Wasserentnahme, Bekämpfung von landwirtschaftlicher Zersplitterung, Bodenverbesserung und Öffnung von Agrarbetrieben. Die Gewinnung von Agrarflächen für die Entwicklung von Agrarsektoren, so z. B. für die Erhaltung der Zuckerrübenerzeugung, ist ein wichtiges Thema in Réunion.175 Bei den 176 Agrarumweltzahlungen sind folgende Vorhaben zu erwähnen: • 173 174 175 Vorhaben 3: Dient der Erhaltung von Grünland und Freiflächen für extensive Bewirtschaftung. Umweltaspekte sind die Erosionsbekämpfung (dauerhafter PLE Réunion, 2009, S. 334 f. PLE Réunion, 2009, S. 333 f. PLE Réunion, 2009, S. 282 f. 139 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Pflanzenbewuchs), Schutz der Artenvielfalt und der Landschaft sowie der Erhalt der Wasserqualität. In Réunion stellt die Anpflanzung von Zwischenkulturen in der Zeit der Wirbelstürme einen mechanischen Schutz des Bodens vor Erosion dar und beugt dem Eindringen von Schadstoffen ins Wasser vor.177 • Vorhaben 6: Territoriale Agrarumweltmaßnahmen dienen vor allem dazu, die Wasserqualität zu erhalten bzw. wiederherzustellen, die Erosion zu bremsen und die Artenvielfalt zu erhalten. Folgende Maßnahmen im OP für ländliche Entwicklung von Réunion sind für die Bekämpfung des Klimawandels relevant: Die Maßnahmen im Rahmen von Vorhaben 1 dienen der fachlichen Anleitung und Unterstützung sowie der Verbreitung allgemeiner Kenntnisse unter den Landwirten (Technologien, Umwelt- und Wirtschaftsthemen, Management). Ziel von Vorhaben 2 ist eine aktive Bodenpolitik als Beitrag zum Erhalt landwirtschaftlich genutzter Flächen. Vorhaben 3 „Versuchsund Innovationsmaßnahmen in der Landwirtschaft“ beinhaltet die Produktionseinführung von Zuckerrohrarten, die an die agrarökologischen Zonen der Insel angepasst sind, und die Entwicklung von Bewertungsmethoden für Düngemittel und landwirtschaftlichen Abfall. Nach dem GAP-Gesundheitscheck wurde dieses Vorhaben um die folgenden Ziele erweitert: • Neue landwirtschaftliche Systeme für eine ökologische Obsterzeugung; • Festlegung von Standards für die Zitronenerzeugung; • experimentelle Entwicklung von Arznei- und Aromapflanzen sowie ökologischer Landbau; • Einführung von Zertifizierungstests und Entwicklung alternativer Kontrollmethoden; • Rückgewinnung von Energie aus Biomasse, die bei der Erzeugung von landwirtschaftlichem Biogas, bei der Vergasung oder der Verbrennung zurückbleibt.178 • Maßnahme 226 – Wiederaufbau des forstwirtschaftlichen Potenzials und Einführung vorbeugender Maßnahmen: Ziel ist die Verhütung der Zerstörung gefährdeter Naturgebiete durch Brände, indem die Hauptursachen von Bränden verringert und die Brandverhütungs-, -überwachungs- und –bekämpfungssysteme verbessert werden179. • Maßnahme 227 – Nichtproduktive Investitionen – Erhaltung von Waldflächen: Wichtigste Anliegen sind der Erhalt der Artenvielfalt, der Erosionsschutz, die Überwachung der Mikroklimata, die Begrenzung der Auswirkungen aggressiver Agenzien und die Wiedererstellung ökologisch geschädigter Gebiete. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Réunion ist eine der fortschrittlichsten Regionen in puncto Energieeffizienz. In Reaktion auf die Herausforderung des Klimawandels entwickelt die Insel Réunion derzeit u. a. eine wirksame Abschwächungsstrategie. Zudem setzt es eine Festlegung zur Lenkung des 176 177 178 179 PLE Réunion, 2009, S. 282 f., S. 317 f. ENRD, 2010a, S. 9. PLE Réunion, 2009, S. 238 f. PLE Réunion, 2009, S. 321 f. 140 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Energieverbrauchs durch den Einsatz erneuerbarer Energiequellen um. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Maßnahmen durchgeführt, die im Rahmen des Programms „Réunion 2030“ ausgebaut werden sollten. Réunion 2030: Eine ehrgeizige Zukunftsvision zur Abschwächung des Klimawandels Das im Februar 2008 auf den Weg gebrachte Programm „Réunion 2030“ ist ein ehrgeiziges Entwicklungsprojekt, mit dem Réunion bis 2030 die vollständige Energieunabhängigkeit erlangen soll. Damit könnte die Insel ein Modell nachhaltiger Entwicklung für die übrigen Überseegebiete und die Welt insgesamt werden. Im Mittelpunkt der verschiedenen Projektmaßnahmen stehen die Entwicklung eines umweltfreundlichen Verkehrs (wie der Straßenbahn in Saint Denis), die Gewinnung erneuerbarer Energien, die Energiespeicherung, der Bau von Wohnraum nach HEQ-Standard sowie der nachhaltige Tourismus. Im Zuge dieses Projekts sollen 15 000 Arbeitsplätze im Energie- und Umweltbereich geschaffen und die Wirtschaft der Insel verjüngt werden. Die Insel Réunion, die auf dem Weg der nachhaltigen Entwicklung weit fortgeschritten ist, erzeugt derzeit 40 % ihrer Energie aus erneuerbaren Quellen in Anlagen wie dem Wärmekraftwerk Bois-Rouge, das Bagasse (ein Zuckerrohr-Abfallprodukt) zum Einsatz bringt, dem Windpark Saint-Rose, einem Wasserkraftwerk und einer Fotovoltaikanlage (die die größte Frankreichs ist). Weitere Großvorhaben sind in Vorbereitung, so der Bau eines Erdwärmekraftwerks in der Plaine des Sables, im Gebirgsmassiv des Piton de la Fournaise. Uneinigkeit herrscht über den geplanten Standort dieses Kraftwerks inmitten des Nationalparks, der sich um die Aufnahme in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes beworben hat. Es sind sehr sorgfältige Studien notwendig, um die potenziellen Auswirkungen dieses Kraftwerks auf die Umwelt insgesamt sowie auch Ausgleichspläne zu bewerten. Die Entwicklung sauberer Energietechnologien muss im Einklang mit der Artenvielfalt erfolgen und darf keine zusätzliche Bedrohung für die Naturräume darstellen. Daher wird dem Ausbau der erneuerbaren Energien und insbesondere der Solar- und Wasserenergie sowie der Erdwärme Priorität eingeräumt. Mit dem Projekt GERRI soll Réunion das erste Gebiet der Welt werden, in dem alle großen Umweltinnovationen im Bereich der Mobilität, der Energieerzeugung und –nutzung, der Stadtplanung, des Bauwesens und des Fremdenverkehrs in die Gesellschaft integriert sind. Wichtigstes Ziel ist die Entwicklung einer realistischen und schlüssigen Vision einer großartigen Natur auf engem Raum für die künftige Gesellschaft. Es gilt als gemeinsames Projekt von Réunion und seinen Bewohnern und als ein Pilotprojekt für den Planeten. Aus dem ELER werden verschiedene Maßnahmen finanziert, mit denen die Energieerzeugung aus Biomasse aus der Landwirtschaft und Energieeinsparungen gefördert werden. Maßnahme 123 – Erhöhung der Wertschöpfung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse: Ziel von Vorhaben 1 ist es, die Ressourcenüberwachung, den Einsatz erneuerbarer Energien und umweltfreundliche Prozesse in der Landwirtschaft zu fördern. Verkehr Angesichts des begrenzten Territoriums und des Bevölkerungswachstums ist der Verkehr von hoher Bedeutung und mit großen Schwierigkeiten verbunden. Daher konzentrieren sich die Regionalbehörden neben der Anpassung des Haupt- und Nebenstraßennetzes auch auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, so z. B. mit dem Straßenbahn-Projekt, das zudem eine Möglichkeit bietet, die städtische Entwicklung zu lenken. Kanarische Inseln Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Der EFRE gibt kaum Antworten auf diese Fragen – lediglich 1,14 % des Gesamtbudgets wird zur Förderung des Schutzes der biologischen Vielfalt und der Natur verwendet. 141 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Die landwirtschaftliche Erzeugung beschränkt sich auf kleine Anbauparzellen und die Auswirkungen des Klimawandels gefährden den gesamten Sektor – insbesondere durch den Verlust spezieller Kultursorten infolge ungünstiger klimatischer Bedingungen. So ist es allein der ELER, aus dem die Umsetzung zumindest einiger Maßnahmen zum Erhalt der Artenvielfalt und zum Schutz der natürlichen Ressourcen finanziert wird: • Ausgleichzahlungen für naturbedingte Nachteile zugunsten von Landwirten in Berggebieten und Nicht-Berggebieten – unterstützt wird die landwirtschaftliche Tätigkeit in Berggebieten, um der Aufgabe der Landnutzung und damit Erosionsprozessen entgegenzuwirken. • Erhaltung und Sanierung des ländlichen Erbes: Ziel ist die Erweiterung der Kenntnisse über die natürliche Umwelt als einer wesentlichen Grundlage für Schutzpläne und die Bewirtschaftung von Arten und Lebensräumen von Natura2000-Gebieten in Ergänzung anderer Gebiete mit hohem Naturwert. Geplant sind die Sanierung, Erhaltung und Aufwertung des natürlichen und ländlichen Erbes und Maßnahmen zur Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die Erhaltung und Wiederherstellung der natürlichen Umwelt.180 Auswirkungen auf Gesundheit und Fremdenverkehr Mit dem Erhalt und Schutz von Naturgebieten werden die wichtigsten touristischen Anziehungspunkte der Kanarischen Inseln bewahrt, womit gleichzeitig ein Beitrag zur Erreichung der Ziele der Göteborg-Strategie geleistet wird. Die natürliche Umwelt der Kanarischen Inseln ist eine touristische Attraktion und sorgt für eine höhere Lebensqualität der Bevölkerung, woraus sich die Bedeutung erklärt, die ihr von der Regierung der Kanarischen Inseln und der Öffentlichkeit beigemessen wird.181 Diese strategische Ausrichtung ist im EFRE-Programm für den laufenden Zeitraum (2007-2013) verankert. Aus dem EFRE werden hauptsächlich Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel gefördert. Darunter fallen die Wasserbewirtschaftung und die Risikoprävention. Vergleichsweise hoch fällt die Unterstützung für die Gesundheit aus, die entweder über die Förderung von Gesundheitsinfrastrukturen oder über Dienstleistungen und Anwendungen für die Bürger (wie elektronische Gesundheitsdienste) erfolgt. Aus dem ELER erfolgt eine Förderung touristischer Aktivitäten mit dem Ziel, zusätzliche Einkommensquellen für die Bevölkerung zu schaffen und die traditionelle Landschaft in den ländlichen Gebieten wiederherzustellen.182 Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Aus dem Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums werden vorrangig die folgenden Aspekte im Zusammenhang mit der Anpassung an den Klimawandel gefördert: Zu den Zielen der Agrarumweltzahlungen, mit denen die nachhaltige Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen gefördert werden soll, gehören:183 180 181 182 183 • die Bekämpfung der Erosion sowie die Verbesserung der Struktur und der Fruchtbarkeit landwirtschaftlich genutzter Böden; • die Verhütung von Naturkatastrophen und die bessere Nutzung ländlicher Gebiete; • der Schutz der Artenvielfalt und von Agrarlandschaften. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 332 f. EFRE 2007, S. 139. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 320 f. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 281 f. 142 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Gefördert werden: • Erhaltung genetischer Ressourcen (vom Aussterben bedrohte lokale Arten, von Erosion bedrohte Pflanzen); • Maßnahmen zum Schutz und zur Steigerung der Artenvielfalt; • Landschaftspflege Agrargebiets. einschließlich des Schutzes historischer Merkmale des Wiederaufbau des forstwirtschaftlichen Potenzials und Einführung vorbeugender Aktionen: Mit dieser Maßnahme sollen die Folgen von Naturkatastrophen oder Bränden für Wälder eingedämmt werden. Weitere Ziele sind die Wiederherstellung und Verbesserung der Waldfläche auf der Inselgruppe, um den Schutz des Bodens vor Erosionsprozessen, die Grundwasserauffüllung, die Steigerung der Artenvielfalt und die Bekämpfung der Wüstenbildung zu fördern.184 Die Maßnahme Nichtproduktive Investitionen – nachhaltige Nutzung von Waldflächen ist in drei Aktionsschwerpunkte untergliedert: Forstwirtschaft, Wiederherstellung des Wasserhaushalts der Wälder und Schutz von Waldlebensräumen. Ziel der Forstwirtschaftsmaßnahmen ist es, die vom Menschen durch Abholzung, minderwertige landwirtschaftliche Produktionsmethoden und überhöhte Viehbestände verursachten Erosionsprozesse durch die Wiederherstellung von Waldökosystemen auszugleichen. Durch die Wiederherstellung des Wasserhaushalts der Wälder sollen die Erosion gezügelt und die verheerenden Auswirkungen von Überschwemmungen durch die Sanierung der Waldflächen eingedämmt werden. Gleichzeitig sollen damit die Qualität und die Quantität des zum Verbrauch verfügbaren Wassers sichergestellt werden. Durch die Beschränkung und Abgrenzung von Waldflächen sowie die Ausarbeitung von Plänen zur Sicherung der öffentlichen Nutzung von Wäldern sollen die Waldlebensräume geschützt werden185. Wasserbewirtschaftung Schwerpunkte der Förderung sind, wie oben dargelegt, die Wasserbewirtschaftung und die Trinkwasserversorgung. Zum Schutz wertvoller Ökosysteme sind eine integrierte Wasserbewirtschaftung und –planung der knappen Wasservorräte besonders wichtig. Dieser Themenkreis umfasst Maßnahmen wie die Gewährleistung einer angemessenen Wasserqualität, den effizienten Transport von Trinkwasser in die entlegensten Gebiete sowie den Schutz der öffentlichen Wasserversorgung und der nachhaltigen Wassernutzung durch die Förderung einer restriktiveren Preispolitik186. Auch aus dem ELER werden Initiativen zur Wasserbewirtschaftung gefördert, so z. B. mit der Maßnahme Verbesserung und Ausbau der Infrastruktur im Zusammenhang mit der Entwicklung und Anpassung der Land- und Forstwirtschaft, bei der es um die Verbesserung der Wasserbewirtschaftung, effiziente Bewässerungssysteme und die Qualität des für Bewässerungszwecke genutzten Wassers geht187. Zu den Vorhaben gehören Investitionen in die Bewässerungssysteme insbesondere in Bezug auf: wasserbauliche Anlagen, Pumpanlagen, Transportund Verteilungssysteme, Wasserverbrauchszähler, Kommunikationstechnologie, Abwasserbehandlung, Entwässerungsnetze, Regulierungskapazitäten, Speicherung und Überwachung von Wasser, Kontrollsysteme zur Regulierung des Wasserverbrauchs.188 184 185 186 187 188 PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 301 f. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 307 f. EFRE 2007: 137. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 248 f. ENRD, 2010b, S. 10. 143 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Neben der Wasserbewirtschaftung ist auch ein angemessenes Abfallbewirtschaftungssystem ein Schlüssel zur nachhaltigen Entwicklung, da sich damit die Auswirkungen von Schadstoffen auf die aufnehmende Umwelt, die Gesundheit des Menschen und den Klimawandel reduzieren lassen. Daher sollen die Wiederverwendung, das Recycling und die Reduzierung von Abfall gefördert werden. In Bezug auf die Luftqualität wurde auf den Kanarischen Inseln ein Überwachungsnetz aufgebaut, das auch der Unterrichtung der Bevölkerung über Luftverschmutzung gemäß der Richtlinie 2008/50/EG dient. Beim Aufbau eines Informationssystems über den aktuellen Stand der Luftverschmutzung können die Hauptemittenten ermittelt und weitere Maßnahmen zur Bekämpfung der Verschmutzung ergriffen werden.189 Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Im grenzübergreifenden Programm Spaniens wird neben den oben genannten Maßnahmen der Abbau der institutionellen, rechtlichen, technischen, geschäftlichen und finanziellen Schwierigkeiten empfohlen, um den Ausbau und die Verbreitung von erneuerbaren Energien und energieeffizienten Technologien zu fördern.190 Der ELER unterstützt die Erzeugung erneuerbarer Energie durch • Maßnahme 311: Diversifizierung hin zu nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten – damit werden Investitionen im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Vermarktung alternativer Energien gefördert191. Beispiele hierfür sind der Verkauf und die Installation alternativer Energietechnologie sowie die Verarbeitung und Verwendung von Agrarabfällen192. • Maßnahme 321: Dienstleistungseinrichtungen zur Grundversorgung für die ländliche Wirtschaft und Bevölkerung – Förderung des Baus und der Erneuerung von kleinen Energieversorgungsanlagen (u. a. auch für erneuerbare Energie).193 • Maßnahme 123 – Erhöhung der Wertschöpfung der land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse beinhaltet Investitionen in Energieeinsparungen, die effiziente Energienutzung, die Nutzung erneuerbarer Energien und die Kraft-Wärme-Kopplung. Darüber hinaus werden Investitionen gefördert, die auf die Umwandlung von landund forstwirtschaftlichem Primärmaterial in Bioenergiepflanzen und von land-, viehund forstwirtschaftlichem Abfall in Biokraftstoff ausgerichtet sind.194 Wissensgrundlage und Weiterbildung Ein besonderer Schwerpunkt des EFRE liegt auf der Entwicklung einer wissensbasierten Wirtschaft: Den Kanarischen Inseln werden Beihilfen für die Forschung in innovativen und fortgeschrittenen Forschungs- und Entwicklungsprojekten u. a. in den Bereichen Biomedizin und Gesundheit, nachhaltige Entwicklung und Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen, Artenvielfalt, erneuerbare Energie, Klimawandel und Wüstenbildung gewährt. Dazu zählt beispielsweise der Aufbau einer Offshore-Aquakultur und einer Plattform für OzeanForschungsprojekte vor den Kanarischen Inseln.195 189 190 191 192 193 194 195 EFRE 2007, S. 138, 140. Ministerio de Economía y Hacienda 2010, 50. ENRD, 2010b, S. 10. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 317 f. ENRD, 2010b, S. 13. ENRD, 2010b, S. 13. EFRE 2007, S. 122. 144 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage Im Rahmen der Zusammenarbeit mit den Atlantikregionen Spaniens förderfähig sind ferner Ausbildungsmaßnahmen und der Austausch von Experten auf den Gebieten Bewirtschaftung erneuerbarer Energien, Wasserressourcen und Abfallwirtschaft.196 Aus dem Fonds für die Entwicklung des ländlichen Raums werden folgende Maßnahmen zur Abschwächung des Klimawandels gefördert: • Maßnahme 111 – Berufsbildungs- und Informationsmaßnahmen – damit sollen die Kenntnisse im Bereich der nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft vertieft und diese Themen besser bekannt gemacht werden197. Es werden verschiedene Arten von Fortbildungen gefördert, darunter Maßnahmen zur Verbreitung wissenschaftlicher und innovativer Verfahren, die sich an die Beschäftigten im Agrar-, Lebensmittelund Forstsektor richten. Im Zuge der Maßnahmen werden Erkenntnisse über erneuerbare Energien, Klimawandel, Wasserbewirtschaftung und Artenvielfalt verbreitet198. • Maßnahme 114 – Inanspruchnahme von Beratungsdiensten: Mit dieser Maßnahmen sollen die Landwirte zur Inanspruchnahme von Beratungsdiensten ermutigt werden, um so die Gesamt- und Umweltleistung ihres Betriebs zu erhöhen199. Bei den behandelten Themen werden die Umwelt- und Klimaauswirkungen sowie der Tierschutz besonders berücksichtigt200. • Maßnahme 121 - Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe: Gefördert werden Investitionen in neue Umwelttechnologien insbesondere im Zusammenhang mit der Modernisierung von Bewässerungssystemen, dem effizienten Wasserverbrauch, der Lagerung und Behandlung von Dung, der Wasserqualität und der Artenvielfalt201. • Maßnahme 214: Agrarumweltzahlungen: Damit soll die nachhaltige Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen gefördert werden. Zu den Zielen gehört u. a.202: die Sensibilisierung der Bevölkerung für Umweltbelange. Verkehr Zur Verringerung der Isolation wird der Förderung des intermodalen Verkehrs und der Entwicklung intelligenter Verkehrslösungen wie Straßen, auf denen Busse Vorrang haben, automatischen Fahrzeugleitsystemen und der Bereitstellung von Echtzeitinformationen hohe Priorität eingeräumt.203 Als letzte aus dem ELER finanzierte Abschwächungsmaßnahme ist Maßnahme 223: Erstaufforstung nichtlandwirtschaftlicher Flächen zu nennen. Damit soll die Waldfläche der Inselgruppe vergrößert werden, um so den Boden vor Erosionsprozessen zu schützen, die CO2-Bindung zu verbessern und die Wüstenbildung zu bekämpfen.204 Azoren Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Ganz allgemein sind die Azoren wahrscheinlich die Region in äußerster Randlage, die mit ihren regionalpolitischen Maßnahmen am wenigsten gegen den Klimawandel unternimmt. Nur 196 197 198 199 200 201 202 203 204 Ministerio de Economía y Hacienda, 2010, S. 61. ENRD, 2010b, S. 8. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 307 f. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 224 f. ENRD, 2010b, S. 8. ENRD, 2010b, S. 10. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 281 f. EFRE 2007, S. 168. PLE Kanarische Inseln, 2010, S. 296 f. 145 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik ca. 1,5 % des EFRE-Gesamthaushalts werden im laufenden Programmplanungszeitraum für den Naturschutz, die Förderung des natürlichen Reichtums und den Schutz und die Bewirtschaftung des Naturerbes aufgewendet. Diese fehlende Förderung birgt die Gefahr, dass die Anpassungsfähigkeit des Ökosystems mittelfristig sinkt. Wie bereits festgestellt, ist Milch das wichtigste Agrarprodukt der Azoren. Daraus erklärt sich die relative hohe Förderung aus der Säule 1 der GAP. Die Tendenz zur Umwandlung von Naturräumen in Rinder-Weideflächen und damit zur Erhöhung des Viehbestands führt zu einem beträchtlichen Anstieg der Treibhausgasemissionen (in Form von Methan-Emissionen). Aus Säule 2 der GAP werden nur in begrenztem Maße Gegenmaßnahmen finanziert: • Maßnahme 212: Ausgleichszahlungen für Gebiete mit naturbedingten Nachteilen, die nicht Berggebiete sind – damit wird zur dauerhaften Nutzung landwirtschaftlicher Flächen in Gebieten beigetragen, die in Bezug auf die natürlichen Ressourcen benachteiligt sind, um so den ländlichen Lebensraum zu erhalten und nachhaltige Bewirtschaftungsformen zu bewahren bzw. auszudehnen.205 • Maßnahme 323: Erhaltung und Aufwertung des ländlichen Erbes - Ziel dieser Maßnahme ist die Förderung der Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung des ländlichen, natürlichen und kulturellen Erbes der Azoren.206 Auswirkungen auf Küsten- und Meeresökosysteme und die Fischerei (Zuwanderung tropischer Fische) In letzter Zeit sind mehrere tropische Fischarten in den Gewässern rund um die Azoren beobachtet worden. Der Zwerghai (Squaliolus laticaudus) wurde erstmals im Jahr 1998 entdeckt207 und die Kleine Gabelschwanzmakrele (Seriola fasciata) im Jahr 2006208. Eine Erklärung für ihr dortiges Auftauchen könnte in der räumlichen Verteilung dieser Arten infolge der Wassererwärmung liegen. Auch die Ansiedlung und Ausbreitung der Grünalge Caulerpa webbiana, einer unlängst in den azorischen Gewässern entdeckten invasiven Spezies, könnte durch die steigenden Wassertemperaturen erleichtert worden sein209. Ebenso ist bereits die Abwanderung von Fischarten in europäische Gewässer beobachtet worden. In einer vor kurzem erstellten Studie wurde die räumliche Verteilung mehrerer Fischarten in der Nordsee zwischen 1977 und 2001 analysiert. Von den 36 untersuchten Arten sind 15 Arten wie die Seezunge (Solea solea) und der Dorsch (Gadus morhua) in Reaktion auf die Erwärmung des Wassers um durchschnittlich 1,5 °C weiter nordwärts gewandert.210 Einige Arten sind in weniger als 20 Jahren bis zu 1 000 Kilometer weiter nordwärts gezogen211. Indem sie an die Stelle heimischer Arten treten, können zuwandernde Arten zu gewaltigen Ungleichgewichten im Ökosystem führen. Obwohl die Fischerei eine unverzichtbare Einnahmequelle auf den Azoren ist und ansonsten reichlich Unterstützung aus dem EFF erfährt, bietet dieser keine Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels. Auswirkungen auf den Fremdenverkehr Der Fremdenverkehrssektor ist in den vergangenen zehn Jahren angewachsen und zu einer erheblichen Quelle klimawandelrelevanter Emissionen geworden. Die aus dem EFRE finanzierten Gegenmaßnahmen, bei denen es um die Wasserbehandlung und 205 206 207 208 209 210 211 PLE Azoren, 2007, S. 271 f. PLE Azoren, 2007, S. 372. Silva, 1998. Silva, 1998; Machado, 2006. Cardigos et al., 2006. Perry, 2005. Quéro, 1998. 146 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage -bewirtschaftung (Trinkwasser) sowie die Abfallbehandlung geht, dienen in erster Linie der Anpassung. In gewissem Maße wurden auch Gesundheitsthemen in Angriff genommen (Gesundheitsinfrastruktur und Dienstleistungen/Anwendungen für Bürger), doch liegen die Aufwendungen hierfür weit unter denen anderer Regionen in äußerster Randlage. Der ELER dient der Förderung touristischer Aktivitäten – d. h. der Entwicklung touristischer Initiativen und sonstiger Erholungs- und Freizeitaktivitäten in Verbindung mit der Verbesserung der ökologischen Komponenten und der Erhöhung der Nachhaltigkeit.212 Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Wie bereits dargelegt, liegt der Schwerpunkt der regionalpolitischen Förderung zur Bekämpfung des Klimawandels auf den Azoren auf Anpassungsmaßnahmen. So werden Infrastrukturprojekte in den Bereichen Häfen sowie Wasser- und Abfallbehandlung finanziert. Aus dem ELER werden ähnliche Aktivitäten gefördert: • – – 212 213 Maßnahme 125: Verbesserung und Ausbau der Infrastruktur – dazu gehören Projekte und Maßnahmen, die nicht nur mit der Bewässerung in Verbindung stehen, sondern auch auf die angemessene Bewirtschaftung der Wasserressourcen entsprechend den Besonderheiten der Territorien ausgerichtet sind. Ziel der Maßnahme sind der Aufbau und die Aufwertung kollektiv bewässerter Parzellensysteme. Unter diese Maßnahme fallen ausschließlich kollektive Initiativen, sowohl öffentlicher wie auch privater Natur, wobei u. a. folgende Hauptanliegen verfolgt werden: Förderung der Verfügbarkeit von Wasser, um Unregelmäßigkeiten der Niederschlagsverteilung innerhalb eines Jahres bzw. mehrerer Jahre begegnen zu können, indem die Anzahl der entsprechend ausgestatteten Gebiete erhöht wird; dadurch werden die Wassernutzung verbessert und Einsparungen bei gleichzeitiger Verringerung der Entnahmebelastung erzielt werden, sodass die Nutzungseffizienz und der Schutz der Naturschätze und Landschaften sowie der Erhalt bzw. die Erholung von Wasserläufen auf umfassende und integrierte Weise sichergestellt werden; Förderung des Baus von Bewässerungsanlagen, einschließlich nachgelagerter Bewässerungsnetze im Zusammenhang mit dem Mehrzweckprojekt Alqueva als Schlüsselinstrument für die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der portugiesischen Landwirtschaft, insbesondere ihrer strategischen Verknüpfungen, unter Berücksichtigung umweltspezifischer Aspekte und der Notwendigkeit, die angemessene und nachhaltige Nutzung des Wassers, der Infrastruktur und des Bodens zu gewährleisten, sowie unter genauester Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie; – Erhöhung der Effizienz der bestehenden Bewässerungssysteme und Verbesserung ihrer Bewirtschaftung mit dem vorrangigen Ziel ihrer Modernisierung; – bauliche Änderungen an Bewässerungsdämmen zur Durchsetzung der neuen Sicherheitsstandards; – Leistung eines Beitrags zur Ökoeffizienz und zur Verringerung der Verschmutzung durch Förderung der ökologischen Aufwertung; – Leistung eines Beitrags zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben und zum Aufbau strategischer Verkettungen213. PLE Azoren, 2009, S. 360. ENRD, 2010c, S. 8. 147 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik • Maßnahme 126 – Schaffung der Rahmenbedingungen für die Aufrechterhaltung von durch schwere Naturkatastrophen beeinträchtigten Produktionsbedingungen durch Investitionen zur Wiedereinsetzung bzw. Aufstockung gebundenen Kapitals, einschließlich Anpflanzungen in den landwirtschaftlichen Betrieben, Gewächshäusern und Infrastrukturen. Dies gilt auch für die Lage im Gefolge von Unglücken oder Katastrophen, insbesondere wenn sie durch das Klima (Klimaänderungen) oder Brände ausgelöst wurden.214 • Maßnahme 214 – Agrarumweltzahlungen – darunter fallen:215 – Schutz der Artenvielfalt und der Landschaft (Erhaltung der Gehege und der Lavasteineinfassungen der Weinberge, Erhaltung von Hecken zum Schutz von Obstkulturen sowie Aroma- und Arzneipflanzen, Bewahrung traditioneller Obstgärten, Schutz der einheimischen Rinderrasse „Ramo Grande“) – Zahlungen im Rahmen von Natura 2000 für landwirtschaftlich genutzte Flächen. Maßnahmen 224, 225, 226 und 227 dienen der steigenden Nachfrage nach Umweltleistungen und ermutigen die Inhaber von Waldflächen, freiwillig verbindliche Standards einzuhalten, die folgenden Zwecken dienen: – Artenvielfalt; – Erhalt hochwertiger Waldökosysteme; – Stärkung der Schutzfunktion von Wäldern gegen Bodenerosion; – Erhaltung der Wasserressourcen und der Wasserqualität und – Schutz vor Naturgefahren. Mit Zahlungen im Rahmen von Natura 2000 werden Maßnahmen zur Förderung der Vielfalt vorhandener Waldtier- und –pflanzenarten, der nachhaltigen Nutzung von Forstflächen und zur Verminderung der von invasiven Pflanzen ausgehenden Risiken unterstützt.216 Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Energie Die wichtigsten Initiativen zur Abschwächung des Klimawandels, die im Rahmen der GAP aktiv unterstützt werden, sind die Erzeugung erneuerbarer Energie und die Nutzung von Erdwärme. Aus dem ELER wird Unterstützung für den Kapazitätsaufbau und für nachhaltige Methoden der landwirtschaftlichen Produktion gewährt, um so den Klimawandel einzudämmen: 214 215 216 217 • Maßnahme 114 – Inanspruchnahme von Beratungsdiensten Nachhaltigkeit von Land- und Forstwirtschaft bei.217 • Maßnahme 121 unterstützt Vorhaben zur Anpassung und zum Erwerb spezieller Ausrüstung für die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energie, insbesondere zur Erhöhung des wirtschaftlichen Werts von Nebenerzeugnissen und Abfällen aus der Land- und Forstwirtschaft (z. B. Biogas). In diesem Zusammenhang könnten Energiepflanzen, auch wenn sie nicht direkt erwähnt werden, durch allgemeine ENRD, 2010c, S. 8. PLE Azoren, 2007, S. 279 f. PLE Azoren, 2007, S. 338 f. PLE Azoren, 2007, S. 193. 148 - trägt zur Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage • Weitere Aktivitäten wie die Erschließung der Nutzung von Biomasse (z. B Bioprodukte) könnten mit den Maßnahmen 123 und 124 gefördert werden, bei denen es um die Entwicklung neuer Produkte, Technologien und Verfahren geht. Maßnahme 123 hat besonderen Bezug zum Bereich Biomasse, da sie Unterstützung für die Gewinnung, Verarbeitung und Vermarktung von holzigem Material vorsieht, insbesondere durch die Förderung von Investitionen in Pflanzen, die für diese Arten von Rohstoffen besonders geeignet sind.219 • Maßnahme 214 – Agrarumweltzahlungen Abschwächung des Klimawandels.220 • Nachhaltige Erzeugung (ökologischer Landbau, extensive Viehhaltung, Schutz von Tümpeln) • Maßnahmen 221, 222 und 223 zielen auf die Förderung der Aufforstung stillgelegter Agrarflächen und nicht landwirtschaftlich genutzter Flächen mit ökologisch gut angepassten Baumarten ab. Darüber hinaus werden Verknüpfungen zwischen Agrarproduktion und/oder Viehhaltung und forstwirtschaftlicher Produktion durch die Einführung extensiver Waldstrukturen gefördert, die zu den gemeinsamen Zielen des Umweltschutzes, der Erhöhung der Artenvielfalt, der Verhütung von Naturkatastrophen und der Bekämpfung des Klimawandels beitragen.221 • Maßnahmen 311 und 312 - Diversifizierung hin zu nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten und Unterstützung der Gründung und Entwicklung von Kleinstunternehmen – gefördert werden Investitionen in die Erzeugung erneuerbarer Energien sowie die Finanzierung von Unternehmensgründungen in diesem Bereich.222 – enthält eine Maßnahme zur Madeira Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Aus dem ELER erfolgen vorrangig Ausgleichszahlungen für die Landwirtschaft in benachteiligten Gebieten und nur zu einem geringen Teil für die Erhaltung des ländlichen Erbes: 218 219 220 221 222 223 224 • Maßnahme 211 – Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile zugunsten von Landwirten in Berggebieten – Hauptziele dieser Maßnahme sind die Schaffung der Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der landwirtschaftlichen Tätigkeit als der Grundlage für die sozioökonomische Lebensfähigkeit ländlicher Gemeinschaften und der Erhalt der Hauptmerkmale der Region. Die Maßnahme soll auf den Inseln Madeira und Porto Santo umgesetzt werden.223 • Maßnahme 212: Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile in Gebieten, die nicht Berggebiete sind – damit werden landwirtschaftliche Tätigkeiten in anderen ländlichen Gebieten gefördert.224 • Maßnahme 323: Erhaltung und Aufwertung des ländlichen Erbes – Ziel dieser Maßnahme ist die Unterstützung von Aktivitäten zur Förderung des ländlichen ENRD, 2010c, S. 12. ENRD, 2010c, S. 12. PLE Azoren, 2007, S. 279 f. PLE Azoren, 2007, S. 331 f. ENRD, 2010c, S. 12. PLE Madeira, 2009, S. 191 f. PLE Madeira, 2009, S. 191. 149 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Erbes225. Innerhalb dieser Maßnahme wurden keine Anträge oder Zahlungen genehmigt.226 Auswirkungen auf Gesundheit und Fremdenverkehr Die Regionalpolitik Madeiras ist in vielerlei Weise mit dem Fremdenverkehr befasst, wobei es jedoch fast ausschließlich um die Verbesserung der Infrastruktur und den Ausbau der Tourismustätigkeiten geht (was wiederum klimawandelrelevante Emissionen beträchtlich erhöht).Die wichtigsten Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels im Bereich des Fremdenverkehrs, mit denen auch ein Beitrag zur Anpassung an den Klimawandel geleistet wird, bestehen in Verbesserungen der Wasser- und Abfallbehandlung. Lediglich 2 % des EFRE-Haushalts werden für die Gesundheitsinfrastruktur und öffentliche Dienstleistungen (wie elektronische Gesundheitsdienste) aufgewendet. Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Wie oben dargelegt, wurde in Madeira ein Bündel regionalpolitischer Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel eingeleitet, das von der Wasserversorgung, über die Wasserbehandlung und die Abfallbewirtschaftung bis zur Verbesserung der HafenInfrastruktur reicht. Auch der ELER bietet kleinere Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur und/oder zur Stärkung der Anpassungsfähigkeit der landwirtschaftlichen Produktion an den Klimawandel. • – – Maßnahme 125: Verbesserung und Ausbau der Infrastruktur – dazu gehören Projekte und Maßnahmen, die nicht nur mit der Bewässerung in Verbindung stehen, sondern auch auf die angemessene Bewirtschaftung der Wasserressourcen entsprechend den Besonderheiten der Territorien ausgerichtet sind. Ziel der Maßnahme sind der Aufbau und die Aufwertung kollektiv bewässerter Parzellensysteme. Unter diese Maßnahme fallen ausschließlich kollektive Initiativen, sowohl öffentlicher wie auch privater Natur, wobei u. a. folgende Hauptanliegen verfolgt werden: Förderung der Verfügbarkeit von Wasser, um Unregelmäßigkeiten der Niederschlagsverteilung innerhalb eines Jahres bzw. mehrerer Jahre begegnen zu können, indem die Anzahl der entsprechend ausgestatteten Gebiete erhöht wird; dadurch werden die Wassernutzung verbessert und Einsparungen bei gleichzeitiger Verringerung der Entnahmebelastung erzielt werden, sodass die Nutzungseffizienz und der Schutz der Naturschätze und Landschaften sowie der Erhalt bzw. die Erholung von Wasserläufen auf umfassende und integrierte Weise sichergestellt werden; Förderung des Baus von Bewässerungsanlagen, einschließlich nachgelagerter Bewässerungsnetze im Zusammenhang mit dem Mehrzweckprojekt Alqueva als Schlüsselinstrument für die Entwicklung und Wettbewerbsfähigkeit der portugiesischen Landwirtschaft, insbesondere ihrer strategischen Verknüpfungen, unter Berücksichtigung umweltspezifischer Aspekte und der Notwendigkeit, die angemessene und nachhaltige Nutzung des Wassers, der Infrastruktur und des Bodens zu gewährleisten, sowie unter genauester Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie; – 225 226 Erhöhung der Effizienz der bestehenden Bewässerungssysteme und Verbesserung ihrer Bewirtschaftung mit dem vorrangigen Ziel ihrer Modernisierung; PLE Madeira, 2009, S. 243. GPP, 2010, S. 21. 150 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage – bauliche Änderungen an Bewässerungsdämmen zur Durchsetzung der neuen Sicherheitsstandards; – Leistung eines Beitrags zur Ökoeffizienz und zur Verringerung der Verschmutzung durch Förderung der ökologischen Aufwertung; – Leistung eines Beitrags zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit von landwirtschaftlichen Betrieben und zum Aufbau strategischer Verkettungen.227 • Maßnahme 126 – Schaffung der Rahmenbedingungen für die Aufrechterhaltung von durch schwere Naturkatastrophen beeinträchtigten Produktionsbedingungen durch Investitionen zur Wiedereinsetzung bzw. Aufstockung gebundenen Kapitals, einschließlich Anpflanzungen in den landwirtschaftlichen Betrieben, Gewächshäusern und Infrastrukturen. Dies gilt auch für die Lage im Gefolge von Unglücken oder Katastrophen, insbesondere wenn sie durch das Klima (Klimaänderungen) oder Brände ausgelöst wurden.228 • Maßnahme 226 – Wiederaufbau des forstwirtschaftlichen Potenzials und Einführung vorbeugender Maßnahmen: Mit dieser Maßnahme soll die Wiederherstellung des Produktionspotenzials von durch Brände oder andere natürliche Ursachen geschädigten Waldflächen gefördert werden. Ein weiteres Ziel ist die Verbesserung und Anpassung der Infrastruktur von Waldgebieten im Einklang mit der notwendigen Zugänglichkeit für Schutzmaßnahmen gegen Waldbrände.229 • Maßnahme 227 – Nichtproduktive Investitionen – damit sollen die Umweltfunktionen von Wäldern gestärkt werden (Schutz von Boden und Wasserressourcen, Artenvielfalt usw.) Darunter fallen auch Maßnahmen zur Förderung der sozialen Funktionen von Wäldern. Möglichkeiten der Abschwächung der Folgen und praktisches Vorgehen (Energieunabhängigkeit) Wie oben dargelegt leistet die Regionalpolitik in Madeira nur einen begrenzten Beitrag zur Abschwächung des Klimawandels. Allerdings werden im Rahmen des EFRE verschiedene Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energiequellen und nachhaltiger Verkehrssysteme durchgeführt. Die Unterstützung aus dem ELER hat einen geringen Umfang und erstreckt sich auf den Kapazitätsausbau (Schulung und Beratungsdienste), Agrarumweltmaßnahmen, Aufforstung und Diversifizierung landwirtschaftlicher Tätigkeiten (erneuerbare Energie): • Schulungsund Informationsmaßnahmen (Maßnahme 111) könnten ein entscheidendes Instrument zur Verbesserung der spezifischen Qualifikationen der in der Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft tätigen Personen sein; so könnten ihre betriebswirtschaftlichen und fachlichen Kenntnisse ausgebaut werden und sie würden insbesondere auf die Bewältigung der Herausforderungen des Klimawandels vorbereitet werden. Beispiele hierfür sind die laufenden Schulungen für Junglandwirte oder die Schulungen im Rahmen integrierter Projekte. Unter Maßnahme 111 fallen auch Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Unternehmensmodernisierung und dem Kapazitätsaufbau, spezielle Schulungen und thematische Netzwerke für Informations- und Verbreitungszwecke sowie Zielsetzungen wie: 227 228 229 230 ENRD, 2010c, S. 8. ENRD, 2010c, S. 8. PLE Madeira, 2009, S. 226 f. RDP Madeira, 2009, p. 232 f. 151 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik – Förderung der Entwicklung einer hohen Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere durch Einführung von Innovationen; – Erhaltung und Verbesserung der Umwelt unter Einhaltung von Umwelt- und Sicherheitsstandards; – Leistung eines Beitrags zur Verbesserung der spezifischen Fähigkeiten von in der Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft tätigen Personen durch den Ausbau ihrer betriebswirtschaftlichen und fachlichen Kenntnisse; – Förderung des Entstehens von Netzwerken zu Informationsverarbeitungs- und Verbreitungszwecken, die dazu dienen, das verfügbare fachliche und wissenschaftliche Wissen zu strukturieren, um so die Weitergabe an Personen mit entsprechendem Informationsbedarf zu optimieren.231 • Maßnahme 114 – Inanspruchnahme von Beratungsdiensten: Mit dieser Maßnahmen sollen die Landwirte zur Inanspruchnahme von Beratungsdiensten ermutigt werden, um ihre Kenntnisse über gute landwirtschaftliche und ökologische Praxis in Übereinstimmung mit den Normen für die öffentliche Gesundheit (Tier- und Pflanzengesundheit) und für die Sicherheit am Arbeitsplatz sowie den Umweltnormen zu verbessern.232 • Maßnahme 121 unterstützt Vorhaben zur Anpassung und zum Erwerb spezieller Ausrüstung für die Erzeugung und Nutzung erneuerbarer Energie, insbesondere zur Erhöhung des wirtschaftlichen Werts von Nebenerzeugnissen und Abfällen aus der Land- und Forstwirtschaft (z. B. Biogas). In diesem Zusammenhang könnten Energiepflanzen, auch wenn sie nicht direkt erwähnt werden, durch allgemeine Programme für Mehrjahreskulturen gefördert werden. Mit dieser Maßnahme werden zudem wichtige Aktivitäten zur Abschwächung des Klimawandels unterstützt.233 • Weitere Aktivitäten wie die Erschließung der Nutzung von Biomasse (z. B Bioprodukte) könnten mit den Maßnahmen 123 und 124 gefördert werden, bei denen es um die Entwicklung neuer Produkte, Technologien und Verfahren geht. Maßnahme 123 hat besonderen Bezug zum Bereich Biomasse, da sie Unterstützung für die Gewinnung, Verarbeitung und Vermarktung von holzigem Material vorsieht, insbesondere durch die Förderung von Investitionen in Pflanzen, die für diese Arten von Rohstoffen besonders geeignet sind.234 • Maßnahme 214 – Agrarumweltzahlungen – dem Programm für die ländliche Entwicklung von 2009 zufolge fallen darunter die folgenden beiden Aktionen:235 – Ökologischer Landbau: Ziele sind die Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit und die Verringerung potenziell auslaugbarer Nährstoffe. – Erhalt von Erdwällen: Terrassenlandschaften Schutz traditioneller Befestigungsformen von Weitere Ziele der im PLE von Madeira enthaltenen Aktionen sind: • 231 232 233 234 235 Förderung von Betriebsführungs- und Agrarproduktionspraktiken, die auf Verpflichtungen basieren, mit denen zum Schutz und zur Verbesserung der Umwelt, der Landschaft, der natürlichen Ressourcen und des Bodens beigetragen werden soll, ENRD, 2010c, S. 7 f. PLE Madeira, 2009, S. 125 f. ENRD, 2010c, S. 12. ENRD, 2010c, S. 12. PLE Madeira, 2009, S.196 f. 152 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage und die über die Grundanforderungen für einen „guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand“ hinausgehen; • Förderung des Erhalts und der Erhöhung der tier- und pflanzengenetischen Vielfalt; • Leistung eines Beitrags zur Erzeugung zertifizierter Qualitätsprodukte. • Maßnahme 221: Erstaufforstung landwirtschaftlicher Flächen: Mit dieser Maßnahme soll die Entwicklung der Forstwirtschaft auf zuvor landwirtschaftlich genutzten Flächen gefördert werden, um die Umweltschutzfunktion des Waldes zu verstärken, die Erosion zu bremsen und die Landschaft zu erhalten und zu verbessern. Innerhalb dieser Maßnahme werden auch Aktionen unterstützt, mit denen ein Beitrag zu einer angemesseneren Waldbewirtschaftung und zur Reduzierung von Brandgefahren geleistet wird.236 • Maßnahme 223: Erstaufforstung nichtlandwirtschaftlicher Flächen: Mit dieser Maßnahme soll die Entwicklung der Forstwirtschaft auf zuvor nicht landwirtschaftlich genutzten Flächen gefördert werden, um die Umweltschutzfunktion des Waldes zu verstärken, die Erosion zu bremsen und die Landschaft zu erhalten und zu verbessern. Innerhalb dieser Maßnahme werden auch Aktionen unterstützt, mit denen ein Beitrag zu einer angemesseneren Waldbewirtschaftung und zur Reduzierung von Brandgefahren geleistet wird.237 • Maßnahmen 311 und 312 - Diversifizierung hin zu nichtlandwirtschaftlichen Tätigkeiten und Unterstützung der Gründung und Entwicklung von Kleinstunternehmen – gefördert werden Investitionen in die Erzeugung erneuerbarer Energien sowie die Finanzierung von Unternehmensgründungen in diesem Bereich238. Französisch-Guayana Auswirkungen auf Landökosysteme und die Landwirtschaft Die EU-Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels, bei denen es um die Artenvielfalt und den Schutz der natürlichen Ressourcen geht, beschränken sich auf den ELER: • Maßnahme 211: Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile zugunsten von Landwirten in Berggebieten – Diese Maßnahme wurde nicht gewählt, da es keine Berggebiete in den landwirtschaftlich genutzten Regionen Guayanas gibt.239 • Maßnahme 212: Ausgleichszahlungen für naturbedingte Nachteile in Gebieten, die nicht Berggebiete sind. Angestrebt wird der Ausgleich struktureller Probleme im Zusammenhang mit dem Klima und kargen Böden.240 Es ist recht bedenklich, dass aus dem EFRE nur sehr geringe Mittel zur Förderung des Naturschutzes und/oder zum Schutz von Naturschätzen und damit zur Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Ökosysteme an den Klimawandel aufgewendet werden. Auswirkungen auf Fremdenverkehr und Gesundheit Das EFRE-Programm Guayanas enthält einige Initiativen zur „Entwicklung von Potenzialen für hohe Wertschöpfung und Innovation“: Zur Bekämpfung (erneut) aufflammender tropischer Krankheiten (wie z. B. Dengue-Fieber, Malaria und durch Arboviren übertragene Krankheiten) müssen eine wissensbasierte Wirtschaft ausgebaut und die Forschung im 236 237 238 239 240 PLE Madeira, 2009, S. 212 f. PLE Madeira, 2009, S. 218 f. ENRD, 2010c, S. 12. PLE Guyana, 2010, S. 118. Siehe auch für den folgenden Abschnitt: PLE Guyana, 2010, S. 190 ff. 153 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Biotechnologiebereich gefördert werden. Die Maßnahmen umfassen die Gesundheitsüberwachung, die Forschung zur Lokalisierung und Verfolgung des Ausbruchs tropischer Krankheiten sowie auch die Einrichtung von Laboratorien und Kliniken, die in den Fachbereichen Virologie, Immunologie und Epidemiologie tätig sind. Da Guayana kein hoch entwickeltes Fremdenverkehrsziel darstellt, werden diese Initiativen nur in geringem Maße gefördert – gleiches gilt für Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels im Fremdenverkehrsbereich. Notwendigkeit und Möglichkeit der Anpassung sowie praktisches Vorgehen Der Großteil der Mittel für die Bekämpfung des Klimawandels fließt in Aktivitäten zur Anpassung an den Klimawandel (Naturschutz, Wasserversorgung, ökologische Produktionsverfahren): • ACHSE 1: Entwicklung von Potenzialen für hohe Wertschöpfung und Innovation Eine Priorität ist die Entwicklung von Technologien, mit denen die Folgen von Materialkorrosion und -zersetzung aufgrund der Einwirkung von Feuchtigkeit, Hitze, Sonne und Meeresluft verringert werden sollen. Damit liegt die Priorität auf der Wissenserlangung sowie dem Erhalt und der Nutzung (z. B. Verwendung natürlicher Inhaltsstoffe für pharmazeutische Erzeugnisse) der hohen Artenvielfalt Guayanas. • ACHSE 6: Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung in einem einzigartigen ökologischen Kontext Das Wirtschaftspotenzial Guayanas muss verbessert werden, ohne die Qualität seiner Umwelt zu beeinträchtigen. Vor diesem Hintergrund wurden der Regionale Naturpark von Guayana (PNRG) und der Amazonaspark von Guayana (PAG) eingerichtet, um die Umwelt zu schützen und gleichzeitig die Entwicklung örtlicher Wirtschaftstätigkeiten zu fördern. Soll Guayana als Reiseland bekannt gemacht werden, in dem nachhaltige Entwicklung mit hoher Qualität praktiziert wird, müssen die natürlichen Ressourcen umweltfreundlich genutzt werden, z. B. unter Einsatz ökologisch einwandfreier Abbautechniken bei der Goldgewinnung. Dies sollte durch die Anwendung von Qualitätsmanagement- und Zertifizierungssystemen gewährleistet werden. Die Konzepte des Umweltschutzes und der nachhaltigen Entwicklung sollten ganz allgemein, insbesondere jedoch im Bausektor berücksichtigt werden und sowohl in die Umsetzung der Agenda 21 als auch in das Umweltmanagement durch kollektive Organisationen einbezogen werden. • ACHSE 8: Verbesserung der Lebensumwelt Bei der Trinkwasserversorgung bemühen sich die zuständigen Behörden und die Wasserversorgungsgesellschaft Guayanas darum, die Verluste im Leitungssystem zu reduzieren und Grundwasserressourcen zu nutzen. Hauptschwerpunkte neben der Versorgung sind die Verbesserung der Wasserverteilung und der Qualität des verteilten Wasser. Darüber hinaus stehen die Behandlung des Abwassers und die Modernisierung der Kläranlagen im Mittelpunkt der Abwasserrichtlinie. Die Mittel des ELER werden hauptsächlich für die Verbesserung der Infrastruktur sowie für die Wiederherstellung und den Schutz von Ökosystemen eingesetzt: • Maßnahme 125: Verbesserung und Ausbau der Infrastruktur im Zusammenhang mit der Entwicklung und Anpassung der Land- und Forstwirtschaft: Bei Vorhaben A geht es um die Verbesserung der Wasserbewirtschaftung und die Steuerung des Bewuchses auf dem Polder durch die Abflachung des Geländes. Vorhaben B 154 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage beschäftigt sich mit der Bewirtschaftung und Vergabe von landwirtschaftlichen Flächen.241 • Maßnahme 214: Agrarumweltzahlungen242 Vorhaben F: Erhalt von Landschaften mit hohem Potenzial in Bezug auf die Artenvielfalt. (Teilaspekte: Anpflanzung und Erhalt von Heckenlandschaften, Schutz von Auenwäldern und Hainen sowie Wiederherstellung und Erhalt von Teichen und Wasserstellen) Vorhaben H: Erhaltung bedrohter Arten • Maßnahme 216 – Nichtproduktive Investitionen. Investitionsmaßnahmen in Verbindung mit MAE (Agrarumweltzahlungen) zum Schutz von Wasserressourcen, der Artenvielfalt und von Landschaften. Sie sind an die Umsetzung von Verpflichtungen entsprechend der Maßnahme 214 gekoppelt243. • Maßnahme 226 – Wiederaufbau des forstwirtschaftlichen Potenzials und Einführung vorbeugender Maßnahmen: Diese Maßnahme wurde in Guayana nicht umgesetzt244. • Maßnahme 227 – Nichtproduktive Investitionen – Erhaltung von Waldflächen: Gegenstand ist die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder Guayanas. Mit dieser Maßnahme werden verschiedene Ziele verfolgt, u. a. die Ermittlung von aufgrund ihres Naturreichtums schutzwürdigen Gebieten, die nachhaltige Entwicklung der Waldressourcen und die Waldzertifizierung sowie die Fortsetzung der Begutachtung und Untersuchung von Wäldern in Guayana245. Möglichkeiten der Abschwächung (Energieunabhängigkeit) der Folgen und praktisches Vorgehen EFRE-Mittel werden hauptsächlich für die Unterstützung im Bereich Wissensaufbau und Innovation zur Verbesserung der Energieinfrastruktur (erneuerbare Energie) eingesetzt: • ACHSE 1: Entwicklung von Potenzialen für hohe Wertschöpfung und Innovation Innerhalb dieser Achse sollen fünf Schlüsseltechnologien darunter die Entwicklung erneuerbarer Energieträger (insbesondere Fotovoltaik, Windenergie, Biomasse, Wasserkraft) gefördert werden. • ACHSE 6: Gewährleistung einer nachhaltigen Entwicklung in einem einzigartigen ökologischen Kontext Abgesehen davon, dass sich das Landesgebiet gut für die Nutzung alternativer Energiequellen eignet, müssen auch ausreichende Energieressourcen zur Verfügung stehen, um dem steigenden Bedarf einer wachsenden Bevölkerung zu decken. Dadurch bietet sich die Möglichkeit, abgelegene Landesteile an das Energienetz anzubinden, wofür sich z. B. Solaranlagen sowie Wasserkraftanlagen im Süden Guayanas anböten, und gleichzeitig die Energieabhängigkeit zu verringern. Darüber hinaus ist Guayana bestrebt, Abfälle, industrielle Nebenerzeugnisse und Beifänge zu verwerten und dadurch Arbeitsplätze und Wohlstand zu schaffen. • ACHSE 8: Verbesserung der Lebensumwelt 241 242 243 244 245 PLE PLE PLE PLE PLE Guyana, Guyana, Guyana, Guyana, Guyana, 2010, 2010, 2010, 2010, 2010, S. S. S. S. S. 171 f. 194 f. 205. 118. 210 f. 155 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik Im Bereich der Abfallverwertung ist die Entsorgung durch Biogasanlagen im Gespräch. Als potenzielle Quellen bieten sich z. B. der Schlamm von Kläranlagen, industrielles oder landwirtschaftliches Biogas oder Biogas von Deponien an. Mit Mitteln des ELER werden der Kapazitätsaufbau und nachhaltige Verfahren in Land- und Forstwirtschaft sowie die Erzeugung erneuerbarer Energie gefördert: • 246 247 248 249 250 Maßnahme 111 – Berufsbildungs- und Informationsmaßnahmen – damit sollen die Kenntnisse im Bereich der nachhaltigen Landwirtschaft vertieft und diese Themen besser bekannt gemacht werden.246 Vorhaben A dient dazu, Landwirte (insbesondere solche, die Einbußen zu verzeichnen haben) dabei zu unterstützen, ein höheres Entwicklungsniveau zu erreichen, indem sie die Konzepte der nachhaltigen Entwicklung einbeziehen und Umweltaspekte berücksichtigen. – Vorhaben B dient der Förderung und Ermutigung von Landwirten zur freiwilligen Einführung von Agrarumweltmaßnahmen. – Vorhaben C zielt darauf ab, die Fachkreise dabei zu unterstützen, die Waldressourcen besser zu nutzen, und ihnen gleichzeitig bewusst zu machen, dass die große Artenvielfalt Guayanas geschützt werden muss.247 • Maßnahme 121 - Modernisierung landwirtschaftlicher Betriebe: Mit dieser Maßnahme konzentriert sich Guayana auf an die feuchten Tropen angepasste technische und technologische Innovation, Energieeinsparungen, die Verbesserung der Energieeffizienz landwirtschaftlicher Betriebe, die Erzeugung erneuerbarer Energie (mit ausdrücklichem Schwerpunkt auf der Erzeugung von Solarenergie, der Erzeugung von Biogas aus organischem Abfall und der Umwandlung von land/forstwirtschaftlicher Biomasse in erneuerbare Energie248), die rationelle Bewirtschaftung von Wasser und den sparsamen Umgang damit sowie auf die Unterstützung von Anlagen zur Düngemittelbehandlung.249 • Maßnahme 214: Agrarumweltzahlungen250 – Vorhaben A: Nachhaltige Bewirtschaftung von Weideland-Systemen – Die Aufklärung über vernünftige Düngemethoden ist zwingender Bestandteil dieses Vorhabens. – Vorhaben B: Verzicht auf Pflanzenschutzbehandlungen beim Obstanbau (Mehrjahrespflanzen) und Unterstützung eines Dauerbewuchses unter fruchttragenden Bäumen (der Erhalt von Dauerbewuchs hilft, Erosionserscheinungen und den Eintritt von Schadstoffen einzudämmen [dient den Zielen Erosionsbekämpfung und Wasserqualität], während er gleichzeitig einen Schutzraum für Pflanzen und Tiere bildet [dient dem Ziel der Artenvielfalt])251. – Vorhaben C: Reduzierung von Pflanzenschutzbehandlungen von Pflanzensystemen (Teilaspekte: Anlage einer Mulchdecke aus Pflanzen oder biologisch abbaubarem Material unter Gemüse- und Ananasanpflanzungen; Unterbrechung des kontinuierlichen Kreislaufs der Brachwirtschaft im Gartenbau). – Vorhaben D: Umstellung auf ökologischen Landbau – Vorhaben E: Aufrechterhaltung des ökologischen Landbaus ENRD, 2010a, S. 8. PLE Guyana, 2010, S. 135 f. ENRD, 2010a, S. 13. PLE Guyana, 2010, S. 155 f. PLE Guyana, 2010, S. 194 f. 156 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage – 251 252 253 Vorhaben G: Wandel in den Auslichtungspraktiken (Wall aus Baumstämmen – kleine landwirtschaftliche Lichtungen) • Maßnahme 222 – Ersteinrichtung von Agrarforst-Systemen auf landwirtschaftlichen Flächen – Ziele sind die Wiedereinführung von Lebensmittelkulturen oder Kulturen wie Kaffee, Kakao und Vanille auf landwirtschaftlichen Parzellen, die Erzeugung von hochwertigem Holz und die Obsterzeugung. Die Erforschung neuer, an die lokalen Bedingungen angepasster agrarforstwirtschaftlicher Anbausysteme dient folgenden Zielen: Wiederherstellung und Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, Aufwertung kahler Flächen an Steilhängen, die für die traditionelle Landwirtschaft und die Weidennutzung ungeeignet sind, und Einführung neuer Anbausysteme, die an die strukturellen Probleme in Verbindung mit dem Klima, dem Mikrorelief und der geringen Bodenfruchtbarkeit angepasst sind252 • Maßnahme 321: Dienstleistungseinrichtungen zur Grundversorgung für die ländliche Wirtschaft und Bevölkerung: Diese Maßnahme ist für die Förderung erneuerbarer Energiequellen in Guayana sehr wichtig. Die Ziele in Binnenlandgebieten sind die weitere Entwicklung unabhängiger Stromerzeugungsanlagen für Erdwärme, Solar- und Wasserenergie, während in Küstenbereichen die Verbesserung der Kraft-Wärme-Kopplung unter Einsatz von Biomasse angestrebt wird. Für diese Maßnahme im PLE Guayanas wurden nach dem GAP-Gesundheitscheck zusätzliche Mittel für Anlagen/Infrastrukturen für die Erzeugung erneuerbarer Energie bereitgestellt (47 % der zusätzlichen Gesamtmittel für Guayana).253 ENRD, 2010a, S. 7. PLE Guyana, 2010, S. 207 f. ENRD, 2010a, S. 13. 157 Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik 158 Regionalpolitik und Klimawandel in den Regionen in äußerster Randlage LITERATURHINWEISE • Abreu António Domingo (2008), Outermost regions & Climate Change; presentation at the „Future of the Strategy with regard to the Outermost regions” Conference; Brussels, 14 and 15 May 2008. • Adapting to a changing Climate in the Caribbean and South Pacific Regions (ACCC) Project: Guide to the Integration of Climate Change Adaptation into the Environmental Impact Assessment (EIA) 2004. • Araújo, R. and Freitas, M. (2002), First record of the Goldspot Goby Gnatholepis thompsoni Jordan, 1904 (PISCES: GOBIDADE) in Madeira Island (NE Atlantic Ocean). 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