Facharztprüfung Innere Medizin

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unversum
InnereMedizin
www.oegim.at
3/2006
Facharztprüfung
Innere Medizin
Das akute
Koronarsyndrom
Unter dem Begriff „akutes Koronarsyndrom“ (Acute Coronary
Syndrome, ACS) werden in der klinischen Praxis die instabile Angina,
der akute Myokardinfarkt und der plötzliche Herztod verstanden.
Die Übergänge dieser klinischen Entitäten sind fließend.
Aus praktischen Gründen hat sich in den
vergangenen Jahren durchgesetzt, die
Patienten anhand des Vorliegens oder Fehlens von EKG-Veränderungen und positiver spezifischer myokardialer Marker in
instabile Angina (Unstable Angina, UA;
mit/ohne EKG-Veränderungen, Troponinnegativ), Myokardinfarkt ohne ST-Hebung
(Non ST Elevation Myocardial Infarction,
NSTEMI; früher auch nicht-transmuraler
Infarkt, Innenschichtinfarkt, „infarctlet“;
mit/ohne ST-Senkungen, Troponin-positiv) und Myokardinfarkt mit ST-Hebung
(ST Elevation Myocardial Infarction,
STEMI; früher auch transmuraler Myokardinfarkt; ST-Hebung, EKG-Ablaufbild,
Troponin-positiv) zu unterteilen (> Abb. 1).
Allgemeine Grundlagen
Pathophysiologie
Ursache der Enstehung von akuten
Koronarsyndromen sind Rupturen oder
Fissuren von „weichen“ Plaques in Koronararterien mit hohem Fettgehalt und
hoher Dichte an Entzündungszellen (vor
allem in der „Schulterregion“, der Übergangszone zwischen Plaque und normalem
Gefäß). Der Körper versucht diese innere
Gefäßverletzung durch eine reparative
Thrombosebildung abzudecken mit nachfolgender Organisation des thrombotischen Materials. Plaquerupturen und deren
physiologische Heilung kommen häufig
Univ.-Prof. Dr.
Kurt Huber
Univ.-Prof. Dr.
Otmar Pachinger
3. Medizinische
Abteilung mit
Kardiologie und
Internistischer
Notaufnahme,
Wilhelminenspital,
Wien
Klinische Abteilung
für Kardiologie,
Universitätsklinik für
Innere Medizin,
Medizinische
Universität
Innsbruck
ohne klinische Symptomatik vor. Kommt
es aber im Rahmen einer Plaqueruptur zu
einer überschießenden Thrombusbildung
und reagiert ein durch Risikofaktoren vorgeschädigtes Gefäßendothel („endothelial
dysfunction“) mit einem Gefäßspasmus
statt mit einer Gefäßerweiterung, so kann
es zu subtotalen Gefäßverschlüssen ohne
(UA) oder mit distalen Mikroembolien in
kleine Koronaräste (NSTEMI) kommen,
oder es kann sich das Gefäß total verschließen (STEMI) (> Abb. 2).
Risikobeurteilung
akuter Koronarsyndrome
Die Subgruppen instabile Angina ohne
oder mit Enzymauslenkung (UA oder
NSTEMI) werden gerne gemeinsam
betrachtet, da sie einer ähnlichen therapeutischen Vorgangsweise unterliegen,
deren Umfang und Aggressivität ebenso
wie die Durchführung einer frühen
Katheterintervention von der Beurteilung
des Risikos (Risikostratifizierung) abhängig gemacht werden sollte. Zur Risikobeurteilung dienen dabei in erster Linie ein
positiver Troponin-Nachweis und das Vorliegen von ST-Strecken-Senkungen im
Aufnahme-EKG. Liegen beide Zeichen
vor, ist der Patient äußerst gefährdet, binnen weniger Wochen zu versterben oder
einen Herzinfarkt zu erleiden. Weitere
prädiktive Faktoren für eine schlechte
Tabelle 1: ACS und Differenzialdiagnosen
Kardiovaskuläre Erkrankungen
• (tachykarde) Rhythmusstörungen
• Perikarditis
• Myokarditis
• Aortendissektion
• hypertensive Krise
• akute Linksherzinsuffizienz
(Lungenstauung)
Pulmonale Erkrankungen
• Lungenembolie
• Pleuritis
• Pneumothorax
Skeletterkrankungen
• Rippenfraktur/Prellungen
• BWS-Erkrankungen
• Tietze-Syndrom
Gastrointestinalerkrankungen
• Ösophagitis/Ruptur
• Ulcus (Perforation)
• akute Pankreatitis
• Gallenkolik
Andere
• Herpes zoster
• Tumorerkrankungen
1
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Tabelle 2: Diagnostischer Entscheidungsablauf beim ACS
• Bei Ruheschmerz von > (15–)20 min Dauer Transport des Patienten unter
ärztlicher Aufsicht ins Krankenhaus (Notaufnahme).
• Im Krankenhaus sofortige Untersuchung durch einen Arzt.
• 12-Kanal-EKG vom Notarzt prähospital oder spätestens binnen 10 Minuten
nach Ankunft im Krankenhaus. Beurteilung durch qualifizierten Arzt.
• Erneute EKG-Registrierung bei jeder neuen Schmerzepisode sowie nach 6 bis
12 Stunden.
• Patienten mit ST-Strecken-Hebung oder Linksschenkelblock im EKG sind
nach den Kriterien eines akuten STEMI zu behandeln.
• Sofortige Blutentnahmen zur Messung von Troponin (T oder I; quantitativ oder
qualitativ mittels Schnelltest; das Ergebnis sollte spätestens 60 Minuten nach
Aufnahme vorliegen).
• Im Falle eines negativen Troponin-Tests und einer Schmerzsymptomatik, die
weniger als 4 Stunden zurückliegt: Wiederholung des Troponin-Tests nach
insgesamt 6 Stunden ab Schmerzbeginn.
• Ein Belastungs-EKG ist kontraindiziert beim nicht beschwerdefreien bzw.
Troponin-positiven Patienten.
• Hochrisiko-Patienten mit ACS weisen ein erhöhtes Risiko für Tod/Myokardinfarkt innerhalb von 30 Tagen auf und müssen rasch invasiv abgeklärt werden.
• Hochrisiko-Patienten zeigen zumindest eine der folgenden Besonderheiten
- Troponin-Erhöhung,
- ST-Senkung (> 0,1 mV) im EKG
- hämodynamische Instabilität (Prä-Schock oder Schock)
- Kammerflimmern, -flattern oder ventrikuläre Tachykardien
- Diabetes mellitus
Prognose sind das Alter und Geschlecht
des Patienten, das Vorliegen von mehreren charakteristischen Risikofaktoren
(Rauchen, Hypertonie, Hyperlipidämie,
Diabetes mellitus, positive Familienanamnese), eine positive Anamnese hinsichtlich Herzinfarkt oder Schlaganfall, mehr
als 2 charakteristische Schmerzattacken in
den letzten 24 Stunden und die bereits
mehr als 7 Tage vorbestehende Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern. Die Anwendung eines Risiko-Scores, bestehend aus anamnestischen, klinischen und biochemischen Risikomarkern
(TIMI-7-Risk-Score) kann sich als praktisch in der klinischen Anwendung erweisen (> Abb. 3).
Langzeit-Verlauf
Der Langzeit-Verlauf bei Patienten mit
ACS wird bestimmt durch den Schweregrad der zugrunde liegenden koronaren
Herzerkrankung, wobei zur Beurteilung
des Schweregrades verschiedene Variable,
z. B. das Lebensalter, die Anamnese (frühere Myokardinfarkte oder frühere KoronarRevaskularisation), vorbestehender Diabetes mellitus, Herzinsuffizienz, verschiedene biologische Marker (C-reaktives Protein), Kreatinin und Kreatininclearance,
natriuretische Peptide (BNP oder NTproBNP), eine herabgesetzte Linksventrikel-Funktion, oder der Schweregrad der
angiographischen Befunde (Hauptstammstenose, schwere Dreigefäßerkrankung)
herangezogen werden sollten.
2
Sekundärprävention und medikamentöse Nachbehandlung
Der Sekundärprävention kommt heutzutage große Bedeutung zu. Neben der
Erkennung und Vermeidung der bestehenden Risikofaktoren (Rauchen, Hypertonie, Hyperlipidämie, Diabetes mellitus,
Adipositas, Bewegungsarmut, Stress, psychische Faktoren) sind auch medikamentöse Maßnahmen erforderlich, um ein
Fortschreiten der Grunderkrankung zu
vermeiden oder zumindest zu verzögern.
Eine Dauertherapie mit Acetylsalicylsäure (ASS, 100 mg/Tag) wird gefordert
und bei mehr als 90 % der Patienten auch
durchgeführt. Dosierungen unter 75
mg/die sind nicht ausreichend wirksam,
während höhere Dosierungen die gleiche
Effizienz bei höherer Nebenwirkungsrate
aufweisen.
alt
neu
Clopidogrel sollte nach ACS zumindest
(9–)12 Monate gegeben werden, und zwar
unabhängig davon, ob der Patient eine
reine Ballondilatation oder eine StentImplantation erhalten hat. Eine Kombinationstherapie ASS + Clopidogrel sollte
wegen der erhöhten gastrointestinalen
Nebenwirkungsrate immer gleichzeitig mit
Magenschutz (bevorzugt Protonenpumpenhemmer) erfolgen.
Bei Hyperlipidämie ist häufig der Einsatz von Statinen erforderlich, um eine
adäquate und rasche Senkung des LDLCholesterins in den Zielbereich von < 70
mg/dl zu ereichen. Daher werden hochwirksame Statine (Atorvastatin, Rosuvastatin) in der Lipidsenkung bei kardiologischen Patienten bevorzugt. Weniger wirksame Statine können durch die Kombination mit Ezetrol®, einem CholesterinResorptionshemmer, vergleichbar niedrige
Zielwerte erreichen. Ob die maximale
LDL-Senkung allein für die Reduktion klinischer Ereignisse verantwortlich ist oder
aber eine Kombination aus LDL-Senkung
und antiatherosklerotischen Wirkungen
mancher Statine (so genannte pleiomorphe Effekte, wie vor allem für lipophile
Statine beschrieben) bedeutsamer ist, ist
letztlich noch nicht vollständig erwiesen.
Leider hinkt die einfache Verschreibungsmöglichkeit dieser wichtigen Medikamente in der Niederlassung diesen Erkenntnissen nach.
Betablocker spielen in der Sekundärprävention der koronaren Herzkrankheit
schon lange eine wichtige Rolle.
Für ACE-Hemmer und AngiotensinRezeptor-Blocker liegen positive Langzeitergebnisse, und zwar unabhängig von der
zugrunde liegenden Ventrikelfunktion vor.
Entsprechend
den
vorliegenden
Erkenntnissen sind Aspirin, Clopidogrel,
Statine sowie Betablocker und/oder Inhibitoren des Renin-Angiotensin-Systems
als fixe Bestandteile einer Sekundärprävention nach akuten Koronarsyndromen
anzusehen. Leider werden diese Grundregeln häufig nicht eingehalten und leider
Instabile Angina
Infarkt
UA/NSTEMI
STEMI
Instabile Angina
Infarkt
UA
NSTEMI/STEMI
Abb. 1: Alte und neue Definition des ACS
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entspricht die Behandlungspraxis besonders bei älteren Patienten oft nicht den
nationalen und internationalen Richtlinien.
Auch für Omega-3-Fettsäuren wurden
positive Effekte in der Langzeitprophylaxe
nach STEMI beschrieben..
Instabile Angina
und NSTEMI
Symptome
Charakteristisches Leitsymptom des
ACS ist der akute Thoraxschmerz (Druck,
Brennen), nicht selten mit Ausstrahlung
in die linke Schulter und den linken Arm.
Dahinter kann sich ein großes Spektrum
beginnend bei funktionellen Beschwerden
bis hin zur akut lebensbedrohlichen Myokardischämie verbergen (> Tab. 1). Atypische Schmerzlokalisationen sind der Oberbauch, der Rücken, der Unterkiefer, aber
auch die rechte Körperseite (Schulter,
Arm); atypische Symptome sind plötzliche
Luftnot oder Übelkeit. Die Beschwerden
treten häufig aus der Ruhe heraus auf
(ohne physische oder psychische Belastung) und können einige Minuten lang
andauern. Ein wiederholtes Auftreten und
Abschwellen der Beschwerden wird nicht
selten beobachtet.
Diagnostische Maßnahmen
Patienten mit Verdacht auf ein ACS
müssen bis zur sicheren Diagnose überwacht werden. Eine sofortige Vorstellung
Abb. 2: Pathophysiologie des ACS
in einer Notaufnahme ist Voraussetzung
für eine hohe Diagnose- und Behandlungssicherheit. Daher sollte bei den oben
erwähnten Beschwerden, vor allem wenn
diese mehr als 15 Minuten anhalten (siehe
auch STEMI), ein rascher Transport in ein
Krankenhaus erfolgen (Herzschmerz ist
ein Notfall!). Dazu ist eine unmittelbare
Kontaktaufnahme mit dem Rettungs- und
Notarztsystem erforderlich (in Österreich
die Tel.-Nr. 144 anrufen!). Von einem
Selbsttransport oder öffentlichen Transport ins Krankenhaus wird abgeraten.
Ärztliche Begleitung am Transport (Rettung, Notarzt) und ein Krankenhaus mit
Herzkatheter-Ausrüstung erhöhen hier die
Effektivität der Behandlung und Sicherheit für den Patienten (> Tab. 2).
Die Selbstdiagnostik der akuten Herzbeschwerden mittels unspezifischer Testsys-
Tabelle 3: Allgemeinmaßnahmen und Primärtherapie bei ACS
Allgemeinmaßnahmen
• Lagerung mit 30 Grad angehobenem Oberkörper
• Herz-Lungen-Auskultation
• periphere Verweilkanüle
• RR-Messung
• 12-Kanal-EKG
• Rhythmusmonitoring
Primärtherapie
• O2 über Nasensonde/Maske (4–8 l/Min.)
• Glyceroltrinitrat 0,4–0,8 mg s. l., eventuell wiederholt, unter Umständen Infusion
1–6 mg/h bei schwerer Linksherzinsuffizienz/(Cave RR < 90 mmHg und/oder
höhergradiger AV-Block)
• Morphin 3–5 mg i. v., eventuell wiederholt bis zur Schmerzfreiheit
• bei vagaler Reaktion Atropin 0,5 mg i. v. eventuell wiederholt
• bei Übelkeit/Erbrechen: Antiemetika (z. B. Metoclopramid)
• bei Tachykardie (trotz Schmerzfreiheit und fehlender Zeichen der Linksherzinsuffizienz): lang wirksamer Betablocker (z. B. Metoprolol 5 mg langsam i. v.)
• Acetylsalicylsäure (> 250 mg i. v.)
• Heparin 70 U/kg i. v., max. 5.000 U
oder: Enoxaparin 30 mg i. v. + 1 mg/kg s. c.
teme, die jüngst auch in der Laienpresse
propagiert wurden, ist medizinisch nicht
vertretbar. Sie hat durch ineffiziente Studienergebnisse auch nicht die Aufnahme
in international anerkannte Richtlinien
gefunden. Neben den potenziellen Fehlerquellen der Selbstdiagnostik ist zu befürchten, dass durch ein Selbstmanagement
wertvolle Zeit verloren geht.
Troponin-Bestimmung: Die TroponinBestimmung bildet die Voraussetzung für
die Unterscheidung zwischen einem
Niedrigrisiko-Kollektiv (UA, Troponinnegativ) und einer Hochrisiko-Gruppe
(NSTEMI, Troponin-positiv) und damit
auch für die Therapiestrategie. Erhöhte
Troponin-Werte finden sich frühestens 3
bis 4 Stunden nach dem Ischämie-Ereignis. Ein einzelner negativer Messwert bei
Aufnahme des Patienten reicht daher in
der Regel zur Beurteilung der Situation
nicht aus. Bei negativem ersten Testergebnis muss daher eine zweite Messung im
Zeitfenster von weiteren 4–6 Stunden
erfolgen. Wenn das letzte Schmerzereignis
mehr als 12 Stunden zurückliegt und das
Gesamtbild gegen das Vorliegen eines
ACS spricht, kann auf die zweite Kontrolle verzichtet werden.
Das Ergebnis der Troponin-Bestimmung
muss in Zusammenhang mit den klinischen
Befunden und dem EKG beurteilt werden,
da es klinische Symptome bei nicht-koronaren Ursachen gibt, die ein ACS vortäuschen können und gelegentlich mit erhöhten Troponin-Spiegeln einhergehen können, wie z. B. hypertensive Krise, kardiale
Dekompensation, anhaltende tachykarde
Rhythmusstörungen,
Lungenembolie
und/oder eingeschränkte Nierenfunktion.
Auch die Beurteilung von Troponin-Spiegeln nach einem kurz zurückliegenden
NSTEMI oder STEMI kann gelegentlich
problematisch sein, da Troponin-Werte in
manchen Fällen 2 (bis 3) Wochen nach
einem Infarkt erhöht sein können.
3
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Generelle
Therapieempfehlungen
> Tab. 3 bietet eine Übersicht zur Therapie akuter Koronarsyndrome, unabhängig davon, ob ein NSTEMI oder ein
STEMI vorliegt.
Spezielle TherapieEmpfehlungen beim NSTEMI
Koronarangiographie: Bei allen Patienten mit definierten Risikomerkmalen ist
unabhängig von ihrer Symptomatik eine
möglichst rasche invasive Diagnostik
(Koronarangiographie) in Interventionsbereitschaft binnen 24 (bis 48) Stunden
anzustreben. Dies ist umso dringlicher, je
höher das Risikoprofil und je intensiver
die Beschwerdesymptomatik des Patienten
ist.
ASS, Heparin, Bivalirudin: Alle
Patienten sollten sofort mit ASS (250 bis
500 mg als i. v. Sättigungsdosis) behandelt
werden. Danach sollte eine täglich ASSGabe (100 mg) auf Dauer weitergeführt
werden.
Zusätzlich zu ASS sollten alle Patienten
mit UA/NSTEMI i. v. unfraktioniertes
Heparin oder besser s. c. niedermolekulares Heparin erhalten. Hier hat sich das
niedermolekulare Heparin Enoxaparin als
besonders wirksam erwiesen und wird auch
verbreitet in kardiologischen Abteilungen
eingesetzt. Als Ersatz für die unspezifischen
Antithrombine (UFH, Enoxaparin) wird
heute im Rahmen der Katheterinterventionen zunehmend Bivalirudin verwendet
Facharztprüfung Innere Medizin
Tabelle 4: Zeitlimits bei der Reperfusionstherapie
Erstkontakt bis prästationäre Fibrinolyse („contact to needle“):
Einleitung der Fibrinolyse stationär („door to needle“):
Maximal tolerabler Zeitverlust PCI versus Lyse
Erstkontakt bis zur PCI („contact to balloon“)
Einleitung der primären PCI („door to balloon“)
- bei vorheriger Ankündigung
- ohne Ankündigung:
(vor allem im angloamerikanischen
Raum). Bivalirudin weist eine geringere
Blutungsrate auf und scheint ähnlich
effektiv zu sein wie eine Kombination aus
UFH + GP-IIb/IIIa-Blockade (REPLACE2, ISAR REACT-2).
Clopidogrel: Alle Patienten sollten
noch vor der Koronarangiographie Clopidogrel in einer Sättigungsdosierung („loading dose“) erhalten, wobei eine LoadingDose von 600 mg einen rascheren Wir-
< 30 Min.
< 30 Min.
< 60 Min.
< 90 Min.
< 30 Min.
< 60 Min.
kungseintritt (innerhalb von 2 Stunden)
garantiert. Vorteile dieser im Vergleich zu
früheren Empfehlungen (300 mg) höheren
Loading-Dose sind außer dem früheren
Wirkungseintritt die geringere Zahl an
Non-Respondern (Clopidogrel-resistente
Patienten), die höhere Effektivität und die
fehlende Interaktion (und daraus folgende
Wirkungsabschwächung) mit Statinen bei
vergleichbarem Nebenwirkungsprofil wie
die niedrigere Dosierung. Nicht bewahrheitet hat sich hingegen die Vorstellung,
TIMI-7-Risk-Score
Alter ⱖ 65
Troponin (+)
ⱖ 3 Risikofaktoren
ASA innerhalb 7 d
ⱖ 50 % Stenose
2 x AP < 24 Std.
ST-Veränderung
Abb. 3: Risikostratifizierung UA/NSTEMI
ESC-Guidelines
klin. Diagnose, 12-Kanal-EKG, Blutabnahme
Klasse
I
I
+
ASS, LMWH, Clopidogrel, BB, Nitrate
LMWH
+
I
keine persistierende ST-Hebung
ASS 75–150 mg tgl.
hohes Risiko
(75 mg tgl., Loading-Dose 300 mg)
Tn-Kontrolle (6 h)
+
I
GP-IIb/IIIa-Antagonisten
dg. Angiographie
GP-IIb/IIIa-Blocker
bei Hochrisiko (vor HK)
(Abciximab 12 h nach PCI,
Eptifibatid/Tirofiban 24 h nach PCI)
*
5 T. Pause vor Op
Abb. 4: Antithrombotische Therapie bei
ACS ohne ST-Hebung
4
niedriges Risiko
Clopidogrel 9–12 Monate*
PCI +
Clopidogrel
CABG
Revask. nicht möglich:
Clopidogrel
Abb. 5: Vorgangsweise bei NSTEMI
(+)
2 x (–)
Ischämie-Diagnostik
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dass die Hochdosis von Clopidogrel die
Notwendigkeit der zusätzlichen Gabe von
Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptor-Blockern
bei „Hochrisiko“-Patienten verringert.
Tabelle 5: Indikationen und Kontraindikationen der Fibrinolysetherapie
Indikationen:
• ST-Strecken-Hebung > 0,1 mV in > 2 zusammenhängenden Extremitäten-Ableitungen und/oder
• > 0,2 mV in > 2 zusammenhängenden Brustwand-Ableitungen oder
• Linksschenkelblock mit infarkttypischer Symptomatik
• Symptomdauer von weniger als (12 Stunden) 3 Stunden
• Fehlen absoluter Kontraindikationen
Glykoprotein-IIb/IIIa-Rezeptor-Blocker: Patienten mit definierten Risikomerkmalen (Diabetiker, hohes Troponin),
vor allem Patienten, die gegenüber den
genannten Maßnahmen therapierefraktär
sind, sollten peri-interventionell zusätzlich
mit einem intravenösen GlykoproteinIIb/IIIa-Rezeptor-Blocker behandelt werden, wobei sich in der Vorbehandlung vor
einer PCI („Upstream“-Therapie) bei
unbekanntem Koronarstatus vor allem
Tirofiban oder Eptifibatid bewährt haben,
während Abciximab die Substanz der
Wahl bei der Anwendung am Kathetertisch ist. > Abb. 4 fasst die spezifischen
Vorgangsweisen bei akutem Koronarsyndrom übersichtsmäßig zusammen.
Bei Patienten mit geringem Risikoprofil
(Troponin-negativ, fehlende ST-StreckenSenkung) ist ein konservatives Vorgehen,
das die Indikation zur Koronarangiographie vom Ergebnis funktioneller Tests
(Ergometrie, Stress-Echo, Myokardszintigraphie) abhängig macht, dem aggressivinvasiven Vorgehen nicht unterlegen.
Absolute Kontraindikationen:
• Schlaganfall in den letzten 6 Monaten (hämorrhagisch zeitunabhängig)
• Trauma, Operation, Kopfverletzung innerhalb der letzten 3 Wochen
• Neoplasma oder neurologische ZNS-Erkrankung
• Magen-Darm-Blutung innerhalb des letzten Monats
• bekannte Blutungsdiathese
• dissezierendes Aortenaneurysma
Relative Kontraindikationen:
• transitorische ischämische Attacken (TIA) in den letzten 6 Monaten
• orale Antikoagulantien-Therapie
• Schwangerschaft
• nicht-komprimierbare Gefäßpunktionen
• therapierefraktäre Hypertonie (> 180 mmHg)
• aktives Ulcusleiden
• floride Endokarditis
• fortgeschrittene Lebererkrankung
• traumatische Reanimationsmaßnahmen
Das Flussdiagramm in > Abb. 5 ermöglicht eine rasche Orientierung, wie bei
Verdacht auf NSTEMI vorgegangen werden sollte.
mit Luftnot, Schweißausbruch, Übelkeit
oder anderen vegetativen Zeichen sowie
einem „Vernichtungsgefühl“. Bei älteren
Patienten, bei Frauen und bei Diabetikern kann die Symptomatik auch stark
atypisch oder maskiert sein. Charakteristisch für den STEMI im Vergleich zum
ACS ohne ST-Strecken-Hebung ist eine
länger als 15 Minuten anhaltende Nitrorefraktäre Schmerzsymptomatik. Häufig
gehen dem eigentlichen Infarkt in den
vorangegangenen Stunden oder Tagen
kurze Schmerzattacken unter geringer
Belastung oder sogar im Ruhezustand
voraus.
STEMI
Symptome
In der Symptomatik besteht zwischen
UA/NSTEMI und STEMI ein fließender
Übergang. Leitsymptom ist der retrosternal betonte Brustschmerz, häufig mit
Ausstrahlung in Nacken, Hals, Kiefer,
Arme oder Oberbauch, oft verbunden
12 –
30–35-d-Mortalität (%)
10 –
8–
Primäre PCI
4–
–
–
–
2
3
4
5
6
Zeit vom Schmerz- bis Therapiebeginn (h)
7
8
Abb. 6: Risikostratifizierung UA/NSTEMI
–
–
1
–
–
0
–
2–
0
Ausschlaggebend für die Diagnosestellung ist neben den charakteristischen
Beschwerden das 12-Ableitungs-EKG.
Von einem STEMI ist auszugehen, wenn
eines der folgenden EKG-Zeichen vorliegt:
• ST-Strecken-Hebung von > 0,1 mV in
mindestens 2 zusammenhängenden Extremitätenableitungen oder
• von ⱖ 0,2 mV in mindestens 2 zusammenhängenden Brustwand-Ableitungen oder
• Linksschenkelblock mit infarkttypischer
Symptomatik.
Ob der Linksschenkelblock neu oder
bereits bekannt ist, ist in der Akutphase
oft nicht feststellbar und hat keinen Einfluss auf die Diagnosestellung und die
getroffenen Therapiemaßnahmen.
Die Infarkt-Diagnose besteht somit in
erster Linie aus Klinik und EKG, die Messung von Biomarkern ist zur Diagnosesicherung und Therapiewahl unwichtig und
darf den Behandlungsbeginn bei STEMI
nicht verzögern.
Thrombolyse
6–
Diagnostische Maßnahmen
Spezielle Therapie-Empfehlungen beim STEMI
Primäre PCI: Bei allen Patienten mit
einem Myokardinfarkt ist innerhalb der
5
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Tabelle 6: Fibrinolytika-Dosierung und adjuvante Heparin-Begleittherapie
Fibrinspezifisch
Alteplase (tPA)
(z. B. Actilyse®)
Reteplase (r-PA)
(z. B. Rapilysin®)
Tenecteplase
(TNK-tPA)
(z. B. Metalyse®)
Dosierung
Heparin-Begleittherapie
15 mg i. v. Bolus
0,75 mg/kg
über 30 Min.,
dann 0,5 mg/kg
über 60 Min. i. v.
Gesamtdosis ⱕ 100 mg
10 U + 10 U i. v. Bolus im
Abstand von 30 Min.
i.v. Bolus: 60 U/kg, maximal
4.000 U i. v. Infusion:
12 U/kg/h über 48 Std.
maximal 1.000 U/h
Ziel aPTT 50–70 Sek.
i. v. Bolus
30 mg < 60 kg
35 mg 60 bis < 70 kg
40 mg 70 bis < 80 kg
45 mg 80 bis < 90 kg
50 mg ⱖ 90 kg
Fibrin-unspezifisch
Streptokinase
(z. B. Streptase®)
1,5 Mio. IU i. v.
über 30–60 Min.
ersten 12 Stunden eine Reperfusionstherapie indiziert. Die primäre PCI (PPCI) ist
die bevorzugte Behandlungsstrategie, da
sie der pharmakologischen Reperfusion
(Lysetherapie) überlegen ist. Diese Überlegenheit ist aber an bestimmte Voraussetzungen gebunden: die Zeit zwischen
erstem Arztkontakt bis zur PPCI (gemeint
keine Initialgabe
Heparin nach ca. 12 Std.
ist nicht das Eintreffen im Herzkatheterlabor, sondern die erste Ballondilatation des
betroffenen Koronargefäßes) sollte unter
90 Minuten liegen, die Intervention sollte
durch einen erfahrenen Interventionisten
(mindesten 75 PCI-Fälle pro Jahr) an
einem erfahrenen Zentrum (mindestens
400 Koronarinterventionen pro Jahr,
STEMI
< 12h after onset of chest pain
Patient presenting in a
hospital with PCI
Patient presenting in a
hospital without PCI
> 3–12h
<3h
Especially if thrombolysis
is contraindicated
or at high risk
Transfer
Thrombolysis
failed
successful
PCI within 24h
available
Primary PCI
Rescue PCI
Abb. 7: Reperfusionsstrategien bei STEMI
6
PCI not available within 24h
Predischarge Ischemia
Prognostic PCI
i. v. Bolus: 60 U/kg, maximal
5.000 U i. v. Infusion:
12 U/kg/h über 48 Std.
maximal 1.000 U/h
Ziel-aPTT 50–75 Sek.
i. v. Bolus: 60 U/kg, maximal
5.000 U i. v. Infusion:
12 U/kg/h über 48 Std.,
maximal 1.000 U/h
Ziel-aPTT 50–75 Sek.
Ischemia-driven PCI
davon mindestens 40 PPCIs bei akutem
STEMI pro Jahr) durchgeführt werden.
Medikamentöse Lysetherapie: Wenn
diese Voraussetzungen nicht zutreffen, ist
als zweitbeste Option die medikamentöse
Lysetherapie indiziert, die vor allem in den
ersten 2–3 Stunden ab Schmerzbeginn (=
angenommener Infarktbeginn) besonders
effektiv ist. Daher ist die prä-hospitale
Fibrinolysetherapie der in-hospitalen
Fibrinolysetherapie überlegen. Generell ist
ein fibrinspezifisches Fibrinolytikum (tPA, r-PA, TNK-tPA) gegenüber unspezifischen Substanzen (Streptokinase, Urokinase) zu bevorzugen. Die Applikation
eines Fibrinolytikums mittels Einzelbolus
(Tenecteplase, TNK-tPA) oder Doppelbolus (Reteplase, r-PA) ist hinsichtlich der
Anwendung einfacher, aber nicht effektiver als der Goldstandard (Alteplase, tPA), während Fibrin-unspezifische Fibrinolytika eine geringere Wirksamkeit aufweisen und heute eigentlich obsolet sein
sollten.
Zeitvorgaben: Sowohl bei der mechanischen als auch bei der pharmakologischen
Reperfusionstherapie sind bestimmte Zeitvorgaben einzuhalten, die in > Tab. 4 zusammengefasst sind. Patienten mit einer
Infarktdauer von mehr als 3 Stunden profitieren deutlich mehr von einer mechanischen Reperfusion. Sie sollten daher auch
bei längeren Organisationszeiten (als die
geforderten 90 Minuten ab Diagnosestel-
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lung) eher einer primären PCI zugeführt
werden, wie > Abb. 6 zeigt. Ist eine PPCI
jedoch nicht organisierbar, sollte auch bei
längerer Infarktdauer eine Lysetherapie
erfolgen.
Begleittherapie zur Lysetherapie:
Begleitend zur Lysetherapie sollten ASS
(250–500 mg i. v.) und Heparin (in der
Regel: i. v. Bolus 60 IE/kg, max. 4.000 IE)
gegeben werden. Niedermolekulare Heparine wurden ebenfalls getestet, wobei die
Gabe von Enoxaparin hinsichtlich der
Effektivität viel versprechend war, aber zu
inakzeptabel schweren Blutungskomplikationen, vor allem bei älteren Patienten (>
75 Jahre) und untergewichtigen Frauen,
geführt hat. In der ExTRACT-TIMI-25Studie konnte bewiesen werden, dass eine
Dosisreduktion auf 75 % der Volldosis bei
älteren Patienten sicher und effektiv ist,
während bei jüngeren Patienten die Volldosis (1 mg/kg KG) verabreicht werden kann.
Die Gabe von Clopidogrel (300 mg
Loading-Dose!) zusätzlich zur Thrombolyse wurde jüngst (CLARITY-TIMI 28)
getestet und es konnte eine signifikante
36%ige relative Risikoreduktion hinsichtlich des primären Studienendpunktes (Kombination von Verschlussrate des
infarktbezogenen Gefäßes, Tod oder
Rezdidivinfarkt 2–8 Tage nach dem
Akutereignis) erzielt werden. Dieser
Benefit war unabhängig von Alter,
Geschlecht oder der Art der fibrinolytischen Therapie oder der Heparingabe
nachweisbar. Blutungskomplikationen
wurden durch die Zugabe von Clopidogrel nicht signifikant erhöht. Allerdings
untersuchte die Studie nur Patienten bis
zu einem Alter von 75 Jahren, sodass
über Effektivität und Sicherheit von
Clopidogrel bei der Thrombolysetherapie bei älteren Patienten keine Daten
vorliegen.
Begleittherapie zur primären PCI: Es
werden ASS (250–500 mg i. v.), Clopidogrel (600 mg Loading-Dose), unfraktio-
32
30 –
25 –
20 –
16
%
15 –
10 –
8
5–
1975
2002
2004
–
–
0
–
2
–
Indikationen und Kontraindikationen
der Fibrinolysetherapie sind in > Tab. 5
aufgelistet. Die Dosierungen der gängigen
Fibrinolytika und der adjuvanten antithrombotischen Begleittherapie sind in
> Tab. 6 dargestellt. Bei Patienten im kardiogenen Schock (bis zu 36 Stunden
nach Infarktbeginn) mit absoluten
Kontraindikationen gegenüber einer
Lysetherapie oder nach nicht erfolgreicher Fibrinolyse (Non-Responder; man
spricht in diesem Fall von einer „Rescue“PCI) ist eine interventionelle Behandlung auch bei längeren Transportzeiten
die bevorzugte Behandlungsmethode.
35 –
ideal
Abb. 8: Spitals-Mortalität bei Herzinfarkten in Wien
niertes Heparin (UFH, 60–100 U/kg KG)
und GP-IIb/IIIa-Blocker (Abciximab,
Eptifibatide) empfohlen. Letztere werden
in ca. 50 % der Fälle und hier zumeist
direkt am Kathetertisch eingesetzt.
Während sich das Konzept der mittels
Thrombolytika „Facilitated“-PCI als nicht
Richtung weisend herausgestellt hat
(ASSENT-IV-PCI), bleibt abzuwarten, ob
eine „Facilitation“ mit GP-IIb/IIIa-Rezeptor-Blockern besser ist. Einzelne kleinere
Studien und Meta-Analysen legen bislang
nahe, dass eine frühere Gabe (im Rettungswagen in der Notaufnahme) zusätzliche Effektivitätsvorteile bringen könnte,
Daten von großen prospektiv-randomisier-
FACT-BOX
„Time is Muscle“
Optimale Organisation von Reperfusionsmaßnahmen durch Netzwerkbildung
In Anbetracht der Tatsache, dass das Ergebnis sowohl der mechanischen als auch
besonders der pharmakologischen Reperfusion von der Geschwindigkeit des Einsatzes der jeweiligen Methode abhängt („time is muscle“) und eine erfolgreiche Reperfusionstherapie vor allem in den ersten 2(–3) Stunden eines Infarktes wirksam ist,
muss je nach Situation und Möglichkeit die raschest verfügbare Reperfusionsmethode eingesetzt werden. > Abb. 7 stellt die in den neuen PCI-Richtlinien vorgegebenen Abläufe übersichtsmäßig dar.
Infrastruktureller Aufholbedarf: Eine Verbesserung der Infarkttherapie liegt aber
nicht nur in der optimalen Zusammenarbeit verschiedener Institutionen (Notarztund Rettungssysteme, Herzkatheterlabors), sondern besonders auch in der Verantwortung von Krankenhaus- und Versicherungsträgern und Gesundheitspolitikern,
die die finanziellen Rahmenbedingungen zur Optimierung der Maßnahmen setzen
müssen (z. B. Finanzierung von Rufbereitschafts-Diensten oder besser von 24-Stunden-rund-um-die-Uhr-Anwesenheits-Diensten für Interventionisten sowie für
speziell für den Katheter ausgebildetes Pflege- und Röntgenpersonal). Hier gibt
es österreichweit im Vergleich zu anderen Ländern (u. a. Dänemark, Tschechien)
einen großen Aufholbedarf. Derzeit werden durch die Österreichische Kardiologische Gesellschaft (ÖKG) und das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen
(BMGF) Voraussetzungen für die Verbesserung des Ist-Zustandes in der Infarktversorgung Österreichs geschaffen.
Informationskampagnen sollen Patienten sensibilisieren: Ein nach wie vor ungelöstes Problem ist die bei den Patienten liegende Zeitverzögerung zwischen Schmerzbeginn und Kontaktaufnahme mit dem Notarztsystem (2,5–3 Stunden im Durchschnitt). ÖKG und BMFG planen auch eine öffentliche Informationskampagne
(„Schach dem Herztod“), die dazu führen soll, dass sich Patienten mit HerzinfarktSymptomen früher melden und so rascher der jeweils schnellsten Reperfusionstherapie zugeführt werden können.
7
unversum InnereMedizin
Facharztprüfung Innere Medizin
ten Studien zu diesem Thema (FINESSE,
CARESSE) liegen aber noch nicht vor.
Zusammenfassung
Die Behandlung des akuten Myokardinfarktes hat in den letzten 30 Jahren ständige Innovationen erfahren und damit zu
einer deutlichen Reduktion der Mortaliät
geführt, was am Beispiel Wien (> Abb. 8)
besonders deutlich wird: die Beeinflussung
der hämodynamischen und elektrischen
Komplikationen durch die Schaffung von
Herzüberwachungsstationen (Cardiac Care
Units, CCUs) und die Einführung der Lysetherapie haben ab 1975 bis 2002 die Mortalitätsrate halbiert (von über 30 % auf ca.
16 %). Der verstärkte Einsatz der mechanischen Reperfusionstherapie (PPCI) ab
2003 hat eine nochmalige dramatische
Senkung bewirkt (auf ca. 8 %). Unter 75jährige Patienten, die ohne Schockzeichen
einer raschen Reperfusionstherapie zugeführt werden, haben eine nur 0,5–2%ige
Spitalssterblichkeit zu erwarten.
Die derzeitige Diskussion wird dominiert
von der Frage, inwieweit die überlegene
Strategie der primären PCI mehr Infarktpa-
tienten angeboten werden kann, wozu in die
Schaffung lokaler, aber auch überregionaler
Netzwerkstrukturen erforderlich ist. Der
erste Schritt muss daher sein, die vorhandenen Strukturen und Behandlungsabläufe in
allen Regionen Österreichs darzulegen (IstStand-Erhebung) und entsprechend den
internationalen Behandlungsrichtlinien zu
optimieren (Defintion des Soll-Zustandes).
Dass das möglich ist und dass damit eine
deutliche Senkung der Sterblichkeit erzielt
werden kann, haben unterschiedliche Organisationsmodelle in Wien, Linz, Klagenfurt
und Tirol eindrucksvoll belegt.
Fragen zum Thema „Das akute Koronarsyndrom“
A. Eine 60-jährige Frau entwickelt vor 1 Stunde spontanen Brustschmerz. Es ist ein Diabetes mellitus und eine
Hypertonie bekannt. Über den ärztlichen Notruf 144 wird sie in die Notfallaufnahme eingeliefert.
Das EKG zeigt T-Negativierungen von V2 bis V6. Das Akut-Labor ergibt ein Troponin T 0,02.
1. Risiko des Patienten?
a. Niedrig
b. Mittel
c. Hoch
2. Welche Strategie?
a. Invasive Strategie
b. Konservativ
3. Welche Begleittherapie zusätzlich zu Heparin
im Falle einer invasiven Strategie?
a. Aspirin und Clopidogrel
b. LMWH allein
c. Aspirin und Clopidogrel und GPIIb/IIIa
d. Aspirin und Clopidogrel und Bivalirudin
B. Ein 70-jähriger Mann hatte am Vortag eine mehr als 20-minütige thorakale Schmerzsymptomatik; am darauffolgenden Tag eine neuerliche thorakale Schmerzsymptomatik von mehr als 10 Minuten. Im Anschluss daran wird
er in die Notfallaufnahme eingewiesen. Es besteht bei ihm anamnestisch eine Hypertonie und eine TIA vor
2 Jahren.
Bei der Aufnahme ist der Patient schmerzfrei, das EKG normal, Troponin 3,5.
Labor: Glukose 180; HbA1c 7,9; LDL 168; Krea 2,1; PSA 12.
1. Risiko des Patienten?
a. Niedrig
b. Mittel
c. Hoch
2. Invasive Strategie?
a. Sofort
b. Nein
c. Innerhalb 48 Stunden
C. Ein 72-jähriger Mann mit Vorderwand-STEMI, Schmerzdauer 5 Stunden. Notarzt 20 Kilometer vom nächsten
Krankenhaus. Patient zeigt ST-Hebungen von V1 bis V5, ist kreislaufstabil und es besteht keine Lyse-Kontraindikation.
Welche Strategie?
1. Lokales Krankenhaus, Lyse erwägen
2. Keine Lyse, Sekundärtransfer für Primär-PCI
3. Primärtransport zur Primär-PCI
4. Prähospitale Lyse
D.Ein 48-jähriger Patient präsentiert sich mit erstmaliger Brustschmerzsymptomatik ohne vorangehende KHKAnamnese, normales EKG, keine Familienanamnese, keine Risikofaktoren, aber Troponin 1,6.
1. Risiko dieses Patienten?
a. Niedrig
b. Mittel
c. Hoch
2. Prognostische Wertigkeit der Troponin-Erhöhung bei diesem Patienten?
a. Unspezifisch
b. Vernachlässigbar
c. Relevant
E. Welche sekundärpräventive Therapie ist im Jahre 2006 nach einem akutem Koronarsyndrom evidenz-basiert?
Richtige Antworten: A1c, A2a, A3c,
B1c, B2c, C3, D1c, D2c, E4
1. Folsäure
2. Folsäure und Vitamin B6
3. Unfraktioniertes Heparin
4. Statine
5. Taxus®-Stent
Zugehörige Unterlagen
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