licht nach dem dunkel ev

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LINDD
LICHT NACH DEM DUNKEL E.V.
Gemeinnütziger Verein zur Hilfe für neuapostolische Christen und andere Betroffene von
sexueller, seelischer und körperlicher Gewalt
Langfassung – Folgen sexueller Übergriffe
Vorbemerkungen:
Etwa drei Viertel aller Opfer sexueller Gewalt sind Frauen und Mädchen. Es war lange Zeit tabu,
als Mädchen oder Frau über erlebte sexualisierte Gewalt zu sprechen. Erst die Frauenbewegung
hat es geschafft, die „stummen Schreie“ der Leidenden in unserer Gesellschaft hörbar zu machen.
Es entstanden Mädchenhäuser, Frauenhäuser, Frauennotruftelefone. Durch die Arbeit dort wurde
diese vorher als privat erlebte Gewalt ans Licht der Öffentlichkeit gebracht. Frauen fassten Mut,
über das erlebte schreckliche Geschehen zu sprechen, erlebten sich mit ihrem Leid nicht mehr allein und tauschten mit anderen Frauen ihre Schicksale aus, u. a. auch als Kind missbraucht worden zu sein.
Die Frage, warum vor allem Mädchen sexuelle Gewalt erfahren, ist nicht leicht zu beantworten.
Aber es gibt gute Erklärungsansätze. Grundlage dafür können z. B. allgemeine gesellschaftliche
Machtverhältnisse sein. Es gibt immer noch Lebensbereiche, in denen Mädchen und Frauen ungleich an der Macht beteiligt sind. Wenn Männer Grenzüberschreitungen an Frauen und Mädchen
begehen, ist das gesellschaftlich nicht selten akzeptiert worden. Erteilte Absagen an begehrter
Sexualität wurden von den Männern oft nicht ernst genommen. Vielleicht hat die eine oder andere
Leserin es schon selbst als erwachsene Frau erlebt oder bei anderen beobachtet, dass es Schwierigkeiten bereitet, eine klares „Nein“ auszusprechen und eindeutige Grenzen zum eigenen Schutz
zu ziehen.
Ist die Anmerkung, die zu lesen war, dass manche Frauen oft noch lächeln, wenn sie sich längst
bedrängt fühlen, dass sie eher leiser werden, obwohl ihnen zum Schreien zumute ist oder dass sie
eher erstarren, obwohl sie weglaufen möchten, völlig falsch? Wie viel schwieriger mag die Situation für ein kleines Mädchen sein, welches vielleicht noch nicht einmal ein „Nein" sprechen kann.
Der Täter hat ein relativ leichtes Spiel, über seine „kleine Prinzessin", sein „kleines Püppchen" zu
verfügen und an ihr seine sexuellen und anderen Neigungen auszuleben. Besonders die Mädchen,
die es nicht gelernt haben, energisch zu widersprechen, sich lautstark zu wehren oder gar eine
Szene zu machen, können Opfer sexualisierter Gewalt werden. Sie haben eher gelernt, sich in alles zu fügen.
Für Jungen gilt: Erst in der heutigen Zeit widmet man den Jungen als Opfer mehr Aufmerksamkeit, und das ist deshalb gut, weil auch den Jungen bzw. männlichen Jugendlichen eine schier unüberwindbare Hemmschwelle einer Offenbarung als Opfer entgegensteht. Gerade sie haben Angst,
homosexuell zu sein oder als schwul zu gelten, da die meisten Täter auch hier männliche Jugendliche oder Männer sind. In der Gesellschaft erleben sie die Homosexualität als eine Abwertung der
Persönlichkeit. Häufig glauben sie auch, selbst Schuld an dem Geschehen zu tragen, weil sie sich
nicht ausreichend gewehrt hätten. Außerdem befürchten sie, durch das Zugeben ihre Männlichkeit
aufzugeben, weil ihre Blöße, Schwäche damit offenkundig würde.
Betroffene Jungen fallen zunächst nicht auf; sie ziehen sich zurück und werden stiller. Kaum jemand versteht diese Signale, und so fallen diese jungen Menschen mit ihren Problemen erst dann
auf, wenn sie Probleme machen. Und diese äußern sich durch massiv aggressives Verhalten und
durch grobe Grenzverletzungen ihrerseits (Mädchen an die Brust oder anderen Jungen an die Hoden greifen, Mädchen bedrängen und versuchen, ihre Genitalien anzufassen, Mädchen oder
schwächere Jungen vergewaltigen). Dabei wiederholen sie nicht selten das Tatgeschehen an ihnen
selbst, jetzt allerdings in der Täterrolle. Es ist jedoch falsch zu behaupten, dass alle sexuell missbrauchten Jungen immer zum Täter werden.
Täter an dieser Opfergruppe sind überwiegend männliche Jugendliche oder Männer. Sie sind, wie
oft gemeint, nicht in ihren sexuellen Bedürfnissen auf Kinder festgelegt. Sie wollen Gewalt ausleben. Die Täter kommen in den meisten Fällen zwar aus dem sozialen und familiären Nahraum des
betroffenen Jungen, aber selten aus dem Kernfamilienumfeld.
Allgemeines
Das Opfer erlebt im Rahmen einer positiven Beziehung zum Täter etwas Schlimmes. Aufgrund der
erwähnten Praktiken des Täters (z. B. Drohungen) hat das Opfer Angst, sich zu offenbaren. Es ist
zum Schweigen verdammt. Aus Angst, es könnte jemand sein Leid bemerken, unterdrückt es
krampfhaft alle Signale, ist verzweifelt, benötigt dringend Hilfe und darf niemand darum bitten.
Dem Kind als Opfer wird eingeredet, dass die Grenzverletzungen schön sind, es selbst empfindet
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sie als abstoßend. Es ist verwirrt und traut den eigenen Wahrnehmungen nicht mehr vollständig.
Jugendliche können glauben, dass solche Praktiken zum Erwachsenwerden gehören; Abneigung
und der Wunsch, erwachsen zu sein, stehen nicht im Einklang.
Alles zusammen macht Opfer hilflos, wütend und traurig, und ihr Selbstwertgefühl wird stark beschädigt. Diese ersten so negativen Erfahrungen mit der Sexualität kann die sexuelle Erlebnisfähigkeit auf Jahre und Jahrzehnte beeinträchtigen. Weitere Auswirkungen auf die Lebensgestaltung
der Betroffenen können Beziehungsschwierigkeiten, Depressionen und Aggressionen gegen sich
selbst, soziale Isolation und Selbsttötungsgefahr sein. Die Ausführungen zu den Planungen und
Handlungsweisen der Täter (siehe Hauptteil) haben bei Ihnen sicherlich deutlich werden lassen,
welche seelischen Qualen die Opfer erleiden müssen.
Sie haben manchmal über Jahre den sexuellen Missbrauch als ein überflutendes und unausweichliches Geschehen erlebt, und dieses hinterlässt seelische Wunden. Fachleute sprechen hier von einem Trauma, einer seelischen Verletzung. Diese Verletzungen gehen häufig mit Gefühlen der
Angst, Erregung, Hilflosigkeit und eventuell auch mit heftigen körperlichen Schmerzen ohne eindeutige körperliche Ursachen einher. Aber auch mittelbar betroffene Opfer, z. B. Geschwister, die
den Missbrauch an ihrem Bruder oder ihrer Schwester miterleben müssen, haben ähnliche Belastungen zu verarbeiten.
Weil das schreckliche Geschehen an ihnen außerhalb jeder Erfahrung erlebt werden muss, können
sie es nicht einordnen, können es nicht begreifen, und es fehlt ihnen oftmals die Sprache, um ihre
Erfahrungen mit der sexuellen Gewalt beschreiben zu können.
Aus fachlicher Sicht gilt es, Folgendes zu unterscheiden:
a.
Ein einzelnes unerwartetes traumatisches Ereignis von kurzer Dauer wie z. B. eine Vergewaltigung kann diese Folgen haben: meist klare, sehr lebendige Wiedererinnerungen an das
traumatische Ereignis. (siehe Diagnosekriterien in der ICD-10). Die Therapieprognose wird als
gut bezeichnet.
Konkrete Folgen können zum Beispiel sein:
Wiederholtes, intensives Erinnern
Ein- und Durchschlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten
Ambivalente Gefühle: Hilflosigkeit – Wut
Wiederkehrende belastende Träume, Albträume
Depressionen, Aggressionen gegen sich selbst und andere
übertriebene Schreckreaktion
b. Nach Erleben eines lang andauernden traumatischen Ereignisses (z. B. wiederholte sexuelle und körperliche Misshandlungen in der Kindheit, Gewalterfahrungen in der Partnerschaft) sind die Opfer hierbei oft nicht in der Lage, aus eigener Kraft die Traumatisierung zu
beenden oder zu verhindern. Folgen können sein:
oftmals diffuse, wenig klare Wiedererinnerungen an die Traumatisierungen.
Erhöhte Dissoziationstendenz (sich wie abwesend verhalten). Ausgeprägte dysfunktionale
Überzeugungen wie die Überzeugung, wertlos zu sein und nicht angenommen zu sein oder
in der Zukunft nie wieder etwas gut hinzubekommen.
Unfähigkeit, sich an einen wichtigen Bestandteil des Traumas zu erinnern
Weitere Folgen sind möglich:
Einschränkung der sexuellen Erlebniswelt oder „Hypersexualität“
Soziale Isolation und Selbsttötungsgefahr
Mangelnde zärtliche Gefühle zu anderen oder zuviel Nähe („Wenn Frauen zu sehr lieben“)
Beziehungsschwierigkeiten
Das eigentlich Schlimme daran ist, dass die Opfer ihr Verhalten nicht selbst einordnen können und
dass auch die Familienangehörigen davon überrascht werden. Viele sexuell missbrauchte Mädchen
und Jungen leiden unter psychosomatischen (körperlich-seelischen) Beschwerden, Ängsten und
starken Stimmungsschwankungen. Von einem Augenblick zum anderen sind sie ohne ersichtlichen
Anlass ängstlich, traurig, wütend oder sie schämen sich. Oder aber sie verändern ihr Verhalten
urplötzlich, sprechen wie ein Kleinkind und im nächsten Augenblick wieder ganz normal.
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Und noch etwas ist nicht unwichtig:
Die Signale betroffener Mädchen und Jungen sind auch von der jeweiligen Kultur abhängig.
Ca. 40 % der sexuell missbrauchten Kinder zeigen zudem in ihrem Verhalten keine Auffälligkeiten.
Es gibt auch Verhaltensauffälligkeiten von Kindern, die eine andere Ursache haben, z.
B. körperliche Gewaltanwendungen (Misshandlungen), familiäre Belastungen oder Pubertät.
Auswahl von konkreten Verhaltensweisen bei Opfern
Wenn Eltern bei ihren Kindern ein bisher nicht gekanntes Verhalten beobachten und ein Gefühl
haben, das sie so ausdrücken:
„Was ist nur los mit ihr, sie war doch sonst nicht so…“ oder
Irgendetwas ist mit ihm nicht in Ordnung, so kenne ich ihn überhaupt nicht…“
dann sollten sie sehr aufmerksam werden, denn es könnte als Ursache auch ein sexueller Missbrauch infrage kommen.
Zu den Verhaltensweisen. Manche Opfer
tasten sich vorsichtig an ein Gespräch heran, z. B. so:
„Der Onkel X ist doof…“
„Ich will nicht mehr mit Opa spielen…“
„Die Nachhilfe bei Frau Y ist immer so blöd…“
Unser Sonntagsschullehrer, das ist so ein ‚Schleimer’…“
entwickeln eine sehr nahe Beziehung zu einem deutlich älteren Menschen, z. B. einem „ganz lieben Onkel“ in der Nachbarschaft oder einem Diakon als Sonntagsschullehrer. Es ist unstrittig, dass solche Beziehungen sehr hilfreich für die Entwicklung des Kindes sein können, es kann aber auch Vorstufe sein für missbrauchende
Handlungen durch die ältere Person. Eltern sollten sehr aufmerksam sein und beobachten, ob sich dieser ältere Mensch ganz besonders und beinahe ausschließlich
auf das eigene Kind konzentriert (siehe Arbeitsweisen) Es gilt also, gleichermaßen
offen und kritisch zugleich zu bleiben.
zeigen überraschend Widerstand gegenüber einer Aktivität im Sportverein oder dergleichen, obwohl sie bisher voller Begeisterung mitgemacht haben.
sperren sich plötzlich überraschend gegenüber Zärtlichkeiten und körperlicher Nähe.
Es ist völlig normal, dass sich solche Einstellungen bei jungen Menschen verändern.
Geschieht es aber urplötzlich, könnte eine schlimme Erfahrung zugrunde liegen.
reagieren plötzlich allergisch gegenüber bestimmten Menschen, wie z. B. die oben
genannte Aussage eines Kindes: „Ich will nicht mehr mit Opa spielen“, obwohl es
noch bis vor wenigen Tagen gar nicht genug von Opas Spielen kriegen konnte.
zeigen plötzlich verstärkte Schamgefühle, z. B. auf diese Weise: „Kannst du nicht
anklopfen?!“ schimpft ein Mädchen, als der Vater das Bad betritt. Der Vater ist überrascht, weil er das zuvor nicht kannte. Achtung! Es könnte auch natürliche Folge von
Entwicklungsschritten vorliegen.
waschen sich nicht mehr oder waschen sich übertrieben häufig (auch hier könnte eine natürliche Folge von Entwicklungsschritten vorliegen).
sind in ihrer sexuellen Orientierung irritiert, wenn sie von gleichgeschlechtlichen Tätern missbraucht wurden. Sie machen in ihrer Umgebung abwertenden Bemerkungen über Homosexuelle. Oder sie tasten sich fragend heran, wie die Eltern solche
Menschen einschätzen. Sie möchten wissen, ob sie selber homosexuell veranlagt
sind.
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Zusammenfassung möglicher Signale eines Missbrauchs im familiären Umfeld
Achtung: Studien belegen, dass Opfer oft bis zu sieben unterschiedliche Personen ansprechen müssen, bevor ihnen Hilfe wird!
Das Opfer
äußert oder zeigt sein Wissen zum Thema Sexualität in einer Weise, die seinem Alter nicht angemessen ist.
zeigt auffälliges Verhalten bezüglich der Grenzen der Intimität: Entweder schmiegt
es sich deutlich länger als sonst an die Eltern oder zeigt sich sehr reserviert und
schreckt sogar vor Körperkontakten völlig zurück.
entwickelt Hautausschläge.
benutzt sexuell getönte Schimpfwörter, z. B. durch „Wichser“ oder malt sexualisierte
Erlebnisse, z. B. „übergroße Penisse“.
weist Verletzungen im Genitalbereich auf oder entwickeln Geschlechtskrankheiten.
entwickelt Essstörungen oder Magersucht; Schlafstörungen; Übermüdung.
kann sich nicht mehr so gut konzentrieren, lässt in seinen Leistungen nach. Andere
werden arbeitswütig.
entwickelt sich zurück, nässt z. B. wieder ein.
fügt sich selbst Verletzungen bei. Es kratzt sich, bis es blutet oder ritzt sich mit dem
Messer.
zeigt depressives Verhalten, wird antriebsarm und verlässt gelegentlich nicht sein
Bett.
entwickelt ein negatives Selbstbild, ist sich oft selbst nichts mehr wert. Dabei kann
es vorkommen, dass es dieses fehlende positive Selbstbild durch angeberisches
Verhalten äußert.
gerät gelegentlich in eine suizidale Nähe, fordert den Tod durch gewagtes Tun heraus, z. B. durch ein Befahren der Autobahn in der Gegenrichtung.
entwickelt gelegentlich ein Suchtverhalten, z. B. in Alkohol, Drogen.
entwickelt Zwänge, z. B. Wasch- oder Ordnungszwänge, andere zeigen Phobien, z.
B. Angst vor Menschenmengen.
Weil es so wichtig ist, wiederholen wir es noch einmal:
Eindeutige Signale für sexuellen Missbrauch gibt es nicht. Alle aufgeführten Verhaltensweisen
können auch andere Ursachen haben.
Zum Abschluss werden zwei Fragen beantwortet:
1. Warum schweigen Opfer manchmal Jahrzehnte lang?
•
Weil sie sich zutiefst schämen!
•
Weil ihnen nicht geglaubt wird!
•
Weil sie das schlimme Erleben abspalten!
•
Weil sie sich eine Mitschuld geben!
2. Gibt es einen Missbrauch vom Missbrauch?
•
Kinder lügen! Kinder können phantasieren! Aber: Es liegt außerhalb ihrer Erfahrungswelt, sich Geschichten zur Erwachsenen-Sexualität auszudenken!
•
Vortäuschungen ab einem Alter mit Erfahrungswissen über sexuelles Handeln sind
Realität.
•
Besonderheit: Kinder werden z. B. im Scheidungskrieg für eine Falschaussage instrumentalisiert.
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Zugehörige Unterlagen
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