Quantenmechanik I SS 2004 - Wege zur Quantenmechanik 1 Quantenmechanik 1 Zusammengefasst von Florian Hebenstreit – Alle Angaben ohne Gewähr! I. Wege zur Quantenmechanik Einleitung: MECHANIK (klassische Physik): Punktmechanik FELDMECHANIK: partielle DGen (Maxwell) Photoelektrischer Effekt Große v, E Atommodell (diskrete Spektren) RELATIVITÄTSTHEORIE QUANTENMECHANIK: Äquivalent Punktmechanik Vielteilchensysteme (Festkörperphysik) QUANTENFELDTHEORIE: Äquivalent Feldmechanik RELATIVISTISCHE QUANTENMECHANIK: Dirac, Fermi RELATIVISTISCHE QUANTENFELDTHEORIE: Elementarteilchenphysik Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik Quantenmechanik: Zeittafel Hier eine Übersicht zur Entwicklung der Quantenmechanik (Quelle: L.Pittner, Vorlesungsunterlagen SS 2001). 1869 M. Mendelejeff Periodensystem der Elemente 1897 P. Zeeman Aufspaltung der blauen Spektrallinie von Cadmium in ein Triplett im äußeren Magnetfeld (normaler Zeeman-Effekt) 1900 M. Planck Gesetz der Hohlraumstrahlung (Strahlung eines schwarzen Körpers) 1905 A. Einstein Photoeffekt (Teilchennatur des Lichts) 1908 W. Ritz Kombinationsprinzip (Emissionsfrequenzen des Wasserstoffatoms) 1911 E. Rutherford Streuung von Alpha-Teilchen an Gold- und Silberfilmen 1913 N. Bohr Atommodell (Quantisierung der Energie) 1913 J. Stark Aufspaltung von Spektrallinien von Kanalstrahlen in einem äußeren elektrischen Feld 1916 N. Bohr Korrespondenzprinzip (Grenzübergang zur Klassischen Mechanik) 1921 A. H. Compton Streuung von Photonen an Elektronen (Teilchennatur von Elektronen und Photonen) 1921 0. Stern, W. Gerlach Aufspaltung eines Strahls von Silberatomen in einem inhomogenen Magnetfeld dank ihrem magnetischen Moment 1923 A. Lande g-Faktor des Elektrons (magnetisches Moment) 1924 L. De Broglie Formel für die Wellenlänge des Elektrons 1925 S. A. Goudsmit, G. E. Uhlenbeck postulieren einen inneren Drehimpuls und dementsprechend ein magnetisches Moment des Elektrons. 1925 W. Heisenberg Matrizenmechanik (Transformationstheorie) 1925 M. Born, P. Jordan Vertauschungsrelation von Ort und Impuls 1925 W. Pauli Ausschließungsprinzip (Besetzung von Quantenzuständen durch Fermionen) 1926 E. Schrödinger Nichtrelativistische Wellengleichung für das Elektron 1926 E. Born Wahrscheinlichkeitswelle (statistische Interpretation) 1926 W. Pauli Matrizendarstellung des inneren Drehimpulses eines Elektrons 1927 N. Bohr Komplementarität der Teilchen- und Wellennatur der Materie 1927 W. Heisenberg Unbestimmtheitsrelation (unverträgliche Observable) 1927 N. Bohr, W. Heisenberg Kopenhagener Deutung der Quantenmechanik 1927 J. v. Neumann Axiomatische Formulierung der Quantenmechanik im separablen Hilbertraum mit Hilfe des Spektraltheorems für selbst- adjungierte Operatoren 1927 C. I. Davisson, L. H. Germer Reflexion von Elektronen an Nickel- einkristallen (Wellennatur des Elektrons) 1928 P. A. M. Dirac Relativistische Wellengleichung für das Elektron 1935 A. Einstein, B. Podolsky, N. Rosen Gedankenexperiment zur Frage der Lokalität 1943 C. G. Shull et al Polarisierung von Elektronen durch Streuung an einer Goldfolie 1952 D. Bohm Verborgene Parameter (Kausalität und Lokalität?) 1956 G. Möllenstedt, H. Düker Elektronenoptisches Biprisma (erstes Doppel- spaltexperiment ) 1958 R. Mößbauer Einbau eines Gamma-strahlenden Atoms in ein Kristallgitter (scharfe Spektrallinien dank dem fehlenden Rückstoß) 1959 Y. Aharonov, D. Bohm Phasenverschiebung der Elektronwellen-funktion durch ein magnetisches Vektorpotential (Nichtlokalität) 1965 J. Bell Nicht-Lokalität der Quantenmechanik (Bell'sche Ungleichung) 1985 D. Deutsch Quantencomputer 1988 A. Zeilinger et al Beugung von Neutronen am Doppelspalt (genaueste Bestätigung der Wellennatur des Elektrons) 1992 Quanteninformation, "Teleportation" 2 Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 3 Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 4 Experimente der Quantenmechanik: * Hohlraumstrahlung (Schwarz-Körper-Strahlung): Dies war der Ausgangspunkt von Planck. Es geht um die Energieverteilung in einem Schwarzen Körper in Abhängigkeit von der Frequenz. Dabei realisiert man einen Schwarzen Körper als Hohlraum, bei dem die Wände auf konstanter Temperatur gehalten werden. • Kirchhoff (1860): Energiedichte eines Hohlraumes ist u (ν , T ) • Wien (1894): Er fand, dass u (ν , T ) ∝ ν 3 und der Zusammenhang zwischen der Frequenz und der Temperatur geht wie ν T . Er stellte schließlich sein Gesetz auf, das Wien’sche Gesetz: u (ν , T ) = αν 3 ⋅ e − βν T Diese Gesetz gilt aber nur bei hohen Frequenzen, bei niedrigen Frequenzen hingegen fanden zwei andere Physiker einen anderen Zusammenhang: • Rayleigh, Jeans (1900, 1905): Dabei arbeiteten sie mit den Moden (stationäre Eigenschwingungen des elektromagnetische Feldes) N (ν ) = 8π ν 2 c 3 . Mithilfe der statistischen Mittel Boltzmanns flogt schließlich das Rayleigh-Jeans’sche Strahlungsgesetz: 8πν 2 k B T u (ν , T ) = c3 Das Problem dieses Gesetzes ist, dass es nur bei niedrigen Frequenzen gilt. Bei hohen Frequenzen würde es nämlich zu einer nicht beobachteten Ultraviolettkatastrophe kommen. Somit kam Max Planck auf die Idee einer „glücklichen Interpolationsformel“: • 8πν 2 k B T hν k BT ⋅ hν k T Planck (1900): u (ν , T ) = c3 e B −1 Dabei sieht man, dass der Interpolationsterm für kleine Frequenzen entwickelt werden kann und es folgt das Rayleich-Jeans’sche Strahlungsgesetz: e hν k BT hν ≈ 1+ +Oν 2 k BT ( ) ⇒ 8πν 2 k BT u (ν , T ) = c3 Für große Frequenzen kann man (-1) im Nenner vernachlässigen und es folgt das Wien’sche Gesetz: hν hν e k BT − 1 ≈ e k BT ⇒ u (ν , T ) = hν βν − 8πhν 3 − k BT 3 T ⋅ e = αν ⋅ e 3 c Zum Interpolationsterm kommt man mithilfe der Beziehung zwischen der mittleren Energie und Frequenz. Dies ist die Begründung für die Quantenidee, dass es nämlich kein kontinuierliches Integral darstellt, sondern eine diskrete Summe. Die Energie kann immer nur in Vielfachen von hν auftreten. Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 5 Zur Gleichung für den Interpolationsterm kommt man über die Beziehung zwischen der Mittleren Energie in Abhängigkeit von der Frequenz und der Temperatur. Wir verwenden hier β = 1 k BT ∞ E (ν , T ) = ∑ nhνe − nhνβ n =0 ∞ ∑e =% − nhνβ n =0 ∞ ∑ nhνe −nhνβ = − n =0 ∞ ∑e − nhνβ = n =0 ∂ ∞ −nhνβ ∂ ∑ e =− ∂β n= 0 ∂β ( ) 2 1 1 − e − hνβ ∞ E (ν , T ) = 1 hνe − hνβ = − hνβ 1 − e 1 − e −hνβ ∑ nhνe − nhνβ n =0 ∞ ∑e − nhνβ = hνe −hνβ (1 − e ) − hνβ 2 ( ⋅ 1− e − hνβ hνe − hνβ hν = = hνβ − hνβ 1− e e −1 ) ( ) n =0 Hierbei wurde h als das Planck’sche Wirkungsquantum eingeführt. In Formeln hingegen verwendet man dann meist ! = h 2π = 1,054 ⋅ 10 −34 Nm ⋅ s = 0,668 ⋅ 10 −15 eV ⋅ s . Da diese Konstante die Einheit einer Energie ⋅ Zeit = Wirkung hat, heißt sie Wirkungsquantum. Die schwarze Kurve ist die Interpolationskurve von Planck. Die Rayleigh-Jeans-Kurve passt nur für niedrige Frequenzen (dunkelgrau), die Wien’sche Kurve (hellgrau) passt erst bei hohen Frequenzen. Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 6 * Photoelektrischer Effekt: Dieser Versuch wurde bereits 1887 von Hertz durchgeführt, die Erklärung dafür gelang aber erst 1905 von Einstein (erhielt dafür dann auch den Nobelpreis). Weiters experimentierten damit Lewis, Millikan...! Dabei wird Metall mit einer hochfrequenten Strahlung angestrahlt, wobei dann Elektronen emittiert werden. Dabei beobachtet man einige Tatsachen: • • • Strahlung Elektron Bei Erhöhung der Intensität kommt es zu einer Erhöhung der Elektronenanzahl Elektronen werden erst über einer Grenzfrequenz ν ≥ ν 0 herausgeschlagen (vom Material abhängig) Die kinetische Energie der Elektronen ist proportional zu ν − ν 0 und intensitätsunabhängig Die erste Tatsache passt noch zum Wellenbild, jedoch die zweite und dritte nicht mehr. Verwendet man jedoch eine Quantentheorie des Lichts, kann man diese Erscheinung problemlos erklären. Zunächst muss eine Austrittsarbeit geleistet werden. Hat das Photon zu wenig Energie ( E ≤ hν 0 ), wird kein Elektron herausgeschlagen. Überschreitet die Energie jedoch diesen Grenzwert, wird die restliche Energie dazu verwende, kinetische Energie zu übertragen ( E kin = h(ν − ν 0 ) ). * Compton Effekt: Dieser Effekt wurde von Compton 1921 beobachte. Dabei kommt es zu dem Effekt, dass, wenn Photonen mit bestimmter Wellenlänge auf eine Graphitplatte geschossen werden, diese in Abhängigkeit von der Wellenlänge in verschiedenen Winkeln reflektiert werden. Die Berechnung dieses Effekts ist nicht sehr kompliziert, da eigentlich nur das Teilchen-Bild (Photonen als Energiepakete) und die Spezielle Relativitätstheorie verwendet werden. Als Formel erhält man dabei: λ '−λ = J(O) J(O’) T(O’) h h ⋅ (1 − cosθ ) = ⋅ (2 sin (θ 2 )) me ⋅ c me ⋅ c Da wir mit der Speziellen Relativitätstheorie rechnen, verwenden wir hier den Energie-Impuls-Vektor. Die Energie des Quants sei E = hν und die Masse des Elektrons (das vor dem Stoß ruht) sei me . γ O γ’ θ e Weiters gilt, dass der Viererimpuls erhalten bleiben muss. Der Gamma-Quant hat keine Ruhemasse (m = 0): e’ γ: − e : (E c , E c,0,0) (mc,0,0,0) 2 Massenschalenbedingung: E 2 − p c 2 = m 2 c 4 γ ': − e ': ( E ' c , E ' c ⋅ cosθ , E ' c ⋅ sin θ ,0) ( E c + mc − E ' c , E c − E ' c ⋅ cosθ , E ' c ⋅ sin θ ,0) Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 7 Setzt man nur diese Betrachtung für das Elektron in die Massenschalenbedingung ein, erhält man schließlich mit der Formel λ = c /ν : (E (E c + mc − E ' c ) ⋅ c 2 − (E c − E ' c ⋅ cosθ , E ' c ⋅ sin θ ,0 ) ⋅ c 2 = m 2 c 4 2 2 ( ) c + mc − E ' c ) ⋅ c 2 − (E / c − E ' c ⋅ cosθ ) + (E ' c ⋅ sin θ ) ⋅ c 2 = m 2 c 4 2 2 2 (E + m c + E ' +2 Emc − 2EE '−2E ' mc )− (E − 2EE ' cosθ + E ' cos θ + E ' ⋅ sin θ ) = m c (E + m c + E ' +2 Emc − 2EE '−2E ' mc − E + 2EE ' cosθ − E ' cos θ − E ' ⋅ sin θ ) = m c (2 Emc − 2EE '−2E ' mc + 2 EE ' cosθ ) = 0 2 2 4 2 2 2 2 2 4 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 4 4 2 2hνmc 2 − 2h 2νν '−2hν ' mc 2 + 2h 2νν ' cosθ = 0 mc 2 ⋅ (ν − ν ') = hνν '⋅(1 − cosθ ) ( ) mc 2 ⋅ (c λ − c λ ') = h c 2 (λλ ' ) ⋅ (1 − cosθ ) mc 3 ⋅ (λ '− λ λλ ') = hc 2 λλ ' ⋅ (1 − cosθ ) h λ '− λ = ⋅ (1 − cosθ ) m⋅c 2 Die Massenschalenbedingung lautet wie bereits gesagt: E 2 − p c 2 = m 2 c 4 . Betrachten wir nur die x-Komponente und setzen c = 1, dann ist dies eine Hyperbelgleichung E 2 − p x2 = m 2 . Dabei ist die Masse der Abschnitt auf der Energieachse. Für m > 0 erhalten wir eine Hyperbel, die in allen Raumdimensionen betrachtet eine Schale wäre, für m = 0 erhalten wir den Lichtkegel. E E m>0 p m=0 p * Doppelspaltexperiment: Dieses Experiment stammt eigentlich aus der Optik. Dort kommt es, wenn eine ebene Lichtwelle auf einen Spalt fällt, zu Interferenzerscheinungen, da die Spalten Ausgangspunk von Kugelwellen sind, die entweder konstruktiv oder destruktiv interferieren. Verdünnt man das Licht dermaßen, dass nur noch einzelne Photonen auf den Schirm fallen, kommt es noch immer zur Interferenz („interferieren mit sich selbst“). Und selbst Elektronen, Neutronen, Fullarene (Kohlenstoff-Kugelpackungen) interferieren. ( ) ψ r , t ∝ e −iωt + i k r ψ 1 (r1 , t ) = e −iωt ⋅ e −ikr1 r1 Die Addition dieser beiden Funktionen I = ψ 1 + ψ 2 2 und ψ 2 (r2 , t ) = e −iωt ⋅ e −ikr2 r2 führt wieder zu einem Interferenzmuster! Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 8 *Atommodell: Nach dem Rutherford’schen Atommodell kreisen die Elektronen auf Bahnen um den Kern. Das Problem dabei ist, dass beschleunigt bewegte Objekte abstrahlen würden und somit Energie verlieren müssten und das Elektron schließlich in den Kern stürzen müsste. Deshalb postulierte Niels Bohn 1913, dass sich Elektronen in bestimmten Energieniveaus befinden, in denen sie nicht abstrahlen. Es kann somit nicht zu kontinuierlichen Übergängen der Energie kommen, sondern immer nur zu diskreten Übergängen zwischen stationären Zuständen. Dabei gilt dann immer: ∆E = Ei − E j = hν Dabei stellte auch er sich zunächst Kreisbahnen vor, jedoch in jener Form, dass der Drehimpuls auch gequantelt ist: L = n! . Unter der Annahme von stationären Bahnen, muss das Zentrifugalpotential gleich groß wie das Coulombpotential sein. Weiters muss man den Rückstoß des Kern berücksichtigen, weswegen man mit der reduzierten Masse rechnet. Da die Masse des Elektrons jedoch fast das 2000fache geringer ist als die Masse des Kerns, entspricht die reduzierte Masse ungefähr der Elektronenmasse. Die Vorfaktoren im Coulombfeld werden hierbei in die Konstante Z mitgenommen. Für den effektiven, klassischen Bahnradius („Bohrradius“ mit n = 1) erhält man damit: L2 n 2 ! 2 Ze 2 n2! 2 Ze 2 = = ⇒− =− 2 2 µr 2 2 µr 2 r µr 3 r rBOHR = !2 ≈ 4,3 ⋅ 10 −11 m 2 µZe Für die Bindungsenergie in diesem stationären Zustand erhalten wir dann schließlich: L2 Ze 2 n 2 ! 2 − = 2µ 2 µr 2 r − µ Z 2e 4 c 2 ⋅ 2 n 2 ! 2 c 2 2 µZe 2 Ze 2 µ 2 Z 2 e 4 2µ 2 Z 2 e 4 µ 2 ⋅ 2 2 − 2 2 ⋅ µZe = − =− 2 2 2 2 2 2 µn ! 2 µn ! n ! n ⋅! Z 2e4 ⋅ 2 2 n ! = 1 µ = − ⋅ (Zαc )2 2 2 n Dabei wurde die Feinstrukturkonstante α = 1 e2 eingeführt. = ! ⋅ c 137,036 Mithilfe dieser Entdeckung wurde schließlich auch das Ritz’sche Kombinationsprinzip von 1908 verständlich, welches eine Formel für die Berechnung der Wellenlänge von Emissionslinien darstellte: 1 1 ν = R ⋅ 2 − 2 m n mit R = Rydbergkonstante (nun konnte sie rechnerisch bestimmt werden) Es ergibt sich somit als Frequenz für den Übergang zwischen zwei Energieniveaus: E mn = E m − E n = hν mn ν mn = 1 1 µ ⋅ (Zαc ) 1 1 µ (Zαc ) 1 ⋅ (E m − E n ) = ⋅ ⋅ 2 − 2 = 2 − 2 2 2π! n 4π! n h m m 2 2 Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 9 * Franck-Hertz-Versuch: Dieser Versuch von Franck und Hertz aus dem Jahr 1914 war ein weiterer Nachweis für die Energiequantelung zwischen verschiedenen Anregungszuständen. Dazu werden in einer Quecksilberdampflampe Elektronen aus einer Glühkathode emittiert und auf ein Gitter hin, welches auf einer variablen gehalten wird, Spannung U beschleunigt. Der Schirm dahinter wird auf einer Spannung U - ∆U gehalten und die Elektronen werden abgebremst. Sie erreichen den Schirm nur dann, wenn ihre Energie größer als E ⋅ ∆U ist. Dahinter wird dann die Stromstärke in Abhängigkeit der Spannung U gemessen. Man erkennt dann, dass bis zu 4,86eV die Stromstärke steigt, dann aber wieder abfällt. Quantenmechanisch kann man dies so erklären, dass es, wenn die Elektronen eine Energie >4,86eV haben, zu Stößen und Anregungen von Quecksilberatomen vom Energiezustand n = 1 auf n = 2 kommt, die Elektronen dabei Energie verlieren und somit nicht mehr auf den Schirm gelangen können. G S V I ∆U U * Stern-Gerlach-Versuch: Dieser Versuch wurde das erste Mal 1921 und 1922 von Stern und Gerlach durchgeführt. Dabei wurden Silberatome in einem Ofen verdampft, die dann in ein Vakuum flogen und schließlich durch einen Blende gesammelt wurden. Dann wurde der Strahl durch ein Magnetfeld geschickt, das jedoch nicht homogen war, sondern in dem es zu einer Feldlinienverdünnung kommt. S Ofen z-Richtung N Blende Diese Feldlinienverdünnung lässt sich folgendermaßen ausdrücken: ∂B z <0 ∂z Würde man eine klassische Rechnung durchführen, würde man folgendermaßen vorgehen: Die Silberatome besitzen ein magnetisches Moment: µ ∝ −s Die Energie im Magnetfeld ist gegeben durch: U = −µ ⋅ B ∂ ∂ Fz = − −µ⋅B = µ⋅ B ∂z ∂z Als Kraft auf die Silberatome ergibt sich somit: ( ) Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 10 Klassisch würde sich also entweder eine Kraft nach oben oder nach unten ergeben, je nachdem, ob z < 0 (Kraft nach oben) oder ob nach oben oder nach unten ergeben, je nachdem, ob z > 0 (Kraft nach unten). Klassisch würde man also erwarten, dass: __z __ und somit die Schwärzungskurve einer Normalverteilung ähneln würde. Die Messung jedoch ergab zwei scharf getrennte Maxima. Es kam also zu einer spontanen Aufspaltung zwischen zwei Einstellungen. Dazwischen gibt es nichts. Wir bezeichnen diese Eigenschaft bereits jetzt als sz, da es sich ja bekanntlich dabei um den Spin handeln wird. Schwärzungskurve Klassisch vermutete Kurve Schwärzungskurve sz = − ! 2 sz = ! 2 Interessant wird es nun, wenn wir Sequenzen von Stern-Gerlach-Messungen durchführen. Es wird sich dabei herausstellen, dass der Spin keine klassische, statische Eigenschaft ist, sondern eine veränderliche Eigenschaft. Betrachten wir zunächst (a) einen einzigen Stern-Gerlach-Apparat mit Magnetfeld in z-Richtung. Wir erhalten bei einer Messung zwei Maxima, eines bei sz = +1, eines bei sz = -1 (genormt auf 1). Weiters betrachten wir (b) einen einzigen Stern-Gerlach-Apparat mit Magnetfeld in x-Richtung. Wir erhalten bei einer Messung zwei Maxima, eines bei sx = +1, eines bei sx = -1. Nun (c) koppeln wir 2 Stern-Gerlach-Apparate dermaßen, dass beide in z-Richtung das Magnetfeld besitzen. Nach Durchgang durch Gerät 1 wird sz = -1 weggeblendet und nur der Strahl bei sz = +1 wird nochmals durch Gerät 2 geschickt. Wir erhalten hierbei, dass wir nach Durchgang durch Gerät 2 weiterhin nur eine sz = +1 Komponente vorhanden ist. Dann (d) betrachten wir 2 SternGerlach-Apparate dermaßen, dass der erste in z-Richtung, der zweite in x-Richtung das Magnetfeld besitzt. Nach Durchgang durch Gerät 1 wird sz = -1 wieder weggeblendet. Der Strahl sz = +1 wird dann durch den zweiten Stern-Gerlach-Apparat geschickt. Was wir erhalten ist sowohl eine Komponente sx = +1, als auch eine Komponente sx = -1. Schließlich (e) betrachten wir den Fall von 3 Stern-Gerlach-Apparaten, zunächst der erste in z-Richtung, der zweite in x-Richtung, der dritte wieder mit Magnetfeld in z-Richtung. Nach Durchgang durch Gerät 1 wird sz = -1 wieder weggeblendet. Der Strahl sz = +1 wird dann durch den zweiten Stern-Gerlach-Apparat geschickt. Nach Durchgang wird wiederum die sx = -1 Komponente weggeblendet und nur die sx = +1 Komponente durch den dritten Stern-Gerlach-Apparat gelassen. Was wir hier wiederum erhalten sind beide Komponenten, sowohl sz = +1 als auch sz = -1. sz = +1 a) sx = +1 Z b) X sz = -1 sx = -1 sz = +1 c) Z d) Z sz = +1 Z sz = +1 sx = +1 X sx = -1 sz = +1 e) Z sx = +1 X sz = +1 Z sz = -1 Quantenmechanik I SS 2004 – Wege zur Quantenmechanik 11 Wie man aus diesen Betrachtungen erkennen kann, sind diese sx, sx keine invarianten Eigenschaften. Sie sind vielmehr solche Eigenschaften, die nicht gleichzeitig gemessen werden können (dies ist z.B. völlig ungleich zum klassischen Drehimpuls). Als Analogie dazu betrachten wir hier polarisiertes Licht. Dies kann helfen, das bis jetzt diskutierte besser zu verstehen. Gegeben sei monochromatisches Licht, das linear polarisiert werden kann. So sei z.B. φ = 0° senkrecht polarisiertes Licht, φ = 45° schräg polarisiertes Licht und φ = 90° waagrecht polarisiertes Licht. Für den Feldstärkevektor gilt: ( E = E 0 ⋅ ε ⋅ exp i k x − ωt ) Der erste Versuch (a) entspricht nun der Kombination zweier Z-Apparate. Das Licht wird hier zunächst senkrecht polarisiert und dann wieder durch einen senkrechten Polarisator geschickt. Was herauskommt ist senkrecht polarisiertes Licht. Der zweite Versuch (b) entspricht nun der Kombination zweier Z-Apparate, wobei hier jedoch zunächst senkrecht polarisiertes Licht erzeugt wird (sz = +1) und dann beobachtet wird, was nach dem zweiten Apparat, einem waagrechten Polarisator, an der Stelle sz = -1 herauskommt. Es kommt nichts heraus. Schließlich (c) wird Licht zunächst senkrecht polarisiert (sz = +1), dann wird dieser Strahl durch einen schrägen Polarisator geschickt und wir erhalten somit schräg polarisiertes Licht (sx = +1), lassen wir nun diesen Strahl wieder durch einen senkrechten (oder waagrechten) Polarisator laufen, wird weiterhin immer wieder senkrecht (oder waagrecht) polarisiertes Licht herauskommen (sz = +1 oder sz = -1) Senkrecht polarisiert a) φ = 0° Senkrecht polarisiert φ = 0° Senkrecht polarisiert b) φ = 0° c) φ = 0° nichts φ = 90° Senkrecht schräg φ = 45° Senkrecht φ = 0° Dies liegt daran, dass bei einer Drehung um nur 45° immer wieder eine Komponente des Vektors übrig bleibt, der dann entweder in die senkrechte oder in die waagrechte Richtung projiziert werden kann.