Druckversion Akute Entzündung der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) Einleitung Bei einer akuten Entzündung der Bauchspeicheldrüse (akute Pankreatitis) setzen ganz plötzlich sehr starke Bauchschmerzen ein. Die häufigsten Ursachen sind Gallensteine und zu viel Alkohol. Eine akute Pankreatitis kann zu ernsthaften Komplikationen führen. Sie wird daher im Krankenhaus behandelt. Die meisten Menschen haben aber einen leichten Verlauf, bei dem die Entzündung nach ein bis zwei Wochen überstanden ist. Wenn die Krankheit einen schweren Verlauf nimmt, kann die Behandlung von Komplikationen und Folgeerkrankungen auch mehrere Monate dauern. Manche Menschen sterben an den Komplikationen einer Pankreatitis. Symptome Fast immer führt eine akute Pankreatitis zu heftigen Schmerzen im Oberbauch. Sie können auch in den Rücken ausstrahlen und werden meistens von Übelkeit und Erbrechen begleitet. Oft kommt es auch zu Fieber, Kreislaufproblemen und einem aufgeblähten Bauch. Die Schmerzen treten plötzlich auf und sind so stark, dass die meisten Betroffenen deshalb sofort zum Arzt gehen. Er oder sie überweist sie dann in der Regel noch am gleichen Tag in ein Krankenhaus. Eine entzündete Gallenblase, ein Herzinfarkt oder ein Magendurchbruch infolge eines Geschwürs können ähnliche Beschwerden verursachen. Ursachen und Risikofaktoren Die häufigste Ursache einer akuten Pankreatitis sind Gallensteine. Der Gang der Bauchspeicheldrüse (Pankreasgang) mündet gemeinsam mit dem Gallengang im Zwölffingerdarm, einem Abschnitt des Dünndarms. Im Mündungsbereich des Gangs in den Dünndarm befindet sich ein kleiner Ringmuskel. Wenn sich Gallensteine bilden und in den Gallengang wandern, können sie die gemeinsame Mündung blockieren. Die Gallenflüssigkeit und der Verdauungssaft der Bauchspeicheldrüse können dann nicht mehr abfließen und stauen sich zurück. Man nimmt an, dass dieser Rückstau dazu führt, dass sich die Bauchspeicheldrüse entzündet. Gallensteine entstehen, wenn Cholesterin und andere Stoffe in der Gallenflüssigkeit verklumpen. Gallensteine blockieren den Bauchspeichel- und Gallengang Die zweithäufigste Ursache für eine Pankreatitis ist starker Alkoholkonsum. Wie Alkohol eine Pankreatitis auslöst, ist noch nicht genau geklärt – der Zusammenhang ist aber in vielen Studien beobachtet worden. Andere Faktoren, die eine Pankreatitis begünstigen, sind Verengungen im Gallengang oder an dessen Schließmuskel sowie erhöhte Werte bestimmter Fette (Triglyzeride) oder von Kalzium im Blut. Manchmal wird eine akute Pankreatitis auch durch bestimmte Arzneimittel oder eine Virusinfektion ausgelöst. Eingriffe im Bereich der Gallengänge oder der Gallenblase können ebenfalls zu einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse führen – dies ist aber sehr selten. Bei bis zu 10 von 100 Menschen mit Pankreatitis findet sich keine eindeutige Ursache für die Entzündung. Häufigkeit In Deutschland werden jedes Jahr etwa 54.000 Menschen wegen akuter Pankreatitis im Krankenhaus behandelt. Das entspricht ungefähr 60 bis 70 von 100.000 Einwohnern. Die meisten Menschen erkranken nach dem 45. Lebensjahr. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Verlauf Je nachdem, wie stark die Entzündung ist und wie sehr sie das Drüsengewebe schädigt, kann die Erkrankung einen unterschiedlichen Verlauf nehmen. Etwa 80 % der Menschen, die wegen akuter Pankreatitis behandelt werden, haben sie nach etwa ein bis zwei Wochen überstanden. Bei ungefähr 20 % treten ernsthafte Folgen auf. Wenn es dazu kommt, kann es Wochen oder Monate dauern, bis man wieder gesund ist. Insgesamt sterben etwa 3 % der Menschen, die an akuter Pankreatitis erkranken, an Komplikationen. Wenn Teile der Bauchspeicheldrüse absterben, sind es 20 %. Folgen Eine häufige Folge einer akuten Pankreatitis sind sogenannte Pseudozysten. Das sind mit Bauchspeicheldrüsensekret gefüllte abgekapselte Blasen, die sich an der Oberfläche oder in der Bauchspeicheldrüse bilden. Sie können sich einige Wochen nach der Entzündung bilden. Oft bleiben sie klein und unbemerkt, manchmal verursachen sie jedoch Beschwerden wie Magenverstimmung oder Völlegefühl. Bei größeren Pseudozysten besteht außerdem das Risiko, dass sie reißen und bluten oder eine Infektion auslösen. Eine schwere Komplikation ist die sogenannte nekrotisierende infektiöse Pankreatitis. Davon spricht man, wenn ein Teil der Bauchspeicheldrüse abstirbt („nekrotisiert“) und sich das tote Gewebe mit Bakterien infiziert. Diese Komplikation tritt meist in der zweiten oder dritten Woche nach Erkrankungsbeginn auf und ist sehr bedrohlich, weil sie zu einem sogenannten systemischen inflammatorischen Response-Syndrom (SIRS) führen kann. Hierbei breitet sich die Entzündung von der Bauchspeicheldrüse auf den ganzen Körper aus. Erste Warnzeichen können hohes Fieber, aber auch eine zu niedrige Körpertemperatur, Blutdruckabfall sowie eine erhöhte Herz- oder Atemfrequenz sein. Je nach Ausmaß kann das Syndrom dazu führen, dass eines oder mehrere Organe versagen. Diagnose Zunächst tastet die Ärztin oder der Arzt den Bauch ab. Sie oder er fragt zudem nach Risikofaktoren wie Alkoholkonsum, der Einnahme von Medikamenten und Hinweisen für Gallensteine, wie krampfartige Oberbauchschmerzen (Koliken). In der Regel entnimmt die Ärztin oder der Arzt auch Blut und macht einen Ultraschall. Bei Verdacht auf eine akute Pankreatitis wird man ins Krankenhaus überwiesen. Im Labor wird unter anderem der Gehalt von Amylase und Lipase im Blut bestimmt. Dies sind Enzyme, die in der Bauchspeicheldrüse gebildet werden und Zucker beziehungsweise Fette spalten. Wenn sich deutlich mehr Amylase oder Lipase im Blut befinden als normal, deutet das auf eine Pankreatitis hin. Auch die Erhöhung bestimmter anderer Blutwerte kann auf einen Gallenstau hinweisen. Meistens lässt sich bereits durch eine Ultraschalluntersuchung des Bauches erkennen, ob Gallensteine die Ursache sind. Auch wenn das Gewebe der Bauchspeicheldrüse durch die Entzündung verändert ist, wird das oft schon im Ultraschall sichtbar. Manchmal sind weitere Untersuchungen nötig. So können Gallengänge und Gallensteine auch mit einer Magnetresonanztomografie (MRT) dargestellt werden. Oder es wird ein Endoskop durch die Speiseröhre bis in den Zwölffingerdarm eingeführt (endoskopischer Ultraschall). Dies kann zum Beispiel helfen, Steine im Gallengang zu finden. Eine Computertomografie wird gemacht, um Komplikationen wie das Absterben von Gewebe zu erkennen und den Verlauf zu beurteilen. Bei einer Pankreatitis, die durch eine Verstopfung des Gallengangs verursacht wird oder mit einer Entzündung des Gallengangs einhergeht, kann zur Diagnose auch eine „endoskopisch-retrograde Cholangiografie“ (ERC) erforderlich sein. Dabei wird ebenfalls ein Endoskop über die Speiseröhre bis zur Mündung des Gallengangs in den Zwölffingerdarm vorgeschoben. Dann wird ein Kontrastmittel in den Gang gespritzt, das vorhandene Steine auf dem Röntgenbild sichtbar macht. Im Rahmen der Untersuchung können die Steine mithilfe des Endoskops auch gleich entfernt werden. Die ERC geht aber mit einer Strahlenbelastung einher und kann zu verschiedenen Komplikationen führen. Behandlung Es gibt keine ursächliche Behandlung gegen Pankreatitis. Es gibt aber verschiedene Möglichkeiten, die Bauchspeicheldrüse zu entlasten und die Beschwerden zu lindern. Da eine akute Pankreatitis zu einem Flüssigkeitsmangel führen kann, wird zunächst eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sichergestellt. Dazu kommt man an einen Tropf, der über eine Hohlnadel in der Armvene eine Lösung in den Blutkreislauf leitet. Beschwerden wie Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen lassen sich durch Medikamente lindern. Oft sind starke Schmerzmittel (Opioide) nötig, die schläfrig oder benommen machen können. Damit sich die Bauchspeicheldrüse erholen kann, wird auf feste Nahrung verzichtet, bis die Schmerzen zurückgehen und man wieder Appetit hat. Bei einer leichten Pankreatitis ist es oft schon nach zwei Tagen wieder möglich, etwas zu essen. Bei länger andauernden Beschwerden kann eine künstliche Ernährung erforderlich werden, damit der Körper ausreichend mit Nährstoffen versorgt wird. Wenn die Pankreatitis durch Gallensteine verursacht wird, kann es sein, dass die Steine im Rahmen einer endoskopisch-retrograden Cholangiografie entfernt werden müssen. Nach der Akutbehandlung wird die Gallenblase durch eine Operation entfernt, um weitere Episoden zu verhindern. Quellen Frossard JL, Steer ML, Pastor CM. Acute pancreatitis. Lancet 2008; 371(9607): 143-152. Huber W, Schmid RM. Akute Pankreatitis: Evidenzbasierte Diagnostik und Therapie. Dtsch Arztebl 2007; 104(25): 1832-1842. Johnson CD, Besselink MG, Carter R. Acute pancreatitis. BMJ 2014; 349: g4859. IQWiG-Gesundheitsinformationen sollen helfen, Vorund Nachteile wichtiger Behandlungsmöglichkeiten und Angebote der Gesundheitsversorgung zu verstehen. Ob eine der von uns beschriebenen Möglichkeiten im Einzelfall tatsächlich sinnvoll ist, kann im Gespräch mit einer Ärztin oder einem Arzt geklärt werden. Wir bieten keine individuelle Beratung. Unsere Informationen beruhen auf den Ergebnissen hochwertiger Studien. Sie sind von einem Team aus Medizin, Wissenschaft und Redaktion erstellt und von Expertinnen und Experten außerhalb des IQWiG begutachtet. Wie wir unsere Texte erarbeiten und aktuell halten, beschreiben wir ausführlich in unseren Methoden. BIG direkt gesund 2017 - 0800 54565456 Kostenloser 24h-Direktservice