Diplomarbeit Eva Katharina Rafeld - Institut für Theoretische Physik

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Repulsiv gebundene Teilchenpaare
aus Bosonen und Fermionen
in einem eindimensionalen
optischen Gitter
Diplomarbeit
Eva Katharina Rafeld
Institut für Theoretische Physik
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Juli 2012
Betreuer:
Zweitgutachter:
Prof. Dr. Walter Hofstetter
Prof. Dr. Lorenz Bartosch
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
1 Ultrakalte Atome im optischen Gitter
1.1 Optische Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.1.1 Optisches Gitterpotential . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Hubbard-Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.1 Bose-Hubbard-Modell . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2.2 Behandlung des Hubbard-Modells . . . . . . . . . .
1.2.3 Hubbard-Modelle für Teilchenmischungen . . . . . .
1.3 Spinmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4 Quantengase und Quantenphasen . . . . . . . . . . . . . .
1.4.1 Bose-Einstein-Kondensat . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.2 Phasenübergang vom Superfluid zum Mott-Isolator
1.4.3 Unordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.5 Quantensimulatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.6 Repulsiv gebundene Teilchenpaare . . . . . . . . . . . . . .
1.6.1 Theoretische Behandlung . . . . . . . . . . . . . . .
1.6.2 Experimentelle Umsetzung . . . . . . . . . . . . . .
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19
19
21
21
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2 Effektive Hamiltonians
2.1 Herleitung effektiver Hamiltonians für Teilchenpaare .
2.1.1 Projektions-Formalismus . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Störungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Bosonen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Fermionen mit Spin 1/2 . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Mischung aus zwei Bosonensorten . . . . . . . . . . .
2.5 Mischung aus Bosonen und Fermionen . . . . . . . .
2.6 Effektiver Hamiltonian – Spin 1/2 XXZ-Modell . . .
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54
3 Time Evolving Block Decimation
3.1 Methode . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 Schmidt-Zerlegung . . .
3.1.2 Matrixproduktzustand .
3.1.3 Operatoren . . . . . . .
3.1.4 Teilchenzahlerhaltung . .
3.1.5 Erwartungswerte . . . .
3.2 Zeitentwicklung . . . . . . . . .
3.2.1 Dynamik . . . . . . . . .
3.2.2 Imaginärzeitentwicklung,
3.3 Implementierung . . . . . . . .
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Grundzustand
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i
Inhaltsverzeichnis
4 Grundzustände
4.1 Test des implementierten Codes . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1.1 Wedding Cake-Struktur eines inhomogenen Bosegases
4.1.2 Bosegas geringer Dichte . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Grundzustandsphasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modells .
4.3 Phasen der effektiven Dimermodelle im Grundzustand . . . .
4.3.1 XY-ferromagnetische Phase . . . . . . . . . . . . . .
4.3.2 Ising-ferromagnetische Phase . . . . . . . . . . . . . .
4.3.3 Ising-antiferromagnetische Phase . . . . . . . . . . .
4.3.4 XY-antiferromagnetische Phase . . . . . . . . . . . .
4.4 Korrelationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.4.1 Dichte-Dichte-Korrelationen . . . . . . . . . . . . . .
4.4.2 Ein-Teilchen-Korrelationen . . . . . . . . . . . . . . .
4.4.3 Ordnungsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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73
5 Dynamik
5.1 Cluster . . . . . . . . . . . . . .
5.1.1 Ein Dimer . . . . . . . .
5.1.2 Zwei Dimere . . . . . . .
5.1.3 Fünf-Dimer-Cluster . . .
5.1.4 Zwei Drei-Dimer-Cluster
5.1.5 Cluster von Dimeren mit
5.2 Gekippter Mott-Isolator . . . .
5.2.1 Theorie . . . . . . . . .
5.2.2 Experiment . . . . . . .
5.2.3 TEBD-Zeitentwicklung .
5.3 Fehlerbetrachtung . . . . . . . .
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zusätzlichem Boson .
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Zusammenfassung und Ausblick
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Literaturverzeichnis
89
Danksagung
95
ii
Einleitung
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war man der Meinung, dass die Physik allmählich komplett verstanden sei. Mit den vorhandenen Theorien ließen sich alle physikalischen Beobachtungen mehr oder weniger genau beschreiben. Doch dann wurde die Quantenmechanik
entdeckt, die mit einer Fülle an neuen Phänomenen und Vorhersagen das klassische Bild
der Physik über den Haufen warf.
Damit war der Grundstein für viele neue und spannende Forschungsgebiete der Physik
gelegt. Zu diesen gehört auch die Physik der ultrakalten Atome, ein breites Themengebiet, das sich erst in den letzten Jahrzehnten aus dem Zusammenspiel von Atomphysik,
Quantenoptik und Festkörperphysik entwickelte [26].
Zum Durchbruch verhalf der Physik der ultrakalten Atome im Jahr 1995 die erstmalige
Erzeugung und der Nachweis eines sogenannten Bose-Einstein-Kondensats [3, 11], dessen
Existenz schon 70 Jahre zuvor von Satyendranath Bose und Albert Einstein vorhergesagt
worden war. Dafür gab es im Jahr 2001 den Nobelpreis für Eric A. Cornell, Carl E.
Wieman und Wolfgang Ketterle.
Bis zu diesem Erfolg waren aber eine große Anzahl an wichtigen Vorarbeiten auf verschiedenen Gebieten der Physik nötig, von denen einige ebenfalls mit Nobelpreisen belohnt
wurden [32].
Als Beiträge aus der Quantenoptik sind hier insbesondere die Entwicklung des Lasers und
der nichtlinearen Optik zu nennen, sowie erste theoretische Arbeiten zu Quantenkohärenz
und Lasertheorie.
In der Atomphysik machte die Entwicklung der Ionenfalle die ersten Untersuchungen
von Quantensystemen auf der Ebene einzelner Teilchen möglich. Durch die Entwicklung
neuer Kühltechniken und Fallen für Atome, Ionen und Moleküle ist es heute möglich,
Atome auf extrem niedrige Temperaturen (im Nanokelvin-Bereich) abzukühlen. Außerdem
wurden neue Methoden entwickelt, die immer bessere Manipulation und Kontrolle von
Quantensystemen erlauben.
Mit den Experimenten der Gruppe um Immanuel Bloch und Theodor W. Hänsch [18]
nach der theoretischen Arbeit von Dieter Jaksch et al. [23] gelang es erstmals, mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern auch stark korrelierte Systeme zu studieren. Somit
konnte auch das Interesse der Festkörperphysik am Forschungsgebiet der ultrakalten Atome geweckt werden, die nun ihrerseits Impulse in Form von Theorien, Vorschlägen und
Rechenmethoden beisteuerte.
Die bekannten Hubbard- und Spinmodelle spiegeln echte Festkörper nur unzulänglich
und stark vereinfacht wieder. Da mit ultrakalten Atomen viele dieser Modelle aber direkt
realisiert werden können, lassen sie sich als Spielzeugmodelle und Quantensimulatoren für
bestimmte Festkörpermodelle nutzen und können bei der Beantwortung vieler wichtiger
Fragen helfen [32].
1
Einleitung
Im Gegensatz zu Festkörpern können in den Systemen ultrakalter Atome in optischen
Gittern viele Parameter (wie die Geometrie, Tunnelraten und Wechselwirkungen) gut
kontrolliert und (fast) nach Belieben eingestellt werden [25].
In den letzten Jahren wurden auch hinsichtlich Detektion und Auflösung einzelner Gitterplätze große Fortschritte erzielt. War es bis dahin experimentell fast nur möglich, Eigenschaften ganzer Ensembles von Atomen zu messen (wie etwa Kohärenz oder Kompressibilität), so konnten durch die Entwicklung des sogenannten Quantengasmikroskops
2009 erstmals auch einzelne Atome in optischen Gittern sichtbar gemacht werden [6]. Auf
ähnliche Weise ist dies auch mit der Fluoreszenzspektroskopie möglich, die fast zeitgleich
entwickelt wurde [46].
Interessant sind außerdem eher exotische Zustände wie repulsiv gebundene Teilchenpaare.
Sie können im freien Raum aufgrund ihrer abstoßenden Wechselwirkung nicht auftreten.
Im regelmäßigen Potential eines optischen Gitters wurden solche Zustände jedoch vorhergesagt und konnten zuletzt auch experimentell nachgewiesen werden [61].
Überblick
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung von repulsiv gebundenen Teilchenpaaren (auch Dimere genannt) in eindimensionalen optischen Gittern. In großen Teilen
der Arbeit wird die weitverbreitete Konvention verwendet, ℏ = 1 zu setzen.
In Kapitel 1 geht es um die physikalischen Grundlagen ultrakalter Atome in optischen Gittern. Es werden mathematische Modelle zur Beschreibung von Quanten-Vielteilchensystemen in periodischen Potentialen eingeführt und verschiedene Ansätze zur Lösung solcher
Modelle skizziert. In Abschnitt 1.6 werden die theoretischen Grundlagen sowie die experimentelle Erzeugung repulsiv gebundener Teilchenpaare behandelt.
In einem analytischen Teil (Kapitel 2) werden dann für verschiedene Systeme im Grenzfall
starker Wechselwirkungen effektive Hamiltonians hergeleitet, die die Physik der Dimere
beschreiben. Die hier betrachteten Systeme sind einkomponentige Bosonen, Fermionen mit
Spin 1/2, eine zweikomponentige Bosonen-Mischung und eine Boson-Fermion-Mischung.
Im numerischen Teil der Arbeit beschäftigen wir uns anschließend mit Grundzuständen
und Realzeitentwicklungen der effektiven eindimensionalen Dimer-Modelle. Dazu verwenden wir den Time Evolving Block Decimation-Algorithmus (TEBD) nach Guifré Vidal
[54].
In Kapitel 3 wird die TEBD-Methode genauer vorgestellt, die im Rahmen dieser Arbeit
in einem Code implementiert wurde.
Kapitel 4 geht auf das Grundzustandsphasendiagramm der effektiven Dimer-Modelle bei
T = 0 ein. Dazu wurden Grundzustände der verschiedenen Phasen jeweils für unterschiedliche Teilchenzahlen simuliert. Eine weitere Klassifizierung der Phasen wird anhand von Dichte-Dichte- und Ein-Teilchen-Korrelationen sowie Ordnungsparametern vorgenommen.
Schließlich werden in Kapitel 5 noch die Ergebnisse von Realzeitentwicklungen kleiner
Cluster von Dimeren präsentiert. Ein Abschnitt dieses Kapitels (5.2) behandelt außerdem auch Zeitentwicklungsrechnungen zu einem Experiment aus der Gruppe von Markus
Greiner, bei dem mit ultrakalten Bosonen in einem gekippten optischen Gitter der Phasenübergang eindimensionaler Ising-Spinketten simuliert wurde [47].
2
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
Unter ultrakalten Atomen versteht man Atome, die auf eine Temperatur nahe dem absoluten Nullpunkt gekühlt wurden – typischerweise handelt es sich dabei um Temperaturen
in der Größenordnung von einigen Zehn bis Hundert Nanokelvin. Insbesondere durch die
Möglichkeit, die ultrakalten Atome in sogenannte optische Gitter zu laden, bieten sie ein
spannendes Forschungsfeld im Grenzbereich zwischen der Atom- und der Festkörperphysik, mit vielen sowohl experimentellen als auch theoretischen Herausforderungen.
Das Wissen und die Erfahrung aus Atomphysik und Quantenoptik fließen ein in die verwendeten Fallen und Kühlmöglichkeiten, ebenso wie in die Kontrolle über die Atome und
deren Manipulation.
Die gute Kontrollierbarkeit von Parametern wie Tunnelraten und Wechselwirkungen erlaubt den Einsatz ultrakalter Atome in optischen Gittern als Quantensimulatoren für
(einfache) Festkörpermodelle – denn anders als bei Festkörpern selbst können in den mit
ultrakalten Atomen realisierbaren Vielteilchen-Hamiltonians viele Parameter frei gewählt
und eingestellt werden.
Zusätzlich zu den experimentellen Quantensimulationen werden verschiedenste analytische und numerische Methoden genutzt, um Vielteilchensysteme und deren Quantenphasen zu untersuchen und besser zu verstehen.
In diesem Kapitel werden zunächst das optische Gitter und dessen mathematische Beschreibung eingeführt (Abschnitt 1.1). Dann werden mathematische Modelle für die ultrakalten Atome erläutert – im Rahmen der Hubbard-Modelle (Abschnitt 1.2) soll hier
insbesondere auf das Bose-Hubbard-Modell und Methoden zu dessen Behandlung eingegangen werden. Eine weitere Klasse von Modellen zur Beschreibung ultrakalter Atome
sind die Spinmodelle, die in Abschnitt (1.3) angesprochen werden. Im darauffolgenden Abschnitt (1.4) soll es um Quantengase und verschiedene Quantenphasen gehen – es wird das
sogenannte Bose-Einstein-Kondensat (BEC) eingeführt, und es wird der Phasenübergang
vom Superfluid zum Mott-Isolator geschildert. Dann soll die mögliche Nutzung ultrakalter
Atome als Quantensimulatoren beschrieben werden (Abschnitt 1.5). Der letzte Abschnitt
dieses Kapitels (1.6) geht auf repulsiv gebundene Teilchenpaare ein, die im Mittelpunkt
dieser Arbeit stehen.
1.1 Optische Gitter
Ein sogenanntes optisches Gitter entsteht dadurch, dass man zwei Laserstrahlen einander entgegenrichtet. Dabei bildet sich eine stehende Welle, deren periodische Anordnung
von Minima und Maxima ähnlich der Struktur eines Kristallgitters in Festkörpern ist.
Durch Wechselwirkungen der Atome mit dem elektrischen Feld des Gitters über den AC-
3
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
Stark-Effekt können in diesem Gitter Atome und/oder Moleküle gefangen werden. Jedes
Minimum bzw. Maximum der stehenden Welle wirkt wie eine winzige kleine Falle und
stellt einen Gitterplatz dar [8]. Bewegen können sich die Teilchen in dem optischen Gitter
durch quantenmechanische Tunnelprozesse von einem Gitterplatz zum nächsten.
Die Vorteile eines solchen optischen Gitters gegenüber einem Kristallgitter liegen klar auf
der Hand: Die stehende Welle eines Laserstrahlenpaares ist perfekt – anders als beim
Festkörper gibt es in diesem Gitter also keinerlei Störstellen. Außerdem lassen sich verschiedene Parameter einfach ändern: die Tiefe (Amplitude der stehenden Welle) des Gitterpotentials kann über die Intensität des Lasers (also über seine Leistung) variiert werden
– je größer die Intensität, desto stärker (tiefer) das optische Potential. Direkt abhängig
von der Gittertiefe ist das Verhältnis von Tunnelrate J zu Wechselwirkung U. Die Gitterkonstante, der Abstand zwischen den Gitterplätzen, wird über die Wellenlänge der Laser
bzw. über den Winkel zwischen den einander entgegengerichteten Laserstrahlen gesteuert.
Veränderungen dieser Parameter sind auch während der Experimente in Echtzeit möglich,
so dass hiermit die Dynamik fundamentaler Quantenphasenübergänge beobachtbar wird.
Verwendet man drei zueinander orthogonale Laserpaare gleicher Wellenlänge, so erhält
man ein kubisch primitives Gitter (im Englischen simple cubic, sc) – siehe Abbildung
1.1(a).
Man kann nun die Intensität eines der Laserpaare gegenüber den anderen beiden deutlich
verstärken, so dass Bewegung der Teilchen nur noch orthogonal dazu in einer Ebene
möglich ist – damit lassen sich zweidimensionale Gitter erzeugen (siehe Abbildung 1.1(b)).
Ebenso ist es natürlich möglich, durch Erhöhen der Intensität zweier Laserpaare, Bewegungen nur in einer einzigen Raumrichtung zuzulassen – man erhält so eindimensionale
Gitter, wie in Abbildung 1.1(c) dargestellt.
Quasi beliebige andere und kompliziertere Gitterstrukturen lassen sich erzeugen, indem
man die Winkel zwischen den einander entgegengerichteten Laserpaaren ändert und/oder
durch weitere Laser mit anderen Wellenlängen sogenannte Übergitter erzeugt.
z
y
x
(a) 3D Gitter
(b) 2D Gitter
(c) 1D Gitter
Abb. 1.1: Einfache optische Gitter, die durch drei zueinander orthogonale Laserpaare erzeugt
werden können. Das Tunneln der Atome ist jeweils entlang der schwarzen Linien möglich.
(a) Alle drei Laserpaare haben die gleiche Intensität, so dass Tunnelprozesse entlang aller
Achsen erlaubt sind. (b) Die Intensität des Laserpaares in z-Richtung wird verstärkt,
dadurch werden Bewegungen der Atome in dieser Richtung unterdrückt. (c) Die Intensität
der Laser in y- und in z-Richtung ist höher als die in x-Richtung – somit ist Tunneln nur
in x-Richtung erlaubt.
4
1.1 Optische Gitter
1.1.1 Optisches Gitterpotential
Bringt man ein Atom in das oszillierende elektrische Feld
E(r, t) = E(r, t)ǫ exp(−iωt)
(1.1)
eines Lasers (mit der Laserfrequenz ω und dem Polarisationsvektor ǫ), das nur langsam
in Zeit t (verglichen mit 1/ω) und Raum r (relativ zur Größe eines Atoms) variiert,
so induziert das Feld E(r, t) ein zeitabhängiges elektrisches Dipolmoment d in das Atom
[32, 25]. Abseits der Resonanzfrequenzen, wo Übergänge im Atom angeregt werden (die zu
spontaner Emission führen könnten), hat jede Komponente di des Dipolmoments folgende
Form:
di =
X
αij (ω)Ej (r, t) .
(1.2)
j=x,y,z
Hierbei ist αij (ω) das Matrixelement des Polarisierbarkeitstensors. Die Polarisierbarkeit
hängt im Allgemeinen von der Laserfrequenz ω und den Energien der nicht-resonant
angeregten Zustände des Atoms ab. Für den Fall, dass einer dieser angeregten Zustände
(mit Energie E1 = ℏω1 ) deutlich näher an der Resonanz liegt als die anderen angeregten
Zustände, wird die Polarisierbarkeit invers proportional zur Verstimmung des Lasers von
der Resonanz (englisch: detuning), ∆ = ω − ω1 .
Unter der Annahme, dass der Laser so weit verstimmt ist, dass alle optischen Anregungen
mit Störungstheorie behandelt werden können, kann die Wechselwirkung zwischen dem
Atom und dem Laserfeld in der Dipolnäherung betrachtet werden. Dabei kommt heraus, dass die elektrische Energie des Atoms eine Energieverschiebung ∆E erfährt. Man
nennt dies auch den AC-Stark-Effekt. Die Energieverschiebung ∆E, auch AC-Stark-Shift
genannt, hängt wiederum von der Laserfrequenz ω ab,
∆E(r) =
X
i,j=x,y,z
αij (ω) hEj (r, t)Ej (r, t)i ∝
I(r)
.
∆
(1.3)
Die Notation h. . . i steht für eine zeitliche Mittelung über die schnellen optischen Schwingungen. I(r) ∝ |E(r)|2 ist die Laserintensität.
Das Atom im Laserfeld fühlt nun also ein konservatives Dipolpotential, das der räumlichen
Verteilung der Intensität des Feldes folgt, nämlich
VDipol (r) = ∆E(r) .
(1.4)
Bei rotverstimmtem Laser (Verstimmung ∆ < 0) werden die Atome von den Bereichen
mit hoher Intensität angezogen, bei blauverstimmtem Laser (∆ > 0) dagegen von diesen
Bereichen abgestoßen. Es ist also sowohl möglich, die Atome in den Intensitätsmaxima
als auch in den Intensitätsminima zu fangen.
Das Potential einer einzelnen stehenden Welle, wie sie durch zwei einander entgegengesetzte Laser entsteht (hier in x-Richtung), kann dann so geschrieben werden:
V1D Gitter (x) = V0 cos2 (kx) .
(1.5)
Es ist k = 2π/λ der Wellenvektor des Lasers (mit der Wellenlänge λ), der die stehende Welle bildet und V0 die Tiefe des Gitterpotentials. Diese wird meistens in Einheiten
5
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
der Rückstoß-Energie ER = ℏ2 k 2 /2m gemessen (m ist dabei die Masse eines einzelnen
Atoms), die eine natürliche Skala für neutrale Atome in optischen Gittern liefert. Das
Gitterpotential hat eine Periodizität a = λ/2. Diese liegt bei den meisten Experimenten
in der Größenordnung einiger Hundert Nanometer.
Fügt man weitere Laserpaare in y- und z-Richtung hinzu, so erhält man ein vollständiges
dreidimensionales Gitter mit einem Gitterpotential der Form
V3D Gitter (r) = V0x cos2 (kx x) + V0y cos2 (ky y) + V0z cos2 (kz z) .
(1.6)
Sowohl die Gittertiefe V0i als auch die Periodizität ai = λi /2 können in jeder der drei
Raumrichtungen unterschiedlich sein, da sie durch die Intensität (Gittertiefe) bzw. die
Wellenlänge (Periodizität) der jeweiligen Laserpaare in dieser Raumrichtung verändert
werden können.
1.2 Hubbard-Modelle
Hubbard-Modelle sind Modelle, die insbesondere in der Festkörperphysik dafür genutzt
werden, Vorgänge wie Übergänge von leitenden zu isolierenden Systemen zu berechnen
und zu verstehen. Allerdings geben sie die Physik eines Festkörpers, der ein kompliziertes
physikalisches System darstellt, nur näherungsweise wieder. Besonders interessant werden sie im Zusammenhang mit den ultrakalten Atomen in optischen Gittern – mit diesen
können sie nämlich in vielen Fällen experimentell realisiert werden. So lassen sich theoretische Vorhersagen über die Dynamik ultrakalter Atome im untersten Energieband eines
hinreichend tiefen Gitters direkt mit den Ergebnissen von Experimenten vergleichen.
Wir betrachten nun ein optisches Gitter, beispielsweise ein eindimensionales Gitter (im
Prinzip sind aber Form und Dimensionalität des Gitters beliebig). Dieses besteht aus
einem idealen periodischen Potential, enthält also keine Störstellen.
Wie aus der Festkörperphysik bekannt ist [5], besteht das Ein-Teilchen-Energiespektrum
eines periodischen Potentials aus Bändern. Die Energieeigenzustände des Hamiltonian
sind nach dem Bloch-Theorem sogenannte Bloch-Funktionen: sie lassen sich schreiben als
ein Produkt einer ebenen Welle mit Wellenvektor k (bzw. dem zugehörigen Quasiimpuls
q = ℏk) und einer periodischen Funktion mit derselben Periodizität wie das Potential –
hier für eine Dimension,
(n)
Ψk (x) = eikx unk (x) .
(1.7)
Die zugehörigen Energie-Eigenwerte E (n) (k) = E (n) (k + K) sind wiederum periodisch mit
der Periodizität K der reziproken Gittervektoren. Die Energien zu einem Index n sind
kontinuierlich in Bezug auf den Wellenvektor k und bilden das sogenannte Energieband,
dem der Bandindex n zugeordnet wird.
Nun gehen wir davon aus, dass das Gitterpotential tief ist, so dass die einzelnen Bänder
im Vergleich zu ihrer Ausdehnung durch große Bandlücken voneinander getrennt sind.
Dies ist ab einer Gittertiefe von wenigen ER = k 2 /2m gegeben. Desweiteren setzen wir
eine niedrige Temperatur voraus, damit nur das unterste Band besetzt ist. Dies erlaubt
die Anwendung der sogenannten Tight-Binding-Näherung – die Wellenfunktion des Systems wird als eine Superposition der Wellenfunktionen einzelner Atome, die auf ihren
Gitterplätzen lokalisiert sind, genähert.
6
1.2 Hubbard-Modelle
Genauer bedeutet das, dass die Bloch-Funktionen des untersten Energiebands in WannierFunktionen entwickelt werden. Die Wannier-Funktionen sind eine vollständige Basis orthonormaler Funktionen für jedes Energieband n, die genau die gewünschte Eigenschaft
haben, auf die einzelnen Gitterplätze xi lokalisiert zu sein,
wn (x − xi ) = Θ−1/2
X
(n)
e−ikxi Ψk (x) .
(1.8)
k
Dabei ist Θ eine Normierungskonstante.
Im letzten Schritt der Näherung vernachlässigt man alle nicht-relevanten Terme. Meist
nimmt man lediglich das Tunneln zwischen benachbarten Gitterplätzen mit und lässt Tunnelprozesse zu weiter entfernten Gitterplätzen beiseite. So erhält man einen Hamiltonian
in Hubbard-Form.
Wir wollen den Hamiltonian nun in seiner allgemeinsten Form schreiben, nämlich für
ein System, das sowohl Bosonen als auch Fermionen enthält. Von beiden können jeweils
mehrere Sorten vorliegen, bzw. mehrere innere Zustände, die wir mit α bzw. β bezeichnen.
Für die Bosonen gibt es die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren â†iα und âiα , für die
Fermionen sind es ĉ†iβ und ĉiβ . Sie gehorchen jeweils den bekannten Kommutations- (für
Bosonen) bzw. Antikommutationsrelationen (für Fermionen).
Für diesen allgemeinen Fall hat der Hamiltonian des Hubbard-Modells folgende Form [32]:
HHubbard = HTunnel + HWW + HPot + HRabi .
(1.9)
Er enthält einen Tunnelterm HTunnel , der das Hüpfen der Atome von einem Gitterplatz
zum nächsten beschreibt. Da die Tunnelwahrscheinlichkeit exponentiell mit der Entfernung abnimmt, wird hier typischerweise nur das Tunneln zwischen benachbarten Gitterplätzen i und j berücksichtigt. Dies drücken wir mit der Schreibweise hi, ji aus:
HTunnel = −
X
α,β,hi,ji
h
i
†
tB
ijαβ âiα âjβ + h.c. −
X h
i
tFijαβ ĉ†iα ĉjβ + h.c. .
α,β,hiji
(1.10)
Mit dem Wechselwirkungsterm HWW werden die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Teilchen beschrieben. Diese geschehen vor allem über kurzreichweitige Van-derWaals-Kräfte, und lassen sich damit lokal (sie wirken nur auf einem Gitterplatz) beschreiben. Aber es können auch langreichweitige Wechselwirkungen auftreten, wie beispielsweise
Dipol-Dipol-Wechselwirkungen.
Man kann also schreiben:
HWW = Hlokal + Hext
(1.11)
mit dem lokalen Term
Hlokal =
1 X h BB
† †
FF
U ′ ′ (i)â†iα â†iβ âiβ ′ âiα′ + Uαβα
′ β ′ (i)ĉiα ĉiβ ĉiβ ′ ĉiα′
2 i,α,β,α′ ,β ′ αβα β
i
† †
BF
+2Uαβα
, (1.12)
′ β ′ (i)âiα ĉiβ ĉiβ ′ âiα′
der die Wechselwirkungen zwischen den Bosonen U BB , zwischen den Fermionen U F F und
auch die zwischen Bosonen und Fermionen U BF enthält.
In den einfachsten Hubbard-Modellen hängen diese lokalen Wechselwirkungen nur von
†
†
F
den Teilchenzahlen n̂B
iα = âiα âiα und n̂iα = ĉiα ĉiα ab.
7
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
Tauchen auch längerreichweitige Wechselwirkungen Hext auf, so spricht man von erweiterten Hubbard-Modellen. Diese enthalten Terme der Form
Hext =
h
X
1
† †
† †
BB
FF
Vαβα
′ β ′ (i, j)âiα âjβ âjβ ′ âiα′ + Vαβα′ β ′ (i, j)ĉiα ĉjβ ĉjβ ′ ĉiα′
2 i,j,α,β,α′,β ′
i
† †
BF
+2Vαβα
. (1.13)
′ β ′ (i, j)âiα ĉjβ ĉjβ ′ âiα′
In den meisten Fällen hängen diese Wechselwirkungen nur vom Abstand der Gitterplätze
F
ab und lassen sich mit Hilfe der Teilchenzahloperatoren n̂B
iα und n̂iβ schreiben. Allgemein
ist dies aber nicht der Fall.
Die letzten beiden Terme aus dem allgemeinen Hubbard-Hamiltonian HHubbard beschreiben lokale Ein-Teilchen-Prozesse.
HPot beschreibt die Effekte sämtlicher Potentiale – das externe Fallenpotential, eventuell
vorhandene Übergitter- oder Unordnungspotentiale, sowie das chemische Potential, das
für eine großkanonische Beschreibung notwendig ist. Dieser Term hat die Form
HPot = −
Xh
i
†
F †
µB
iα âiα âiα + µiα ĉiα ĉiα .
α,i
(1.14)
Der Term HRabi beinhaltet die möglichen kohärenten lokalen Übergänge zwischen verschiedenen inneren Zuständen des Atoms – wie etwa laserinduzierte resonante RamanÜbergänge oder Rabi-artige Übergänge,
HRabi =
i
1 Xh B †
Ωiαβ âiα âiβ + ΩFiαβ ĉ†iα ĉiβ .
2 α,β,i
(1.15)
1.2.1 Bose-Hubbard-Modell
Im Folgenden wird eine Herleitung des Bose-Hubbard-Hamiltonian kurz dargestellt [23].
Dabei beschränkt man sich auf Nächste-Nachbar-Tunnelprozesse und lokale Wechselwirkungen. Für Fermionen kann ein solcher Hamiltonian auf ähnliche Weise hergeleitet werden [20, 34].
Der vollständige Hamiltonian für ein Vielteilchensystem mit Zwei-Teilchen-Wechselwirkung – beispielsweise ein Gas wechselwirkender Bosonen in einem optischen Gitter –
kann in der folgenden Form geschrieben werden:
Hvoll =
Z
!
ℏ2 2
d xΨ̂ (x) −
∇ + V0 (x) + VT (x) Ψ̂(x)
2m
gZ 3 †
d xΨ̂ (x)Ψ̂† (x)Ψ̂(x)Ψ̂(x) (1.16)
+
2
3
†
Dabei sind die Ψ̂(x) die bosonischen Feldoperatoren für ein Atom im inneren Zustand
|ai. VT (x) beschreibt ein externes Fallenpotential (z.B. das einer magnetischen Falle,
in der sich das System befindet), das im Vergleich zum optischen Gitterpotential V0 (x)
nur langsam variiert. Das optische Gitterpotential ist im einfachsten Fall von der Form
P
V0 (x) = 3i=1 Vi0 cos2 (kxi ). g = 4πas /m steht für die Wechselwirkung zwischen den Teilchen aufgrund von s-Wellen-Streuung mit Streulänge as .
Im Rahmen der Tight-Binding-Näherung (verbunden mit der Annahme, dass sich alle
Teilchen im untersten Energieband des optischen Gitters befinden und jeweils auf einem
8
1.2 Hubbard-Modelle
Gitterplatz lokalisiert sind), werden die Feldoperatoren in lokalisierten Wannierfunktionen
entwickelt:
Ψ̂(x) =
X
i
âi w(x − xi ) ,
(1.17)
wobei âi einen Vernichtungsoperator für ein Teilchen auf Gitterplatz xi darstellt.
Damit erhält der vollständige Hamiltonian die Form
Hvoll = −
X
Jij â†i âj +
i,j
1 X
Uijkl â†i â†j âk âl
2 i,j,k,l
(1.18)
mit den Tunnelmatrixelementen Jij
Jij = −
!
ℏ2 2
∇ + V0 (x) + VT (x) w(x − xj )
d x w(x − xi ) −
2m
Z
3
(1.19)
und den Wechselwirkungsmatrixelementen Uijkl
Uijkl = g
Z
d3 x w(x − xi )w(x − xj )w(x − xk )w(x − xl ).
(1.20)
An dieser Stelle wird nun eine weitere Näherung gemacht: es wird angenommen, dass für
hinreichend tiefe Gitter (V0 & 5ER ) die Wechselwirkungen Uijkl zwischen Teilchen, die
nicht auf demselben Gitterplatz sitzen, vernachlässigt werden können gegenüber der lokalen Wechselwirkung U0000 ≡ U zwischen Teilchen auf demselben Gitterplatz. Gleichzeitig
wird auch angenommen, dass die Tunnelraten Jij für Teilchen, die sich nicht auf direkt benachbarten Gitterplätzen befinden, klein sind gegenüber der Nächste-Nachbar-Tunnelrate
J01 ≡ J, und so ebenfalls vernachlässigt werden können.
Für ein einfaches kubisches optisches Gitter nimmt der Bose-Hubbard-Hamiltonian dann
die folgende Form an:
Ĥ = −J
= −J
X
â†i âj +
X
â†i âj +
hi,ji
hi,ji
X
UX † †
εi â†i âi
âi âi âi âi +
2 i
i
X
UX
n̂i (n̂i − 1) +
εi n̂i .
2 i
i
(1.21)
(1.22)
Wie schon zuvor erwähnt bedeutet die Schreibweise hi, ji, dass eine Summation über benachbarte Gitterplätze i und j vorgenommen wird. n̂i = â†i âi ist der Teilchenzahloperator
am Gitterplatz i.
Der erste Term beschreibt also das Tunneln von Teilchen auf benachbarte Gitterplätze,
der zweite Term die lokalen Wechselwirkungen zwischen Teilchen, die sich auf demselben
Gitterplatz befinden, und der letzte Term beschreibt die Energieverschiebung an jedem
Gitterplatz aufgrund des externen Fallenpotentials, εj = VT (xj ).
Welche physikalischen Aussagen können wir nun anhand dieses Hamiltonians treffen? Zum
einen erhalten die Teilchen die Energie J, wenn sie von einem Gitterplatz zum nächsten
tunneln. Und zum anderen muss die Wechselwirkungsenergie U aufgebracht werden, wenn
zwei Teilchen den gleichen Gitterplatz besetzen.
Wird die Gittertiefe V0 vergrößert, so erhöhen sich dadurch die Barrieren zwischen den Gitterplätzen. Dies führt zu einer geringeren Tunnelrate J, während gleichzeitig zwei Teilchen
9
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
auf einem Gitterplatz mehr eingeengt werden, was wiederum die Wechselwirkungsenergie
U erhöht.
Im Grenzfall verschwindender Wechselwirkungen (U = 0, ideales Gas) sind die Teilchen
im Grundzustand über das gesamte Gitter delokalisiert – das System wird superfluid und
weist langreichweitige Korrelationen auf.
Im entgegengesetzten Grenzfall, wenn die Wechselwirkung viel stärker ist als die Tunnelrate, U ≫ J, sieht der Grundzustand völlig anders aus. Die langreichweitigen Korrelationen
verschwinden, das System wird zu einem Mott-Isolator.
Der Übergang zwischen den beiden Quantenphasen findet nach Molekularfeldrechnungen
bei U ≈ 5.8 zJ statt [14, 23], wobei z die Anzahl der nächsten Nachbarn eines Gitterplatzes
ist.
1.2.2 Behandlung des Hubbard-Modells
Zur Behandlung der Hubbard-Modelle können einige der Standard-Methoden verwendet
werden, die in der Festkörperphysik zur Behandlung von Quantenvielteilchensystemen
entwickelt wurden. Ob und welche Methoden angewendet werden können, hängt dabei
oft von der Größe und Dimension des Systems ab – manche funktionieren gut in einer
Dimension (wie etwa der Bethe-Ansatz oder Dichtematrixrenormierungsgruppen), andere dagegen besser in zwei oder drei Dimensionen (z.B. Molekularfeldtheorien wie der
Gutzwiller-Ansatz).
Hier wollen wir uns zunächst mit verschiedenen Rechenmethoden für das ideale homogene Bose-Hubbard-Modell beschäftigen. Für schwache Wechselwirkungen U ≪ J sind
Bogoliubov-Transformationen ein guter Ansatz zur Lösung des Hubbard-Modells. Bei
starken Wechselwirkungen U ≫ J kann das Tunneln mit Störungstheorie behandelt werden. Auch bieten sich hier in manchen Fällen Molekularfeldtheorien oder exakte Diagonalisierung und Quanten-Monte-Carlo-Methoden an.
Schwache Wechselwirkungen
Für den Grenzfall vernachlässigbarer Wechselwirkungen, also J/U → ∞, kann der zweite Term des Bose-Hubbard-Hamiltonian (1.22), der die Wechselwirkungen zwischen den
Atomen beschreibt, im Vergleich zum ersten Term, dem Tunnelterm, vernachlässigt werden. In diesem Fall ist das System im Grundzustand komplett kondensiert. Werden die
Wechselwirkungen groß genug, dass man sie nicht mehr vernachlässigen kann, beginnen
die Atome das Kondensat zu verlassen.
Für die Beschreibung dieses Prozesses kann die Bogoliubov-Transformation genutzt werden, um den Hamiltonian zu diagonalisieren [52]. Dabei wird ein neuer Operator eingeführt, der für die Fluktuationen der Anzahl kondensierter Atome verantwortlich ist. Mit
dieser Methode lässt sich etwa das Anregungsspektrum berechnen, das im thermodynamischen Limes keine Bandlücke enthält.
Auch andere Größen, wie Korrelationsfunktionen oder die Anzahl kondensierter Atome,
können mit dem Bogoliubov-Ansatz berechnet werden. Dabei ist man nicht auf T = 0
beschränkt. Allerdings ist zu beachten, dass verlässliche Vorhersagen nur gemacht werden
können, solange fast alle Atome kondensiert sind.
Die Methode lässt sich auch auf zeitabhängige Probleme anwenden.
10
1.2 Hubbard-Modelle
3
2.5
MI, N = 3
SF
2
µ/U
1.5
MI, N = 2
1
0.5
MI, N = 1
0
keine Teilchen
-0.5
0
0.05
0.1
0.15
0.2
0.25
0.3
J/U
Abb. 1.2: Phasendiagramm des Bose-Hubbard-Modells in einer Dimension bei T = 0. J ist die
Tunnelrate, U die lokale Wechselwirkung und µ das chemische Potential. Die Grenzen
zwischen den Mott-Isolator-Phasen (MI) für N Teilchen und der superfluiden Phase (SF)
ergeben sich aus Störungsrechnung dritter Ordnung [15].
Starke Wechselwirkungen
Der Fall starker Wechselwirkungen U ≫ J kann mit Störungstheorie behandelt werden. Dafür entwickelt man den Hamiltonian in J/U – die sogenannte Starke-KopplungsEntwicklung (englisch: strong coupling expansion): der Hamiltonian wird dann dargestellt
als ein Term H0 , der keinen Tunnelterm enthält und dessen Eigenzustände exakt bekannt
sind, plus dem Tunnelterm als Störung.
P
Die Erwartungswerte einiger Operatoren können dann als Reihen der Form i Âi (J/U)i
geschrieben werden. Je mehr Ordnungen bei den Rechnungen mitgenommen werden, desto
genauer versprechen die Vorhersagen zu sein.
Mittels dieser Methode ist es möglich, Phasengrenzen zwischen der Mott-Isolator- und der
superfluiden Phase zu bestimmen (siehe das Phasendiagramm in einer Dimension in Abbildung 1.2), sowie Korrelationsfunktionen und Strukturfaktoren zu berechnen. Ergänzt
durch Extrapolationen erlaubt die Störungsrechnung auch die Bestimmung einiger kritischer Exponenten, die zur Beschreibung des Verhaltens physikalischer Systeme in der
Nähe von Phasenübergängen verwendet werden.
Weitere Methoden
Eine weitere Möglichkeit zur Behandlung des Bose-Hubbard-Modells ist der GutzwillerMolekularfeld-Ansatz. Dieser basiert auf der Näherung der Vielteilchen-Wellenfunktion als
Produkt der Beiträge der einzelnen Gitterplätze.
Die Gutzwiller-Methode ist einerseits gut implementierbar und rechnerisch effizient, andererseits vernachlässigt sie aber auch einige physikalische Eigenschaften, wie etwa Quan-
11
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
tenfluktuationen. Trotzdem liefert sie verglichen mit anderen Methoden in zwei und drei
Dimensionen gute Vorhersagen.
Man kann sie auch auf zeitabhängige Probleme erweitern. Im Bereich kleiner J/U kann
der Gutzwiller-Ansatz durch Störungsrechnung verbessert werden. Außerdem lässt er sich
durch andere Molekularfeldmethoden ergänzen.
Für kleine Systeme (mit wenigen Gitterplätzen und wenigen Teilchen) ist auch die exakte
Diagonalisierung eine gute Methode zur Behandlung des Bose-Hubbard-Modells. Da der
Hilbertraum aber exponentiell mit der Größe des Systems (Anzahl der Gitterplätze L
und Anzahl der Teilchen N) anwächst, bringen schon Teilchen- und Gitterplatzzahlen
von etwa 10 die Computer an die Grenzen ihrer Rechenkapazitäten.
Etwas größere Systeme können betrachtet werden, indem man spezielle Rechenmethoden nutzt (wie etwa dünnbesetzte Matrizen (englisch: sparse matrix), wo nur nichtverschwindende Matrixelemente gespeichert werden), oder sich auf die Berechnung einer
begrenzten Anzahl von Eigenzuständen (statt des vollständigen Spektrums) beschränkt.
Auch ein Abschneiden des Hilbertraums durch künstliche Beschränkung der maximalen
Anzahl von Teilchen auf einem Gitterplatz (was sich durch die quadratische Zunahme der
Wechselwirkungsenergien rechtfertigen lässt), kann die betrachtbare Systemgröße erhöhen.
Weitere Vereinfachungen ergeben sich, wenn das behandelte Problem Symmetrien aufweist
– dass z.B. Operatoren mit dem Hamiltonian vertauschen. Dadurch wird es möglich,
den Hilbertraum in mehrere Unterräume aufzuteilen. Dies wiederum führt dazu, dass
statt einer riesigen Matrix mehrere kleinere voneinander unabhängige Untermatrizen zu
diagonalisieren sind.
Mit Quanten-Monte-Carlo-Rechnungen können auch größere Systeme mit der Größenordnung von 103 Gitterplätzen und Atomen in beliebigen Dimensionen studiert werden, was
realistische Vergleiche mit Experimenten möglich macht. Mit dem Quanten-Monte-CarloAnsatz können verschiedene physikalische Größen (wie der superfluide Anteil, das chemische Potential, die Dichte der Atome und die Kompressibilität) eines Systems im thermischen Gleichgewicht bei endlicher Temperatur berechnet werden. Die Methode wurde
schon weitreichend genutzt, um das Bose-Hubbard-Modell und dessen Phasendiagramm
zu untersuchen, ebenso wie das kritische Verhalten an den Phasengrenzen. Neuere Rechnungen beinhalten auch harmonische Fallen. Dies macht es möglich, die Unterschiede
zwischen den superfluiden und Mott-Isolator-Phasen im homogenen Fall mit denen in der
Falle zu vergleichen.
1D Methoden
Der sogenannte Bethe-Ansatz bietet eine analytische Methode, exakte Eigenzustände und
Eigenwerte für stark korrelierte eindimensionale Modelle zu finden. Die Methode, deren
Ansatz zur Lösung der Schrödingergleichung die Parametrisierung der Eigenvektoren ist,
wurde von Hans Bethe 1931 entwickelt, um das Spin 1/2 Heisenberg-Modell zu lösen
[7]. Sie lässt sich aber auch auf viele andere eindimensionale Quantensysteme anwenden.
Der Hamiltonian kann hierbei durch Ausnutzung seiner Symmetrien (blockweise) exakt
diagonalisiert werden.
12
1.2 Hubbard-Modelle
Für die Behandlung des (eindimensionalen) Bose-Hubbard-Modells muss man sich allerdings auf maximal zwei Teilchen pro Gitterplatz beschränken [27]. Damit sind exakte
Vorhersagen für höhere Dichte (beliebig viele Teilchen pro Gitterplatz) nicht möglich.
Eine Variationsmethode, mit der sich Grundzustände stark wechselwirkender eindimensionaler Systeme sehr gut und mit vergleichsweise geringem Rechenaufwand bestimmen
lassen können, ist die Dichtematrixrenormierungsgruppe (DMRG) [59]. Die Idee hinter
dieser Methode ist folgende: Vielteilchensysteme können nahezu exakt behandelt werden,
wenn es möglich ist, den vollständigen Hilbertraum zu beschneiden, indem man Freiheitsgrade, die weder im Grundzustand noch in der Dynamik des Systems enthalten sind,
entfernt. Die Schwierigkeit liegt darin, eine verlässliche Schnittstelle zu finden.
Bei den iterativen Ortsraumrenormierungsmethoden beginnt man mit einer kurzen eindimensionalen Kette, die exakt diagonalisiert werden kann. Iterativ wird nun die Kette
um jeweils einen Gitterplatz verlängert. Der Hamiltonian, der den neuen Gitterplatz an
die Kette koppelt, wird renormiert unter Vernachlässigung aller physikalisch irrelevanten
Kopplungen, und dann diagonalisiert.
Zum Abschneiden des Hilbertraumes gibt es mehrere Möglichkeiten: zum einen kann
man Erwartungswerte optimieren – hierbei bestimmt ein Operator wie etwa die Energie
oder die Dichte, welche Zustände die relevantesten sind. Oder man optimiert die Wellenfunktion, indem die Differenz der Schmidt-Normen der renormierten und der exakten
Wellenfunktion minimiert wird.
Eine weitere Möglichkeit ist es, die Verschränkungseigenschaften zu optimieren, da die Effizienz der Simulation eines Vielteilchensystemes direkt mit seiner Verschränkung zusammenhängt [54]. Dieses Verfahren wird im Time Evolving Block Decimation-Algorithmus
nach Guifré Vidal angewendet, der für diese Arbeit implementiert wurde (genaueres siehe
auch im Kapitel 3).
Hier wird die Schmidt-Zerlegung dazu verwendet, den Hilbertraum abzuschneiden. Dabei
nutzt man den Umstand, dass für eindimensionale Systeme mit kurzreichweitiger Wechselwirkung die Koeffizienten der Schmidt-Zerlegung exponentiell abfallen – das Abschneiden des Hilbertraumes geschieht dann durch Vernachlässigung der kleinsten SchmidtKoeffizienten. Wie bei der DMRG wird ein Matrixproduktzustand-Ansatz genutzt, der
bei lokalen und Nächste-Nachbar-Operationen nur lokal aktualisiert werden muss, so dass
sich sowohl Grundzustände als auch Dynamik eines eindimensionalen Systemes effizient berechnen lassen. Für die Berechnung der Zeitevolution benutzt man eine TrotterEntwicklung, Grundzustände können auf dieselbe Weise, aber mit imaginärer Zeit, ermittelt werden.
1.2.3 Hubbard-Modelle für Teilchenmischungen
Für Hubbard-Modelle, die Teilchenmischungen (Bosonen und/oder Fermionen) beschreiben, erwarten wir reichere Phasendiagramme mit neuen, exotischen Quantenphasen.
Die Behandlung fermionischer Hubbard-Modelle erweist sich zwar oft als schwieriger und
aufwändiger, aber viele der bereits geschilderten Ansätze für Bosonen lassen sich auch
hier anwenden. Probleme gibt es etwa bei der Anwendung von Quanten-Monte-CarloMethoden (das sogenannte Vorzeichen-Problem), oder bei Benutzung des GutzwillerAnsatzes in Dimensionen d > 1, da hier die Antikommutationsrelationen für Fermionen
nicht richtig beachtetet werden.
13
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
Um Rechnungen für allgemeinere Hubbard-Modelle mit mehreren Teilchensorten anstellen
zu können, ist es meist hilfreich, sich auf Grenzfälle zu beschränken. Für starke Wechselwirkungen können dann z.B. effektive Hamiltonians hergeleitet werden. Diese wiederum
lassen sich in vielen Fällen auf verschiedene Spinmodelle abbilden (siehe auch Abschnitt
1.3).
So wurde in den letzten Jahren in zahlreichen Arbeiten mit verschiedenen Methoden
(z.B. mit Monte-Carlo-Rechnungen und dynamischer Molekularfeldtheorie für Bosonen,
BDMFT) das Phasendiagramm für zweikomponentige Bosonen untersucht [2, 21, 28].
Ebenso können auch Boson-Fermion-Mischungen betrachtet werden. Auch hier ergeben
sich komplexe Quantenphasendiagramme, deren Untersuchung Gegenstand aktueller Forschung ist [1, 42].
1.3 Spinmodelle
In bestimmten Grenzfällen können die verschiedenen Hubbard-Modelle zu Spinmodellen
reduziert werden. Viele dieser Grenzfälle können mit ultrakalten Atomen erreicht und
simuliert werden.
Das Mapping auf ein Spinmodell kann man sich allgemein so vorstellen: die 2S + 1 verschiedenen Zustände, die Teilchen auf einem Gitterplatz annehmen können, können immer
auf Zustände mit einem Pseudospin S abgebildet werden. Bei den verschiedenen Zuständen kann es sich etwa um unterschiedliche Hyperfeinzustände eines Atoms handeln, oder
aber auch um verschiedene Atomsorten. Im einfachsten Fall bedeutet das, dass ein Gitterplatz von einem oder keinem Teilchen besetzt werden kann – dies lässt sich auf ein Spin
1/2-System abbilden, das Zustände mit Spin ↑ oder Spin ↓ beinhaltet.
Mit den Spinmodellen erhalten wir verschiedene Spinphasen: es gibt paramagnetische Ordnungen (hier werden die Spins durch ein externes Magnetfeld in eine bestimmte Richtung
ausgerichtet) und antiferromagnetische (oder auch Néel-) Ordnungen (mit antiparallelen
Spins).
Das jeweilige Spinmodell (Ising, XY, Heisenberg, XXZ, etc.), auf das abgebildet wird,
hängt dann sowohl von der Gittergeometrie als auch von der Art der Wechselwirkung ab.
So kann das einkomponentige Bose-Hubbard-Modell im Hardcorebosonen-Limes (U ≫ J,
maximal ein Teilchen ist pro Gitterplatz erlaubt), auf das XY-Modell in einem transversalen Feld reduziert werden:
X †
µ X
H = −J
σ̂i σ̂j −
σ̂z,i + 1 ,
(1.23)
2
i
hi,ji
wobei σ̂i = σ̂x,i + iσ̂y,i /2, mit den Pauli-Matrizen σ̂x,y,z,i .
In einer Dimension ist dieses Spinmodell exakt lösbar durch die Verwendung der JordanWigner-Transformation.
Ein zweikomponentiges Fermigas (mit Spin 1/2) lässt sich im Mott-Isolator-Grenzfall
auf ein Heisenberg-Modell abbilden. Effektive Hamiltonians für Boson-Boson-Mischungen
lassen sich zu einem XXZ-Spinmodell reduzieren, und für Bose-Fermi-Mischungen ist
dies zumindest in einer Dimension und für spinlose Fermionen über die Jordan-WignerTransformation ebenfalls möglich.
Wie wir in Kapitel 2 zeigen werden (siehe Abschnitt 2.6), sind auch die effektiven Modelle
für repulsiv gebundene Teilchenpaare auf das Spin 1/2 XXZ-Modell in einem homogenen
Feld abbildbar, wenn wir maximal ein Teilchenpaar pro Gitterplatz zulassen.
14
1.4 Quantengase und Quantenphasen
Der Hamiltonian dieses Spinmodells ist gegeben durch:
ĤXXZ = −J
X
hi,ji
Ŝi+ Ŝj− + ∆
X
Ŝiz Ŝjz + h
X
Ŝiz
(1.24)
i
hi,ji
mit den Spinoperatoren Ŝi± = Ŝix ± iŜiy und Ŝiz , den Kopplungskonstanten J (in x- und
y-Richtung) und ∆ (in z-Richtung), sowie dem Magnetfeld h.
Dieses Modell wurde schon vor längerer Zeit ausführlich studiert. Bereits in den 1960er
Jahren berechneten C. N. Yang und C. P. Yang analytisch das Grundzustandsphasendiagramm durch die exakte Lösung des Spinmodells im thermodynamischen Limes [62, 63].
Ein weiteres Spinmodell, das uns in Kapitel 5 wiederbegegnen wird (Abschnitt 5.2), ist eine
eindimensionale Ising-Spin-Kette in einem magnetischen Feld mit longitudinalem Anteil
hz und transversalem Anteil hx . Dieses Modell wird beschrieben durch den Hamiltonian
Ĥ = J
X
i
Ŝzi Ŝzi+1 − hz Ŝzi − hx Ŝxi
(1.25)
mit den z- bzw. x-Spin-Projektionsoperatoren zu Gitterplatz i, Ŝzi und Ŝxi .
Das Phasendiagramm dieses Modells ist bereits seit vielen Jahren bekannt (durch MonteCarlo-Rechnungen von M. A. Novotny und D. P. Landau [38]). Es weist eine paramagnetische Phase (für starke Magnetfelder) und eine antiferromagnetische Phase (für schwache
Magnetfelder) auf. Für ein rein longitudinales Magnetfeld kann dieses Spinsystem durch
einen eindimensionalen Mott-Isolator unter Einfluss eines Feldgradienten simuliert werden
[47].
1.4 Quantengase und Quantenphasen
Da ultrakalte Atome im Vergleich zu den Atomen in Festkörpern nur in sehr geringen
Dichten auftauchen, spricht man auch von Quantengasen. Interessant sind sie deshalb, da
trotz der geringen Dichte starke Korrelationseffekte auftauchen. Ihre Vielseitigkeit zeigt
sich auch darin, dass man Bosonen und Fermionen getrennt oder aber auch als Mischung
untersuchen kann, deren Wechselwirkungen jeweils einstellbar sind. Außerdem ist es mit
Hilfe von Fallen und den zuvor beschriebenen optischen Gittern möglich, Quantengase in
einer, zwei oder drei Dimensionen zu studieren.
Gerade in einer Dimension verhalten sich Quantengase durchaus anders als man es vom
dreidimensionalen Fall her erwarten würde: bei abnehmender Dichte nehmen die Wechselwirkungen zu.
Bei stärker wechselwirkenden eindimensionalen bosonischen Quantengasen (z.B. im sogenannten Tonks-Girardeau-Gas) tritt die sogenannte Fermionisierung auf: die Teilchen
werden durch ihre repulsive Wechselwirkung über die Länge des Systems separiert – Bosonen, wie z.B. 87 Rb verhalten sich auf einmal unter einigen Gesichtspunkten wie nicht
wechselwirkende Fermionen [30]. Im Falle von unendlich starker repulsiver Wechselwirkung spricht man hier von Hardcorebosonen. Mathematisch lässt sich der Zusammenhang zwischen stark wechselwirkenden Bosonen und nicht wechselwirkenden Fermionen
über das folgende einfache Mapping beschreiben [17]:
ΨB (x1 , . . . , xN ) = |ΨF (x1 , . . . , xN )| .
(1.26)
15
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
Was ist nun unter Quantenphasen zu verstehen? Das Verhalten von Quantengasen kann
anhand der Stärke der Wechselwirkung U der Teilchen untereinander charakterisiert werden. So kann man ein schwach-wechselwirkendes Quantenvielteilchensystem mit einer einzigen makroskopischen Wellenfunktion beschreiben – dies funktioniert, obwohl die Wechselwirkungen zu nichtlinearen Termen führen. Sind die Wechselwirkungen im Verhältnis zur kinetischen Energie der Atome dominierend, so spricht man von einem starkwechselwirkenden Quantenvielteilchensystem. Ein solches lässt sich im Allgemeinen nicht
mehr von einer einzigen Materiewelle beschreiben, was eine theoretisch-mathematische
Beschreibung des Zustands deutlich schwieriger macht.
Bevor näher auf die verschiedenen Quantenphasen eingegangen wird, die auftreten, wenn
man Quantengase in optische Gitter bringt, sowie auf den Übergang zwischen ihnen, soll
der Begriff des Bose-Einstein-Kondensats eingeführt werden. Dessen erstmalige Erzeugung
1995 stellte einen Meilenstein in der Physik der ultrakalten Atome dar. Damit wurde es
möglich, Quantengase mit relativ hohen Dichten von mehreren Teilchen pro Gitterplatz
in optische Gitter zu laden [25].
1.4.1 Bose-Einstein-Kondensat
Kühlt man Atome in magnetischen Fallen bis nahe an den absoluten Nullpunkt der Temperatur, so wird ihr Verhalten durch die Quantenstatistik bestimmt. Diese hängt davon
ab, ob es sich bei den Atomen um Bosonen oder Fermionen handelt. Fermionen unterliegen dem Pauli-Prinzip, das besagt, dass keine zwei Teilchen den gleichen Quantenzustand
einnehmen können. Für Bosonen dagegen gilt diese Beschränkung nicht – so können (beliebig) viele Bosonen denselben Zustand besetzen. Schwach wechselwirkende Bosonen “kondensieren” in den niedrigsten Energiezustand, wenn ihre de Broglie-Wellenlänge durch
das Kühlen in die Größenordnung des Abstands zwischen den einzelnen Atomen gelangt.
Dies passiert unterhalb einer bestimmten kritischen Temperatur Tc , es bildet sich das
sogenannte Bose-Einstein-Kondensat (BEC). Dies ist ein superfluider Zustand, bei dem
sich alle Teilchen durch eine einzige makroskopische Wellenfunktion mit einer eindeutigen
Phase beschreiben lassen. Die einzelnen Bosonen sind dabei über das gesamte Kondensat
völlig delokalisiert.
Dieser Quantenzustand wurde bereits 1925 von Satyendranath Bose und Albert Einstein
vorhergesagt. Erst 70 Jahre später, 1995, gelang es, ein Bose-Einstein-Kondensat im Labor
herzustellen [3, 11]. Dafür gab es 2001 den Nobelpreis für Physik für Eric A. Cornell, Carl
E. Wieman und Wolfgang Ketterle.
Wegen ihrer Quantenstatistik, die ihnen das mehrfache Besetzen eines Zustands verbietet, ist ein Bose-Einstein-Kondensat aus Fermionen nicht direkt möglich. Hier besteht
allerdings die Möglichkeit, die Fermionen zunächst über eine Feshbach-Resonanz zu bosonischen Molekülen zu paaren. Diese Moleküle können dann wiederum ein BEC bilden
[41].
Nichtlineare Dynamik in periodischen Potentialen
Auf den ersten Blick könnte man erwarten, dass sich ein Bose-Einstein-Kondensat in einem optischen Gitter genau so bewegt wie ein einzelnes Teilchen durch ein periodisches
Potential – schließlich lässt sich das BEC ja durch eine große Materiewelle beschreiben.
Das ist aber nicht so: die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Teilchen, auch wenn
16
1.4 Quantengase und Quantenphasen
sie nur schwach sind, führen zu wichtigen und nicht zu vernachlässigenden Effekten sowohl im statischen als auch im dynamischen Verhalten der Materiewelle, die das BEC
beschreibt.
Diese nichtlinearen Wechselwirkungen können auch zu Instabilitäten führen – so kann es
dazu kommen, dass ein Bose-Einstein-Kondensat, das sich durch ein periodisches optisches
Potential bewegt, zerstört wird. Dies passiert nach theoretischen Vorhersagen bei einem
Quasiimpuls in der Nähe von q/qB ≈ 0.5 (qB = 2π/λ ist der reziproke Gittervektor), was
auch im Experiment von Leonardo Fallani et al. nachgewiesen werden konnte [12]. Dort
wurde ein BEC in ein schwaches optisches Gitter gebracht und in Bewegung versetzt. Bei
einem gewissen Quasiimpuls des Wellenpakets knapp über q ≈ 0.5qB stieg die Verlustrate
der kondensierten Atome deutlich an.
Schon geringe Dichtefluktuationen innerhalb des Gitters (wie sie bei endlichen Temperaturen eigentlich immer auftauchen), können verstärkt werden und zur Zerstörung des
Kondensats führen.
1.4.2 Phasenübergang vom Superfluid zum Mott-Isolator
Der Grundzustand von Quantenvielteilchensystemen in einem optischen Gitter kann anhand ihrer Wechselwirkung in zwei Phasen aufgeteilt werden: bei schwacher Wechselwirkung, U/J ≪ 1, spricht man von einem superfluiden Zustand. Er charakterisiert sich
dadurch, dass die Atome über das gesamte optische Gitter delokalisiert sind. Dies erlaubt
die Beschreibung des Systems mit einer einzigen Materiewellenfunktion mit eindeutiger
Phase und langreichweitiger Phasenkohärenz. Die Anzahl der Atome auf einem Gitterplatz ergibt sich nach der Poisson-Verteilung – die Teilchenzahl fluktuiert. Bei plötzlichem
Abschalten des Gitters ist ein charakteristisches Interferenzmuster der Impulsverteilung
zu beobachten.
Die zweite Phase tritt bei starker Wechselwirkung, U/J ≫ 1, auf: diesen stark korrelierten
Zustand nennt man Mott-Isolator. Im Gegensatz zum superfluiden Zustand sind hier die
Atome auf einzelne Gitterplätze lokalisiert. Die Mott-Isolator-Phase wird charakterisiert
durch eine ganzzahlige Teilchendichte – auf jedem Gitterplatz befindet sich eine festgelegte Anzahl von Teilchen – Fluktuationen der Teilchenzahl würden wegen der starken
Wechselwirkung zu viel Energie kosten. Es herrscht keine Phasenkohärenz im System, dafür sind die Teilchenzahlkorrelationen zwischen den Gitterplätzen perfekt. Schaltet man
hier das Gitter aus, zeigt sich kein Interferenzmuster der Impulsverteilung.
Interessant ist nun die Betrachtung eines Übergangs von einem schwach zu einem stark
wechselwirkenden System. Ein solcher Phasenübergang von einer superfluiden in eine
Isolator-Phase, den Bosonen mit kurzreichweitiger repulsiver Wechselwirkung durchlaufen
können, wurde bereits 1989 von Matthew P. A. Fisher et al. anhand von theoretischen
Rechnungen beschrieben [14].
In der Arbeit von Dieter Jaksch et al. wurde 1998 erstmals ein konkreter Vorschlag gemacht, dass ein schwach wechselwirkendes neutrales Bosegas in den stark wechselwirkenden Zustand eines Mott-Isolators überführt werden kann, indem man das Gas in ein
optisches Gitter lädt [23]. Durch Veränderung der Gittertiefe sollte es möglich sein, die
Wechselwirkungen zwischen den Bosonen langsam zu erhöhen, so dass ein Übergang von
einer superfluiden in eine Mott-Isolator-Phase beobachtet werden kann. Der Vorschlag
konnte erfolgreich experimentell umgesetzt werden: 2001 gelang es einer Forschergrup-
17
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
pe in München um Theodor W. Hänsch und Immanuel Bloch, den Phasenübergang im
Experiment zu beobachten [18].
Was passiert bei diesem Phasenübergang? Zunächst einmal ist das Potential eines optischen Gitters meist zu tief, als dass die darin gefangenen Teilchen die Potentialbarriere
überwinden könnten. Eine Bewegung und damit Verteilung der Teilchen im Gitter ist in
diesem Fall nur durch quantenmechanische Tunnelprozesse möglich. Bei schwach wechselwirkenden bosonischen Gasen, wie sie bei geringer Gittertiefe etwa in Form eines BoseEinstein-Kondensats vorliegen, dominieren die Tunnelprozesse das Verhalten der Atome,
das sich hier durch eine einzige große Materiewelle mit perfekter Phasenkohärenz zwischen
den verschiedenen Gitterplätzen beschreiben lässt.
Erhöht man nun die Gittertiefe, so wird das Tunneln zunehmend schwieriger, und das
abstoßende Verhalten der Atome wird dominant. Es kostet nun zunehmend Energie, zwei
Atome auf ein und denselben Gitterplatz zu bekommen – das Vielteilchensystem versucht
also, dies zu vermeiden. Es entsteht so der Zustand, der Mott-Isolator genannt wird:
ähnlich wie die Elektronen in einem elektrischen Isolator sitzen hier die Atome fest auf
ihren Gitterplätzen.
Der Phasenübergang kann auch in die andere Richtung, also von der Mott-Isolator- in
die superfluide Phase, stattfinden, indem die Gittertiefe verringert wird. Interessant ist
dabei die Zeitskala des Übergangs: in einer Zeit, die der Tunnelzeit 1/J entspricht, wird
das System von der inkohärenten Mott-Isolator-Phase in die kohärente superfluide Phase
überführt und damit praktisch komplett umstrukturiert [18].
Die Quantennatur des Phasenübergangs zeigt sich auch darin, dass er selbst am absoluten
Nullpunkt der Temperatur stattfinden kann. Bei einem klassischen System wäre dies nicht
möglich, da am absoluten Nullpunkt keine thermischen Fluktuationen stattfinden. Bei
Quantensystemen sind aber nach Heisenbergs Unschärferelation auch bei Null Kelvin
Fluktuationen möglich.
Im Experiment ist der absolute Temperaturnullpunkt natürlich nicht zu erreichen, was dazu führt, dass der experimentell zu beobachtende Mott-Isolator kein perfekter ist, sondern
Defekte aufweist.
Phasendiagramm des Grundzustands
Einen Einblick in den Phasenübergang zwischen Superfluid und Mott-Isolator liefert auch
das Grundzustandsphasendiagramm, bei dem das chemische Potential µ/U gegen die Tunnelrate J/U aufgetragen wird (siehe z.B. für das eindimensionale Bose-Hubbard-Modell
Abbildung 1.2).
Für verschwindende Tunnelrate J = 0 ist der Grundzustand für n̄ − 1 < µ/U < n̄ (mit
einem ganzzahligen n̄) ein Fock-Zustand, |n̄, n̄, . . . i.
Bei endlicher Tunnelrate J/U 6= 0 lässt sich der Grundzustand nicht mehr als ein FockZustand schreiben. Die Bereiche mit ganzzahliger Füllung n̄ werden mit zunehmendem
J/U immer kleiner und verschwinden für bestimmte kritische Werte von {(µ/U)c , (J/U)c }.
Diese Werte sind je nach der Dimension des Systems völlig unterschiedlich und Gegenstand
verschiedenster Rechnungen [29, 58, 16]. Zwischen den Bereichen mit ganzzahliger Füllung
(Mott-Isolator) liegen superfluide Bereiche.
18
1.5 Quantensimulatoren
1.4.3 Unordnung
Ein weiteres Forschungsfeld, auf dem sich theoretische Vorhersagen mit ultrakalten Atomen überprüfen lassen, ist die Unordnung. Seit Philipp W. Andersons Entdeckung, dass
Unordnung (wie etwa Störstellen im Festkörpergitter) dazu führt, dass die Wellenfunktion der Elektronen durch kohärente Rückstreuung an den Störstellen lokalisiert wird, so
dass Diffusion unterbunden wird – die sogenannte Anderson-Lokalisierung [4] – ist dies
ein aktives Feld in der Festkörperforschung. In ungeordneten Gittern tauchen demnach
weitere Quantenphasen auf, wie die Bose-Glas-Phase und die Anderson-Glas-Phase.
Unordnung tritt zwar in vielen Festkörpersystemen auf, aber da hier weder die Unordnung
selbst, noch die Wechselwirkung der Elektronen kontrollierbar ist (es befindet sich eine
unbekannte Anzahl von Störstellen an unbekannten Orten im Gitter und die Elektronen
wechselwirken stets über dieselbe langreichweitige Coulomb-Wechselwirkung), eignen sich
die Festkörper selbst nicht, die theoretischen Vorhersagen zu bestätigen oder zu widerlegen.
Hier kommen die ultrakalten Atome und mit ihnen die Atom- und Molekularphysik sowie
die Quantenoptik ins Spiel, sowohl in experimentellen als auch in theoretischen Arbeiten:
Sie bieten gute Kontrolle über die Unordnung und die Wechselwirkungen, ebenso wie über
die jeweilige Quantenstatistik (durch Betrachtung von Bosonen oder Fermionen oder BoseFermi-Mischungen) und die Dimension des Systems. Nachteile ergeben sich allenfalls über
die geringe Größe der Atom-Systeme, die meist nur um die 106 Teilchen enthalten [32].
Für die Einführung von Unordnung in die optischen Gitter gibt es mehrere Möglichkeiten.
Einerseits kann eine Quasiunordnung erzeugt werden, indem man ein Gitter aus der Überlagerung mehrerer Laser mit unterschiedlicher Wellenlänge verwendet. Andererseits kann
man auch ein wirklich zufälliges Gitter mit Hilfe eines sogenannten Specklefelds erzeugen,
das man mit einem normalen, also regelmäßigen, optischen Gitter überlagert. Um ein
Specklefeld zu erhalten, wird ein kohärenter Laserstrahl durch eine Diffusionplatte oder
-folie gelenkt. Eine dritte Möglichkeit für die Realisierung eines Gitters mit Störstellen
besteht darin, das Potential zu betrachten, das eine Sorte von Atomen spürt, wenn eine
zweite Sorte von Atomen zufällig über das Gitter verteilt ist.
In theoretischen Rechnungen kann auch gitterplatzabhängiges Tunneln oder ein lokal unterschiedliches chemisches Potential die Effekte von Störstellen darstellen. Schwierigkeiten
ergeben sich etwa dabei, das System unabhängig von der vorliegenden Realisierung der
Unordnung zu charakterisieren. Spannend ist auch die Frage nach dem Zusammenspiel
von Unordnung und Wechselwirkungen – für fermionische Systeme siehe [57].
1.5 Quantensimulatoren
Mit ultrakalten Quantengasen, die in optische Gitter geladen werden, können stark korrelierte Systeme neutraler Atome realisiert werden. Beschrieben werden diese Systeme
von Hamiltonians, die für die Erforschung von Festkörpern schon seit langem untersucht
werden, und wofür vielfältige Techniken zur Berechnung von Größen und Verhalten zu
Verfügung stehen [25].
Aber natürlich gibt es Unterschiede zwischen den Festkörpern und den Atomen in optischen Gittern. Die ultrakalten Atome bieten im Gegensatz zu den Festkörpern die Möglichkeit, die Terme eines Hamiltonian sowie die Geometrie des Gitters über den experi-
19
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
mentellen Aufbau zu kontrollieren. Das optische Gitter kann damit als eine Art Quantensimulator für ganze Klassen von Festkörpersystemen genutzt werden.
Dabei gibt es allerdings gewisse Grenzen: im Gegensatz zu Festkörpern sind die optischen
Gitter recht klein im Vergleich zum Gitterabstand a – sie bestehen meist aus nur wenigen
Hundert Gitterplätzen in jeder Dimension. Da das optische Gitter am Rand auch nicht
plötzlich aufhört, kommen hier Inhomogenitäten ins Spiel und es kann dazu kommen,
dass mehrere Phasen gleichzeitig, räumlich voneinander getrennt, auftauchen.
Eine Wechselwirkung mit der Umgebung, z.B. durch Anregung spontaner Emissionen und
anderer Dekohärenzmechanismen, spielt dagegen kaum eine Rolle, da es experimentell
möglich ist, die optischen Gitter gegenüber der Umgebung sehr gut zu isolieren – Dekohärenzzeiten liegen in der Größenordnung von Sekunden. Dagegen führen charakteristische
Energien zu unitären Entwicklungen des Hamiltonian in Zeitskalen von Millisekunden.
Da man externe Parameter, wie z.B. die Laserintensität, noch schneller verändern kann,
ist es möglich, die Dynamik stark korrelierter ultrakalter Atome in optischen Gittern auf
allen Zeitskalen (von adiabatischen bis hin zu plötzlichen Veränderungen) experimentell
zu untersuchen.
Zur Unterstützung von Simulationen mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern und
zum besseren Verständnis der dynamischen Prozesse werden sowohl analytische als auch
numerische Methoden verwendet, wie in Abschnitt 1.2.2 beschrieben.
Die Modelle, die als Grundlage theoretischer Rechnungen genutzt werden, dienen als Spielzeugmodelle (wie z.B. die Hubbard-Modelle, siehe auch 1.2), die Erkenntnisse über kompliziertere physikalische Modelle liefern sollen. Sie bilden die Physik wirklicher Festkörper
nur (mehr oder weniger stark) vereinfacht ab, können aber mit den ultrakalten neutralen
Atomen in optischen Gittern in vielen Fällen exakt realisiert werden.
Außerdem bieten die ultrakalten Atome auch ein interessantes Forschungsfeld für Quantenengineering (also die Erstellung und Manipulation definierter Quantenzustände) und
die Anwendung für Quanteninformationsprozesse, wo es eine Voraussetzung ist, dass die
Wellenfunktion des Systems bekannt ist.
Die Physik der ultrakalten Atome liegt also an der Schnittstelle zwischen Quanteninformation und Festkörperphysik und führt die beiden Forschungsgebiete damit zusammen:
einerseits bieten die ultrakalten Atome in optischen Gittern als realisierbare und kontrollierbare Vielteilchensysteme eine mögliche Grundlage für Quanteninformationsprozesse,
und andererseits können in der Festkörperphysik Konzepte aus der Quanteninformation
(wie z.B. Verschränkung) genutzt werden, um Vielteilchenphänomene wie etwa Quantenphasenübergänge besser zu verstehen [32].
Auch für zukünftige Quantencomputer stellen die ultrakalten Atome einen möglichen
Ausgangspunkt dar. Ein Quantencomputer ist ein Rechner, der den Gesetzen der Quantenmechanik unterliegt, und damit auch bei Algorithmen gute Rechengeschwindigkeiten
verspricht, an denen klassische Computer durch exponentiell skalierende Rechenzeiten
scheitern (etwa bei der Faktorisierung sehr großer Zahlen oder der Suche in unsortierten
Datenbanken).
Noch sind wir zwar weit entfernt von allgemeinen Quantencomputern, aber erste Schritte
in eine Richtung, wie sie Richard Feynman mit der Idee seines universellen Quantensimulators vorschlug, sind mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern durchaus möglich.
Feynman schlug vor, ein komplexes, unbekanntes Quantensystem durch ein anderes, gut
kontrolliertes Quantensystem zu simulieren [13]. Jedes Bit seines Quantencomputers sollte
aus einem einzelnen Atom bestehen. Auf die Atome sollten sich dann verschiedene (re-
20
1.6 Repulsiv gebundene Teilchenpaare
versible) Operationen anwenden lassen, die den klassischen logischen Gates (wie AND und
OR) nachempfunden sind.
In eine sehr ähnliche Richtung geht die Idee, Atome im Mott-Isolator-Zustand als Quantenregister zu betrachten: jedes einzelne Atom stellt dann ein Quantenbit (Qubit) dar.
Die große experimentelle Herausforderung besteht darin, quantenlogische Gates zu implementieren und auf einzelne Atome auf bestimmten Gitterplätzen anzuwenden.
Vorschläge dazu gibt es jede Menge – z.B. für Ein-Qubit-Quanten-Gates mit Hilfe von
Raman-Lasern oder Zwei-Qubit-Quanten-Gates über kontrollierte Wechselwirkungen zwischen zwei Atomen [24, 22] – noch scheitern die meisten aber an der fehlenden Kontrolle
über einzelne Atome.
Vielversprechend ist in dieser Hinsicht eine recht neue Methode, bei der durch einen sehr
eng fokussierten Laserstrahl einzelne Spins (auf einzelnen Gitterplätzen) adressiert und
umgeklappt werden können [56].
Die Periodizität des optischen Gitters erlaubt es auch, Quanten-Gates auf viele Atome
gleichzeitig anzuwenden. Dies wiederum ist nützlich, wenn man verschränkte Vielteilchenzustände erzeugen möchte, wie sie für Quanteninformationsprozesse wichtig sind.
1.6 Repulsiv gebundene Teilchenpaare
Objekte, die sich stabil aus mehreren Teilen zusammensetzen, sind normalerweise durch
attraktive Kräfte gebunden. Durch die Bindung kann in diesem Fall die Energie der einzelnen Teile verringert werden. Repulsive Kräfte führen dagegen im freien Raum zu einer
Abstoßung, so dass sich Körper voneinander separieren – die Wechselwirkungsenergie
wird hier in kinetische Energie der Atome verwandelt. In einer strukturierten Umgebung,
wie sie z.B. ein periodisches Potential eines optischen Gitters bildet, können aber auch
(in Abwesenheit von Dissipation) für repulsive Wechselwirkungen, U > 0, (meta-)stabile
zusammengesetzte Objekte existieren – das sagt der Bose-Hubbard-Hamiltonian voraus.
Die mögliche kinetische Energie für Teilchen in einem solchen periodischen Potential ist
durch die Breite der Bloch-Bänder des optischen Gitters beschränkt, so dass es Fälle gibt,
die eine Umwandlung der repulsiven Wechselwirkungsenergie zwischen den Atomen in
kinetische Energie nicht erlauben.
Die repulsiv gebundenen Teilchenpaare, auch Dimere genannt, zeichnen sich durch lange
Lebensdauern aus und überstehen selbst Kollisionen untereinander, wie dies von Klaus
Winkler et al. 2006 anhand von Paaren aus Rubidium-Atomen ( 87 Rb ) in einem optischen
Gitter gezeigt wurde [61].
1.6.1 Theoretische Behandlung
Das Auftreten und die Stabilität repulsiv gebundener Teilchenpaare lässt sich zunächst
über das Argument der Energieerhaltung verstehen: Betrachten wir den Grenzfall U/J →
∞, wo also die lokale Wechselwirkungsenergie zwischen den Teilchen sehr viel größer ist
als die Tunnelrate. Ein Dimer wird hier einfach durch zwei Teilchen am selben Gitterplatz dargestellt. Da die beiden Teilchen (repulsiv) miteinander wechselwirken, weicht die
potentielle Energie dieses Zustands um U von der eines Zustandes ab, wo die Teilchen
einzeln unterschiedliche Gitterplätze besetzen – siehe Abbildung 1.3.
Nun ist die maximale kinetische Energie zweier Teilchen im untersten Bloch-Band gegeben
durch die doppelte Breite dieses Bloch-Bands – diese beträgt in einer Dimension 8 J. Somit
21
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
n=1
U
n=0
Abb. 1.3: Der Zustand eines Dimers (zweier Atome am selben Gitterplatz), der sich im untersten
Bloch-Band (n = 0) befindet, hat eine Energiedifferenz von U im Vergleich zu einem
Zustand zweier einzelner Atome an verschiedenen Gitterplätzen.
n=1
U
n=0
(a) Verbotener Zerfall
n=1
U
n=0
(b) Tunneln eines Dimers
Abb. 1.4: Ein repulsiv gebundenes Teilchenpaar in einem optischen Gitter kann wegen der GitterBandstruktur nicht zerfallen (a). Es kann sich aber als zusammengesetztes Objekt durch
das Gitter bewegen (b). n = 0 bezeichnet das unterste Bloch-Band, n = 1 das erste
angeregte Band.
wird klar, dass der Dimer nicht in zwei Teilchen zerfallen kann ohne die Energieerhaltung
zu verletzen, da es nicht möglich ist, die Wechselwirkungsenergie U in kinetische Energie
umzuwandeln. Das so gebildete metastabile Paar kann aber als ein zusammengesetztes
Objekt durch das Gitter tunneln (siehe Abbildung 1.4).
Allgemeiner lässt sich zeigen, dass die repulsiv gebundenen Teilchenpaare durch das
Bose-Hubbard-Modell vorhergesagt werden: Betrachtet man die Eigenzustände des BoseHubbard-Hamiltonians (Glg. (1.22)), die man als exakte Lösung der Lippmann-SchwingerStreugleichung für zwei Atome im Gitter erhält [9, 19], so findet man zwei Typen von
Lösungen. Zum einen gibt es ungebundene Streuzustände – zwei Teilchen bewegen sich
durch das Gitter und streuen aneinander gemäß der Wechselwirkung U – und zum anderen
repulsiv gebundene Paare.
Im Folgenden soll die Herleitung der Eigenzustände dargestellt werden. Dazu benennen
P
P
wir die Positionen der Teilchen im Gitter mit x = i xi ei und y = i yi ei . Dabei sind
ei die primitiven Gittervektoren, und xi , yi natürliche Zahlen. Die Wellenfunktion für die
beiden Atome schreiben wir in der Form Ψ(x, y).
22
1.6 Repulsiv gebundene Teilchenpaare
Die zugehörige Schrödingergleichung des Bose-Hubbard-Modells für zwei Teilchen in einem homogenen Gitter ist (δx,y ist das Kronecker-Delta)
h
i
˜0 + ∆
˜ 0 + Uδx,y Ψ(x, y) = EΨ(x, y)
−J ∆
x
y
(1.27)
˜ K für ein d-dimensionales kubisches Gitter
mit dem diskreten Laplacian ∆
x
d
X
˜ K Ψ(x) =
∆
x
cos(Kei /2) [Ψ(x + ei ) + Ψ(x − ei ) − 2Ψ(x)] .
i=1
(1.28)
Als nächstes schreiben wir die Wellenfunktion Ψ in Relativ- und Schwerpunktskoordinaten, r = x − y und R = (x + y)/2. Die Relativkoordinaten existieren in derselben
Gitterstruktur wie die Koordinate x, das Gitter der Schwerpunktskoordinaten hat dieselbe Symmetrie wie das ursprüngliche Gitter, aber eine kleinere Gitterkonstante, a/2.
Damit erhält die Wellenfunktion Ψ die Form
Ψ(x, y) = exp(iKR)ψK (r) ,
(1.29)
wobei K der Quasiimpuls der Schwerpunktsbewegung und ψK (r) die Paar-Wellenfunktion
ist.
Dann reduziert sich die Schrödingergleichung in der Relativkoordinate zu einem EinTeilchen-Problem:
h
i
˜ K + EK + Uδr,0 ψK (r) = EψK (r)
−2J ∆
r
(1.30)
P
mit der kinetischen Energie der Schwerpunktsbewegung EK = 4J i [1 − cos(Kei /2)].
˜ K eines rechtwinkligen Gitters ist nun durch
Der diskrete Laplacian ∆
r
˜ K Ψ(r) =
∆
r
d
X
i=1
cos(Kei /2) [Ψ(r + ei ) + Ψ(r − ei ) − 2Ψ(r)]
(1.31)
gegeben.
Zur Lösung der Schrödinger-Gleichung (1.30) suchen wir die Greensche Funktion des
nicht-wechselwirkenden Systems (U = 0), definiert über
[E0 − H0 ] GK (E, r) = δr,0
(1.32)
mit dem Hamiltonian des nicht-wechselwirkenden Systems, H0 = −2J∆K
r und dem dreidimensionalen Kronecker-Delta δr,0 .
Über eine Fouriertransformation erhält man die Greensche Funktion im Frequenzraum
G̃K (E, k) =
1
E − εK (k) + iη
(1.33)
mit der Dispersionsrelation εK (k) für das nicht-wechselwirkende System
εK (k) = 4J
X
cos
i
Ki a
[1 − cos(ki a)] .
2
(1.34)
Streuzustände von Teilchen in einem optischen Gitter mit Energie E gehorchen der
Lippmann-Schwinger-Gleichung
ψE (r) = ψE0 (r) +
X
r′
GK (E, r − r′ )V (r′ )ψE (r′ ).
(1.35)
23
Kapitel 1
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
Da das Wechselwirkungspotential V (r) = Uδr,0 kurzreichweitig ist, kann die LippmannSchwinger-Gleichung durch eine Resummation der Störungsentwicklung gelöst werden. So
erhält man die Streuzustände ψE (r), die den beiden freien Atomen entsprechen, die sich
durch das Gitter bewegen und Streuprozesse durchlaufen:
ψE (r) = exp(ikr) − 8πJfE (K)GK (E, r)
(1.36)
mit der Streuamplitude
fE (K) = −
U/(2J)
1
4π 1 − GK (E, 0)U
(1.37)
P
und der Gesamtenergie E = εk,K + EK und εk,K = 4J i cos(Kei /2) [1 − cos(kei )].
Der Pol in der Streuamplitude zeigt an, dass es einen zusätzlichen gebundenen Zustand
für jeden Wert von K gibt.
Um die gebundenen Zustände für repulsive Wechselwirkungen, U > 0, zu untersuchen,
schreiben wir zunächst Gleichung (1.32) in der Form
[E0 − H0 ] GK (E, r) =
1
δr,0 GK (E, r).
GK (E, 0)
(1.38)
BS
Dann ist die Funktion ψK
(r) = GK (E, r) eine Lösung der Schrödinger-Gleichung, wenn
die selbstkonsistente Beziehung
U=
1
GK (E, 0)
(1.39)
erfüllt ist, die die Energie EBS des gebundenen Zustands ψ BS (r) bestimmt.
Die Wellenfunktion ψ BS (r) fällt exponentiell ab für große r und beschreibt den gebundenen
Zwei-Teilchen-Zustand, der sich mit dem Schwerpunktsimpuls K durch das Gitter bewegt.
Die Impulsverteilung dieses gebundenen Zustands ist gegeben durch GK (EBS , k):
BS
ψK
(k) =
1
.
EBS − εK (k)
(1.40)
In einer Dimension treten repulsiv gebundene Zustände für beliebige repulsive Wechselwirkungen auf, in drei Dimensionen dagegen muss eine kritische Wechselwirkungsstärke
überschritten werden: U > Ucrit ≈ 8 J (für K = 0).
Betrachten wir nun die Energie der repulsiv gebundenen Paare in einer Dimension, die
sich aus Gleichung (1.39) berechnen lässt:
s
EBS (K) = 2J  4 cos
Ka
2
2
+
U
2J
2

+ 2 .
(1.41)
Für den Fall starker Wechselwirkungen, U ≫ J, können wir diese Gleichung näherungsweise schreiben als
EBS (K) ≈ 4J + U +
4J 2
(1 + cos Ka) .
U
(1.42)
Daran kann man ablesen, dass die gebundenen Paare eine Bindungsenergie der Größenordnung U haben und sich mit einer effektiven Tunnelrate von J 2 /(ℏU) durch das Gitter
bewegen.
24
1.6 Repulsiv gebundene Teilchenpaare
1.6.2 Experimentelle Umsetzung
Im Jahr 2006 gelang es der Gruppe um Rudolf Grimm und Johannes Hecker Denschlag
in Innsbruck, repulsiv gebundene Teilchenpaare in einem optischen Gitter erstmals nachzuweisen [61]. Im Folgenden sollen der experimentelle Aufbau sowie die nötigen Schritte
zur Präparation der Dimere anhand dieses Experiments dargestellt werden.
Zuerst wird ein Bose-Einstein-Kondensat bestehend aus mehreren Hunderttausend ultrakalten 87 Rb Atomen aus einer magnetischen Falle in ein dreidimensionales optisches
kubisches Gitter geladen, hier mit der Gitterperiodizität a = 415.22 nm und einer Gittertiefe von 35 Er . Die Atome befinden sich dabei im Spinzustand |F = 1, mF = −1i.
Nach dem Abschalten der magnetischen Falle wird durch plötzliches Umkehren eines
schwachen magnetischen Felds (einige Gauss) der Spin umgekehrt. Der neue Spinzustand |F = 1, mF = +1i weist eine 210 mG breite Feshbach-Resonanz bei 1007.4 G auf.
Indem man adiabatisch über diese Resonanz fährt, werden die Atome auf mehrfach besetzten Gitterplätzen in Rb2 Feshbach-Moleküle umgewandelt [50]. Dabei wird jeder Gitterplatz von höchstens einem Molekül besetzt. Inelastische Stöße der Moleküle sowie ein
kombinierter radiofrequenter und optischer Reinigungsimpuls sorgen dafür, dass einzelne, chemisch ungebundene Atome aus dem Gitter entfernt werden. Übrig bleiben wenige
Zehntausend Feshbach-Moleküle. Ein weiterer adiabatischer Durchlauf über die FeshbachResonanz trennt die Moleküle wieder – im Gitter sind nun Paare von Atomen, die abseits der Feshbach-Resonanz repulsiv miteinander wechselwirken (die Streulänge beträgt
as = +100 a0, wobei a0 der Bohrradius ist): die gewünschten Dimere.
Um die Stabilität der repulsiv gebundenen Teilchenpaare zu untersuchen, wurde die Tiefe
des optischen Potentials in einer der drei Raumrichtungen in kurzer Zeit von V0 = 35 Er
auf V0 = 10 Er abgesenkt. Dadurch wird in dieser Richtung die Tunnelrate stark erhöht,
so dass sich die Atome prinzipiell voneinander entfernen könnten. Dann wurde in einer
Versuchsreihe nach verschiedenen Zeiten gemessen, wie viele Teilchenpaare noch im Gitter enthalten waren. Dafür wurde die Gittertiefe wieder auf V0 = 35 Er erhöht und die
Teilchenpaare wurden wieder in Feshbach-Moleküle verwandelt. Wie schon zuvor wurden einzelne Atome durch einen Reinigungsimpuls aus dem Gitter entfernt. Dann erfolgt
eine weitere Verwandlung der Moleküle in Atome, die mit einem üblichen Absorptionsbildgebungsverfahren detektiert werden können. Das Experiment zeigt, dass die repulsiv
gebundenen Dimere eine Lebensdauer von mehreren Hundert Millisekunden haben (siehe
Abbildung 1.5). Sie liegt damit deutlich über der Zeit, die ein einzelnes Atom zum Tunneln brauchen würde (≈ 4 ms) und ist im Wesentlichen durch die inelastische Streuung
von Gitterphotonen begrenzt.
Ein wesentlich schnellerer Zerfall der doppelt besetzten Gitterplätze lässt sich beobachten,
wenn man die lokale Wechselwirkung zwischen den Teilchen nahezu abschaltet (as ≈ 0).
Die ungebundenen Atome verbreiten sich schnell über das gesamte Gitter, woran man
sehen kann, dass die Stabilität der Dimere auf ihrer repulsiven Wechselwirkung beruht.
Es wurde auch festgestellt, dass für hinreichend große U/J die repulsiv gebundenen Paare
stabil bei Kollisionen untereinander sind. Also kann auch in relativ dichten Quantengasen
noch eine lange Lebensdauer der Dimere erwartet werden. Bei geringerer Gittertiefe (und
damit kleinerem U/J) können die Paare jedoch bei Kollisionen zerfallen.
Außerdem wurde in dem Experiment von Klaus Winkler et al. [61] die Quasiimpulsverteilung der Atome im Gitter bei verschiedenen Gittertiefen untersucht. Dafür wurde
die Gittertiefe in einer Raumrichtung adiabatisch verringert, um zunächst die Dimere in
gewünschter Gittertiefe zu erstellen. Schnelles Ausschalten des Gitters führt zu einer Ab-
25
Ultrakalte Atome im optischen Gitter
normalisierte Anzahl Paare
Kapitel 1
Haltezeit (ms)
Abb. 1.5: Lebensdauer repulsiv gebundener Dimere. Gezeigt ist der Anteil der übrig gebliebenen
Atompaare als Funktion der Haltezeit, einmal für repulsiv gebundene Atome (mit einer
Streulänge von 100 a0 ) und zum anderen für ungebundene Atome (mit einer verschwindenden Streulänge) [61].
bildung der Ein-Teilchen-Quasiimpulse auf richtige Impulse. Diese wiederum werden nach
einigen Millisekunden auf den Ortsraum abgebildet, so dass die entstehende Verteilung
mit einem Absorptionsbildgebungsverfahren gemessen werden kann.
Die repulsiv gebundenen Paare zeigen hier eine charakteristische Signatur: Die Quasiimpulsverteilung weist an den Rändern der ersten Brillouinzone deutliche Spitzen auf,
während sich für attraktiv gebundene Paare ein Maximum in der Mitte der ersten Brillouinzone ergibt.
26
Kapitel 2
Effektive Hamiltonians
Ausgehend von den vollständigen Hamiltonians für verschiedene Systeme werden effektive
Hamiltonians entwickelt, die nicht mehr das Verhalten einzelner, voneinander unabhängiger Teilchen beschreiben, sondern das Verhalten von (repulsiv gebundenen) Teilchenpaaren, sogenannten Dimeren. Dabei wird nur der Fall betrachtet, dass ausschließlich Teilchenpaare im Gitter sind, keine einzelnen ungebundenen Teilchen mehr. Die Herleitung
der effektiven Hamiltonians für Dimere erfolgt mittels Störungstheorie zweiter Ordnung
und wird in diesem Kapitel geschildert.
Es werden folgende Systeme betrachtet: Bosonen, Fermionen mit Spin 1/2, eine Mischung
aus zwei Sorten von Bosonen, sowie eine Mischung aus Bosonen und Fermionen. Im Falle
der Bosonen kann sich ein Teilchenpaar aus zwei beliebigen Teilchen zusammensetzen,
bei den Fermionen gibt es aufgrund des Pauli-Prinzips nur Dimere, die sich aus einem
Fermion mit Spin ↑ und einem mit Spin ↓ gebildet haben. Bei den Systemen, in denen
mehrere Teilchensorten auftreten, betrachten wir den Fall, dass die Dimere ausschließlich
aus unterschiedlichen Teilchen zusammengesetzt sind.
Der erste Abschnitt dieses Kapitels (2.1) führt in die hier verwendete Störungstheorie
ein. In den darauffolgenden Abschnitten wird die Herleitung für die hier betrachteten
Systeme detaillierter dargestellt. Im letzten Abschnitt (2.6) wird gezeigt, wie die effektiven
Hamiltonians für alle diese Systeme auf das Spin 1/2 XXZ-Modell abgebildet werden
können, wenn man den Fall betrachtet, dass ein Gitterplatz stets von maximal einem
Dimer besetzt sein darf. Die Beschränkung auf maximal ein Teilchenpaar pro Gitterplatz
ist berechtigt, da bei starken Wechselwirkungen große Teilchenzahlen an einem Gitterplatz
unterdrückt sind.
2.1 Herleitung effektiver Hamiltonians für Teilchenpaare
Die effektiven Hamiltonians für Teilchenpaare wurden mit Hilfe von Störungstheorie zweiter Ordnung hergeleitet. Genauer wird die hier verwendete Methode entartete Störungstheorie nach Brillouin und Wigner genannt [60]. Die Grundvoraussetzung in unserem Fall
ist, dass das System nur Teilchenpaare enthält, also stets eine gerade Anzahl von Teilchen
pro Gitterplatz vorhanden ist. Die hier geschilderte Vorgehensweise orientiert sich eng an
der von Bernd Schmidt in seiner Dissertation verwendeten Methode [44].
Eine weitere Möglichkeit für die Herleitung der effektiven Dimer-Hamiltonians, auf die
hier aber nicht näher eingegangen werden soll, besteht in der Verwendung unitärer Transformationen [35]. Ein Vergleich der Methoden bis zur zweiten Ordnung liefert dieselben
Ergebnisse.
27
Kapitel 2
Effektive Hamiltonians
2.1.1 Projektions-Formalismus
Das System, das wir betrachten wollen, soll letztendlich nur Teilchenpaare enthalten. Das
bedeutet, dass unser gewünschter effektiver Hamiltonian für Dimere auf einen gewissen
Unterraum des Hilbertraumes H beschränkt ist, nämlich denjenigen, der ausschließlich
gerade Teilchenzahlen pro Gitterplatz enthält. Diesen Unterraum nennen wir S ⊂ H.
Für die entartete Störungstheorie nach Brillouin und Wigner muss diese Beschränkung
des Hamiltonians auf den Hilbertunterraum S nicht einmal perfekt sein. Es genügt, wenn
der Anteil des Zustands, der orthogonal zu S ist, klein bleibt.
Der gesamte Hilbertraum wird also in zwei Teile geteilt. Der Unterraum S enthält alle Zustände mit ausschließlich geraden Teilchenzahlen pro Gitterplatz, der zweite alle übrigen
Zustände. Für die Aufteilung des Hilbertraumes werden die beiden Projektionsoperatoren P̂ und Q̂ eingeführt. Der Projektionsoperator P̂ projiziert einen Zustand |Ψi in den
Unterraum S. Q̂ ist das orthogonale Komponent zu P̂ , also Q̂ = 1 − P̂ , und projiziert
dementsprechend einen Zustand |Ψi auf den übrigen Teil des Hilbertraumes H.
Die Projektionsoperatoren haben folgende Eigenschaften, die für die weiteren Rechnungen
ausgenutzt werden können:
P̂ 2 = P̂ ,
Q̂2 = Q̂ ,
P̂ Q̂ = 0 ,
Q̂P̂ = 0 .
(2.1)
Ist |Ψi ein Eigenzustand von Ĥ,
Ĥ|Ψi = E|Ψi ,
(2.2)
so nehmen wir für die Herleitung der effektiven Hamiltonians für Dimere an, dass der
Hauptanteil des Zustandes |Ψi in S liegt, also |Ψi ≈ |ΨiP = P̂ |Ψi.
Für den effektiven Hamiltonian Ĥeff , den wir nun suchen, soll gelten:
Ĥeff |ΨiP = E|ΨiP ,
(2.3)
wobei |ΨiP die Zustände sind, die im Unterraum S enthalten sind.
Mit den beiden Projektionsoperatoren P̂ und Q̂ kann der ursprüngliche Hamiltonian Ĥ
in vier Teile aufgespalten werden,
Ĥ = P̂ + Q̂ Ĥ P̂ + Q̂ = P̂ Ĥ P̂ + P̂ Ĥ Q̂ + Q̂Ĥ P̂ + Q̂Ĥ Q̂ ,
(2.4)
und ein Zustand |Ψi in zwei Teile:
|Ψi = P̂ + Q̂ |Ψi = P̂ |Ψi + Q̂|Ψi .
(2.5)
Wir führen nun folgende Schreibweise ein, um die Ausdrücke abzukürzen:
ĤPP = P̂ Ĥ P̂ ,
ĤPQ = P̂ Ĥ Q̂,
|ΨiP = P̂ |Ψi ,
|ΨiQ = Q̂ |Ψi .
ĤQP = Q̂Ĥ P̂ ,
ĤQQ = Q̂Ĥ Q̂
(2.6)
(2.7)
Nun kann Gleichung (2.2) mit (2.4) und (2.5) so geschrieben werden:
ĤPP |ΨiP + ĤQP |ΨiP + ĤPQ |ΨiQ + ĤQQ |ΨiQ = E|ΨiP + E|ΨiQ .
28
(2.8)
2.1 Herleitung effektiver Hamiltonians für Teilchenpaare
Das Ziel ist es nun, |ΨiQ zu eliminieren. Dafür wird zunächst einmal Gleichung (2.8) von
links mit P̂ multipliziert (2.9), bzw. mit Q̂ (2.10):
ĤPP |ΨiP + ĤPQ |ΨiQ = E|ΨiP ,
(2.9)
ĤQP |ΨiP + ĤQQ |ΨiQ = E|ΨiQ .
(2.10)
Gleichung (2.10) kann dann nach |ΨiQ aufgelöst werden:
|ΨiQ = (E − ĤQQ )−1 ĤQP |ΨiP .
(2.11)
Das Inverse zu (E − ĤQQ ) wird dabei in der Unteralgebra des orthogonalen Komplements
von S gebildet – es existiert, da im Q-Unterraum alle Energieeigenwerte zu ĤQQ von E
verschieden sind. Setzt man (2.11) in Gleichung (2.9) ein, so erhält man
ĤPP |ΨiP + ĤPQ (E − ĤQQ )−1 ĤQP |ΨiP = E|ΨiP .
(2.12)
Daraus lässt sich nun leicht der gesuchte effektive Hamiltonian für Dimere ablesen, er
lautet
Ĥeff = ĤPP + ĤPQ (E − ĤQQ )−1 ĤQP .
(2.13)
2.1.2 Störungstheorie
Der effektive Hamiltonian in der Form, wie ihn Gleichung (2.13) darstellt, hängt allerdings
von der Energie E des jeweiligen Zustands |Ψi ab. Liegt jedoch eine Menge von Zuständen vor, die alle nahezu dieselbe Energie haben, so können wir sagen, dass der effektive
Hamiltonian näherungsweise für alle diese Zustände unter gewissen Bedingungen gültig
ist. Ein solcher Fall liegt vor, wenn sich unser Hamiltonian als ein entarteter Hamiltonian
Ĥ0 zuzüglich einer Störung V̂ schreiben lässt:
Ĥ = Ĥ0 + ǫV̂ .
(2.14)
E0 ist der Eigenwert des entarteten Hamiltonian Ĥ0 . Mit angeschalteter Störung V̂ wird
die Energie aufgespalten in
E = E0 + ǫE1 + ǫ2 E2 + O(ǫ3 ) .
(2.15)
Mit der weiteren Näherung E − ĤQQ ≈ E0 − Ĥ0QQ erhält man für den effektiven Hamiltonian folgende Gleichung:
Ĥeff = Ĥ0PP + ǫV̂PP + ǫ2 V̂PQ (E0 − Ĥ0QQ )−1 V̂QP .
| {z }
Ĥ0
| {z }
Ĥ1
|
{z
Ĥ2
(2.16)
}
Als nächstes wird nun die Herleitung der effektiven Dimer-Hamiltonians für die verschiedenen Systeme betrachtet.
29
Kapitel 2
Effektive Hamiltonians
2.2 Bosonen
Für den Fall, dass das betrachtete System lediglich eine Sorte an Bosonen enthält, ist der
Ausgangs-Hamiltonian der bekannte Bose-Hubbard-Hamiltonian, der bereits in Abschnitt
(1.2.1) eingeführt wurde,
ĤBH = −JB
X
â†i âj +
hi,ji
X
UB X
εin̂i .
n̂i (n̂i − 1) +
2 i
i
(2.17)
Wie schon geschildert sind â†i und âi die Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren für ein
Boson am Gitterplatz i und n̂i = â†i âi der Teilchenzahloperator für Gitterplatz i. UB ist
die lokale Wechselwirkung zwischen den Bosonen am selben Gitterplatz (sie ist repulsiv,
wenn U > 0), JB die Tunnelrate zwischen benachbarten Gitterplätzen hi, ji.
Als erstes führen wir Dimeroperatoren ein:
1
dˆ†i = â†2
,
i q
2 (n̂i + 1)
1
â2i ,
dˆi = q
2 (n̂i + 1)
n̂
m̂i = dˆ†i dˆi = i .
2
(2.18)
(2.19)
(2.20)
dˆ†i und dˆi sind Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren für Dimere am Gitterplatz i.
Sie erzeugen bzw. vernichten einen ganzen Dimer, bestehend aus zwei Bosonen, keine
einzelnen Bosonen. Innerhalb des Hilbertunterraums S, der nur gerade Teilchenzahlen
pro Gitterplatz enthält, erfüllen sie dieselben bosonischen Vertauschungsrelationen wie
auch â†i und âi :
[dˆi , dˆj ] = [dˆ†i , dˆ†j ] = 0 .
[dˆi , dˆ†j ] = δij ,
(2.21)
Die zugehörigen Dimerzahloperatoren nennen wir m̂i .
Es stellt sich nun die Frage, wie der effektive Hamiltonian (2.16) für das Bose-HubbardModell zu schreiben ist. Ĥ0 besteht in diesem Fall aus den letzten beiden Termen der
Gleichung (2.17),
Ĥ0 =
X
UB X
εi n̂i ,
n̂i (n̂i − 1) +
2 i
i
(2.22)
der Störungsterm ǫV̂ ist der erste Term derselben Gleichung, mit dem Störungsparameter
ǫ = JB ,
ǫV̂ = −JB
X
â†i âj .
(2.23)
hi,ji
Als nächstes ist zu überlegen, wie die einzelnen effektiven Terme aus (2.16) im BoseHubbard-Modell aussehen.
Für den Term Ĥ0 ist das einfach: in Gleichung (2.22) können die Teilchenzahloperatoren
gemäß (2.20) ersetzt werden,
Ĥ0 =
30
X
X
X
UB X
n̂i (n̂i − 1) +
εi n̂j −→ UB
m̂i (2m̂i − 1) + 2
εi m̂i .
2 i
i
i
i
(2.24)
2.2 Bosonen
Term Ĥ1 wird Null, da zunächst der Projektionsoperator P̂ auf zwei benachbarte Gitterplätze mit Teilchenzahlen |ni , nj i angewendet wird, so dass sowohl ni als auch nj gerade
sind. Durch â†i âj wird dann aber an Gitterplatz j ein Teilchen vernichtet und an Gitterplatz i eines erzeugt: |ni + 1, nj − 1i. Eine weitere Anwendung von P̂ lässt den Term nun
natürlich verschwinden, da beide Gitterplätze i und j von einer ungeraden Anzahl von
Teilchen besetzt sind.
Es bleibt nun die Betrachtung des Störungsterms zweiter Ordnung, Ĥ2 (für zwei benachbarte Gitterplätze i und j):
Ĥ2,ij = J 2 P̂ â†k âl Q̂ (E0 − Ĥ0QQ )−1 Q̂ â†i âj P̂ .
(2.25)
Auch hier wird als erstes wieder der Projektionsoperator P̂ auf zwei benachbarte Gitterplätze mit Teilchenzahlen |ni , nj i angewendet, ni und nj sind also gerade. Der gesamte
Term (2.25) wird dann nur in genau zwei Fällen nicht verschwinden:
1. für k = i und l = j erhält man den Zustand |ni + 2, nj − 2i
2. für k = j und l = i erhält man den Zustand |ni , nj i.
Beide möglichen Zustände sind wieder im Hilbertunterraum S enthalten.
Nun muss genauer betrachtet werden, was der Term
(E0 − Ĥ0QQ )−1
(2.26)
bewirkt. Ĥ0QQ sieht unter Vernachlässigung des Fallenpotentials für die Gitterplätze i, j
folgendermaßen aus:
Ĥ0QQ =
UB n̂i (n̂i − 1) + n̂j (n̂j − 1) .
2
(2.27)
Da die Energie E0 von der Konfiguration der Teilchen abhängt, ist es sinnvoll, sie durch
einen Operator Ê0 zu ersetzen, der jeweils die passende Energie für den betrachteten
Zustand liefert. Da hier Übergänge der Form
|ni , nj i → |ni + 1, nj − 1i → |ni , nj i
(2.28)
mit einem virtuellen Zwischenzustand |ni + 1, nj − 1i betrachtet werden, muss E0 durch
den Operator
Ê0 . . . , n̂i − 1, n̂j + 1, . . . =
UB (n̂i − 1)(n̂i − 2) + (n̂j + 1)n̂j
2
(2.29)
ersetzt werden.
Damit erhält (2.26) die Form
(Ê0 − Ĥ0QQ )−1 =
1
UB −n̂i + n̂j + 1
(2.30)
und es kann der gesamte Term Ĥ2 für die beiden oben genannten möglichen Fälle ausgewertet werden.
31
Kapitel 2
Effektive Hamiltonians
Für den Fall 1 (k = i und l = j) beginnen wir damit, die Operatoren und Vorfaktoren
einzusetzen:
Ĥ2(1),ij =
1
JB2 †
âi âj
â†i âj .
UB
−n̂i + n̂j + 1
(2.31)
Es müssen einige der Operatoren vertauscht werden, und zwar so, dass jeweils die beiden Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren, die auf denselben Gitterplatz wirken, in
Normalordnung nebeneinander stehen. Unter Beachtung der bosonischen Vertauschungsrelationen ([âi , â†j ] = δij , [âi , âj ] = [â†i , â†j ] = 0) erhält man
Ĥ2(1),ij =
JB2 †2
1
âi
â2 .
UB
−n̂i + n̂j + 1 j
(2.32)
Zuletzt müssen nur noch die eingeführten Dimeroperatoren nach (2.18), (2.19) und (2.20)
eingesetzt werden – man erhält so den Tunnelterm des effektiven Hamiltonian,
Ĥ2(1),ij =
2JB2
UB
dˆ†i
r
(2m̂i + 1) 2m̂j + 1
−2m̂i + 2m̂j + 1
dˆj .
(2.33)
Für Fall 2 (k = j und l = i) kann analog zu Fall 1 vorgegangen werden. Die Operatoren
werden eingesetzt und den bosonischen Vertauschungsregeln gehorchend vertauscht, bis
diejenigen Operatoren, die auf denselben Gitterplatz wirken, in Normalordnung beieinander stehen. Dann werden die bosonischen Operatoren durch die Dimeroperatoren ersetzt
und man erhält den letzten Term des effektiven Hamiltonian, der die Wechselwirkungen
zwischen benachbarten Gitterplätzen beschreibt:
Ĥ2(2),ij =
JB2 †
J2
1
1
âj âi
â†i âj = B â†j âj
UB
−n̂i + n̂j + 1
UB
−n̂i + n̂j − 1
=
JB2 n̂j (n̂i + 1)
UB −n̂i + n̂j − 1
=
2JB2
UB
â â†
i i
}
| {z
â†i âi + 1
m̂j (2m̂i + 1)
. (2.34)
−2m̂i + 2m̂j − 1
Trägt man alle Terme zusammen, so erhält man den effektiven Hamiltonian für Teilchenpaare bestehend aus zwei Bosonen gleicher Sorte in der folgenden Form:
Ĥeff =
X
εim̂i + UB
i
+J
X
X
i
m̂i (2m̂i − 1)
dˆ†i T̂ m̂i , m̂j dˆj + J
hi,ji
X
hi,ji
Ŝ m̂i , m̂j
(2.35)
mit
J=
T̂ m̂i , m̂j =
2JB2
UB
r
(2m̂i + 1) 2m̂j + 1
−2m̂i + 2m̂j + 1
m̂j (2m̂i + 1)
Ŝ m̂i , m̂j =
2m̂j − 2m̂i − 1
32
effektive Tunnelrate,
(2.36)
Tunnel-Wechselwirkung,
(2.37)
Nächste-Nachbar-Wechselwirkung
(2.38)
2.2 Bosonen
und den Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Dimere
1
1
und dˆi = q
â2i
dˆ†i = â†2
i q
2 (n̂i + 1)
2 (n̂i + 1)
(2.39)
sowie dem Dimerzahloperator
n̂
m̂i = dˆ†i dˆi = i .
2
(2.40)
Bosonen, maximal ein Dimer pro Gitterplatz
Der effektive Hamiltonian in seiner oben gezeigten Form (2.35) ist relativ kompliziert und
unhandlich. Eine einfachere Form erhält man für den Fall, dass maximal ein Teilchenpaar pro Gitterplatz zugelassen wird. Dann kann man als erstes sehen, dass sich bei den
Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Dimere die Vorfaktoren vereinfachen lassen.
Betrachten wir dazu den Vernichtungsoperator dˆi : Befindet sich kein Teilchen auf Gitterplatz i, so bringt die Anwendung des Operators âi ohnehin eine Null. Die zweite Möglichkeit, wenn wir maximal einen Dimer pro Gitterplatz erlauben, ist eine Besetzung von
2
zwei Bosonen auf Gitterplatz
√ i. In diesem Fall vernichtet âi die beiden Teilchen und der
Vorfaktor kürzt sich zu 1/ 2.
Für den Erzeugungsoperator dˆ†i verhält es sich ähnlich: Hier ergibt sich durch die maximal
erlaubte Besetzungszahl bei Anwendung des Operators â†i eine Null, wenn der Gitterplatz
i bereits (von zwei Bosonen) besetzt ist. Befindet
sich kein Boson auf dem Gitterplatz i,
√
so kürzt sich auch hier der Vorfaktor zu 1/ 2.
Man kann die Dimeroperatoren also folgendermaßen schreiben:
1
dˆ†i = √ â†2
i ,
2
1
dˆi = √ â2i ,
2
n̂
m̂i = dˆ†i dˆi = i .
2
(2.41)
Der Dimerzahloperator m̂i bleibt gleich, allerdings hat er nun eine Eigenschaft, die sich
bei der Vereinfachung des effektiven Hamiltonian gut ausnutzen lässt:
m̂2i = m̂i .
(2.42)
Damit kann der effektive Hamiltonian so geschrieben werden:
(0,1)
Ĥeff
=
X
i
=
X
i
(2εi + UB ) m̂i + J
X
dˆ†i dˆj + J
hi,ji
(2εi + UB + 2dJ) m̂i + J
X
hi,ji
m̂j (2m̂i + 1)
−2m̂i + 2m̂j − 1
hi,ji
X
dˆ†i dˆj − 4J
X
m̂i m̂j .
(2.43)
(2.44)
hi,ji
Für die Vereinfachung von Zeile (2.43) zu Zeile (2.44) werden für den letzten Term die
möglichen Besetzungen benachbarter Gitterplätze hi, ji einzeln betrachtet: (mi , mj ) können hier die Werte (0, 0), (0, 1), (1, 0) oder (1, 1) annehmen. Sind beide Gitterplätze unbesetzt, ergibt der Term Null. Ist einer der beiden Gitterplätze besetzt, so erhält man
einen Beitrag von J. Und für den Fall, dass beide Gitterplätze i, j besetzt sind, ergibt
sich ein Beitrag von 6J. Dies lässt sich nun schreiben, indem man den letzten Term in
33
Kapitel 2
Effektive Hamiltonians
zwei Teile aufspaltet, wovon einer die Beiträge der einzelnen Gitterplätze berücksichtigt
und der andere nur dann einen Beitrag liefert, wenn beide Gitterplätze besetzt sind:
J
X
X
m̂j (2m̂i + 1)
m̂i − 4J
m̂i m̂j .
−→ 2dJ
−2m̂i + 2m̂j − 1
i
hi,ji
hi,ji
X
(2.45)
Dabei steht d für die Dimensionalität des Gitters – bislang wurden bei der Herleitung des
effektiven Hamiltonians keinerlei Einschränkungen über die Form des Gitters gemacht.
Erst an dieser Stelle muss beachtet werden, ob es sich um ein ein-, zwei- oder dreidimensionales Gitter handelt. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird nur mit einer Dimension
(d = 1) gearbeitet.
Besonderheit der Randplätze
Diese Vereinfachung ist mitten im Gitter korrekt, am Rand aber nicht ganz, da hier Terme
zu viel gezählt werden, sobald ein Gitterrandplatz besetzt ist. Genauer gesagt bedeutet
das, dass der Hamiltonian am Rand korrigiert werden muss: Der Term 2dJ geht über in
(2d − z)J, wobei z die Anzahl der fehlenden Nachbargitterplätze ist. Das heißt, für ein
eindimensionales Gitter ist z = 1, für ein zweidimensionales Gitter gilt für einen Eckplatz
z = 2, für einen sonstigen Randplatz z = 1 und bei einem dreidimensionalen Gitter muss
für einen Eckplatz z = 3 gesetzt werden, für einen Kantenplatz z = 2 und für einen
sonstigen Randplatz z = 1.
Im Folgenden werden Hamiltonians für verschiedene weitere Systeme betrachtet. Die Herleitung der zugehörigen effektiven Hamiltonians erfolgt analog zu der oben genannten
Methode und wird nun hier in verkürzter Form dargestellt.
2.3 Fermionen mit Spin 1/2
Das nächste System, für das ein effektiver Hamiltonian für Dimere hergeleitet werden soll,
sind Fermionen mit Spin 1/2. Hier gibt es einige Unterschiede zu den Bosonen: Zum einen
haben wir einen zusätzlichen Spin-Freiheitsgrad σ. Dann gehorchen die hier auftretenden
Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren ĉ†iσ und ĉiσ für die Fermionen natürlich den
fermionischen Vertauschungsrelationen
{ĉiσ , ĉjσ′ } = {ĉ†iσ , ĉ†jσ′ } = 0 .
{ĉiσ , ĉ†jσ′ } = δij δσσ′ ,
(2.46)
Dies führt dazu, dass bei jeder Vertauschung zweier Operatoren ein Minus-Zeichen auftaucht. Außerdem muss noch das Pauli-Prinzip beachtet werden: Keine zwei Fermionen
können gleichzeitig denselben Zustand besetzen. Das bedeutet hier, dass sich die Dimere
aus Fermionen mit unterschiedlichem Spin zusammensetzen müssen und zusätzlich darf
sich immer nur maximal ein Fermionen-Paar auf einem Gitterplatz aufhalten.
Der Ausgangs-Hamiltonian für dieses System von Fermionen sieht folgendermaßen aus –
ein eventuell vorhandenes Fallenpotential soll hier bei der Herleitung weggelassen werden,
es kann aber analog zum Fall der Bosonen einfach mitgeführt werden:
Ĥ = −JF
34
X
σ,hi,ji
ĉ†iσ ĉjσ + VF
X
i
n̂i↑ n̂i↓ .
(2.47)
2.3 Fermionen mit Spin 1/2
Dabei sind ĉ†iσ und ĉiσ die Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren für Fermionen, JF
ist die Tunnelrate zwischen benachbarten Gitterplätzen hi, ji und VF ist die lokale Wechselwirkung zwischen zwei Fermionen (mit unterschiedlichem Spin) am selben Gitterplatz.
Beginnen wir zunächst mit der Einführung der Projektoren P̂ und Q̂: im Falle der Fermionen mit Spin 1/2 projiziert P̂ auf den Hilbertunterraum, der nur Zustände von Teilchenpaaren bestehend aus unterschiedlichen Spins ↑↓ enthält. Dementsprechend projiziert Q̂
auf den Unterraum, der alle übrigen Zustände, in denen auch einzelne Teilchen (mit Spin
↑ oder ↓) auftauchen, enthält.
Dann führen wir Dimeroperatoren ein, die ein Fermion-Fermion-Paar am Gitterplatz i
erzeugen (dˆ†i ) bzw. vernichten (dˆi ), sowie den zugehörigen Dimerzahloperator m̂i :
dˆ†i = ĉ†i↑ ĉ†i↓ ,
dˆi = ĉi↓ ĉi↑ ,
m̂ = dˆ†i dˆ .
i
(2.48)
(2.49)
(2.50)
i
Da jeder Dimer aus einem Teilchen mit Spin ↑ und einem mit Spin ↓ besteht, gilt
m̂i = n̂i↑ = n̂i↓ . Wegen der maximalen Besetzungszahl von einem Dimer pro Gitterplatz
(aufgrund des Pauli-Prinzips) gilt auch m̂2i = m̂i .
Nun ist zu überlegen, wie die einzelnen Terme aus dem allgemeinen effektiven Hamiltonian
aus Gleichung (2.16) im Fermion-Fermion-Modell aussehen. Der ungestörte Hamiltonian
Ĥ0 besteht hier aus dem zweiten Term der Gleichung (2.47), dort können wir einfach die
Dimeroperatoren einsetzen:
VF
X
i
n̂i↑ n̂i↓ −→ VF
X
m̂i .
(2.51)
i
Der Störterm erster Ordnung, Ĥ1 , verschwindet auch im Falle der Fermionen, aus analogen
Gründen wie bei den Bosonen.
Es bleibt also die Untersuchung des Störterms zweiter Ordnung, Ĥ2 , für zwei benachbarte
Gitterplätze i und j,
Ĥ2,ij = JF2
X
σ,σ′
P̂ ĉ†kσ ĉlσ Q̂(E0 − Ĥ0QQ )−1 Q̂ĉ†iσ′ ĉjσ′ P̂ .
(2.52)
Durch die beiden Projektoren P̂ und Q̂ ergibt dieser Term nur für zwei Fälle ein von Null
verschiedenes Ergebnis, nämlich (1) für i = l und j = k und (2) für i = k und j = l.
In beiden Fällen können wir den Ausdruck (E0 − Ĥ0QQ )−1 auswerten, wie wir dies auch
für die Bosonen gemacht haben (siehe Seite 31) – wir erhalten jeweils einen Faktor 1/VF .
Nach dem Vertauschen mehrerer Operatoren unter Berücksichtigung der fermionischen
Vertauschungsrelationen, erhalten wir den Störungsterm zweiter Ordnung in der Form
i
JF2 h
n̂j↑ (1 − n̂i↑ ) + n̂j↓ (1 − n̂i↓ ) + 2ĉ†i↑ ĉ†i↓ ĉj↓ ĉj↑ .
(2.53)
VF
Durch Einsetzen der Dimeroperatoren erhält man schließlich den effektiven Hamiltonian
für die Fermionen:
X
2J 2 X Ĥeff = VF
m̂i + F
m̂j (1 − m̂i ) + dˆ†i dˆj
(2.54)
VF hi,ji
i
Ĥ2,ij =
2J 2
= VF + 2d F
VF
!
X
i
m̂i +
2JF2 X ˆ† ˆ
di dj − m̂i m̂j .
VF hi,ji
(2.55)
35
Kapitel 2
Effektive Hamiltonians
Auch hier wird von der vorletzten auf die letzte Zeile wieder ein Term in zwei Terme
aufgespalten – was in diesem Fall recht einfach zu sehen sein sollte:
2J 2 X
2JF2 X
2J 2 X
m̂i − F
m̂j (1 − m̂i ) −→ 2d F
m̂ m̂ ,
VF hi,ji
VF i
VF hi,ji i j
(2.56)
wobei d die Dimension des Gitters wiederspiegelt. Wie im Falle der Bosonen gilt aber
auch hier, dass diese Vereinfachung für die Gitterrandplätze nicht ganz korrekt ist. Siehe
dazu die Anmerkungen bei den Bosonen, im Abschnitt 2.2 auf Seite 34.
2.4 Mischung aus zwei Bosonensorten
Bei der Herleitung des effektiven Hamiltonian für die Boson-Boson-Mischung beschränken
wir uns auf den Fall von Dimeren, die aus verschiedenen Sorten zusammengesetzt sind,
einkomponentige Teilchenpaare tauchen nicht auf.
Der Ausgangs-Hamiltonian setzt sich ähnlich zusammen wie der Bose-Hubbard-Hamiltonian. Allerdings enthält er deutlich mehr Terme, da jede Teilchensorte ihren eigenen
Tunnel- und Wechselwirkungsterm besitzt (mit Tunnelraten Jx und lokalen Wechselwirkungen Ux für Teilchensorte x). Außerdem gibt es einen zusätzlichen Term, der die lokale
Wechselwirkung V zwischen den Bosonen verschiedener Sorten beschreibt.
Ĥ = −J1
+
X
hi,ji
â†1i â1i − J2
X
â†2i â2i
hi,ji
X
U1 X
U2 X
n̂1i (n̂1i − 1) +
n̂2i (n̂2i − 1) + V
n̂1i n̂2i
2 i
2 i
i
(2.57)
Die Operatoren â†xi und âxi gehorchen jeweils den bosonischen Vertauschungsrelationen,
n̂xi = â†xi âxi sind die zugehörigen Teilchenzahloperatoren.
Der zur Herleitung des effektiven Hamiltonians benötigte Projektor P̂ projiziert für den
Fall der Bose-Bose-Mischung die Zustände auf den Unterraum des Hilbertraumes, der pro
Gitterplatz i stets die gleiche Anzahl ni an Bosonen der Sorte 1 wie Bosonen der Sorte 2
enthält, ni = n1i = n2i .
Die Dimeroperatoren für die Boson-Boson-Dimere definieren wir in der folgenden Form:
1
dˆi = q
â1i â2i ,
4
(n̂1i + 1) (n̂2i + 1)
1
dˆ†i = â†1i â†2i q
.
4
(n̂1i + 1) (n̂2i + 1)
(2.58)
(2.59)
Der zugehörige Dimerzahloperator ist m̂i = dˆ†i dˆi . Für ihn gilt außerdem m̂i = n̂1i = n̂2i .
Wir untersuchen nun die Form der einzelnen Terme aus (2.16) für die Boson-BosonMischung. Ĥ0 setzt sich zusammen aus den Termen der zweiten Zeile von Gleichung
(2.57), dort können direkt die Dimerzahloperatoren eingesetzt werden,
Ĥ0 −→
X
U1 + U2 X
m̂2i .
m̂i (m̂i − 1) + V
2
i
i
(2.60)
Der Störungsterm erster Ordnung, Ĥ1 , verschwindet, wie man sich anhand ähnlicher Überlegungen wie bei den einkomponentigen Bosonen und den Fermionen klar machen kann.
36
2.4 Mischung aus zwei Bosonensorten
Es bleibt damit der Störungsterm zweiter Ordnung, Ĥ2 , zu betrachten, der hier für benachbarte Gitterplätze i und j die folgende Form hat (wobei über die Teilchensorten x
und x′ summiert wird):
Ĥ2,ij =
X
x,x′
Jx Jx′ P̂ â†xk âxl Q̂(E0 − Ĥ0QQ )−1 Q̂â†x′ i âx′ j P̂ .
(2.61)
Diese Summe liefert in zwei Fällen nicht-verschwindende Beiträge, nämlich (1) für k = j
und l = i und (2) für k = i und l = j. Für diese beiden Fälle muss der Ausdruck (E0 −
Ĥ0QQ )−1 separat ausgewertet werden. Dann können verschiedene Operatoren vertauscht
und zuletzt die Dimeroperatoren eingesetzt werden.
Man erhält den effektiven Hamiltonian für die Boson-Boson-Mischung
Ĥeff =
X 2
U1 + U2 X
m̂j
m̂i (m̂i − 1) + V
2
i
i
X † X + J1 J2
dˆi T̂ m̂ , m̂ dˆ +
Ŝ m̂ , m̂
i
j
j
i
hi,ji
(2.62)
j
hi,ji
mit
r
T̂ m̂i , m̂j =
U1 −m̂i + m̂j + V −m̂i + m̂j + 1
+
Ŝ m̂i , m̂j = J12
r
(m̂i + 1) m̂j + 1
U2 −m̂i + m̂j + V −m̂i + m̂j + 1
und
(m̂i + 1) m̂j + 1
m̂j (m̂i + 1)
U1 −m̂i + m̂j − 1 + V −m̂i + m̂j
+ J22
m̂j (m̂i + 1)
(2.63)
U2 −m̂i + m̂j − 1 + V −m̂i + m̂j
.
(2.64)
Zwei Bosonensorten, maximal ein Dimer pro Gitterplatz
Diese komplizierten Ausdrücke lassen sich, wie schon beim System einkomponentiger Bosonen, deutlich vereinfachen, wenn man maximal ein Teilchenpaar pro Gitterplatz zulässt.
Dann lassen sich die Dimeroperatoren als dˆ†i = â†1i â†2i und dˆi = â1i â2i schreiben, und der
Dimerzahloperator hat die Eigenschaft m̂2i = m̂i :
(0,1)
Ĥeff
=V
X
i
+
m̂i +
m̂j (m̂i + 1)
J12 X
V hi,ji U1 −m̂i + m̂j − 1 + V −m̂i + m̂j
m̂j (m̂i + 1)
2J1 J2 X ˆ† ˆ
J22 X
+
dd
V hi,ji U2 −m̂i + m̂j − 1 + V −m̂i + m̂j
V hi,ji i j
!
"
J2 J2
J 2 + J22 X
m̂i − 2 1 + 2
= V + 2d 1
V
U1 U2
i
+
2J1 J2 X ˆ† ˆ
dd .
V hi,ji i j
!
(2.65)
#
J 2 + J22 X
+ 1
m̂i m̂j
V
hi,ji
(2.66)
37
Kapitel 2
Effektive Hamiltonians
Für den letzten Schritt der Vereinfachung werden die möglichen Besetzungszahlen zweier
benachbarter Gitterplätze einzeln betrachtet. Dabei sieht man, dass die beiden mittleren
Terme (die die Nächste-Nachbar-Wechselwirkung zwischen den Dimeren beschreiben) zunächst zusammengefasst und dann in zwei andere Terme aufgespalten werden können. d
gibt die Dimension des Gitters an.
Man beachte auch hier die Problematik dieser Vereinfachung am Rand des Gitters, die
im Falle der Bosonen angesprochen wurde (siehe Seite 34).
2.5 Mischung aus Bosonen und Fermionen
Als letztes System, das in dieser Arbeit untersucht wurde, soll eine Mischung aus Bosonen
und (spinlosen) Fermionen betrachtet werden. Wir beschränken uns dabei auf den Fall,
dass jeder Dimer aus einem Boson und einem Fermion zusammengesetzt ist, es gibt also
keine zusätzlichen rein bosonischen Teilchenpaare. Da wegen des Pauli-Prinzips keine
zwei Fermionen denselben Zustand einnehmen dürfen, bedeutet das auch, dass immer nur
maximal ein Dimer auf einem Gitterplatz sitzen kann.
Der Ausgangs-Hamiltonian für die Bose-Fermi-Mischung ist
Ĥ = −JB
X
hi,ji
â†i âj − JF
X
ĉ†i ĉj +
hi,ji
X
UB X
n̂Bi n̂F i .
n̂Bi (n̂Bi − 1) + VBF
2 i
i
(2.67)
Er enthält je einen Tunnelterm für die Bosonen (mit Tunnelrate JB ) und die Fermionen (Tunnelrate JF ), sowie zwei Terme, die die lokale Wechselwirkung UB zwischen den
Bosonen und die lokale Wechselwirkung VBF zwischen Bosonen und Fermionen beschreiben. Es gibt einen bosonischen Teilchenzahloperator n̂Bi = â†i âi und einen fermionischen
n̂F i = ĉ†i ĉi . Die bosonischen Operatoren â†i und âi gehorchen den bosonischen Kommutationsrelationen, die fermionischen Operatoren ĉ†i und ĉi den fermionischen Antikommutationsrelationen.
Die Dimeroperatoren definieren wir wie folgt:
dˆi = âi ĉi ,
dˆ†i = ĉ†i â†i .
(2.68)
(2.69)
Der zugehörige Dimerzahloperator ist wieder m̂i = dˆ†i dˆi , mit der Eigenschaft m̂2i = m̂i =
n̂Bi = n̂F i .
Im ungestörten Anteil Ĥ0 des Hamiltonian (die beiden letzten Terme aus Gleichung (2.67))
setzen wir wieder die Dimeroperatoren ein – da maximal ein Teilchenpaar pro Gitterplatz
vorliegt, fällt der Wechselwirkungsterm der Bosonen weg:
X
i
n̂Bi (n̂Bi − 1) + VBF
X
i
n̂Bi n̂F i −→ VBF
X
m̂i .
(2.70)
i
Wir stellen fest, dass der Störungsterm erster Ordnung, Ĥ1 aus Gleichung (2.16), verschwindet (wie auch schon in den anderen effektiven Modellen), so dass wir nur noch den
Störungsterm zweiter Ordnung betrachten müssen (wieder für benachbarte Gitterplätze
i, j),
Ĥ2,ij = P̂ JB â†k âl + JF ĉ†k ĉl Q̂(E0 − Ĥ0 )−1 Q̂ JB â†i âj + JF ĉ†i ĉj P̂ .
38
(2.71)
2.5 Mischung aus Bosonen und Fermionen
Wie bei den zuvor betrachteten Herleitungen verschwindet auch dieser Ausdruck für genau
zwei Fälle nicht (für k = j und l = i, sowie für k = i und l = j). In beiden Fällen liefert
der Term (E0 − Ĥ0 )−1 einen Beitrag von 1/VBF .
Vertauschungen der Operatoren und Ersetzen durch die Dimeroperatoren liefert uns den
effektiven Hamiltonian für die Boson-Fermion-Mischung
Ĥeff = VBF
X
m̂i +
i
+
JF2
VBF
= VBF
+
X
hi,ji
m̂j (m̂i + 1)
JB2 X
VBF hi,ji UB −m̂i + m̂j − 1 + VBF −m̂i + m̂j
m̂j (1 − m̂i ) +
J 2 + JF2
+ 2d B
VBF
2JB JF X ˆ† ˆ
dd .
VBF hi,ji i j
!
X
i
2JB JF X ˆ† ˆ
dd
VBF hi,ji i j
J 2 + JF2
2JB2
+ B
m̂i −
UB
VBF
!
X
(2.72)
m̂i m̂j
hi,ji
(2.73)
Die Vereinfachung von der (2.72) zu (2.73) erfolgt über die Betrachtung der verschiedenen
Besetzungsmöglichkeiten benachbarter Gitterplätze. Dabei kann der Nächste-NachbarWechselwirkungsterm aufgespalten werden. In Zeile (2.73) wird auch die Dimension d des
Gitters berücksichtigt.
Auch hier gelten die Bemerkungen zu den Randplätzen des Gitters, die auf Seite 34 zu
finden sind.
Außerdem sei hier noch erwähnt, dass im Falle der Boson-Fermion-Mischung die Dimeroperatoren den fermionischen Vertauschungsrelationen unterliegen. Die fermionischen Dimere können jedoch mit einer Jordan-Wigner-Transformation auf Hardcorebosonen mit
Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren b̂†i und b̂i abgebildet werden,
b̂i =
Y
ˆ† ˆ
e−iπdj dj dˆi .
(2.74)
j<i
Für die Erzeugungsoperatoren gilt eine analoge Transformation.
In einer Dimension (und bei ausschließlichem Nächste-Nachbar-Tunneln, wie es hier vorliegt) wird bei der Jordan-Wigner-Transformation die Form des Hamiltonian (siehe Gleichung (2.73)) erhalten.
Dann können die Dimere in Rechnungen wieder wie (Hardcore-)Bosonen behandelt werden. Nur bei den Ein-Teilchen-Korrelationen hdˆ†i dˆj i, wie sie in Kapitel 4 untersucht werden, gilt diese Erhaltung der Form nicht – die Ein-Teilchen-Korrelationen sind daher nicht
gültig für die Boson-Fermion-Mischung.
39
Kapitel 2
Effektive Hamiltonians
2.6 Effektiver Hamiltonian – Spin 1/2 XXZ-Modell
Alle effektiven Hamiltonians der hier betrachteten Systeme lassen sich in der gleichen
Form schreiben, wenn man die maximale Besetzungszahl pro Gitterplatz auf einen Dimer
beschränkt.
(0,1)
Ĥeff
= −J
X
W X
m̂i
dˆ†i dˆj +
m̂i m̂j + U
2 hi,ji
i
hi,ji
X
(2.75)
Der erste Term ist der Hüpfterm mit der effektiven Tunnelrate J zwischen benachbarten
Gitterplätzen hi, ji und den Erzeugungs- bzw. Vernichtungsoperatoren für Dimere, dˆ†i und
dˆi.
Der zweite Term beschreibt Wechselwirkungen W zwischen Dimeren auf benachbarten
Gitterplätzen hi, ji. m̂i = dˆ†i dˆi ist wieder der Dimerzahloperator.
Und der dritte Term beinhaltet die lokalen Wechselwirkungen U am Gitterplatz i. Ein
eventuell vorhandenes externes Fallenpotential wird zu diesem Term addiert.
Auf diesen allgemeinen Dimer-Hamiltonian kann man nun die Holstein-Primakoff-Transformationen anwenden, um die Dimeroperatoren auf Spinoperatoren abzubilden:
1
,
q 2
Ŝi+ = dˆ†i 1 − m̂i ,
Ŝiz = m̂i −
Ŝi− =
q
(2.76)
(2.77)
1 − m̂i dˆi .
(2.78)
Da in unserem Fall nur ein oder kein Teilchen (genauer gesagt: Dimer) pro Gitterplatz
vorkommen kann, vereinfachen sich die Ausdrücke zu Ŝi+ = dˆ†i und Ŝi− = dˆi.
Mit diesem Mapping (Spin ↑ entspricht einem Teilchenpaar, Spin ↓ entspricht keinem
Teilchenpaar) zeigt sich die Äquivalenz der effektiven Dimer-Hamiltonians für maximal
ein Teilchenpaar pro Gitterplatz zum Spin 21 XXZ-Modell in einem homogenen Feld:
ĤXXZ = −J
X
hi,ji
Ŝi+ Ŝj− + ∆
X
hi,ji
Ŝiz Ŝjz + h
X
Ŝiz .
(2.79)
i
Dieses Spinmodell ist gut bekannt und studiert: sein Grundzustandsphasendiagramm bei
T = 0 wurde schon in den Sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts von C. N. Yang und C.
P. Yang analytisch berechnet [62, 63]. Dieses Wissen werden wir in Kapitel 4 ausnutzen,
um die Grundzustandsphasen der Dimermodelle zu charakterisieren.
Bei der Benennung der Phasen halten wir uns zwar an Bezeichnungen, die aus dem Spinmodell geläufig sind (siehe Abbildung 2.1), wir charakterisieren die Phasen im Folgenden
jedoch über die Tunnelrate J und die Nächste-Nachbar-Wechselwirkung W der effektiven
Dimermodelle [44]: Die XY-ferromagnetische Phase (XYF) wird durch attraktive NächsteNachbar-Wechselwirkung W = 2∆ charakterisiert. Die im Verhältnis zu W hohe Tunnelrate J sorgt aber dafür, dass die Phase von Tunnelprozessen dominiert wird. In der Isingferromagnetischen Phase (IF) sind die Wechselwirkungen ebenfalls attraktiv, hier dominieren sie jedoch über die Tunnelprozesse. Auf der rechten Seite des Phasendiagrammes
befinden sich die antiferromagnetischen Phasen, die sich durch repulsive Nächste-NachbarWechselwirkungen auszeichnen: In der Ising-antiferromagnetischen Phase (IAF) dominieren die Wechselwirkungen über die Tunnelprozesse, in der XY-antiferromagnetischen
Phase (XYAF) sind dagegen die Tunnelprozesse vorherrschend.
40
2.6 Effektiver Hamiltonian – Spin 1/2 XXZ-Modell
4
XYAF 1
IAF 1
IF 0
XYF 0
3
IAF
µ/W
2
IF
XYF
1
IAF 1/2
XYAF
IAF
0
IF 1
XYF 1
-1
IAF 0
XYAF 0
-2
-1
-0.5
0
0.5
1
|J|/W
Abb. 2.1: Phasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modells in einer Dimension bei T = 0. Die Phasengrenzen stammen aus der exakten Lösung des Modells im thermodynamischen Limes
von C. N. Yang und C. P. Yang [62, 63]. Für weitere Erläuterungen siehe Text.
Die Zahlen hinter den Abkürzungen der Phasenbezeichnungen geben die Füllung des
Gitters an: 1 bedeutet ein vollständig gefülltes Gitter, 0 ein leeres Gitter. Wo keine Zahl
angegeben ist, ist (abhängig vom chemischen Potential µ) eine beliebige Füllung zwischen
0 und 1 möglich.
Zwei Phasen sind noch gesondert zu erwähnen: in der IAF 1/2-Phase treten leere und
gefüllte Gitterplätze abwechselnd auf. Oberhalb des Grenzwertes J/W = 1/2 tritt diese
Phase nicht mehr auf. Und eine IF-Phase für Füllungen zwischen 0 und 1 tritt nur für
µ/V = 1 auf. Die Teilchen in dieser Phase bilden quasi-stabile Cluster (Anordnungen von
Teilchen auf benachbarten Gitterplätzen).
Außerdem ist noch zu bemerken, dass die effektiven Tunnelraten J je nach Art der Wechselwirkungen auch negativ werden können. In diesem Fall muss das Phasendiagramm um
die Ordinate gespiegelt werden, weshalb auf der Abszisse der Betrag der Tunnelrate, |J|,
aufgetragen ist.
41
Kapitel 3
Time Evolving Block Decimation
Während es mit klassischen Computern in vielen Fällen kaum möglich ist, die Dynamik
von Quantensystemen zu simulieren, da der betreffende Hilbertraum H und damit die
benötigten Rechenkapazitäten exponentiell mit der Systemgröße anwachsen, gibt es doch
auch interessante Quantensysteme, die effizient auf klassischem Weg simuliert werden
können.
Eine Möglichkeit dazu bietet der Algorithmus der Time Evolving Block Decimation, kurz
TEBD, nach der Idee von Guifré Vidal [54]. Dabei handelt es sich um eine Methode, die
eng verwandt ist mit der häufig genutzten zeitabhängigen Dichtematrixrenormierungsgruppe (DMRG).
Damit kann man endliche eindimensionale Ketten von Quantensystemen simulieren, die
nur von lokalen und Nächste-Nachbar-Operatoren bestimmt werden. Eine weitere Einschränkung ergibt sich dadurch, dass die Zustände als Matrixproduktzustände geschrieben werden. Damit das möglich ist, darf die Verschränkung eines Zustandes (die sich
beispielsweise durch die Entropie seiner Teilsysteme messen lässt) höchstens linear mit
der Größe des Systems wachsen [53].
Gerade eindimensionale Vielteilchensysteme mit kurzreichweitiger Wechselwirkungen sind
im Grundzustand nur schwach verschränkt [53]. Darum ist es möglich, mit dem TEBDAlgorithmus Grundzustände sowie die Dynamik solcher Vielteilchensysteme (wie z.B. das
Bose-Hubbard-Modell [55]) zu simulieren.
In diesem Kapitel soll zunächst in die Methode der Time Evolving Block Decimation
eingeführt werden (3.1). Diese Beschreibung orientiert sich am ersten Kapitel aus Dominik
Muths Diplomarbeit [36], das einen schönen Überblick über den Algorithmus bietet.
Es wird die Schmidt-Zerlegung eingeführt, die einen wichtigen Bestandteil der TEBD ausmacht (Abschnitt 3.1.1), sowie die Schreibweise von Matrixproduktzuständen (Abschnitt
3.1.2). Die Form der Matrixproduktzustände erweist sich als äußerst nützlich bei der effizienten Anwendung von Operatoren (Abschnitt 3.1.3). Weiterhin wird erklärt, warum
es mit dem Algorithmus in seiner Ausgangsform Probleme mit der Teilchenzahlerhaltung
geben kann und wie diese zu lösen sind (Abschnitt 3.1.4). Dann wird noch gezeigt, wie
Erwartungswerte berechnet werden können (Abschnitt 3.1.5).
Der zweite Teil des Kapitels (3.2) beinhaltet die Beschreibung der Zeitentwicklung eines
Zustandes – es wird gezeigt, wie die Dynamik eines Zustandes simuliert werden kann
(Abschnitt 3.2.1) und wie man Grundzustände erhält (Abschnitt 3.2.2).
Im letzten Teil dieses Kapitels (3.3) werden einige Details zu der hier verwendeten Implementierung des TEBD-Algorithmus erläutert.
43
Kapitel 3
Time Evolving Block Decimation
3.1 Methode
3.1.1 Schmidt-Zerlegung
Im Mittelpunkt des TEBD-Algorithmus steht die Schmidt-Zerlegung. Der Hilbertraum
H wird in ein Produkt aus zwei Hilberträumen Hl und Hr zerlegt mit den Dimensionen
dim Hl = n und dim Hr = m. Für den Fall eines eindimensionalen Quantensystems, das
hier betrachtet werden soll, zerteilt man dabei die Kette von Atomen im eindimensionalen
Gitter an einer frei wählbaren Stelle in zwei Teile.
Mit {|αil }α als Basis normierter Vektoren in Hl und {|γir }γ als Basis in Hr kann jeder
Zustand in H wie folgt geschrieben werden:
|Ψi =
n X
m
X
α=1 γ=1
Aαγ |αil |γir .
(3.1)
Die Matrix A ist dabei eine komplexe n × m Matrix. Der Satz der Singulärwertzerlegung
besagt, dass sich eine solche Matrix folgendermaßen schreiben lässt:
A = UDV †
(3.2)
mit einer unitären n × n Matrix U und der Adjungierten einer unitären m × m Matrix V .
D ist eine n×m Matrix, deren einzige Einträge auf ihrer Diagonalen liegen – sie enthalten
die Singulärwerte bzw. Schmidt-Koeffizienten λβ . Diese sind reell und größer oder gleich
Null. Die Anzahl χ̄ der λβ , die ungleich Null sind, nennt man Schmidt-Zahl. Für sie gilt
folgende Beschränkung:
χ̄ ≤ min(dim Hl , dim Hr ) .
(3.3)
Setzen wir die Matrix A in ihrer singulärwertzerlegten Form (3.2) in den Zustand (3.1)
ein, so erhalten wir die sogenannte Schmidt-Zerlegung des Zustands:
|Ψi =
χ̄
X
β=1
λβ |β̃il |β̃ir
(3.4)
mit den Schmidt-Vektoren
|β̃il =
dim
XHl
|β̃ir =
dim
Hr
X
α=1
Uαβ |αil
(3.5)
Vβγ |γil .
(3.6)
und
γ=1
Diese stellen einen orthonormalen Satz von χ̄ Vektoren in Hl bzw. Hr dar, sind aber im
Allgemeinen keine vollständige Basis, da normalerweise die Schmidt-Zahl χ̄ kleiner ist als
die Dimensionen der Hilbertunterräume Hl und Hr .
Die Norm des Zustands in der Schmidt-Zerlegung ist
hΨ|Ψi =
44
χ̄
X
β=1
λ2β .
(3.7)
3.1 Methode
Die Schmidt-Zahl χ̄ hat noch eine interessante Eigenschaft: sie liefert ein Maß für die
Verschränkung des Zustands. Nur wenn χ̄ = 1, so ist der Zustand nicht verschränkt
und damit separabel: er lässt sich dann als einfaches Produkt zweier Zustände aus den
Hilbertunterräumen Hl und Hr schreiben.
Wie noch zu sehen sein wird, wird in den numerischen Simulationen nur eine bestimmte
Anzahl der Schmidt-Koeffizienten verwendet, nämlich stets die χ größten λβ . Solange
jedoch die Summe der vernachlässigten λ2β klein gegenüber Eins ist, ist
|Ψi =
χ
X
β=1
λβ |β̃il |β̃ir
(3.8)
eine gute Näherung des exakten Zustandes (3.4).
3.1.2 Matrixproduktzustand
Wir gehen nun von dem System eines eindimensionalen optischen Gitters aus, das aus
L Gitterplätzen besteht. Der Hilbertraum dieses Systems kann als Tensorprodukt der L
Gitterplatz-Unterräume geschrieben werden:
H=
L
O
n=1
H[n]
(3.9)
Jeder Unterraum H[n] hat die lokale Dimension d (zur Vereinfachung sei sie für alle Unterräume gleich), was so zu verstehen ist, dass jeder Gitterplatz mit maximal d − 1 Teilchen
besetzt werden kann.
Dann sieht der Vielteilchenzustand in lokaler Fock-Basis so aus:
|Ψi =
d
X
i1 ,...,iL =1
Fi1 ...iL |i1 i . . . |iL i .
(3.10)
Wir erhalten den Zustand in seiner Matrixproduktzustandsform, wenn wir die Koeffizienten Fi1 ...iL in Form eines Matrixproduktes schreiben, was allgemein möglich ist [39],
Fi1 ...iL =
χ̄
X
α0 ,...,αL =1
[1]i1 [1] [2]i2 [2]
[L−1] [L]iL
[L]
λ[0]
α0 Γα0 α1 λα1 Γα1 α2 λα2 · · · λαL−1 ΓαL−1 αL λαL .
(3.11)
Die λ sind hier Tensoren erster Stufe, die jeweils χ̄ Werte enthalten. Die Γ dagegen sind
Tensoren dritter Stufe und beinhalten jeweils χ̄2 d Einträge.
Die in eckigen Klammern angegebenen Indizes benennen die Zugehörigkeit zu einem Gitterplatz (für die Γ) bzw. die jeweilige Zerlegungsstelle (für die λ).
Mit dieser Schreibweise hat der Vielteilchenzustand zu jeder beliebigen Schnittstelle die
Form einer Schmidt-Zerlegung. Für eine Teilung des Gitters zwischen den Gitterplätzen
m und m + 1 sieht die Schmidt-Zerlegung wie folgt aus:
|Ψi =
χ̄
X
αm =1
[1...m]
|αm i[m+1...L]
λ[m]
αm |αm i
(3.12)
45
Kapitel 3
Time Evolving Block Decimation
mit den Schmidt-Koeffizienten λ[m]
αm und den Schmidt-Vektoren
|αm i[1...m] :=
|αm i[m+1...L] :=
χ̄
X
d
X
[1]i1
[m−1] [m]im
λ[0]
α0 Γα0 α1 . . . λαm−1 Γαm−1 αm |i1 i|i2 i . . . |im i ,
α0 ,α1 ... i1 ,i2 ...
αm−1 =1 im =1
χ̄
d
X
X
αm+1 ,αm+2 im+1 ,im+2
...αL =1
...iL =1
(3.13)
m+1 [m+1]
Γα[m+1]i
λαm+1 . . .
m αm+1
[L]
L
. . . Γ[L]i
αL−1 αL λαL |im+1 i|im+2 i . . . |iL i .
(3.14)
Wir nennen diese Darstellung eines Zustands die kanonische Darstellung. Eine solche
lässt sich zu jedem Zustand erstellen, indem man eine schrittweise Schmidt-Zerlegung
durchführt. Die beiden λ an den Rändern des Gitters werden dabei zusätzlich eingeführt,
um die Notation und auch die Implementierung zu vereinfachen und zu vereinheitlichen.
[L]
Für sie gilt immer λ[0]
α = λα = δα1 .
Für einen Produktzustand |Ψi = |φ[1] i|φ[2] i . . . |φ[L] i, der in unseren Rechnungen stets als
Anfangszustand gewählt wird, können die einzelnen Einträge der λ und Γ ganz einfach
wie folgt gesetzt werden, um den Zustand in der gewünschten Matrixproduktschreibweise
zu erhalten:
λ[m]
α = δα1 ,
[m]i
Γαβ
= δα1 δβ1 hi|φ
(3.15)
[m]
i.
(3.16)
Bislang wurde hier keinerlei Näherung vorgenommen. Was man jedoch sehen kann ist,
dass die benötigte Schmidt-Zahl χ̄ für eine exakte Darstellung exponentiell mit der Größe
des Systems anwächst, sie kann nämlich maximal dL/2 werden. Wegen der enormen Speicheranforderungen an einen klassischen Computer wäre diese Matrixproduktdarstellung
also nicht effizienter als die Darstellung in der Fock-Basis. Dieses Problem lösen wir dadurch, dass wir eine Zahl χ wählen, und an jeder Schnittstelle der Schmidt-Zerlegung nur
die χ größten Einträge der λ mitnehmen – alle anderen setzen wir Null. Damit erreichen
wir eine Reduzierung des Speicherbedarfs auf die Ordnung Lχ2 d. Danach müssen wir die
λ natürlich renormieren, um die Norm des Zustands zu erhalten.
3.1.3 Operatoren
Wenn wir nun einen Zustand |Ψi in der oben beschriebenen Weise in Form eines Matrixproduktzustandes geschrieben haben, so wollen wir nun auch unitäre Operatoren Ô darauf
anwenden können. Der TEBD-Algorithmus gibt dafür eine Anleitung, wie auf effiziente
Art und Weise der neue Zustand Ô |Ψi berechnet werden kann, so dass er abermals die
geforderte Form eines Matrixproduktzustandes hat.
Typische Operatoren, die bei der Berechnung von Grundzuständen und der Simulation
von Dynamik vorkommen, sind einerseits lokale Operatoren, die nur auf einen Gitterplatz wirken, und andererseits Nächste-Nachbar-Operatoren, die auf zwei nebeneinander
liegende Gitterplätze angewendet werden.
Die Rechenregeln für die Anwendung dieser beiden Gruppen von Operatoren auf den
Matrixproduktzustand werden in den nächsten Abschnitten erläutert.
46
3.1 Methode
Lokale Operatoren
Zunächst soll die Wirkung eines lokalen Operators Ô untersucht werden. Dieser kann in
der Fock-Basis geschrieben werden als
Ô =
d
X
i,j=1
Oij |ii hj| .
(3.17)
Wir wollen ihn nun auf Gitterplatz m anwenden, also auf den Hilbertunterraum H[m] . Der
Zustand in der geeigneten Darstellung ist dann
|Ψi =
χ
X
d
X
αm−1 ,αm =1 im =1
[1...m−1]
[m]im
[m]
|im i |αm i[m+1...L]
λ[m−1]
αm−1 Γαm−1 αm λαm |αm−1 i
(3.18)
Nach Anwendung des lokalen Operators Ô auf Gitterplatz m erhalten wir
Ô |Ψi =
χ
X
d
X
αm−1 ,αm =1 im =1
[1...m−1]
[m]im
[m]
λ[m−1]
|im i |αm i[m+1...L]
αm−1 Γ̃αm−1 αm λαm |αm−1 i
(3.19)
Man sieht sofort, dass der neue Zustand Ô |Ψi die gleiche Form hat wie der alte Zustand
|Ψi – er hat also nach wie vor die Form eines Matrixproduktzustandes. Das einzige, was
sich geändert hat, ist eine einzelne der Γ-Matrizen. Da die |αm−1 i[1...m−1] und |αm i[m+1...L]
orthonormale Sätze von Vektoren sind, ist es möglich, die neue Matrix Γ̃ durch einfache
Matrixmultiplikation zu berechnen:
m
Γ̃[m]i
αm−1 αm =
d
X
Oim j Γ[m]j
αm−1 αm .
(3.20)
j=1
Nächste-Nachbar-Operatoren
Ein wenig komplizierter wird die Anwendung eines Nächste-Nachbar-Operators, also eines
Operators, der auf zwei benachbarte Gitterplätze wirkt. Dieser lässt sich in der Fock-Basis
wie folgt schreiben:
Ô =
d
X
i,j,k,l=1
ij
Okl
|iji hkl| .
(3.21)
Er soll nun auf die Gitterplätze m und m + 1 angewendet werden, also auf den Hilbertunterraum H[m] ⊗ H[m+1] . Dafür ist es hilfreich, den Zustand |Ψi auf folgende Weise zu
schreiben:
|Ψi =
χ
χ
d X
X
X
[m]i [m] [m+1]j [m+1]
λγ
λ[m−1]
Γαβ λβ Γβγ
α
α,γ=1 i,j=1 β=1
|
=:
{z
Θiα
jγ
|αi[1...m−1] |ii |ji |γi[m+2...L] .
(3.22)
}
Durch eine Anwendung von Ô auf diesen Zustand ändert sich nun nur der Teil, der in der
obigen Gleichung (3.22) als Θiα
jγ bezeichnet wird. Es handelt sich dabei um eine Matrix
47
Kapitel 3
Time Evolving Block Decimation
der Größe (dχ⊗dχ). Das neue Θ̃iα
jγ kann auch hier wieder durch eine Matrixmultiplikation
berechnet werden:
Θ̃iα
jγ =
d
X
ij kα
Okl
Θlγ .
(3.23)
k,l=1
Auch Θ̃iα
jγ ist eine (dχ ⊗ dχ)-Matrix. Um den neuen Zustand wieder auf die ursprüngliche
Form eines Matrixproduktzustandes mit den einzelnen λ und Γ zu bringen, muss die
Matrix Θ̃iα
jγ mit Hilfe der Singulärwertzerlegung nach Gleichung (3.2) aufgeteilt werden,
Θ̃iα
jγ =
dχ
X
[m]i
[m]
[m+1]j [m+1]
λγ
λ[m−1]
Γ̃αβ λ̃β Γ̃βγ
α
β=1 |
{z
=U
} |{z} |
=D
{z
= V†
.
(3.24)
}
Traten vorher maximal χ Singulärwerte auf (die nicht-verschwindenden Einträge der Matrix λ[m] ), so enthält D nun bis zu χd nicht-verschwindende Einträge. Das bedeutet, dass
durch die Nächste-Nachbar-Operation Verschränkung erzeugt werden kann.
Da das neue λ̃[m] wieder nur χ Werte enthalten soll, werden von den Singulärwerten aus
D nur die χ größten behalten (sowie die zugehörigen Einträge der Matrizen U und V † ),
alle anderen vernachlässigt.
Damit trotzdem die Norm des Zustands erhalten ist, muss λ̃[m] renormiert werden,
λ′α = s
λα
χ
P
i=1
.
(3.25)
λ2α
3.1.4 Teilchenzahlerhaltung
Selbst wenn der Hamilton-Operator Ĥ des betrachteten Systems mit dem Gesamtteilchenzahloperator N̂ vertauscht, also die Gesamtteilchenzahl N erhalten sein sollte, kann
es durch numerische Fehler sowie durch das Vernachlässigen der kleinen Singulärwerte nach jeder Anwendung eines Nächste-Nachbar-Operators dazu kommen, dass sich die
Teilchenzahl innerhalb des Systems im Laufe der Rechnung verändert. Dies kann günstig
sein, wenn man einen Grundzustand mit unbekannter Teilchenzahl zu einem bestimmten
festgelegten chemischen Potential µ berechnen möchte. Oft möchte man aber lieber zu
Beginn eine Teilchenzahl N festlegen, die dann während der Rechnung konstant bleiben
soll (z.B. wenn es um die Dynamik eines Zustandes geht).
Hier wird nun beschrieben, wie man den TEBD-Algorithmus erweitern kann, so dass eine konstante Teilchenzahl als zusätzliche Randbedingung über die komplette Rechnung
mitgeführt wird. Dabei zeigt sich, dass hiermit der Rechenaufwand um einiges reduziert
werden kann – der gesamte Fock-Raum wird auf den Unterraum zu einer festen Teilchenzahl beschränkt.
Die Erweiterung betrifft dabei insbesondere den Teil des Algorithmus, der die Anwendung
von Nächste-Nachbar-Operatoren implementiert. Die hier beschriebene Methode geht auf
eine Idee von Daley zurück [10] und orientiert sich eng an [36].
Wir beginnen mit der Voraussetzung, dass der Zustand |Ψi ein Eigenzustand des Gesamtteilchenzahloperators N̂ ist, mit dem Eigenwert N ∈ N,
N̂ =
L
X
i=1
48
n̂m .
(3.26)
3.1 Methode
Der Teilchenzahloperator n̂m , der auf Gitterplatz m wirkt, lässt sich in Fock-Basis schreiben als
n̂m =
d−1
X
l=0
l |li[m] hl|[m] .
(3.27)
Damit die Gesamtteilchenzahl eines Zustands |Ψi in kanonischer Darstellung erhalten ist,
müssen die Schmidt-Vektoren für eine Zerlegung an beliebiger Stelle Eigenzustände der
Teilchenzahl in den betreffenden Hilbertunterräumen sein. Zusätzlich muss die Summe der
Eigenwerte zweier zusammengehörender Schmidt-Vektoren wieder die Gesamtteilchenzahl
N sein.
o
n
anWas bedeutet das nun konkret? Es können immer natürliche Zahlen nα[m+1...L]
m
αm
gegeben werden, die jeweils für die Teilchenzahl im rechten Hilbertunterraum Hr einer
Schmidt-Zerlegung am Gitterplatz m stehen, also für die Teilchenzahl zu den SchmidtVektoren |αm i[m+1...L] . Die zugehörige Teilchenzahl im linken Hilbertunterraum Hl (zu
den Schmidt-Vektoren |αm i[1...m] ) ergibt sich aus der Gesamtteilchenzahlerhaltung:
n[1...m]
= N − n[m+1...L]
.
αm
αm
(3.28)
Wird nun ein Nächste-Nachbar-Operator auf die Plätze m und m + 1 angewendet, so kön[m+1...L]
nen sich die nβ
verändern, und man muss betrachten welche neuen Teilchenzahlen
[m+1...L]
ñβ
hier möglich sind. Dabei sind einige Beschränkungen zu beachten. Zum einen
müssen die Werte stets zwischen Null und N liegen, und zum anderen dürfen höchstens
so viele Teilchen verschoben werden, wie den Gitterplatz besetzen (also maximal d − 1),
damit die Teilchenzahl an einem Gitterplatz nie negativ wird. In Formeln ausgedrückt
bedeutet dies
[m+1...L]
max 0, min(nβ
β
[m+1...L]
) − (d − 1) ≤ ñβ
≤ min
[m+1...L]
max(nβ
)
β
+ (d − 1), N .
(3.29)
Für jedes β müssen als nächstes innerhalb des durch (3.29) vorgegebenen Wertebereichs
Quadrupel von {i, α, j, γ} gefunden werden, die die Gleichung
[m+1...L]
ñβ
= n[m...L]
− i = n[m+2...L]
+j
α
γ
(3.30)
erfüllen; im Allgemeinen gibt es dafür weniger als (χd)2 Kombinationen.
Diese Quadrupel {i, α, j, γ} geben uns diejenigen Einträge von Θ̃iα
jγ (siehe Gleichungen
(3.22) und (3.23)), die ungleich Null sein können, wenn die Gesamtteilchenzahl N erhalten
bleiben soll. Alle weiteren Einträge können also gleich Null gesetzt werden.
Der nächste Schritt besteht dann darin, Θ̃ durch Vertauschen von Zeilen und Spalten
in Blockform zu bringen, und zwar so, dass jedem Block eine bestimmte Teilchenzahl ñl
zuzuordnen ist, wobei die ñl natürlich innerhalb der von (3.29) vorgegebenen Grenzen
liegen. Die Blöcke werden z.B. nach aufsteigender Teilchenzahl ñl sortiert. Sie sind nicht
unbedingt quadratisch.
Die nun folgende Singulärwertzerlegung kann jetzt für jeden Block einzeln durchgeführt
werden – damit sinkt der Rechenaufwand erheblich. Auch ist es möglich, die Singulärwertzerlegungen für die einzelnen Blöcke zu parallelisieren, so dass die Rechnung deutlich
effizienter wird.
49
Kapitel 3
Time Evolving Block Decimation
[m]
Gleichzeitig zum Speichern der (χ größten) Singulärwerte als neue λ̃β müssen jetzt auch
[m+1...L]
die zugehörigen möglichen Teilchenzahlen ñβ
abgespeichert werden.
Auf ähnliche Weise ist es auch möglich, andere Symmetrien (wie z.B. die Erhaltung von
Spin, etc.) in den Algorithmus zu integrieren.
3.1.5 Erwartungswerte
Da über Gleichung (3.11) jederzeit eine Rücktransformation des Zustandes in die FockBasis erfolgen kann, wäre es prinzipiell möglich, beliebige Erwartungswerte von Operatoren zu berechnen. Allerdings stellt sich hier wieder die Frage nach der Effizienz – in der
Fock-Basis, in der die Anzahl der Zustände exponentiell mit der Systemgröße wächst, ist
die Berechnung von Erwartungswerten jedenfalls nicht effizient.
Es zeigt sich jedoch, dass man Erwartungswerte von lokalen Operatoren oder von Produkten von lokalen Operatoren in der kanonischen Darstellung mit vergleichsweise geringem
Rechenaufwand erhalten kann.
Wir beginnen damit, das Skalarprodukt zweier Zustände
|Φi =
χ
d
X
X
λ̃β0 Γ̃β0 β11 . . . Γ̃βL−1L βL λ̃βL |j1 , . . . , jL i
(3.31)
χ
d
X
X
[1]i1
[L]iL
[L]
λ[0]
α0 Γα0 α1 . . . ΓαL−1 αL λαL |i1 , . . . , iL i
(3.32)
jm =1 βm =1
[0] [1]j
[L]j
[L]
und
|Ψi =
im =1 αm =1
in kanonischer Darstellung zu betrachten (der Überstrich bezeichnet jeweils die komplex
konjugierte Matrix):
hΦ|Ψi =
χ
X
[0]
λ̃β0 λ[0]
α0
χ
X
d
X
[1]j
[1]
1
Γ̃β0 β11 Γα[1]i
λ̃ λ[1] . . .
0 α1 β1 α1
α1 ,β1 =1 i1 ,j1 =1
α0 ,β0 =1
···
χ
X
d
X
[L]j
[L]
[L]
L
Γ̃βL−1L βL Γ[L]i
αL−1 αL λ̃βL λαL . (3.33)
αL ,βL =1 iL ,jL =1
Es erweist sich als nützlich, folgende Schreibweise einzuführen (mit dem beliebigen lokalen Operator Ô), mit der wir die im Skalarprodukt auftauchenden (χ2 × χ2 ) Matrizen
definieren:
n
[m]
MΨΦ (Ô)
n
oαβ
γε
o
[m] αβ
lΨΦ
γε
:=
d
X
[m]j
Γ̃βε Oij Γ[m]i
αγ ,
(3.34)
i,j=1
[m]
:= λ̃β λ[m]
α δαγ δβε .
(3.35)
Das Skalarprodukt lässt sich nun in kürzerer Form schreiben:
n
[0]
[1]
[1]
[2]
[L−1]
[L]
[L]
hΦ|Ψi = lΦΨ MΦΨ (Ê)lΦΨ MΦΨ (Ê) . . . lΦΨ MΦΨ (Ê)lΦΨ
wobei Ê der Einheitsoperator ist.
50
o11
11
,
(3.36)
3.1 Methode
Für den Fall, dass |Ψi = |Φi, können die unteren Indizes der l[m] und M [m] weggelassen werden. Wegen der Orthonormalität der |αm i[1...m] und |αm i[m+1...L] gelten folgende
Beziehungen:
n
n
l[0] M [1] (Ê)l[1] M [2] (Ê) . . . l[m−1] M [m] (Ê)
M [m] (Ê)l[m] M [m+1] (Ê) . . . l[L−1] M [L] (Ê)l
o11
γε
oαβ
[L]
11
= δγε ,
(3.37)
= δαβ .
(3.38)
Erwartungswerte lokaler Operatoren
Für die Berechnung von Erwartungswerten lokaler Operatoren erhalten wir nun
n
hΨ|Ô|Ψi = l[0] M [1] (Ê) . . . l[m−1] M [m] (Ô)l[m] . . . l[L−1] M [L] (Ê)l[L]
o11
11
.
(3.39)
Unter Ausnutzung von (3.37) und (3.38) kann dies stark vereinfacht werden zu
hΨ|Ô|Ψi =
=
χ
X
n
δαβ l[m−1] M [m] (Ô)l[m]
α,β,γ,ε=1
χ
d
X
X
2 [m]j
oαβ
γε
(3.40)
δγε
2
[m]
λ[m−1]
.
Γαγ Oij Γ[m]i
α
αγ λγ
(3.41)
α,γ=1 i,j=1
Erwartungswerte für Produkte lokaler Operatoren
Auf gleiche Weise lassen sich dann die Erwartungswerte zu Produkten lokaler Operatoren,
die auf die Gitterplätze m bis n wirken, berechnen:
hΨ|Ô [m] Ô [m+1] . . . Ô [n] |Ψi
=
χ
X
α,β,γ,ε=1
n
δαβ l[m−1] M [m] (Ô [m] )l[m] . . . l[n−1] M [n] (Ô [n])l[n]
oαβ
γε
δγε . (3.42)
Es handelt sich dabei um eine Hintereinanderausführung von einfachen Matrixmultiplikationen.
Auch Korrelationen zwischen den Gitterplätzen m und n lassen sich so berechnen:
hΨ| Ô [m] Ê [m+1] Ê [m+2] · · · Ê [n−1] Ô [n] |Ψi .
(3.43)
Da der Rechenaufwand recht hoch ist für diese Matrixmultiplikationen (die Matrizen
haben jeweils eine Größe von χ2 × χ2 ), ist es sinnvoll, sowohl die Matrizen selbst, als auch
bereits berechnete Produkte zwischenzuspeichern und wieder zu benutzen, wenn mehrere
Erwartungswerte hintereinander berechnet werden sollen.
Erwartungswerte für beliebige Operatoren, die sich nicht als Produkt lokaler Operatoren
schreiben lassen, sind deutlich aufwändiger zu ermitteln, da der Operator erst in eine Summe solcher Produkte zerlegt werden und der Erwartungswert dann für jeden Summanden
einzeln berechnet werden muss.
51
Kapitel 3
Time Evolving Block Decimation
3.2 Zeitentwicklung
3.2.1 Dynamik
Mit Hilfe des TEBD-Algorithmus kann auch die Zeitentwicklung eines eindimensionalen
Systems, das durch den Hamiltonoperator Ĥ beschrieben wird, berechnet werden.
Wir wählen einen Anfangszustand |Ψ(t0 )i, der in kanonischer Darstellung gegeben ist. Zu
berechnen ist nun, wie dieser Zustand sich in einer gewissen Zeit t entwickelt – wir suchen
also
|Ψ(t)i = Ûtt0 |Ψ(t0 )i
(3.44)
mit dem Zeitentwicklungsoperator Ûtt0 .
Damit wir die Zeitentwicklung berechnen können, müssen wir zunächst einige Bedingungen an den Hamiltonian Ĥ stellen, sowie einige Näherungen anwenden.
Wir beginnen mit der Annahme, dass sich der Hamilton-Operator als stückweise zeitunabhängig approximieren lässt. Dann kann man Ûtt0 schreiben als
T
Y
Ûtt0 =
i
Ûtti−1
=
i=1
T
Y
i
e− ℏ (ti −ti−1 )Ĥi ,
(3.45)
i=1
wobei Ĥi := Ĥ(t) = const für ti−1 < t < ti .
i
In diesem Fall genügt es, Operatoren der Form Û = e− ℏ tĤi zu betrachten. Dann ist es
möglich, Û in kleine Zeitschritte zu zerlegen – bislang ist alles exakt, es wurden keine
weiteren Näherungen angewendet:
− ℏi tĤi
Û = e
− ℏi ∆tĤi
= e
t
∆t
.
(3.46)
Eine Bedingung für die Zerlegbarkeit ist nun, dass der Hamilton-Operator aus einer Summe von Nächste-Nachbar-Operatoren besteht und sich damit als
Ĥ =
L−1
X
(3.47)
Ĥm
m=1
schreiben lässt, wobei Ĥm ein Operator ist, der auf die Gitterplätze m und m + 1 wirkt,
also im Hilbertunterraum H[m] ⊗ H[m+1] . Dafür dürfen der erste und letzte Platz des
Gitters nicht gekoppelt sein – wodurch eine einfache Anwendung des Algorithmus auf
periodische Randbedingungen so zunächst nicht möglich ist.
Zusätzlich müssen die Ĥm miteinander vertauschen, für alle Gitterplätze, die nicht direkt
nebeneinander liegen:
h
i
Ĥm , Ĥn = 0
∀ m 6= n ± 1 .
(3.48)
Unter diesen Voraussetzungen suchen wir nun eine Möglichkeit, Û zu zerlegen. Dafür
bieten sich etwa Trotter-Zerlegungen an. Hierbei ist Folgendes zu überlegen: man kann
einerseits eine Trotter-Zerlegung zweiter Ordnung in ∆t verwenden, die nicht allzu viele
Terme enthält. Diese hat aber den Nachteil, dass man nur mit sehr kleinen Zeitschritten
rechnen kann. Um also eine Entwicklung über längere Zeit zu berechnen, werden sehr viele
52
3.2 Zeitentwicklung
Durchläufe gebraucht, die viel Rechenzeit erfordern, und während derer sich numerische
Fehler aufsummieren können. Trotter-Zerlegungen größerer Ordnungen dagegen werden
immer komplizierter und enthalten immer mehr Einzelterme. Als eine Art Kompromiss
soll hier eine Trotter-Zerlegung vierter Ordnung verwendet werden, um Û zu zerlegen.
Genauer gesagt handelt es sich dabei um die folgende Zerlegung, die in [49] zu finden ist.
Sie hat gegenüber anderen möglichen Trotter-Zerlegungen vierter Ordnung den Vorteil
eines möglichst kleinen restlichen Fehlers:
Û = (1)T (1)(1)T (−2)(1)T (0)(1)T (0)(1)T (0)(1)T (1)×
× (1)T (1)(0)T (1)(0)T (1)(0)T (1)(−2)T (1)(1)T (1)
+ O(∆t5 ) .
(3.49)
Dabei stehen (x) und (x)T für:
i x∆t
Ĥ1
12
(x) = e− ℏ
i x∆t
Ĥ2
12
e− ℏ
ĤL−1
− ℏi x∆t
12
(x)T = e
i x∆t
ĤL−1
12
· · · e− ℏ
− ℏi x∆t
ĤL−2
12
e
,
− ℏi x∆t
Ĥ1
12
···e
,
x = −2, 0, 1 ,
x = −2, 0, 1 .
(3.50)
(3.51)
Wie man sieht, tauchen einerseits einfache Zeitschritte ∆t auf, andererseits aber auch negative Zeitschritte −2∆t. Solche negativen Zeitschritte gibt es in allen Trotter-Zerlegungen
ab der dritten Ordnung [48].
Um die Orthogonalität der Schmidt-Vektoren zu erhalten, müssen aufeinanderfolgende
Operationen immer auf nebeneinander liegende Gitterplätze ausgeführt werden. Um dies
zu erreichen, führen wir die zusätzlichen Einheitsoperatoren (0) ein.
Die hier beschriebene Methode zur Berechnung der Zeitentwicklung |Ψ(t)i = Ûtt0 |Ψ(t0 )i
ist natürlich nur eine gute Näherung, solange der Zustand des Systems nicht zu stark verschränkt ist. Wächst die Verschränkung nämlich während der Zeitentwicklungsrechnung
stark an, so werden in jedem der Rechenschritte nicht mehr vernachlässigbare SchmidtKoeffizienten abgeschnitten. Damit ein solcher Fehler nicht auftritt, muss während der
Zeitentwicklung immer wieder die Verschränkung überprüft werden.
3.2.2 Imaginärzeitentwicklung, Grundzustand
Bei eindimensionalen Systemen mit kurzreichweitiger Wechselwirkung ist der Grundzustand nur schwach verschränkt. Um ihn zu berechnen, kann man eine Zeitentwicklung mit
imaginärer Zeit τ durchführen. Für τ → ∞ erhält man den Grundzustand
Ĥ
|ΨGr i = lim
τ →∞
e−τ ℏ |Ψ(τ = 0)i
−τ Ĥ
e ℏ |Ψ(τ
=
0)i
.
(3.52)
Warum diese Relation gilt, lässt sich verstehen, wenn man sich die Entwicklung des Zustands hΨGr | Ψ(τ = 0)i in Energieeigenzuständen anschaut: alle Koeffizienten außer cGr
fallen exponentiell mit τ ab, so dass für τ → ∞ genau der Grundzustand übrig bleibt.
Dieses Verfahren funktioniert, solange der gewählte Anfangszustand |Ψ(τ = 0)i einen
nicht verschwindenden Überlapp mit dem Grundzustand |ΨGr i hat: hΨGr | Ψ(τ = 0)i =
6 0.
Da das orthogonale Komplement von |ΨGr i eine Nullmenge ist, kann man quasi einen beliebigen Anfangszustand wählen. Um den TEBD-Algorithmus anwenden zu können, bietet
53
Kapitel 3
Time Evolving Block Decimation
es sich dabei an, einen Produktzustand als Anfangszustand zu wählen, dessen kanonische
Darstellung einfach zu ermitteln ist.
Eine Normierung muss hier nicht explizit durchgeführt werden, da der Algorithmus den
Zustand ohnehin nach jedem Zwischenschritt renormiert.
Allerdings gibt es folgendes Problem bei der Imaginärzeitentwicklung: Die Operatoren
Ĥm
e−∆τ ℏ sind nicht mehr unitär, was eigentlich eine Voraussetzung dafür war, dass die
Zeitentwicklung mit dem TEBD-Algorithmus funktioniert, wie in Abschnitt (3.2.1) beschrieben.
Dieses Problem verschwindet allerdings dadurch, dass die Imaginärzeitentwicklung kontrahierend ist – auftretende Fehler verschwinden bei weiterer Anwendung das Algorithmus
wieder. Zudem gilt, dass für sehr kleine Zeitschritte die Operatoren fast unitär sind, da
sie näherungsweise dem Einheitsoperator Ê entsprechen. Dadurch wird es möglich, die
Imaginärzeit zunächst mit relativ großen Zeitschritten zu beginnen, und dann nach und
nach zu kleineren Zeitschritten überzugehen. Damit minimieren sich die Fehler.
3.3 Implementierung
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein Code implementiert, dessen Aufgabe es ist, mit
Hilfe des in den letzten Abschnitten geschilderten Time Evolving Block DecimationAlgorithmus Grundzustände und Dynamik von eindimensionalen Quantensystemen (z.B.
repulsiv gebundene Teilchenpaare in einem eindimensionalen optischen Gitter) sowie verschiedene Korrelationen zu berechnen.
Der Code wurde in der Programmiersprache C geschrieben. Er gliedert sich in mehrere
Dateien und umfasst insgesamt (inklusive Kommentaren) rund 7000 Zeilen. Die MainFunktion für die Berechnung der Zeitentwicklungen ist in einer eigenen Datei enthalten (tebd_main.c), ebenso wie die Main-Funktion für die Berechnung von Korrelationen
(corr_main.c). Beide greifen während des Programmablaufs auf Funktionen zurück, die
in weiteren Dateien enthalten sind.
Die für die Matrixproduktdarstellung der Zustände benötigten λ- und Γ-Matrizen werden
in Form von Arrays gespeichert. Die L + 1 λ-Matrizen enthalten jeweils χ Werte (L ist
die Anzahl der Gitterplätze, χ die festgelegte Schmidt-Zahl), die stets reell sind. Die L
Γ-Matrizen haben jeweils χ2 d Einträge, die entweder reell sind (für die Imaginärzeitentwicklung) oder komplex (für die Realzeitentwicklung).
Für die Singulärwertzerlegung und einige andere Rechnungen (wie die Berechnung von
Eigenwerten und ähnlichem) werden einige LAPACK-Routinen verwendet (Linear Algebra
PACKage, [31]).
Das Programm selbst wird über die Kommandozeile gestartet. Mit verschiedenen Optionen kann der Benutzer festlegen, was berechnet werden soll. So kann er entscheiden, ob
eine Real- oder eine Imaginärzeitentwicklung durchgeführt werden soll, ob mit konstanter
Teilchenzahl gerechnet werden soll, und wie die Anfangsbedingungen aussehen sollen (z.B.
eine zufällige Verteilung von Teilchen im Gitter oder eine vorgegebene). Es gibt auch die
Möglichkeit, ältere Rechnungen fortzusetzen, indem die bei einem früheren Durchlauf des
Programms erstellten Daten in das Programm eingelesen werden.
Bevor eine Rechnung mit dem Programm durchgeführt wird, sollten zunächst verschiedene
Parameter (wie Tunnelraten, Wechselwirkungen, Größe des Gitters, Gittertiefe, Größe der
Zeitschritte, etc.) angepasst werden. Diese Werte können jederzeit verändert werden, es
54
3.3 Implementierung
ist jedoch zu beachten, dass nach einer Änderung das Programm neu kompiliert werden
muss.
Während einer Rechnung werden in regelmäßigen Abständen die Erwartungswerte des
Teilchenzahloperators n̂ berechnet, in Dateien geschrieben, und zusätzlich mit dem Programm gnuplot graphisch dargestellt, so dass jederzeit direkt auf dem Bildschirm mitverfolgt werden kann, wie der Stand der Rechnungen ist.
Außerdem werden auch die λ und Γ (sowie die zugehörigen Teilchenzahlen n, falls mit
konstanter Teilchenzahl gerechnet wird) regelmäßig in Dateien geschrieben, so dass eine
spätere Wiederaufnahme der Rechnungen immer möglich ist. Dies kann z.B. nötig sein,
wenn man für die Imaginärzeitentwicklung die Anzahl der Zeitschritte zu klein gewählt
hat, so dass keine Konvergenz eintritt. Oder aber man möchte den Zeitraum für die
Dynamik-Rechnung vergrößern.
Im Falle der Imaginärzeitentwicklung besteht die Möglichkeit, den Code solange laufen zu
lassen, bis ein zuvor festgelegtes Konvergenzkriterium erreicht ist oder alternativ eine maximale Anzahl von Zeitschritten überschritten wird. Als Konvergenzkriterium dienen hier
die (absoluten) Differenzen zwischen den Teilchenzahl-Erwartungswerten vor und nach
dem letzten Zeitschritt. Ihre Summe darf eine zuvor festgelegte Größe nicht überschreiten.
Ein zweites Programm benutzt die TEBD-Methode, um Korrelationen zu berechnen. Dafür werden die λ und Γ des Zustandes, der betrachtet werden soll, eingelesen. Dann
werden je nach angegebener Option entweder Ein-Teilchen-Korrelationen oder DichteDichte-Korrelationen zum mittleren Gitterplatz berechnet. Oder es können die DichteDichte-Korrelationen paarweise zwischen allen Gitterplätzen berechnet werden.
Der Code kann prinzipiell auf einem normalen Desktop-Computer laufen. Es ist allerdings zu beachten, dass relativ viel Arbeitsspeicher benötigt wird, und außerdem ist eine
Einbindung der LAPACK-Bibliothek erforderlich.
Die Rechnungen, deren Ergebnisse in den folgenden Kapiteln dargestellt werden, wurden
alle auf einem handelsüblichen Desktop-Computer mit vier CPUs und einem Arbeitsspeicher von 8 GB durchgeführt. Als Betriebssystem wurde Linux verwendet.
55
Kapitel 4
Grundzustände
Dieses Kapitel behandelt die Grundzustände, die mit der Imaginärzeitentwicklung des
Time Evolving Block Decimation-Codes berechnet wurden, die im letzten Kapitel (siehe
Abschnitt (3.2.2)) beschrieben wurde.
Im ersten Teil (Abschnitt 4.1) werden zunächst einige Tests geschildert, die die Verlässlichkeit der Implementierung zeigen sollen. Der weitere Verlauf des Kapitels geht dann auf die
effektiven Dimermodelle ein, die in Kapitel 2 hergeleitet wurden. Genauer geht es um jene
Form der Teilchenpaarmodelle, die auf maximal einen Dimer pro Gitterplatz beschränkt
ist, so dass sich die Hamiltonians auf das Spin 1/2 XXZ-Modell abbilden lassen. In Abschnitt 4.2 wird noch einmal das Phasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modells betrachtet,
im Hinblick auf die Frage, welche der Phasen mit den effektiven Dimermodellen erreicht
werden können. Es folgen die simulierten Grundzustände für verschiedene Parameter und
Teilchenzahlen (Abschnitt 4.3), und zuletzt werden zur weiteren Charakterisierung der unterschiedlichen Phasen noch Dichte-Dichte- sowie Ein-Teilchen-Korrelationen betrachtet
(Abschnitt 4.4).
4.1 Test des implementierten Codes
Zuerst musste der frisch implementierte Code getestet werden, indem damit Grundzustände für bestimmte Systeme mit bestimmten Parametern berechnet wurden, die sich
mit bereits bekannten analytischen Ergebnissen vergleichen lassen. Die beiden in den
folgenden Unterabschnitten beschriebenen Beispiele zeigen jeweils sehr gute Übereinstimmungen zwischen dem TEBD-Ergebnis und der Vergleichsrechnung.
4.1.1 Wedding Cake-Struktur eines inhomogenen Bosegases
Der erste Test bezieht sich auf ein Bosegas, das sich in einem eindimensionalen optischen Gitter mit L Gitterplätzen und einer zusätzlichen harmonischen Falle befindet –
siehe Abb. 4.1. Dieses System wird durch den Bose-Hubbard-Hamiltonian beschrieben.
Durch das harmonische Fallenpotential V (x) ergibt sich ein effektives chemisches Potential µeff (x) = µ − V (x), so dass man bei hinreichend starkem Potential V (x) und
geeignet gewähltem J/U erwartet, dass im Grundzustand mehrere Mott-Isolator-Phasen
und dazwischen superfluide Bereiche auftauchen (siehe dazu das Phasendiagramm des
eindimensionalen Bose-Hubbard-Modells, Abb. 1.2 auf Seite 11) – eine Struktur, deren
Dichteprofil an eine Hochzeitstorte (englisch: wedding cake) erinnert.
57
Kapitel 4
Grundzustände
Abb. 4.1: Teilchen in einem optischen Gitter und harmonischer Falle. Auf den mittleren Gitterplätzen und weiter am Rand sind die Mott-Isolator-Phasen zu sehen (rot) mit zwei
bzw. einem Teilchen pro Gitterplatz, sowie unbesetzte Gitterplätze am Rand. Dazwischen
liegen superfluide Phasen vor, in der die Anzahl der Teilchen fluktuieren kann (blau).
Der Bose-Hubbard-Hamiltonian wurde für die Imaginärzeitentwicklung in der Form
ĤBH = −J
L−1
X
â†i âi+1
+
i=1
â†i+1 âi
+
L X
U
i=1
2
n̂i (n̂i − 1) + Vi n̂i − µn̂i
(4.1)
implementiert, mit der Tunnelrate J, der lokalen Wechselwirkung U und dem chemischen
Potential µ.
Das Fallenpotential Vi am Gitterplatz i wird definiert über
Vi = V0
L+1
i−
2
2
.
(4.2)
Es handelt sich dabei also um ein harmonisches Potential, dessen Minimum sich in der
Mitte des Gitters befindet.
Für die Berechnung des Grundzustands wurde die Dimension des lokalen Hilbertraums
auf d = 3 gesetzt, es sind also maximal 2 Teilchen pro Gitterplatz erlaubt. Ansonsten
wurde mit J/U = 0.045 und µ = 1.35, sowie V0 = 0.01 gerechnet.
Plottet man nach Anwendung der Imaginärzeitentwicklung mit dem TEBD-Code den
Teilchenzahl-Erwartungswert als Funktion des Gitterplatzes, so erhält man die erwartete
Wedding Cake-Struktur (Abb. 4.2): in der Mitte des Gitters (Gitterplätze 12-20) befindet
man sich in der Mott-Isolator-Phase mit N = 2 Teilchen pro Gitterplatz. Die Fluktuation
der Teilchenzahl hn̂2i i − hn̂i i2 (schwarze Linie) verschwindet hier. Weiter außen (etwa auf
den Gitterplätzen 9-11 und 21-23) kommt eine superfluide Phase – diese wird charakterisiert durch deutlich erhöhte Teilchenzahlfluktuation. Noch weiter außen gibt es eine
weitere Mott-Isolator-Phase (Gitterplätze 5-8 und 24-27), hier mit N = 1 Teilchen pro
Gitterplatz. Auch hier verschwindet die Fluktuation der Teilchenzahl nahezu. Etwa zwischen den Gitterplätzen 4 und 5 bzw. 27 und 28 folgt dann wieder eine superfluide Phase
mit leicht erhöhter Teilchenzahlfluktuation. Zum Vergleich dieser Ergebnisse wurden die
aus Störungstheorie dritter Ordnung gewonnenen Phasengrenzen aus der Arbeit von Jim
K. Freericks und Hartmut Monien [15] herangezogen (gestrichelte Linien in Abb. 4.2).
Es zeigt sich dabei eine gute Übereinstimmung, was die Vorhersage der Phasengrenzen
angeht.
58
4.1 Test des implementierten Codes
TEBD-Simulation
Fluktuationen
Teilchenzahl-Erwartungswert hn̂i i
2
1.5
1
0.5
0
1
6
11
16
21
26
31
Gitterplatz i
Abb. 4.2: Wedding Cake-Struktur des Teilchenzahl-Erwartungswerts für ein Bosegas in einem
eindimensionalen Gitter und harmonischer Falle. Deutlich erkennbar sind verschiedene
Mott-Isolator-Phasen (etwa Gitterplätze 5-8, 12-20 und 24-27), getrennt durch superfluide
Phasen (etwa Gitterplätze 4-5, 9-12, 20-23 und 27-28). Die superfluiden Phasen weisen
erhöhte Fluktuationen der Teilchenzahl hn̂2i i − hn̂i i2 auf (schwarze Linie). Die gepunkteten blauen Linien markieren die Phasengrenzen, die sich aus Störungsrechnung dritter
Ordnung ergeben [15].
4.1.2 Bosegas geringer Dichte
Für einen weiteren Test des Codes wurde der Grundzustand für ein Bosegas geringer Dichte betrachtet. Wieder liegt ein eindimensionales optisches Gitter vor und zusätzlich eine
harmonische Falle. Diesmal werden jedoch nur sehr wenige Teilchen auf das Gitter verteilt.
In diesem Fall kann man zeigen, dass das System einem diskretisierten kontinuierlichen
Bosegas äquivalent ist [45].
Im homogenen Fall, also ohne ein Fallenpotential, kann das Modell eines eindimensionalen kontinuierlichen Bosegases mit δ-Wechselwirkung analytisch exakt gelöst werden, wie
Elliott H. Lieb und Werner Liniger bereits 1963 gezeigt haben [33]. Die Lösung über den
Bethe-Ansatz liefert die Dichte des Grundzustands.
Fügt man nun ein Fallenpotential hinzu, so ist das System nicht mehr analytisch exakt
lösbar. Hier kann man sich aber der lokalen Dichtenäherung bedienen: dabei verwendet
man die exakte Lösung für den homogenen Fall, ersetzt dort aber das chemische Potential µ durch ein effektives, ortsabhängiges Potential µeff (x), das das Fallenpotential V (x)
miteinbezieht, µeff (x) = µ − V (x).
Diskretisiert man dieses soweit noch kontinuierliche Modell, indem man es auf ein Gitter
mit Gitterabstand ∆x abbildet, so führt dies zu einem Hamiltonian, der von der Form
des Bose-Hubbard-Hamiltonians ist [45]. Für den Grenzfall ∆x ≪ ρ−1 , wobei ρ die Dichte
des Bosegases ist, sind der diskrete und der kontinuierliche Hamiltonian äquivalent.
Die hier verwendeten Systemparameter sind J/U = 0.5, µ = −137 und V0 = 0.00347.
In Abbildung (4.3) vergleichen wir nun die Ergebnisse für das Dichteprofil des Grundzustands (Teilchenzahl-Erwartungswert als Funktion des Gitterplatzes), das mit der Imaginärzeitentwicklung der TEBD berechnet wurde, mit der durch den Bethe-Ansatz erhalte-
59
Kapitel 4
Grundzustände
TEBD-Simulation
kontinuierliche Rechnung
Teilchenzahl-Erwartungswert hn̂i i
0.14
0.12
0.1
0.08
0.06
0.04
0.02
0
1
11
21
31
41
51
61
71
81
91
101
111
121
Gitterplatz i
Abb. 4.3: Bosegas geringer Dichte in einem eindimensionalen Gitter und harmonischer Falle.
Neben der TEBD-Simulation des Grundzustands (rote Linie) ist die exakte Lösung des
kontinuierlichen Systems durch den Bethe-Ansatz mit lokaler Dichtenäherung geplottet
(blaue gepunktete Linie) [45].
nen kontinuierlichen Lösung nach Lieb und Liniger mit lokaler Dichtenäherung. Man sieht,
dass die beiden Rechnungen sehr gut übereinstimmen. Lediglich am Rand der Falle gibt
es leichte Abweichungen. Außerdem sind in der TEBD-Rechnung Friedel-Oszillationen
des Teilchenzahl-Erwartungswertes sichtbar – diese kommen von der endlichen Anzahl
der Teilchen im System und können von der Lieb-Liniger-Lösung nicht wiedergegeben
werden, da diese im thermodynamischen Limes berechnet wurde.
4.2 Grundzustandsphasendiagramm des Spin 1/2
XXZ-Modells
Nach den positiv verlaufenen Tests der TEBD-Implementierung wollen wir uns nun wieder
den effektiven Dimermodellen zuwenden. Wie bereits gezeigt (Abschnitt 2.6), können
die Dimer-Hamiltonians für maximal ein Teilchenpaar pro Gitterplatz auf das Spin 1/2
XXZ-Modell abgebildet werden – Spin ↑ entspricht dann einem Dimer, Spin ↓ entspricht
keinem Dimer. Für dieses Spinmodell lässt sich das Phasendiagramm des Grundzustands
bei T = 0 analytisch berechnen, wie C. N. Yang und C. P. Yang gezeigt haben [62, 63].
Das Phasendiagramm weist vier verschiedene Phasen auf – entsprechend dem Spinbild
nennen wir sie XY-Ferromagnet (XYF), Ising-Ferromagnet (IF), Ising-Antiferromagnet
(IAF) und XY-Antiferromagnet (siehe auch Abb. 2.1).
Die Ising-Phasen kann man sich auch im Dimerbild leicht anschaulich machen: In der IFPhase gibt es aufgrund der attraktiven Nächste-Nachbar-Wechselwirkung W < 0 (analog
zu den Weissschen Bezirken im Spinbild) Bereiche mit Dimeren (sogenannte Cluster) und
Bereiche leerer Gitterplätze. In der Ising-antiferromagnetischen Phase “wollen” die Dimere
wegen der repulsiven Wechselwirkung W > 0 nicht auf benachbarten Gitterplätzen sitzen,
was im Falle eines halbgefüllten Gitters dazu führt, dass genau jeder zweite Gitterplatz
60
4.2 Grundzustandsphasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modells
besetzt ist. Für die XY-Phasen ist eine Übersetzung ins Dimerbild weniger anschaulich
– sie werden über die Ein-Teilchen-Korrelationen hdˆ†i dˆj i charakterisiert. Man kann sie
sich etwa als Superpositionen aller möglichen Zustände zur jeweiligen Wechselwirkung W
vorstellen.
Die Frage, die sich nun stellt, ist: Können mit den effektiven Dimermodellen für bestimmte
Wahl der Parameter (Tunnelraten und Wechselwirkungen) alle vier Phasen erreicht werden? Dazu müsste es möglich sein, jedes beliebige Verhältnis der effektiven Tunnelraten
J und der effektiven Nächste-Nachbar-Wechselwirkung W “einzustellen”.
Betrachten wir noch einmal die einzelnen Systeme in Hinblick auf die Vorfaktoren der
Dimer-Hamiltonians,
(0,1)
Ĥeff
= −J
X
W X
dˆ†i dˆj +
m̂i m̂j + U
m̂i .
2 hi,ji
i
hi,ji
X
(4.3)
Eine Bosonensorte
Für das System einkomponentiger Bosonen gelten die effektiven Parameter J = −2JB2 /UB
und W = −16JB2 /UB (siehe auch Gleichung (2.44)). Damit ist deren Verhältnis gegeben
durch
1
J
=± .
(4.4)
W
8
Dies gilt völlig unabhängig von den Werten von JB und UB . Das bedeutet, dass man
in diesem Fall nur zwei Phasen erreichen kann, nämlich die Ising-antiferromagnetische
Phase (für J > 0, also attraktive Wechselwirkung UB < 0 zwischen den Bosonen) und die
Ising-ferromagnetische Phase (für J < 0, also repulsive Wechselwirkung UB > 0).
Fermionen
Für die fermionischen Dimere sieht es ähnlich aus. Hier ist J = −2JF2 /VF und W =
−4JF2 /VF (siehe Gleichung (2.55)). Also ist auch hier für beliebige Werte von JF und VF
ein festes Verhältnis gegeben:
J
1
=±
W
2
(4.5)
Damit ist für J > 0 (attraktive Wechselwirkung VF < 0 zwischen den Fermionen) genau
die Grenze zwischen der Ising- und der XY-antiferromagnetischen Phase zu erreichen,
bzw. für J < 0 (repulsive Wechselwirkung VF > 0 zwischen den Fermionen) die Grenze
zwischen der Ising- und der XY-ferromagnetischen Phase. Der Hamiltonian der fermionischen Dimere ist hier also dem isotropen Heisenbergmodell äquivalent.
Mischung aus zwei Bosonensorten
Flexibler bezüglich der Werte für J/W ist die Boson-Boson-Mischung: die effektiven Parameter sind hier J = −2J1 J2 /V und W = −2[2(J12 /U1 + J22 /U2 ) + (J12 + J22 )/V ] (siehe
Gleichung (2.66)). Das Verhältnis
J
= J2
W
2 U11 +
J1 J2
V
J22
U2
+
J12 +J22
V
(4.6)
61
Kapitel 4
Grundzustände
ist jetzt also sowohl von den Tunnelraten J1 und J2 abhängig als auch von den Wechselwirkungen U1 , U2 und V .
Um diesen Ausdruck etwas zu vereinfachen, schreiben wir die Tunnelrate der einen Bosonensorte relativ zur Tunnelrate der zweiten Bosonensorte, J2 = xJ1 . Außerdem definieren
wir die beiden relativen Wechselwirkungen u1 := U1 /V und u2 := U2 /V . Damit können
wir J/W folgendermaßen schreiben:
J
=
W
2
u1
+
2x2
u2
x
.
+ 1 + x2
(4.7)
Jetzt wollen wir die Phasengrenzen als Funktionen von u1 , u2 und x bestimmen. Da wir
uns insbesondere für repulsive Wechselwirkungen V > 0 interessieren, beschränken wir uns
nun auf diesen Fall. Eine analoge Herleitung der Phasengrenzen für attraktiv gebundene
Teilchenpaare ist mit V = −|V | möglich.
Für die repulsiv gebundenen Dimere ist J < 0 und wir erhalten ein zusätzliches Minus,
das bei der Betrachtung des Phasendiagramms beachtet werden muss, J → −J (siehe
Abschnitt 2.6).
Wir führen noch die Schreibweise j := J/W ein, dann wird Gleichung (4.7) nach u2
aufgelöst, und man erhält
u2 = −
2ju1 x2
.
2j + (j + x + x2 j)u1
(4.8)
Nun können die Werte der Phasengrenzen für j = J/W eingesetzt werden. Man gelangt
dann zu folgenden Gleichungen, die jeweils die relative lokale Wechselwirkung u2 = U2 /V
als Funktion der relativen lokalen Wechselwirkung u1 = U1 /V und der Relation zwischen
den Tunnelraten x = J2 /J1 angeben:
U2
V XYF,IF
U2
V IF,IAF
U2
V IAF,XYAF
U2
V XYAF,XYF
x2 u1
=
,
−1 + (x − 0.5 − 0.5x2 )u1
= 0,
x2 u1
,
=−
1 + (x + 0.5 + 0.5x2 )u1
2x2 u1
=−
.
2 + (1 + x2 )u1
(4.9)
(4.10)
(4.11)
(4.12)
Die Phasengrenzen sind in den folgenden beiden Abbildungen 4.4(a) und (b) eingezeichnet. Man kann sehen, dass sie sich in Abhängigkeit von der relativen Tunnelrate x = J2 /J1
verschieben. In (a) sind die Phasengrenzen für gleiche Tunnelraten der beiden Bosonensorten dargestellt, und in (b) für unterschiedliche Tunnelraten, J1 = 4J2 .
Mischung aus Bosonen und Fermionen
Auch für die Boson-Fermion-Mischung ist das Verhältnis J/W abhängig von den einzelnen
Parametern JB , JF , UB und VBF . Wir haben als effektive Tunnelrate J = −2JB JF /VBF
und als Nächste-Nachbar-Wechselwirkung W = −2[2JB2 /U + (JB2 + JF2 )/V ] (siehe Gleichung (2.73)). Damit ist das Verhältnis
J
=
W
62
2
2JB
UB
JB JF
VBF
J 2 +J 2
+ BVBF F
.
(4.13)
4.2 Grundzustandsphasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modells
2
5
0.
−
J/W = 0
U2 /V
IF
IF
J →∞
XYF
XYAF
-1
-2
IF
-3
XYF
-4
-4
-4
-3
-2
-1
0
1
J/W = 0.5
-2
-3
IAF
J/W = 0
XYAF
IAF
XYF
XYAF
J→∞
0
IAF
J/W = 0.5
-1
IF
U2 /V
0
IF
1
0.5
=−
=
1
XYAF
W
J /W
J/
XYF
IAF
XYAF
2
IAF
IF
XYF
IF
2
-4
-3
-2
-1
U1 /V
0
1
2
U1 /V
(a) J1 = J2
(b) J1 = 4J2
Abb. 4.4: Phasengrenzen für repulsiv gebundene Paare aus zwei Bosonensorten.
0.5
IAF
J/W
J/W
1
IAF
0.5
XYAF
XYAF
1
0
0
IF
IF
-0.5
IF
-0.5
XYF
XYF
-1
-1
-4
-3
-2
-1
UB /VBF
(a) JB = JF
0
1
-4
-3
-2
-1
0
1
UB /VBF
(b) JB = 5JF
Abb. 4.5: Phasengrenzen für repulsiv gebundene Paare aus Bosonen und Fermionen.
Wie schon bei der Boson-Boson-Mischung schreiben wir die eine Tunnelrate relativ zur
anderen, JF = xJB , und definieren u := UB /VBF . Außerdem wollen wir auch hier wieder
repulsiv gebundene Teilchenpaare betrachten, also VBF > 0 und damit J < 0, was ein
zusätzliches Minuszeichen im Phasendiagramm ergibt (siehe Abschnitt 2.6). Dann kann
der Ausdruck für J/W vereinfacht werden zu
J
xu
=−
.
W
2 + (1 + x2 )u
(4.14)
Abhängig vom Verhältnis der Tunnelraten x = JF /JB verschieben sich die Werte-Bereiche
des Verhältnisses der Wechselwirkungen u = UB /VBF , um bestimmte Phasen des Grundzustandsphasendiagramms zu erreichen. Die beiden folgenden Abbildungen zeigen dies
anhand gleicher Tunnelraten für Bosonen und Fermionen (Abb. 4.5(a)), und einer höheren
Tunnelrate der Bosonen, JB = 5JF (Abb. 4.5(b)). Natürlich können auch die Phasengren-
63
Kapitel 4
Grundzustände
zen als kritische Werte von UB /VBF bestimmt werden, die als schwarze vertikale Linien
in den Abbildungen 4.5(a) und 4.5(b) eingezeichnet sind:
UB
VBF XYF,IF
UB
VBF IF,IAF
UB
VBF IAF,XYAF
UB
VBF XYAF,XYF
=
1
,
x − 0.5(1 + x2 )
= 0,
1
,
x + 0.5(1 + x2 )
2
.
=−
1 + x2
=−
(4.15)
(4.16)
(4.17)
(4.18)
Eine analoge Rechnung zur Ermittlung der Phasengrenzen kann auch für den Fall attraktiv gebundener Dimere betrachtet werden, mit VBF = −|VBF |.
4.3 Phasen der effektiven Dimermodelle im
Grundzustand
Wie im letzten Abschnitt (4.2) gezeigt wurde, ist es sowohl für den effektiven Hamiltonian
der Boson-Boson-Mischung als auch für den der Boson-Fermion-Mischung mit maximal
einem Dimer pro Gitterplatz möglich, die verschiedenen Tunnelraten und Wechselwirkungen jeweils so zu wählen, dass alle Phasen des Grundzustandsphasendiagramms des Spin
1/2 XXZ-Modells erreicht werden können.
Im Folgenden werden die Ergebnisse der Imaginärzeitentwicklung dargestellt, die unter Benutzung des effektiven Dimer-Hamiltonians für eine Boson-Boson-Mischung berechnet wurden. Die gleichen Ergebnisse lassen sich auch unter Verwendung des DimerHamiltonian für eine Boson-Fermion-Mischung erzielen. Die Simulationen wurden auf 99
Gitterplätzen durchgeführt, in die jeweils unterschiedlich viele Teilchenpaare gesetzt wurden. Die Randbedingungen entsprechen einem Kastenpotential.
Zusätzlich wurden weitere Simulationen in einer harmonischen Falle durchgeführt. Durch
das nun gitterplatzabhängige effektive chemische Potential werden hier vertikale Schnitte
durch das Phasendiagramm gezogen. Dabei wurde mit 201 Gitterplätzen gerechnet.
4.3.1 XY-ferromagnetische Phase
Betrachtet man die Dichteverteilung (den Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i als Funktion
des Gitterplatzes i) der XYF-Phase (hier für J/W = −0.74), so sieht man, dass sich
die Dimere gleichmäßig über das gesamte Gitter verteilen. In Abbildung 4.6 ist die Dichteverteilung für verschiedene Teilchenzahlen (N = 20, N = 40, N = 60 und N = 80)
dargestellt.
Bringt man die Dimere für ähnliche Parameter (J/W = −0.75) in eine harmonische Falle,
so kann man einen Schnitt quer durch die XY-ferromagnetische Phase erhalten. Durch
das zusätzliche Fallenpotential ergibt sich ein effektives chemisches Potential, das von
Gitterplatz zu Gitterplatz leicht variiert, µi,eff = µ − Vi . Das Ergebnis ist in Abbildung
4.7 zu sehen. Die eingezeichneten blauen Linien sind die Phasengrenzen, die dem Phasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modells entnommen wurden – sie stimmen sehr gut mit den
Ergebnissen der TEBD-Rechnung überein.
64
1
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
4.3 Phasen der effektiven Dimermodelle im Grundzustand
0.8
1
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0
90
10
20
30
Gitterplatz i
(a) N = 20
50
60
70
80
90
70
80
90
(b) N = 40
1
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
40
Gitterplatz i
0.8
1
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0
90
10
20
30
Gitterplatz i
40
50
60
Gitterplatz i
(c) N = 60
(d) N = 80
Abb. 4.6: XY-ferromagnetische Phase für verschiedene Teilchenzahlen, J/W = −0.74.
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
1
0.8
0.6
0.4
0.2
XYF 1
XYF
XYF
0
1
21
41
61
81
101
121
141
161
181
201
Gitterplatz i
Abb. 4.7: Schnitt durch die XY-ferromagnetische Phase bei J/W = −0.75. In blau sind die
Phasengrenzen eingezeichnet, die aus dem Phasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modell
erwartet werden.
65
Kapitel 4
Grundzustände
4.3.2 Ising-ferromagnetische Phase
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
In der IF-Phase erwartet man für ein Spinsystem, dass sich im Grundzustand abwechselnd
Bereiche mit Spin ↑ und Spin ↓ ausbilden, bedingt durch die Anisotropie der Spin-SpinWechselwirkungen. Diese Bereiche sind nichts anderes als die Weissschen Bezirke eines
Ising-Magnets. Übersetzt in unser Teilchenbild würde das bedeuten, dass sich Cluster von
Dimeren bilden, also nebeneinanderliegende gefüllte Gitterplätze, die von leeren Gitterplätzen getrennt werden. Grund für die Clusterbildung ist die attraktive Nächste-NachbarWechselwirkung, die in dieser Phase die Tunnelrate J dominiert. Je nach der zufälligen
Verteilung von Dimeren zu Beginn der Rechnung sollte sich eine zufällige Konfiguration
von Clustern im eindimensionalen Gitter bilden. Genau das lässt sich auch in den Ergebnissen der TEBD-Imaginärzeitentwicklung beobachten: in den Abbildungen 4.8 sind zwei
zufällige Grundzustände für unterschiedliche Teilchenzahlen (N = 40 und N = 60) zu
sehen, jeweils für J/W = −0.22.
1
0.8
1
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0
90
Gitterplatz i
(a) N = 40
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Gitterplatz i
(b) N = 60
Abb. 4.8: Ising-ferromagnetische Phase für verschiedene Teilchenzahlen, J/W = −0.22.
4.3.3 Ising-antiferromagnetische Phase
Die IAF-Phase unterteilt sich je nach Anzahl der Dimere im Gitter (bzw. der Größe
des chemischen Potentials µ) in unterschiedliche Gebiete. Für genau halbe Füllung (in
unserem Fall sind das N = 50 Dimere auf 99 Gitterplätzen), wird die IAF 1/2-Phase
erreicht. Im Spinbild erwartet man hier immer abwechselnd einen Spin ↑, einen Spin ↓.
Im Teilchenbild sollte also jeder zweite Gitterplatz besetzt sein, die übrigen Gitterplätze
dagegen leer. Dies ist auch im Dichteprofil der TEBD-Simulation bei J/W = 0.27 gut zu
erkennen, siehe Abbildung 4.9(a).
Gibt man einzelne Dimere zusätzlich in das Gitter (bzw. erhöht das chemische Potential µ
leicht), so führt dies zu Dichtewellen-Modulationen – siehe Abbildung 4.9(b). Die Anzahl
der Knoten spiegelt dabei die (doppelte) Anzahl der zusätzlichen Dimere wieder.
Füllt man deutlich mehr oder weniger Dimere in das Gitter, als für halbe Füllung benötigt werden, so erhält man für J/W = 0.27 den Grundzustand der IAF-Phase. Aufgrund
der starken repulsiven Nächste-Nachbar-Wechselwirkung zeigt sich noch leicht der antiferromagnetische Charakter dieser Phase, allerdings kommt dieser hier nicht so stark zur
66
1
1
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
4.3 Phasen der effektiven Dimermodelle im Grundzustand
0.5
0.8
N = 51
0
1
0.5
0.6
N = 52
0
1
0.4
0.5
N = 53
0
1
0.2
0.5
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
N = 54
0
10
Gitterplatz i
20
30
40
50
60
Gitterplatz i
70
80
90
(b) IAF, N = 51 bis N = 54
(a) IAF 1/2, N = 50
1
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Abb. 4.9: Ising-antiferromagnetische Phase für (a) halbe Füllung, sowie für (b) einige Teilchen
über der halben Füllung. Anhand der Knoten lässt sich die (doppelte) Anzahl der zusätzlichen Dimer im Gitter ablesen.
0.8
1
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0
90
10
20
30
Gitterplatz i
(a) N = 20
50
60
70
80
90
70
80
90
(b) N = 40
1
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
40
Gitterplatz i
0.8
1
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0
10
20
30
40
50
60
Gitterplatz i
(c) N = 60
70
80
90
0
10
20
30
40
50
60
Gitterplatz i
(d) N = 80
Abb. 4.10: Ising-antiferromagnetische Phase für verschiedene Teilchenzahlen, J/W = 0.27.
67
Kapitel 4
Grundzustände
Geltung, da das Gitter zu wenig bzw. zu stark gefüllt ist. Das Ergebnis sieht man für
verschiedene Teilchenzahlen in Abbildung 4.10.
Auch für diese Phase wurden die Dimere in eine harmonische Falle gesetzt, so dass das gitterplatzabhängige effektive chemische Potential dafür sorgt, dass man einen Schnitt durch
die komplette Phase erhält – siehe Abbildung 4.11. Deutlich zeigen sich die inkompressiblen Phasen bei kompletter Füllung (in der Mitte des Gitters), sowie die beiden IAF 1/2
Phasen. Getrennt sind diese inkompressiblen Phasen von kompressiblen Bereichen. Die
Phasengrenzen (blaue Linien) wurden zum Vergleich wieder aus dem Phasendiagramm
des Spin 1/2 XXZ-Modells abgelesen. Auch hier zeigt sich eine gute Übereinstimmung.
0.8
0.6
0.2
IAF
0
1
21
IAF
41
IAF
IAF 1
61
81
101
121
141
IAF 1/2
0.4
IAF 1/2
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
1
161
IAF
181
201
Gitterplatz i
Abb. 4.11: Schnitt durch die Ising-antiferromagnetische Phase bei J/W = 0.25. Die blauen
Phasengrenzen sind dem Phasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modell entnommen.
4.3.4 XY-antiferromagnetische Phase
Die Rechnungen für die XYAF-Phase wurden bei J/W = 0.74 für verschiedene Teilchenzahlen durchgeführt – die Ergebnisse sind in Abbildung 4.12 dargestellt.
Genau wie in der IAF-Phase sind es auch hier die Ränder des Gitters, die für das Sichtbarwerden einer antiferromagnetischen Struktur in der Dichteverteilung sorgen, die man
in der XYAF-Phase eigentlich nicht erwartet. Da das Gitter mit 99 Gitterplätzen aber
nicht allzu groß ist, zeigen die Grundzustandssimulationen für die XYAF-Phase durch den
Einfluss des Randes eine sehr ähnliche oszillierende Struktur wie bei der IAF-Phase (also
korrespondierend zu einer Ŝ z -Ordnung), nur mit deutlich kleinerer Amplitude. Im thermodynamischen Limes wären solche Oszillationen in der Dichteverteilung nicht vorhanden.
Mit einem zusätzlichen Fallenpotential (hier für J/W = 0.6) können wir wieder einen
Schnitt durch die XYAF-Phase erhalten (Abbildung 4.13). Der deutliche Unterschied zur
IAF-Phase zeigt sich durch das Fehlen der inkompressiblen IAF-Phasen. Natürlich wurden
auch für diesen Fall die Phasengrenzen dem Phasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modells
entnommen – wieder zeigt sich eine gute Übereinstimmung.
68
1
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
4.3 Phasen der effektiven Dimermodelle im Grundzustand
0.8
1
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0
90
10
20
30
40
Gitterplatz i
(a) N = 20
60
70
80
90
70
80
90
(b) N = 40
1
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
50
Gitterplatz i
0.8
1
0.8
0.6
0.6
0.4
0.4
0.2
0.2
0
10
20
30
40
50
60
70
80
0
90
10
20
30
40
Gitterplatz i
50
60
Gitterplatz i
(c) N = 60
(d) N = 80
Abb. 4.12: XY-antiferromagnetische Phase für verschiedene Teilchenzahlen, J/W = 0.74.
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i
1
0.8
0.6
0.4
0.2
XYAF 1
XYAF
XYAF
0
1
21
41
61
81
101
121
141
161
181
201
Gitterplatz i
Abb. 4.13: Schnitt durch die XY-antiferromagnetische Phase bei J/W = 0.6. Die blauen Phasengrenzen sind dem Phasendiagramm des Spin 1/2 XXZ-Modell entnommen.
69
Kapitel 4
Grundzustände
4.4 Korrelationen
Zur weiteren Charakterisierung der verschiedenen Phasen wurden nun noch Korrelationsfunktionen betrachtet. Damit soll untersucht werden, wie kurz- oder langreichweitig die
Dichte-Dichte- bzw. Ein-Teilchen-Korrelationen in den einzelnen Phasen sind. Um diese
Korrelationen zu erhalten benötigen wir Erwartungswerte, die mit der TEBD-Methode
berechnet werden können, wie in Abschnitt 3.1.5 beschrieben.
4.4.1 Dichte-Dichte-Korrelationen
Die Dichte-Dichte-Korrelationen hm̂i m̂j i −hm̂i ihm̂j i wurden für die verschiedenen Phasen
und unterschiedliche Teilchenzahlen jeweils in Bezug auf den mittleren Gitterplatz (in
unserem Fall j = 50) berechnet. Wir betrachten also die Korrelation hm̂i m̂50 i − hm̂i ihm̂50 i
für verschiedene Phasen und Dimerzahlen N. Die Ergebnisse sind in Abbildung 4.14 zu
finden.
Was lässt sich nun anhand dieser Dichte-Dichte-Korrelationen über die einzelnen Phasen
aussagen? In der IAF-Phase fällt auf, dass die Teilchenzahlfluktuation am mittleren Gitterplatz hm̂250 i − hm̂50 i2 im inkompressiblen Teil der Phase (bei halber Füllung) deutlich
kleiner ist als in den kompressiblen Teilen (vergleiche Abbildung 4.14(h) mit den weiteren
Graphen dieser Spalte). Weiterhin kann man sehen, dass für Dimerzahlen, die nicht allzu
weit von der halben Füllung entfernt sind (etwa N = 40 oder N = 60), der relative Abfall
der Korrelation ähnlich ist für IAF und IAF 1/2 – nur die absoluten Fluktuationen sind
eben in der inkompressiblen IAF 1/2-Phase deutlich kleiner, da dort die Dimere starr auf
ihren Gitterplätzen sitzen, während das System in der kompressiblen IAF-Phase etwas
“fluide” ist, also noch eher Bewegungen der Dimere zulässt.
Im Vergleich dazu fallen die Korrelationen in der XYAF-Phase deutlich schneller ab als
in der IAF-Phase. Das lässt sich verstehen durch die stärkere Wechselwirkung, die in der
IAF-Phase vorliegt: der Ort der Teilchen wird hier stärker fixiert, die Dimere versuchen
einander zu vermeiden.
Nur kurzreichweitig sind die Dichte-Dichte-Korrelationen in der XYF-Phase – sie erstrecken sich nur über einige wenige Gitterplätze. Das bedeutet, wenn sich ein Dimer auf
Gitterplatz i befindet, so ist mit einiger Wahrscheinlichkeit auch ein Dimer auf dem benachbarten Gitterplatz.
4.4.2 Ein-Teilchen-Korrelationen
Die zusätzlich berechneten Ein-Teilchen-Korrelationen ergeben sich aus der Ein-TeilchenDichtematrix hdˆ†i dˆj i. Sie entsprechen im Spinbild des XXZ-Modells den Spin-Spin-Korrelationen hŜi+ Ŝj− i. Auch hier betrachten wir die Korrelationen wieder zum mittleren Gitterplatz (j = 50), also hdˆ†i dˆ50 i. Wie die Dichte-Dichte-Korrelationen wurden auch die
Ein-Teilchen-Korrelationen für mehrere Phasen und verschiedene Dimerzahlen N berechnet. Die Ergebnisse dazu befinden sich in Abbildung 4.15.
Auch zu diesen Ein-Teilchen-Korrelationen wollen wir einige Bemerkungen machen. Beginnen wir mit einem Vergleich der beiden antiferromagnetischen Phasen: die XYAFPhase zeigt ein deutlich langreichweitigeres Verhalten. Das liegt an der (im Vergleich
zur IAF-Phase) schwächeren Wechselwirkung zwischen den Dimeren – die Ein-TeilchenKorrelation, man kann auch von Kohärenz sprechen, wird hier nicht zerstört. Dass die
70
4.4 Korrelationen
0.3
0.3
0.3
0.2
0.2
0.2
0.1
0.1
0.1
0
0
0
-0.1
-0.1
-0.1
-0.2
-0.2
10
20
30
40
50
60
70
80
90
-0.2
10
Dichte-Dichte-Korrelationen hm̂i m̂50 i − hm̂i ihm̂50 i
(a) XYF, N = 20
20
30
40
50
60
70
80
90
10
(b) IAF, N = 20
0.3
0.3
0.2
0.2
0.2
0.1
0.1
0.1
0
0
0
-0.1
-0.1
-0.1
-0.2
10
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
10
(e) IAF, N = 40
0.3
0.3
0.2
0.2
0.2
0.1
0.1
0.1
0
0
0
-0.1
-0.1
-0.1
-0.2
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
10
(h) IAF 1/2, N = 50
0.3
0.3
0.2
0.2
0.2
0.1
0.1
0.1
0
0
0
-0.1
-0.1
-0.1
-0.2
10
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
10
(k) IAF, N = 60
0.3
0.3
0.2
0.2
0.2
0.1
0.1
0.1
0
0
0
-0.1
-0.1
-0.1
-0.2
20
30
40
50
60
70
80
(m) XYF, N = 80
90
90
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
(l) XYAF, N = 60
0.3
10
80
-0.2
10
(j) XYF, N = 60
-0.2
70
(i) XYAF, N = 50
0.3
-0.2
60
-0.2
10
(g) XYF, N = 50
50
(f) XYAF, N = 40
0.3
10
40
-0.2
10
(d) XYF, N = 40
-0.2
30
(c) XYAF, N = 20
0.3
-0.2
20
-0.2
10
20
30
40
50
60
70
(n) IAF, N = 80
80
90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
(o) XYAF, N = 80
Gitterplatz i
Abb. 4.14: Dichte-Dichte-Korrelationen hm̂i m̂50 i−hm̂i ihm̂50 i der verschiedenen Phasen für mehrere Dimerzahlen N als Funktion des Gitterplatzes i. Im einzelnen: XYF bei J/W = −0.74,
IAF bei J/W = 0.27 und XYAF bei J/W = 0.74.
71
Kapitel 4
Grundzustände
0.8
0.8
0.8
0.6
0.6
0.6
0.4
0.4
0.4
0.2
0.2
0.2
0
0
0
-0.2
-0.2
-0.2
-0.4
-0.4
10
20
30
40
50
60
70
80
90
-0.4
10
Ein Teilchen-Korrelationen hdˆ†i dˆ50 i
(a) XYF, N = 20
20
30
40
50
60
70
80
90
10
(b) IAF, N = 20
0.8
0.8
0.6
0.6
0.6
0.4
0.4
0.4
0.2
0.2
0.2
0
0
0
-0.2
-0.2
-0.2
-0.4
10
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
10
(e) IAF, N = 40
0.8
0.8
0.6
0.6
0.6
0.4
0.4
0.4
0.2
0.2
0.2
0
0
0
-0.2
-0.2
-0.2
-0.4
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
10
(h) IAF 1/2, N = 50
0.8
0.8
0.6
0.6
0.6
0.4
0.4
0.4
0.2
0.2
0.2
0
0
0
-0.2
-0.2
-0.2
-0.4
-0.4
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
10
(k) IAF, N = 60
0.8
0.8
0.6
0.6
0.6
0.4
0.4
0.4
0.2
0.2
0.2
0
0
0
-0.2
-0.2
-0.2
-0.4
20
30
40
50
60
70
80
(m) XYF, N = 80
90
90
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
20
30
40
50
60
70
80
90
(l) XYAF, N = 60
0.8
10
80
-0.4
10
(j) XYF, N = 60
-0.4
70
(i) XYAF, N = 50
0.8
10
60
-0.4
10
(g) XYF, N = 50
50
(f) XYAF, N = 40
0.8
10
40
-0.4
10
(d) XYF, N = 40
-0.4
30
(c) XYAF, N = 20
0.8
-0.4
20
-0.4
10
20
30
40
50
60
70
(n) IAF, N = 80
80
90
10
20
30
40
50
60
70
80
90
(o) XYAF, N = 80
Gitterplatz i
Abb. 4.15: Ein-Teilchen-Korrelationen hdˆ†i dˆ50 i der verschiedenen Phasen für mehrere Teilchenzahlen als Funktion des Gitterplatzes i. Im einzelnen: XYF bei J/W = −0.74, IAF bei
J/W = 0.27 und XYAF bei J/W = 0.74.
72
4.4 Korrelationen
Korrelation trotzdem abfällt, ist ein Zeichen dafür, dass in einer Dimension keine echten
langreichweitigen Korrelationen auftreten. Im Gegenzug wird in der IAF-Phase durch die
stärkere Wechselwirkung die Korrelation zerstört, die damit schnell abfällt. Die geringste
Kohärenz liegt in der IAF 1/2-Phase vor (siehe Abbildung 4.15(h)).
In der XY-ferromagnetischen Phase kann man eine sehr langreichweitige (aber natürlich
nicht unendliche) Kohärenz erkennen – die Teilchen sind in dieser Phase über das Gitter delokalisiert. Nicht sofort erschließt sich hier das über den positiven und negativen
Zahlenbereich oszillierende Verhalten der Ein-Teilchen-Korrelation hdˆ†i dˆj i – man würde
dies auf den ersten Blick vielleicht nicht erwarten, da man solche Oszillationen eher mit
antiferromagnetischem Verhalten in Verbindung bringt.
Hier kommt aber ein wichtiger Unterschied “normaler”, einzelner Teilchen im Vergleich
zu den Dimeren zum Tragen. Bei einem Hamiltonian für einzelne Teilchen mit NächsteNachbar-Wechselwirkung taucht nämlich der Tunnelterm mit einem negativen Vorzeichen
auf (−J) [44], während er beim effektiven Hamiltonian für repulsiv gebundene Dimere
stets ein positives Vorzeichen hat. Daraus ergibt sich ein Unterschied bei der Abbildung
auf das Spin 1/2 XXZ-Modell, nämlich in Form eines zusätzlichen Faktors (−1)i , der beim
Mapping der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren b̂†i und b̂i auf Spinoperatoren im
Falle der normalen Teilchen auftaucht.
Genauso muss man, wenn man den Hamiltonian für einzelne Teilchen mit Nächste-Nachbar-Wechselwirkung auf das effektive Dimermodell (mit den Dimererzeugungs- und Vernichtungsoperatoren dˆ†i und dˆi ) abbilden will, folgendes Mapping verwenden: b̂i → (−1)i dˆi .
Dieser Vorfaktor (−1)i wirkt sich auch auf die Ein-Teilchen-Korrelationen aus, hb̂†i b̂j i →
(−1)i+j hdˆ†i dˆj i, nicht dagegen auf die Dichteverteilung oder die Dichte-Dichte-Korrelationen, da b̂†i b̂i = dˆ†i dˆi gilt.
Damit kann man zusammenfassen: treten für normale, einzelne Teilchen nicht-oszillierende
Ein-Teilchen-Korrelationen auf, so sind sie für die repulsiv gebundenen Dimere oszillierend
und umgekehrt. Die Oszillationen haben also nichts mit antiferromagnetischem Verhalten
zu tun, sondern treten durch das (im Vergleich zu normalen Teilchen andere) Vorzeichen
des Tunnelterms auf.
Physikalisch lässt sich das so interpretieren, dass das Energieband der repulsiv gebundenen
Dimere invertiert ist. Anders als bei normalen Teilchen liegt der Grundzustand hier also
nicht bei k = 0, sondern am Rand der Brillouin-Zone.
4.4.3 Ordnungsparameter
Im letzten Abschnitt dieses Kapitels widmen wir uns nun noch sogenannten Strukturfaktoren oder Ordnungsparametern. Im Spinbild würden diese die magnetische Ordnung zu
einem gegebenen Impuls p darstellen.
Wir definieren die Strukturfaktoren in der folgenden Weise als Fourier-Transformierte der
Dichte-Dichte- bzw. Ein-Teilchen-Korrelationen:
Gz (p) =
X
j
Gxy (p) =
hm̂j m̂50 ieipj
X
j
hdˆ†j dˆ50 ieipj
(4.19)
(4.20)
73
Kapitel 4
Grundzustände
3
3
3
2.5
2.5
2.5
2
2
2
1.5
1.5
1.5
1
1
1
0.5
0.5
0.5
0
0
0
10
20
30
40
50
0
0
(a) XYF, N = 20
20
30
40
50
0
(b) IAF, N = 20
3
3
3
2.5
2.5
2
2
2
1.5
1.5
1.5
1
1
1
0.5
0.5
0.5
0
0
10
20
30
40
50
10
20
30
40
50
0
(e) IAF, N = 40
3
3
3
2.5
2.5
2
2
2
1.5
1.5
1.5
1
1
1
0.5
0.5
0.5
0
10
20
30
40
50
10
20
30
40
50
0
(h) IAF 1/2, N = 50
3
3
3
2.5
2.5
2
2
2
1.5
1.5
1.5
1
1
1
0.5
0.5
0.5
0
0
20
30
40
50
10
20
30
40
50
0
(k) IAF, N = 60
3
3
3
2.5
2.5
2
2
2
1.5
1.5
1.5
1
1
1
0.5
0.5
0.5
0
10
20
30
40
(m) XYF, N = 80
50
20
30
40
50
10
20
30
40
50
10
20
30
40
50
(l) XYAF, N = 60
2.5
0
10
0
0
(j) XYF, N = 60
0
50
(i) XYAF, N = 50
2.5
10
40
0
0
(g) XYF, N = 50
0
30
(f) XYAF, N = 40
2.5
0
20
0
0
(d) XYF, N = 40
0
10
(c) XYAF, N = 20
2.5
0
Ordnungsparameter Gz (p)
10
0
0
10
20
30
40
50
(n) IAF, N = 80
0
10
20
30
40
50
(o) XYAF, N = 80
Ortsfrequenz f in Vielfachen von 2π
Abb. 4.16: Ordnungsparameter Gz (p) zu den Dichte-Dichte-Korrelationen hm̂†i m̂50 i der verschiedenen Phasen für mehrere Teilchenzahlen als Funktion der Ortsfrequenz f in Vielfachen
von 2π.
74
4.4 Korrelationen
11
5
5
4
4
3
3
2
2
1
1
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
0
10
20
30
40
50
0
0
(a) XYF, N = 20
10
20
30
40
50
0
(b) IAF, N = 20
11
10
20
30
40
50
(c) XYAF, N = 20
5
5
4
4
3
3
2
2
1
1
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
Ordnungsparameter Gxy (p)
0
10
20
30
40
50
0
0
(d) XYF, N = 40
10
20
30
40
50
0
(e) IAF, N = 40
11
10
20
30
40
50
(f) XYAF, N = 40
5
5
4
4
3
3
2
2
1
1
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
0
10
20
30
40
50
0
0
(g) XYF, N = 50
10
20
30
40
50
0
(h) IAF 1/2, N = 50
11
10
20
30
40
50
(i) XYAF, N = 50
5
5
4
4
3
3
2
2
1
1
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
0
10
20
30
40
50
0
0
(j) XYF, N = 60
10
20
30
40
50
0
(k) IAF, N = 60
11
10
20
30
40
50
(l) XYAF, N = 60
5
5
4
4
3
3
2
2
1
1
10
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
0
10
20
30
40
(m) XYF, N = 80
50
0
0
10
20
30
40
50
0
(n) IAF, N = 80
10
20
30
40
50
(o) XYAF, N = 80
Ortsfrequenz f in Vielfachen von 2π
Abb. 4.17: Strukturfaktoren Gxy (p) zu den Ein-Teilchen-Korrelationen hdˆ†i dˆ50 i der verschiedenen Phasen für mehrere Teilchenzahlen (Abb. 4.15) als Funktion der Ortsfrequenz f in
Vielfachen von 2π.
75
Kapitel 4
Grundzustände
Damit ergeben sich für die verschiedenen Phasen und unterschiedliche Teilchenzahlen die
Abbildungen 4.16 (Gz (p)) und 4.17 (Gxy (p)). In den Graphen sind jeweils die Ordnungsparameter als Funktion des Impulses p = 2πf dargestellt, wobei f die Ortsfrequenz ist. Zur
Charakterisierung der einzelnen Phasen konzentrieren wir uns nun auf die dominierenden
Ordnungsparameter, die jeweils gewissen Ortsfrequenzen zuzuordnen sind.
Beim z-Ordnungsparameter Gz (p) (Abb. 4.16) sieht man für die IAF 1/2-Phase (h), dass
die höchste Frequenz (und damit die Oszillation zwischen benachbarten Gitterplätzen)
dominierend ist. Vergleicht man dies mit der IAF-Phase außerhalb der halben Füllung,
so verschiebt sich dort zum einen die dominierende Frequenz – sie wird niedriger und
spiegelt damit auch die Oszillationen des Dichteprofils wieder (vergleiche etwa mit Abb.
4.10(a) für N = 20 oder (d) für N = 80 Teilchen). Die niedrigere Frequenz bedeutet,
dass hier Oszillationen zwischen weiter auseinander liegenden Gitterplätzen stattfinden.
Außerdem nimmt die Amplitude der Peaks mit zu- bzw. abnehmender Füllung deutlich
ab. Noch kleiner werden die Peaks in der XYAF-Phase, was auch zu erwarten war, da
hier die z-Ordnung nicht die vorherrschende Ordnung ist.
Am kleinsten sind die Ordnungsparameter in der XYF-Phase. Das Fehlen einer dominierenden Frequenz zeigt an, dass diese Phase keine Signatur einer z-Ordnung besitzt.
Für den xy-Ordnungsparameter Gxy (p) (Abb. 4.17) sind dagegen, wie dies auch zu erwarten war, die dominierenden Frequenzen der XYAF-Phase deutlich ausgeprägter als die der
IAF-Phase. Am kleinsten ist die Amplitude der IAF-Phase bei halber Füllung (h). Mit
zu- bzw. abnehmender Füllung wächst der Peak dagegen wieder. Dies liegt daran, dass bei
halber Füllung die Dimere fest lokalisiert sind, während im übrigen Teil der IAF-Phase
Hüpfprozesse stattfinden können, so dass wir dort eine Überlagerung mehrerer möglicher
Zustände sehen.
Die besonders starke xy-Ordnung der XYF-Phase (man beachte die andere Skalierung
der Ordinate im Vergleich zu den anderen beiden Spalten) kann dadurch erklärt werden,
dass die Dimere hier eine größere Bewegungsfreiheit haben, da sie sich nicht abstoßen.
76
Kapitel 5
Dynamik
Nun wollen wir uns mit der Dynamik von Systemen repulsiv gebundener Dimere beschäftigen. Dazu wenden wir die Realzeitentwicklung des TEBD-Codes an, die in Abschnitt
3.2 beschrieben ist.
In diesem Kapitel wird (soweit nicht anders erwähnt) die Dynamik von einkomponentigen Bosonen betrachtet. Hier lassen sich die Ergebnisse von Simulationen mit dem effektiven Hamiltonian (siehe Gleichung (2.44)) mit Rechnungen vergleichen, die direkt mit
dem Bose-Hubbard-Hamiltonian durchgeführt wurden. Da der effektive Hamiltonian für
maximal einen Dimer pro Gitterplatz für alle betrachteten Systeme dieselbe Form hat
(Gleichung (2.75), sind die dargestellten Simulationen auch für die Teilchenmischungen
gültig.
Zunächst soll das Clusterverhalten einiger weniger repulsiv gebundener Dimere untersucht
werden, die in ein eindimensionales Gitter gesetzt werden (Abschnitt 5.1). Im Abschnitt
5.2 werden Rechnungen zu einem Experiment der Gruppe von Markus Greiner diskutiert,
bei dem mit ultrakalten Atomen in einem optischen Gitter das Verhalten antiferromagnetischer Spinketten simuliert wurde [47]. Zu diesem Experiment haben wir Simulationen
durchgeführt, die die Beobachtungen aus dem Experiment bestätigen. Der letzte Abschnitt
dieses Kapitels, 5.3, widmet sich der Fehlerbetrachtung der Realzeitentwicklung. Damit
soll untersucht werden, ob wir mit unseren Realzeit-Simulationen verlässliche Ergebnisse
erzielen, oder ob die wachsende Verschränkung des Systems während seiner dynamischen
Entwicklung dazu führt, dass die TEBD nicht mehr zur Behandlung dieser Probleme
geeignet ist.
5.1 Cluster
Soweit nicht anders erwähnt, wurde zur Untersuchung des Clusterverhaltens der repulsiv gebundenen Atome der effektive Hamiltonian für eine Bosonensorte verwendet (siehe
Gleichung (2.44)). Wegen der repulsiven Wechselwirkung zwischen den Bosonen, UB > 0,
ist die effektive Tunnelrate J = −JB2 /UB für die Dimere hier negativ, es ist |J|/W = −1/8
und wir befinden uns damit auf der ferromagnetischen Seite des Phasendiagramms, genauer in der Ising-ferromagnetischen Phase.
Man erwartet hier wegen |J/W | < 0.5, dass die Dimere “clustern”, also auf benachbarten
Gitterplätzen beieinander bleiben.
Will man gleiches Verhalten für die Boson-Boson-Mischung oder die Boson-FermionMischung beobachten, so müssen die Parameter für Tunnelraten und Wechselwirkungen
geeignet gewählt werden, so dass der Grundzustand des Systems in der Ising-antiferromagnetischen Phase liegt, siehe dazu Abschnitt 4.2.
77
Kapitel 5
Dynamik
5.1.1 Ein Dimer
Wir setzen zunächst einen einzelnen repulsiv gebundenen Dimer mitten in ein eindimensionales Gitter mit 15 Gitterplätzen. Wir betrachten nun die Dichteverteilung – den
Dimerzahl-Erwartungswert hm̂i i als Funktion des Gitterplatzes i – zu verschiedenen Zeiten t, also nach wiederholter Anwendung der TEBD-Realzeitentwicklung (siehe Abbildung
5.1(a)).
0.8
0.8
0.6
0.6
0.4
2
Erwartungswert hn̂i i
Erwartungswert hm̂i i
1
1
2
1.5
1.5
1
1
0.5
0.2
0.4
0
0.2
1
7
9
11
i
Gitterplatz
13
15
0
(a) Rechnung mit effektivem Dimer-Hamiltonian
]
5
1
]
3
−
1
1
0.5
1
J
−
J
2
0.5
t[
t[
1.5
0
it
Ze
it
Ze
0.5
1.5
2
1
3
5
7
9
11
i
Gitterplatz
13
15
0
(b) Rechnung mit vollständigem BH-Hamiltonian
Abb. 5.1: Dynamik eines einzelnen Dimers in einem eindimensionalen Gitter – Vergleich
der Simulationen mit dem effektiven Dimer-Hamiltonian (a) und dem vollständigen
Bose-Hubbard-Hamiltonian (b). Dargestellt ist jeweils die Dichteverteilung in Form des
Teilchenzahl-Erwartungswertes, hm̂i i in (a) bzw. hn̂i i in (b), als Funktion des Gitterplatzes
i und der Zeit t in Vielfachen von J −1 (wobei J die effektive Tunnelrate für Dimere ist).
Was man hier sieht, ist nicht der Zerfall des Dimers (einen solchen beschreibt das effektive
Dimer-Modell nicht), sondern die Superposition eines im Gitter nach links und eines nach
rechts wandernden Dimers.
Eine vergleichende Rechnung mit dem vollständigen Bose-Hubbard-Modell für einzelne
Teilchen zeigt eine sehr gute Übereinstimmung, siehe Abbildung 5.1(b). Auch hier sieht
man nicht den Zerfall des Dimers (wie in [40] gezeigt wurde), sondern die Superposition
von Dimer-Zuständen, die in entgegengesetzte Richtungen auseinanderlaufen.
5.1.2 Zwei Dimere
Als nächstes setzen wir zwei repulsiv gebundene Dimere in das Gitter, und zwar auf
benachbarte Gitterplätze. Nach Anwendung der Realzeitentwicklung erhält man wieder
eine zeitabhängige Dichteverteilung – siehe Abbildung 5.2.
Man sieht, dass die Dichteverteilung hier, im Vergleich zum einzelnen Dimer (Abb. 5.1),
deutlich langsamer auseinander läuft (man beachte die längere Zeitskala in Abbildung
5.2).
Für lediglich einen oder zwei Dimere in hinreichend kleinem Gitter können auch Vergleichsrechnungen durch die numerische Lösung der Schrödinger-Gleichung durchgeführt
werden. Solche finden sich z.B. in der Arbeit von David Petrosyan et. al [40] – auch damit
stimmen unsere Ergebnisse sehr gut überein.
78
5.1 Cluster
1
Erwartungswert hm̂i i
1
0.8
0.8
0.6
0.6
0.4
0.2
0.4
0
1
it
Ze
2
0.2
t[
3
−
J
1
4
]
5
1
4
7
13
10
i
Gitterplatz
16
0
Abb. 5.2: Dynamik von zwei Dimeren auf benachbarten Gitterplätzen in einem eindimensionalen
Gitter, berechnet mit dem effektiven Hamiltonian einkomponentiger Bosonen. Es ist die
Dichteverteilung in Form des Dimerzahl-Erwartungswertes, hm̂i i, als Funktion des Gitterplatzes i und der Zeit t in Vielfachen von J −1 dargestellt, wobei J die effektive Tunnelrate
für Dimere ist.
Was man anhand dieser zeitabhängigen Dichteverteilung (Abb. 5.2) allerdings nicht erkennen kann: Bleiben die beiden Dimere auf benachbarten Gitterplätzen und bewegen
sich gemeinsam durch das Gitter (ein solches Clusterverhalten würden wir aufgrund der
attraktiven Nächste-Nachbar-Wechselwirkung zwischen den repulsiv gebundenen Dimeren
erwarten), oder trennen sie sich und bewegen sich einzeln durch das Gitter. Das langsamere Auseinanderlaufen der Dichteverteilung der zwei Dimere im Vergleich zu einem Dimer
ist schon ein Indiz dafür, dass die Dimere beieinander bleiben. Wir wollen dies allerdings
noch genauer untersuchen und berechnen dazu Dichte-Dichte-Korrelationen.
Dichte-Dichte-Korrelationen
Wir betrachten die Dichte-Dichte-Korrelationen hm̂i m̂j i (berechnet mit dem TEBD-Algorithmus nach Abschnitt 3.1.5) zu verschiedenen Zeiten t und erhalten dabei die in Abbildung 5.3 dargestellten Graphen. Die lokalen Beiträge hm̂2i i haben wir weggelassen, da
wir uns nur auf die Korrelationen zwischen unterschiedlichen Gitterplätzen konzentrieren
wollen.
Was lässt sich aus diesen Dichte-Dichte-Korrelationen nun ablesen? Zu sehen ist, dass alle
nicht-verschwindenden Einträge zu allen Zeiten t ausschließlich auf den ersten Nebendiagonalen (in den Abbildungen 5.3(b) - (e) von links unten nach rechts oben) zu finden sind,
also für benachbarte Gitterplätze.
Würden sich die Dimere im Laufe der Zeitentwicklung voneinander trennen, so würde
man überall nicht-verschwindende Einträge erwarten, insbesondere auch im Bereich der
Gegendiagonale (in den Abbildungen von links oben und rechts unten).
Aus dem Fehlen solcher Einträge, sowie den nicht-verschwindenden Werten auf der Nebendiagonale lässt sich schließen, dass die Dimere während der gesamten Zeit auf benachbarten Gitterplätzen bleiben. Also bilden schon zwei Dimere einen kleinen stabilen
Cluster, der über viele Zeitschritte zusammen bleibt.
79
Dynamik
15
13
13
Gitterplatz j
15
11
9
7
5
3
0.8
0.8
1
3
0.6
0.4
0.2
5
7
9
11
13
hm̂i m̂j i
7
5
Gitterplatz i
15
0.25
1
(b) t = 2.56 J −1
0.4
9
1
1
0.6
11
3
3
5
7
9
11
13
Gitterplatz i
15
(c) t = 5.12 J −1
0
0.2
0.15
0.1
4
0.2
t[
6
−
J
1
8
]
10
1
4
7
10
13
16
i
Gitterplatz
0
(a) Dichteverteilung für zwei Dimere
Gitterplatz j
it
Ze
2
15
15
13
13
Gitterplatz j
Erwartungswert hm̂i i
1
1
Gitterplatz j
Kapitel 5
11
9
7
5
3
0.05
11
9
0
7
5
3
1
1
1
3
5
7
9
11
13
Gitterplatz i
15
(d) t = 7.68 J −1
1
3
5
7
9
11
13
Gitterplatz i
15
(e) t = 10.24 J −1
Abb. 5.3: Dichte-Dichte-Korrelationen zur Dynamik von zwei Dimeren. Bild (a) zeigt noch einmal
die zeitabhängige Dichteverteilung der beiden Dimere, aber im Vergleich zu Abbildung
5.2 für mehr Zeitschritte. In den weiteren Teilbildern sind die Dichte-Dichte-Korrelationen
hm̂i m̂j i zwischen den Gitterplätzen i und j zu verschiedenen Zeiten t zu sehen. Die lokalen
Beiträge hm̂2i i werden dabei weggelassen, um die Aufmerksamkeit auf die nicht-lokalen
Korrelationen zu lenken.
5.1.3 Fünf-Dimer-Cluster
Setzen wir nun fünf Dimere auf benachbarte Gitterplätze, so erwarten wir, dass die DichteVerteilung noch deutlich langsamer auseinander läuft als bei den zwei Dimeren. In der Tat
ist der Clustereffekt so stark, dass die fünf Dimere sich überhaupt nicht mehr bewegen,
sondern stabil auf ihren Gitterplätzen bleiben, wie man in Abbildung 5.4 sehen kann.
5.1.4 Zwei Drei-Dimer-Cluster
Als nächstes setzen wir zwei kleine Cluster in das Gitter, die aus je drei repulsiv gebundenen Dimeren zusammengesetzt sind. Zu Beginn der Zeitentwicklung liegen zwei leere
Gitterplätze zwischen den beiden Clustern. Wieder berechnen wir die zeitabhängige Dichteverteilung – siehe Abbildung 5.5.
Man sieht, dass die kleinen Cluster sich aufeinander zubewegen, um dann einen stabilen
Sechs-Dimer-Cluster zu bilden. Dieser große Cluster kann dabei entweder genau in der
Mitte des Gitters liegen, oder aber auch (mit gleicher Wahrscheinlichkeit, da die Erwartungswerte hm̂i i für alle acht mittleren Gitterplätze gleich groß sind) um einen Gitterplatz
nach links oder rechts versetzt. Haben sich die kleinen Cluster erst einmal zu einem großen
zusammengeschlossen, so bleiben die Dimere wieder sehr stabil auf diesen Gitterplätzen
sitzen.
Mit einer gewissen (wenn auch nur kleinen) Wahrscheinlichkeit besteht aber auch die
Möglichkeit, dass die beiden kleinen Cluster gleich zu Beginn nach rechts und links auseinanderlaufen und sich nicht zu einem größeren Cluster zusammentun.
80
5.1 Cluster
1
Erwartungswert hm̂i i
1
0.8
0.8
0.6
0.6
0.4
0.2
0.4
0
1
it
Ze
2
0.2
t[
3
−
J
1
4
]
5
1
3
5
7
11
9
tz i
la
rp
te
Git
13
15
0
Abb. 5.4: Dynamik von fünf Dimeren auf benachbarten Gitterplätzen in einem eindimensionalen
Gitter, berechnet mit dem effektiven Hamiltonian für eine Bosonensorte. Die Dichteverteilung ist in Form des Dimerzahl-Erwartungswertes, hm̂i i, als Funktion des Gitterplatzes
i und der Zeit t in Vielfachen von J −1 dargestellt, wobei J die effektive Tunnelrate für
Dimere ist.
1
Erwartungswert hm̂i i
1
0.8
0.8
0.6
0.6
0.4
0.2
0.4
0
5
it
Ze
10
0.2
t[
15
−
J
1
20
]
25
1
5
9
13
17 21
i
Gitterplatz
25
29
0
Abb. 5.5: Dynamik von zwei Drei-Dimer-Clustern in einem eindimensionalen Gitter, berechnet
unter Verwendung des effektiven Hamiltonians für eine Bosonensorte. Dargestellt ist die
Dichteverteilung in Form des Dimerzahl-Erwartungswertes, hm̂i i, als Funktion des Gitterplatzes i und der Zeit t in Vielfachen von J −1 (J ist die effektive Tunnelrate der Dimere).
5.1.5 Cluster von Dimeren mit zusätzlichem Boson
Der letzte Fall, der hier betrachtet werden soll, ist folgender: Wir setzen einen stabilen
Cluster von sechs Dimeren auf nebeneinanderliegende Gitterplätze. Zusätzlich setzen wir
ein einzelnes Boson mit einem Abstand von zwei Gitterplätzen daneben. Natürlich können
wir in diesem Fall nicht mit dem effektiven Modell rechnen, da dort keine einzelnen,
ungebundenen Teilchen vorkommen, sondern müssen den vollständigen Bose-HubbardHamiltonian verwenden.
Nach Anwendung der TEBD-Realzeitentwicklung erhalten wir Abbildung 5.6.
Dabei sieht man: wenn sich das einzelne Teilchen auf den Dimer-Cluster zubewegt, so
kann es einmal von dieser stabilen “Wand” reflektiert werden, oder aber es kann zu einer
81
Kapitel 5
Dynamik
Erwartungswert hn̂i i
2
2
1.5
1.5
1
1
0.5
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
it
Ze
0.5
t[
−
J
1
]
1
4
7
28
19 22 25
10 13 16
i
Gitterplatz
0
Abb. 5.6: Dynamik eines Dimer-Clusters mit einem zusätzlichen ungebundenen Teilchen in
einem eindimensionalen Gitter. Die Zeitentwicklung wurde hier direkt mit dem BoseHubbard-Hamiltonian durchgeführt. Die Dichteverteilung wird mit Hilfe des TeilchenzahlErwartungswertes hn̂i i als Funktion des Gitterplatzes i und der Zeit t in Vielfachen von
J −1 dargestellt (wobei J die effektive Tunnelrate von Dimeren ist).
Art Lochanregung im Cluster führen. Dabei bewegt sich das Loch (das fehlende zweite
Teilchen) durch den Cluster hindurch.
Simulationen dieser Art wurden kürzlich auch in der Gruppe von Michael Fleischhauer
durchgeführt. Zu weiteren Details siehe deren Paper [37].
5.2 Gekippter Mott-Isolator
Wir lassen nun die Dimere beiseite und wenden uns einem Experiment der Gruppe von
Markus Greiner zu. Dort wurde kürzlich ein entartetes Bosegas in einem optischen Gitter
dazu benutzt, um eine eindimensionale Kette wechselwirkender Quanten-Ising-Spins zu
simulieren [47].
Hier wird zunächst kurz die Theorie des Spin-Modells erläutert (Abschnitt 5.2.1), in Abschnitt 5.2.2 wird das Experiment der Greiner-Gruppe beschrieben, und in Abschnitt 5.2.3
werden TEBD-Simulationen dazu präsentiert.
5.2.1 Theorie
Eine eindimensionale Ising-Spin-Kette ist eines der einfachsten Vielteilchensysteme, die
einen Quantenphasenübergang aufweisen. Das Spin-Modell einer solchen Kette in einem
magnetischen Feld mit longitudinalem Anteil hz und transversalem Anteil hx wird beschrieben über den Hamiltonian
Ĥ = J
X
i
Ŝzi Ŝzi+1 − hz Ŝzi − hx Ŝxi
(5.1)
mit den z- bzw. x-Spin-Projektionsoperatoren zu Gitterplatz i, Ŝzi und Ŝxi .
Für T = 0 ist das Phasendiagramm dieses Modells bekannt: für kleine magnetische Felder
induzieren die magnetischen Wechselwirkungen eine abwechselnde Ordnung der Spins, also
eine antiferromagnetische Ordnung (AF). Bei großen Magnetfeldern dagegen dominiert
82
5.2 Gekippter Mott-Isolator
das Feld über die Wechselwirkungen, alle Spins richten sich nach dem Feld aus, es liegt
eine paramagnetische Ordnung (PM) vor.
Zwischen den beiden Phasen liegt ein Phasenübergang zweiter Ordnung – nur am multikritischen Punkt (hz , hx ) = (1, 0) (also bei verschwindendem transversalem Feld) liegt
ein klassischer Übergang erster Ordnung vor.
Nun kann ein eindimensionaler Mott-Isolator, auf den ein Feldgradient angewendet wird,
auf das Spin-Modell in der Nähe des multikritischen Punktes (hz , hx ) = (1, 0) abgebildet
werden [43].
Das Mapping funktioniert folgendermaßen: Einfach besetzte Gitterplätze stellen die paramagnetische Phase dar, abwechselnd doppelt und gar nicht besetzte Gitterplätze die
ferromagnetische Phase. Der angelegte Feldgradient, der mit der Zeit verändert wird,
sorgt für einen Phasenübergang von der einen in die andere Phase.
5.2.2 Experiment
Das Ziel des Experimentes von Jonathan Simon et al. [47] war es, mit Bosonen in einem
optischen Gitter den Phasenübergang der Ising-Spins von einer PM-Phase in eine AFPhase zu simulieren.
Das Experiment beginnt mit dem Laden eines zweidimensionalen Mott-Isolators aus 87 Rb Atomen in ein optisches Gitter. Durch eine harmonische Falle bilden sich mehrere MottBereiche aus: in der Mitte des Gitters sind die Gitterplätze jeweils mit n = 2 Atomen
besetzt, weiter außen mit n = 1 Atom.
Das Gitterpotential wird in y-Richtung deutlich erhöht, so dass das System in eindimensionale Ketten in x-Richtung entkoppelt wird. Tunnelprozesse sind dann nur noch
innerhalb einer Kette möglich.
Während des Experiments wurden nun diese eindimensionalen Ketten beobachtet, die sich
über sechs Gitterplätze erstrecken. Zu Beginn sind sie mit n = 1 Atomen pro Gitterplatz
gefüllt, sie befinden sich also in der paramagnetischen Phase.
Nun wird ein Magnetfeldgradient in x-Richtung angelegt, also entlang der eindimensionalen Ketten. Von einem anfänglichen Wert bei E = 0.7 U (wobei U die lokale Wechselwirkung zwischen den Bosonen ist) wird der Gradient langsam (adiabatisch) und linear
auf E = 1.3 U erhöht.
Zu verschiedenen Zeiten (also verschiedenen Magnetfeldgradienten) wurden Messungen
durchgeführt, die die Parität der Besetzung gitterplatzaufgelöst wiedergeben (man kann
also sehen, ob sich eine gerade oder ungerade Anzahl von Teilchen auf einem Gitterplatz
befindet).
Bei einem Wert des Gradienten von E ≈ U, wo nach der Theorie Tunnelprozesse möglich
werden, konnte der Phasenübergang beobachtet werden: Es bildete sich die antiferromagnetische Ordnung von abwechselnd zweifach besetzten und leeren Gitterplätzen.
5.2.3 TEBD-Zeitentwicklung
Wir wollen nun das oben geschilderte Experiment (genauer: eine einzelne der dort auftauchenden eindimensionalen Ketten) mit der Realzeitentwicklung des TEBD-Codes simulieren. Dazu benutzen wir den vollständigen Bose-Hubbard-Hamiltonian, also keines
unserer effektiven Modelle. Für den Magnetfeldgradienten wird ein lineares externes Po-
83
Kapitel 5
Dynamik
tential hinzugefügt, dessen Steigung zeitabhängig ist. Am Gitterplatz i hat es die Form
Vi (t) = −(V0 + c t) i −
L−1
2
.
(5.2)
Dabei bestimmt V0 die anfängliche Steigung des Potentials, c ist eine Konstante, t ist die
Zeit und L gibt die Anzahl der Gitterplätze an.
Als Anfangszustand benutzen wir den Grundzustand von L Teilchen auf L Gitterplätzen, den wir zuvor mit der Imaginärzeitentwicklung der TEBD erhalten haben. Für die
Berechnung des Grundzustands wird das zusätzliche lineare Potential ausgeschaltet, die
Randbedingungen entsprechen denen eines Box-Potentials.
Zu Beginn der Realzeitentwicklung wird das lineare Potential soweit geneigt, wie dies im
Experiment vorgegeben war, also mit V0 = 0.7 U, wobei U die lokale Wechselwirkung
zwischen den Bosonen ist. Während der Zeitentwicklung wird das Potential mit jedem
Zeitschritt ∆t weiter geneigt, wie in Gleichung (5.2) angegeben. Zum Ende der Zeitentwicklung erreichen wir, wie auch im Experiment, eine Steigung von etwa V0 + c t ≈ 1.3 U.
Die Ergebnisse dieser Rechnung sind für zwei verschiedene Gitterlängen, L = 10 und
L = 16, in Abbildung 5.7 dargestellt.
1.5
1.5
1
1
0.5
0
6
7
8
9
10
i
Gitterplatz
(a) Spinkette auf 10 Gitterplätzen
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0
]
5
1
0.5
2
]
4
1
/J
2
/J
3
1.5
U
U
2
1.5
0.5
t[
t[
1
2
it
Ze
0.5
it
Ze
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
2
Erwartungswert hn̂i i
Erwartungswert hn̂i i
2
2
13
9 10 11 12
5 6 7 8
i
1 2 3 4
Gitterplatz
14 15 16
0
(b) Spinkette auf 16 Gitterplätzen
Abb. 5.7: Simulation einer Spinkette mit einem gekippten Mott-Isolator.
Wir beobachten eine gute Übereinstimmung mit den experimentellen Ergebnissen von
Jonathan Simon et al. Bei der kürzeren Kette (10 Gitterplätze, Abbildung 5.7(a)) ist
die antiferromagnetische Ordnung am Ende der Zeitentwicklung sehr gut zu sehen: die
Gitterplätze sind immer abwechselnd doppelt oder gar nicht besetzt.
Bei der längeren Kette (16 Gitterplätze, Abbildung 5.7(b)), ist die antiferromagnetische
Ordnung zumindest am Rand des Gitters deutlich zu sehen, in der Gittermitte jedoch nur
schwach ausgebildet. Eventuell könnte man durch weitere Rechnungen unter Veränderung
der Parameter (wie etwa schnelleres oder langsameres Kippen des Gitters) erreichen,
dass sich die AF-Ordnung über das komplette Gitter erstreckt. Möglicherweise lässt sich
dieses Phänomen aber auch dadurch erklären, dass man hier eine Überlagerung mehrerer
Zustände sieht, die ähnlich Abbildung 4.9(b) zu einem Knoten in der Gittermitte führen.
84
5.3 Fehlerbetrachtung
5.3 Fehlerbetrachtung
Es stellt sich die Frage, wie groß der Fehler bei diesen Zeitentwicklungsrechnungen ist, den
man dadurch macht, dass bei jedem Gitterplatz-Update durch Anwendung eines NächsteNachbar-Operators
iα
Θiα
jγ 7→ Θ̃jγ =
d
X
ij kα
Okl
Θlγ =
k,l=1
χd
X
[m]i [m] [m+1]j [m+1]
λγ
λ[m−1]
Γ̃αβ λ̃β Γ̃βγ
α
(5.3)
β=1
[m]
nur die χ größten der χd Singulärwerte λ̃β
χ(d − 1) Singulärwerte abgeschnitten.
beibehalten werden. Es werden also jeweils
Wir haben uns ein Verfahren überlegt, mit dem beobachtet werden kann, wie stark die
Verschränkung des Zustands während der Realzeitentwicklung anwächst. Wir schauen uns
dazu an, wie viele λi nötig sind, um 99 % des Betragsquadrates des Zustandes zu erhalten.
Wir bestimmen also imax , so dass
iX
max
i=1
λ2i ≤ 0.99 ,
(5.4)
8
8
7
7
6
6
5
5
imax
imax
wobei die λi in absteigender Größe sortiert sind.
Es wird während des gesamten Sweeps eines Zeitschritts, der mehrfach über alle Gitterplätze geht (siehe Gleichung (3.49)), für jedes λ (bevor es renormiert wird) die Zahl imax
berechnet, für die Gleichung (5.4) erfüllt ist. Davon wiederum wird der Maximalwert pro
Zeitschritt ausgegeben.
Als Beispiel ist in Abbildung 5.8 das Resultat für die Realzeitentwicklung von zwei Dimeren mit effektivem Hamiltonian (siehe auch Abb. 5.2), sowie für die analoge Rechnung
mit dem vollständigen Bose-Hubbard-Hamiltonian dargestellt. In beiden Fällen wurde mit
χ = 30 gerechnet.
4
3
2
4
3
2
1
1
0
0
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
Anzahl Zeitschritte
(a) Rechnung mit effektivem Dimer-Hamiltonian
0
100
200
300
400
500
600
700
800
900
1000
Anzahl Zeitschritte
(b) Rechnung mit vollständigem BH-Hamiltonian
Abb. 5.8: Fehlerbetrachtung zur Dynamik zweier Dimere.
Als weiteres Beispiel soll hier die Simulation des gekippten Mott-Isolators auf 10 Gitterplätzen betrachtet werden (siehe Abb. 5.7(a)). Hier wurde die Zeitentwicklung mit χ = 16
durchgeführt. In Abbildung 5.9 ist die zugehörige Fehlerbetrachtung dargestellt.
Wie man aus den Abbildungen 5.8(a) und (b) erkennt, ist in den beiden Rechnungen mit
den zwei Dimeren auch nach 1000 Zeitschritten (was der kompletten in Abbildung 5.2
dargestellten Zeitentwicklung entspricht) der allergrößte Anteil der Singulärwerte λi noch
auf deutlich weniger als die verwendeten 30 Einträge pro λ verteilt. Daraus kann man
schließen, dass der Zustand über die gesamte Zeitentwicklung nicht zu stark verschränkt
wird, und damit die mit der TEBD berechneten Ergebnisse gültig sind.
85
Dynamik
imax
Kapitel 5
9
8
7
6
5
4
3
2
1
0
0
100
200
300
400
500
600
700
Anzahl Zeitschritte
Abb. 5.9: Fehlerbetrachtung zur Dynamik des gekippten Mott-Isolators auf 10 Gitterplätzen.
Im Falle des gekippten Mott-Isolators (Abb. 5.9) liegt eine größere Verschränkung vor.
Hier sind nach 700 Zeitschritten (was der kompletten in Abbildung 5.7(a) gezeigten Zeitentwicklung entspricht) die meisten Singulärwerte (99 %) schon auf die Hälfte der Einträge
der λ verteilt. Aber auch hier kann man immer noch davon ausgehen, dass die TEBD gültige Ergebnisse liefert.
Man muss allerdings auch erwähnen, dass diese Art der Fehlerbetrachtung eines unberücksichtigt lässt: nachdem imax ermittelt wurde, werden die χ(d − 1) kleinsten Werte der
λi verworfen. Dann werden die λ renormiert. Das hier vorgestellte Verfahren betrachtet
also immer nur die neuen Fehler, die in einem Zeitschritt auftauchen – vorherige Fehler
wurden ja wegrenormiert.
Eine aufwendigere Möglichkeit, diese Fehler besser abzuschätzen und zu vermeiden (die
allerdings in dieser Arbeit nicht umgesetzt wurde), ist die folgende: Man implementiert
den Code mit einem gitterplatzabhängigen und während der Rechnung sich anpassenden
χ. Das χ wird dann lokal jeweils so groß gewählt (bis zu einer gewissen Maximalgröße),
dass der Verlust im Betragsquadrat des Zustandes höchstens einem fest vorgegebenen
Wert entspricht, z.B. 0.00001.
86
Zusammenfassung und Ausblick
In dieser Arbeit wurde das Verhalten von repulsiv gebundenen Teilchenpaaren (Dimeren)
in eindimensionalen optischen Gittern untersucht. Repulsiv gebundene Teilchenpaare sind
metastabile Zustände, die nicht im freien Raum, dafür aber in geordneten Potentialen, wie
optische Gitter sie darstellen, vorkommen können. In einem analytischen Teil beschäftigten wir uns mit der Herleitung effektiver Hamiltonians für Dimersysteme. Diese wurden
dann unter Verwendung des Time Evolving Block Decimation-Algorithmus (TEBD) numerisch untersucht.
Zunächst beschäftigten wir uns mit der analytischen Herleitung effektiver Dimermodelle für den Grenzfall starker Wechselwirkung, U ≫ J. Für die Herleitung verwendeten
wir entartete Störungstheorie nach Brillouin und Wigner. Wir betrachteten verschiedene
Systeme: einkomponentige Bosonen, Fermionen mit Spin 1/2, eine Mischung aus zwei Bosonensorten sowie eine Boson-Fermion-Mischung. Bei der Herleitung der effektiven DimerHamiltonians wurde jeweils der Fall betrachtet, dass sich ausschließlich Dimere im System
befinden, keine einzelnen Teilchen. Bei den Teilchenmischungen sind die Dimere außerdem
immer aus verschiedenen Teilchensorten zusammengesetzt.
Unter diesen Voraussetzungen konnten wir zeigen, dass sich die effektiven Dimer-Hamiltonians aller betrachteten Systeme auf das Spin 1/2 XXZ-Modell abbilden lassen, wenn
wir maximal einen Dimer pro Gitterplatz erlauben. Da wir von starken Wechselwirkungen
ausgegangen sind, ist diese Einschränkung auf maximal ein Teilchenpaar pro Gitterplatz
sinnvoll, da die mehrfache Besetzung eines Gitterplatzes sehr viel Energie kostet. Die
Abbildung auf das Spinmodell kann man sich anschaulich so vorstellen, dass ein von
einem Dimer besetzter Gitterplatz einem Spin ↑ entspricht und leerer Gitterplatz einem
Spin ↓.
Das Spinmodell hat den Vorteil, dass es bereits vielfach untersucht wurde. Wir nutzten die Tatsache, dass das Grundzustandsphasendiagramm des Spinmodells aus analytischen Rechnungen bekannt ist: es weist vier verschiedene Phasen auf, nämlich eine XYferromagnetische, eine Ising-ferromagnetische, eine Ising-antiferromagnetische und eine
XY-antiferromagnetische. Wir prüften für unsere vier Dimermodelle, für welche veränderbaren Parameter (Wechselwirkungen und Tunnelraten) welche der Phasen erreicht
werden können. Sowohl für die Boson-Boson-Mischung als auch für die Boson-FermionMischung zeigte sich, dass mit bestimmten Wechselwirkungen und Tunnelraten alle vier
Phasen erreicht werden können, was für die einkomponentigen Bosonen nicht möglich ist.
Im Rahmen des numerischen Teils dieser Arbeit wurde der Time Evolving Block Decimation-Algorithmus implementiert. Mit dem dabei entstandenen Code konnten die Dimermodelle nun auch numerisch untersucht werden.
Wir simulierten mit der Imaginärzeitentwicklung der TEBD die einzelnen Grundzustandsphasen der effektiven Dimermodelle für verschiedene Gitterfüllungen. Zur weiteren Klassifizierung und Charakterisierung der verschiedenen Phasen wurden dann Dichte-Dichteund Ein-Teilchen-Korrelationen sowie Ordnungsparameter untersucht.
87
Zusammenfassung und Ausblick
Zuletzt betrachteten wir mit der Realzeitentwicklung der TEBD die Dynamik kleiner Cluster von Dimeren. Dabei wurden Parameter aus dem Bereich der Ising-ferromagnetischen
Phase gewählt. Wir konnten feststellen, dass schon zwei Dimere, die zu Beginn der Realzeitentwicklung auf benachbarte Gitterplätze gesetzt wurden, ein starkes Clusterverhalten aufweisen. Die in diesem Zusammenhang betrachteten Dichte-Dichte-Korrelationen
zeigen, dass die Dimere über die komplette Zeitdauer der Entwicklung auf benachbarten
Gitterplätzen bleiben. Sie können sich aber gemeinsam durch das Gitter bewegen. Bei
größeren Clustern von etwa fünf Dimeren ist der Clustereffekt so stark, dass gar keine
Bewegung mehr stattfindet.
Ausblick
Weiterführend könnte man nun die Dimermodelle ausbauen. Eine Möglichkeit dazu ist die
Erweiterung der Herleitung effektiver Hamiltonians durch die Verwendung unitärer Transformationen, sogenannter Schrieffer-Wolff-Transformationen. Damit wäre es möglich, den
Fall zu betrachten, dass nicht nur ausschließlich Dimere in dem effektiven System auftauchen, sondern auch einzelne, ungebundene Teilchen. Ein solcher Ansatz wurde bereits
für zweikomponentige Fermionen verwendet [35] und teilweise auch schon für das BoseHubbard-Modell [51]. Dies ließe sich auch auf beliebige Teilchenmischungen erweitern.
Ansonsten könnten zu den meisten der in dieser Arbeit geschilderten Rechnungen weitere
Details studiert werden.
Besonders vielversprechend erscheint die Betrachtung der Clusterbildung: Hier könnte
die Frage gestellt werden, was passiert, wenn zu Beginn einer Realzeitentwicklung eine
beliebige Verteilung von Dimeren im Gitter vorliegt. Kann man Umstände herbeiführen,
die bevorzugt zur Bildung von Clustern führen?
Ebenfalls interessant scheint ein Thema, das in dieser Arbeit nur mit einem Beispiel angeschnitten wurde: Man könnte genauer untersuchen, wie einzelne ungebundene Teilchen
mit Clustern von Dimeren oder auch anderen metastabilen Zuständen wechselwirken.
Auch zum gekippten Mott-Isolator könnten weitere Rechnungen durchgeführt werden,
um sein Verhalten bei verschiedenen Kipp-Geschwindigkeiten und Systemgrößen besser
zu verstehen.
88
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93
Danksagung
Hiermit möchte ich allen Menschen danken, die mich durch mein Studium begleitet haben
und nicht zuletzt denjenigen, die mich insbesondere während der Diplomarbeitsphase
unterstützt haben.
Allen voran geht ein großes Dankeschön an Prof. Dr. Walter Hofstetter. Mit seinen Vorlesungen hat er mein Interesse für das spannende Forschungsgebiet der ultrakalten Atome
in optischen Gittern geweckt. Zugleich wurden mit den Vorlesungen auch wichtige Grundlagen für das physikalische Verständnis des Themas meiner Arbeit gelegt. Ich freue mich,
dass ich in seiner Arbeitsgruppe eine Diplomarbeit anfertigen durfte.
Herzlichen Dank auch an Prof. Dr. Lorenz Bartosch: Seine Freude an der theoretischen
Physik beweist er mit seinen gut strukturierten Vorlesungen stets aufs Neue – mit ansteckender Wirkung. Und obwohl er viel zu tun hat, hat er sich ohne Zögern bereit erklärt,
als Zweitgutachter für meine Arbeit zur Verfügung zu stehen.
Ein besonders wichtiger Begleiter während der gesamten Diplomarbeitsphase war Dr.
Bernd Schmidt. Er hat sich für die Betreuung meiner Arbeit stets viel Zeit genommen.
Neben vielen hilfreichen Diskussionen und ausführlichen Erklärungen zu allen meinen Fragen hat er mir auch großen Freiraum gelassen und so selbstständiges Arbeiten ermöglicht.
Vielen Dank!
Natürlich möchte ich auch allen übrigen Mitgliedern der Arbeitsgruppe danken für die
schöne Zeit, die wir miteinander verbracht haben. Insbesondere danke ich Ulli, Ulf, Danny
und Michael für die vielen Gespräche, die sich durchaus auch mal nicht nur um Physik
drehten. Ulli hat sich außerdem noch Zeit genommen, meine Arbeit Korrektur zu lesen –
vielen Dank an dieser Stelle, nicht zuletzt für die vielen gefundenen Punkte.
Nicht unerwähnt bleiben sollen auch Daniela Wirth-Pagano und Marie-Hélène Haußels:
jegliches administrative Problem konnte immer schnell und unkompliziert gelöst werden.
Danke auch für eure gute Laune und euer aufmunterndes Lächeln.
Der Fachschaft Physik danke ich für vielerlei Ablenkungen und natürlich auch für den
unerschöpflichen Kaffeenachschub.
Ein ganz besonderer Dank geht an meine Familie, insbesondere an meine Eltern Gudrun
und Peter, für ihre vielfältige Unterstützung während des gesamten Studiums.
Zu guter Letzt geht mein herzlichster Dank an Alex: für die liebevolle Unterstützung
während der Arbeit, insbesondere für viel Geduld und Verständnis in der letzten Zeit
sowie fürs Korrekturlesen. Danke für alles!
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