Übungen zur Topologie, G. Favi 24. April 2009 Blatt 9 Abgabe: 1. Mai 2008, 12:00 Uhr Aufgabe 1. Ist A ein Deformationsretrakt von X und B ein Deformationsretrakt von A, dann ist B ein Deformationsretrakt von X . Lemma. Seien X, Y, Z, W topologische Räume, f, g : X → Y stetig und f ' g . Dann gilt für alle h1 : W → X , h2 : Y → Z stetig, dass h2 ◦ f ◦ h1 ' h2 ◦ g ◦ h1 . Sei H : X × I → Y eine Homotopie H : f ' g . Wir denieren H 0 : W × I → Y, (w, t) 7→ (h1 w, t) und dies liefert uns eine Homotopie H 0 : f ◦ h1 ' g ◦ h1 . Es folgt dann sofort, dass h2 ◦ H 0 eine Homotopie wie in der Behauptung ist. Beweis. Sei r : A − B eine Retraktion der Inklusion i : B → A und s : X − A eine Retraktion der Inklusion j : A → X . Das heisst das obere Dreieck, sowie das untere Trapez im folgenden Diagramm kommutieren. Beweis. X ~> @@@ ~ ~ @@s ~~ @@ ~ ~> j A ~? i ~~~ ~ ~? ~ B A@ @@ @@r @@ B Damit kommutiert das gesamte Diagramm (d.h. das grosse Dreieck) und es folgt, dass r0 := r ◦ s : X− B eine Retrakion der Inklusion i0 := j ◦ i : B → X ist, d.h. B ist ein Retrakt von X . Es bleibt zu zeigen, dass (j ◦ i) ◦ (r ◦ s) ' 1X , was jedoch sofort folgt, da mit unserem Lemma (j ◦ i) ◦ (r ◦ s) = j ◦ (i ◦ r) ◦ s ' j ◦ 1A ◦ s = j ◦ s ' 1X . Aufgabe 2. Beweise Proposition 4.16 aus der Vorlesung. Man beweise also, dass für jede stetige Abbildung f : X → Y und jede A ⊆ X, B ⊆ Y mit f (A) ⊆ B ein Funktor zwischen den Fundamentalgruppoiden π1 (f ) : π1 (X, A) → π1 (Y, B) induziert wird und dass diese Zuordnung einen Funktor π1 : Top(2) → Groupoids liefert. Wir erinnern uns, dass Π1 (X, A) die volle Unterkategorie von Π1 (X) mit Objekten A bezeichne (analog für Π1 (Y, B)) und denieren nun Π1 f =: f∗ : Π1 (X, A) → Π1 (Y, B) durch [γ] [f ◦γ] f∗ (a −→ a0 ) := f a −−−→ f a0 . Diese Abbildung ist wohldeniert, da ja f a ∈ B ∀a ∈ A und falls H : γ ' δ eine Homotopie von Wegen ist, so ist f ◦ H : I × I → Y eine Homotopie von Wegen f ◦ H : f ◦ γ ' f ◦ δ . Dies ist zudem klar ein Funktor, da f ◦ (γδ) = (f ◦ γ)(f ◦ δ) per Denition des Wegprodukts und f ◦ 1a = 1f a wobei 1a den konstanten Weg in einem Punkt a ∈ A bezeichne. Beweis. Die Kategorie Top(2) hat als Objekte alle paare (X, A), wobei X ein topologischer Raum und A ⊂ X . Ein Pfeil (X, A) → (Y, B) in Top(2) ist eine stetige Abbildung f : X → Y mit f A ⊂ B . Bezeichnen wir die Kategorie aller kleinen Gruppoide mit Funktoren dazwischen als Gpds, so bleibt f f∗ zu zeigen, dass Π1 : Top(2) → Gpds, ((X, A) − → (Y, B)) 7→ Π1 (X, A) −→ Π1 (Y, B) ein Funktor ist. f g D.h. wir müssen zeigen, dass (g ◦ f )∗ = g∗ ◦ f∗ für alle (X, A) − → (Y, B) → − (Z, C) in Top(2) , was klar ist, da die Komposition von Abbildungen assozativ ist (genauer: Für [γ] ∈ Π1 (X, A) ist (g ◦ f )∗ [γ] = [(g ◦ f ) ◦ γ] = [g ◦ (f ◦ γ)] = g∗ [f ◦ γ] = (g∗ ◦ f∗ )[γ]). Weiter ist noch zu zeigen, dass (1(X,A) )∗ = (1X )∗ = 1Π1 (X,A) , was jedoch trivial ist. Aufgabe 3. Zeige, dass das Gruppoid I ein Untergruppoid von π1 ([0, 1]) und der Inklusionsfunktor I ⊂ π1 ([0, 1]) eine Äquivalenz von Gruppoiden ist. Beweis. Wir schreiben I := 0 o g g −1 / g [γ] − 1) := 0 −→ 1, 1 und denieren F : I → π1 ([0, 1]) durch F (0 → wobei γ der lineare Weg von 0 nach 1 (d.h. die Identität) γ : I → [0, 1], t 7→ t. Entsprechend [γ −1 ] g −1 ist F (1 −−→ 0) = 1 −−−→ 0. Dies ist klar eine Äquivalenz von Gruppoiden, da [0, 1] einfach zusammenhängend ist (d.h. HomΠ1 ([0,1]) (0, 1) = {[γ]}), womit F volltreu und essentiell surjektiv ist. Aufgabe 4. Ein H-Raum ist ein topologischer Raum X mit einer stetigen Verknüpfung µ : X ×X → X die ein neutrales Element besitzt. Eine topologische Gruppe ist ein H-Raum G, sodass (G, µ) eine Gruppe und die Abbildung g 7→ g −1 stetig ist. (a) Man gebe ein paar Beispiele von H-Räumen und topologischen Gruppen. (b) Sei X ein wegzusammenhängender H-Raum. Zeige, dass das Fundamentalgruppoid π1 (X) abelsch ist. (c) Auf der (abstrakten) Gruppe G sei eine Topologie gegeben mit der Eigenschaft, dass die Abbildung G × G → G, (g, h) 7→ gh−1 , stetig ist. Dann ist G eine topologische Gruppe. (d) Ist G eine topologische Gruppe und H ⊂ G eine Untergruppe, so ist der Abschluss H von H in G wieder eine Untergruppe. (e)* Ist G eine topologische Gruppe und N ⊂ G ein Normalteiler, so ist G/N versehen mit der Quotiententopologie ebenfalls eine topologische Gruppe. Lemma. (Eckmann-Hilton Argument) Sei A eine Menge mit zwei binären Operationen · und ∗ (d.h. mit zwei Abbildungen ·, ∗ : A × A → A), welche beide eine Einheit 1· bzw. 1∗ besitzen (d.h. es gilt 1· · a = a · 1· = 1∗ ∗ a = a ∗ 1∗ = a ∀a ∈ A) und welche das folgende Austauschgesetz erfüllen: (a ∗ b) · (c ∗ d) = (a · c) ∗ (b · d) ∀a, b, c, d ∈ A. Dann gilt · = ∗ (insbesondere also 1· = 1∗ ) und diese Operation ist assoziativ und kommutativ. Wir beweisen zuerst, dass die beiden Einheiten übereinstimmen. Dazu berechnen wir mit Hilfe des Austauschgesetzes Beweis. 1· = 1· · 1· = (1· ∗ 1∗ ) · (1∗ ∗ 1· ) = (1· · 1∗ ) ∗ (1∗ · 1· ) = 1∗ ∗ 1∗ = 1∗ . Wir schreiben deshalb kurz 1 := 1· = 1∗ . Seien nun a, b ∈ A beliebig. Wir berechnen wiederum unter Ausnutzung des Austauschgesetzes a · b = (1 ∗ a) · (b ∗ 1) = (1 · b) ∗ (a · 1) = b ∗ a = (b · 1) ∗ (1 · a) = (b ∗ 1) · (1 ∗ a) = b · a. Da a, b ∈ A beliebig waren folgt ∗ = · und zusätzlich die Kommutativität. Die Assoziativität folgt nun leicht, denn für a, b, c ∈ A beliebig ist a · (b · c) = (a · 1) · (b · c) = (a · b)(1 · c) = (a · b) · c, wie behauptet. Sei X ein (vorerst nicht unbedingt wegzusammenhängender) H-Raum und 1 ∈ X die Einheit der Multiplikation µ : X × X → X, (x, y) 7→ x ∗ y . Wir zeigen, dass die Fundamentalgruppe π1 (X, 1) abel'sch ist. Für X wegzusammenhängend (d.h. Π1 (X) zusammenhängend) sind alle Fundamentalgruppen isomorph und die Behauptung folgt dann. Um zu zeigen, dass π1 (X, 1) abel'sch ist, denieren wir zwei verschiedene Produkte von (Homotopieklassen von) Wegen und verwenden Eckmann-Hilton. Zu γ, δ : I → X Schleifen in 1 sei γ · δ das übliche Wegprodukt (d.h. wie in der Vorlesung gesehen ist [γ]·[δ] := [γ ·δ] wohldeniert). Wir denieren nun das punktweise Produkt γ ∗δ : I → X, t 7→ µ(γt, δt) = (γt)∗(δt) und bemerken, dass für γ ' γ 0 mit Homotopie H1 und δ ' δ 0 mit Homotopie H2 die Abbildung H := µ ◦ (H1 , H2 ) : X × I → X, (x, t) 7→ µ(H1 (x, t), H2 (x, t)) eine Homotopie H : γ ∗ δ ' γ 0 ∗ δ 0 ist (da µ stetig). Somit ist [γ] ∗ [δ] := [γ ∗ δ] ein wohldeniertes Produkt auf π1 (X, 1) (man bemerke, dass 1 ∗ 1 = 1, weshalb γ ∗ δ wiederum eine Schleife in 1 ist). Die beiden Produkte ·, ∗ : π1 (X, 1) → π1 (X, 1) haben beide als Einheit den konstanten Weg 11 im Punkt 1 und es bleibt zu zeigen, dass sie das Austauschgesetz erfüllen. D.h. für Wege [α], [β], [γ], [δ] ∈ π1 (X, 1) muss Beweis. Ad (b): := (α · β) ∗ (γ · δ) ' (α ∗ γ) · (β ∗ δ) =: 0 . Dies prüfen wir leicht: Für t ∈ [0, 21 ] ist t = (α · β)t ∗ (γ · δ)t = α(2t) ∗ γ(2t) und 0 t = ((α ∗ γ) · (β ∗ δ))t = (α ∗ γ)(2t) = α(2t) ∗ γ(2t). Analog für t ∈ [ 21 , 1], womit das Austauschgesetz folgt. Mit dem Argument von Eckmann-Hilton erhalten wir, dass π1 (X, 1) abel'sch ist. Ad (c): Wir schreiben ϕ für die stetige Abbildung ϕ : G × G → G, (g, h) 7→ gh−1 . Wir müssen zeigen, dass ι : G → G, g 7→ g −1 und µ : G × G → G, (g, h) 7→ gh stetig sind. Dazu bemerken wir, dass ι = ϕ ◦ (c1 , 1G ), wobei c1 : G → G, g 7→ 1 die konstante Abbildung 1 bezeichne. D.h. (c1 ,1G ) ϕ → G . ι = G −−−−→ G × G − g 7−−−−→ (1, g) 7→ g −1 Damit ist ι die Komposition zweier stetiger Abbildungen (die erste Abbildung (c1 , 1G ) ist stetig, da die beiden Komponenten davon stetig sind). Es folgt, dass auch µ = ϕ ◦ (1G × ι) stetig ist. D.h. 1 ×ι ϕ G G − → G . µ = G × G −−−→ G ×−1 (g, h) 7−−−→ (g, h ) 7→ gh Sei h ∈ H beliebig. Wir bemerken, dass λh : G → G, g 7→ hg ein Homöomorphismus ist mit λh H = H und also λh H = H , d.h. hH = H ∀h ∈ H , womit HH = H . Ähnlich ist für h ∈ H die Abbildung ρh : G → G, g 7→ gh ein Homöomorphismus mit ρh H ⊂ H und also auch Ad (d): hier Hh ⊂ H ∀h ∈ H . Damit also HH ⊂ H und die umgekehrte Inklusion gilt trivialerweise, da 1 ∈ H . Damit ist H abgeschlossen unter Multiplikation und es bleibt zu zeigen, dass dies auch für die Inversenbildung gilt. Dies ist jedoch trivial, da wiederum ι : G → G, g 7→ g −1 ein Homöomorphismus ist mit ιH = H und also ιH = H . Ad (e): Wir müssen zeigen, dass ϕ : G/N × G/N → G/N, ([g], [h]) 7→ [gh−1 ] stetig ist. Schreiben wir π : G − G/N für die Standardprojektion, so ist π × π : G × G → G/N × G/N, (g, h) 7→ ([g], [h]) stetig (und auch oen, wie wir gleich sehen werden). Schreiben wir ϕG : G × G → G, (g, h) 7→ gh−1 , so erhalten wir, dass ϕ ◦ (π × π) = π ◦ ϕG . Also ist ϕ ◦ (π × π)Sstetig und mit dem Lemma unten u u u u folgt, dass ϕ stetig ist. Denn S ist U u⊂ G ×uG oen, S d.h. uU = uu∈U U1 × U2 , wobei U1 , U2 ⊂ G oen, dann ist (π × π)U = u∈U [U1 ] × [U2 ] = u∈U πU1 × πU2 . Und da π oen ist, ist dies eine Vereinigung von oenen Mengen. Damit ist auch π × π oen und die Behauptung folgt. Denn ist V ⊂ G/N oen, so ist wegen der Stetigkeit von ϕ ◦ (π × π) auch (π × π)−1 ϕ−1 V ⊂ G × G oen und also auch ϕ−1 V = (π × π)(π × π)−1 ϕ−1 V , womit ϕ stetig ist. Lemma. Sei G eine topologische Gruppe, H 6 G eine Untergruppe. Dann ist die Standardprojektion π : G → G/H oen. Beweis. Sei U ⊂ G oen. Wir müssen zeigen, dass πU ⊂ G/H oen ist, d.h. per Denition der Quotiententopologie muss π −1 πU ⊂ G oen sein. Dies ist jedoch einfach, da [ π −1 πU = U H = uH = u∈U [ Uh h∈H eine Vereinigung von oenen Mengen in G ist (U h ⊂ G ist oen, da ρh : G → G, g 7→ gh ein Homöomorphismus ist und ρh U = U h). Aufgabe 5. Man beweise, dass die Verknüpfung von zwei Push-outs1 ein Push-out ist. Denition. Für zwei Pushouts wie unten links (wobei B → P bei beiden derselbe Pfeil sein soll), denieren wir die Verknüpfung durch zusammenfügen entlang B → P als das äussere Rechteck unten rechts. A B0 /B B /C A /P P /Q B0 /B /C /P /Q Sei D ein beliebiges Objekt und C → D, B 0 → D zwei Pfeile, sodass A → B → C → D = A → → D. Da das linke Quadrat ein Pushout ist, existiert ein eindeutiger Pfeil P → D mit 0 B → D = A → P → D und B → C → D = B → P → D. Da auch das rechte Quadrat ein Pushout a a a ist, existiert ein eindeutiger Pfeil Q − → D mit P → D = P → Q − → D und C → D = C → Q − → D. Dieser Pfeil erfüllt, dass Beweis. B0 A → B0 → D = A → B0 → P → Q − → D und A → B → C → D = A → B → C → Q − → D. a a Die zweite Gleichung ist dabei trivial und für die erste erinnern wir uns, dass A → B 0 → D = A → a a0 B0 → P → D = A → B0 → P → Q − → D. Die Eindeutigkeit folgt ebenfalls leicht, denn ist Q − →D a0 0 0 ein beliebiger Pfeil mit A → B → D = A → B → P → Q −→ D und A → B → C → D = A → a0 a0 B→C →Q− → D, so muss wegen der Eindeutigkeit von P → D auch P → D = P → Q − → D. 0 Aus der Eindeutigkeit von a folgt dann, dass a = a . 1 deniere dies zuerst Bemerkung. Als zusätzliche Übung kann man beweisen, dass falls das äussere Rechteck, sowie das linke Quadrat in der Verknüpfung Pushouts sind, dann ist auch das rechte Quadrat ein Pushout.