3. Übung zur Einführung in die Plasmaphysik Prof. Kaufmann, WS 98/99 Lösungen 1. Zusammenfassung Teilchen-Driften Gravitationsdrift E B-Drift Gyroradiusänd. wie vor, jedoch durch Bahnelektrostatische Beschleunigung Kraft Ursache B 0 B 0 Fg B qB2 dto. E Krümmungsdrift wie vor, jedoch Fliehkraft 2W eB4 B B2 B 2W eB3 dto. B B B B B-Drift Gyroradiusänd. durch B-Inhomogenität W eB3 B B dto. Für ein Proton (m p 1 67 10 27 kg, q 1 602 10 19 As) ergibt sich durch Einsetzen (und mit Fg m 9 81 N/kg) die Gravitationsdriftgeschwindigkeit vg 10 7 m/s. Die E B-Driftgeschwindigkeit bei einem angenommenen (realistischen) elektrischen Feld von E 10 kV/m hat den Wert vE 10 km/s. Für die Krümmungs- und (grad B)-Driftgeschwindigkeit benötigen wir den Wert von B, den wir aus der angenommenen charakteristischen Länge B B 1 m mit B 1 T/m abschätzen. Wir nehmen außerdem Gleichverteilung der kinetischen Energie (totale kinetische Energie Wtot 3 keV) in allen Freiheitsgraden an, d.h. W 1 keV, und W 2 keV. Wir erhalten vcurv v B 2 km/s. Die Bahngeschwindigkeit ist v 2W m 620 km/s. Die Gravitationsdrift ist in der Praxis vernachlässigbar. Die Bahngeschwindigkeit der Gyrationsbewegung ist deutlich höher als die Driftgeschwindigkeiten (schon bei Ionen und noch mehr bei Elektronen), was die in der nächsten Aufgabe gemachten Ordnungsannahmen rechtfertigt. 2. Herleitung der Teilchendriften senkrecht zum Magnetfeld Bewegungsgleichung und Ordnungsschema: Wir wählen für die Teilchengeschwindigkeit das Ordnungsschema v v0 v1 wobei v0 die Gyrationsbewegung und v1 die Bewegung des Gyrationszentrums beschreiben soll. Die Bewegungsgleichung mv̇ eE v B können wir damit aufspalten in eine Bewegungsgleichung für die Gyrationsbewegung (“nullte Ordnung”) mv̇0 ev0 1 BGz (1) und eine Gleichung für die Bewegung des Gyrozentrums (“erste Ordnung”) mv̇1 eE v1 B e v0 B BGz (2) In Gleichung (1) erscheint kein elektrisches Feld und nur ein (im Verlauf eines Gyrationsumlaufes) konstantes Magnetfeld BGz (genommen am Ort des Gyrozentrum), denn diese Gleichung soll nur eine Kreisbahn und keine Driften beschreiben. Gleichung (2) hingegen beschreibt nur die Bewegung des Gyrozentrums, und kann auf einer Zeitskala ausgewertet werden, die wesentlich länger als die Umlaufdauer der Gyration 2 c ist. Durch die Aufspaltung in die Gleichungen (1) und (2) allein ist noch keine Näherung gemacht worden. Die folgende vereinfachte Auswertung der Bahn des Gyrationszentrum gemäß Gleichung (2) unter den in der Aufgabe gemachten Annahmen nennt man Drift-Näherung. Wir wollen die Driftgeschwindigkeit vD senkrecht zum Magnetfeld berechnen, die sich aus v1 v vD ergibt. v ist die Geschwindigkeit in Richtung des Magnetfeldes, die wir in dieser Aufgabe nicht berechnen (sondern als vorgegeben annehmen). Tatsächlich jedoch werden v (und v ), bei gegebenen Anfangsbedingungen, durch die Erhaltung der Energie und des magnetischen Momentes bestimmt. Magnetfeld am Ort des Gyrozentrums: BGz können wir mit Hilfe von Gl. (1) eliminieren. Aufgrund von Annahme (b) (Skalenlänge von B groß gegen ) können wir nach dem Ort r um den Ort des Gyrationszentrums rGz entwickeln und nur den linearen Term beibehalten (d.h. die Gleichung “linearisieren”): B BGz r rGz B Den Ort r finden wir durch Lösung der Bewegungsgleichung (1), die wir in kartesischen Koordinaten (z-Richtung B; B 0 0 B ) schreiben können als: v̇x e vy B m e m vx B v̇y v̇z 0 Die Lösung ist, wie bekannt, eine Kreisbewegung: v0 x v exp i ct v0 y iv exp i ct v0 z 0 wobei v c (skalar) die Bahngeschwindigkeit der Gyrationsbewegung ist. Nach Integrieren ergibt sich der Ort: r0 x i v exp i c ct rGz x r0 y v c exp i ct rGz y r0 z rGz z wobei der Ort des Gyrozentrums rGz hier die Integrationskonstante darstellt. Da die Momentangeschwindigkeit der Gyrationsbewegung v0 ohnehin noch in Gleichung (2) vorkommt, wollen wir auch den momentanen Ort in v0 ausdrücken und die Mittelung über die Gyrobewegung auf später verschieben: 2 r0 x v0 y rGz x r0 y c v0 x rGz y r0 z c rGz z Formal können wir also schreiben: r 1 rGz v0 b c wobei b den Einheitsvektor in Richtung des lokalen magnetischen Feldes darstellt: B B b B2 B 2 B B Mittelung über die Gyrobewegung: Die Gyrozentrums-Bewegungsgleichung (2) lautet demnach: mv̇1 eE v1 e B v0 v0 b B c Für die gesuchte Driftgeschwindigkeit kann über einen Zeitraum von mehreren (vielen) Gyrozyklen gemittelt ( ) werden. Der Term v1 B v1 B auf der rechten Seite der Gleichung kann auch als vD B geschrieben werden, da im Vektorprodukt nur die Komponente senkrecht zum Magnetfeld beiträgt. Die Zeitableitung von v1 auf der linken Seite der Gleichung setzt sich aus den Komponenten senkrecht und parallel zum Magnetfeld zusammen: v̇1 v̇ v̇D . Aufgrund der Vorraussetzung (c) nehmen wir eine nur langsam veränderliche Driftgeschwindigkeit an, d.h. der Term mv̇D soll klein sein gegen alle anderen Kräfte. Wir schreiben für die linke Seite also in dieser Näherung: d v b dt Für die Parallelgeschwindigkeit haben wir bisher keine einschränkende Annahme gemacht. Da wir statische elektrische und magnetische Felder voraussetzen, läßt sich die Zeitableitung in eine Ortsabhängigkeit übersetzen, da das Teilchen seine Parallelgeschwindigkeit nur dadurch ändert, daß es (wg. unserer Annahme i.w. entlang der Feldlinie) in Gebiete mit veränderter elektrischer Feldstärke bzw. magnetischer Flußdichte “strömt”, d.h. keine explizite Zeitabhängigkeit, sondern nur eine implizite (über den Ort) auftritt. Die totale Zeitableitung lässt sich damit schreiben als: m v̇1 d v b dt m v b v b Das gilt analog zur “Advektion” eines beliebigen Vektors dtd A v A, oder, im Falle d x eindimensionaler Bewegung, dt A t x A. In diesem speziellen Fall wird die Geschwindigkeit selbst advektiert. Wir werden der Advektion noch als “konvektiver Ableitung” im Flüssigkeitsmodell des Plasmas begegnen. Die Bewegungsgleichung 1. Ordnung nach Zeitmittelung lautet nun: mv b v b eE vD B e c 3 v0 v0 b B (3) Wir sehen nun, daß v0 im letzten Term bei der Zeitmittelung nicht herausfällt (trotz harmonischer Bewegung!) weil v0 quadratisch vorkommt. Nichtlinearitäten dieser Art gibt es äußerst häufig in der Plasmaphysik und begründen u.a. den Reichtum dieses Gebietes an interessanten und komplizierten Phänomenen. Wir wollen nun die einzelnen Terme von Gleichung (3) untersuchen. (grad B)-Term: Beginnen wir mit dem letzten Term auf der rechten Seite. Zur Auflösung gibt es keine elegante Standardformel der Vektoralgebra, daher betrachten wir alle Vektoren in Komponenten und stellen die Vektor- und Skalar produkte durch Multiplikation mit geeigneten Tensoren dar. Zum Beipiel schreiben wir beim Vektorprodukt für die Komponenten des Ergebnisvektors (Index l): v0 b lmn v0 m bn l wobei i jk das sogenannte Levi-Civita Symbol für die Darstellung des Vektorprodukts ist. In (den von uns verwendeten) kartesischen Koordinaten hat i jk die Darstellung: 0 0 0 0 0 1 0 0 0 0 1 0 i jk 0 1 0 1 0 0 i 0 1 0 1 0 0 0 0 0 j k Die Indizes zählen, wie dargestellt, die Komponenten des Ergebnisvektors (i), des linken Faktors ( j) und des rechten Faktors (k) durch. Der rechte Term unserer Bewegungsgleichung für die Gyrozentrums-Drift schreibt sich demnach: v0 v0 b B i v0 j i jk lmn v0 m bn Bk rl % Die Summe über m kann eliminiert werden, da v0 j v0 m v 2 0 für j für j m m Dies gilt, da senkrechte Komponenten der Bahngeschwindigkeit genau 2 Phasendifferenz haben und sich im zeitlichen Mittel ihr Produkt aufhebt. Der Quadrat einer GeschwindigkeitsKomponente ( v2 cos2 t) hat als Mittelwert genau die Hälfte des Scheitelwertes. Damit haben wir: v2 Bk % i jk l jn bn 2 rl Das Produkt i jk l jn läßt sich (z. B. durch scharfes Betrachten des -Tensors) in zwei Terme aufspalten, einer für i l, k n und einer mit gleichen permutiert Indizes i n, n l: % 4 v2 2 % Bk rl bn in kl il kn % wobei 1 für i 0 für i ij j j das übliche Kroneckersymbol bezeichnet. Wir können nun zusammenfassen und vereinfachen: % v2 Bk bk 2 ri bi v2 2 Bk rk B ri bi B 0 v2 2 B wobei natürlich die Divergenzfreiheit von B wg. Maxwell gilt. Das Ergebnis zeigt, daß der betrachtete Term von Gl. (3) offenbar die (grad B)-Drift beschreibt. Auflösen nach vD , Krümmungsterm: Eigentlich ist die Bewegungsgleichung für das Gyrozentrum (Gl. 2) eine Differentialgleichung für vD . Wir haben jedoch (im Hinblick auf eine “stationäre” Lösung) mv̇D vernachlässigt und können nun die entstandene Gleichung (3) einfach nach vD auflösen, und zwar durch Vektorprodukt von links mit B . Wir betrachten nun zunächst die entstehende linke Seite: mB v b v b v2 b mB b bb v mv2 2 mv B b b Bb bb v B2 0 B B B Zusammenfassen aller bisherigen Rechnungen liefert für die Driftgeschwindigkeit die bekannten Terme: E vD mv2 mv2 B B 2eB3 (grad B)-Drift B B2 B B B eB4 Krümmungsdrift E B-Drift Mit unserer Herleitung haben wir nun gezeigt, daß sich die Driften zur Gesamtdrift addieren. In den Vorfaktoren der Krümmungs- und (grad B)-Drift erkennen wir die kinetische Energie 1 2 in der Senkrecht- bzw. Parallel-Bewegung. Diese werden häufig noch mit W 2 mv und 1 2 W 2 mv abgekürzt, so daß: vD E B B2 W B eB3 B 2W B eB4 B 3. Ähnlichkeit von Krümmungsdrift und (grad-B)-Drift Mit der Vektorrelation (s. Aufgabe) A A 1 2 A 2 5 A A B (4) schreiben wir den Krümmungsdrift-Term in Gl. (4) um: B B B B 1 2 B 2 B B B 1 2 B 2 0 da Freiheit von Volumenströmen und statisches E-Feld ( B 1 c2 E 0j angenommen wurden. Nach Ausdifferenzieren haben wir für die Krümmungsdrift vcurv 2W B eB3 t 0) B und damit die gleiche Abhängigkeit von B wie die (grad B)-Drift. Meist treten Krümmungsund (grad B)-Drift gemeinsam auf, da es schwierig (aber nicht undenkbar) ist, ein Magnetfeld mit Krümmung aber mit grad B 0 zu erzeugen (geht nur mit Volumen-Strömen). 6