Transpluto

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Transpluto
Als Transpluto wurde zwischen 1930 und etwa 1985
ein hypothetischer zehnter Planet des Sonnensystems bezeichnet, den man außerhalb der Umlaufbahn des Pluto
vermutete und jahrzehntelang suchte. Der Name lehnte sich an die um 1890 entstandene Arbeitsbezeichnung
Transneptun an, die sich 1930 mit der Entdeckung Plutos zunächst erübrigte und heute der Name einer ganzen
Gruppe sonnenferner Asteroiden und Zwergplaneten ist.
Bis zur Herabstufung des vormals neunten Planeten Pluto zum Zwergplaneten am 24. August 2006 sprach man
bei der Suche nach einem weiteren zehnten Planeten auch
von Planet X, wobei das „X“ neben dem Symbol für das
Unbekannte auch für die römische Zahl 10 stand.
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Sedna
Geschichte
Nachdem der Planet Neptun durch eine genaue Bahnanalyse des Uranus erfolgreich vorhergesagt wurde, postulierte Percival Lowell jenseits von Neptun einen neunten
Planeten, den so genannten Transneptun, um Bahnabweichungen des Uranus und Neptun zu erklären. Er gründete
1894 das Lowell-Observatorium und suchte bis 1915 systematisch nach diesem Planeten. Der später damit beauftragte Clyde Tombaugh fand 1930 den Pluto beim intensiven Durchsuchen eines enger begrenzten Himmelsausschnittes eher durch Zufall. Trotz seiner geringen Größe
(sie wurde bis etwa 1950 überschätzt) war Pluto 76 Jahre
lang der neunte Planet.
Im März 2004 wurde das Thema „Zehnter Planet“ für
die Medien wieder aktuell, als man den etwa 1000 km
großen Sedna in doppelter Pluto-Entfernung entdeckte,
in der Fachwelt aber nicht als Planet einstufte. Schließlich wurde am 29. Juli 2005 die Entdeckung von Eris
(zunächst als 2003 UB313 ) bekanntgegeben. Dieser ungefähr 2300 km große Körper wurde sowohl von der NASA
als auch der Presse zur Zeit der Entdeckung als „zehnter Planet“ eingestuft. Eris erfüllte nach Bahn und Größe
den Status eines „Transpluto“ und löste damit die „Planetendiskussion“ der Internationalen Astronomischen Union (IAU) aus. Nach der 2006 beschlossenen DefinitiBald stellte sich heraus, dass Pluto zu klein ist, um on von „Planet“ sind aber weder Pluto noch Eris Planedie Bahn des Neptun merklich zu stören und dessen ten, sondern gehören in die neu geschaffene Kategorie
Bahnabweichungen zu erklären. So begann am Lowell- „Zwergplanet“.
Observatorium schon bald nach 1930 statt der Suche des Wenn es neben den (nach der Definition von 2006) acht
Transneptun jene nach dem noch ferneren Transpluto. Planeten einen weiteren geben sollte, müsste dieser per
Ab 1957 führte Henry Lee Giclas eine systematische fo- Definition „die Umgebung seiner Bahn bereinigt haben“.
tografische Durchmusterung des Himmels durch, die 18 In den Außenbereichen des Sonnensystems wurden mittJahre in Anspruch nahm. Die der Suche zugrunde liegen- lerweile einige weitere Körper entdeckt, aber mit Ausden Bahnstörungen des Neptun sind heute jedoch nicht nahme von Eris und Sedna keine über 1500 km Durchmehr nachvollziehbar – es handelt sich wohl um die Aus- messer. Die meisten davon sind den Asteroiden oder
wirkungen kleiner, unvermeidlicher Messfehler.
Kometen zuzuordnen. Daher gilt heute die Existenz eines
weiteren „wirklichen“ Planeten nach der neuen Planetendefinition als unwahrscheinlich.
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Entdeckung kleinerer Objekte
Trotzdem wird immer wieder über die Existenz eines
solchen Planeten spekuliert. Ein Grund dafür ist der
Die Terminologie der sonnenfernen Objekte geriet zwi- scheinbar unbegrenzte Vorrat an Kometen aus den Zonen
schen 1980 und 1992 in Unordnung, als man an der Posi- des Kuipergürtels und der Oortschen Wolke. Ein weiter
tion des schon länger postulierten Kuipergürtels die ers- außen kreisender Planet könnte mit seiner Schwerkraft
ten sogenannten Zentauren und transneptunischen Ob- dafür sorgen, dass Materie aus der Oortschen Wolke in
jekte wie die Plutinos entdeckte.
das innere Sonnensystem gelangt.
1
2
3
3.1
5 LITERATUR
Weitere mögliche große Planeten 3.3 Tyche (These von John B. Murray)
Bedingungen
→ Hauptartikel: Tyche (Planet)
Nach heutigem Wissen kann es durchaus einen weiteren 1999 berechneten John B. Murray von der Open Uni[4]
Planeten geben und man kann einige Bedingungen ange- versity in Großbritannien und John Matese von der
University of Louisiana at Lafayette[5] unabhängig vonben:
einander die Bahnen langperiodischer Kometen. Dabei
kamen sie zu dem Schluss, dass ein möglicher bisher un• So müsste seine Entfernung zur Sonne groß genug bekannter Himmelskörper regelmäßige Bahnstörungen
sein, um keine merklichen Bahnstörungen der be- bei den Körpern der Oortschen Wolke verursachen würkannten Planeten und Raumsonden im äußeren Son- de und diese dadurch auf Kometenbahnen ins innere Sonnensystem zu verursachen
nensystem gelenkt würden. Murray postulierte als Verursacher einen großen „Planeten X“ (Tyche) mit einer Mas• Er muss den vollständigen Himmelsdurchmusterun- se zwischen einer und 10 Jupitermassen in einer Entfergen für sich bewegende Objekte entgangen sein, die nung von 30.000 bis 50.000 AE von der Sonne (etwa 1 /
10
bis heute durchgeführt wurden.
bis 1 /6 der Entfernung zum nächsten Stern). Die Bahn eines solchen Körpers dürfte gemessen am Alter des SonDiese Bedingungen führen schon für einen Planeten von nensystems nicht stabil sein, da ein Umlauf um die Son[4]
etwa Erdgröße zu einem Abstand von mindestens 100 ne Millionen Jahre betragen würde. Nach den bisheriAstronomischen Einheiten (AE) zur Sonne, dem 2,5- gen Modellen kann sich allerdings bei der Entstehung des
fachen Abstand des Pluto. Alternativ müsste seine Bahn Sonnensystems in dieser Entfernung kein Planet gebildet
stark elliptisch sein oder weit außerhalb der Ekliptik lie- haben, weshalb Murray vermutet, dass er ein einstmals
aus dem interstellaren Raum in unser Planetensystem eingen.
gedrungener Planemo ist.
Falls er existiert, könnte er in den nächsten Jahrzehnten durch Bahnstörungen von Raumsonden nachgewie- Bisher lässt sich Murrays These weder bestätigen
sen werden. Optische Suchprogramme bis etwa 50 AE noch ausschließen. Jedoch konnte das Infrarotwurden in letzter Zeit durchgeführt, stoßen aber durch Weltraumteleskop WISE keinen Planeten von Jupidie dort meist extrem dunklen, kohleartigen Körper an tergröße innerhalb von 26.000 AE Sonnenabstand
[6]
die Grenzen der terrestrischen Teleskope und der bis- nachweisen.
herigen Weltraumteleskope. Selbst ein Brauner Zwerg
oder ein schwacher Stern („Nemesis“), der unsere Sonne
zum Mitglied eines Doppelsternsystems machen würde, 4 Siehe auch
ist bis heute (Stand Oktober 2014) nicht definitiv widerlegt, wenn auch unwahrscheinlich, da er auf Grund seiner
• Liste der transneptunischen Objekte
Eigenstrahlung durch die bisherigen Himmelsdurchmusterungen sehr wahrscheinlich gefunden worden wäre.
• Liste der hypothetischen Himmelskörper des Sonnensystems
3.2
Möglichkeit einer Supererde außerhalb des Kuiper-Gürtels
Ergebnisse aus dem Vergleich der Bahndaten des
Zwergplaneten Sedna und dem neu entdeckten Asteroiden 2012 VP113 lassen sich nach Ansicht einiger Forscher damit erklären, dass es einen unentdeckten Planeten mit mindestens der zehnfachen Erdmasse (also eine
„Supererde“) außerhalb des Kuiper-Gürtels in einer Entfernung von „einigen hundert AE“ geben könnte.[1] Es
werden aber auch andere Erklärungen solcher Bahndaten
diskutiert.[2] Eine neuere Arbeit (März 2014) verneint auf
Grund der Messung von Bahnstörungen bekannter Objekte des Sonnensystems im Rahmen der heute erzielbaren Messgenauigkeit die Existenz eines Planeten mit
doppelter Erdmasse innerhalb von etwa 500 AE Sonnenabstand, und für einen Planeten mit 15-facher Erdmasse
innerhalb von etwa 1000 AE.[3]
• (50000) Quaoar
• Planetarische Diskriminante
5 Literatur
• Govert Schilling: The Hunt for Planet X - New
Worlds and the Fate of Pluto. Springer, New York
2008, ISBN 978-0-387-77804-4
• G.D. Quinlan: Planet X: A myth exposed, 1993, Nature 363, 18
• Mike Brown: Wie ich Pluto zur Strecke brachte. Und
warum er es nicht anders verdient hat. Heidelberg:
Springer, 2012. ISBN 978-3-8274-2944-5
3
6
Weblinks
• Gibt es einen 10. Planeten? aus der FernsehSendereihe alpha-Centauri (ca. 15 Minuten). Erstmals ausgestrahlt am 21. Jan. 2001.
• zu Planet X von www.astronomie.at
• NASA-Funded Scientists Discover Tenth Planet
(29. Juli 2005) (Englisch)
• Large 'Planet X' May Lurk Beyond Pluto Space.com
am 18. Juni 2008 (Englisch)
• Anatol Johansen: Astronomie, Riesenplanet Tyche
– geheimnisvoll und übersehen Welt.de am 18. Februar 2011
• Can WISE Find the Hypothetical 'Tyche'? vom 18.
Februar 2011 (english)
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Einzelnachweise
[1] Solar System’s Edge Redefined. Carnegie Institution for
Science, 26. März 2014, abgerufen am 13. April 2014
(englisch): „Sheppard and Trujillo suggest a Super Earth
or an even larger object at hundreds of AU could create
the shepherding effect seen in the orbits of these objects“
[2] Tilmann Althaus: Kleinplanet Sedna ist nicht allein. In:
Spektrum.de. Verlag Spektrum der Wissenschaft, 28.
März 2014, abgerufen am 13. April 2014.
[3] Lorenzo Iorio: Planet X revamped after the discovery
of the Sedna-like object 2012 VP113 ? 31. März 2014,
arXiv:1404.0258
[4] John B. Murray: Arguments for the Presence of a Distant Large Undiscovered Solar System Planet. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society. 309, Nr.
1, 1999, S. 31–34. Bibcode: 1999MNRAS.309...31M.
doi:10.1046/j.1365-8711.1999.02806.x.
[5] John J. Matese, Patrick G. Whitman, Daniel P . Whitmire: Cometary Evidence of a Massive Body in the Outer
Oort Clouds. In: Icarus. 141, Nr. 2, 1999, S. 354. Bibcode:
1999Icar..141..354M. doi:10.1006/icar.1999.6177.
[6] Ralph-Mirko Richter: WISE: Kein Planet X im äußeren
Sonnensystem in raumfahrer.net, Datum: 11. März 2014,
Abgerufen: 14. März 2014
4
8 TEXT- UND BILDQUELLEN, AUTOREN UND LIZENZEN
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Text- und Bildquellen, Autoren und Lizenzen
8.1
Text
• Transpluto Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Transpluto?oldid=136550904 Autoren: Schewek, Jed, Aka, KAMiKAZOW, Rivi, Filzstift, Jmsanta, Nephelin, Maxmax, GDK, Uwaga budowa, Geof, Srbauer, Zwobot, APPER, Alkuin, Zinnmann, Phrood, Peterlustig, Arnomane, Hardenacke, Torsch, ChristophDemmer, Mow-Cow, Immanuel Giel, Captaingrog, Hansele, Sig11, Rax, Michael Mauch, ConBot,
Ai, PDD, Olaf Studt, DrMurx, FlaBot, Emes, AkaBot, Bojan, Anhi, Sae1962, Shiyaki, Uwe W., RobertPorter, Bsmuc64, Ra'ike, Saehrimnir, Franz Wikinews, Ephraim33, Peter Kramer, RobotQuistnix, Krokofant, Lotse, StefanPohl, Bärski, Ackerboy, KnightMove, Eskimbot,
Moonlight city, DHN-bot, Towih, Rechercheur, SibFreak, PixelBot, Thijs!bot, FBE2005, Berliner76, Jürgen Oetting, DonBos, Phocaea,
.rhavin, VolkovBot, Mideal, Gravitophoton, SieBot, Loveless, Röhrender Elch, Umherirrender, Jo Weber, Port(u*o)s, Raphael Frey, Cäsium137, Brackenheim, LinkFA-Bot, LaaknorBot, Reilinger, Luckas-bot, Jacomow, Onkel74, Xqbot, Karl432, RibotBOT, Antonsusi,
DvsseI, Ripchip Bot, EmausBot, WikitanvirBot, Campoman, Trigonomie, Rezabot, MerlIwBot, AvocatoBot, Landwitz, Addbot, Thyriel,
MGChecker und Anonyme: 32
8.2
Bilder
• Datei:Sedna-NASA.JPG Quelle: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/2/2a/Sedna-NASA.JPG Lizenz: Public domain Autoren: Caltech animated gif of the Sedna discovery images (True source image using green circle from Caltech website)
http://photojournal.jpl.nasa.gov/catalog/PIA05568 (Samuel Oschin Telescope 2003-11-14. Rotated and flipped; using yellow arrows) Originalkünstler: This is the discovery image of Sedna taken with the Palomar Observatory’s 48-inch Schmidt Telescope (now called the Samuel
Oschin Telescope). JPL public web sites (public sites ending with a jpl.nasa.gov address)
8.3
Inhaltslizenz
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