Institut für Theoretische Astrophysik Hans-Peter Gail Interstellarer Staub Vorlesung • Es gibt eine universelle Elementmischung im interstellaren Medium aller Galaxien, in der eine kleine Zahl von Elementen schwerer als He stark dominiert. Dies legt bereits weitgehend die Zusammenstzung der interstellaren Materie fest. • Die Mischung der chemischen Elemente im Kosmos ist durch die Prozesse der Nukleosynthese in Sternen und durch die Prozesse des Massenauschtauschs zwischen Sternen und der interstellaren Materie festgelegt. Ein Studium der interstellaren Materie erfordert deswegen als ersten Schritt festzustellen, welche Mischung chemischer Elemente tatsächlich vorliegt • Die Elementhäufigkeiten bestimmen, welche Substanzen gegebenfalls aus der Gasphase als Festkörper auskondensieren können. Im Kosmos kommen nicht beliebige Mischungen der Elemente vor, außer in den Laboratorien von Wissenschaftlern. 1 Elementhäufigkeiten • Bei den massiven Massenverlustprozessen am Ende der Lebensdauer der Sterne wird ein Teil der ursprünglichen Materie zusammen mit den schweren Kernen, die im Stern aus H und He aufgebaut wurden, an das interstellare Medium zurückgeführt. Bei der erneuten Entstehung von Sternen aus dieser interstellaren Materie werden die in den voraufgegangenen Sterngenerationen synthetisierten Elemente in neue Sterne eingebaut. • Sterne entstehen aus der interstellaren Materie, verbrennen während des größten Teils ihrer Lebensdauer einen Teil ihres Wasserstoffvorrats zu Helium und anschließend Helium zu Kohlenstoff. Gegen Ende ihrer Lebensdauer durchlaufen sie eine Reihe von Stadien, in denen weitere nukleare Prozesse ablaufen, bei denen schwerere Elemente synthetisiert werden. Seit der Entstehung der ersten Sterne und der Galaxien im jungen Universum findet in den Galaxien ein Kreislauf der Materie zwischen den Sternen und der interstellaren Materie statt: 1.1 Kreislauf der Materie in der Galaxis 6 He, Metalle Sternfriedhof WZ, NS, SL ? Sterne ISM ? H, He ? Sternbildung Durchmischung Abbildung 1: Kreislauf der Materie im Kosmos zwischen den Sternen und der interstellaren Materie Massenverlust - Urknall Kreislauf der Materie in der Galaxis • Wenn neue Sterne aus der interstellaren Materie entstehen, dann haben alle Sterne, die etwa zur gleichen Zeit und etwa beim gleichen galaktischen Radius entstehen, die gleiche Zusammensetzung • In der interstellaren Materie werden die Beiträge der Sterne durch Turbulenz miteinander vermischt (Zeitskala ca. 50 Mio. Jahre). Es kommt sehr schnell zu einer lokalen Homogenisierung der Zusammensetzung • Die Differenz zwischen der Anfangsmasse eines Sterns und der Masse seines Überrestes wird an das interstellare Medium und damit in den Materiekreislauf zurückgeführt. • Andererseits scheidet ständig ein Teil der Materie in Form der Sternüberreste am Ende der Entwicklung der Sterne aus dem Kreislauf aus, und zwar in Form der Weißen Zwerge, Neutronensterne und Schwarzen Löcher. • Einerseits fällt auf die Galaxien weiterhin Materie aus dem intergalaktischen Raum ein, das noch fast die Zusammensetzung der Materie unmittelbar nach dem Urknall hat. Dadurch werden ständig H und He in den Kreislauf nachgeliefert. Auf diese Weise kommt es langsam zu einer Anreicherung der Materie in einer Galaxis mit Kernen schwerer als He. Kreislauf der Materie in der Galaxis Sterne kleiner Masse: Sie entwickeln einen entarteten He Kern, erleiden beim Zünden des Heliumbrennens einen He-flash und entwickeln danach einen entarteten C+O-Kern. Sie verlieren auf dem oberen Teil des AGB ihre ganze äußere Hülle durch einen massiven, staubgetriebenen Wind und enden als Weiße Zwerge. Je nach Annahme über die Mischungsprozesse im Stern liegt die obere Massengrenze der Sterne, die diesen Entwicklungsweg nehmen, bei 1.5 . . . 2 M. Sterne sehr kleiner Masse: Sterne mit einer Anfangsmasse von weniger als ca. 0.8 M entwickeln sich so langsam, daß sie innerhalb einer Zeit, die dem Alter der Galaxis entspricht, noch nicht die Entwicklungsphase auf und nahe der Hauptreihe beendet haben. Diese Sterne haben bisher noch nichts zur Elementsynthese in der Galaxis beigetragen und brauchen deswegen im Zusammenhang mit der chemischen Entwicklung der Galaxis nicht beachtet zu werden. Sie binden aber einen beträchtlichen Teil der gesamten Masse in der galaktischen Scheibe. Die Art und Weise, wie sich ein Stern im Verlaufe seiner Lebensdauer entwickelt, welchen Teil seiner ursprünglichen Masse er wieder an das interstellare Medium abgibt, und die Art und Menge der Produkte der Nukleosynthese im Stern, hängen hauptsächlich von seiner Anfangsmasse auf der Hauptreihe ab. 1.2 Synthese schwerer Elemente in Sternen Sterne mittlerer Masse: Sie zünden das He-Brennen in einem nicht entarteten HeKern, entwickeln danach einen entarteten C+O-Kern und verlieren auf dem oberen Teil des AGB ihre gesamte äußere Hülle durch einen massiven, staubgetriebenen Wind. Sie enden ebenfalls als Weiße Zwerge. Die obere Massengrenze der Sterne, die diesen Entwicklungsweg nehmen, liegt bei 5 . . . 8 M, je nach Annahme über die konvektive Durchmischung; hier wird immer angenommen, daß die Grenze bei 8 M liegt. In Abb. ist der Massenanteil der Sterne kleiner und mittlerer Masse dargestellt, der durch Massenverlustprozesse durch Sternwinde schließlich wieder an das interstellare Medium zurückgegeben wird. Durch Sterne kleiner und mittlerer Masse werden die Produkte des H-Brennens im CN-Zyklus (He und N) und Produkte des He-Brennens (d.h. C und etwas O) dem interstellaren Medium zugeführt. Sie sind im Kosmos die wesentlichen Quellen für C und N. Ferner werden während des thermischen Pulsens auf dem AGB die s-Prozeß Elemente von Zn bis Bi aus Fe produziert. Quasi-massereiche Sterne: Sie zünden das C-Brennen in einem nicht oder nur teilweise entarteten C+O-Kern und entwickeln dann einen entarteten O-Ne-Mg-Kern. Sie werden instabil gegenüber einem Kollaps, ausgelöst durch e-Einfang, und explodieren als Supernova. Möglicherweise verlieren sie aber vorher durch einen massiven Sternwind soviel Masse, daß die Instabilität nicht erreicht wird und sie sich stattdessen ebenfalls zu Weißen Zwergen entwickeln. Die obere Massengrenze der Sterne, die diesen Entwicklungsweg nehmen, liegt bei 8 . . . 11 M, je nach Annahme über die konvektive Durchmischung. Synthese schwerer Elemente in Sternen 1 2 3 4 M* 5 MWZ 6 Manfang 7 8 Abbildung 2: Die Masse des Weißen Zwergs, der bei Sternen kleiner und mittlerer Masse zurückbleibt, als Funktion der Anfangsmasse. Die Punkte sind beobachtete Massen Weißer Zwerge in Sternhaufen, bei denen ihre Anfangsmasse auf der Hauptreihe ermittelt werden kann (Weidemann [16]), die mit Kreuzen markierte Linie die entsprechende empirische Relation zwischen End- und Anfangsmasse. Die Kurve ohne Markierungen ist das Resultat von Modellrechnungen für die Endmasse als Funktion der Anfangsmasse für Sterne mit solarer Metallizität. Die mit Manfang gekennzeichnete obere Gerade entspricht der Anfangsmasse der Sterne auf der Hauptreihe. Der Massenanteil der Sterne kleiner und mittlerer Masse, der an das interstellare Medium zurückgegeben wird, entspricht der Differenz zwischen der oberen Geraden und der unteren Kurve für die Masse des Weißen Zwergs 0 1 2 3 4 5 6 7 8 Synthese schwerer Elemente in Sternen Mende Massereiche Sterne: Im Massenbereich bis 120 M beginnt der massive Massenverlust bereits auf der Hauptreihe durch einen liniengetriebenen Wind und setzt sich während der gesamten Lebensdauer eines massereichen Sterns fort. Bei diesen Sternen wird die ganze Sequenz der Fusionsprozesse von H zu Fe komplett durchlaufen. Am Ende erleiden diese Sterne eine Supernovaexplosion, ausgelöst durch Kollaps des Fe Kerns und Umwandlung des kollabierenden Materials in Neutronenmaterie. Wenn die Explosion stattfindet, ehe die Sterne ihre äußere Hülle komplett durch den massiven Sternwind verloren haben, dann explodieren sie als Supernovae vom Typ II, sonst als Supernovae vom Typ Ib, Ic. Als Überrest verbleibt ein Neutronenstern von etwa 1.4 M. Bei Sternen mit mehr als etwa 40 M bleibt bei kleinerer als der heutigen Metallizität wahrscheinlich statt des Neutronensterns ein massereiches schwarzes Loch zurück, je nach der Effektivität der Neutrinokühlung in den unmittelbar vorangehenden Stadien. Synthese schwerer Elemente in Sternen In der zweiten Stufe der Massenrückgabe wird eine andere Elementmischung an die interstellare Materie zurückgegeben als im vorherigen Sternwind. Für die Zusammensetzung der interstellaren Materie ist aber nur die Summe der beiden Beiträge von Interesse. • Bei der nachfolgenden Explosion als Supernova kollabiert ein kleiner, zentraler Teil des Sterns zum Neutronenstern oder schwarzen Loch, während der restliche Teil der Masse, die nach der langen Phase des vorangehenden Massenverlustes durch den Sternwind noch verblieben ist, abgeworfen wird. Während des Abwurfprozesses läuft die Supernovastoßwelle durch diese Materie, wodurch es kurzzeitig zu Brennprozessen bei sehr hoher Temperatur kommt (explosives Brennen), bei denen neue Kerne synthetisiert werden, die in normalen Brennprozessen nicht gebildet werden können, beispielsweise die r-Prozeß Elemente bis einschließlich der Elemente der Actiniden-Reihe. • Zunächst wird durch einen massiven Sternwind ein Teil der äußeren Hülle abgetragen. Bei Sternen mit M∗ >∼ 20 M werden nach einer gewissen Zeit dadurch Schichten freigelegt, in denen H zu He verbrannt ist, und bei den Sternen mit M∗ >∼ 40 M werden zusätzlich später auch die Schichten freigelegt, in denen He zu C und O verbrannt ist. Dabei werden bereits die Produkte dieser Brennprozesse an das interstellare Medium abgegeben. Die Massenrückgabe der massereichen Sterne an das interstellare Medium erfogt in zwei Stufen. Synthese schwerer Elemente in Sternen 10 NS M* Mrest Z = 0.001 100 Schwarzes Loch ? Z = 0.02 Z = 0.004 Manfang Abbildung 3: Massenrückgabe an das interstellare Medium durch massereiche Sterne in Abhängigkeit von der Anfangsmasse. Die oberen gestrichelten Kurven geben die Masse des Sterns zum Zeitpunkt des Endes des Kohlenstoffbrennens für verschiedene Metallizitäten an (Modelle von Schaller et al. [13]). Die Supernovaexplosion erfolgt ca. ein Jahr später. Die Massendifferenz zu der mit Manfang gekennzeichneten Geraden wird vom Stern bereits während der Entwicklung auf und nach der Hauptreihe bis zum Zeitpunkt der Explosion an das ISM abgegeben. Dieses Materie enthält Produkte des H- und He- Brennens (He, C, N, O). Die unteren gestrichelten Kurven geben die Restmasse des Sterns nach der Explosion an (nach der Modellrechnung von Woosley & Weaver [17]). Die Differenz zwischen den oberen Kurven und der angedeuteten Masse des Neutronensterns wird bei der Supernovaexplosion abgeworfen. Diese Hülle enthält die Produkte der höheren Brennprozesse (O-, Ne-, Si-Brennen) und in ihr findet hinter der SN-Stoßwelle weitere Elementsynthese durch explosives Brennen statt. Sterne mit hoher Anfangsmasse (M > 40 M ?) kollabieren wahrscheinlich in ein schwarzes Loch und dieses verschluckt die ganze zum Zeitpunkt des Kollaps noch vorhandene Masse 1 10 100 Synthese schwerer Elemente in Sternen Mende 10-7 10-6 10-5 10-4 10 -3 10 -2 10 -1 100 10 1 102 0 H He Li Be B C N O F 10 Ne Na Mg Al Si P Z S Cl Ar K 20 Ca Sc Ti V Cr Mn Co Ni Z = 0.02 Z = 0.002 Z = 0.0002 Fe Cu Zn 30 Synthese schwerer Elemente in Sternen Abbildung 4: Massenrückgabe für die Elemente von H bis Zn bei der Explosion von Supernovae vom Typ II nach den Modellrechnungen von Woosley & Weaver [17] für drei verschiedene Metallizitäten. Es wurde über eine Kroupa-Anfangsmassenverteilung gemittelt. Für die Elemente, die direkt durch Brennprozesse aus H oder He aufgebaut werden können, die Primärelemente, hängt die Massenrückgabe wenig oder praktisch überhaupt nicht von der Anfangsmetallizität ab. Für andere, die nur aus schon vorhandenen schweren Elementen aufgebaut werden können, die Sekundärelemente, hängt die Massenrückgabe stark von der Anfangsmetallizität ab M [MO· ] Supermassive Sterne: Sterne mit mehr als ≈ 120 M sind sehr instabil gegenüber Pulsationen und erleiden dadurch massive Massenverluste. Sie würden während des O-Brennens eine Paarbildungsinstabilität erleiden und kollabieren. Es ist derzeit ungeklärt, ob solche Objekte jemals eine nennenswerte Rolle bei der Elementsysnthese gespielt haben, ausgenommen bei der allerersten Sterngeneration. Synthese schwerer Elemente in Sternen Alle diese Angaben beziehen sich auf die Entwicklung von Einzelsternen. Bei Doppelsternen verläuft die Entwicklung durch den Massenaustausch zwischen den Komponenten erheblich anders. Letztendlich geben sie aber, ebenso wie Einzelsterne, während der Endphase der Entwicklung einen großen Teil ihrer Masse wieder an das interstellare Medium ab. Von Interesse sind deswegen im Zusammenhang mit der chemischen Entwicklung der Galaxis nur die Objekte, die als Supernovae vom Typ Ia explodieren, da diese Objekte eine Elementmischung mit ganz anderer Zusammensetzung an das interstellare Medium abgeben, als es die beiden Partner als Einzelsterne täten. Supernovae vom Typ Ia werden nach gegenwärtiger Vorstellung durch die Explosion eines C+O Weißen Zwergs verursacht, der durch Massenzufluß von einem Begleiter, der das Stadium des Roten Riesen erreicht hat, die Chandrasekharsche Massengrenze für relativistisch entartetes Elektronengas erreicht und daraufhin kollabiert. Sie sind für die gesamte Massenbilanz in der Galaxis nicht besonders wichtig, aber sie sind die Hauptquellen der Elemente der Eisenspitze zwischen Cr und Ni. 1.3 Doppelsterne Abbildung 5: Entwicklung eines Doppelsternsystems zur Supernova vom Typ Ia. Links: halbgetrenntes System mit Massenübersrom. Rechts: Etappen der Entwicklung bis zur Explosion Synthese schwerer Elemente in Doppelsternen Die Entwicklung zur Supernova vom Typ Ia ist schematisch in Abb. 5 dargestellt. Zunächst entwickelt sich die massereichere der beiden Komponenten bis in das Rote Riesen Stadium, bis sie die Roche-Grenze ausfüllt und ein Massenüberfluß auf die masseärmere Komponnte beginnt, bis nur der entartete C+O-Kern der ursprünglich massereicheren Komponente übrigbleibt. Die masseärmere Komponente setzt während der ganzen Zeit ihre normale Hauptreihenentwicklung fort. Nach einiger Zeit beginnt die zweite Komponente sich ebenfalls zum Roten Riesen zu entwickeln. Sobald dieser seine Roche-Grenze ausfüllt, beginnt der Massenüberfluß auf den C+O-Weißen Zwerg. Der entartete Kern wächst allmählich an, bis das C-Brennen im entarteten Kern zündet. Durch die rasche Energiefreisetzung kommt es zur Detonation des Sterns, bei der kein Reststern zurückbleibt. Die Zusammensetzung der bei einer Supernovaexplosion vom Typ Ia zurückgebenen Materie zeigt Abb. 6. Es werden hauptsächlich die Elemente der Eisengruppe und Si und S erzeugt sowie etwas O. Supernovae vom Typ Ia sind die Hauptlieferanten für die Elemente Fe, Ni in der Galaxis; ihr Beitrag zur Synthese anderer Elemente, ausgenommen vielleicht Si, spielt keine wesentliche Rolle. Synthese schwerer Elemente in Doppelsternen 10-8 10 -7 10-6 10-5 10 -4 -3 10 10 -2 10 -1 100 101 0 Z = 0.02 Z=0 C N O 10 Ne Na Mg Al Si Z P S Cl Ar K 20 Ca Sc Ti V Cr Mn Fe Co Ni Cu 30 Zn Synthese schwerer Elemente in Doppelsternen Abbildung 6: Massenrückgabe für die Elemente von C bis Zn bei der Explosion eines C+O–Weißen Zwergs beim Erreichen der Chandrasekharschen Grenzmasse als Supernova vom Typ Ia (Modellrechnung von Iwamoto et al [8]). Diese Supernovae sind die Hauptlieferanten für Fe und die sonstigen Eisengruppenelemente M [MO· ] Die häufigen Novaexplosionen, die auch eine Folgeerscheinung der Sternentwicklung in Doppelsternen sind, sind für die Synthese der schweren Elemente von geringem Interesse, da sie nur sehr wenig zur gesamten Massenrückgabe in der Galaxis beitragen. Sie sind nur als Quellen für einige seltene Isotope bei einigen Elementen von Interesse, die in anderen Sternen nicht erzeugt werden (z.B. 15N). Sie werden nicht weiter betrachtet. Synthese schwerer Elemente in Doppelsternen • Diese Sterne haben sehr große Lebensdauern, sodaß sich die meisten dieser Sterne noch auf oder nahe der Hauptreihe befinden. Man kann die Häufigkeitsentwicklung über einen sehr langen Zeitraum bis zurück zum Zeitpunkt der Entstehung der Milchstraße verfolgen • Bei Sternen auf und nahe der Hauptreihe gibt es keine effizienten Durchmischungsprozesse zwischen dem Oberflächenbereich und den inneren Brennzonen. Die Oberflächenschichten haben praktisch die unveränderten Elementhäufigkeiten wie zum Zeitpunkt der Entstehung des Sterns (ausgenommen Li, das bereits in der Protosternphase verbrannt wird). Die allmähliche Zunahme der Häufigkeit schwerer Elemente in der Milchstraße durch die Elementsynthese in Sternen läßt sich direkt an Hand der Elementhäufigkeiten in Sternen beobachten. Man analysiert dazu für eine möglichst große Zahl von Sternen der Spektraltypen G und früher Typ K aus der Sonnenumgebung deren Spektren und bestimmt daraus die Elementhäufigkeiten in deren Photosphäre. 1.4 Zunahme der Elementhäufigkeiten in Sternen • Frühe Sterne eignen sich aber wegen ihrer kurzen Lebensdauer dazu, die Häufigkeiten im heutigen interstellaren Medium festzustellen • Frühe Spektraltypen haben kurze Lebensdauern, sodaß keine alten Sterne mehr existieren, und ein linienarmes Spektrum, wodurch eine Häufigkeitsanalyse erschwert wird; außerdem rotieren sie stark, wodurch sehr langsame Zirkulationsstr ömungen angeregt werden, die die gesamte Sternmaterie im Verlaufe langer Zeiträume durchmischen und Produkte der zentralen Nukleosyntheseprozesse an die Oberfläche bringen. • Späte K und M Sterne haben sehr viele Molekülbanden in ihren Spektren, die ausreichend genaue Häufigkeitsanalysen praktisch unmöglich machen. Frühere oder spätere Sterne eignen sich für solche Untersuchungen nicht. Zunahme der Elementhäufigkeiten in Sternen Um die allmähliche Zunahme der Elementhäufigkeiten schwerer Elemente zu studieren, müßte die Häufigkeit der Elemente in Sternen als Funktion ihres Alters studiert werden. Leider läßt sich das Alter eines Sterns nur mit sehr großer Unsicherheit feststellen. Man muß deswegen einen Ersatz für das Alter finden, der sich ausreichend genau bestimmen läßt. Als ein solcher Ersatz wird oft die Häufigkeit von Fe relativ zu H verwendet, weil Fe in den Spektren der interessierenden Spektraltypen mit einer großen Zahl von Linien von Fe i und Fe ii vertreten ist, was eine ziemlich genaue Häufgkeitbestimmung ermöglicht. Eisen wird zu etwa einem Drittel in Supernovaexplosionen vom Typ II und zu zwei Dritteln in Supernovaexlposionen vom Typ Ia synthetisiert und seine Häufigkeit sollte deswegen vom Beginn der Entstehung der galaktischen Scheibe an monoton zunehmen. Es ist deswegen üblich, das Häufigkeitsverhältnis Fe/H als Maß für das Alter des Sterns zu verwenden, wobei allerdings der genaue Zusammenhang zwischen Alter und FeHäufigkeit nicht sehr genau festgestellt werden kann. Glücklicherweise ist es für die meisten Zwecke auch nicht wichtig, diesen Zusammenhang genau zu kennen. Entwicklung der Elementhäufigkeiten [Fe/H] = log(Fe/H) − log(Fe/H) (als ein Maß für das Alter des Sterns) für alle interessierenden Elemente X aufgetragen. Die Abbildung 7 zeigt als Beispiel die Entwicklung der Elementhäufigkeiten von O und Si. Diese beiden Elemente werden hauptsächlich in Supernovae vom Typ II synthetisiert. gegen [X/H] = log(X/H) − log(X/H) Die Entwicklung der Elementhäufigkeiten kann dann dadurch studiert werden, daß die Häufigkeit der Elemente relativ zu H gegen das Häufigkeitsverhältnis Fe/H aufgetragen wird. Die Häufigkeitsverhältnisse werden meistens auch noch auf die entsprechenden Häufigkeitsverhältnisse in der Sonne normiert und dann Entwicklung der Elementhäufigkeiten -2 -1 0 1 [Fe/H] -4 -3 -4 -4 -3 -2 -1 0 1 -3 -2 -1 0 1 -4 -3 -1 [Fe/H] -2 0 1 Abbildung 7: Sauerstoff- und Siliziumhäufigkeit in G Sternen in der Sonnenumgebung der Milchstraße in Abhängigkeit von der Eisenhäufigkeit. Dies demonstriert die allmähliche Zunahme der Elementhäufigkeiten in der Milchstraße durch die Prozesse der Elementsynthese in Sternen und der Massenrückgabe an das interstellare Medium durch Supernova Explosionen vom Typ Ia und Typ II. Ein Häufigkeitsverhältnis von [Fe/H]= −1 entspricht etwa einem Alter von 109 Jahren [O/H] Entwicklung der Elementhäufigkeiten [Si/H] zu studieren, weil die Fe-Häufigkeit auch ein Maß für die vorhandene Menge an schweren Elementen ist. Die Größe [X/Fe] zeigt direkt an, wie sich der Anteil eines bestimmten Elements X am Gesambestand schwerer Elemente entwickelt. Die folgenden Abbildungen zeigen diese Entwicklung für eine Reihe der häufigsten schweren Elemente für eine große Zahl von Sternen aus der Sonnenumgebung. Außer C, N und Ni werden diese Elemente alle in Supernovaexplosionen vom Typ II synthetisiert. Deswegen nimmt die Größe [X/Fe] mit zunehmendem [Fe/H] ab, weil die spät einsetzende Synthese des Hauptteils des Fe das Verhältnis [X/Fe] abnehmen läßt. Daß das Verhältnis [Ni/Fe] fast konstant ist, kommt nicht überraschend, denn beide Elemente werden hauptsächlich in Supernovae vom Typ Ia synthetisiert Die Verhältnisse [C/Fe] und [N/Fe] sind ebenfalls annähernd konstant. Der Grund für das synchrone Anwachsen der C- und N-Häufigkeit mit der Fe-Häufigkeit ist in beiden Fällen darin zu suchen, daß C und N hauptsächlich in Sternen mittlerer Masse synthetisiert werden, und daß Supernovae vom Typ Ia ebenfalls Sterne mittlerer Masse als Vorläufersterne haben, sodaß die Vorläufer der AGB-Sterne und der Supernovae vom Typ Ia ähnliche Lebensdauern aufweisen. Dadurch sind deren Massenrückgaberaten zueinander proportional. [X/F e] = log(X/Fe) − log(X/Fe) Für manche Zwecke ist es auch günstig, die Häufigkeitsverhätnisse Entwicklung der Elementhäufigkeiten -0.5 0 [Fe/H] -2 -1.5 [Fe/H] -1 -0.5 F und G Sterne in der Sonnenumgebung -0.8 -1 -0.8 -1.5 -0.6 -0.6 -2 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 0 Abbildung 8: Evolution of the abundances of C, N, and O and the main dust forming elements with metallicity for F and G stars at the solar cycle. Data from Gratton & Sneden [4] (for Al), Magain [11] (for Al), Edvardsson et al. [3], Chen et al. [2], Reddy et al. [12], Gratton et al. [5] (for O, Si), Venn et al. [15] (for Mg, Ca, Ti, Ni), Soubiran [14] (for O, Al, Si), Caffau et al. [1] (for S), Jonsell et al. [9] (for O, Al, Si), Israelian et al. [7] (for N) [C/Fe] Entwicklung der Elementhäufigkeiten [N/Fe] [O/Fe] -0.5 0 [Fe/H] -2 -1.5 [Fe/H] -1 -0.5 F und G Sterne in der Sonnenumgebung -0.8 -1 -0.8 -1.5 -0.6 -0.6 -2 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 0 Entwicklung der Elementhäufigkeiten [Mg/Fe] [Al/Fe] -0.5 0 [Fe/H] -2 -1.5 [Fe/H] -1 -0.5 F und G Sterne in der Sonnenumgebung -0.8 -1 -0.8 -1.5 -0.6 -0.6 -2 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 0 Entwicklung der Elementhäufigkeiten [Si/Fe] [S/Fe] -0.5 0 [Fe/H] -2 -1.5 [Fe/H] -1 -0.5 F und G Sterne in der Sonnenumgebung -0.8 -1 -0.8 -1.5 -0.6 -0.6 -2 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 0 Entwicklung der Elementhäufigkeiten [Ca/Fe] [Ti/Fe] -0.5 0 [Fe/H] -2 -1.5 [Fe/H] -1 -0.5 F und G Sterne in der Sonnenumgebung -0.8 -1 -0.8 -1.5 -0.6 -0.6 -2 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 -0.4 -0.2 0 0.2 0.4 0.6 0.8 0 Entwicklung der Elementhäufigkeiten [Ni/Fe] • Für die Edelgase kann die Häufigkeit aus der Analyse von Linien aus der Sonnenkorona im Röntgenbereich oder durch direkte Messung im Sonnenwind bestimmt werden (allerdings mit mäßiger Genauigkeit). • Für etwa 20 Elemente ist dies nicht möglich, weil entweder das erste angeregte Niveau energetisch zu hoch liegt, um bei einer Temperatur von ≈ 6000 K angeregt werden zu können (die Edelgase) oder die Häufigkeit der Elemente so klein ist, daß ihre Linien alle von den zahlreichen schwachen Linien der häufigen Elemente überlagert werden. • Für etwa 60 Elemente kann die Elementhäufigkeit der Sonnenenphotosphäre aus der Analyse von Spektrallinien mit ausreichender Genauigkeit bestimmt werden. Die Elementhäufigkeiten im Sonnensystem stellen einen Schnappschuß der Elementhäufigkeiten in der Milchstraße in der Sonnenumgebung zum Zeitpunkt der Entstehung desSonnensystems dar (vor 4.567 × 109 Jahren). Da sich die Elementhäufigkeiten im Bereich der Sonnenumgebung in den letzten etwa 5×109 Jahren nicht stark verändert haben, können die Häufigkeiten im Sonnensystem als repräsentativ für die Häufigkeit der Elemente im interstellaren Medium innerhalb dieses Zeitraums betrachtet werden. Für das Sonnensystem liegt die vollständigste Information über die Häufigkeiten aller 82 stabilen (H ... Bi, ohne Tc, Pm) und langlebigen radioaktiven Elemente (Th, U) vor. 1.5 Häufigkeitsverteilung der Elemente im Sonnensystem Für andere Sterne lassen sich bestenfall für 50 Elemente die Häufigkeiten bestimmen, meistens sogar nur für einige wenige. • Für Elemente, deren Häufigkeiten sowohl für die Sonne als auch für die Meteoriten bestimmt werden kann, ist die Übereinstimmung meistend sehr gut. • Für die flüchtigen Elemente (volatilen) Elemente kann die Häufigkeit nicht aus Meteoriten bestimmt werde, da sie nicht oder nur unvolltändig auskondensiert waren. Das betrifft vor allem H, He, und die Edelgase, aber auch C, N, O, S und einige andere Elemente • Die Häufigkeit kann nur für die schwer flüchtigen (refraktären) Elemente bestimmt werden, die bei niedrigen Temperaturen vollständig im Staub auskondensiert waren. • Für ebenfalls etwa 60 Elemente können die Häufigkeiten aus dem Material primtiver Meteoriten, der sog. CI-Chondrite, bestimmt werden. Diese sind sehr altes Material aus der Entstehungszeit des Sonnensystems aus kleinen Körpern, die nie aufgeschmolzen waren und dadurch nie in einen Silikatmantel und einen Eisenkern differenziert waren. Dadurch bestehen sie noch aus der originale Elementmischung des interstellaren Staubs, aus dem sie letztendlich auch entstanden sind Häufigkeitsverteilung der Elemente im Sonnensystem 0 Li Be He H 10 Al Na Cr Fe 20 Sc V 40 Z 50 60 70 80 Ge Se Kr Sr Zr Xe Ga Mo Pd SnTe Ba Pb Br Ru Cd Ce As Rb Pt Dy Nd Os Yb Y Gd Hg Sm Er Hf J Nb W Ir Ag La Rh InSb Cs Au Tl Bi Pr Eu Ho Tb Lu Re Tm Ta 30 Cu Zn Ni Co Ti Mn Ca K Ar Cl S P Si Mg Ne F O N B C 90 Th U 100 Abbildung 9: Häufigkeitsverteilung der Elemente im Sonnensystem (dekadischer Logarithmus), wie sie aus der Analyse des Sonnenspektrums und den Häufigkeitsbestimmungen in Meteoriten folgt (Grevesse & Sauval [6]). Die Häufigkeit ist in der astronomischen Häufigkeitsskala angegeben, in der H die Häufigkeit 12 erhält. Diese Häufigkeitsverteilung wird als repräsentativ für die Häufigkeitsverteilung der Elemente von Pop I Sternen angesehen. 0 2 4 6 8 10 12 Häufigkeitsverteilung der Elemente im Sonnensystem εel • Andere Elemente werden wegen ihrer geringen Häufigkeit höchstens als Verunreinigungen bei der Bildung der häufigen Staubkomponenten in diese mit eingebaut oder bilden höchstens unter speziellen Umständen eigenständige Kondensate, die aber wegen der geringen Menge nicht durch astronomische Beobachtungen identifiziert werden können. • Im Kosmos ist nur eine kleine Zahl der häufigsten Elemente für die Chemie der Gasphase und der kondensierten Phasen (des interstellaren Staubs) von Bedeutung, denn nur aus den häufigsten Elementen kann Staub in merklichen Quantitäten gebildet werden. Das schränkt die Anzahl der zur Konkurrenz stehenden Elemente sehr stark ein. Praktisch kommen für die Staubbildung nur C, N, O, S und die Metalle Na, Mg, Al, Si sowie die Metalle der Eisengruppe in Frage (Abb. 10). Aus der starken Abnahme der Häufigkeiten mit zunehmendem Z ergeben sich für die Bildung chemischer Verbindungen (Moleküle, Festkörper) folgende Konsequenzen: 1.6 Die chemisch wichtigen Elemente P K F Zn Al N Si Cr Cl Ar O C Ne Mg S Cu Ti Mn Ca Fe V Co Ni Na Gruppe III Gruppe II Gruppe I Abbildung 10: Kosmische Standardelementmischung. Häufigkeiten nach Grevesse und Sauval [6]. 4 5 6 7 8 9 10 He 11 H 6 12 log + 12 Die chemisch wichtigen Elemente Die durchschnittlichen Häufigkeiten der Elemente der zweiten Gruppe ist um ca. den Faktor zehn geringer als die der ersten Gruppe, und die Häufigkeiten der dritten Gruppe sind durchschnittlich um nochmals einen Faktor zehn geringer. Das schlägt sich entsprechend in den Häufigkeiten der chemischen Verbindungen dieser Elemente in der Gasphase und im festen Zustand nieder. Verbindungen mit Elementen nachfolgender Gruppen sind immer sehr viel weniger häufig als Verbindungen mit Elementen aus der gleichen Gruppe oder aus vorangehenden Gruppen. Dadurch ist die Chemie der Verbindungen aus Elementen dieser drei Gruppen teilweise entkoppelt. Für die Chemie der Gasphase und der Kondensate spielen im allgemeinen nur diese Elemente eine Rolle weil naturgemäß nur solche chemischen Verbindungen in merklichen Mengen vorkommen können, die aus häufigen Elementen bestehen. Wasserstoff ist das häufigste Element, spielt aber nur in Verbindungen mit Kohlenstoff durch die Möglichkeit der Bildung von Kohlenwasserstoffen eine Rolle. Die Edelgase sind an der Chemie nicht beteiligt. • Die dritte Gruppe wird von den Elementen Al, Ca, Na und Ni gebildet. • Die zweite Gruppe wird von den Elementen Si, Mg, Fe und S gebildet. • Die erste Gruppe wird von den Elementen C, N und O gebildet. Es ist festzustellen, daß die Häufigkeiten der häufigen Metalle bei der kosmischen Elementmischung drei deutlich voneinander getrennte Gruppen bilden: Die chemisch wichtigen Elemente Im interstellaren Medium stellt sich kein chemisches Gleichgewicht ein, aber die thermodynamisch stabilsten und deswegen häufigsten Verbindungen sind meistens auch unter Nichtgleichgewichtsbedingungen die häufigsten Verbindungen. Die Größe der Bindungsenergie ist meistens das ausschlaggebende Kriterium, da bei den interessierenden Elementen große Unterschiede in den Bindungsenergien der chemischen Verbindungen vorkommen. • wenn Unterschiede in den Bindungsenergien zur Konkurrenz stehender Verbindungen gering sind, aus Gründen der Entropiemaximierung die Verbindung mit dem häufigeren Element bevorzugt gebildet wird. • die Elemente derart auf die möglichen Verbindungen verteilt werden, daß die Verbindungen mit den größten Bindungsenergien mit möglichst großer Häufigkeit auftreten, und daß, Entsprechend den Prinzipien der Thermodynamik stellt sich in einem Gemisch von mehreren Elementen im chemischen Gleichgewicht bei gegebenem Volumen ein Zustand ein, der einem Minimum der gesamten freien Energie entspricht. Das läuft darauf hinaus, daß sich das Gemisch so einstellt, daß: 1.7 Sauerstoff- und kohlenstoffreiche Chemie 4 r VC HF r rCF rNaF rKF rMgF rrrCrF rCoF r rTiN TiCl r AlCl CP PO r 5 r rP2 rPN KCl HCl rPS PF r r TiC rCrO NiF aCl r MnF r rN rrSiCl r MnO CuF CoCl rTiS CaCl TiF SiF VO r r VP AlF rTiO r 6 r CaO AlO r 7 r S2 r NS r SO r SiS r CS r FeO r r SiC SiN 8 r CN NO r SiO r N r 2 r C2 CO r r 9 OH r O2 - log Abbildung 11: Bindungsenergien zweiatomiger Moleküle mit besonders hoher Bindungsenergie, die aus den häufigsten Elementen der kosmischen Standardmischung der Elemente gebildet werden können. Die Abszisse gibt die kosmische Häufigkeit des weniger häufigen der beiden Elemente im Molekül an. Die Moleküle, deren chemische Formel fett gedruckt ist, binden jeweils das weniger häufige der beiden Moleküle vollständig in diesem einen Molekül. 4 5 6 7 8 9 10 11 12 6 E[eV] Sauerstoff- und kohlenstoffreiche Chemie Das zweite Molekül mit ganz ungewöhnlich hoher Bindungsenergie ist N2. Durch dessen Bildung wird der Stickstoff praktisch vollständig durch die Bildung dieses Moleküls chemisch blockiert. Stickstoff spielt deswegen für die Chemie in der Regel keine Rolle. Das seltenere der beiden Elemente C und O ist demnach im CO Molekül chemisch blockiert. Die Bindungsenergie von CO ist so hoch, daß sich bei späterer Bildung von Festkörpern an der chemischen Blockade von C oder O im CO nichts wesentliches ändert. • In einer kohlenstoffreiche Elementmischung, die in einigen Sternen vorkommt, wird bei der Bildung von CO aller verfügbarer Sauerstoff verbraucht und nur der hierbei nicht verbrauchte Teil des Kohlenstoffs kann weitere chemische Verbindungen eingehen. • In der sauerstoffreichen Elementmischung im Kosmos bedeutet das, daß aller verfügbarer Kohlenstoff bei der Bildung von CO verbraucht wird. Der hierbei nicht verbrauchte Teil des Sauerstoffs kann andere chemische Verbindungen eingehen. Auffällig sind die weit überdurchschnittlich hohen Bindungsenergien von CO und N2. Das Molekül CO verbraucht bei seiner Bildung deswegen das weniger häufige der beiden Elemente C und O. Weitere Verbindungen des weniger häufigen Elements können dann nicht oder nur in sehr kleinen Mengen auftreten. Sauerstoff- und kohlenstoffreiche Chemie Die Elemente der Gruppe I (siehe Abb. 10) sind demnach chemisch vollständig oder fast vollständig im N2 und CO blockiert. Von dieser Gruppe der häufigsten Metalle sind nur noch jeweils der Überschuß des O in der sauerstoffreichen und der Überschuß des C in der kohlenstoffreichen Elementmischung chemisch aktiv. • Die kohlenstoffreiche Elementmischung, in der Sauerstoff im CO chemisch blockiert ist. In dieser Mischung können neben CO weitere Kohlenstoffverbindungen gebildet werden und nur solche Mineralien, die für ihre Bildung kein O benötigen. Insbesondere können hier neben Kohlenstoff Karbide, Sulfide und Nitride gebildet werden. • Die sauerstoffreiche Elementmischung, in der Kohlenstoff im CO chemisch blockiert ist. In dieser Mischung können neben CO weitere Sauerstoffverbindungen und insbesondere die zahlreichen Mineralien, die für ihre Bildung O benötigen, gebildet werden. Das entspricht der interstellaren Elementmischung. Die ungewöhnliche hohe Bindungsenergie des CO Moleküls hat zur Folge, daß in kosmischen Objekten zwei grundsätzlich verschiedene Arten von Elementmischungen unterschieden werden müssen: Sauerstoff- und kohlenstoffreiche Chemie • Verbindungen von Elementen der Gruppe III (Al, Na, Ca, Ni) mit O und den Elementen der Gruppe II. Vor allem wichtig sind die Aluminium- und Kalziummineralien, von denen etliche thermisch außerordentlich stabil sind. Wegen der deutlich geringeren Häufigkeit von Al und Ca, verglichen mit den Elementen der Gruppe II, können sie nicht die dominierenden Staubspezies darstellen, aber sie sind thermisch stabiler als die Mineralien, die aus den Elementen der Gruppe II gebildet werden, und kondensieren zumindest unter Gleichgewichtsbedingungen bei erheblich höheren Temperaturen. Auch einige Natriummineralien gehören dazu. Nickel bildet unter kosmischen Bedingungen keine eigenständigen Mineralien sondern kommt nur in Verbindung mit Eisen z.B. als Ni-Fe-Legierung vor. • Verbindungen von Elementen der Gruppe II (Mg, Si, S, Fe) untereinander und mit O. Das sind hauptsächlich die verschiedenen Eisen- und Magnesiumsilikate, metallisches Eisen und die Oxide und eventuell auch Sulfide von Si, Mg, Fe. Diese bilden in den meisten sauerstoffreichen Elementmischungen die Hauptkomponenten des Staubs, weil sie die häufigsten potentiell staubbildenden Elemente darstellen. Sehr viele der besonders stabilen Mineralien enthalten als wesentliches Bauelement in ihrem Gitter Sauerstoffatome. Diese Mineralien können in der sauerstoffreichen Elementmischung im Kosmos gebildet werden. Zwei Kategorien von Mineralien spielen eine wesentliche Rolle: 1.8 Mineralmischung in sauerstoffreicher Umgebung C C Fe Ni Si Ti V Zr Al4 C3 CaC2 SiC TiC VC V2 C ZrC AlN Ca3 N2 Si3 N4 TiN VN ZrN Aluminium carbide Calcium carbide Silicon carbide Titanium carbide Vanadium carbide Vanadium carbide Zirconium carbide Aluminium nitride Calcium nitride Silicon nitride Titanium nitride Vanadium nitride Zirconium nitride 143.959 64.100 40.097 59.878 62.953 113.894 103.235 6.73 nitrides 40.989 3.255 148.247 2.67 140.284 3.17 61.874 5.43 64.949 6.13 105.231 7.09 12.011 12.011 55.845 58.693 28.086 47.867 50.942 91.224 elements 3.513 2.2 7.86 8.90 2.329 4.506 6.0 6.52 carbides 2.36 2.22 3.16 4.93 5.77 3300 1468 2170 3560 2320 3230 Osbornite Diamond subl 4098 Graphite 3134 3186 3538 3560 3680 Siede- Mineral punkt [K] Name 2370 dec > 2500 2570 3100 dec 3245 3340 3083 2440 3795 1811 1728 1687 1941 2183 2128 Formel Molekular- Dichte Schmelz−3 gewicht [g/cm ] punkt [K] Carbon (diamond) Carbon (graphite) Iron Nickel Silicon Titanium Vanadium Zirconium Name √ √ √ √ √ √ entdeckt Tabelle 1: Physikalische Eigenschaften schwerflüchtiger Festkörper der häufigen Elemente und besonders stabile Verbindungen einiger weniger häufiger Elemente, ihre Mineralnamen, und ihre Entdeckung als interstellarer oder zurkumstellarer Staub oder als präsolare Staubteilchen in Meteoriten Eigenschaften der Mineralien Aluminium oxide Calcium oxide Iron(II) oxide Iron(II,III) oxide Iron(III) oxide Magnesium oxide Nickel(II) oxide Silicon monoxide Silicon dioxide (α-quartz) Silicon dioxide (β-quartz) Silicon dioxide (tridymite) Silicon dioxide (cristobalite) Sodium oxide Titanium(II) oxide Titanium(III) oxide Titanium(III,IV) oxide Titanium(IV) oxide Vanadium oxide Vanadium(IV) oxide Zirconium oxide Name 101.961 56.077 71.844 231.533 159.688 40.304 74.692 44.085 60.085 60.085 60.085 60.085 61.979 63.866 143.732 223.598 79.866 66.941 82.941 123.223 Al2 O3 CaO FeO Fe3 O4 Fe2 O3 MgO NiO SiO SiO2 SiO2 SiO2 SiO2 Na2 O TiO Ti2 O3 Ti3 O5 TiO2 VO VO2 ZrO2 2.27 4.95 4.486 4.24 4.23 5.758 4.339 5.68 dec 1405 2023 2115 2050 2116 2063 2240 2980 Baddeleyite Rutile 3220 Cristobalite 3220 Tridymite 3220 β-Quartz 3220 α-Quartz 3870 Wüstite Haematite Magnetite ≈ 3300 Corundum Melting Boling Mineral Point [K] Point [K] Name oxides 3.97 2327 3.34 3200 6.0 1650 5.17 1870 5.25 1838 3.6 3100 6.72 2228 2.18 2.648 846 trans. to β-quartz 2.533 1140 trans. to tridymite 2.265 1743 trans. to cristobalite 2.334 1986 Formula Molecular Density Weight [g/cm−3 ] Forsetzung der Tab. Eigenschaften der Mineralien √ √ detected Al2 S3 CaS FeS MgS NiS Ni3 S4 Ni3 S2 Na2 S TiS ZrS2 CaSi2 CaSi FeSi FeSi2 Mg2 Si NiSi2 TiSi2 V3 Si ZrSi2 Calcium silicide Calcium silicide Iron silicide Iron silicide Magnesium silicide Nickel silicide Titanium silicide Vanadium silicide Zirconium silicide 96.249 68.164 83.931 112.016 76.696 114.864 104.038 180.911 147.395 150.161 72.144 87.911 56.371 90.759 304.344 240.212 78.046 79.933 155.356 Oldhamite Troilite Melting Boling Mineral Point [K] Point [K] Name sulphides 2.02 1373 2.59 2798 4.7 1461 2.68 dec > 2300 5.5 1249 4.77 1268 5.87 1060 1.865 1445 3.85 2000 3.82 1753 silicides 2.50 1313 2.39 1597 6.1 1680 4.74 1490 1.99 1375 4.83 1266 4.0 1773 5.70 2208 4.88 1893 Formula Molecular Density Weight [g/cm−3 ] Aluminium sulphide Calcium sulphide Iron sulphide Magnesium sulphide Nickel(II) sulphide Nickel(II,III) sulphide Nickel(III) sulphide Sodium sulphide Titanium sulphide Zirconium sulphide Name Fortsetzung der Tab. Eigenschaften der Mineralien √ detected Aluminium silicate Calcium aluminate Calcium carbonate Calcium cyanamide Calcium metasilicate Calcium titanate Iron(II) orthosilicate Iron(II) titanate Magnesium metasilicate Magnesium orthosilicate Magnesium titanate Sodium aluminate Soduim metasilicate Zirconium orthosilicate Name Al2 SiO5 CaAl2 O5 CaCO3 CaCN2 CaSiO3 CaTiO3 Fe2 SiO4 FeTiO3 MgSiO3 Mg2 SiO4 MgTiO3 NaAlO2 Na2 SiO3 ZrSiO4 Zircon Wollastonite Perovskite Fayalite Ilmenite Enstatite Forsterite Calcite Melting Boling Mineral Point [K] Point [K] Name miscellaneous minerals 162.046 3.145 158.039 2.98 1878 100.087 2.71 1612 80.102 2.29 ≈ 1600 116.162 2.92 135.943 3.98 2253 203.774 4.30 151.710 4.72 ≈ 1740 100.389 3.19 dec ≈ 1820 140.694 3.21 2171 120.170 3.85 1838 81.971 4.63 1920 122.064 2.61 1362 183.308 4.6 dec 1813 Formula Molecular Density Weight [g/cm−3 ] Fortsetzung der Tab. Eigenschaften der Mineralien √ √ detected Al2 O3 CaTiO3 Melilit MgAl2 O4 CaAl2 Si2 O8 CaMgSi2 O6 MgAl2 O4 CaTiSiO5 MgTi2 O5 Mg2 SiO4 TiO2 CaAl2 Si2 O8 MgSiO3 Al2 SiO5 Fe FeS Spezies 1430 1350 1285 1190 1162 1145 1131 1129 1124 1122 1096 1093 1086 1068 1062 680 Tcond [K] 1068 1190 1129 1142 1162 1130 760 1090 1124 1096 Tumw [K] Sauerstoffreiche Mischung C TiC SiC Fe AlN CaS Al2 O3 MgAl2 O4 Mg2 SiO4 Al2 SiO5 Spezies 1700 1490 1310 1055 1040 1025 894 880 831 784 Tcond [K] 880 784 897 Tumw [K] Kohlenstoffreiche Mischung Tabelle 2: Kondensationstemperaturen für Festkörper bei einer sauerstoffreichen (C/O=0.55) und einer kohlenstoffreichen (C/O=1.5) Elementmischung bei niedrigem Druck (P = 2 × 10−8 bar) (Lattimer, Schramm und Grossman [10]). Tcond bezeichnet die Temperatur, bei der ein Festkörper in einer langsam abkühlenden Umgebung zuerst auftaucht. Tumw bezeichnet die Temperatur, bei der dieser Festkörper zu Gunsten der Bildung eines anderen, stabileren Festkörpers wieder verschwindet. Mineralmischung in sauerstoffreicher Umgebung Da im Kosmos kein chemisches Gleichgewicht vorliegt, kann unter bestimmten Bedingungen auch Kohlenstoff gebildet werden, trotz der sauerstoffreichen Elementmischung (UV-Strahlung bricht die CO-Bindung) • Eventuell auch Quarz mit der Zusammensetzung SiO2 • Metallisches Eisen (das nimmt normalerweise alles Ni in Form einer Nickel-EisenLegierung auf ) • Pyroxen mit der Zusammensetzung MgxFe1−xSiO3. Das ist ein Mischkristall aus Enstatit MgSiO3 und Ferrosilit FeSiO3. Das Mischungsverhältnis x kann jeden beliebigen Wert x im Intervall 0 ≤ x ≤ 1 annehmen • Olivin mit der Zusammensetzung Mg2xFe2(1−x)SiO4. Das ist ein Mischkristall aus Forsterit Mg2SiO4 und Fayalit Fe2SiO4. Das Mischungsverhältnis x kann jeden beliebigen Wert x im Intervall 0 ≤ x ≤ 1 annehmen Die primären Staubmaterialien in der kosmischen Elementmischung sind: Mineralmischung in sauerstoffreicher Umgebung In allen diesen Verbindungen können die normalen Kationen gegen Kationen anderer, weniger häufiger Elemente ausgetauscht werden, auch mit anderen Ladungen (aber so, daß dabei insgesamt Ladungsneutralität gilt), und in den Silikatverbindungen kann ein Teil (bis ≈ 20%) der Si Atome durch tetraedisch koordiniertes Al ausgetauscht werden. Die Verbindungen haben deswegen eine komplexe Zusammensetzung mit variablem AlSi-Gehalt und einem beträchtlichen Gehalt an weniger häufigen Elementen • Anorthit mit der Zusammensetzung CaAl2Si2O8 (das ist die Hauptkomponente der gesteinsbildenden Feldspäte • Diopsid mit der Zusammensetzung CaMg(SiO3)2 • Spinell mit der Zusammensetzung MgAl2O4 • Melilit, ein Mischkristall aus Åkermanit mit der Zusammensetzung Ca2MgSi2O7 und Gehlenit mit der Zusammensetzung Ca2Al2SiO7. Das Mischungsverhältnis x kann jeden beliebigen Wert x im Intervall 0 ≤ x ≤ 1 annehmen • Korund mit der Zusammensetzung Al2O3 bzw Hibonit mit der Zusammensetzung CaAl6O19 Die sekundären Staubmaterialien in der kosmischen Elementmischung sind: Mineralmischung in sauerstoffreicher Umgebung Fester Kohlenstoff: Diamant (links), Graphit (rechts) Kleine Galerie der Minerale Silikate: Forsterit Mg2SiO4 (links), Fayalit Fe2SiO4 (rechts) Kleine Galerie der Minerale Silikate: Enstatit MgSiO3 (links), Ferrosilit FeSiO3 (rechts) Kleine Galerie der Minerale Al-Verbindungen: Korund Al2O3 (links), Hibonit CaAl6O19 (rechts) Kleine Galerie der Minerale Al-Verbindubgen: Melilit CaAl2SiO7 (links), Spinell MgAl2O4 (rechts) Kleine Galerie der Minerale Diopsid MgCaSi2O6 (links), Siliziumkarbid SiC (rechts) Kleine Galerie der Minerale Mineralmischung in sauerstoffreicher Umgebung [17] Woosley, S. E., Weaver, T. A. (1995) The evolution and explosion of massive stars. II. 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