eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos HauptteilSeite 5.57 Don Carlos 4 Wörter, 21 Zeichen Don Carlos, s. Karl. Karl (althochd. Charal, Karl, »Mann«, latinisiert Carolus, franz. u. engl. Charles, ital. Carlo, span. Carlos), männlicher Vorname, Name zahlreicher fürstlicher Personen. Übersicht nach den Ländern: Karolinger 1-4. Deutsche Kaiser u. Könige 5-8. Baden 9. Bayern 10, 11. Brandenburg 12. Braunschweig 13, 14. Burgund 15. Frankreich 16-25. Großbritannien 26-28. Hohenzollern 29, 30. Lothringen 31-34. Mecklenburg 35. Neapel-Sizilien 36-38. Österreich 39. Parma 40. Pfalz 41, 42. Preußen 43. Rumänien 44. Sachsen-Weimar 45-47. Savoyen-Sardinien 48-52. Schleswig-Holstein 53. Schwarzburg 54. Schweden 55-63. Spanien 64-68. PräÂ-tendenten 69-71. Württemberg 72-74. [Geschlecht der Karolinger.] 1) Karl Martell, der »Hammer«, der Sohn des Majordomus Pippin von Herstal und der schönen Chalpaida, geboren um 688, wurde nach dem Tod seines Vaters (714) von den austrasischen Franken zum Herzog gewählt, schlug die Neustrier unter ihrem König Chilperich II. und dem Majordomus Raganfrid 716 und 717 bei Amblève und Vincy. Er erhob nun Chlotar IV., nach dessen frühem Tode Theuderich IV. auf den Thron und wurde, als Chilperich von Neustrien 720 starb, Majordomus des ganzen Frankenreichs. Indem er kirchliche Ämter Anhängern, meistens Laien, verlieh, manchem von ihnen sogar mehrere Bistümer übertrug, wußte er die reichen Hilfsmittel der Kirche für die Ausbreitung seiner Macht nutzbar zu machen. Denn in Wahrheit herrschte er, nicht der König, obwohl man dem Merowinger noch immer königliche Ehren erwies. Als Theuderich 737 starb, hat Karl Martell keinen König mehr eingesetzt. Nachdem er die Friesen meist unterworfen (722) und sogar die Sachsen bekriegt hatte (724), bewältigte er die widerstrebenden deutschen Stämme, wie Bayern (728) und Alemannen (730). Indem er dann die Araber, deren gewaltigem Anprall das Westgotenreich in Spanien und das Herzogtum Aquitanien erlegen waren, in der denkwürdigen Schlacht bei Poitiers (auch bei Tours genannt) 732 und bei Narbonne 737 besiegte und ihrem Vordringen für immer Halt gebot, hat er sich ein Anrecht darauf erworben, als der Retter der christlich-germanischen Kultur gepriesen zu werden. Die Macht seines Hauses hatte Karl Martell Seite 1 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos begründet, die des Frankenreichs wiederhergestellt; dem Papst konnte er gegen die Langobarden nicht mehr helfen, denn er starb schon 22. Okt. 741 in Kiersy, nachdem er die Herrschaft unter seine Söhne Karlmann und Pippin den Kleinen geteilt hatte. Vgl. Breysig, Jahrbücher des fränkischen Reichs 714-741 (Leipz. 1869). 2) Karl I., der Große, König der Franken und römischer Kaiser, Enkel des vorigen, ältester Sohn Pippins des Kleinen und der Bertha, einer Tochter Chariberts, Grafen von Laon, geb. 2. April 742. Sein Geburtsort ist unbekannt, Aachen oder Ingelheim sind nur durch die Sage oder spätere Schriftsteller beglaubigt. Karl wurde nach dem Tod seines Vaters (768) mit seinem Bruder Karlmann zum König gesalbt und erhielt Austrasien und einen Teil von Aquitanien, bemächtigte sich aber nach seines Bruders Tod 771 mit Zustimmung der Großen des ganzen Reichs, worauf Karlmanns Witwe samt ihren unmündigen Söhnen zu ihrem Vater, dem Langobardenkönig Desiderius, floh. 773 zog er gegen letztern, zwang ihn nach einer zehnmonatlichen Belagerung in Pavia, sich zu ergeben, schickte ihn in ein Kloster und ließ sich als König der Langobarden huldigen (Juni 774). Daneben beschäftigte ihn bereits seit 772 der Plan, die noch unabhängigen Sachsen zu unterwerfen und zugleich zum Christentum zu bekehren. Nachdem sich auch die Reichsversammlung zu Worms für den Krieg entschieden hatte, drang in das Land des sächsischen Stammes der Engern ein, nahm die Eresburg (an der Stelle des heutigen Stadtberge) ein und zerstörte die Irminsul, nach sächsisch-heidnischem Glauben die das Weltall tragende Säule (unweit Altenbeken). Die Engern versprachen Unterwerfung und Annahme des Christentums. 774 empörten sie sich wieder, wurden aber durch ein fränkisches Heer geschlagen und gezüchtigt. 775 wurden dann nicht nur die Engern, sondern auch die Ostfalen und Westfalen, die andern Stämme der Sachsen, unterworfen; allein sie empörten sich immer wieder (so 776 und 778). Am gefährlichsten war der Aufstand von 782. Widukind, ein westfälischer Fürst, kehrte damals aus Dänemark, wo er bisher eine Zuflucht gefunden hatte, zurück, reizte die Sachsen, welche gerade auf einem Zuge gegen die feindlichen Sorben Heeresfolge leisten sollten, auf, und sie vernichteten ein fränkisches Heer am Süntelgebirge. Karl erschien alsbald und ließ zum warnenden Beispiel 4500 Sachsen zu Verden an der Aller enthaupten. Nun erhoben sich die Sachsen von neuem zahlreicher als je, aber Karl schlug sie 783 bei Detmold und entscheidender an der Hase. Damit war der sächsische Krieg eigentlich beendet, besonders da sich 785 Widukind und Albion, ein andrer Häuptling, unterwarfen und zu Attigny taufen ließen. Zwar griffen die Sachsen noch mehrmals zu den Waffen, aber beim Herannahen Karls ergaben sie sich gewöhnlich. Die Nordalbinger (Sachsen nördlich der Elbe) wurden erst forlaufend 804 unterworfen und damals 10,000 von ihnen als Geiseln für die Treue ihrer Landsleute ins innere Deutschland weggeführt. Massentaufen der Sachsen hatten wiederholt stattgefunden, und nach und nach wurden folgende Bistümer begründet: Halberstadt, Paderborn, Minden, Verden, Bremen, Münster und Osnabrück, von Klöstern Korvei und Herford. Den Gedanken, in Hamburg ein Erzbistum zu begründen, hat Karl nicht mehr ausführen können. Sogar über die Grenzen Sachsens hinaus ist Karl vorgedrungen. 789 unterwarf er die Wilzen jenseit der Elbe, die Obotriten waren ihm verbündet, 806 wurden die Sorben und selbst die Böhmen teilweise abhängig und 808 die Eidergrenze gegen Dänemark behauptet. Diese Grenze wurde von letzterm auch 811 anerkannt. Als Karl 788 den unbotmäßigen Herzog von Bayern, Thassilo, abgesetzt hatte (derselbe wurde ins Kloster Jumièges geschickt und die herzogliche Würde in Bayern aufgehoben), wurde er in einen Krieg mit dessen Verbündeten, den räuberischen Avaren, verwickelt. 791 drang Karl bis zur Raab vor, der Markgraf Erich von Friaul erstürmte 795 den Hauptring der Avaren an der Theiß, und 796 zwang Karls Sohn Pippin dieselben zur Unterwerfung. Schon viele Jahre vorher hatte Karl, damals noch mit dem Sachsenkrieg beschäftigt, eine Eroberung im Süden begonnen. 777 war eine arabische Gesandtschaft des Statthalters von Saragossa, Hussein el Abdari, auf dem Reichstag zu Paderborn erschienen und hatte um Hilfe gegen Abd ur Rahmân, den omejjadischen Kalifen von Cordova, gebeten. Karl zog 778 über die Pyrenäen, nahm Pamplona ein und eroberte Saragossa, wo er Hussein wieder einsetzte. Auf die Kunde von einem Sachsenaufstand trat er den Rückzug an. Auf diesem wurden die Franken (wahrscheinlich im Thal von Roncesvalles) von den treulosen Basken überfallen und viele getötet, darunter Hruodland, der Befehlshaber der britannischen Mark, das Urbild des Roland der Sage. Karl hatte seine Eroberung wieder aufgeben müssen und konnte erst nach einem glücklichen Feldzug seines Sohns Ludwig in Spanien (799) und nach dem Fall Barcelonas 801 die spanische Mark errichten, welche das Land von den Pyrenäen bis zum Ebro umfaßte. Zum Schutz des Reichs richtete Karl auch an den andern Grenzen seines Reichs Marken ein: gegen die südlichen Slawen die Marken von Friaul und Kärnten, gegen die Avaren die avarische Mark (das spätere Österreich), gegen die Böhmen die fränkische im Nordgau, gegen die Sorben die thüringische an der Saale, gegen die Dänen die Mark an der Eider. In den Marken siedelte er fränkische Vasallen (Markmannen) an und verlieh den Markgrafen, unter welche er sie stellte, eine ausgedehntere Gewalt als den Grafen des Binnenlandes. Karls Reich erstreckte sich im Norden bis zur Eider, im Osten bis zur Elbe, Saale und Raab, im Süden bis zum Volturno und Ebro, im übrigen bis zum Atlantischen und Mittelländischen Meer. Seite 2 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos In Karls Geiste durchdringen sich politische und religiöse Interessen: er betrachtete sich nicht allein als weltlichen Herrscher, sondern auch als Haupt der Kirche, welcher alle Reichsgenossen angehörten. Seine Herrschaft besaß einen universalen Charakter, noch bevor das römische Kaisertum wieder erstand. Schon vorher war Karl Patricius von Rom, wie sein Vater; er besaß die Schlüssel zum Grab des heil. Petrus und hatte das Gelöbnis der Treue vom Papst empfangen, nur der kaiserliche Name fehlte. Auch diesen empfing er, als ihm am Weihnachtstag 800 Leo III. in der Peterskirche zu Rom die goldene Krone aufs Haupt setzte. Ostrom erkannte ihn 812 als Kaiser an, auch die christlichen Angelsachsen und Schotten betrachteten ihn als Oberherrn. Selbst in dem Patrimonium Petri, dessen Besitz Karl 774 dem Papst versprochen hatte, wenn er seine Ansprüche als begründet nachweisen könne, waren des Kaisers Herrschaftsrechte unbestritten. Karl hat auf die neue Würde großes Gewicht gelegt; 802 ließ er sich von seinen Unterthanen einen neuen Eid leisten: nicht das altgermanische Verhältnis der Treue sollte fortan das einzige Band zwischen Fürst und Volk sein, sondern es kam der christliche Gehorsam gegen den Oberherrn der Kirche hinzu. Im fränkischen Reich war die Besetzung der Bistümer, die Verleihung der Pfründen immer in der Hand des Königs gewesen; Karl hat aber auch in die Lehre der Kirche eingegriffen. Die Kirchenversammlungen berief er nicht nur, sondern er änderte auch ihre Beschlüsse nach Gefallen ab, überwachte den Wandel der Geistlichen mit aufmerksamem Auge und stellte ihnen die Regel des heil. Benedikt zum Vorbild auf. Auch in den weltlichen Gesetzen hat er damals geändert, was gegen Gottes Gebote zu verstoßen schien; doch das germanische Recht und die auf nationaler Grundlage erwachsene Organisation des fränkischen Reichs hat er nicht angetastet, vielmehr naturgemäß weiter entwickelt. Durch seine Erlasse (Kapitularien) suchte er höchstens eine größere Einheit in dem vielsprachigen Reich herzustellen. Sie wurden auf den beiden Reichsversammlungen beschlossen, welche Karl im Mai und im Herbst zu berufen pflegte. Da erschienen und erstatteten Bericht die Sendboten (missi), welche in den Provinzen umhersandte, um den Kultus, die Finanzen und das Gerichtswesen zu überwachen. Sie hielten in ihrem Bezirk viermal jährlich Gericht als eine über den Grafen stehende Instanz. An Stelle der Herzöge, deren Ämter Karl beseitigt hatte (außer Benevent), wurden sie vorgesetzte Behörde der Grafen. In jedem Gau gab es einen Grafen; seine Funktionen waren richterlicher und militärischer Art. Dreimal im Jahr hielt er die ordentliche Gerichtsversammlung ab, zu welcher alle Freien erscheinen mußten, und führte den Heerbann seines Gaues in den Krieg; doch waren nicht alle Freien zur Heeresfolge verpflichtet, zumal da man bisweilen in die weite Ferne ziehen und sich selbst verpflegen mußte. Dem Eigengut wurde damals schon das gegen Treueid empfangene Lehen (beneficium) gleich geachtet, und die Lehnsleute zogen unter Führung ihrer Herren in den Krieg. Die Beamten bezogen keinen Gehalt, sondern wurden durch Landverleihungen und Anteil an den Gerichtsbußen entschädigt. Deshalb konnte Karl auch ohne Steuern auskommen. Der größte Teil des Staatseinkommens floß aus den Erträgen der königlichen Domänen, deren Verwaltung Karl mit Sorgfalt und großer Sachkenntnis leitete. Dazu kamen Gerichts- und Heerbannbußen, freiwillige Geschenke, welche von jeher üblich waren, und schließlich gewaltsame Einziehungen, welche über treulose Große verhängt wurden. Daneben war jeder zum Vorspann, zur Verpflegung des Königs, wenn er im Land umherzog, verpflichtet. So gewann Karl erhebliche Geldmittel und konnte sogar gewaltige Unternehmungen, wie einen Donau-Mainkanal, den er wenigstens begann, und glänzende Bauten von Kirchen und Pfalzen ausführen, wie in Nimwegen, Ingelheim und vor allen in Aachen. Diese Verfassung, wie sie Karl im Lauf der Jahre ausbildete, muß man als durchaus germanisch bezeichnen; nur in Äußerlichkeiten gab er römischen oder byzantinischen Einflüssen Raum, wie im Zeremoniell, indem er bei Hof den Kniefall und Fußkuß forlaufend duldete. Sein Herz hing an der altfränkischen Heimat: hier pflegte er die Großen um sich zu versammeln, hier feierte er am liebsten das Weihnachtsfest (19mal in Aachen, nur 6mal in Gallien). Dahin begleiteten ihn seine beiden ersten Räte, der Apokrisiarius, welcher den geistlichen, der Pfalzgraf, welcher den weltlichen Angelegenheiten vorstand. Daran schloß sich ein Kreis von Vertrauten: es waren die gelehrtesten Männer ihrer Zeit, die der kaiserliche Mäcen in seine Nähe zog. 781 veranlaßte er auf seinem Zug nach Italien den gelehrten Angelsachsen Alkuin, ihm an seinen Hof zu folgen; im folgenden Jahr gewann er Paulus Diaconus, den Geschichtschreiber der Langobarden, und den Grammatiker Peter von Pisa. Sie wurden die vornehmsten Lehrer der Hochschule, welche an seinem Hof einrichtete, und in der er selbst, seine Kinder und viele edle Jünglinge aus dem Reich Unterricht in der Dichtkunst, Rhetorik, Dialektik und Astronomie empfingen. Auch Griechisch und Lateinisch hat Karl gelernt, doch im Schreiben brachte er es nicht weit, weil er es zu spät angefangen. In diesem Kreis von Gelehrten lebte er als einer der Ihrigen, kein Zeremoniell störte die Vertraulichkeit; für seine Gelehrten war er nicht der Kaiser, sondern ließ sich Seite 3 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos einfach David nennen. Die Handschriften der Bibel und der angesehensten römischen Autoren ließ er durch geschickte Mönche abschreiben, um eine leichtere Benutzung dieser Werke zu ermöglichen. Aus jener Schule sind Männer hervorgegangen wie Angilbert, der zugleich Dichter und Staatsmann war, und Einhard, des Kaisers Biograph. In gleicher Weise haben geistliche und weltliche Würdenträger daselbst oder in den Zweigschulen, welche in Tours und Pavia später begründete, ihre Bildung empfangen. Eine allgemeine Volksbildung anzubahnen, hat Karl nicht versucht; er mußte sich begnügen, der Geistlichkeit und den höhern Ständen eine gelehrte Bildung zu verschaffen. Auch der vaterländischen Litteratur hat er sein Interesse zugewandt. Einhard erzählt uns, daß der Kaiser alte Lieder aus der germanischen Heldensage habe sammeln lassen; diese Sammlung ist aber leider verloren gegangen. Karl war von breitem, kräftigem Körperbau, von stattlicher Größe (sie betrug sieben seiner Füße), hatte große, lebhafte Augen, eine bedeutende Nase; der Hals war dick und etwas zu kurz, sonst war der Körper ebenmäßig gebaut. Sein Aussehen war würdig und achtunggebietend, der Gang fest, die Stimme heller, als man nach seiner Erscheinung erwarten sollte. Er erfreute sich dauernder Gesundheit, nur in seinen vier letzten Lebensjahren war er vom Fieber geplagt. Seine Tracht war die fränkische; fremdländische verschmähte er, und nur bei Festlichkeiten erschien er in einem goldgewirkten Kleid, mit Schuhen, an denen Edelsteine funkelten, und einem Diadem aus Gold und Edelsteinen. Einfach war auch seine Lebensweise: er war mäßig im Essen und Trinken, weniger jedoch in ersterm als in letzterm, weil, wie er sagte, das Fasten seinem Körper schade. Im Regiment bewahrte er sich Selbständigkeit. Er war fromm, und religiöse Beweggründe bestimmten seine politischen Maßregeln vielfach; doch war er kein Diener der Geistlichkeit, am wenigsten des Papstes. Er verband durchdringende Verstandesschärfe mit unbeugsamer Willenskraft. Das Höchste galt ihm nicht für unerreichbar, aber auch das Kleinste nicht zu gering. Er war von leidenschaftlichem Temperament und für Frauenschönheit empfänglich, wie er denn neben seinen Gemahlinnen mehrere Beischläferinnen bei sich hatte; aber geschlechtliche Ausschweifungen, sogar mit einer Schwester, hat ihm nur die neidische Sage angedichtet. Viermal war er vermählt: erstens mit Desiderata, des langobardischen Königs Desiderius Tochter, die er 771 verstieß; zweitens wit Hildegard, einer vornehmen Schwäbin; drittens mit Fastrada, der Tochter des ostfränkischen Grafen Radolf; viertens mit der Alemannin Luitgard. Hildegard hatte ihm fünf Söhne und drei Töchter geboren. Von den Söhnen blieben drei am Leben, von denen der ältere, Karl, schon 781 zum Nachfolger im fränkischen Reich bestimmt wurde, während von den jüngern Pippin (zuerst Karlmann genannt) zum König von Italien, Ludwig (später »der Fromme«) zum König von Aquitanien gesalbt wurde. Nach der Annahme der Kaiserkrone schien ihm 806 eine neue Teilung notwendig, welche trotz der dem ältesten Sohn vorbehaltenen Oberhoheit einer Zerstückelung des Reichs gleichgekommen wäre, aber durch den Tod der beiden ältern, Karls (811) und Pippins (810), vereitelt wurde. So blieb Ludwig der alleinige Erbe, und dieser setzte sich auf den Wunsch des Vaters 813 im Münster zu Aachen die Kaiserkrone mit eigner Hand aufs Haupt. Am 28. Jan. 814 starb Karl und wurde in dem von ihm erbauten Münster zu Aachen feierlich beigesetzt. Als Otto III. (1000) das Grab öffnen ließ, fand man den Kaiser auf seinem marmornen Thron sitzend, im Kaisermantel und das Schwert an der Seite, auf seinen Knieen lag die Bibel. Friedrich Barbarossa erwirkte bei dem Gegenpapst Paschalis III. die Heiligsprechung Karls (28. Dez. 1164), und weder Alexander III., der rechtmäßige Papst, noch dessen Nachfolger haben Widerspruch dagegen erhoben. Nun erschien es wichtig, die heiligen Gebeine zu bergen; deshalb ließ Friedrich 27. Juli 1165 noch einmal die Gruft öffnen und den Leichnam, mit Ausnahme des Kopfes und eines Schenkels, in einem silbernen Schrein bergen, der seinen Platz auf dem Altar fand. Doch den kommenden Geschlechtern schwand die Kunde von diesem Vorgang, und erst 1843 entdeckte man, daß der Schrein, in dem man die Reliquien des heil. Leopardus vermutete, des großen Kaisers Gebeine enthalte. Der Kopf und ein Schenkel waren in der Sakristei aufbewahrt und dort Jahrhunderte hindurch den Fremden gezeigt worden. Seit Christi Geburt hat kein Sterblicher die Phantasie der Nachgebornen so beschäftigt wie Karl: nicht allein die Nationen, über deren Vorfahren er einst geherrscht, Deutsche, Franzosen, Niederländer, Italiener, nahmen ihn als den Ihrigen in Anspruch und umwoben seine weltgebietende Gestalt mit dem verklärenden Schimmer der Sage, sondern auch bei Engländern, Skandinaviern und Spaniern, mit denen ja Karl nur wenig in Berührung gekommen ist, knüpft sich nach Jahrhunderten eine umfangreiche Litteratur an seine Person. Während die Kirche schon vor dem ersten Kreuzzug von einer Heerfahrt Karls nach dem Orient fabelte (zuerst bei Benedikt um 968), behandelte die französische und die provençalische Dichtkunst mit Vorliebe die Kämpfe Karls gegen die Araber in Spanien (wie Seite 4 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos denn auch das älteste erhaltene Gedicht die »Chanson de Roland« ist), weniger die Züge nach Italien und Sachsen und Karls Jugend. Auch bei den Deutschen gingen zahlreiche Sagen über den großen Kaiser von Mund zu Mund: man erzählte sich, er weile im Untersberg (bei Salzburg) und werde einst erscheinen, um das Reich in neuer Macht und Herrlichkeit wiederherzustellen. Aber nur in der »Kaiserchronik« (von 1160) sind diese Sagen niedergeschrieben. Die Gedichte des karolingischen Sagenkreises, wie das »Rolandslied« und »Wilhelm von Oranse«, beruhen auf französischen forlaufend Vorbildern. Ähnlich ist es in Italien; hier enthält nur die Chronik von Novalese (aus dem 11. Jahrh.) einheimische Sagen über Karl und zwar meist von feindseliger Tendenz; die französischen Dichtungen wurden schon im 12. Jahrh. bekannt und haben ein Heer von Nachahmungen hervorgerufen, deren bedeutendste Ariosts »Rasender Roland« ist. Auch bei den übrigen oben genannten Nationen sind die zahlreichen Dichtungen über auf französische Vorbilder zurückzuführen, selbst die »Karlamagnus-Saga«, welche im 13. Jahrh. in Island entstand (weiteres s. Karlssage). Den historischen Karl haben neuere Dramatiker auf die Bühne zu bringen gesucht, wie die Tragödien von Märcker ( Karl der Große«, 1861), Kösting (»Zwei Könige«, 1863) u. a. erweisen. Vgl. Einhard (s. d.), Vita Caroli Magni, in den »Monumenta hist. germ.«, II, 55 (deutsch von O. Abel, 2. Aufl., Leipz. 1880); S. Abel, Jahrbücher des fränkischen Reichs unter Karl d. Gr. (fortgesetzt von B. Simson, Berl. 1866-84, 2 Bde.); Dippoldt, Leben Kaiser Karls d. Gr. (Tübing. 1810); Vétault, Charlemagne (Tours 1876); Brosien, Karl d. Gr. (Leipz. u. Prag, 1885); v. Döllinger, Das Kaisertum Karls d. Gr. und seiner Nachfolger (Münch. 1864); v. Wyß, Karl d. Gr. als Gesetzgeber (Zürich 1869); Paris, Histoire poétique de Charlemagne (Par. 1865); Lorentz, Karls d. Gr. Privat- und Hofleben (in Raumers »Historischem Taschenbuch« 1832). 3) Karl II., der Kahle, einziger Sohn Ludwigs I., des Frommen, aus dessen zweiter Ehe mit Judith, der Tochter des bayrischen Grafen Welf, geb. 13. Juni 823 zu Frankfurt a. M., erhielt 829 Alemannien, was den Zwist Kaiser Ludwigs mit seinen ältern Söhnen zur Folge hatte, dann auf dem Reichstag zu Aachen 837 das mittlere Francien zwischen Weser und Loire und wurde auf der Reichsversammlung zu Kiersy sur Oise 838 zum König gekrönt. 839 zu Worms gab ihm der leicht bestimmbare Vater sogar ganz Westfrancien mit Ausnahme von Südburgund. Als jedoch nach Ludwigs des Frommen Tod (840) dessen ältester Sohn, Kaiser Lothar, das ganze Reich in Anspruch nahm, vereinigte sich Karl 841 mit dem andern Stiefbruder, Ludwig dem Deutschen. Beide lieferten 25. Juni d. J. bei Fontenoy, unfern Auxerre, dem Lothar eine entscheidende Schlacht und erneuerten in Straßburg 14. Febr. 842 den Schwur gegenseitiger Treue, der in romanischer und deutscher Sprache noch erhalten ist. Dann zwangen sie Lothar zum Teilungsvertrag von Verdun 10. Aug. 843, welcher das Reich in drei fortan selbständige Teile trennte. Durch diesen Vertrag erhielt Karl Westfrancien, d. h. Aquitanien, Septimanien nebst der spanischen Mark, das westliche Burgund, Neustrien, die Bretagne und Flandern. Damals begannen die Raubzüge der Normannen (aus Norwegen und Dänemark), welche mit kleinen Schiffen die Mündungen der Seine, Loire, des Rhône hinauffuhren und 845 sogar Paris plünderten. Karl, dem kriegerische Tüchtigkeit ganz fehlte, hat ihren Rückzug wiederholt durch schimpflichen Tribut erkaufen müssen. Dagegen trieb ihn die Ländergier oft zum Kampf gegen seinen tapfern Bruder, Ludwig den Deutschen. 861 fiel Karl mitten im Frieden in die Provence, das Land seines Neffen Karl, ein, mußte aber unverrichteter Sache umkehren. Als dieser dann 863 starb, hat Karl die Teilung des Landes durch Ludwig den Deutschen und Lothar II. ruhig geschehen lassen. Mit letzterm lebte er seit 860 fortwährend in Zwietracht, zu einem Krieg ist es jedoch nicht gekommen. Kaum war Lothar II. aber ohne legitime Erben gestorben (869), so fiel in sein Land ein und ließ sich 9. Sept. 869 in Metz zum König von Lothringen krönen. Doch schon eine Gesandtschaft Ludwigs des Deutschen genügte, ihn zur Räumung des angemaßten Landes zu bewegen. Darauf verabredeten die Brüder eine Teilung, die dann auch 8. Aug. 870 zu Mersen vollzogen wurde. Damals erhielt Karl außer Südfriesland das Land westlich von der Maas, Ourthe, Mosel und dem Rhône. Die weltlichen Großen bemühte sich Karl vergeblich unter seine Botmäßigkeit zu bringen. Er stützte sich in seinem Land auf die Geistlichkeit, der er als Mann von gelehrter, selbst theologischer Bildung sehr nahe stand. Dieselbe gewann damals durch Reichtum und die persönliche Bedeutung ihrer meisten Vertreter (Hinkmar von Reims) den Seite 5 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos größten Einfluß auf die Verwaltung des Landes. Karl nahm auch ihre Partei gegen Rom, so 872 gegen die Anmaßungen Papst Hadrians II. Dieser suchte einen Bruch mit Karl zu vermeiden; noch mehr schloß sich sein Nachfolger Johann VIII. an den König an. Als Kaiser Ludwig II. 875 starb, rief der Papst, von Mißtrauen gegen den energischen Ludwig den Deutschen erfüllt, Karl nach Italien und setzte ihm 25. Dez. 875 in Rom die Kaiserkrone aufs Haupt. Die lombardischen Großen erkannten ihn (Februar 876) zu Pavia als König von Italien an, und auch die westfränkische Geistlichkeit erklärte sich auf der Synode zu Ponthion (Juni 876) mit dieser Rangerhöhung Karls einverstanden. Als dieser aber nach Ludwigs des Deutschen Tod in dessen Land einfiel, wurde er von dem jüngern Ludwig bei Andernach (8. Okt. 876) geschlagen. Karlmann, Ludwigs des Deutschen andrer Sohn, wollte ihn sogar aus Oberitalien vertreiben, wohin er sich, vom bedrängten Papst gerufen, 877 begeben hatte. Die bloße Nachricht von Karlmanns Herannahen bewog den unkriegerischen Kaiser zum schleunigen Rückzug über die Alpen; aber kaum hatte er den Mont Cenis überschritten, so ergriff ihn ein Fieber, dem er 6. Okt. 877 in einem Weiler im Thal des Arc erlag. Karl war zweimal verheiratet: zuerst mit Irmintrud, der Nichte des Grafen Adalhard; nach deren Tod mit Richilda, der Witwe eines Grafen Buwin. In seiner ersten Ehe waren ihm acht Kinder geboren. Von seinen vier Söhnen hatte er Ludwig zum König von Neustrien, Karl zum König von Aquitanien krönen lassen; jedoch beide empörten sich gegen den Vater 862. Dieser unterwarf sie aber bald und ließ nur dem ältern sein Reich. Gegen seine Kinder war Karl lieblos, ja grausam, am meisten gegen Karlmann, den er wider dessen Willen zum Geistlichen bestimmte und, als er sich empörte, blenden ließ. Da der jüngere Karl 866 starb, ging das Reich bei des Vaters Tod auf Ludwig über. Vgl. Voß, De Carolo Calvo (Halle 1844); Gfrörer, Geschichte der ost- und westfränkischen Karolinger von 840 bis 918 (Freiburg 1848, 2 Bde.). 4) Karl III., seit dem 12. Jahrh. der Dicke genannt, Ludwigs des Deutschen und der Welfin Hemma dritter Sohn, geb. 839, erhielt 876 in der Teilung mit seinen beiden Brüdern Karlmann und Ludwig Alemannien und das Elsaß, erbte aber nach dem Tode dieser beiden (880 und 882) auch deren Länder, mit Inbegriff Lothringens, welches Ludwig der jüngere gewonnen, sowie er endlich 885 auch die Herrschaft über Westfrancien durch die Wahl der dortigen Großen erhielt. Vom Papst gegen die Sarazenen zu Hilfe gerufen, hatte er 879 das Königreich Italien erworben und war im Februar 881 in Rom zum Kaiser gekrönt worden. Dann war er heimgekehrt, ohne den Kampf gegen die Sarazenen überhaupt zu beginnen. Die Normannen, die damals die Gegenden am Niederrhein verwüsteten, umzingelte er 882 in ihrem Lager bei Elsloo an forlaufend der Maas, schloß dann aber, als ob er besiegt worden wäre, einen schimpflichen Vergleich mit dem Normannenkönig Gotfried, dem er 2412 Pfd. Gold und Silber zahlte. Als die Normannen 886 Paris belagerten, erschien Karl wiederum nur, um den Frieden für 700 Pfd. Silber von ihnen zu erkaufen. Der Neid der Großen zwang in die Entlassung seines vornehmsten Ratgebers, des Erzkanzlers Liutward von Vercelli, zu willigen (887), und als die Verleumdung die Kaiserin Richarda sträflichen Umgangs mit diesem Günstling zieh, trennte sich die tief gekränkte Frau von dem indolenten Gemahl. Die Schwäche des Kaisers, die durch sein Siechtum (Epilepsie) noch vermehrt wurde, rief in allen Gauen Unzufriedenheit hervor. Als daher Herzog Arnulf von Kärnten, Karlmanns illegitimer Sohn, gegen den Oheim mit einem Heer heranzog, fielen die gerade in Tribur versammelten Großen von Karl ab (November 887) und huldigten Arnulf zu Frankfurt a. M. Karl zog sich auf einige Güter in Schwaben zurück, die ihm der Neffe gelassen hatte, starb aber, von dem jähen Unglücksfall gebrochen, schon 13. Jan. 888 in Neidingen (bei Fürstenberg) an der Donau und wurde in der Klosterkirche auf dem Eiland Reichenau bestattet. Seine Ehe war kinderlos gewesen, er hinterließ bloß einen Bastard, Bernhard. Vgl. Dümmler, Geschichte des ostfränkischen Reichs, Bd. 2 (Berl. 1865). [Deutsche Kaiser und Könige.] 5) Karl IV., Sohn des Königs Johann von Böhmen, Enkel Kaiser Heinrichs VII. von Luxemburg, geb. 14. Mai 1316 zu Prag, hieß ursprünglich Wenzel und erhielt erst bei seiner Firmung den Namen Karl Von der Natur mit trefflichen Anlagen, namentlich einem hellen Verstand, ausgestattet, hatte er in seiner Jugend am französischen Hof eine gute Erziehung erhalten und sich eine Fülle von Kenntnissen erworben: er sprach und schrieb fünf Sprachen. Er übernahm 1331 an seines Vaters Statt das diesem vom Kaiser Ludwig dem Bayern übertragene Reichsvikariat von Italien, sodann das Markgrafentum Mähren und die Verwaltung von Böhmen. Diese Erblande seines Hauses regierte er vortrefflich und stellte die Macht des Königtums in denselben wieder her. Bei seiner Wahl als Gegenkaiser Ludwigs des Bayern (11. Juli 1346 zu Rhense) gestand er dem Papst alles zu, was dieser von ihm verlangte, namentlich sich nie in die italienischen Angelegenheiten mischen zu wollen, wie er denn überhaupt stets die bereitwilligste Unterordnung unter die Kirche zur Schau trug, um dafür auf des Papstes Gegendienste rechnen zu können, namentlich in der Seite 6 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos Besetzung der deutschen Erzbistümer und Bistümer mit Männern, die ihn bei seinen Entwürfen unterstützten. Schon 26. Nov. 1346 war er in Bonn gekrönt worden, ließ aber zu Aachen die Krönung (25. Juli 1349) wiederholen, als er den nach Ludwigs Tod von der wittelsbachischen Partei aufgestellten Gegenkaiser Günther von Schwarzburg zur Verzichtleistung vermocht hatte. Durch die Unterstützung des falschen Waldemar, von dem er sich 1348 die Niederlausitz abtreten ließ, bewog er die Wittelsbacher zur Nachgiebigkeit und Huldigung (1350). Hierauf unternahm er 1354 einen Zug nach Italien und ließ sich in Mailand zum König von Italien (6. Jan. 1355) und in Rom (5. April) zum Kaiser krönen. Seinen Aufenthalt in Italien benutzte er dazu, einen Waffenstillstand zwischen der lombardischen Liga und den Visconti von Mailand herzustellen, war aber nicht geneigt, der Herrschsucht des Papstes förderlich zu sein. Der Gedanke, die kaiserliche Herrschaft in Italien wiederherzustellen, lag dem nüchtern urteilenden Monarchen fern; deshalb kehrte er nach der Krönung unverzüglich nach Deutschland zurück. Hier erließ er 1356 die Goldene Bulle (s. d.), eine Verfassung für das Deutsche Reich, welche ihrem Zweck zuwider die Zerstückelung desselben noch vermehrt hat. Denn Karl, bestrebt, in den Kurfürsten sich eine ergebene Macht zu schaffen, verlieh ihren Territorien so umfangreiche Rechte, daß sie zu Sonderstaaten im Reich wurden. Auf einer Zusammenkunft mit Urban V. zu Avignon (1365) verabredete Karl einen zweiten Römerzug, um den Papst nach Rom zurückzuführen, und unternahm ihn auch 1367, ließ sich jedoch sogleich zu einem Frieden mit den dem Papst feindlichen Visconti herbei, der dann aber so wenig beachtet wurde, daß der Papst es wiederum für geraten hielt, nach Avignon zurückzukehren. Die Goldene Bulle war den Städten nicht günstig; besonders verabscheute Karl deren Bündnisse, als dem Königtum gefährlich, und suchte an deren Stelle kaiserliche Landfriedensbündnisse zu stellen, die er wiederholt beschwören ließ. Er unterschätzte aber die Macht der Städte; er konnte 1376, als er die Partei der Ritter in Schwaben ergriff, den Widerstand des schwäbischen Städtebundes nicht brechen, belagerte vergeblich Ulm und schloß für sich einen Waffenstillstand, indem er die Fortsetzung des Kampfes dem Adel überließ. Dagegen stellte er in seinem Erbland, welches ihm sein Vater in völliger Zerrüttung hinterlassen hatte, einen Zustand her, welcher allen deutschen Ländern jener Zeit als Muster gelten konnte. Er sorgte dort für Sicherheit der Straßen und des Verkehrs, förderte den Handel und Gewerbfleiß, den Acker- und Bergbau, machte die Moldau schiffbar, baute die Moldaubrücke in Prag, brachte das Gerichtsverfahren in geordneten Gang, gründete zu Prag ein Erzbistum und 1348 die erste deutsche Universität und zog eine Menge deutscher Künstler und Handwerker an seinen Hof. Als Gegengewicht gegen die Fürstenmacht hielt er eine umfangreiche Vergrößerung seiner Hausmacht für dringend notwendig. Seine Erfolge hierin hatte er einem ungewöhnlichen diplomatischen Talent, seiner Sparsamkeit, endlich einer bei Fürsten wenig löblichen Dreistigkeit, Geld herbeizuschaffen, woher es auch sei, zu verdanken. 1353 erwarb er zu Böhmen und Mähren noch die nördliche Hälfte der Oberpfalz, 1368 den Rest von Schlesien und der Lausitz, worüber ihm schon früher die Oberherrlichkeit zustand, und 1373 die Mark Brandenburg. Auch mit dem Haus Habsburg schloß er eine Erbverbrüderung (1364 zu Brünn), welche sich damals sogar zu gunsten der Luxemburger bald zu erfüllen schien. In allen Gegenden Deutschlands kaufte er sich an, und viele schwäbische, fränkische und bayrische Edelleute mußten in das Vasallenverhältnis zur Krone Böhmen treten. Die Wahl seines Erstgebornen, Wenzel, zum Nachfolger (1376) kostete ihm hohe Geldsummen für die Kurfürsten; ja, Karl wurde sogar der bei der Goldenen Bulle befolgten Politik ungetreu, indem er die Zustimmung des Papstes dazu einholte, um den Widerspruch der Kurfürsten zu beseitigen. Nachdem er 1377 diesem seinem ältesten Sohn außer der Kaiserwürde Böhmen, Schlesien und den größten Teil der Lausitz, dem zweiten, Siegmund, die Mark Brandenburg, dem dritten, Johann, das Herzogtum Görlitz und die Neumark als Erbe bestimmt hatte (Mähren war an Karls Neffen Jobst und Prokop übergegangen), starb er 29. Nov. 1378 in Prag, wo ihm 1848 ein Denkmal (von Hähnel) errichtet wurde. Vgl. seine treffliche Selbstbiographie »Vita Caroli IV. ab ipso conscripta« (bis 1346) in Bohmers »Fontes forlaufend rerum germanicarum«, Bd. 1 (Stuttg. 1843; deutsch von Ölsner, Leipz. 1885); Pelzel, Geschichte Kaiser Karls IV. (Prag 1780, 2 Bde.); Werunsky, Geschichte Kaiser Karls IV. und seiner Zeit (Innsbr. 1880 ff., 4 Bde.); Huber, Die Regesten des Kaiserreichs unter Kaiser Karl IV. (das. 1877); Friedjung, Kaiser Karl IV. und sein Anteil am geistigen Leben seiner Zeit (Wien 1876); Gottlob, Karls IV. private und politische Beziehungen zu Frankreich (Innsbr. 1883). Seite 7 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos 6) Karl V., deutscher Kaiser und (als Karl I.) König von Spanien, ältester Sohn Philipps, des Erzherzogs von Österreich, und Johannas, der Erbtochter des Königs Ferdinand von Aragonien und seiner Gemahlin Isabella von Kastilien, geb. 24. Febr. 1500 zu Gent, wurde unter der Aufsicht seiner Tante, der Erzherzogin Margarete, in den Niederlanden erzogen. Nach dem Tod seines Vaters (1506) ward er Herr der Niederlande; 1515 wurde er großjährig erklärt; 1516 nach Ferdinands Tod fiel ihm die spanische Erbschaft zu, da seine Mutter Johanna geisteskrank und zur Regierung unfähig war. Seine Ausbildung hatte er erhalten von Wilhelm von Croy, Herzog von Chièvres, und dem Utrechter Priester Hadrian Floriszoon (dem nachmaligen Papst Hadrian VI.). 1517 ging er mit niederländischem Gefolge nach Spanien. Er und seine Günstlinge erregten dort großen Unwillen, schon 1518 gab es ernstliche Reibungen mit den Cortes; ehe sie geschlichtet waren, kehrte Karl 1520 nach den Niederlanden zurück, worauf 1521 der sogen. Aufstand der Communeros ausbrach, der erst 1522 unterdrückt wurde. Karl war nämlich 28. Juni 1519 von den deutschen Kurfürsten in Frankfurt a. M. zum Kaiser erwählt worden und wurde nun 22. Okt. 1520 in Aachen gekrönt. In der ihm auferlegten Wahlkapitulation vom 3. Juli 1519 hatte er unter anderm auch die Errichtung eines Reichsregiments während seiner voraussichtlich öftern Abwesenheit von Deutschland versprochen. Zu diesem Zweck berief er im Januar 1521 einen Reichstag nach Worms. Auf diesem traf er auch eine für seine ganze Regierung bedeutungsvolle Entscheidung: er nahm Partei gegen die von Luther erstrebte Kirchenreform. Karl war ein fanatischer Katholik, der sich zwar nicht verbarg, daß in der Kirche manches schlecht genug bestellt war und der Besserung bedurfte, auch entschlossen, eine solche Besserung herbeizuführen, dem aber eine so radikale Veränderung, wie sie die deutschen Protestanten erstrebten, nicht nach seinem Sinn war. Auf dem Wormser Reichstag wurde unter Karls persönlicher Teilnahme Luther als Ketzer in die Acht gethan und durch das Wormser Edikt vom 8. Mai die Unterdrückung seiner Lehre befohlen. Noch 1521 brach der Krieg mit Franz I. von Frankreich, der durch Karls Übermacht ernstlich bedroht war, über die Herrschaft in Italien aus. Der Papst Leo X., durch Luthers Verurteilung gewonnen, und fast alle Staaten Italiens, selbst Heinrich VIII. von England, traten auf Karls Seite. Der Kampf wurde in Italien eröffnet; Mailand ward 1521 den Franzosen entrissen, die 1522 nach der Niederlage ihres Feldherrn Lautrec bei Bicocca Italien ganz räumen mußten. Karl entwarf hierauf mit seinen Verbündeten den Plan, ganz Frankreich zu erobern und sich in die Beute gemeinschaftlich zu teilen. Er ließ deshalb sein Heer in Frankreich einfallen, und wesentlichen Nutzen gewährte ihm der Übertritt des Connetables Karl von Bourbon auf seine Seite. Schon belagerte das kaiserliche Heer Marseille, als es von Franz zum Rückzug nach Italien gezwungen wurde; hier erlitten aber die französischen Waffen eine neue Niederlage bei Pavia (24. Febr. 1525), Franz selbst fiel in Gefangenschaft, wurde nach Spanien gebracht und mußte in dem ungünstigen Frieden zu Madrid (14. Jan. 1526) auf Italien verzichten und Burgund zurückzugeben versprechen. Aber sofort nach seiner Freilassung erhob er aufs neue die Waffen und fand bereitwillige Genossen gegen die drohende Übermacht des Kaisers. Papst Clemens VII. schloß 1526 ein Bündnis mit den Hauptstaaten in Italien sowie mit König Franz gegen Karl. Die kaiserlichen Truppen drangen hierauf in Italien ein, zogen gegen Rom und erstürmten und plünderten die Ewige Stadt 6. Mai 1527; der Papst hielt sich in der Engelsburg eingeschlossen und entkam erst 1528 aus Rom. Nun erklärten Frankreich und England 1528 dem Kaiser den Krieg; eine französische Armee unter Lautrec eilte dem Papst zu Hilfe, drang bis an die neapolitanische Grenze vor und belagerte Gaeta, mußte aber, als Andrea Doria, der Admiral von Genua, zum Kaiser überging, unverrichteter Sache abziehen. Ein zweites französisches Heer, das im Sommer 1528 in Italien erschien, ward ebenfalls zurückgeworfen, und der darauf folgende Friede von Cambrai (1529) war daher für Franz wiederum ein sehr ungünstiger. 1529 reiste Karl, nachdem er 29. Juni Barcelona sich mit dem Papst vertragen hatte, aus Spanien durch Italien nach Deutschland; er ließ sich noch unterwegs von Clemens VII. 24. Febr. 1530 in Bologna zum Kaiser krönen. Die französischen und italienischen Angelegenheiten hatten ihn bis dahin so in Anspruch genommen, daß er in die deutschen Zustände noch nicht hatte eingreifen können; 1530 schickte er auch dazu sich an. Die Reformation hatte inzwischen große Fortschritte in Deutschland gemacht, durchaus gegen den Willen des Kaisers, an dessen Absetzung sogar die Fürsten gedacht hatten, als er das Reichsregiment auflöste; der Sieg von Pavia hatte aber diesen Plan gehindert. Wiederholt hatte an Vollstreckung des Wormser Edikts gemahnt, aber ohne Erfolg, auch die Beschlüsse des zweiten Speierer Reichstags gegen die Reformation waren fruchtlos geblieben; jetzt gedachte er ernstlich einzuschreiten. Von den ungarischen Angelegenheiten und einem Einfall der Türken beunruhigt, besonders aber um dem umsichgreifenden Protestantismus entgegenzuwirken, schrieb auf 1530 einen Reichstag nach Augsburg aus; hier überreichten ihm die Protestanten ihr Glaubensbekenntnis (s. Augsburgische Konfession), stießen aber auf seinen entschiedenen Widerspruch. Im Reichsabschied befahl Karl den Protestanten unter scharfen Drohungen die Rückkehr zur katholischen Kirche. Er trug bei dem Papst auf ein allgemeines Seite 8 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos Konzil an, ebenso um den Protestantismus zu unterdrücken, wie um eine Kirchenverbesserung nach seinem Sinn einzuführen; gleichzeitig aber war er entschlossen, die Widerstrebenden mit Gewalt zum Gehorsam zu bringen. Aber weder 1530 noch 1531 gestattete ihm seine Lage, diesen Entschluß auszuführen; ja, 1532 war er gezwungen, den Protestanten Konzessionen zu gewähren: es kam der erste Nürnberger Religionsfriede zu stande. Mit einer Armee von 80,000 Mann brach der Kaiser hierauf 1532 nach Ungarn gegen die Türken auf und nötigte sie zum Rückzug. Dann kehrte er durch Italien nach Spanien zurück. Unausgesetzt drohte ihm ein neuer französischer Krieg; unwiderstehlich verbreitete sich in Deutschland der Protestantismus, und der Papst war in keiner Weise zur Berufung des Konzils zu bewegen. 1535 unternahm Karl einen Zug wider die unter dem Schutz der Pforte an der afrikanischen Küste sich bildenden Raubstaaten, erstürmte forlaufend den Hafen von Tunis, Goletta, schlug Chaireddin in einer großen Feldschlacht, setzte den verjagten Dei Mulei Hassan in Tunis wieder ein und befreite 20,000 Christensklaven aus den Händen der Barbaresken. Während dieser glücklichen Kämpfe war aber König Franz von Frankreich von neuem mit Heeresmacht in Savoyen und Oberitalien eingebrochen. Zwar ward er aus dem größten Teil der savoyischen Länder wieder vertrieben; das kaiserliche Heer aber, das in die Provence einfiel und sogar 1536 Marseille belagerte, sah sich zum Rückzug genötigt. Durch die Bemühungen des neuen Papstes Paul III., der Karl auch die Berufung eines Konzils versprach, wurde 1538 zu Nizza ein zehnjähriger Waffenstillstand geschlossen, und 14.-16. Juli d. J. fand zwischen beiden Monarchen eine vertrauliche Besprechung zu Aigues-Mortes statt, wo beide die Verlängerung des Waffenstillstandes beschlossen. Nach kurzem Aufenthalt in Spanien rief eine wegen verweigerter Kriegssteuer ausgebrochene Empörung den Kaiser in die Niederlande. Er nahm seine Reise durch Frankreich, erschien 1540 vor dem aufständischen Gent, unterwarf es und strafte die Rebellen aufs strengste. Von den Niederlanden ging Karl 1541 durch Deutschland, von da nach Italien. Dann unternahm er einen Zug gegen Algier, begleitet von der Blüte des spanischen und italienischen Adels und den Malteserrittern. Am 20. Okt. erreichte die Flotte die Höhe von Algier. Eintretender Sturm zerstreute jedoch seine Schiffe; die gelandeten Truppen sahen sich den Angriffen der Feinde wehrlos preisgegeben, und Karl kehrte mit einem kümmerlichen Reste derselben zurück. Diese Bedrängnis Karls glaubte Franz von Frankreich endlich als den rechten Augenblick zur Niederwerfung seines Feindes benutzen zu müssen. Ein an zwei französischen Gesandten bei ihrer Durchreise durch das mailändische Gebiet verübter Mord, wofür der Kaiser keine Genugthuung gewährte, war der Vorwand, daß Franz 1542 fünf Armeen auf einmal ins Feld stellte und in Spanien, Luxemburg, Brabant, Flandern und Mailand zugleich angriff. Aber Andrea Doria blieb Meister zur See, und die französischen Armeen erreichten nicht den gewünschten Erfolg. Karl brachte 1543 mit schnellen Schlägen den Herzog von Kleve zur Unterwerfung, der sich Franz hatte anschließen wollen, und 1544 drang das kaiserliche Heer unter Karls Führung siegreich bis in die Nähe von Paris. Plötzlich schloß er Frieden mit Franz zu Crépy 18. Sept. 1544, in welchem Franz ohne weitere Verluste davonkam, wofür er nur Karls Absichten betreffs des Konzils und des Kriegs gegen die Protestanten zu unterstützen versprach. Nun endlich gewann der Kaiser wieder Muße, seine Aufmerksamkeit dem Deutschen Reich zuzuwenden; er hatte die Absicht, die frühern Beschlüsse der Reichstage hinsichtlich der Protestanten in Vollzug zu setzen. Er hatte sich dazu mit dem Papst verbündet und seine Rüstungen inzwischen betrieben. Im Juli 1546 auf dem Regensburger Reichstag ließ er endlich die lange vorgehaltene Maske der Milde und Versöhnlichkeit fallen: er erklärte die Führer der Protestanten als Rebellen in die Acht. Aber die schmalkaldischen Bundesgenossen kamen ihm in der Kriegsrüstung zuvor, und mit Not hielt sich Karl gegen die überlegene protestantische Heeresmacht. Erst als der Herzog Moritz von Sachsen in das Land seines Verwandten, des Kurfürsten Johann Friedrich, einfiel, erhielt Karl das Übergewicht. Da die schmalkaldischen Verbündeten eilig nach Sachsen abzogen, so konnte Karl die süddeutschen Bundesgenossen derselben einen nach dem andern unterwerfen; endlich gab die Schlacht bei Mühlberg an der Elbe 24. April 1547 auch den Kurfürsten von Sachsen und freiwillige Unterwerfung den Landgrafen von Hessen in seine Hand. Nach Vernichtung des Schmalkaldischen Bundes beschäftigte sich Karl aufs neue mit dem Plan, die Religionsparteien wieder zu vereinigen, und erließ zu dem Ende das sogen. Interim (s. d.), das jedoch den gewünschten Erfolg nicht hatte. Die Gewaltthaten des Kaisers sowie sein Ansinnen an die Kurfürsten, seinen Sohn Philipp zum dereinstigen Kaiser zu bestimmen, brachten eine neue Koalition der protestantischen Fürsten gegen ihn zu stande und bewogen namentlich den Kurfürsten Moritz von Sachsen zum Abfall. Letzterer benutzte die ihm von Karl 1550 übertragene Achtsvollstreckung gegen Magdeburg zur Zusammenbringung einer hinreichenden Anzahl von Truppen, schloß insgeheim Verbindungen mit Heinrich II. von Frankreich und mit mehreren deutschen Fürsten und erhob sich im Frühjahr 1552 gegen den Kaiser; er drang im Mai in Tirol ein und verfolgte Karl persönlich, so daß dieser Seite 9 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos von Innsbruck nur mit genauer Not nach Villach entkam. Karls Macht war durch diesen Aufstand gebrochen, er mußte widerwillig in den von seinem Bruder Ferdinand vermittelten Passauer Vertrag vom 2. Aug. 1552 willigen. Gleichzeitig aber hatte Heinrich II. von Frankreich die lothringischen Bistümer Metz, Toul und Verdun in Besitz genommen, und Karl versuchte vergeblich, Metz zurückzuerobern; im Februar 1556 schloß er mit Frankreich zu Vaucelles einen Waffenstillstand auf fünf Jahre. Gebeugt durch solche Unfälle und von anhaltenden gichtischen Schmerzen gequält, lebte der Kaiser fortan in Brüssel und zwar so zurückgezogen, daß sich das Gerücht von seinem Tod in ganz Europa verbreitete. Das Schicksal Deutschlands hatte er schon ganz seinem Bruder Ferdinand überlassen, der auch ohne Karl den Religionsfrieden in Augsburg 26. Sept. 1555 bewilligte. Im Oktober 1555 trat Karl seinem einzigen Sohn, Philipp, zu Brüssel die Niederlande ab, 15. Jan. 1556 ebendaselbst auch Spanien und Neapel. Den deutschen Kurfürsten ließ er im September d. J. seine förmliche Abdankungsurkunde zugehen. Er selbst zog sich in das Kloster San Yuste bei Placencia in Estremadura zurück, wo er den Rest seines Lebens in Zurückgezogenheit, aber doch unter lebhafter Teilnahme an den Weltereignissen und den Staatsgeschäften zubrachte und 21. Sept. 1558 starb; er wurde 1574 im Escorial beigesetzt. Seine Gemahlin Isabella von Portugal hatte ihm Philipp II., seinen Nachfolger in Spanien, Maria, die Gemahlin Maximilians II., und Johanna, die Gemahlin des Thronfolgers Johann von Portugal, geboren. Johann von Österreich (s. Juan d'Austria) und Margarete, die Gemahlin des Herzogs von Parma, später Statthalterin der Niederlande, waren natürliche Kinder Karls. Sein Reich hatte Spanien mit den amerikanischen Kolonien, Neapel, die Niederlande u. Österreich umfaßt; er hatte 1536 das Herzogtum Mailand noch hinzugefügt, 1521 aber schon Österreich seinem Bruder Ferdinand zediert; er pflegte die Niederlande durch Verwandte regieren zu lassen, anfangs durch seine Tante Margarete, später durch seine Schwester Maria. Karl war ein hervorragender Staatsmann voll großer Gedanken und Pläne und gleichzeitig ein sehr eifriger Katholik. Herrschsüchtig, ehrgeizig, zäh und ausdauernd, strebte er nach der Beherrschung der Welt, wie sie die Kaiser des Mittelalters geübt hatten. Er war ein absoluter Monarch, der die Mitherrschaft ständischer Körper zu forlaufend brechen versuchte. Das Schlimmste war, daß er, zur Herrschaft Deutschlands berufen, für die deutschen Interessen und Wünsche keinen Sinn und für die deutschen religiösen und kirchlichen Ideen kein Verständnis hatte. Sein Wirken für Deutschland und besonders für die Reformation muß deshalb ein unheilvolles genannt werden. Er hat sein Leben 1550 selbst beschrieben. Lange verloren, ist erst kürzlich eine portugiesische Übersetzung seiner Memoiren aufgefunden und von Kervyn de Lettenhove unter dem Titel: »Commentaires de Charles-Quint« (Brüss. 1862) veröffentlicht worden. Die gleichzeitigen Historiker Jovius, Sleidanus, Sepulveda, Adriani u. a. haben seine Geschichte behandelt, im 17. Jahrh. Sandoval aus spanischen Relationen »Vida y hechos del emperador Carlos V.« (1604) zusammengestellt. In späterer Zeit ist seine Geschichte oft behandelt, z. B. von Robertson, History of the Emperor Charles V. (Lond. 1769; neue Ausg., das. 1869; deutsch, 3. Aufl., Braunschw. 1795, 3 Bde.); Baumgarten, Geschichte Karls V. (Stuttg. 1885 ff.), u. a. Vgl. ferner Höfler, Karls I. (V.) Wahl (Wien 1874); Lanz, Korrespondenz des Kaisers Karl V. (Leipz. 1844-46, 3 Bde.); Gachard, Correspondance de Charles V et d'Adrien VI (Brüss. 1859); Rösler, Kaiserwahl Karls V. (Wien 1868); Gachard, Retraite et mort de Charles-Quint au monastère de Juste (Brüss. 1855, 2 Bde.); Stirling, Das Klosterleben Karls V. (a. d. Engl., Leipz. 1852); Mignet, Charles-Quint, son abdication, son séjour et sa mort au monastère de Yuste (10. Aufl., Par. 1882); Ranke, Deutsche Geschichte im Reformationszeitalter (6. Aufl., Leipz. 1881, 6 Bde.); Maurenbrecher, Karl V. und die deutschen Protestanten (Düsseld. 1865); v. Druffel, Kaiser Karl V. und die römische Kurie 1544-46 (Münch. 1877); Henne, Histoire du règne de Charles-Quint en Belgique (Brüss. 1858-60, 10 Bde.); G. de Leva, Storia documentate di Carlo V. in correlazione all' Italia (Vened. 1875 ff., Bd. 1-4); Mignet, Rivalité de Charles V et François I (Par. 1875, 2 Bde.). 7) Karl VI. Joseph Franz, Sohn Leopolds I. aus dessen dritter Ehe mit Eleonore von der Pfalz, geb. 1. Okt. 1685, trat 1700 bei dem Tod Karls II., des letzten spanischen Habsburgers, als Prätendent der spanischen Krone auf und wurde hierbei von den das Übergewicht der Bourbonen in Europa bekämpfenden Seemächten unterstützt (s. Spanischer Erbfolgekrieg). Bevor Karl, nachdem er 1703 in Wien als Karl III. zum König von Spanien ausgerufen worden, das Land seiner Väter verließ, schloß er zwei Verträge mit seinem Vater, dem Kaiser Leopold I., und seinem Bruder, dem römischen König Joseph I., wonach alle Rechte und Ansprüche des Seite 10 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos Hauses auf die spanischen Länder ihm übertragen wurden. Karl reiste 1703 zunächst nach England, schiffte sich dort im Januar 1704 mit 12,000 Mann englisch-holländischer Truppen ein und landete zuerst in Lissabon, in der Residenz des ihm befreundeten portugiesischen Hofs, dann in Katalonien. Nur hier fand Karl ernstliche Anhänger und Freunde, die ihm auch später nach Österreich folgten. Die Mehrzahl der Spanier, namentlich die Länder der Krone Kastilien, hingen dem Bourbon Philipp V. an. In Madrid, wo er zweimal seinen Einzug hielt, behauptete er sich nur eine kurze Zeit und mußte bei dem Haß der katholischen Spanier gegen die fremdländischen, meist protestantischen Truppen, bei der Uneinigkeit im Kriegsrat und der militärischen Überlegenheit Frankreichs trotz der umsichtigen Kriegstüchtigkeit und heroischen Ausdauer Guidos von Stahremberg nach der Gefangennehmung Stanhopes seine Hoffnungen auf die spanische Krone immer mehr aufgeben lernen, wie zäh er auch an ihnen festhielt. Als sein Bruder Joseph I. 1711, ohne männliche Erben zu hinterlassen, starb, setzte Karl seine Gemahlin Elisabeth von Braunschweig-Lüneburg (geb. 28. Aug. 1691), mit welcher er sich 1708 in Barcelona vermählt hatte, in Spanien als Regentin ein und kehrte nach Deutschland zurück, wo er die Herrschaft über die habsburgischen Lande übernahm und im Dezember 1711 auch als Karl VI. zum Kaiser gekrönt wurde. Während die Siege der verbündeten Armeen unter Marlborough und Eugen dem König Ludwig XIV. verderblich wurden, endete doch der spanische Successionskrieg mit der Anerkennung Philipps V. und der Abtrennung der europäischen Nebenländer von der spanischen Krone im Frieden von Utrecht 1713, welchem aber Karl VI. sich nicht fügen wollte. Erst nach Verlauf eines weitern fruchtlosen Kriegsjahrs gestattete Karl seinem großen Feldherrn Eugen den Friedensabschluß in Rastatt 7. März 1714, dem die Ratifikation in Baden für das Deutsche Reich 7. Sept. folgte. Die für Österreich neugewonnenen Gebiete aus der spanischen Erbschaft, Belgien, Mailand, Neapel, Sardinien, welches später gegen Sizilien ausgetauscht wurde, erhielten durch Karl eine besondere Verwaltung, bei welcher lediglich spanische Emigranten Einfluß übten. Trotz des glücklichen Türkenkriegs, den Prinz Eugen 1716 begann und durch den glänzenden Frieden von Passarowitz 1718 beendete, durch welchen Serbien und die Walachei an Österreich fielen, vermochte derselbe seine frühere Stellung in den österreichischen und Reichsangelegenheiten nicht zu behaupten und sah sich durch die spanische und Jesuitenpartei am Hof überall zurückgesetzt. Karls höchstes Interesse schien sich dahin zu konzentrieren, seiner eignen weiblichen Deszendenz für den Fall seines söhnelosen Ablebens den Vorrang vor den zur Erbfolge berechtigten Töchtern Josephs I. zuzusichern. Durch dieses Bestreben Karls entstand das Grundgesetz, die Pragmatische Sanktion, die 19. April 1713 zuerst veröffentlicht und von noch größerer Wichtigkeit wurde, als der einzige Sohn Karls 1716 starb. Als sich nun die Töchter seines Bruders mit den Prinzen von Bayern und Sachsen vermählten, wurden sie gezwungen, allen Rechten zu entsagen, welche ihnen aus der früher aufgerichteten Erbfolgeordnung entspringen würden. Hierauf begann Karl Unterhandlungen mit den Ständen seiner Länder, mit Kroatien, Ungarn, Tirol, Böhmen, Österreich etc., zuletzt mit den Niederlanden (1724), und erlangte die Zusicherung, daß erstens die sämtlichen österreichischen Länder im Fall seines Todes ungeteilt bleiben und zweitens an seine älteste Tochter, Maria Theresia, und deren gesamte Nachkommen vererbt werden sollten. Karl suchte nun während der großen europäischen Verwickelungen durch eine Reihe von Verträgen sich die Garantie der Großmächte für die Pragmatische Sanktion auf alle Weise zu verschaffen. Doch ging er hierbei namentlich den deutschen Mächten gegenüber mit sehr engherzigem Sinn zu Werke, während er Spanien und Frankreich, allerdings die gefährlichsten Mächte, durch die weitgehendsten Konzessionen zu beschwichtigen suchte und auf diese Weise 1735 nach dem unglücklichen polnischen Erbfolgekrieg Neapel und Sizilien verlor und den Gewinn Lothringens für die französische Krone vorbereitete. Den protestantischen Mächten dagegen suchte man sorgfältig jeden Vorteil vorzuenthalten, der ihnen aus der großen habsburgischen Erbschaft entspringen konnte. forlaufend Den Holländern wurde zwar 1731 die Ostindische Handelskompanie geopfert; dem König von Preußen dagegen glaubte man durch Versprechungen genugthun zu können, die sich auf Jülich und Berg bezogen und nicht ernstlich gemeint waren. Auch zogen diese Verhandlungen Karl von wichtigen Interessen Österreichs ab und bewirkten, daß er die Wehrkraft desselben verfallen ließ, so daß der 1736 mit Rußland begonnene neue Türkenkrieg unglücklich verlief und Österreich im Frieden von Belgrad (18. Sept. 1739) alle Vorteile des Passarowitzer Friedens wieder verlor. Formell betrachtet, konnte indes das Resultat aller dieser Verhandlungen als ein äußerst günstiges betrachtet werden und Karl (20. Okt. 1740) in dem Glauben sterben, daß er seiner ältesten, seit 1736 mit Franz von Lothringen verheirateten Tochter seine Länder in Ruhe und Sicherheit vererbe. Mit ihm erlosch der habsburgische Mannesstamm. Karl war nicht ohne Begabung und Bildung, hatte Interesse für Künste und Wissenschaften, aber wenig politische Einsicht und war eigensinnig, ohne energisch und beharrlich zu sein. Vgl. »Leben und Thaten Kaiser Karls VI. von einem deutschen Patrioten« (Frankf. u. Leipz. 1741); Massuet, Histoire de l'empereur Charles VI (Amsterd. 1741, 2 Bde.; deutsch, Regensb. 1742); Seite 11 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos Schirach, Biographie Kaiser Karls VI. (Halle 1776); Radics, Kaiser Karl VI. als Staats- und Volkswirt (Wien 1886); P. A. à la Lande, Histoire de l'empereur Charles VI (Haag 1843). Von besonderm Wert sind: Foscarinis (des venezianischen Gesandten) »Arcane memorie, ossia segreta historia del regno di Carlo VI.« (Padua 1750). 8) Karl VII. Albrecht, ältester Sohn des Kurfürsten Max Emanuel von Bayern, geb. 6. Aug. 1697 zu Brüssel, als sein Vater Statthalter der Niederlande war, fiel im Krieg desselben wider Österreich (1706) in Gefangenschaft und wurde mit seinen Brüdern als Graf von Wittelsbach in Klagenfurt, später in Graz erzogen. Nach seiner Freilassung (1715) unternahm er Reisen und befehligte 1717 im Türkenkrieg bayrische Hilfstruppen. 1722 vermählte er sich mit Maria Amalie, jüngerer Tochter des Kaisers Joseph I., die jedoch allen Erbansprüchen entsagte. Nach dem Tod seines Vaters (26. Febr. 1726) folgte er diesem in Bayern und in der Kurwürde. Seinem Haus brachte er Hohenwaldeck und die wartenbergischen Herrschaften zu. Zu Österreich trat er nur kurze Zeit in ein freundliches Verhältnis und stellte dem Kaiser Karl VI. ein Hilfskorps gegen die Türken (1738). Unmittelbar nach dem Tode des Kaisers protestierte er aber gegen die Pragmatische Sanktion, schloß mit Frankreich 1741 ein Bündnis gegen Österreich zu Nymphenburg, welchem Spanien und Sachsen, bald auch Preußen beitraten, fiel in Österreich ein, ließ sich hier als Erzherzog huldigen, rückte dann in Böhmen ein, gewann 25. Nov. durch Überrumpelung Prag und ließ sich als König von Böhmen huldigen. Am 24. Jan. 1742 wurde er zum deutschen Kaiser gewählt. Alsbald aber wandte sich das Kriegsglück, Maria Theresia warf mit Hilfe der Ungarn den Feind aus Oberösterreich und eroberte in kurzem ganz Bayern. Karl flüchtete nach Frankfurt. Noch größer wurde seine Bedrängnis, als Österreich, Schlesien opfernd, mit Preußen Frieden schloß. Karls letzte bedeutende Macht, das bayrisch-französische Heer, wurde in Prag von den Österreichern so eng umstellt, daß der französische Befehlshaber Belleisle mitten im Winter den Rückzug aus Böhmen antreten mußte. Zwar gestattete ein Sieg Seckendorfs Karl 19. April 1743 einen kurzen Besuch in München; aber gleich darauf schlug Georg II. von England die Franzosen bei Dettingen (27. Juni 1743) und gewann Karl von Lothringen einen Sieg über die Bayern bei Simbach, worauf Österreich sich in Bayern huldigen ließ. Die Hilfe Friedrichs II., der 1744 in Böhmen einfiel, verbesserte Karls Lage, und Seckendorf führte Karl 23. Okt. d. J. in seine Residenzstadt München zurück, wo derselbe 20. Jan. 1745 starb. Vgl. Heigel, Der österreichische Erbfolgestreit und die Kaiserwahl Karl VII. (Nördling. 1876); »Tagebuch Kaiser Karls VII. aus der Zeit des österreichischen Erbfolgekriegs« (hrsg. von Heigel, Münch. 1883). [Baden.] 9) Karl Friedrich, Großherzog von Baden, Sohn des Erbprinzen Friedrich von Baden-Durlach, geb. 22. Nov. 1728, folgte seinem Großvater, dem Markgrafen Karl Wilhelm in Baden-Durlach, erst unter Vormundschaft seines Oheims und dann seit 1746 selbständig in der Regierung und führte dieselbe im Sinn der Humanität und der Aufklärung. Als ihm 1771 Baden-Baden zufiel, erleichterte er auch hier vielfach das Los der untern Stände, indem er 1783 die Leibeigenschaft aufhob, gab das erste Beispiel des Freizügigkeitssystems, trug die Landesschulden ab, beförderte Ackerbau, Gewerbe, Handel und geistige Bildung und schrieb selbst einen »Abrégé des principes de l'économie politique« (Karlsr. 1772). Sein Hof ward von vielen Dichtern und Gelehrten besucht. 1785 schloß er sich dem Fürstenbund an. Infolge des Revolutionskriegs verlor er 1796 seine Besitzungen auf dem linken Rheinufer, ward aber 1803 mit dem Stift Konstanz, der rechtsrheinischen Pfalz mit Heidelberg, wo er die Universität zu neuer Blüte erhob, etc. entschädigt und 1. Mai 1803 Kurfürst von Baden. Durch den Preßburger Frieden erhielt er den Breisgau und die Stadt Konstanz. 1806 trat er als souveräner Fürst dem Rheinbund bei, nahm den Titel Großherzog an und erhielt abermals einen Länderzuwachs, so daß unter ihm Baden zu einem Staat von 14,300 qkm mit 430,000 Einw. anwuchs. Er starb 10. Juni 1811. Ihm folgte, da sein Sohn erster Ehe mit der edlen, geistvollen Karoline Luise von Hessen (gest. 1783), der Erbprinz Karl Ludwig, 1801 gestorben war, sein Enkel Karl Ludwig Friedrich, geb. 8. Juni 1786, seit 1806 mit Stephanie von Beauharnais vermählt, seit 1808 Mitregent. Er gab die Verfassung vom 22. Aug. 1818, starb aber nach dreijähriger Krankheit 8. Dez. 1818, ohne Söhne zu hinterlassen. Außerdem hatte Karl Friedrich aus erster Ehe noch zwei Söhne, Markgraf Friedrich (1756-1817) und Ludwig, den spätern Großherzog (1818-30). 1787 vermählte er sich in zweiter Ehe mit Luise Karoline, Freiin Geyer von Geyersberg, welche der Kaiser 1796 zur Reichsgräfin von Hochberg erhob, und die 1820 starb. Aus dieser Ehe stammten der nachmalige Großherzog Leopold (1830-52), Markgraf Wilhelm (1792-1859) und Markgraf Maximilian (1796-1882). Vgl. Nebenius, Karl Friedrich von Baden (Karlsr. 1868); Kleinschmidt, Karl Friedrich von Baden (Heidelb. 1878). Seite 12 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos [Bayern.] 10) Karl Theodor Maximilian August, Herzog von Bayern, geb. 7. Juli 1795 zu Mannheim, zweiter Sohn des Herzogs Maximilian Joseph von Pfalz-Zweibrücken, nachherigen Kurfürsten und seit 1806 Königs von Bayern, erhielt eine vorwiegend militärische Ausbildung, ward bereits im Juni 1813 zum Generalmajor und Brigadier der Infanterie ernannt, focht mit Auszeichnung in den Befreiungskriegen an der Seite des Generals Wrede als Kommandant der 1. Brigade der Division forlaufend Rechberg und begleitete seinen Vater auf den Wiener Kongreß. Er übernahm sodann das Generalkommando in München, trat aber 1822, da mehrere seiner Militärreformvorschläge kein Gehör fanden, mit dem Rang eines Kavalleriegenerals zurück und lebte fortan seinen Studien, bis ihn Wredes Tod an die Spitze der bayrischen Armee rief. 1841 ward er zum Feldmarschall und Generalinspektor der Armee, 1860 zum Oberbefehlshaber des 7. deutschen Bundeskorps ernannt. 1866 befehligte er dasselbe im Kriege gegen Preußen und zog sich nach dem unglücklichen Ausgang desselben, nachdem er alle militärischen Würden niedergelegt, ganz vom öffentlichen Leben nach Tegernsee zurück, wo er 16. Aug. 1875 starb. 11) Karl Theodor, Herzog in Bayern, geb. 9. Aug. 1839 zu Possenhofen, zweiter Sohn des Herzogs Maximilian von der Linie Zweibrücken-Birkenfeld, jüngerer Bruder der Kaiserin von Österreich, trat in die Artillerie ein, widmete sich aber bald wissenschaftlichen, namentlich medizinischen, Studien und wurde, nachdem er das medizinische Studium absolviert hatte, von der Universität München zum Doktor der Medizin promoviert; durch besondern Erlaß des Reichskanzlers erhielt er 1880 die Befugnis zur Ausübung des ärztlichen Berufs. Sein besonderes Fach ist die Augenheilkunde. Seit 1880 führte er in seiner Klinik zu Tegernsee gegen 500 Staroperationen aus. Im Gräfeschen »Archiv für Ophthalmologie« (1880) veröffentlichte er eine Abhandlung: »Beiträge zur Anatomie und Physiologie des Glaskörpers«. Er war zum erstenmal seit 1865 vermählt mit der Prinzessin Sophie von Sachsen, welche schon 1867 starb, seit 1874 mit der Prinzessin Maria Josepha von Braganza, der Tochter des verstorbenen portugiesischen Prätendenten Dom Miguel. Er lebt meist in Tegernsee, das ihm Prinz Karl von Bayern (s. Karl 10) vermachte. [Brandenburg.] 12) Karl Friedrich Albrecht, Markgraf von Brandenburg-Schwedt, Enkel des Großen Kurfürsten, geb. 10. Juni 1705, trat früh in die preußische Armee, zeichnete sich im ersten Schlesischen Krieg bei der Einnahme von Glogau, bei Mollwitz und Chotusitz aus und befehligte Anfang 1745 in Oberschlesien, wo er sich die besondere Zufriedenheit des Königs erwarb. Im Siebenjährigen Krieg erhielt Markgraf Karl wiederholt selbständige Kommandos, da der König ihm unbedingtes Vertrauen schenkte, und zeichnete sich bei Hochkirch und Torgau aus. In beiden Schlachten ward er, wie bei Mollwitz, verwundet. Er war von edlem, menschenfreundlichem Charakter und liebte Künste und Wissenschaften. 31 Jahre war er Herrenmeister des Johanniterordens. Mit seinem Tod (22. Juni 1762 in Breslau) erlosch die Linie Brandenburg-Schwedt, da seine beiden Brüder auf dem Schlachtfeld gefallen waren. [Braunschweig.] 13) Karl Wilhelm Ferdinand, im Siebenjährigen Krieg unter dem Namen der Erbprinz bekannt, geb. 9. Okt. 1735, ältester Sohn des Herzogs Karl I. (geb. 1713, gest. 1780) und der Prinzessin Philippine Charlotte von Preußen, widmete sich früh dem Militärstand, zeichnete sich als Kommandant der braunschweigischen Truppen in der Schlacht bei Hastenbeck aus, entschied später die Schlacht bei Krefeld und nahm an allen Unternehmungen seines Oheims Ferdinand thätigen Anteil. Nachdem er sich 1764 mit Auguste, Tochter des Prinzen von Wales, vermählt, trat er 1773 als General der Infanterie in die preußische Armee, wohnte dem bayrischen Erbfolgekrieg bei und übernahm 1780 nach seines Vaters Tode die Regierung von Braunschweig. 1787 befehligte er die preußische Expedition gegen Holland. Beim Ausbruch des Revolutionskriegs zum Oberbefehlshaber über die österreichisch-preußische Armee ernannt, erließ er 25. Juli 1792 das bekannte Manifest von Koblenz, eroberte Longwy, Verdun und drang in die Champagne ein, führte jedoch den Krieg zu methodisch und bedächtig, wurde nach der Kanonade von Valmy zu einem Waffenstillstand mit Dumouriez und bald darauf (10. Sept.) zum Rückzug gezwungen. Obwohl er 1793 Mainz, das in die Gewalt Custines gefallen war, eroberte, die Schlacht bei Pirmasens gewann, in Gemeinschaft mit dem österreichischen General Wurmser die Weißenburger Linien stürmte und bei Kaiserslautern die Franzosen unter Pichegru und Hoche schlug, so wußte er doch aus übergroßer Vorsicht seine Überlegenheit nicht zu benutzen. Infolge des Haager Vertrags legte er 1794 seine Befehlshaberstelle nieder. 1806 stand er als Oberbefehlshaber des preußischen Heers von neuem im Feld. Bei Auerstädt (14. Okt.) durch einen Schuß beider Augen beraubt und aus Braunschweig durch die Franzosen vertrieben, starb er 10. Nov. in Ottensen bei Altona. 1874 wurde ihm zu Braunschweig ein Reiterstandbild (von Pönninger) errichtet. 14) Karl Friedrich August Wilhelm, Enkel des vorigen, Sohn des bei Quatrebras 16. Juni 1815 gefallenen Herzogs Friedrich Seite 13 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos Wilhelm (s. Friedrich 13) und der Prinzessin Marie von Baden, geb. 30. Okt. 1804 zu Braunschweig, wurde im Ausland erzogen und kam nach dem Tod seines Vaters unter die Vormundschaft des Prinz-Regenten, nachherigen Königs Georg IV. von England, der dem hannöverschen Minister Grafen Münster und dem braunschweigischen Minister Geheimrat v. Schmidt-Phiseldeck die Leitung der Staatsgeschäfte anvertraute. Der Prinz bekundete früh üble Charaktereigenschaften, namentlich Geldgier, Hartnäckigkeit, Stolz und Hang zu Ausschweifungen. Deshalb von Münster unter der Führung des Majors v. Linsingen 1820 nach Lausanne gesandt, ergab er sich dort noch mehr einem wüsten Leben und hielt sich sodann bei seiner Großmutter, der Markgräfin Amalie von Baden, zu Bruchsal und später in Wien auf, bis ihm durch den Einfluß Metternichs vom König von England die Regierung 30. Okt. 1823 übertragen ward. Sieben Jahre regierte er nach Laune und Willkür, schikanierte seine Beamten, verschwendete öffentliche Gelder, überwarf sich mit den Ständen und reizte alle Welt so gegen sich auf, daß, als er 6. Sept. 1830 abends das Theater verließ, sein Wagen mit Steinwürfen verfolgt und das Schloß die ganze Nacht belagert wurde. Er entfloh, machte gegen Ende des Jahrs einen lächerlichen Versuch, sein Herzogtum wiederzuerobern, und ward, da er freiwilligen Verzicht verweigerte, durch Beschluß des Landtags, welchen der Bundestag 2. Dez. bestätigte, abgesetzt. Nun begab er sich nach Paris, 1831 nach Spanien, von da nach London und endlich wieder nach Paris, wo er mit dem greisen Jérôme in vertrautem Verkehr lebte und in mehrere abenteuerliche Prozesse verwickelt ward. Die Hoffnung auf Wiedererlangung seiner Herrschaft gab er nie auf und hatte dieselbe besonders auf Napoleon III. gesetzt, mit dem er bereits 1845 hierüber einen Vertrag schloß, und den er vor dem Staatsstreich mit seinen Geldmitteln reichlich unterstützte. 1870 siedelte er nach Genf über, wo er 19. Aug. 1873 starb, nachdem er die letzte Zeit seines Lebens sich durch seine Geckenhaftigkeit und seinen Geiz lächerlich gemacht hatte. Unversöhnt mit seinen Verwandten, vermachte forlaufend er sein bedeutendes, namentlich an Diamanten reiches Vermögen der Stadt Genf mit der Verpflichtung, ihm daselbst ein großes Reiterstandbild zu errichten. Dasselbe (Bronzestatue von Cain) ist 1879 enthüllt worden. Die auf seinen Befehl französisch und deutsch abgefaßten Memoiren (1836, 1844) sind ein verlogenes Machwerk. [Burgund.] 15) Karl der Kühne (Charles le Téméraire), Herzog von Burgund, einer der mächtigsten Fürsten des spätern Mittelalters, Sohn des Herzogs Philipp III., des Guten, aus dem Haus Valois und dessen dritter Gemahlin, Isabella von Portugal, geb. 10. Nov. 1433 zu Dijon, führte zuerst den Titel Graf von Charolais. Von stattlicher Gestalt, übte er sich früh in allen Ritterkünsten. Er lebte einfach und mäßig, und sein Sinn war ganz auf kühne Unternehmungen und männliche Thaten gerichtet; er war tapfer und energisch, aber auch jähzornig, leidenschaftlich und unversöhnlich. Mit seinem Vater entzweite er sich aufs heftigste wegen dessen Begünstigung der Brüder de Croy und lebte meist in Dendermonde. 1465 stellte er sich an die Spitze des von den französischen Großen gegen Ludwigs XI. Despotie geschlossenen Bundes (ligue du bien public). Er fiel in Frankreich ein, erschien mit 26,000 Mann vor Paris, lieferte 16. Juli dem König die unentschiedene Schlacht bei Montlhéri (16. Juni 1465) und diktierte 29. Okt. den Frieden von Conflans. 1467 folgte er seinem Vater auf dem Thron und betrieb seitdem den Plan, ein Königreich Burgund herzustellen, dem auch Lothringen, die Schweiz und das südliche Frankreich einverleibt werden sollten. Als sich 1468 Lüttich, von Frankreich aufgereizt, gegen seinen Bischof empörte, brachte Karl König Ludwig XI. durch List in seine Gewalt und zwang ihn zum Vertrag von Péronne (14. Okt.), worauf derselbe der grausamen Züchtigung Lüttichs beiwohnen mußte. Die Zusammenkunft, die er 1473 zu Trier mit Kaiser Friedrich III. hatte, um die Erhebung seines Herzogtums zum Königreich zu erlangen, blieb resultatlos. Durch seine Eroberungsgier geriet er mit allen Nachbarn in Streit, und nachdem er 1474-75 Neuß vergeblich belagert, wandte er sich gegen die Schweizer, welche 1474 seinem Heer bei Héricourt eine Niederlage beigebracht, verlor aber gegen sie die beiden Schlachten bei Granson (1. März 1476) und bei Murten (22. Juni), die mit schmachvoller Flucht und Verlust seines kostbaren Lagers endeten, und fiel 5. Jan. 1477 in der Schlacht bei Nancy, das er hatte wiedererobern wollen, und wo er nun, der letzte der burgundischen Valois, begraben wurde. Seine Erbin war seine und seiner Gemahlin Isabella von Bourbon einzige Tochter Maria, welche den Erzherzog Maximilian von Österreich heiratete. Der Untergang des stolzen Burgunderherzogs durch die Heere der Eidgenossen gab für eine Reihe dramatischer Dichtungen den Stoff ab, von denen als die jüngsten nur die Tragödien von Gengenbach (»Schlacht bei Murten«, 1854) und M. Meyr ( Karl der Kühne«, 1862) genannt seien. Vgl. Barante, Histoire des ducs de Bourgogne de la maison de Valois (8. Aufl., Par. 1858, 8 Bde.); Rodt, Die Feldzüge Karls des Kühnen (Schaffh. 1844-45, 2 Bde.); Kirk, History of Charles the Bold, duke of Burgundy (Lond. 1863, 3 Bde.); Seite 14 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos Hoch, Murten und Karl der Kühne (deutsch, Basel 1876). [Frankreich.] 16) Karl I., s. v. w. Karl d. Gr. (s. 2). 17) Karl II., s. v. w. Karl der Kahle (s. 3). 18) Karl III., von spätern Chronisten mit Unrecht der Einfältige genannt, Ludwigs II., des Stammlers, jüngster Sohn von zweifelhafter Legitimität, geb. 879, wurde, als sein Bruder Karlmann 884 starb, bei der Besetzung des Throns zu gunsten Karls des Dicken von Ostfranken durch die von den Normannen hart bedrängten Franzosen übergangen. Nach dem Tod Karls des Dicken machte er dem Usurpator Odo die französische Krone streitig und zwang ihn 897 zu einem Vertrag, in dem alles Land zwischen Seine und Maas ihm abgetreten wurde. Als dann Odo im Januar 898 starb, ward Karl König von ganz Frankreich, vermochte aber den übermächtigen Vasallen gegenüber nicht mehr Ruhe und Ordnung herzustellen. Dem furchtbaren normannischen Piratenhäuptling Hrolf (Rollo) Gangr überließ er 912 die Normandie als erbliches Herzogtum, wofür Hrolf unter dem Namen Robert Christ wurde und des Königs Tochter Gisela heiratete. Die Zwistigkeiten in Deutschland benutzte er, um 912 Lothringen diesem abzunehmen und mit Frankreich zu vereinigen. 922 brach gegen ihn ein Aufstand der französischen Großen unter Giselbert von Lothringen, Rudolf von Burgund und Robert von Francien, der zum König ausgerufen wurde, aus. In der Schlacht bei Soissons (923) fiel zwar der letztere, aber der König wurde besiegt und Rudolf von Burgund an seiner Stelle auf den Thron erhoben. Noch hielt Karl sich im Feld, als ihn Graf Herbert von Vermandois durch verräterische Vorspiegelungen in die Gefangenschaft lockte. In des Grafen Schloß zu Péronne starb Karl 929. Die Königin Ethgive vermochte mit Karls und ihrem Sohn Ludwig zu ihrem Bruder, dem englischen König Athelstan, übers Meer zu entfliehen; dieser Ludwig erhielt nach Rudolfs Tod als Ludwig IV., der Überseeische (Ultramarinus, d'Outremer), die französische Krone. Vgl. Borgnet, Étude sur le règne de Charles le Simple, im 17. Bd. der »Comptes rendus de l'Académie de Bruxelles«. 19) Karl IV., der Schöne, der dritte Sohn Philipps des Schönen und der Johanna von Navarra, geb. 1294, erhielt als Prinz den Titel eines Grafen von der Mark und bestieg nach dem Tod seines ältern Bruders, Philipps des Langen, im Januar 1322 den Thron. Den Grafen von Flandern unterstützte er glücklich gegen seine rebellierenden Unterthanen. Ebenso stand er seiner Schwester, der englischen Königin Isabella, gegen deren Gemahl Eduard II. bei, der besiegt und getötet wurde; hierfür trat Isabella an Karl das Agénois ab und bezahlte ihm 50,000 Mark Sterl. (1327). Nach innen war Karls Regierung despotisch und drückend. Er starb 31. Jan. 1328 in Vincennes. Nach seiner Scheidung von der ehebrecherischen Blanka von Burgund ehelichte er Maria von Luxemburg und nach deren frühem Tod Johanna von Evreux, die ihm drei Töchter gebar. Mit ihm erlosch der gerade Mannesstamm der Kapetinger. 20) Karl V., der Weise, Sohn König Johanns, geb. 21. Jan. 1337 zu Vincennes, ward durch die testamentarische Bestimmung Humberts II. von der Dauphiné erster Dauphin und übernahm schon 1356, als sein Vater in der Schlacht bei Maupertuis gegen die Engländer gefangen wurde, die Reichsverwaltung, hatte aber anfangs einen schwierigen Stand, da die Großen sich die Gewalt anmaßten, die Stadt Paris revoltierte und gleichzeitig die Unruhen der Jacquerie ausbrachen. Nach dem Frieden von Bretigny 1360 kehrte Johann auf den Thron zurück, welchen sodann nach seinem Ableben (8. April 1364) Karl bestieg. Selbst dem Krieg abgeneigt, fand in dem Bretonen Bertrand Duguesclin eine glückliche Hand für dessen Führung. Die Söldnerbanden, welche das Land forlaufend durchstreiften, sammelte er und entsendete sie gegen Peter den Grausamen von Kastilien. Den Engländern nahm Duguesclin fast alle ihre Besitzungen in Frankreich wieder ab. Schon 1367 hatte ein Landfriedensgesetz erlassen, wie er denn überhaupt Sicherung des Landes vor den Söldnerbanden, vor dem Druck des Adels und seinen Binnenzöllen und vor den Ungerechtigkeiten der Gerichte erstrebte. Durch Handelsbegünstigungen zog er auch Fremde ins Land, begünstigte Künste und Wissenschaften, stiftete die königliche Bibliothek in Paris und erbaute die Bastille daselbst. Doch erregte er durch seine übermäßige Zentralisation und durch harten Steuerdruck vielfache Unzufriedenheit, so daß 1379 in der Bretagne, in Flandern und Languedoc Aufstände gegen ihn ausbrachen, die bei seinem Tod (16. Sept. 1380) noch nicht gestillt waren. Seine Gemahlin Johanna von Bourbon gebar ihm zwei Söhne, seinen Nachfolger Karl VI. und Ludwig, Herzog von Orléans. Vgl. Choisy, Vie de Charles V (Par. 1689, neue Ausg. 1784); Barthélemy de Beauregard, Histoire de Charles V (das. 1843); Delisle, Mandements et actes divers de Charles V (das. 1874). 21) Karl VI., der Geliebte oder der Wahnsinnige, Sohn des vorigen, geb. 3. Dez. 1368 zu Paris, kam, bei dem Tod seines Vaters erst zwölf Jahre alt, 1380 auf den Thron unter Vormundschaft seiner väterlichen Oheime Ludwig von Anjou, Johann von Berri und Philipp von Burgund, die das Land aufs äußerste bedrückten und viele Aufstände des Volkes in Paris und andern Städten Seite 15 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos hervorriefen. Dieselben wurden blutig unterdrückt, die aufrührerischen Flandrer 1382 bei Roosebeke besiegt und die Herrschaft des Adels neu begründet. Erst 1388 übernahm Karl die Regierung selbst. Er war guten Regungen leicht zugänglich, freundlich und herablassend, persönlich tapfer; doch war er phantastisch, nervös aufgeregt und steigerte diese für einen Regenten so gefährlichen Eigenschaften durch Ausschweifungen, die ihn bald jeder ernstern Beschäftigung entfremdeten. Dies benutzten die Oheime des Königs, um auf den erregten Geist des jugendlichen Monarchen zu wirken. Auf einem Zuge gegen den aufrührerischen Herzog von der Bretagne (1392) fiel der König, erschreckt durch die plötzliche Erscheinung eines Mannes in weißen Kleidern, der, aus einem Buschwerk kommend, des Königs Pferd anhielt, ihn dringend warnte, nicht weiter zu ziehen, und alsbald wieder verschwand, in Geisteszerrüttung, worauf Philipp von Burgund und Johann von Berri wieder als Regenten auftraten, den Herzog Ludwig von Orléans, den Bruder des Königs, als zu jung ausschließend. Zwar erholte sich Karl wieder, aber ein zufälliger Brand bei einer Maskerade, der mehreren Personen das Leben kostete, brachte bei ihm den Wahnsinn 1393 von neuem und zwar unheilbar zum Ausbruch. Um die Herrschaft stritten sich nun zwei Parteien, die Armagnacs unter dem Herzog Ludwig von Orléans und nach dessen Ermordung 1407 unter dem Grafen von Armagnac und die Bourguignons unter dem Herzog Johann von Burgund. Jenen schloß sich der Dauphin Karl, diesen Karls Gemahlin Isabeau von Bayern an. Die innern Kämpfe benutzte Heinrich V. von England zu einem neuen Eroberungskrieg, und 1420 schloß der König unter dem Einfluß Isabeaus und Burgunds mit Heinrich V. den Vertrag von Troyes, in welchem er diesem seine Tochter Katharina vermählte und ihn als Thronfolger anerkannte. Karl starb 21. Okt. 1422. Vgl. Duval-Pineux, Histoire de France sous le règne de Charles VI (Par. 1842, 2 Bde.). 22) Karl VII., der Siegreiche, dritter Sohn und Nachfolger des vorigen, geb. 22. Febr. 1403, wurde nach dem Tod seiner ältern Brüder 1417 Dauphin und Regent, aber 1418 von den Bourguignons aus Paris vertrieben und nahm in Bourges seine Residenz. Als er jedoch auf Anstiften Duchâtels Johann den Unerschrockenen von Burgund auf der Yonnebrücke zu Montereau 10. Sept. 1419 hinterlistig hatte ermorden lassen, fielen alle burgundischen Länder, ganz Nordfrankreich, den Engländern zu, auf deren Seite auch Karls eigne Mutter Isabeau trat. König Heinrich V. ließ Karl durch das Pariser Parlament für des Throns verlustig erklären (1421), und nach Heinrichs und Karls VI. Tod (1422) wurde des erstern einjähriger Sohn Heinrich VI. in Paris als König anerkannt. Bei Crevant (1423) und bei Verneuil (1424) vollständig geschlagen, wurde das Heer des »Dauphins« Karl durch die verbündeten Engländer und Burgunder hinter die Loire getrieben, so daß man Karl spottweise den »König von Bourges« nannte. Leichtsinnig vertändelte Karl zu Chinon seine Zeit mit üppigen Festen und zahlreichen Mätressen. Nur Orléans hielt der heldenmütige Dunois, und endlich verschaffte die Jungfrau von Orléans (s. Jeanne d'Arc) Karl den Sieg und führte ihn 1429 in die Krönungsstadt Reims. Trotz des glücklichen Aufschwungs seiner Sache versank aber Karl sogleich wieder in Thatlosigkeit. Ein Versuch gegen Paris endete mit dem Rückzug nach Chinon. Indes versöhnte sich 1435 Burgund mit Karl durch den freilich für letztern sehr opfervollen Vertrag von Arras, während den Engländern durch den Tod Bedfords ein unersetzlicher Verlust bereitet wurde. Seitdem ging es mit der Herrschaft der Engländer unaufhaltsam rückwärts, zumal Karl, durch seine Geliebte Agnes Sorel veranlaßt, mehr Thätigkeit und Eifer entwickelte. Im April 1436 wurde den Engländern Paris abgenommen, und bis zum Oktober 1453 wurden sie gänzlich aus Frankreich vertrieben. Inzwischen begründete Karl durch die Pragmatische Sanktion vom Jahr 1438 die Freiheit der gallikanischen Kirche. Vor allem ordnete er die Finanzen und die Rechtspflege, beseitigte die zügellosen Söldnerbanden (Armagnaken), errichtete ein kleines, aber zuverlässiges stehendes Heer und hemmte durch energische Verordnungen den Druck des Adels auf die untern Klassen, was einen offenen Aufstand, die sogen. Praguerie, hervorrief, dem sich sogar der Dauphin Ludwig anschloß. Die wiederholten Empörungsversuche desselben trübten die letzten Tage des Königs, und die Furcht vor Vergiftung übte einen gleich zerstörenden Einfluß auf seinen Geist und Körper. Karl starb 22. Juli 1461 zu Melun sur Yèvre in Berry. Er war vermählt mit Maria von Anjou, die ihm einen Sohn, den nachherigen Ludwig XI., gebar. Vgl. Vallet de Viriville, Histoire de Charles VII (Par. 1862-65, 3 Bde.); du Fresne de Beaucourt, Le caractère de Charles VII (das. 1875, 2 Bde.); Derselbe, Histoire de Charles VII (das. 1881-85, Bd. 1-3); Clément, Jacques Coeur et Charles VII (2. Aufl., das. 1868). 23) Karl VIII., ältester Sohn Ludwigs XI., Enkel des vorigen, geb. 30. Juni 1470 zu Amboise, bestieg nach dem Tod seines Vaters Seite 16 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos 1483 den Thron, worauf sogleich ein heftiger Streit zwischen seiner Schwester Anna von Beaujeu und Ludwig von Orléans um Vormundschaft und Regentschaft entbrannte. Karl war ein schwächlicher, phantastischer und beschränkter Fürst. Durch seine Vermählung mit Anna, der Erbin der Bretagne, erwarb er dies Land für die Krone. Als Erbe der Rechte der Anjous auf Neapel forlaufend unternahm er 1494 einen Kriegszug nach Italien, eroberte auch 1495 das Königreich, ward aber durch den Bund zwischen dem Papste, dem Kaiser, Ferdinand von Aragonien u. a. wieder aus Italien vertrieben. Erst 27 Jahre alt, starb er 7. April 1498. Mit ihm erlosch der ältere Stamm der Valois. Sein Nachfolger war Ludwig XII., Urenkel Karls V. Vgl. Ségur, Histoire de Charles VIII (2. Aufl., Par. 1842, 2 Bde.); Cherrier, Histoire de Charles VIII (2. Aufl., das. 1870, 2 Bde.). 24) Karl IX., zweiter Sohn Heinrichs II. und der Katharina von Medici, bei seiner Geburt 27. Juni 1550 zum Herzog von Orléans ernannt, folgte seinem Bruder Franz II. 5. Dez. 1560 auf dem Thron und zwar unter Vormundschaft seiner Mutter. Nach Erlaß des Edikts von Amboise, das den Hugenotten Religionsfreiheit gewährte, wurde Karl 1563 für mündig erklärt. Auf die Schwankungen der kriegerischen Erfolge gegen die Hugenotten (s. d.) hatte Karl denselben Einfluß wie auf die diplomatischen Verhandlungen, welche den verschiedenen Friedensbeschlüssen vorhergingen; fortwährend rüttelte er an den Ketten, an welchen ihn seine Mutter lenkte. Bisweilen schien es sogar, als ob er wirklich den Wunsch hege, dem Bürgerkrieg wie der Herrschaft seiner Mutter zugleich ein Ende zu machen, und hierdurch getäuscht, leisteten die Häupter der Hugenotten bereitwillig seinen Aufforderungen, an den Hof zu kommen, Folge. Coligny gewann daselbst in der That Karls Zuneigung; doch waren die Einflüsterungen der Guisen mächtiger, und das Resultat der Bemühungen der Partei war die Pariser Bluthochzeit (s. Bartholomäusnacht). Karl billigte die That, an welcher er sich beteiligte, öffentlich durch ein Lit de justice, bezeichnete sie als Notwehr gegen Verschwörung und zum Heil des Reichs auf seinen Befehl geschehen. Gleichwohl wurde sein Gewissen nicht wieder ruhig, und er erlag der beständigen nervösen Aufregung im Schloß zu Vincennes 30. Mai 1574. Seine Gemahlin Elisabeth, Tochter des Kaisers Maximilian II., hatte ihm keine Kinder geboren, daher ihm sein Bruder Heinrich III. in der Herrschaft folgte. Vgl. Desjardins, Charles IX, 1570-72 (Douai 1874); Mérimée, Chronique du règne de Charles IX (neue Ausg., Par. 1877, 2 Bde.); De la Barre-Duparcq, Histoire de Charles IX (das. 1875). 25) Karl X. Philipp, dritter Sohn des Dauphins Ludwig, einzigen Sohnes Ludwigs XV., Bruder Ludwigs XVI. und XVIII., geb. 9. Okt. 1757 zu Versailles, erhielt den Titel eines Grafen von Artois. Seine Erziehung an dem frivolen Hof seines Großvaters Ludwig XV. blieb nicht ohne üble Einwirkung auf den überdies beschränkten Prinzen. 1782 beteiligte er sich an der Expedition der Spanier und Franzosen gegen Gibraltar und erhielt bei einem Aufenthalt im Lager bei St.-Roche die Würde eines Ludwigsritters. Kundgebungen einer durchaus absolutistischen Gesinnung zogen ihm bald den Haß des Volkes zu. Im Juli 1789 gab er das Zeichen zur Auswanderung des royalistischen Adels und zog allenthalben umher, seinem Vaterland Feinde zu erwecken. Bei Kaiser Leopold II. in Mantua warb er für eine Invasion, wohnte 1791 dem Kongreß zu Pillnitz bei und nahm im Emigrantenkorps an der Invasion von 1792 teil. Nach Ludwigs XVI. Tod ward er von Ludwig XVIII. zum Generalleutnant des Königs ernannt und versuchte 1795 mit einer englischen Flottille bei Ile Dieu eine Landung, die jedoch mißlang. Wieder wollte er mit den Russen unter Suworow gegen Frankreich (1799) ziehen, kehrte aber bei der Nachricht von Korsakows Niederlage sogleich wieder um, lebte von der ihm verliehenen englischen Pension von 15,000 Pfund Sterling in London und in Hartwell bei seinem Bruder und ging 1814 mit den Verbündeten wieder über den Rhein, bis er infolge einer Beschwerde des Herzogs von Vicenza auf dem Kongreß zu Châtillon ausgewiesen wurde. Erst als die Verbündeten gegen Paris zogen, trat auch er mit einer freiheitverheißenden Proklamation wieder in Frankreich auf. In Paris nahm er als Generalleutnant im Namen Ludwigs XVIII. die Rerierung ^[Regierung] in die Hand, verkündete Freiheit der Presse und der Personen, Aufhebung der Droits réunis (12. April 1814), erkannte auch die Grundzüge der Konstitution an und schloß einen Waffenstillstand mit den Verbündeten. Aber kaum war Ludwig XVIII. selbst in Paris angekommen, als er als Generalobersten in den Süden des Reichs entsandte. Bei Napoleons I. Rückkehr (1815) floh Karl mit der königlichen Familie nach Gent. Nach der zweiten Restauration legte er die ausschweifendsten reaktionären Gelüste an den Tag, und selbst nachdem er sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen, intrigierten er und seine Gesinnungsgenossen (der Pavillon Marsan) noch gegen seinen Bruder Ludwig XVIII., die Charte und die Kammern. Nachdem er 16. Sept. 1824 seinem Bruder auf dem Thron gefolgt war und sich 29. Mai 1825 mit mittelalterlichem Pomp in Reims hatte salben und krönen lassen, schien er anfangs eine gemäßigtere Richtung einzuschlagen, lenkte aber sodann wieder in die frühere reaktionäre Bahn ein. Er berief Villèle an die Spitze des Ministeriums, welches das Gotteslästerungsgesetz, die Seite 17 / 18 eLexikon Bewährtes Wissen in aktueller Form Don Carlos Internet: https://peter-hug.ch/lexikon/DonCarlos Milliardenentschädigung an die Emigrierten, die Auflösung der Nationalgarde und die Einführung der Zensur durchsetzte, und übertrug, nachdem der gemäßigtere Martignac sich mit der Kammer nicht hatte verständigen können, Polignac die Leitung der Staatsgeschäfte. Durch auswärtige Erfolge suchte Karl die Unzufriedenheit der Nation zu beschwichtigen und unternahm zu diesem Zweck 1830 die Expedition nach Algier. Doch blieb sie ohne Erfolg auf die Volksstimmung, zu deren Organ sich die 221 liberalen Mitglieder der Kammer machten. Um die Opposition zu unterdrücken, erließ Karl 25. Juli 1830 die berüchtigten Juliordonnanzen. Hierdurch rief er die Julirevolution von 1830 hervor, infolge deren er 2. Aug. 1830 zu gunsten seines Enkels, des Herzogs Heinrich von Bordeaux, auf die Krone verzichtete. Er lebte fortan nacheinander in Edinburg, Prag, Kirchberg und Görz, wo er 6. Nov. 1836 starb. Er war seit 1773 vermählt mit Maria Theresia von Savoyen, die ihm die Herzöge von Angoulême und von Berri gebar. Vgl. Védrenne, Vie de Charles X (Par. 1879, 3 Bde.); Petit, Charles X (das. 1886). [Großbritannien und Irland.] Könige von England, Schottland und Irland: 26) Karl I., zweiter Sohn Jakobs I., geb. 19. Nov. 1600 zu Dunfermline in Schottland, bestieg, durch den Tod seines Bruders Heinrich 1612 Prinz von Wales geworden, 27. März 1625 nach Jakobs Ableben den Thron. Karl hatte schon vor seinem Regierungsantritt durch seine Verlobung mit der katholischen Henriette Maria, Heinrichs IV. von Frankreich Tochter, die öffentliche Meinung gegen sich, und später entzog ihm die vom Vater ererbte Neigung zu dem stolzen Buckingham die Liebe des Volkes in noch höherm Grad. Zudem war er, obwohl ein thätiger, geistvoller, gütiger und liebenswürdiger Fürst, doch zu Leichtsinn, Hartnäckigkeit und Willkür geneigt, vor allem aber besaß er einen Fortsetzung Karl:=> Seite 9.524 || lichen Hang zu gefährlichem und zweideutigem Intrigenspiel. So geriet er alsbald in Konflikte Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte Auflage, 1885-1892;9. Band, Seite 511 im Internet seit 2005; Text geprüft am 1.2.2008; publiziert von Peter Hug; Abruf am 21.10.2017 mit URL: Weiter: https://peter-hug.ch/09_0512?Typ=PDF Ende eLexikon. Seite 18 / 18