PRAXIS – Tierische Erzeugung Ihre Ansprechpartner für Geflügelthemen: Annette Alpers Naturland Fachberaterin 02527 / 93 02 32 [email protected] Werner Vogt-Kaute Naturland Fachberatung 09357 / 9 99 52 [email protected] Thomas Neumaier Naturland Fachberatung 0174 / 9 87 27 88 [email protected] Martin Bär Naturland Fachberatung 0731 / 1 53 27 30 [email protected] Anne Reinsberg Naturland Fachberaterin 03363 / 5 63 98 33 [email protected] Carlo Horn Naturland Fachberater 03343 / 4 80 52 00 [email protected] Selektiv trocken stellen Eutergesundheit durch richtiges Trockenstellen fördern Um Neuinfektionen beim Trockenstellen zu vermeiden, eignen sich Zitzenversiegler. Auch subklinische Euterentzündungen lassen sich beim Trockenstellen behandeln. Die dafür notwendigen Antibiotika sind aber nur ganz gezielt anzuwenden, wie ein Beispiel aus dem Fürstentum Liechtenstein zeigt. Willi und Rojane Büchel halten in Ruggell in Liechtenstein 75 Kühe, vor allem Brown Swiss mit einer durchschnittlichen Milchleistung um 7.600 kg. Ihr Betrieb ist im zweiten Umstellungsjahr auf ökologische Bewirtschaftung gemäss Richtlinien von BioSuisse. Büchels Herde zeichnet sich durch eine gute Eutergesundheit aus; in den letzten sechs Jahren lag die Zellzahl immer unter 90.000. Versiegeln wirkt präventiv Der Landwirt hat gute Erfahrungen mit dem Versiegeln der Zitzen beim Trockenstellen gemacht. Im Sommer lässt er die trocken stehenden Kühe Tag und Nacht auf die Weide. Während dieser Zeit kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Entzündungen einzelner Euterviertel. Der Landwirt führt das darauf zurück, dass sich die Zitzen nicht richtig verschlossen hatten und ein Tropfen Milch an der Willi Büchel zeigt die Spritze mit dem Euterschutz. Quelle: Michael Götz Zitzenspitze austrat. Das zog Fliegen an, die Keime mit sich brachten, welche seinen Kühen beim Trockenstellen ein Trockenstehzeit nur noch sehr selten vor. schließlich über den Zitzenkanal ins Euter Euterschutzpräparat, in diesem Fall das Zoetis ist Hersteller von Tierarzneimitteln. eindrangen. „Der Tropfen Milch macht Orbeseal® von Zoetis, in die Zitzen injiDas Versiegeln wirkt nicht therapeutisch, das Problem“, sagt Büchel. Seitdem er ziert, kommen Euterentzündungen in der sondern präventiv. Es verhindert, dass Naturland Nachrichten 04 / August 2017 47 PRAXIS – Tierische Erzeugung Auf sauberen Liegeflächen gibt es weniger Euterinfektionen. Betrieb Willi und Rojane Büchel Futterfläche: 50 ha, davon acht Hektar Silomais Tiere: 75 Milchkühe, 40 Stück Jungvieh, durchschnittlichen Milchleistung: 7.600 kg Arbeitskräfte: Betriebsleiter-Ehepaar, Praktikant, Mithilfe des Vaters In welchen Fällen ist ein Antibiogramm sinnvoll? (Resistenztestes) gemäß BioSuisse Richtlinien: • • • bevor ein kritischer AntibiotikaWirkstoff zur Erstbehandlung eingesetzt wird bevor ein kritischer AntibiotikaWirkstoff bei Gruppen- oder Euterbehandlungen eingesetzt wird vor der Verwendung von Trockenstellern Kritische oder Reserve-Antibiotika sind die Cephalosporine der dritten und vierten Generation, Fluorochinolone und Makrolide. Auf dem Markt gäbe es jedoch wirkungsvolle Alternativen, sowohl in der Laktation als auch für die Trockenstellung. „Reserveantibiotika müssen nicht immer sein“, betont Thomas Breuer von Zoetis Deutschland. In den Naturland Richtlinien gibt es keinen expliziten Hinweis darauf, dass beim antibiotischen Trockenstellen ein Antibiogramm erstellt werden muss, eine prophylaktische Behandlung ist allerdings nicht zulässig. Die gute tierärztliche Praxis sei jedoch, bei Verdacht auf eine bakteriell bedingte Eutererkrankung ein solches Antibiogramm zu erstellen, sagt Thomas Breuer. 48 Naturland Nachrichten 04 / August 2017 Quelle: Michael Götz Keime von außen in das Euter eindringen. Anmerkung der Redaktion: Dieser Zitzenversiegler ist kein allopathisches Mittel, darf ohne Wartezeit eingesetzt werden – gilt aber nicht als Behandlung im Sinn der Richtlinienregelung.. Beim Trockenstellen im Sommer wendet der Landwirt diesen Euterschutz bei allen Kühen an. Im Winter hingegen, wenn es kalt ist, lässt er bei Kühen, die keine Probleme mit der Eutergesundheit haben und deren Milchfluss nicht übermässig groß ist, das Euterschutzpräparat weg. Zuerst abklären, was wirkt Es ist nicht so, dass in Büchels Herde keine Mastitis auftritt. Zeigt sich in der Milchprobenanalyse bei einer Kuh eine erhöhte Zellzahl, wendet der Landwirt den Schalmtest an. Die Ursache einer erhöhten Zellzahl muss nicht immer eine Mastitis sein. Auch Brunst oder Krankheit können zu einer vorübergehend erhöhten Zellzahl aller Euterviertel führen. Büchel entnimmt bei Problemkühen eine sterile Milchprobe und sendet sie an ein Labor. Dieses identifiziert den Erreger und führt einen Resistenztest durch. Man spricht auch von Antibiogramm. Damit wird die Resistenz von Bakterien gegenüber Antibiotika getestet. Dies ermöglicht dem Tierarzt, das richtige Antibiotikum beziehungsweise das entsprechende Medikament zu verschreiben. Diese angepasste Vorgehensweise hat allerdings ihren Preis. Für den Nachweis von Mastitiskeimen muss der Milchviehhalter zwischen 12 und 40 Euro und für das Antibiogramm zusätzlich 28 Euro pro Keimart rechnen. Anmerkung der Redaktion: Da die Eutergesundheit in Öko-Betrieben nicht besser ist als in konventionellen Betrieben, die Behandlungsmöglichkeiten aber eingeschränkt bzw. die Öko-Betriebe das Ziel haben, möglichst wenig Antibiotika einzusetzen, macht dieses Vorgehen trotz höherer Kosten aus Sicht der Beratung Sinn. Beste Heilungschancen in der Trockenstehzeit Nicht immer ist es nötig, eine Kuh mit erhöhter Zellzahl in der Laktation sofort zu behandeln. Ist das Euter nicht klinisch krank und die Laktation schon fortgeschritten, dann wartet Büchel lieber bis zum Trockenstellen ab. „Während der Trockenstehzeit sind die Heilungschancen am besten“, ist er überzeugt, denn in dieser Zeit bleibt das Antibiotikum im Euter. Er lässt wie oben beschrieben den Erreger bestimmen und ein Antibiogramm erstellen. Direkt nach dem letzten Längsschnitt durch eine Zitze. Anwendung des internen Zitzenversieglers Quelle: Zoetis Melken gibt er das Euterschutzpräparat mit dem wirksamen Antibiotikum über die Zitze ins Euter. Da der Landwirt nur ganz gezielt oder selektiv Antibiotika einsetzt, PRAXIS – Tierische Erzeugung spricht man von selektivem Trockenstellen. Zur antibiotischen Behandlung einer subklinischen Mastitis beim Trockenstellen wird von der Naturland Fachberatung die Erstellung eines Antibiogrammes empfohlen. Damit möchte man Resistenzbildungen auf Grund eines wirkungslosen Einsatzes von Antibiotika vermeiden. Nach der Injektion des Euterschutzpräparates versiegelt der Landwirt die Zitzen. Ganz wichtig sei es beim Verabreichen des internen Versieglers, die Zitze am Übergang zum Euter abzuklemmen, betont Martin Blaser, Fachtierarzt für Wiederkäuer bei Zoetis Schweiz. So werde gewährleistet, dass der Versiegler in der Zitze verbleibt und nicht in die Euterzisterne gelangt. Beim Versiegeln darf man das Euter nicht mehr massieren. Zum Schluss dippt man die Zitzen. Auch das Wohlbefinden wirkt sich auf die Eutergesundheit aus. Der Pfropf muss raus Büchel lässt seine Kühe in der Regel sechs bis acht Wochen trocken stehen, Problemkühe eher noch etwas länger. Hat die Kuh gekalbt, melkt der Landwirt den Pfropfen des Zitzenversieglers mit der Hand aus der Zitze einfach heraus. Der Landwirt hat die Erfahrung gemacht, dass sich der Pfropf nicht immer schon beim ersten Melken völlig aus dem Zitzenkanal herauslöst. Deswegen achtet Büchel darauf, die Kuh während der ersten Tage gut vorzumelken. Keinesfalls darf ein „versiegeltes“ Euter nach dem Abkalben ohne Vormelken mit der Melkmaschine gemolken werden. Denn das Produkt kann sonst in den Milchschläuchen kleben bleiben und lässt sich mit einer herkömmlichen Reinigung nicht einfach entfernen. Quelle: Michael Götz Viele Faktoren sind ausschlaggebend Das selektive Trockenstellen ist nur ein Faktor unter vielen, die die Eutergesundheit fördern. Wichtig ist auch die Melkhygiene. Büchel verwendet zur Euterreinigung jeder Kuh ein Einwegtuch. Um eine Übertragung sowohl der Antibiotika als auch der Mastitiskeime auf andere Kühe zu vermeiden, reinigt und desinfiziert er Melkbecher und Milchschläuche nach dem Melken eines kranken Euters. Eine gute Wartung der Melkeinrichtungen und die Sauberhaltung des Liegebereiches helfen ebenfalls, Mastitiskeime fernzuhalten. Doch es sind nicht nur die Bakterien, die zu einer Mastitis führen. Das Stallklima, die Fütterung und nicht zuletzt auch die Zucht spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. „Ich meide Stiere, deren ZellzahlZuchtwert deutlich nach unten abweicht“, sagt Büchel. Hapert es an einem der Faktoren, dann können es die anderen nicht oder nur schwer ausgleichen. Autor: Michael Götz (Dr. Ing. Agr.), Agrarjournalist GmbH, Tel.: 0041-71-877 22 29, E-Mail: [email protected] und www.agrarjournalist.ch Michael Götz, Agrarjournalist GmbH, Eggersriet, Schweiz ANZEIGE Leckmassen zur Selbstversorgung KULMIN® BL-OLB Mineralfutter aus dem Leckeimer oder -kübel mit den Vitaminen A, D3 und E. Zur Selbstversorgung im Stall oder auf der Weide. ÖKO 1706 0201009 ZULASSUNG KULMIN® BL-OLB ist zur Verwendung in der ökologischen/biologischen Produktion gemäß den Verordnungen (EG) Nr. 834/2007 und (EG) Nr. 889/2008 geeignet und zertifiziert durch die QAL GmbH, DE-ÖKO-060. Gemäß den Vorgaben des Bioland e.V. hergestellt. Bergophor Futtermittelfabrik Dr. Berger GmbH & Co. KG 95326 Kulmbach · Tel. 09221 806-0 www.bergophor.de Naturland Nachrichten 04 / August 2017 49