LK Physik 12 Klassische Elektrodynamik

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LK Physik 12
Klassische Elektrodynamik
Richard Reindl
1995-2005
Die aktuellste Version des Skriptes findet man unter
http://www.stbit.de
Das Werk steht unter einer Creative Commons
- Namensnennung
- Nicht-kommerziell
- Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Unported Lizenz
http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/3.0/deed.de
8. Oktober 2013
2
1 Grundlagen
1.1 Grundgrößen
1. Basisgröße:
Die Zeit (t)
Die Einheiten der Basisgrößen der Physik müssen durch präzise Messverfahren festgelegt werden.
1960 wurde von der 11. Generalkonferenz für Maß und Gewicht das Internationale Einheitensystem (SI) eingeführt. Seit 1967 gilt für dir Einheit der Zeit:
Eine Sekunde (1 s) ist das 9 192 631 770 fache der Periodendauer der beim
Übergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133 Cs entstehenden Strahlung.
(1.1.1)
Die frühere Definition der Sekunde als der 86400ste Teil der Dauer einer Erdrotation ist nicht
brauchbar, da die Erdrotation nicht konstant ist (z.B. wegen der Gezeitenreibung).
Die Umsetzung der Sekundendefinition geschieht mit Atomuhren:
Die Frequenz f der vom Sender ausgestrahlten Welle ist im Idealfall gleich der
Eigenfrequenz f0 = 9192631770 Hz der
Cs-Atome. In diesem Fall wird die Strahlung von den Cs-Atomen völlig absorbiert. Weicht f von f0 ab, dann erreicht
ein Teil der Strahlung den Empfänger.
In Abhängigkeit von der empfangenen Intensität wird über einen elektronischen
Mechanismus f solange reguliert, bis am
Empfänger wieder nichts mehr ankommt,
d.h. bis f wieder exakt gleich f0 ist.
Zähler
...
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....
...
...
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...
...
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r
✲
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Empfänger
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...
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.
... ...
.
.
.
......
.....
..
...
...
...
...
...
...
...
...
...
.
.........................................................................
Cs-Atome
Regel-Elektronik
r
Abb.1.1.1 Atomuhr
Ein Teil der Welle wird vor den Cs-Atomen von einer Antenne aufgenommen und zu einem
schnellen elektronischen Zähler geleitet. Die kleinste messbare Zeit beträgt ungefähr eine Periodenlänge f10 ≈ 0,1 ns. Bei der Messung von längeren Zeiten wird eine Genauigkeit von
∆t
−14 erreicht, was einer Gangungenauigkeit von 1 s in circa 3 · 106 Jahren entspricht!
t ≈ 10
( Siehe Physik in unserer Zeit, 6/77 (8,5 · 10−14 ) und Die SI-Basiseinheiten, Physikalisch Technische Bundesanstalt, 1990 (1,5 · 10−14 ))
Neben der Sekunde werden noch folgende Zeiteinheiten verwendet:
1 min = 60 s,
1 h = 3600 s,
1 d = 24 h,
1 a ≈ 365,25 d
1 ms = 10−3 s (Milli), 1 µs = 10−6 s (Mikro), 1 ns = 10−9 s (Nano), 1 ps = 10−12 s (Pico).
2. Basisgröße:
Die Länge (x, s)
Seit 1983 gilt für die Einheit der Länge:
Ein Meter (1 m) ist die Länge der Strecke, die Licht im Vakuum in der
1
s zurücklegt.
Zeit ∆t = 299792458
3
(1.1.2)
1 Grundlagen
Aus (1.1.2) folgt für die Lichtgeschwindigkeit der exakte Wert
c = 299792458
m
s
(1.1.3)
Die frühere Definition des Meters als der 40 000 000ste Teil des Erdumfangs ist zu ungenau und
messtechnisch schwer umsetzbar.
Für große Entfernungen wird die Längeneinheit
1 Lichtjahr = 1 LJ = c · 1 a ≈ 299792458
m
· 3600 · 24 · 365,25 s = 9,4607 · 1015 m
s
(1.1.4)
verwendet.
3. Basisgröße:
Die Masse (m)
Für die Einheit der Masse gilt seit 1901:
Ein Kilogramm (1 kg) ist die Masse des Internationalen Kilogrammprototyps.
(1.1.5)
Wägungen durch Vergleich mit dem Kilogrammprototyp sind mit einer relativen Genauigkeit
von ca. 10−9 möglich. Die Kilogrammdefinition als bestimmtes Vielfaches einer Atommasse (z.B.
12 C) ist zur Zeit noch um zwei Größenordnungen ungenauer als die mit dem Prototyp.
1.2 Messfehler
Da die Messung einer physikalischen Größe B immer mit Fehlern behaftet ist, wird zur genauen Bestimmung von B eine Messreihe durchgeführt. B1 , B2 , ..... , Bn seien die n Werte einer
Messreihe.
Als genauesten Wert von B nimmt man den Mittelwert [B] der einzelnen Messwerte:
[B] =
B1 + B2 + .... + Bn
n
(1.2.1)
Die Abweichungen der einzelnen Messwerte vom Mittelwert sind
∆B1 = B1 − [B], ∆B2 = B2 − [B], ..... , ∆Bn = Bn − [B]
(1.2.2)
Der Betrag der größten Abweichung vom Mittelwert (absoluter Fehler) ist
∆B = max(|∆B1 |, |∆B2 |, ..... , |∆Bn |)
(1.2.3)
Der relative oder prozentuale Fehler der Messung ist
δrel =
∆B
∆B
=
· 100%
[B]
[B]
(1.2.4)
Eine ungenaue Größe (z.B. einen Messwert) schreibt man in der Form
B = [B] ± ∆B
(1.2.5)
Wir betrachten zwei ungenaue Größen A = [A] ± ∆A und B = [B] ± ∆B. Für die Summe
S = A + B gilt
Smin = Amin + Bmin = [A] − ∆A + [B] − ∆B = [A] + [B] − (∆A + ∆B)
(1.2.6)
Smax = Amax + Bmax = [A] + ∆A + [B] + ∆B = [A] + [B] + (∆A + ∆B)
(1.2.7)
4
1 Grundlagen
Damit gilt
S = [S] ± ∆S
mit
[S] = [A] + [B] und ∆S = ∆A + ∆B
(1.2.8)
Analog zeigt man für D = A − B:
D = [D] ± ∆D
mit [D] = [A] − [B] und ∆D = ∆A + ∆B
(1.2.9)
Der absolute Fehler von Summen und Differenzen ungenauer Größen
ist die Summe der absoluten Fehler der Summanden.
(1.2.10)
Es lässt sich zeigen (siehe Aufgaben)
Der relative Fehler von Produkten und Quotienten ungenauer Größen
ist ungefähr gleich der Summe der relativen Fehler der Faktoren.
(1.2.11)
Der maximale absolute Fehler ∆B ist nur bei wenigen Messwerten (kleines n) als Maß für die
Genauigkeit der Messung brauchbar, da man erwartet, dass das Ergebnis immer genauer wird, je
mehr Messungen man ausführt. Statt des maximalen absoluten Fehlers (siehe 1.2.3) verwendet
man nach Gauss den mittleren Fehler
v
u
n
X
u
1
(∆Bν )2
(1.2.12)
∆B = t
n(n − 1) ν=1
Sind die Abweichungen der Messwerte vom Mittelwert rein zufällig, dann liegt der wahre Wert
der gemessenen Größe mit 68 %-iger Wahrscheinlichkeit im Intervall [[B] − ∆B, [B] + ∆B].
Ist die Größe G = f (B1 , ...., , Bn ) eine Funktion der gemessenen Größen B1 , ..... , Bn mit den
mittleren Fehlern ∆B 1 , ..... , ∆B n (B1 bis Bn sind jetzt verschiedene Größen, nicht die verschiedenen Messwerte einer Größe), dann gilt wiederum nach Gauß für den mittleren Fehler von
G
v
u n 2
uX ∂G
(1.2.13)
· ∆B ν
∆G = t
∂Bν
ν=1
∂G
Dabei bedeutet ∂B
die Ableitung von G nach Bν unter Konstanthaltung der anderen B ′ s
ν
(partielle Ableitung). Ein Verständnis der beiden letzten Formeln setzt Kenntnisse der Wahrscheinlichkeitsrechnung und Statistik voraus (siehe z.B. Strubecker IV, S.508).
Die Formeln 1.2.12 und 1.2.13 sind für experimentelle Facharbeiten von Interesse, müssen aber
nicht für Klausuren gelernt werden!
5
1 Grundlagen
1.3 Messung linearer Zusammenhänge
Es ist bekannt, dass die Größe y linear von
der Größe x abhängt, d.h.
y = g(x) = a x + b
y
g
(1.3.1)
dn
Zur Bestimmung von a und b werden die
n Wertepaare (x1 |y1 ), ..... , (xn |yn ) gemessen. Wegen der Messfehler weichen die yk
um dk von den wahren Werten g(xk ) ab:
dk = yk − g(xk )
y1
d1
yn
(1.3.2)
g(x1 )
b
Mit S bezeichnen wir die Summe der Quadrate aller Abweichungen dk .
x1
x2
xn
x
Abb.1.3.1 Ausgleichsgerade
Nach Gauß ist die beste Gerade durch die n Messpunkte diejenige, für die
S=
n
X
d2k
(1.3.3)
k=1
minimal ist. Mit (1.3.1) und (1.3.2) folgt aus (1.3.3)
S = S(a, b) =
n
X
(yk − a xk − b)2
(1.3.4)
k=1
S kann nur dann extremal sein, wenn die partiellen Ableitungen von S nach a und nach b Null
sind:
∂S
∂S
= 0 und
=0
(1.3.5)
∂a
∂b
Setzt man (1.3.4) in die beiden Gleichungen (1.3.5) ein, dann erhält man zwei Gleichungen,
aus denen die beiden Unbekannten a und b der Ausgleichsgeraden g(x) berechnet werden können. Die etwas länglichen Rechnungen lassen wir vom Computeralgebrasystem (CAS)
MAPLE ausführen und erhalten als Ergebnis:
n
a =
n
X
xk y k −
n
x2k
k=1
n
X
k=1
b =
n
X
k=1
yk ·
n
n
X
k=1
n
X
k=1
−
n
X
xk ·
k=1
n
X
x2k
x2k −
yk
k=1
!2
(1.3.6)
xk
k=1
n
X
−
n
X
xk
k=1
n
X
·
xk
k=1
n
X
xk y k
k=1
!2
(1.3.7)
Weise (eventuell mit MAPLE) nach, dass für die Ausgleichsgerade
n
X
dk = 0
k=1
gilt!
6
(1.3.8)
1 Grundlagen
1.4 Wiederholung Elektrizität
1.4.1 Der Teilchenbaukasten
Jeder chemische Stoff besteht aus kleinsten Teilchen mit der gleichen chemischen Eigenschaft,
den Molekülen. Die Moleküle wiederum bestehen aus Atomen, von denen 92 verschiedene in
der Natur vorkommen. Der Name Atom kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie
unteilbares Teilchen“. Es hat sich aber herausgestellt, dass die Atome noch nicht die kleinsten
”
Bausteine der Materie sind, sondern aus einem Atomkern und einer Hülle aus Elektronen
(e− ) bestehen. Die meiste Masse des Atoms (ca. 99,95 %) steckt im Kern, der aber nur einen
winzigen Bruchteil des Atomvolumens einnimmt. Der Atomkern ist aus Protonen (p+ ) und
Neutronen (n) aufgebaut. Die Protonen und Neutronen bestehen letztendlich aus den nach
heutiger Sicht elementaren Quarks.
Zwei Protonen, die nicht zu nahe beieinander sind, stoßen sich gegenseitig ab, genauso zwei
Elektronen, ein Proton und ein Elektron dagegen ziehen sich an. Um diese Kräfte zwischen den
Teilchen zu beschreiben, hat man den Begriff der elektrischen Ladung eingeführt.
Es gibt positiv und negativ geladene Teilchen. Gleichnamige
Ladungen (gleiches Vorzeichen) stoßen sich ab, ungleichnamige
Ladungen (verschiedene Vorzeichen) ziehen sich an.
Die Ladung eines Protons wird Elementarladung genannt und mit
e bezeichnet. Die Kräfte zwischen
zwei Elektronen sind genauso groß
wie die Kräfte zwischen zwei Protonen in der gleichen Entfernung, d.h.
der Betrag der Elektronenladung ist
gleich dem Betrag der Protonenla-
(1.4.1)
Elementare Teilchen
Teilchen
u-Quark
d-Quark
Elektron
Photon
Zeichen
u
d
e−
γ
Ladung
+ 32 e
− 13 e
−e
0
Tab.1.4.1 Elementare Teilchen
dung. Da sich ein Elektron und ein Proton aber anziehen, müssen ihre Ladungen umgekehrte
Vorzeichen tragen, d.h. die Ladung des Elektrons ist −e. Das Photon ist das Lichtteilchen,
dessen Farbe von der Energie des Teilchens abhängt.
Neben dem u- und d-Quark (Up und Down) gibt
es noch vier weiter Quarks (Charme (c), Top
(t), Strange (s) und Bottom (b)). Das Elektron
gehört zur Familie der Leptonen, der noch das
Myon (µ) und das Tauon (τ ) sowie drei Neutrinos angehören. Zu jedem der sechs Quarks und
sechs Leptonen gibt es noch das entsprechende Antiteilchen mit entgegengesetzter Ladung
aber gleicher Masse. Trifft ein Teilchen mit seinem Antiteilchen zusammen, verwandeln sich
Zusammengesetzte Teilchen
Teilchen
Proton
Neutron
Zeichen
p+
n
Ladung
+e
0
Zusammensetzung
uud
udd
Tab.1.4.2 Zusammengesetzte Teilchen
die beiden Teilchen in Photonen (Zerstrahlung). Für das Verständnis der Elektrizitätslehre und
der Chemie genügt die Kenntnis der in Tab.1.4.1 und Tab.1.4.2 aufgeführten Teilchen.
7
1 Grundlagen
Aufbau
der
Nukleonen Aufbau der Kerne aus Nu- Aufbau der Atome aus Kern
(Kernbausteine) aus Quarks kleonen
und Elektronenhülle
n
n
u
u
d
d
n
n
d
n
p
Neutron
n
- - + - - -
p
n
p
Proton
p
p
p
p
u
Aufbau eines Moleküls aus Atomen
p
n
O
H
H
H2 O
Sauerstoffkern
Abb.1.4.1 Aufbau der Materie
Atome enthalten im Normalzustand (neutrale Atome) genausoviele Elektronen wie Protonen,
d.h. die Gesamtladung eines neutralen Atoms ist Null.
Die Radien der Atome liegen im Bereich von ungefähr 10−10 m bis 10−9 m, die der Kerne von
10−15 m bis 10−14 m.
Die Massen der wichtigsten Teilchen
p+
n
e−
1,67265 · 10−27 kg
1,67495 · 10−27 kg
9,1095 · 10−31 kg
Teilchen
Masse
Tab.1.4.3 Massen der Elementarteilchen
Der Aufbau einiger Atome
Name
Wasserstoff
Sauerstoff
Eisen
Uran
Symbol
H
O
Fe
U
Zahl der Protonen
1
8
26
92
Zahl der Neutronen
0
8
30
146
Tab.1.4.4 Aufbau einiger Atome
1.4.2 Ladung und Strom
Als sinnvollste Definition der Ladungseinheit drängt sich zunächst die Elementarladung e auf.
Um sich aber in das System der schon bestehenden Grundgrößen mit den Einheiten s, m und kg
logisch einzufügen, ist folgende Definition der Ladungseinheit sinnvoll, deren Zustandekommen
wir aber an dieser Stelle noch nicht verstehen:
1 C = 1 Coulomb = 6,24150636 · 1018 e
(1.4.2)
Damit hat die Elementarladung den Wert
e=
1C
= 1,60217733 · 10−19 C
6,24150636 · 1018
(1.4.3)
Ist ∆Q die Ladung, die in der Zeit ∆t durch die Querschnittsfläche eines Leiters fließt, dann
nennt man
dQ
∆Q
=
= Q̇
I = lim
(1.4.4)
∆t→0 ∆t
dt
8
1 Grundlagen
die Stromstärke im Leiter. Die Einheit der Stromstärke ist
1 A = 1 Ampère = 1
C
s
=⇒
1 C = 1 As
(1.4.5)
Aus (1.4.4) folgt
∆Q =
Zt2
I(t) dt
(1.4.6)
t1
Zur Veranschaulichung der Stromstärke die Definition des Verkehrsstroms“: Ein Beobachter auf
”
einer Brücke über eine Autobahn zählt in der Zeit ∆t die Zahl ∆N von unter ihm durchfahrenden
Autos:
∆N
Verkehrsstrom =
(1.4.7)
∆t
Wir betrachten eine Kreuzung mehrerer Straßen. Wenn sich auf der Kreuzung weder ein Autofriedhof noch eine Autofabrik befinden, dann muss die Zahl der pro Zeiteinheit in die Kreuzung
hineinfahrenden Autos gleich der Zahl der pro Zeiteinheit aus der Kreuzung herausfahrenden
Autos sein. Da sich der Kreuzungspunkt mehrerer Leiter (Knoten) in einer elektrischen Schaltung erfahrungsgemäß nicht auflädt (Abstoßung gleichnamiger Ladungen!), gilt das Gleiche für
den elektrischen Strom (siehe Aufgaben):
Die Summe der in einen Knoten P hineinfließenden Ströme
ist gleich der Summe der von P abfließenden Ströme!
(1.4.8)
(1. Kirchhoff ’sche Regel)
Ein Strommessgerät (Drehspulmessgerät, basierend auf der
magnetischen Wirkung des Stromes) muss vom gleichen
Strom durchflossen werden wie der Verbraucher, dessen
Stromstärke man messen will:
Verbraucher
A
I
I
Strommessgerät und Verbraucher liegen hintereinander (in Reihe) im Stromkreis!!
+
−
Abb.1.4.2 Strommessung
1.4.3 Die Spannung
Durch ein Leiterstück der Länge s fließt der
Strom I. Die Elektronen stoßen auf die Leiteratome und übertragen dabei Energie (Wärme)
auf den Leiter. Diese Energie erhalten die Elektronen von der Stromquelle. v ist die Driftgeschwindigkeit der Elektronen und t = vs die Zeit,
in der die gesamte frei bewegliche Ladung Q des
Leiterstücks durch die Querschnittsfläche F tritt
I
.......................................................
..............................................................................................................................................................
..... ..
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−❦
Ar
e
✐ ~v
Br
+❦
F
s
Abb.1.4.3 Leiterstück
d.h. die Strecke s zurücklegt.
W
=
=
Energie, um Q um die Strecke s zu bewegen
von der Stromquelle in der Zeit t gelieferte Energie
Die Leistung der Stromquelle ist
P =
Q W
W
W
=
·
=I·
t
t Q
Q
9
(1.4.9)
1 Grundlagen
Die Größe
U=
W
Q
(1.4.10)
heißt Spannung zwischen A und B bzw. Spannung der Stromquelle.
Aus (1.4.9) und (1.4.10) folgt
P =U ·I
bzw.
U=
P
I
(1.4.11)
Für die Einheit der Spannung folgt aus (1.4.10)
1 V = 1 Volt = 1
und damit
1 VA = 1 V · 1 A = 1
J
C
J
JA
J
· 1A = 1
= 1 = 1W
C
As
s
1 VA = 1 W = 1 Watt
(1.4.12)
(1.4.13)
(1.4.14)
Gleichung (1.4.10) besagt in Worten:
Bewegt sich eine Ladung Q vom Punkt A zum Punkt B und
herrscht zwischen A und B die Spannung U , dann wird an Q
die Arbeit W = Q · U verrichtet.
(1.4.15)
Die Interpretation von Gleichung (1.4.11) lautet:
Liegt an einem Leiter die Spannung U und fließt durch den Leiter
der Strom I, dann wird im Leiter die Leistung P = U ·I umgesetzt.
(1.4.16)
Der Verbrauch von elektrischer Energie im Haushalt wird in der Einheit kWh (Kilowattstunde)
gemessen. 1 kWh ist die Energie, die bei der Leistung 1 kW in einer Stunde geliefert wird:
1 kWh = 1 kW · 1 h = 1000
J
· 3600 s = 3,6 · 106 J = 3,6 MJ
s
(1.4.17)
1.4.4 Das Ohm’sche Gesetz
Bisher haben wir folgendes einfache Modell eines stromdurchflossenen Leiters betrachtet:
Die Elektronen bewegen sich alle mit der gleichen Driftgeschwindigkeit v parallel zur Stromrichtung.
(1.4.18)
Die Wirklichkeit ist etwas komplizierter:
Die Elektronen bewegen sich im Leiter wie ein Gas in alle Richtungen
und mit den unterschiedlichsten Geschwindigkeiten. Das ganze Elektronengas bewegt sich mit der Driftgeschwindigkeit v parallel zur Stromrichtung durch das Gitter der Leiteratome.
(1.4.19)
Vergleicht man das Elektronengas mit einem uns sehr vertrauten Gas, nämlich mit Luft, und die
Leiteratome mit den Bäumen eines Waldes, dann entspricht der Driftgeschwindigkeit der Elektronen die Geschwindigkeit, mit der die Luft durch die Bäume pfeift, und das ist nichts anderes
als die Windgeschwindigkeit. Für kleine Windgeschwindigkeiten erfährt die Luft an den Bäumen
eine Reibungskraft, die proportional zur Windgeschwindigkeit ist. Da die Driftgeschwindigkeit
10
1 Grundlagen
der Elektronen auch sehr klein ist (siehe Aufgaben), gilt für die Reibungskraft F , die auf ein
Elektron wirkt:
F =µ·v
(1.4.20)
A
M
̺
n
N
Q
t
=
=
=
=
=
=
=
Querschnittsfläche des Leiters
Masse eines Leiteratoms
Dichte des Leitermaterials
Zahl der freien Elektr. pro Leiteratom
Zahl der freien Elektr. pro Länge s
N · e = bewegliche Ladung pro Länge s
Zeit, in der Q durch A tritt
I
......................................................
...............................................................................................................................................................
..... ...
...
..
..
...
.
...
.
...
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.
...
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.
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. −
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.
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..
..... ..
..............................................................................................................................................................
Br
−❦
e r
❣r
❣
❣
❣
❣ r ❣
r
❣
Cr
❣ A
+❦
s
Abb.1.4.4 Leiterstück
Die Masse des Leiterstücks der Länge s ist
m=̺·V =̺·A·s
(1.4.21)
Die Zahl der Leiteratome in dem Stück der Länge s ist dann
NAtom =
̺·A·s
m
=
M
M
(1.4.22)
Daraus folgt für die Zahl der freien Elektronen in unserem Leiterstück
N = n · NAtom =
n̺As
M
(1.4.23)
Für die Stromstärke erhält man
I=
Ne
n̺Ae s
n̺Ae
Q
=
=
· =
·v
t
t
M
t
M
(1.4.24)
M
·I
n̺Ae
(1.4.25)
oder
v=
In der Zeit t verrichten alle Elektronen zusammen die Reibungsarbeit
W =N ·F ·s=N ·µ·v·s
(1.4.26)
und somit gilt für die Stromleistung
P =
W
s
= N µ v = N µ v2
t
t
(1.4.27)
Einsetzen von (1.4.23) und (1.4.25) in (1.4.27) ergibt
n̺As
P =
·µ·
M
M
·I
n̺Ae
2
=
µM s 2
· ·I
̺ n e2 A
(1.4.28)
Die Größe
R=
µM s
·
̺ n e2 A
(1.4.29)
heißt Widerstand des Leiterstücks. Der Widerstand setzt sich aus einem materialabhängigen
Faktor
µM
σ=
(spezifischer Widerstand)
(1.4.30)
̺ n e2
11
1 Grundlagen
und dem Geometriefaktor
s
zusammen:
A
s
A
(1.4.31)
P = R · I2
(1.4.32)
R=σ·
Aus (1.4.28) und (1.4.29) folgt
Mit der Spannung U zwischen den Enden B und C des Leiters gilt
P = U · I = R · I2
(1.4.33)
und nach Kürzen durch I
U =R·I
bzw.
R=
U
I
(1.4.34)
Die Einheit des Widerstandes ist nach (1.4.34)
1 Ohm = 1 Ω = 1
V
A
(1.4.35)
In der Definitionsgleichung (1.4.29) des Widerstandes R sind die Größen M , ̺, e, s und A,
bis auf kleine Schwankungen wegen der Wärmeausdehnung, konstant. Die Reibungszahl µ für
die Bewegung des Elektronengases durch den Leiter und die Zahl n der freien Elektronen pro
Leiteratom sind dagegen empfindlich von der Temperatur T des Leiters abhängig, d.h. sie sind
Funktionen von T : µ = µ(T ) und n = n(T ).
Mit steigender Temperatur schwingen die Leiteratome stärker hin und her und bilden daher für
die Elektronen eine größere Angriffsfläche: die Reibungszahl µ wird größer!
Andererseits können bei einer größeren Temperatur die noch an Atome gebundenen Elektronen
leichter ihren angestammten Platz verlassen und zu freien Elektronen werden: n wird größer.
In normalen metallischen Leitern (z.B. Eisen, Kupfer, Aluminium, Gold, Silber) ist n(T ) nahezu
konstant, µ(T ) aber monoton steigend. Damit ist R(T ) eine monoton steigende Funktion, d.h.
der Widerstand eines metallischen Leiters wird mit wachsender Temperatur größer!
Bei den sogenannten Halbleitern (z.B. Silizium, Germanium), den Grundstoffen der modernen
Elektronik, steigt n(T ) viel stärker an als µ(T ); da n(T ) im Nenner und µ(T ) im Zähler von R
vorkommt, ist R(T ) eine fallende Funktion, d.h. bei den Halbleitern sinkt der Widerstand mit
wachsender Temperatur.
Bei bestimmten Legierungen (Mischungen verschiedener Metalle), wie z.B. Konstantan, halten
sich die temperaturabhängigen Veränderungen von µ und n so die Waage, dass R(T ) in einem
gewissen Temperaturintervall konstant bleibt. Für alle Materialien gilt:
Bei konstanter Temperatur ist der Widerstand eines Leiters konstant.
(1.4.36)
oder
R=
U
= konst. für T = konst.
I
((Ohm’sches Gesetz))
12
(1.4.37)
1 Grundlagen
Spannungen misst man mit einem Strommessgerät und einem vorgeschalteten Präzisionswiderstand R0 . Nach dem
Ohm’schen Gesetz berechnet sich dann die Spannung zwischen den Messpunkten A und B aus U = R0 · I. In der
Praxis sind die Skalen der Spannungsmesser natürlich in V
geeicht.
R0
I
B
A
Abb.1.4.5 Spannungsmesser
Abb.1.4.6 zeigt die Schaltung zur Messung der Spannung an einem
Widerstand und des Stromes durch den Widerstand. Das Schaltsymbol des Spannungsmessers (erkenntlich an dem Buchstaben
V) beinhaltet den für die Spannungsmessung notwendigen Widerstand R0 .
Die
A
R
V
Abb.1.4.6
folgenden Abbildungen zeigen die Funktionen R(T ) und U (I) (U -I-Kennlinie) für verschiedene
Leiter:
Konstantan:
R = konst.
=⇒
Der Graf von U (I) = R · I ist eine
Gerade durch den Ursprung. Dieser
lineare Zusammenhang zwischen U
und I gilt immer dann, wenn das
Ohm’sche Gesetz erfüllt ist, insbesondere für alle Leiter bei konstanter Temperatur.
R
U
....
.....
.....
.....
.....
.
.
.
.
......
.....
.....
.....
.....
.
.
.
.
......
......
......
.....
.....
.
.
.
.
....
......
......
.....
.........................................................................................
T
O
Abb.1.4.7 Konstantan
I
O
Abb.1.4.8 Konstantan
Metallischer Leiter:
Wenn I größer wird, dann wird der
Leiter wärmer und somit auch R
größer!
R
U
.
...
...
...
...
.
..
...
....
....
...
.
.
.
...
.....
......
......
........
.................
T
O
Abb.1.4.9 Metall
.
...
..
..
.
.
.
...
...
..
...
.
.
...
..
...
...
...
.
..
...
...
....
.....
.
.
.
...
.....
........
...............
I
O
Abb.1.4.10 Metall
Halbleiter:
Wenn I größer wird, dann wird der
Leiter wärmer und somit R kleiner!
R.
U
...
...
...
..
...
...
...
...
.....
......
......
.......
........
.............
.................
..................
T
O
Abb.1.4.11 Halbleiter
13
O
........
.......
.......
.......
......
.
.
.
.
.
.
.
.......
......
.....
.....
.....
.
.
.
.
..
.....
...
....
...
...
.
...
..
..
..
...
I
Abb.1.4.12 Halbleiter
2 Elektrostatik
2.1 Das elektrische Feld
Experimente zeigen, dass die Kräfte zwischen zwei Ladungen zur Verbindungsgerade der beiden Ladungen
parallel sind. Weiter zeigen Versuche, dass sich Kräfte
zwischen Ladungen vektoriell addieren.
Q
~
r−~
rν
~ν
F
1. experimentelles Fundamentalgesetz:
~
rν
~
r
Die Ladung Qν am Ort ~rν bewirkt auf q am
Ort ~r die Kraft
~ν = ±|F~ν | · ~r − ~rν ,
F
|~r − ~rν |
(2.1.1)
O
wenn außer Qν keine andere Ladung vorhanden
ist. Befinden sich alle Ladungen Qν mit ν ∈
{1, ... , n} gleichzeitig an den Orten ~rν , dann
ist die Gesamtkraft auf q gegeben durch
F~ =
n
X
~ν
F
q
~ν k~
F
r −~
rν
Q1 > 0
q>0
~1
F
~2
F
(2.1.2)
Q2 < 0
ν=1
~
F
Abb.2.1.1 Superposition
(Superpositionsprinzip)
Sind die Abmessungen von zwei Ladungsverteilungen Q1 und Q2 sehr klein zu ihrem gegenseitigen Abstand, dann dürfen Q1 und Q2 als Punktladungen“ angesehen werden. Q1 bestehe aus
”
n Elektronen und Q2 aus m Protonen. Die Kräfte eines Elektrons aus Q1 auf ein Proton aus Q2
sind dann praktisch alle parallel und gleich groß.
Kraft von einem
Kraft von allen
Kraft von allen
e− aus Q1 auf
e− aus Q1 auf
e− aus Q1 auf
ein p+ aus Q2
ein p+ aus Q2
alle p+ aus Q2
:
:
:
F0
n · F0
n · m · F0
|Q1 ||Q2 |
e2
Damit gilt für den Betrag der Gesamtkraft zwischen den beiden Ladungen Q1 und Q2
|Q1 | = n · e
und |Q2 | = m · e
=⇒
n·m=
(2.1.3)
F0
· |Q1 | · |Q2 | = C · |Q1 | · |Q2 |
(2.1.4)
e2
mit einer nur von der Lage der beiden Ladungen abhängigen Größe C. Aus (2.1.1) und (2.1.4)
folgt dann für die Kraft einer Punktladung Qν auf eine andere Punktladung q in vektorieller
Schreibweise
~ν = Cν · Qν · q · ~r − ~rν ,
(2.1.5)
F
|~r − ~rν |
wobei jedes Cν eine Funktion der Entfernung dν = |~r − ~rν | ist. Weise durch Ausprobieren aller
vier Möglichkeiten für die Ladungsvorzeichen nach, dass die Cν positiv sind! Mit
F = n · m · F0 =
~ ν = Cν (dν ) · ~r − ~rν
C
|~r − ~rν |
14
(2.1.6)
2 Elektrostatik
folgt aus (2.1.2) für die Gesamtkraft F~ der Ladungen Q1 , ... , Qn auf unsere Testladung q
!
n
n
X
X
~ ν · Qν · q =
~ ν · Qν · q
C
F~ =
(2.1.7)
C
ν=1
ν=1
F~ ist also proportional zu q. Die Größe
~ = E(~
~ r ) :=
E
n
X
ν=1
~ ν · Qν =
C
n
X
ν=1
Cν (dν ) ·
~r − ~rν
· Qν
|~r − ~rν |
(2.1.8)
nennt man elektrische Feldstärke am Ort ~r der Probeladung q.
~ ist durch die Ladungsverteilung (Qν am Ort ~rν ) eindeutig bestimmt, sofern man die EntferE
nungsabhängigkeit C(d) der Kraft zwischen Punktladungen kennt. Die Funktion C(d) werden
wir im nächsten Kapitel bestimmen. Wegen (2.1.7) gilt
~ =q·E
~
F
(2.1.9)
~
~ =F
E
q
(2.1.10)
oder
~ am Ort ~r
Die von den Ladungen Qν erzeugte elektrische Feldstärke E
ist gleich der Kraft F~ auf eine Probeladung q am Ort ~r geteilt durch q.
(2.1.11)
~ r ) hängt nur von den Qν und ~rν , nicht aber von q ab! E
~ ist als Funktion des Ortes
E(~
 
x

~r = y 
(2.1.12)
z
eine Eigenschaft des die Ladungen Qν umgebenden Raumes.
Die Einheit der elektrischen Feldstärke ist
[E] = 1
N
Nm
W
V
N
=1
=1
=1
=1
C
As
Asm
Am
m
(2.1.13)
~ r ):
Anschauliche Deutung des Feldstärkevektors E(~
Die Richtung der Kraft F~ auf eine positive (negative) Probeladung q
~ r ).
am Ort ~r ist gleich der (entgegengesetzt zur) Richtung von E(~
(2.1.14)
~ = |q| · E.
Der Betrag von F~ ist F = |F~ | = |q| · |E|
Abbildung 2.1.2 zeigt das Vektorfeld der elektrischen Feldstärke zweier Punktladungen (links
positiv, rechts negativ). Elektrische Feldlinien sind Kurven, deren Tangente an einem beliebigen
~ r ) ist (siehe Abb. 2.1.3).
Ort ~r parallel zu E(~
Elektrische Feldlinien zeigen von Plus nach Minus!
15
(2.1.15)
2 Elektrostatik
E
Abb.2.1.2 Vektorfeld
Abb.2.1.3 Feldlinien
Stehen Feldlinien nicht senkrecht auf Leiteroberflächen,
Feldlinie
dann wirkt auf die Leitungselektronen an der Oberfläche eine Kraftkomponente parallel zur Oberfläche und es fließt ein
~
F
Strom. Genauso erzeugen Felder im Leiter einen Stromfluss.
Dieser Strom bricht aber nach kurzer Zeit zusammen und es
Leiter
~k
F
Elektron
stellt sich ein Ladungsgleichgewicht ein; in diesem Gleichgewichtszustand, der in der Elektrostatik untersucht wird,
Abb.2.1.4 e− an der Leiteroberstehen die Feldlinien senkrecht auf den Leiteroberflächen,
fläche
die Ladungen sind in Ruhe und die Feldstärke im Leiter ist
Null.
Wenn sich zwei Feldlinien schneiden würden, dann gäbe es im Schnittpunkt zwei unterschiedliche
Kraftrichtungen auf eine Probeladung. Da die Kraft auf die Ladung aber eindeutig ist (die
Ladung kann sich nicht in zwei verschiedene Richtungen gleichzeitig bewegen), kann es keine
Schnittpunkte von Feldlinien geben.
Zusammenfassung:
1. Feldlinien geben in jedem Raumpunkt die Richtung
des Feldes an.
2. Feldlinien beginnen bei positiven und enden bei negativen Ladungen.
+
+
+
+
+
E = 0 im Leiter
-
3. Feldlinien schneiden sich nicht.
+
-
-
-
+
+
-
4. Feldlinien beginnen oder enden senkrecht auf Leiteroberflächen.
~ = 0 und ~j = 0.
5. Im Inneren von Leitern gilt E
~ r ) = konst. in einem Raumgebiet V , dann heißt E
~ in
Gilt E(~
V homogen. Ein in V homogenes Feld hat in jedem Punkt
von V die gleiche Richtung und den gleichen Betrag.
Das Feld im Innenraum eines Plattenkondensators ist
annähernd homogen.
Abb.2.1.5 Leiter im Feld
+
Abb.2.1.6 Plattenkondensator
16
2 Elektrostatik
2.2 Das Coulombsche Gesetz
Zwei leitend verbundene Alukugeln, deren eine direkt auf
einem Elektroskop sitzt, dienen als Nachweisgerät für elektrische Felder (siehe Abb.2.2.1). Mit diesem Gerät weisen
wir das elektrische Feld in der Umgebung einer geladenen
Metallkugel nach. Wird das Gerät von einem Drahtkäfig
umgeben (Faraday-Käfig), dann kann trotz der geladenen
Metallkugel kein Feld mehr nachgewiesen werden. Exaktere
Versuche (z.B. von Williams, Faller und Hill, 1971) ergeben:
-
~
E
+
- -
Elektroskop
Abb.2.2.1
gerät
Feldnachweis-
2. experimentelles Fundamentalgesetz:
Enthält ein Raumgebiet, das von einer geschlossenen Leiterfläche be~ = 0.
grenzt wird, keine Ladungen, dann ist in diesem Raumgebiet E
Die Erklärung für das Verschwinden von
~ liegt in der Ausbildung von InfluenzE
ladungen auf der Leiteroberfläche. Diese
Influenzladungen verteilen sich genau so,
dass sich im ladungsfreien Raumgebiet das
~ u und das Feld E
~i
ursprüngliche Feld E
der Influenzladungen kompensieren (siehe
Abb.2.2.2):
~ =E
~u + E
~i = 0
E
+
-
-
-
Leiter
+
+
+
+
E=0
-
(2.2.1)
+
-
+
(2.2.2)
Abb.2.2.2 Abschirmung durch geschlossene Leiterflächen
Für den Betrag der Kraft zwischen zwei Ladungen Q1 und Q2 an den Orten ~r1 und ~r2 haben
wir die Beziehung (siehe (2.1.4))
F = C · |Q1 | · |Q2 | = f (r) · |Q1 | · |Q2 |
(2.2.3)
mit einer nur von der Entfernung
r = |~r1 − ~r2 |
(2.2.4)
abhängigen Größe C = f (r) gefunden. C hängt z.B. nicht von der Zeit, der Temperatur, der
Masse oder der Richtung von ~r1 −~r2 ab. Genauso hat C an jedem beliebigen Ort des Universums
denselben Wert.
Die Ortsfunktion f (r) der elektrostatischen Kraft kann im Prinzip durch Messung von F , Q1 ,
Q2 und r ermittelt werden. Da F und auch die Ladungen sehr klein sind, steht die Genauigkeit
dieses Verfahrens in einem schlechten Verhältnis zum experimentellen Aufwand.
Man kann aber f (r) aus der experimentell sehr genau abgesicherten Aussage (2.2.1) theoretisch herleiten!
17
2 Elektrostatik
Dazu betrachten wir eine geladene Leiterkugel mit Radius R, die sehr weit von anderen Leitern und Ladungen entfernt ist, damit keine Influenzladungen auftreten. Aus der Symmetrie der Kugel folgt, dass sich die
Ladung Q der Kugel gleichmäßig über die ganze Oberfläche A verteilt, d.h. für die Flächenladungsdichte σ
gilt
σ=
dA1
r1
q
P
r2
dA2
Q
Q
dQ
=
=
= konst.
dA
A
4 π R2
(2.2.5)
Wir betrachten eine kleine Probeladung q an einem beliebigen Punkt P im Inneren der Kugel. Wir denken
uns einen sehr schmalen Doppelkegel mit der Spitze
in P. Dieser Doppelkegel schneidet aus der Kugeloberfläche die Flächen dA1 und dA2 aus. Die Ladungen
auf diesen Flächen sind
Abb.2.2.3 Herleitung des Coulombschen Gesetzes
dQ1 = σ · dA1 und dQ2 = σ · dA2
(2.2.6)
Diese beiden Ladungen üben auf q Kräfte mit den Beträgen dF1 und dF2 aus.
Annahme:
Die beiden Kräfte dF1 und dF2 heben sich für
alle möglichen Doppelkegel gegenseitig auf.
(2.2.7)
Aus der Annahme (2.2.7) folgt, dass die Gesamtkraft aller Ladungen der Kugeloberfläche auf q
gleich Null ist, d.h. (2.2.1) ist erfüllt. Da sich die Flächen dA1 und dA2 wie die Quadrate der
Entfernungen r1 und r2 verhalten, folgt für die Abstandsfunktion f (r) aus (2.2.3) und (2.2.6):
dF1 = f (r1 ) · dQ1 · q = f (r2 ) · dQ2 · q = dF2
f (r1 ) · σ · dA1 = f (r2 ) · σ · dA2
f (r1 ) · r12
(2.2.8)
(2.2.9)
f (r2 ) · r22
(2.2.10)
f (r) · r 2 = k = konst.
(2.2.11)
=
(2.2.10) besagt
oder
k
mit k = konst.
(2.2.12)
r2
(2.2.12) ist mit erheblich mehr mathematischem Aufwand auch ohne die Annahme (2.2.7) beweisbar. Aus (2.2.3) folgt für den Betrag der Kraft zwischen zwei Punktladungen Q1 und Q2 in
der gegenseitigen Entfernung r das Coulomb’sche Gesetz
f (r) =
F =k·
|Q1 | · |Q2 |
r2
(2.2.13)
Die Konstante k schreibt man aus erst später ersichtlichen Gründen in der Form
k=
1
4 π ε0
(2.2.14)
ε0 heißt elektrische Feldkonstante oder absolute Dielektrizitätskonstante. Im Kapitel
über die elektromagnetischen Schwingungen lernen wir folgenden Zusammenhang zwischen ε0 ,
der magnetischen Feldkonstanten
µ0 = 4 π · 10−7
18
Vs
Am
(2.2.15)
2 Elektrostatik
und der Lichtgeschwindigkeit c kennen:
1
c= √
ε0 µ0
(2.2.16)
Da µ0 und c exakt bekannt sind, ist auch ε0 exakt:
ε0 =
1
=
µ0 c2
4 π · 10−7
1
Vs
Am
2
· 2997924582 ms2
= 8,85418781762.... · 10−12
As
Vm
(2.2.17)
Somit lautet das Coulombsche Gesetz in endgültiger Form
F =
1
|Q1 | · |Q2 |
·
4 π ε0
r2
mit
ε0 ≈ 8,854189 · 10−12
As
Vm
(2.2.18)
oder
F =k·
|Q1 | · |Q2 |
r2
(2.2.19)
mit
k=
Vm
Vm
1
≈ 8,98755 · 109
≈ 9,0 · 109
4 π ε0
As
As
(2.2.20)
Bezeichnet F~12 die Kraft, die von Q1 auf Q2 ausgeübt wird und ist
~r12 = ~r2 − ~r1
(2.2.21)
der Vektor, der von Q1 nach Q2 zeigt, dann lautet das Coulombsche Gesetz in vektorieller Form
~12 = F · ~r12 = k · Q1 · Q2 · ~r12
F
|~r12 |
|~r12 |3
(2.2.22)
Das 3. experimentelle Fundamentalgesetz ist so genau nachgewiesen, dass die Abweichung vom
Exponenten 2 kleiner als 3 · 10−16 ist, d.h.
f (r) =
k
r 2+ε
mit |ε| < 3 · 10−16
(2.2.23)
2.3 Das Feld von Punktladungen
Die Kraft F~ , die von einer Ladung Qν am Ort ~rν auf eine Probeladung q am Ort ~r ausgeübt
wird, ist nach Coulomb
~ = k · Qν q · (~r − ~rν )
F
(2.3.1)
|~r − ~rν |3
Die Ladung Qν erzeugt also am Ort ~r die elektrische Feldstärke
mit dem Betrag
~
Qν
~ = F =k·
· (~r − ~rν )
E
q
|~r − ~rν |3
~ =k·
E = |E|
Mit dem Superpositionsprinzip folgt aus (2.3.2):
Qν
|~r − ~rν |2
Die Punktladungen Q1 , ... , Qn an den Orten ~r1 , ... , ~rn erzeugen
am Ort ~r das Feld
n
X
k Qν
~
~
· (~r − ~rν )
E = E(~r) =
|~
r
− ~rν |3
ν=1
mit
1
k=
4 πε0
19
(2.3.2)
(2.3.3)
(2.3.4)
2 Elektrostatik
(2.3.4) ist die Zusammenfassung von Coulombschem Gesetz, Superpositionsprinzip und Felddefinition.
~ steckt die gesamte Elektrostatik, da jede LadungsIn (2.3.4) und der Felddefinition F~ = q E
verteilung aus Punktladungen (Elektronen, Protonen usw.) besteht!
Die Grundaufgaben der Elektrostatik sind:
~ bei gegebener Ladungsverteilung (mit (2.3.4) oder für große Ladungen
1. Berechnung von E
mit einer etwas abgewandelten Methode; siehe weiter unten!)
2. Berechnung der Ladungsverteilung bei gegebenen Leiteranordnungen; hier kommen für
uns nur einfachste Fälle in Betracht, da die Lösung dieser Aufgabe mathematisch sehr
anspruchsvoll ist.
3. Untersuchung der Bewegung von Ladungen in vorgegebenen elektrischen Feldern.
Ist n in (2.3.4) sehr groß, dann ist die Feldberechnung mit (2.3.4) praktisch nicht mehr durchführbar. So besteht z.B. die Ladung Q = 1 C aus n = 6,25 · 1018 Elementarladungen. Ein Computer,
der in einer Sekunde eine Million Terme in (2.3.4) berechnen könnte, würde für die Auswertung
der ganzen Summe immer noch t = 6,25 · 1012 s ≈ 2 · 105 a brauchen. Für sehr großes n wird
~ = dQ beschrieben. (2.3.4) geht
die Ladungsverteilung angenähert durch die Ladungsdichte ρ(ξ)
dV
dann in ein Integral über:
~ r) =
E(~
1
4 π ε0
Z
V
~r − ξ~
~ dV
· ρ(ξ)
~3
|~r − ξ|
(2.3.5)
2.4 Der Gauß’sche Satz
Wir betrachten eine ebene Fläche mit dem Inhalt dA, die so klein ist, dass die elektrische
~ auf jedem Punkt der Fläche praktisch den gleichen Wert hat. Der Vektor d~a, der
Feldstärke E
senkrecht auf der Fläche steht und dessen Betrag gleich dA ist, heißt Flächenvektor. Die Kom~ die senkrecht auf der Fläche steht und somit parallel zu d~a ist, nennen wir E
~ ⊥:
ponente von E,
~ ⊥ | = |E|
~ · | cos ϕ|
|E
(2.4.1)
E cos ϕ
Die Größe
~ · |d~a| · cos ϕ = |E|
~ · dA · cos ϕ = E
~ d~a
dΦ = |E|
d~a
ϕ
(2.4.2)
heißt Fluss des Feldes durch dA.
~
E
dA
~ · | cos ϕ| = dA · |E
~ ⊥|
|dΦ| = dA · |E|
(2.4.3)
Abb.2.4.1 Flächenvektor
Wir berechnen den Fluss Φ des Feldes einer Punktladung Q
durch eine Kugelfläche mit Radius r um Q; dabei wählen wir
die Orientierung von d~a so, dass d~a immer nach außen (vom
Kugelmittelpunkt weg) zeigt. Für jede kleine Teilfläche dA
~ und d~a gleich 0◦ , d.h. der Fluss
ist der Winkel ϕ zwischen E
durch dA ist
~ d~a = |E|
~ · dA · cos 0◦ = E dA
dΦ = E
d~a
r
d~a
Q
(2.4.4)
Addiert man alle dΦ’s, dann erhält man wegen E = konst.
Abb.2.4.2
20
~
E
~
E
2 Elektrostatik
Φ=
Z
~ d~a =
E
Z
E dA = E · A = E · 4 π r 2
(2.4.5)
A
A
oder mit
kQ
Q
=
2
r
4 π ε0 r 2
(2.4.6)
Q
Q
· 4 π r2 =
2
4 π ε0 r
ε0
(2.4.7)
E=
Φ=
Der Fluss des Feldes einer Punktladung durch eine zur Ladung konzentrische Kugelfläche mit
Radius r ist für alle Radien gleich!
~
E
~
E(r)
A0
Q
r
d~a
dA∗
dA
r
dA0
r0
ϕ
ϕ
dA
d~a
~ 0)
E(r
dA0
r0
A
Q
Abb.2.4.3 Q innerhalb von A
A sei jetzt eine beliebige geschlossene Fläche, die eine Punktladung Q einschließt und A0 eine
zu Q konzentrische Kugelfläche mit Radius r0 . Für den Fluss durch eine kleine Teilfläche dA
erhält man (siehe Abb.2.4.3)
dΦ = E · dA · cos ϕ = E · dA∗ =
k Q dA0 r 2
kQ
·
= 2 · dA0
2
2
r
r0
r0
(2.4.8)
Der Fluss durch dA ist also genauso groß wie der Fluss durch die Teilfläche dA0 von A0 . Daher
muss auch der gesamte Fluss ΦA durch A genauso groß sein wie der gesamte Fluss ΦA0 durch
A0 . Letzterer ist aber nach (2.4.7) gleich εQ0 . Somit haben wir bewiesen:
Der Fluss ΦA des elektrischen Feldes einer Punktladung Q durch eine
beliebige geschlossene Fläche A, die Q einschließt, ist
ΦA = εQ0
(2.4.9)
Da sich die Felder von mehreren Punktladungen addieren, addieren sich auch die Flüsse dieser
Felder zu einem Gesamtfluss durch eine Fläche. (2.4.9) gilt also nicht nur für eine Punktladung,
sondern für eine beliebige Ladung Q innerhalb der geschlossenen Fläche A.
21
2 Elektrostatik
Wir wollen jetzt den Fluss
des Feldes einer Punktladung
Q durch eine geschlossene
Fläche A berechnen, die Q
nicht umschließt. Zu jeder
Teilfläche dA1 gibt es nach
Abb.2.4.4 eine entsprechende
Teilfläche dA2 auf der ande”
ren“ Seite von A. A0 sei wieder eine zu Q konzentrische
Kugelfläche. Für die Winkel
ϕ1 und ϕ2 zwischen den Flä-
d~a1
ϕ1
A
~1
E
~2
E
dA0
d~a2
Q
Abb.2.4.4 Q außerhalb von A
~ 1 bzw. E
~ 2 gilt
chenvektoren d~a1 bzw. d~a2 und den Feldvektoren E
0 ≦ ϕ1 ≦ 90◦
bzw. 90◦ ≦ ϕ2 ≦ 180◦
(2.4.10)
Wie wir weiter oben gezeigt haben (Gleichung (2.4.8)), sind die Flüsse dΦ1 und dΦ2 durch dA1
und dA2 betragsmäßig gleich dem Fluss dΦ0 durch dA0 . Wegen (2.4.10) und den Eigenschaften
des Kosinus haben dΦ1 und dΦ2 aber verschiedene Vorzeichen, so dass
dΦ1 + dΦ2 = 0
(2.4.11)
gilt. Aufsummieren aller Teilflüsse ergibt, dass der Gesamtfluss ΦA gleich Null ist. Wie oben kann
man auch hier von einer Punktladung auf eine beliebige Ladung verallgemeinern und erhält:
Der Fluss einer beliebigen Ladungsverteilung Q durch eine geschlossene Fläche A ist Null, wenn Q außerhalb von A liegt.
(2.4.12)
Die Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse liefert den Gauß’schen Satz:
Der Fluss ΦA durch eine beliebige geschlossene Fläche A ist
ΦA =
Q
ε0
,
(2.4.13)
wobei Q die gesamte von A eingeschlossene Ladung ist.
Für eine radialsymmetrisch verteilte Ladung ist auch das von ihr erzeugte Feld radialsymmetrisch
~ r ) zeigt an jedem Ort ~r zum Zentrum Z der Ladungsverteilung und der
(Zentralfeld), d.h. E(~
~
Betrag E von E ist nur von r = |~r|, nicht aber von der Richtung abhängig. Für eine Kugelfläche
mit dem Mittelpunkt Z und dem Radius r haben wir somit die gleichen Verhältnisse wie in
Abb.2.4.2 und genauso wie Gleichung (2.4.5) folgt
ΦA = E(r) · 4 π r 2
(2.4.14)
Kombiniert mit dem Gauß’schen Satz folgt, wenn Q(r) die gesamte Ladung innerhalb der Kugel
vom Radius r bezeichnet
Q(r)
= E(r) · 4 π r 2
(2.4.15)
ε0
und damit
E(r) =
k Q(r)
Q(r)
=
2
r
4 π ε0 r 2
(Feldstärke im radialsymmetrischen Feld)
22
(2.4.16)
2 Elektrostatik
Aus (2.4.16) folgt:
Befindet man sich außerhalb einer radialsymmetrischen Ladungsverteilung,
dann herrscht dort das gleiche Feld, das von einer Punktladung gleicher Größe
im Zentrum der Ladungsverteilung erzeugt würde!
(2.4.17)
Bei einer radialsymmetrischen Ladungsverteilung ist die Ladungsdichte ρ(r) auf einer Kugelfläche um das Zentrum Z konstant. Damit ist die Ladung, die sich in einer dünnen Kugelschale
mit Radius r und der Dicke dr befindet durch
dQ = ρ(r) · dV = ρ(r) · 4 π r 2 dr
(2.4.18)
gegeben. Die Gesamtladung Q(r) innerhalb der Kugel mit Radius r ist demnach
Q(r) = 4 π
Zr
0
ρ(x) · x2 dx
(2.4.19)
Die Integrationsvariable wird hier mit x bezeichnet, da r die obere Grenze des Integrals ist.
Als Beispiel betrachten wir die radialsymmetrische Ladungsverteilung
α · r 2 f ür 0 ≦ r ≦ R
ρ(r) =
0
f ür
r>R
(2.4.20)
Mit (2.4.19) erhalten wir für die Ladung innerhalb einer Kugel mit Radius r

Zr

4πα 5



·r
f ür 0 ≦ r ≦ R
4πα · x4 dx =


5
0
Q(r) =





 Q(R) = 4πα · R5 = konst. f ür
r>R
5
Mit (2.4.16) folgt für den Betrag der Feldstärke
 α

· r 3 f ür 0 ≦ r ≦ R


 5 ε0
E(r) =


α R5


·
f ür
r>R
5 ε0 r 2
(2.4.21)
(2.4.22)
Zum Zeichnen von E(r) führt man zweckmäßigerweise die neue Variable x mit r = x · R ein.
Damit schreibt sich (2.4.22):

3

 A · x f ür 0 ≦ x ≦ 1
α R3
(2.4.23)
E(r) = E ∗ (x) =
mit A =

5 ε0
 A
f
ür
x
>
1
x2
Zeichne jetzt E(r) = E ∗ (x) mit x = 1 =
b 2 cm und E = A =
b 4 cm!
Als weitere Anwendung des Gauß’schen Satzes berechnen wir das Feld an der Oberfläche eines Leiters. Als
geschlossene Gauß’sche Fläche wählen wir einen kleinen, flachen Quader, dessen Deckfläche parallel zur
~ senkrecht auf der LeiLeiteroberfläche liegt. Da E
~ parallel zu den Seitenflächen
teroberfläche steht, ist E
des Quaders; der Fluss durch die Seitenflächen ist also
~ = 0 gilt, ist der Fluss durch die
Null. Da im Leiter E
Bodenfläche des Quaders ebenfalls Null. Der Quader
23
~
E
d~a
+
+ +
Leiter
+ +
+
+
+
E=0
Abb.2.4.5 Feld an Leiteroberfläche
2 Elektrostatik
~ im ganzen Bereich des Quaders praktisch konstant ist, d.h. der
wird so klein gewählt, dass E
Fluss durch die Deckfläche und damit der gesamte Fluss durch die Quaderoberfläche ist
Φ = E · dA
(2.4.24)
Die Ladung innerhalb des Quaders ist dQ = σ · dA, wobei σ die Flächenladungsdichte am Ort
des Quaders ist. Nach dem Gauß’schen Satz gilt
Φ = E · dA =
σ dA
dQ
=
ε0
ε0
(2.4.25)
Damit haben wir den Zusammenhang zwischen dem Betrag der Feldstärke und der Flächenladungsdichte an einer Leiteroberfläche gefunden:
E=
σ
ε0
(2.4.26)
2.5 Arbeit im elektrischen Feld
~ langsam
Eine Ladung q wird in einem elektrischen Feld E
und ohne Beschleunigung ( quasistatisch“) auf der Kurve K
”
von A nach B befördert. Die vom Feld auf q wirkende Kraft
~ muss dabei von einer äußeren Kraft F
~ ∗ = −F~ komF~ = q· E
∗
pensiert werden. Von F~ wird dabei die Überführungsarbeit
Z
Z
Z
∗
~
~
~ d~s
WAB = F d~s = − F d~s = −q · E
(2.5.1)
K
K
B
~∗
F
q
~
F
~
E
K
A
K
verrichtet. WAB ist die potentielle Energie von q in B
bezüglich A.
Q
einer PunktIm radialsymmetrischen Feld E(r) =
4 πε0 r 2
~ s = E dr und damit
ladung Q gilt (siehe Abb.2.5.3) Ed~
Abb.2.5.1 Ladungstransport
q
K
B
WAB = −q ·
=−
Zr2
r1
E(r) dr = −
1
qQ
· −
4 πε0
r
WAB
r 2
r1
=
qQ
·
4 πε0
qQ
·
4 πε0
qQ
=
·
4 πε0
Zr2
r1
A
dr
=
r2
r2
r1
1
1
−
r2 r1
1
1
−
r2 r1
Q
(2.5.2)
Abb.2.5.2 Punktladung Q
~
E
(2.5.3)
Die Überführungsarbeit im Feld einer Punktladung ist wegunabhängig, d.h. sie ist nur vom Anfangsradius r1 und
vom Endradius r2 , nicht aber von der Wahl der Kurve K
abhängig. Wird die Ladung q auf einer geschlossenen Kurve K von A nach A gebracht, dann gilt (der Kreis im Integralzeichen symbolisiert, dass K eine geschlossene Kurve ist)
24
S
dr
(Überführungsarbeit im Feld der Punktladung Q)
ϕ
P
d~s
~
r
O
Abb.2.5.3 Zentralkraft
Q
2 Elektrostatik
WAA = −q ·
I
~ d~s = 0
E
(2.5.4)
q
K
K
und es folgt für eine beliebige geschlossene Kurve K im Feld
einer Punktladung
I
~ d~s = 0
E
(2.5.5)
K
A
Abb.2.5.4 Geschlossene Kurve
~ der Elektrostatik von Punktladungen Q1 , . . . , Qn erzeugt
Da jedes beliebige elektrische Feld E
wird, folgt aus dem Superpositionsprinzip und (2.5.5)
!
I X
I
n I
n
X
~ ν d~s = 0
~ ν d~s =
~ d~s =
(2.5.6)
E
E
E
K
K
ν=1 K
ν=1
| {z }
0
Für jedes beliebige elektrostatische Feld gilt also
I
~ d~s = 0
E
(2.5.7)
K
(Energiesatz der Elektrostatik)
(2.5.7) besagt unter anderem, dass mit Hilfe eines elektrischen Feldes kein Perpetuum Mobile
gebaut werden kann.
~
Wir betrachten den Spezialfall eines homogenen Feldes E
etwas genauer: Die Überführungsarbeit ist jetzt
~ ∆~s
WAB = F~ ∗ · ∆~s = −q · E
~
F ∗ = −q · E
(2.5.8)
A
~ ∆s = |∆~s| und dem Winkel ϕ zwischen E
~ und
Mit E = |E|,
∆~s gilt
WAB = −q E ∆s cos ϕ
(2.5.9)
q
ϕ
~
E
y
~
E
B
(2.5.10)
∆y
und damit mit (2.5.9)
WAB = −q E ∆y
(2.5.11)
Das Vorzeichen von ∆y ist gleich dem Vorzeichen von cos ϕ:
25
B
∆~s
Abb.2.5.5 Homogenes Feld
Wenn möglich, wählen wir im Fall eines homogenen Feldes das
Koordinatensystem so, dass das Feld parallel zu einer Koordinatenachse ist, z.B. zur y-Achse. Abb.2.5.6 entnimmt man
∆s cos ϕ = ∆y
α
ϕ
∆~s
A
x
Abb.2.5.6 Homogenes Feld
2 Elektrostatik

◦

+1 für 0 ≦ ϕ ≦ 90
sgn(∆y) =
0 für ϕ = 90◦


−1 für 90◦ < ϕ ≦ 180◦
(2.5.12)
Eine positive Überführungsarbeit bedeutet, dass Arbeit von außen in das System Feld-Ladung
hineingesteckt wird, die potentielle Energie des Systems wird erhöht. Ist WAB dagegen negativ,
dann wird die Arbeit vom Feld verrichtet, es wird Energie frei, die potentielle Energie des
Systems wird kleiner (z.B. in kinetische Energie verwandelt).
2.6 Das Potential des elektrischen Feldes
Ist WP0 P die Überführungsarbeit für eine Punktladung q im
~ dann nennt man
elektrischen Feld E,
W P0 P
q
ϕ(P) = ϕ(~r) =
P
~
E
~
r
(2.6.1)
K
q
das Potential in P bezüglich P0 . Aus (2.5.1) folgt
ϕ(~r) = −
Z
~ d~s = −
E
K
ZP
O
~ d~s
E
P0
(2.6.2)
P0
~
r0
−→
~
r0 = OP0
−→
~
r = OP
Abb.2.6.1 Definition von ϕ(~r)
Da die Überführungsarbeit wegunabhängig ist, ist ϕ(~r) durch (2.6.2) eindeutig bestimmt.
WP0 P ist nichts anderes als die potentielle Energie der Ladung q in P bezüglich P0 :
Wpot (P) = WP0 P = q · ϕ(~r)
(2.6.3)
Für die Einheit des Potentials gilt
[ϕ] = [E] · [s] =
V
· m = 1V
m
(2.6.4)
Wegen der Wegunabhängigkeit der Überführungsarbeit gilt
W01 + W12 = W02
(2.6.5)
W12 = W02 − W01 = q · ϕ(P2 ) − q · ϕ(P1 )
(2.6.6)
und damit
oder
W12 = q · [ϕ(P2 ) − ϕ(P1 )] = −q ·
ZP2
P2
~ d~s
E
(2.6.7)
P1
P1
Da die Überführungsarbeit W12 eindeutig bestimmt ist, ist die Potentialdifferenz
∆ϕ = ϕ(P2 ) − ϕ(P1 ) = −
ZP2
~ d~s = W12
E
q
P1
26
P0
Abb.2.6.2
(2.6.8)
2 Elektrostatik
unabhängig von der Wahl des Bezugspunktes P0 des Potentials.
Ein Vergleich von (1.4.10) mit (2.6.1) führt uns auf die exakte Definition der elektrischen Spannung im Punkt P2 bezüglich des Punktes P1 :
U12 = ϕ(P2 ) − ϕ(P1 ) = −
ZP2
~ d~s = W12
E
q
(2.6.9)
P1
(Spannung = Potentialdifferenz)
Aus (2.6.9) folgt
U21 = −U12
(2.6.10)
Im Spezialfall des homogenen Feldes folgt aus (2.5.8)
U12
−−→
~−
= −E
P1 P2
y
~
E
(2.6.11)
P2
~ parallel zur y-Achse (siehe Abb.2.6.3), dann gilt
Ist E
−−−→
|U12 | = E · |∆y| mit ∆y = P1 P2 · cos ϕ
∆y
(2.6.12)
∆~s
ϕ
P1
x
Abb.2.6.3 Homogenes Feld
Wir betrachten das Feld einer Punktladung Q im Ursprung. Wählt man als Bezugspunkt P0
mit OP0 = r0 , dann folgt für das Potential in einem Punkt P mit OP = r aus (2.5.3) und (2.6.1)
Q
1
1
ϕ(r) =
−
(2.6.13)
4 πε0 r r0
Da r0 im Nenner eines Bruches steht, kann der Ursprung nicht als Bezugspunkt P0 gewählt
werden. Die Formel für das Potential wird am einfachsten, wenn man einen unendlich fernen
1
= 0 gilt dann
Punkt (r0 → ∞) als Bezugspunkt wählt. Wegen lim
r0→∞ r0
ϕ(r) =
Positive Ladungen rollen“
”
im Potentialgebirge (rϕDiagramm) abwärts, negative
aufwärts!
Q
4 πε0 r
(2.6.14)
ϕ
ϕ
Q>0
r
Q<0
r
Abb.2.6.4 Potential einer Punktladung Q für Q > 0 und Q < 0
27
2 Elektrostatik
Wir betrachten eine Fläche A mit folgender Eigenschaft:
~
In jedem Punkt von A gilt E⊥A.
P1 und P2 seien zwei Punkte der Fläche A und K ist eine Kurve mit den Endpunkten P1 und P2 , die ganz in A
verläuft. Für jeden Vektor d~s, der in der Fläche A liegt, gilt
~ s, d.h. E
~ d~s = 0. Damit gilt
E⊥d~
Z
~ d~s = 0
ϕ(P2 ) − ϕ(P1 ) = − E
(2.6.15)
~
E
d~s
K
d.h. ϕ(P1 ) = ϕ(P2 ). Damit haben wir gezeigt, dass überall
auf A das gleiche Potential herrscht, A ist eine Äquipotentialfläche.
A
Abb.2.6.5 Äquipotentialfläche
Flächen, die überall senkrecht auf den elektrischen Feldlinien
stehen, sind Äquipotentialflächen!
(2.6.16)
Da Feldlinien auf Leiteroberflächen senkrecht stehen, gilt
Leiteroberflächen sind Äquipotentialflächen!
Abb.2.6.3 zeigt die dreidimensionale Darstellung eines zweidimensionalen Potentials, genauer die Funktion ϕ(x, y) (die Höhe des
”
Gebirges“ am Ort (x, y) ist der Wert von
ϕ(x, y)).
Dem Potentialgebirge aus Abb.2.6.6 liegt folgende Ladungsverteilung zu Grunde:
1C
1C
1C
1C
−2 C
im
im
im
im
im
Punkt
Punkt
Punkt
Punkt
Punkt
(1|1)
(−1|1)
(1| − 1)
(−1| − 1)
(0|0)
Abb.2.6.6 Potentialgebirge
28
(2.6.17)
2 Elektrostatik
2.7 Gegenüberstellung von Elektrostatik und Gravitation
Bei zwei Punktladungen (Punktmassen) sind anziehende Kräfte negativ und abstoßende Kräfte positiv. Bei radialsymmetrischen Ladungs- und Massenverteilungen ist der Koordinatenursprung als
Zentrum angenommen. Zum Zentrum zeigende Kräfte und Felder sind negativ.
Kraft zwischen den Punktladungen Q1 und Q2 :
F =k·
k=
Kraft zwischen den Punktmassen m1 und m2 :
Q1 · Q2
r2
F = −G ·
1
Vm
≈ 8,98755 · 109
4 π ε0
As
G ≈ 6,673 · 10−11
Ist F~ die Kraft auf eine Punktladung q am Ort ~r,
dann herrscht in ~r das elektrische Feld
~g =
Potential in P bezüglich P0 :
ϕ(P) = −
m3
kg s2
Ist F~ die Kraft auf eine Punktmasse m am Ort ~r,
dann herrscht in ~r das Gravitationsfeld
~
~ = F
E
q
ZP
m1 · m2
r2
F~
m
Potential in P bezüglich P0 :
~ d~s
E
ϕ(P) = −
P0
ZP
~g d~s
P0
Potentielle Energie von q in P bezüglich P0 :
Potentielle Energie in P bezüglich P0 :
Wpot (P) = q · ϕ(P)
Wpot (P) = m · ϕ(P)
Überführungsarbeit der Ladung q von A nach B:
WAB = q · (ϕ(B) − ϕ(A)) = −q ·
ZB
Überführungsarbeit der Masse m von A nach B:
~ d~s
E
WAB = m · (ϕ(B) − ϕ(A)) = −m ·
A
ZB
~g d~s
A
Ist Qinnen die Ladung im Inneren einer geschlossenen Fläche A, dann ist der Fluss durch A (Gauss)
Z
~ d~a = 4πkQinnen = Qinnen
ΦA =
E
ε0
A
Ist minnen die Masse im Inneren einer geschlossenen
Fläche A, dann ist der Fluss durch A (Gauss)
Z
~g d~a = −4πGminnen
ΦA =
Feld einer radialsymmetrischen Ladungsverteilung (Q(r) ist die Ladung innerhalb einer Kugelschale mit Radius r):
Feld einer radialsymmetrischen Massenverteilung (M (r) ist die Masse innerhalb einer Kugelschale mit Radius r):
E(r) =
k · Q(r)
r2
g(r) = −
Potential einer Punktladung Q im Ursprung:
ϕ(r) = k ·
A
G · M (r)
r2
Potential einer Punktmasse M im Ursprung:
Q
r
ϕ(r) = −G ·
M
r
Überführungsarbeit der Ladung q im homogenen
Feld, das in Richtung der negativen y-Achse zeigt:
Überführungsarbeit der Masse m im homogenen
Feld, das in Richtung der negativen y-Achse zeigt:
W = q · E · ∆y
W = m · g · ∆y
29
2 Elektrostatik
~ ϕ und ̺
2.8 Zusammenhänge zwischen E,
Zunächst betrachten wir ein elektrisches Feld,
das nur in x-Richtung zeigt und das nur von x,
nicht aber von y und z abhängt. Das Feld ist also
auf einer Ebene senkrecht zur x-Achse konstant.


E(x)
~ = 0 
E
(2.8.1)
0
y
d~a
d~a
dQ
A
E(x)
E(x + dx)
dx
x
Wir betrachten weiter einen sehr flachen Quader
mit den Deckflächen A und der Dicke dx. dx ist
so klein, dass die Ladungsdichte ̺ im Intervall
z
x
x + dx
Abb.2.8.1 Zur Herleitung
zwischen x und x + dx praktisch als konstant angesehen werden kann. Die Ladung in unserem
Quader ist dann
dQ = ̺(x) dV = ̺(x) A dx
(2.8.2)
Aus dem Gauß’schen Satz folgt dann
E(x + dx) · A − E(x) · A =
̺(x) A dx
dQ
=
ε0
ε0
(2.8.3)
oder
̺(x)
E(x + dx) − E(x)
=
dx
ε0
Im Grenzübergang dx → 0 folgt dann
(2.8.4)
̺(x)
dE
=
dx
ε0
(2.8.5)
dϕ = ϕ(x + dx) − ϕ(x) = −E dx
(2.8.6)
Für die Änderung des Potentials gilt
und damit
dϕ
dx
(2.8.7)
̺(x)
d2 ϕ
=−
dx2
ε0
(2.8.8)
E(x) = −
Die Kombination von (2.8.5) und (2.8.7) ergibt
~ eine Funktion von allen drei Ortskoordinaten:
Im allgemeinen Fall ist E


Ex (x, y, z)
~ = E(~
~ r ) = Ey (x, y, z) 
E
Ez (x, y, z)
(2.8.9)
Mit dem runden Differentiationssymbol ∂ wird die partielle Ableitung einer Funktion mehe∂Ex
rer Veränderlicher bezeichnet.
bedeutet z.B. die Ableitung von Ex (x, y, z) nach x, wobei
∂x
y und z als konstant betrachtet werden. Wie im eindimensionalen Fall, nur mit dreifachem
Schreibaufwand, leitet man die Verallgemeinerungen von (2.8.5), (2.8.7) und (2.8.8) her:
∂Ex ∂Ey
∂Ez
̺
+
+
=
∂x
∂y
∂z
ε0
30
(2.8.10)
2 Elektrostatik
~ =
E


∂ϕ
 ∂x 
−  ∂ϕ
∂y 
∂ϕ
∂z
(2.8.11)
̺
∂2ϕ ∂2ϕ ∂2ϕ
+
+
=−
2
2
2
∂x
∂y
∂z
ε0
Mit den Abkürzungen
(2.8.12)
~ = ∂Ex + ∂Ey + ∂Ez
div E
∂x
∂y
∂z
 
(2.8.13)
∂ϕ
 ∂x 
grad ϕ =  ∂ϕ
∂y 
(2.8.14)
∂ϕ
∂z
und
∆ϕ =
∂2ϕ ∂2ϕ ∂2ϕ
+
+
∂x2
∂y 2
∂z 2
(2.8.15)
folgt
~ = ̺
div E
ε0
~ = −grad ϕ
E
∆ϕ = −
̺
ε0
(2.8.16)
(2.8.12) bzw. (2.8.16) (dritte Gleichung) heißt Poisson-Gleichung. Im ladungsfreien Raum, z.B.
zwischen geladenen Leitern, ist ̺ = 0 und aus der Poisson-Gleichung folgt die LaplaceGleichung
∂2ϕ ∂2ϕ ∂2ϕ
∆ϕ =
(2.8.17)
+
+
=0
∂x2
∂y 2
∂z 2
2.9 Kondensatoren
Eine Anordnung von zwei isoliert zueinander aufgestellten
Leitern heißt Kondensator. Ist das System, das aus den
beiden Leitern und der Spannungsquelle besteht, vollkommen von anderen Körpern isoliert und ist die Gesamtladung
des Systems Null, dann gilt
Q1 = −Q2
~
E
S
R
A
Q2 =
Q1 = Q
−Q
(2.9.1)
Wählt man irgend eine Kurve K, die im Punkt R an der
Oberfläche von Leiter 1❥ beginnt und im Punkt S an der
Oberfläche von Leiter 2❥ endet, dann gilt
U=
Z
~ d~s
E
U
+
−
Abb.2.9.1 Beliebiger Kondensator
(2.9.2)
K
Wird die Feldstärke zwischen den Leiter mit n multipliziert (die Geometrie des Feldes bleibt
~ ′ = n · E),
~ dann ist die Spannung zwischen den Leitern
also erhalten, E
Z
Z
′
′
~ d~s = n · U
~
(2.9.3)
U = E d~s = n · E
K
K
Umgekehrt kann mit der sogenannten Laplacegleichung gezeigt werden, dass sich die Feldgeometrie tatsächlich nicht ändert, wenn man die Spannung ändert, d.h.
U′ = n · U
=⇒
31
~′ = n · E
~
E
(2.9.4)
2 Elektrostatik
Aus dem Gauß’schen Satz folgt dann für die Ladung Q′ auf Leiter 1❥:
Z
Z
′
′
~ d~a = n · Q
~
Q = ε0 · E d~a = n · ε0 · E
A
A
Aus (2.9.3) und (2.9.5) folgt
d.h. Q ist proportional zu U :
(2.9.5)
Q′
Q
n·Q
=
=
′
U
n·U
U
(2.9.6)
Q
= C = konst.
U
(2.9.7)
Der Proportionalitätsfaktor C heißt Kapazität des Kondensators.
Ist der Abstand d zwischen den Platten eines Plattenkondensators klein
√ gegen die linearen Abmessungen der Platten (d ≪ A, A = Fläche einer Platte), dann ist das
Feld zwischen den Platten annähernd homogen. Aus dem
Gauß’schen Satz folgt (siehe (2.4.26))
Q
σ
=
E=
ε0
ε0 A
(2.9.8)
+
+
+
+
A
Q
+
+
+
+
+
~
E
d
− − − − − − − − −
−Q
Abb.2.9.2 Plattenkondensator
Damit folgt für die Spannung zwischen den Kondensatorplatten
U =E·d=
Qd
ε0 A
(2.9.9)
und endgültig für die Kapazität des Plattenkondensators (d ≪
C=
√
A)
Q
ε0 A
=
U
d
(2.9.10)
Die Einheit der Kapazität ist
[C] = 1 F = 1 Farad = 1
As
C
=1
V
V
Bei der Parallelschaltung von zwei Kondensatoren liegen beide Kondensatoren an derselben Spannung U . Die Gesamtladung Q auf beiden
Kondensatoren ist dann
Q = Q1 + Q2 = C1 U + C2 U = (C1 + C2 ) U
(2.9.11)
C1
Q1
(2.9.12)
C2
Q2
Damit ist die Gesamtkapazität der Parallelschaltung
C=
Q
= C1 + C2
U
(2.9.13)
U
Abb.2.9.3 Parallelschaltung
32
2 Elektrostatik
Bei der Reihenschaltung gilt wegen der Ladungserhaltung:
−Q1 + Q2 = 0
=⇒
Q1 = Q2 =: Q
(2.9.15)
Q2
−Q1
Q1
Q ist dabei die von der Stromquelle auf die gesamte Schaltung transportierte Ladung. Für die Gesamtspannung U gilt
dann mit der Gesamtkapazität C
Q1 Q2
Q
Q
Q
= U = U1 + U2 =
+
=
+
C
C1
C2
C1 C2
U2
U1
(2.9.14)
C1
C2
U
Abb.2.9.4 Reihenschaltung
Nach Division durch Q erhält man für die Kapazität C der Reihenschaltung
1
1
1
=
+
C
C1 C2
(2.9.16)
Die Verallgemeinerung auf mehrere Kondensatoren lautet:
C=
Q
= C1 + C2 + . . . + Cn
U
(Parallelschaltung)
(2.9.17)
1
1
1
1
=
+
+ ... +
C
C1 C2
Cn
(2.9.18)
(Reihenschaltung)
Als weiteres Beispiel betrachten wir den Kugelkondensator, zwei konzentrische Kugelschalen,
deren innere den Radius ri und deren äußere den
Radius ra hat. Zwischen den Schalen, die die Ladungen Q bzw. −Q tragen, herrscht das Feld
Q
,
E=
4 π ε0 r 2
~
E
ri
(2.9.19)
E=0
Q
ϕi
sonst ist E = 0. Die Spannung zwischen den
Kugelschalen ist dann
1
1
Q
−
U = ϕi − ϕa =
(2.9.20)
4 π ε0 ri ra
ra
E=
−Q
Q
4πε0 r 2
ϕa
E=0
U
+ −
Abb.2.9.5 Kugelkondensator
Für die Kapazität des Kugelkondensators erhält man
C=
r
Q
4 π ε0
= 1
1
U
ri − ra
(2.9.21)
Mit dem Grenzübergang ra → ∞ erhält man aus (2.9.21)
die Kapazität einer freistehenden Kugel (ri = r):
C = 4 π ε0 r
(2.9.22)
U
+ −
Abb.2.9.6 Alleinstehende
Kugel
33
2 Elektrostatik
2.10 Die Energie des elektrischen Feldes
Wir wollen die Energie berechnen, um einen beliebigen Kondensator der Kapazität C aufzuladen. Zu der Zeit, zu der der
Kondensator die Ladung Q∗ trägt, ist die Spannung zwischen den Kondensatorteilen
Q∗
U (Q ) =
C
∗
~
E
dQ
Q∗
(2.10.1)
Wird jetzt die Ladung dQ∗ vom einen zum anderen Kondenstorteil transportiert, muss dazu die Arbeit
+
−Q∗
−
Abb.2.10.1 Beliebiger Kondensator
1
· Q∗ dQ∗
(2.10.2)
C
verrichtet werden. Beginnt man mit einem ungeladenen Kondensator und transportiert man
nach und nach kleine Ladungunsmengen von einer zur anderen Hälfte bis der Endzustand mit
der Ladung Q erreicht ist, dann hat man die Arbeit
dW = U (Q∗ ) · dQ∗ =
W =
ZQ
0
1
Q2
· Q∗ dQ∗ =
C
2C
(2.10.3)
verrichtet. Diese Arbeit ist jetzt im elektrischen Feld zwischen den Kondensatorhälften gespeichert. Zusammenfassend halten wir fest:
Trägt ein Kondensator der Kapazität C die Ladung Q, dann
ist im Kondensatorfeld die Energie
We =
1
Q2
= C U2
2C
2
(2.10.4)
gespeichert.
Das homogene Feld eines Plattenkondensators enthält die Energie
We =
1 ε0 A
1
1
C U2 =
(d E)2 = ε0 E 2 · A · d
2
2 d
2
(2.10.5)
Das vom Feld erfüllte Volumen ist V = A · d. Damit gilt für die Energiedichte des elektrischen
Feldes
1
We
= ε0 E 2
(2.10.6)
we =
V
2
Für beliebige (auch nichthomogene) Felder gilt:
we =
1
dWe
= ε0 E 2
dV
2
(2.10.7)
Die elektrische Feldenergie in einem Raumgebiet V ist dann
We =
Z
1
we dV = ε0
2
V
Z
V
34
E 2 dV
(2.10.8)
2 Elektrostatik
Als Anwendung von (2.10.6) berechnen wir die Kraft F ,
mit der sich die beiden Platten eines geladenen Kondensators anziehen. Vergrößert man den Plattenabstand um dx,
dann vergrößert sich die Feldenergie um we dV . Diese Energie stammt von der Arbeit F dx, die beim Vergrößern des
Plattenabstandes verrichtet wird:
1
F dx = we dV = ε0 E 2 · A dx
2
Q
−Q
F
A
dV
dx
(2.10.9)
Abb.2.10.2 Kraft auf Kondensatorplatte
Aus (siehe (2.9.8))
E=
σ
Q
=
ε0
ε0 A
(2.10.10)
und (2.10.9) folgt
1
1
Q
1
F = ε0 E 2 · A = ε0 ·
·A·E = Q·E
2
2
ε0 A
2
F =
(2.10.11)
1
Q·E
2
(2.10.12)
Wir betrachten ein einfaches Modell des Elektrons: Die Ladung e ist gleichmäßig über die Oberfläche einer Kugel mit
Radius R verteilt. Zur Berechnung der Energie des vom
Elektron erzeugten elektrischen Feldes verwenden wir als Volumenelement eine dünne Kugelschale mit dem Innenradius
r und der Dicke dr:
dV = 4 π r 2 dr
dV
r
e
R
dr
(2.10.13)
Da das Feld im Inneren der Kugel mit Radius R Null ist,
berechnet sich die gesamte Feldenergie zu
Abb.2.10.3 Elektron
We =
=
Z∞
R
Z∞
R
we dV =
Z∞
1
ε0 E 2 · 4 π r 2 dr =
2
Z∞
R
R
e2
e2
1
dr
=
· −
2
8 πε0 r
8 πε0
r
∞
R
=
1
ε0
2
e
4 πε0 r 2
2
· 4 π r 2 dr =
e2
8 πε0 R
(2.10.14)
Nach Einsteins Relativitätstheorie entspricht jeder Energie W die Masse m = W
. Wir berechnen
c2
den Radius R des Elektrons unter der Annahme, dass die gesamte Elektronenmasse von der
Feldenergie stammt:
e2
= me c2
(2.10.15)
We =
8 πε0 R
R=
e2
= 1,4 · 10−15 m
8 πε0 me c2
(klassischer Elektronenradius)
35
(2.10.16)
2 Elektrostatik
2.11 Bewegung geladener Teilchen im elektrischen Feld
2.11.1 Berechnung der Geschwindigkeit in einem beliebigen Feld
Ein Teilchen mit der Ladung q und der Masse m bewegt sich
~ r) mit dem Potential
in einem beliebigen elektrischen Feld E(~
ϕ(~r). Das Teilchen startet mit dem Geschwindigkeitsbetrag
v0 am Punkt P0 mit ϕ(P0 ) = ϕ0 . Der Betrag der Geschwindigkeit des Teilchens am Ort P mit ϕ(P) = ϕ sei v. Der
Energiesatz
Wkin (P0 ) + Wpot (P0 ) = Wkin (P) + Wpot (P)
~v0
P0
q
P
~v
ϕ0
(2.11.1)
ϕ
lautet in unserem Fall
Abb.2.11.1 Beliebiges Feld
m 2
m 2
v0 + q · ϕ0 =
v +q·ϕ
2
2
Auflösen nach v:
v=
r
v02 +
2q
(ϕ0 − ϕ)
m
(2.11.2)
(2.11.3)
Mit der Spannung U = ϕ0 − ϕ im Punkt P0 bezüglich P lautet (2.11.3):
v=
r
v02 +
2qU
m
(2.11.4)
Die Energie, die ein Elektron beim Durchlaufen der Spannung 1 Volt gewinnt, nennt man ein
Elektronenvolt (1 eV):
1 eV = e · 1 V = 1,602 · 10−19 J
1 J = 6,242 · 1018 eV
(2.11.5)
Beispiel:
Ein Elektron verlässt einen sehr heißen Glühdraht mit der Geschwindigkeit
v0 = 1,50 · 105 ms und wird anschließend von der Spannung U = 1,00 V auf die
Geschwindigkeit v beschleunigt:
s
r
2eU
m
m 2 2 · 1,602 · 10−19 As · 1V
+
= 6,12 · 105
=
v = v02 +
1,5 · 105
me
s
9,109 · 10−31 kg
s
Beispiel:
Zwei Protonen ruhen im Abstand r = 5,00 · 10−15 m voneinander. Welche
Geschwindigkeit v haben die Protonen, wenn sie weit voneinander entfernt
sind?
mp 2
e2
=2·
v + Wpot (∞)
4 π ε0 r
2
| {z }
v=
s
0
m
e2
= 5,25 · 106
4 π ε0 mp r
s
2.11.2 Bewegung im homogenen Feld (vollständige Lösung)
Ein Teilchen mit der Ladung q und der Masse m bewegt sich in dem homogenen Feld
 
Ex
~

E = Ey  = konst.
(2.11.6)
Ez
36
2 Elektrostatik
Der Anfangsort sei ~r0 = ~r(0) und die Anfangsgeschwindigkeit ~v0 = ~v (0). Das Teilchen erfährt
die konstante Beschleunigung
q ~
·E
(2.11.7)
~a = ~v˙ =
m
Zweimalige Integration liefert unter Berücksichtigung der Anfangsbedingungen
q ~
·E·t
~v (t) = ~r˙ (t) = ~v0 +
m
und
(2.11.8)
q
~ · t2
·E
2m
~r(t) = ~r0 + ~v0 · t +
(2.11.9)
~
Wählt man das Koordinatensystem so, dass die z-Achse senkrecht auf ~v0 und senkrecht auf E
steht, dann ist ~v0 parallel zur xy-Ebene und es wirkt keine Beschleunigung in z-Richtung, d.h.
die ganze Bewegung verläuft in der xy-Ebene. Dreht man das Koordinatensystem schließlich
~ parallel zur y-Achse ist, dann gilt
noch so, dass E
0
q>0
y
~
E=
= konst.
(2.11.10)
E
~v0
vy0
und mit den Anfangsbedingungen
v
x0
; ~v0 = x0
~r0 =
vy0
y0
~
E
ϕ
y0
vx0
(2.11.11)
x0
folgt aus (2.11.8) und (2.11.9)
x
~ k y − Achse
Abb.2.11.2 E
~v (t) =
vx0
vy0 + qmE t
und
~r(t) =
d.h.
vx (t) = vx0 = konst.
vy (t) = vy0 + qmE t
x0 + vx0 t
x(t)
=
E 2
y(t)
y0 + vy0 t + 2q m
t
(2.11.12)
(2.11.13)
oder die Komponenten getrennt geschrieben
x(t) = x0 + vx0 t
y(t) = y0 + vy0 t +
Berechnet man t aus (2.11.14)
t=
(2.11.14)
qE 2
t
2m
x − x0
vx0
(2.11.15)
(2.11.16)
und setzt in (2.11.15) ein, dann erhält man die Bahngleichung
y=
vy0
qE
· (x − x0 ) + y0
· (x − x0 )2 +
2
vx0
2 m vx0
(2.11.17)
y ist eine quadratische Funktion von x, d.h. die Bahnkurve ist eine Parabel.
Die Bewegung eines geladenen Teilchens im homogenen elektrischen Feld ist natürlich vollkommen analog zur Bewegung einer Punktmasse im homogenen Gravitationsfeld. Ersetzt man in
den Gleichungen (2.11.12) bis (2.11.17) q durch m und E durch g, dann hat man die entsprechenden Formeln für die Bewegung im Gravitationsfeld (schiefer Wurf).
37
2 Elektrostatik
Als Beispiel betrachten wir ein Elektron, das mit der Geschwindigkeit
v0 unter dem Winkel ϕ gegen die
x-Achse in das homogene Feld eines Plattenkondensators (Spannung
U , Plattenabstand d) eintritt. Gesucht sind die Koordinate y1 des
Austrittspunktes aus dem Kondensatorfeld und die Austrittsgeschwindigkeit ~v1 nebst Austrittswinkel ϕ1 .
Eintritt in das Kondensatorfeld zur
Zeit Null, Austritt zur Zeit t1 .
−
−
−
y
−
U = 100 V
−
d = 10 cm
v0 = 5,0 · 106
~
E
ϕ = 30◦
L = 10 cm
~v0
vy0
m
s
ϕ1
y1
ϕ
vx0
+
+
L
+
+
x
~v1
+
L
Abb.2.11.3 Zum Beispiel
vx0 = v0 cos ϕ
,
vy0 = v0 sin ϕ ,
t1 =
(2.11.15)
(2.11.12)
E=
U
d
,
x0 = y 0 = 0 ,
q = −e
(2.11.18)
L
L
=
= 2,31 · 10−8 s
vx0
v0 cos ϕ
(2.11.19)
e U L2
= 1,08 cm
2 m d v02 cos2 ϕ
! cos ϕ
4,33 · 106 m
=
=⇒ ~v1 = v0 · sin ϕ − e U L
−1,56 · 106 s
m d v02 cos ϕ
v1y = 0,361 =⇒ ϕ1 = 19,8◦
tan ϕ1 = v1x =⇒
(2.11.20)
y1 = y(t1 ) = L tan ϕ −
(2.11.21)
(2.11.22)
y ist maximal, wenn vy (tmax ) = 0 =⇒ tmax = 1,42 · 10−8 s =⇒ ymax = 1,78 cm
2.12 Die Elementarladung
Mit der Röntgenstrukturanalyse“ (siehe K13) können atomare Abstände sehr genau gemes”
sen werden, d.h. man kann das pro Atom bzw. Molekül beanspruchte Volumen V in einem
bestimmten Material bestimmen. Aus der Dichte ̺ berechnet sich daraus die Atom- bzw. Molekülmasse zu m = ̺ · V . Als Masseneinheit im atomaren Bereich verwendet man die atomare
Masseneinheit
u=
1
· Masse des
12
12
C-Atoms = 1,66054021 · 10−27 kg
(2.12.1)
Die Einheit der Stoffmenge ist 1 kmol (1 Kilomol). 1 kmol eines Stoffes enthält genau so viele
Atome bzw. Moleküle wie 12 kg des Kohlenstoffisotops 12 C.
Definitionen:
relative Molekül- bzw. Atommasse
m
u
:
Mr =
:
NA ′ =
Avogadrokonstante
:
NA =
Masse eines Kilomols (molare Masse)
:
Mm = NA · m = NA · u · Mr = Mr · 1
Zahl der Atome in 12 kg
12 C
1 kg
= 6,0221367 · 1026
u
1
1 kg
= 6,0221367 · 1026
u kmol
kmol
Die Faraday’schen Gesetze der Elektrolyse lauten:
38
kg
kmol
2 Elektrostatik
1. Die Masse ma der bei der Elektrolyse abgeschiedenen Materie ist zur transportierten Ladung Q proportional:
ma = Ä · Q
Den Proportionalitätsfaktor Ä nennt man das elektrochemische Äquivalent.
2. Bei der Abscheidung von n kmol eines z-wertigen Stoffes wird die Ladung Q = z · n · F
transportiert. Die Konstante
As
F = 96485309
kmol
heißt Faradaykonstante.
Unter der Annahme, dass alle N Moleküle bei der Elektrolyse die gleiche Ladung q tragen, folgt
aus den Faradaygesetzen:
q=
Q
z·n·F
z·F
=
=
= z · 1,60217733 · 10−19 A s
N
n · NA
NA
(2.12.2)
Da ein z-wertiges Ion z Elementarladungen trägt, folgt
e = 1,60217733 · 10−19 A s
(2.12.3)
Die Existenz und der Wert der Elementarladung folgt aus den Faradaygesetzen nur unter der
Annahme, dass alle Ionen die gleiche Ladung tragen. Diese Annahme hat Millikan 1916 an der
University of Chicago experimentell nachgewiesen.
Wir betrachten hier nur ein stark vereinfachtes Experiment
(Schwebemethode): Feine Öltröpfchen werden von radioaktiver Strahlung geladen und im elektrischen Feld eines
kleinen Plattenkondensators zum Schweben gebracht. Die
Teilchen werden von der Seite her beleuchtet und mit einem Mikroskop beobachtet. Aus der Kondensatorspannung
U , die im Schwebefall abgelesen wird, lässt sich bei bekannter Masse m eines beobachteten Tröpfchens über die Gleichgewichtsbedingung Fe = G die Ladung q des Tröpfchens berechnen. In das Mikroskop ist eine Skala eingearbeitet, mit
deren Hilfe man den Durchmesser eines Öltröpfchens und
daraus mit der bekannten Dichte auch seine Masse bestimmen kann.
U
−
Fe
+
G
d
Abb.2.12.1 Schwebemethode
Nachteile der Schwebemethode:
Beugungseffekte verhindern eine genaue Messung des Tröpfchenradiuses
Kleine Luftströmungen verfälschen die Messung
Zitterbewegung des Tröpfchens durch Molekülstöße (Brown)
Die Nachteile der Schwebemethode umgeht man mit der Gleichfeldmethode: Man lässt das
Tröpfchen steigen und nach Umpolung des Feldes sinken. Wegen des Luftwiderstandes stellt
sich eine konstante Steig- und eine konstante Sinkgeschwindigkeit ein. Man erhält dann zwei
Gleichungen mit den Unbekannten q (Tröpfchenladung) und R (Tröpfchenradius), d.h. R muss
nicht mehr direkt gemessen werden.
Ergebnis des Millikanversuchs:
Alle gemessenen Tröpfchenladungen sind Vielfache der Elementarladung!
Obwohl Quarks drittelzahlige Elementarladungen tragen, gibt es keine freien Teilchen mit nichtganzen Vielfachen der Elementarladung, da Quarks nicht als freie Teilchen, sondern nur als
Bausteine von Elementarteilchen existieren.
39
3 Elektrodynamik
3.1 Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter
3.1.1 Wiederholung Magnetismus
Magnetpole treten nur paarweise auf, ungleichnamige Pole
ziehen sich an, gleichnamige stoßen sich ab. Die Kräfte zwischen Magneten werden durch magnetische Feldlinien beschrieben.
N
S
N
S
ˆ Magnetische Feldlinien zeigen vom magnetischen
Nordpol zum magnetischen Südpol.
~ wirkt auf einen Nordpol eine
ˆ In einem Magnetfeld B
Kraft in Richtung der Feldlinien, auf einen Südpol in
entgegengesetzter Richtung.
~
B
Abb.3.1.1 Magnetische Feldlinien
Ströme erzeugen Magnetfelder, deren Richtung mit
der Korkenzieherregel“ bestimmt wird:
”
Die Spitze des Korkenziehers zeigt in
Stromrichtung, die Drehrichtung gibt die
~ an.
Orientierung des Magnetfeldes B
~
B
~
B
I~
I~
Abb.3.1.2 Korkenzieherregel
Auf einen stromdurchflossenen Leiter in einem Magnetfeld wirkt
eine Kraft, deren Richtung man mit der UVW-Regel (RechteHand-Regel) bestimmt (Ursache-Vermittlung-Wirkung):
Ursache ist der Strom, Vermittlung das Magnetfeld und die Wir~ B
~ und F~ bilden in dieser Reihenfolge ein
kung ist die Kraft. I,
Rechtssystem. Es gilt
Zeigefinger
~
B
V
Daumen
U
I~
ϕ
~
F
W
Mittelfinger
~ ⊥B
~
F~ ⊥ I~ und F
(3.1.1)
Abb.3.1.3 UVW-Regel
Misst man die Kraft F auf einen vom Strom I durchflossenen Leiter der Länge l für verschiedene
Ströme und verschiedene Leiterlängen in immer dem gleichen Magnetfeld, dann stellt man fest,
F
~ ist ein
dass
konstant ist. Diese Konstante nennt man magnetische Flussdichte B. B
I l sin ϕ
Vektor mit dem Betrag B, der in Richtung der magnetischen Feldlinien zeigt.
B=
F
I l sin ϕ
40
(3.1.2)
3 Elektrodynamik
~ und I.
~ Aus (3.1.2) folgt
ϕ ist dabei der Winkel zwischen B
F = l I B sin ϕ = l I B⊥
(3.1.3)
~
B
Zusammenfassend halten wir fest:
I~
Auf einen vom Strom I~ durchflossenen Leiter der Länge l in
~ wirkt die Kraft F
~ mit
einem Magnetfeld B
F = |F~ | = l I B sin ϕ = l I B⊥
(3.1.4)
~
F~ ⊥ I~ und F~ ⊥ B
(3.1.5)
~ B
~ und F~ bilden ein Rechtssystem.
I,
ϕ
~⊥
B
~⊥
Abb.3.1.4 B
~ = l · I~ × B
~
F
~
B
(3.1.6)
ϕ
Abkürzend schreibt man für die Gleichungen (3.1.4), (3.1.5)
und (3.1.6)
~
(3.1.7)
F~ = l · I~ × B
I~
Abb.3.1.5 Kraft auf Leiter
~ nennt man das Kreuzprodukt oder das Vektorprodukt von I~ und B.
~
I~ × B
Aus (3.1.2) folgt für die Einheit der Kraftflussdichte
[B] = 1
Vs
N
= 1 2 = 1 T = 1 Tesla
Am
m
(3.1.8)
3.2 Der magnetische Fluss
Den magnetischen Fluss durch eine Fläche A definiert man
genauso wie den elektrischen Fluss:
Φ=
Z
A
~ d~a =
B
Z
A
~
B
d~a
B cos ϕ da
| {z }
ϕ
(3.2.1)
B⊥
da
~ die senkrecht auf der Fläche
B⊥ ist die Komponente von B,
steht.
Abb.3.2.1 Magnetischer Fluss
Für eine ebene Fläche A und ein homogenes Magnetfeld
~ = konst.) gilt
(B
~A
~ = A B cos ϕ = A B sin α = A · B⊥
Φ=B
~
B
~
A
~⊥
B
(3.2.2)
ϕ
~ zur Fläche A.
α ist der Neigungswinkel des Vektors B
α
A
Abb.3.2.2 Ebene Fläche
41
3 Elektrodynamik
Die Einheit des magnetischen Flusses ist
[Φ] = 1 T m2 = 1 V s = 1 Weber
(3.2.3)
Da Magnetpole nur paarweise auftreten, bestimmt man die Kräfte zwischen Magnetpolen über
die Messung von Drehmomenten. Versuche ergeben, dass für die Kräfte zwischen Magnetpolen,
wie für die Kräfte zwischen Ladungen, ein r12 -Gesetz gilt:
F ∼
1
r2
(3.2.4)
Damit gilt auch für Magnetfelder der Gauß’sche Satz
Z
~ d~a = Konstante · magn. Ladung“ innerhalb von A
B
”
(3.2.5)
Ageschlossen
Da magnetische Pole nur paarweise auftreten, ist die magnetische Gesamtladung innerhalb von
A stets Null, d.h.
Z
~ d~a = 0
Φ=
B
(3.2.6)
Ageschlossen
Der magnetische Fluss durch eine geschlossene Fläche ist Null!
(3.2.6) bedeutet, dass es keine Quellen des magnetischen Feldes gibt (die Quellen des elektrischen
Feldes sind die Ladungen), z.B. gibt es kein radialsymmetrisches Magnetfeld. Einige Theorien
der Elementarteilchenphysik fordern die Existenz von magnetischen Monopolen, sie sind aber
noch nicht experimentell nachgewiesen worden.
3.3 Die Lorentzkraft
~ d.h. die bewegten Elektronen, sind
Der Strom I,
die Ursache für die Kraft F~ auf einen stromdurchlossenen Leiter im Magnetfeld. Wir nehmen an, dass alle Elektronen die gleiche Geschwindigkeit ~v besitzen und somit auf jedes
Elektron die gleiche Kraft F~ ∗ wirkt. n sei die
Anzahl der frei beweglichen Elektronen im Volumen V = A l und t die Zeit, in der die Elektronen die Strecke l zurücklegen. Mit der Dichte
̺ der frei beweglichen Ladungen gilt dann
~v
I~
ϕ
~∗
F
α
~v
l
~v
A
~
F
~
B
Abb.3.3.1 Herleitung der Lorentzkraft
Q = −n e = ̺ V = ̺ A l
I=
̺Al
ne
Q
=
= ̺Av = −
·v
t
t
l
(3.3.1)
(3.3.2)
oder vektoriell
ne
I~ = −
· ~v
l
Für die Gesamtkraft auf das Leiterstück der Länge l gilt dann
~ = n · F~ ∗ = l · I~ × B
~ = −n e · ~v × B
~
F
42
(3.3.3)
(3.3.4)
3 Elektrodynamik
und es folgt für die Kraft auf ein Elektron
~
F~ ∗ = (−e) · ~v × B
(3.3.5)
Die Verallgemeinerung von (3.3.5) auf beliebige Teilchen liefert:
Auf ein Teilchen der Ladung q und mit der
~
Geschwindigkeit ~v wirkt im Magnetfeld B
die Lorentzkraft
~
F
(q > 0)
~
B
(3.3.6)
~
F~ = q · ~v × B
ϕ
q
Der Betrag der Lorentzkraft ist
F = |F~ | = q · v · B · sin ϕ
~v
(3.3.7)
Für die Extremwerte der Lorentzkraft gilt
~
F
~
F = 0 ⇐⇒ ~v k B
~
F maximal ⇐⇒ ~v ⊥ B
(q < 0)
(3.3.8)
(3.3.9)
Abb.3.3.2 Lorentzkraft
3.4 Die Bewegungsinduktion
~ ⊥ Leiter
3.4.1 Gerader Leiter, ~v ⊥ Leiter und B
~
B
U
~
F
l
~
E
−−
−
~
F
ϕ
~
F
~v
++
+
Abb.3.4.1 Bewegter Leiter
F~e
Abb.3.4.2 Kräftegleichgewicht
~
Bewegt sich ein gerader Leiter der Länge l mit der Geschwindigkeit ~v durch ein Magnetfeld B
~
und steht der Leiter senkrecht auf B und ~v , dann wirkt auf jedes freie Elektron im Leiter die
Lorentzkraft
~
F~ = −e · ~v × B
(3.4.1)
mit
F = |F~ | = e v B sin ϕ
(3.4.2)
Durch die Verschiebung der Elektronen aufgrund der Kraft F lädt sich ein Leiterende positiv
~ mit dem Betrag E.
und das andere negativ auf, d.h. im Leiter entsteht ein elektrisches Feld E
Achtung, wir sind nicht mehr in der Elektrostatik, in der die elektrische Feldstärke in Leitern
immer Null ist! Die Elektronen bewegen sich solange, bis sich Lorentzkraft und elektrische Kraft
auf die Elektronen aufheben (Gleichgewicht):
Fe = F
=⇒
e · E = e v B sin ϕ
43
(3.4.3)
3 Elektrodynamik
Da v an jedem Ort des Leiters gleich ist, herrscht somit im Leiter das homogene Feld
E = v B sin ϕ
(3.4.4)
Zwischen den Leiterenden liegt dann eine Spannung mit dem Betrag
U = E · l = l v B sin ϕ
(3.4.5)
(Induktionsspannung)
∆A sei die Fläche, die der Leiter in der Zeit ∆t überstreicht.
Der magnetische Fluss durch ∆A ist dann
∆Φ = B · ∆A · sin ϕ = B l v sin ϕ · ∆t
v · ∆t
l
(3.4.6)
∆A = l · v · ∆t
oder
U=
∆Φ
∆t
~ homogen
für B
~v
v · ∆t
(3.4.7)
Abb.3.4.3 Fluss durch Fläche
3.4.2 Allgemeiner Fall
Durch geeignete Grenzbetrachtungen lässt sich allgemein beweisen:
Überstreicht ein beliebig geformter Leiter die Fläche A(t) in
einem zeitlich konstanten aber sonst beliebigen (also nicht not~ und ist Φ(t) der magnetische
wendig homogenen) Magnetfeld B
Fluss durch A(t), dann gilt für den Betrag der Induktionsspannung zwischen den Leiterenden
dΦ |U | = |Φ̇| = dt ~
B
−
A(t)
~v
+
(3.4.8)
Abb.3.4.4 Allgemeiner Fall
Die Polung von U ermittelt man über die Richtung der Lorentzkraft auf die Leiterelektronen.
3.4.3 Bewegung einer Leiterschleife
Abb.3.4.5 zeigt eine rechteckige Leiterschleife zu
zwei kurz aufeinanderfolgenden Zeiten. In den Leiterstücken parallel zu ~v wird keine Spannung induziert, da sie die Fläche Null überstreichen.
UAB =
dΦ1
dt
und UCD =
dΦ2
dt
B
D
dΦ1
dΦ2
(3.4.9)
Φ∗
~v
Der Betrag der Spannung U zwischen den Leiterenden
ist dann
|U | = |UAB + UDC | = |UAB − UCD | =
dΦ1 dΦ2 dΦ1 − dΦ2 =
=
−
dt
dt dt
C
A
t1
(3.4.10)
U
t2 = t1 + dt
Abb.3.4.5 Leiterschleife
Der Fluss durch die Gesamtfläche der Leiterschleife sei Φ. Es gilt dann
Φ(t1 ) = Φ∗ + dΦ1
und Φ(t2 ) = Φ∗ + dΦ2
44
(3.4.11)
3 Elektrodynamik
und damit
dΦ = Φ(t2 ) − Φ(t1 ) = dΦ2 − dΦ1
(3.4.12)
Aus (3.4.10) und (3.4.12) folgt dann
Bewegt sich eine Leiterschleife in einem zeitlich konstanten Magnetfeld
~ und ist Φ(t) der magnetische Fluss durch die Leiterschleife, dann wird
B
an den Enden der Schleife die Spannung U induziert mit
(3.4.13)
dΦ |U | = = |Φ̇|
dt
Jetzt müssen wir uns noch um die Polung der Induktionsspannung kümmern. Die Leiterschleife
wird als Stromquelle betrachtet, d.h. der Induktionsstrom fließt außerhalb der Leiterschleife
von +❥ nach −❥.
Als Beispiel betrachten wir ein scharf begrenztes Magnetfeld wie in Abb.3.4.6. Die Leiterschleife wird einmal aus dem Feld gezogen und das andere Mal in das
Feld geschoben. Die Richtung des Induktionsstroms
ermittelt man über die Lorenzkraft auf die Leiterelektronen. Der Induktionsstrom I erzeugt selbst ein Ma~ i bezeichnen. Wird die Schleife
gnetfeld, das wir mit B
aus dem Feld gezogen, dann wird der Fluss Φ durch
die Schleife kleiner. Der Abbildung entnimmt man,
~ i in diesem Fall innerhalb der Schleife in die
dass B
~ zeigt, d.h. B
~ i wirkt der Schwächung
Richtung von B
von Φ entgegen. Wird die Schleife in das Feld geschoben, dann wird der Fluss Φ durch die Schleife größer.
~ i zeigt in diesem Fall innerhalb der Schleife entgeB
~ d.h. B
~ i wirkt dem Größergen der Richtung von B,
werden von Φ entgegen.
I
I
~v
~i
B
+
−
~
B
I
~v
~i
B
−
+
Abb.3.4.6 Lenz’sche Regel
Allgemein gilt:
~ i ist innerhalb der
Das vom Induktionsstrom erzeugte Magnetfeld B
Leiterschleife so gerichtet, dass es der Flussänderung durch die Schleife
entgegen wirkt. (Lenz’sche Regel).
45
(3.4.14)
3 Elektrodynamik
3.5 Das Induktionsgesetz
Die bisher erarbeiteten Gesetze zur Induktion werden durch eine Versuchsreihe überprüft. Wir
experimentieren mit dem ziemlich homogenen Magnetfeld zwischen den Polschuhen eines Elektromagneten.
Versuch 1
Mit der Stromwaage wird die Kraft F auf einen
stromdurchflossenen Leiter der Länge l gemessen.
Dazu wird die Waage zunächst bei I = 0 ins Gleichgewicht gebracht. Nach Auflegen eines 10 g-Stücks
auf den Leiter wird der Strom I durch den Leiter
solange erhöht, bis die Waage wieder im Gleichgewicht ist. Die auf den Leiter wirkende Kraft F ist
dann gleich der Gewichtskraft des 10 g-Stücks. Mit
dem Messwert I = 4,25 A erhält man
B=
0,01 kg · 9,81 sm2
F
=
≈ 0,23 T
Il
4,25 A · 0,1 m
10 g
+
Waage
_
l = 10 cm
300
(3.5.1)
~
B
I~
300
I0 = 3 A
+
_
Abb.3.5.1 Feld über Kraft auf Leiter
Versuch 2
Eine Induktionsspule mit n = 3 Windungen und der Fläche
A wird ganz aus dem Feld des Elektromagneten gezogen.
Der dabei auftretende Spannungsstoß
Z t2
U (t) dt
(3.5.2)
t1
n=3
A = 6,37 cm2
Abb.3.5.2 Spule
wird mit einem ballistischen Galvanometer gemessen.
Der maximale Ausschlag a des Galvanometers (Stossausschlag) ist proportional zum Kraftstoß
∆p =
Z
U
t2
F (t) dt ,
(3.5.3)
t1
der auf das Zeigersystem des Galvanometers wirkt (Beweis!!). Wegen der Proportionalität von F und I bzw. I und
U ist a proportional zum Spannungsstoß. Wegen
dΦ |U | = n · dt gilt
Z
n · |∆Φ| = t2
t1
t1
t2
t
Abb.3.5.3 Spannung
U (t) dt = cut · a
(3.5.4)
(3.5.5)
mit der ballistischen Spannungsstosskonstanten cut . Da die Spule ganz aus dem Feld gezogen
wird, ist Φnachher = 0 und damit
|∆Φ| = |Φnachher − Φ| = |Φ| = B · A
Aus (3.5.5) und (3.5.6) folgt
B=
cut
·a
n·A
46
(3.5.6)
(3.5.7)
3 Elektrodynamik
Vs
für unser Spiegelgalvanometer (Skt steht für Skalenteile“) und dem
Mit cut = 1,12 · 10−4 Skt
”
Messwert a = 3,9 Skt erhält man
B=
Vs
1,12 · 10−4 Skt
· 3,9 Skt
≈ 0,23 T
−4
3 · 6,37 · 10 m2
(3.5.8)
Die Übereinstimmung der Messwerte von Versuch 1 und Versuch 2 zeigt, dass unser theoretisch
~ experimentell abgesichert
abgeleitetes Gesetz U = −n · Φ̇ und dessen Grundlage F~ = q · ~v × B
sind.
Versuch 3
In diesem Versuch wird die Induktionsspule nicht aus dem Feld gezogen, sondern das Feld
des Elektromagneten wird abgeschaltet. Das Galvanometer zeigt den gleichen Ausschlag wie
beim Versuch 2!! Da auch der Endzustand (Φnachher = 0) der gleiche ist, sind die Gleichungen
(3.5.5) und (3.5.4) auch beim Ausschalten des Feldes gültig, obwohl keine Bewegung der
Spule relativ zum Feld stattgefunden hat!! Die Gleichung U = −nΦ̇ gilt also nicht nur für die
Bewegungsinduktion, sondern bei jeder beliebigen Änderung des Flusses Φ durch die Spule.
Versuch 4
Zur Kontrolle wird das Magnetfeld zwischen den Polschuhen
des Elektromagneten mit einer Hallsonde gemessen. Dabei
wird die Sonde im Feld in alle möglichen Richtungen gedreht
und die verstärkte Hallspannung mit einem Computer aufge~ senkzeichnet. Die Werte Umax und Umin erhält man, wenn B
recht zur Sonde steht. Die effektive Hallspannung ist dann
UH = 12 (Umax − Umin ). Mit dieser Methode werden auch Nullpunktsverschiebungen des Verstärkers ausgeglichen.
Umax
UH
t
Umin
Abb.3.5.4 Hallspannung
Versuch 5
Zur weiteren Kontrolle wird der Spannungsstoss in den Versuchen 2 und 3 nicht mit dem Spiegelgalvanometer gemessen, sondern U (t) mit einem Computer aufgezeichnet. Ist ∆t die Messdauer
für einen Spannungswert und liegen n Messwerte U1 bis Un vor, dann kann der Spannungsstoss
automatisch mit
Z t2
U (t) dt = ∆t · (U1 + ... + Un )
(3.5.9)
t1
berechnet werden.
Die Zusammenfassung aller Versuchsergebnisse ist unser 5. experimentelles Grundgesetz,
das Induktionsgesetz:
Eine Spule mit n Windungen berandet die Fläche A und Φ =
Z
~ d~a ist der
B
A
magnetische Fluss durch A. Die an den Spulenenden induzierte Spannung hat
den Betrag
dΦ |U | = n · |Φ̇| = n · dt
Die Richtung des Induktionsstromes bzw. die Polung von U folgt aus der
Lenz’schen Regel.
47
(3.5.10)
3 Elektrodynamik
Bilden d~a und die positive Stromrichtung ein Rechtssystem (Korkenzieher!), dann gilt
U = −n · Φ̇
~
B
(3.5.11)
Die Richtung von d~a wird willkürlich festgelegt. Die Richtung eines positiven Stromes folgt dann mit der Korkenzieherregel. U ist
definitionsgemäß positiv, wenn I > 0 ist, d.h. wenn der Pol der Lei-
d~a
I
Q
P
Abb.3.5.5 U = −nΦ̇
terschleife, der vom positiven Richtungspfeil des Stromes getroffen wird, positiv ist.
In Abb.3.5.5 ist U > 0 (P ist der positive Pol der Stromquelle“ Leiterschleife). Bei der angege~ gilt Φ > 0 und Φ̇ < 0 =⇒ ”|B|
~ wird kleiner.
benen Richtung von B
~ und bei einer ebenen Fläche A gilt
In einem (räumlich) homogenen Magnetfeld B
~ ·A
~ = Bx Ax + By Ay + Bz Az
Φ=B
(3.5.12)
und damit wegen der Produktregel
~˙
~˙ · A
~+B
~ ·A
Φ̇ = Ḃx Ax + Ḃy Ay + Ḃz Az + Bx Ȧx + By Ȧy + Bz Ȧz = B
Also gilt
(3.5.13)
~˙ · A
~+B
~ · A)
~˙
U = −n · Φ̇ = −n · (B
(3.5.14)
~ zeitlich konstant =⇒ U = −n · Φ̇ = −n · B
~ ·A
~˙
B
(3.5.15)
~ zeitlich konstant =⇒ U = −n · Φ̇ = −n · B
~˙ · A
~
A
(3.5.16)
3.6 Wirbelfelder und Wirbelströme
Bei der Bewegungsinduktion ist die Ursache für den Induktionsstrom die Lorentzkraft auf die Leiterelektronen. Bei einer ruhenden Leiterschleife und einem zeitlich veränderlichen Magnetfeld ist
aber keine Lorentzkraft vorhanden. Die Kraft auf die Elektronen
des Leiters rührt in diesem Fall von einem elektrischen Wirbel~ her, das sich in geschlossenen Feldlinien um jedes sich
feld E
mit der Zeit ändernde Magnetfeld aufbaut. Das elektrische
Wirbelfeld existiert ohne das Vorhandensein von Ladungen. Induktion tritt sogar dann auf, wenn das veränderliche Magnetfeld
die Leiterschleife an keiner Stelle berührt.
d~a
L
~
B
Abb.3.6.1 Leiterschleife
Ein Leiter liege entlang der geschlossenen Kurve L. An einem Elektron, das die volle Leiterschleife
L durchläuft, wird die Arbeit
I
I
~ d~s = −e · U
~
E
(3.6.1)
F d~s = −e ·
W =
L
L
geleistet. Entlang von L wird also die Umlaufspannung
I
~ d~s
E
U=
(3.6.2)
L
induziert. Mit dem Induktionsgesetz folgt daraus
I
~ d~s = −Φ̇ = − ∂
E
U=
∂t
L
48
Z
~ d~a
B
A
(3.6.3)
3 Elektrodynamik
Dabei gilt für den Umlaufsinn von L und d~a die Korkenzieherregel
~ den gleichen Umlaufsinn wie L hat). Die
(U ist positiv, wenn E
~ ist dieselbe wie die eines fiktiven InduktionsOrientierung von E
stroms in einem Leiter, den man sich entlang der Feldlinie denkt.
~ ab.
In Abb.3.6.2 nimmt der Betrag von B
~
B
d~a
~
E
Wir betrachten den Spezialfall eines axialsymmetrischen (zylindersymmetrischen) Magnetfeldes:
Abb.3.6.2 Umlaufsinn
Aus Symmetriegründen sind die Beträge Et und Er der Tangentialkomponente und der Radialkomponente des Wirbelfeldes auf
einem Zylindermantel mit Radius r konstant. Der Gauß’sche Satz,
~ r ) ⊥ ~r
der für jedes elektrische Feld gilt, verlangt Er = 0, d.h. E(~
~
und E = Et =konst. Damit sind die Feldlinien von E konzentrische Kreise.
I
~ d~s = 2 r π · |E| = |Φ̇| =⇒ |E| = |Φ̇|
E
2rπ
Er
~
E
Et
r
~
B
(3.6.4)
Abb.3.6.3 axialsymm.
3.7 Bewegung geladener Teilchen im Magnetfeld
Ein Teilchen der Masse m und der Ladung q hat im
~ die Geschwindigkeit ~v . Auf das Teilchen wirkt
Feld B
die Lorentzkraft
~ = m · ~a = m · ~v˙ = q · ~v × B
~
F
Damit gilt
(3.7.1)
y
q>0
~v0
~
r
y
~
B
ωt
q
~
~v˙ =
· ~v × B
m
(3.7.2)
x0
x
O
~ sei homogen, konstant und zeige in Richtung der
B
Abb.3.7.1 positives Teilchen
z-Achse, d.h.
 
0
~ = 0
B
B

    
ex ey ez vx
0
vy B
~ = vy  ×  0  = vx vy vz = −vx B 
~v × B
0 0 B vz
B
0
x
(3.7.3)
(3.7.4)
Aus (3.7.2) und (3.7.4) folgt
oder




vy
vy
q
B
· −vx  = ω · −vx 
~v˙ =
m
0
0
v̇x =
(3.7.5)
ω vy
(3.7.6)
v̇y = −ω vx
(3.7.7)
v̇z =
49
0
(3.7.8)
3 Elektrodynamik
mit
qB
m
Zunächst suchen wir eine Lösung für die Anfangsbedingungen

  

  
vx (0)
0
x(0)
x0







~v (0) = vy (0) = v0
,
~r(0) = y(0) = 0 
vz (0)
0
z(0)
0
ω=
(3.7.9)
(3.7.10)
Aus (3.7.8) und vz (0) = 0 folgt vz (t) = 0 für alle t und damit wegen ż = vz = 0 und z(0) = 0
auch z(t) = 0 für alle t, d.h. die Bewegung des Teilchens erfolgt in der xy-Ebene.
Differenzieren von (3.7.6) ergibt
v̈x = ω · v̇y
(3.7.11)
und damit folgt aus (3.7.7)
v̈x = −ω 2 · vx
(3.7.12)
vx (t) = C · sin(ωt + ϕ)
(3.7.13)
Die allgemeine Lösung von (3.7.12), der sogenannten Schwingungsgleichung, ist
Wegen vx (0) = C · sin(ϕ) = 0 folgt ϕ = 0 und somit
vx (t) = C · sin ωt
(3.7.14)
Aus (3.7.6) und (3.7.14) folgt
C
1
· v̇x = · ω cos ωt = C · cos ωt
ω
ω
Aus vy (0) = C · cos 0 = C = v0 folgt endgültig




vx (t)
sin ωt
~v (t) = vy (t) = v0 · cos ωt
vz (t)
0
vy (t) =
(3.7.15)
(3.7.16)
und wegen sin2 ωt + cos2 ωt = 1
v(t) = |~v (t)| = v0 = konst.
(3.7.17)

  v0
x(t)
− ω cos ωt + Cx
~r(t) = y(t) =  vω0 sin ωt + Cy 
Cz
z(t)
(3.7.18)
Integration von (3.7.16) ergibt

Anpassung an die Anfangsbedingungen mit der speziellen Wahl x0 = − vω0 liefert

 

x(t)
−r cos ωt
~r(t) = y(t) =  r sin ωt 
z(t)
0
(3.7.19)
mit
v
vm
v0
= =
(3.7.20)
ω
ω
qB
Wegen |~r(t)| = r =konst. beschreibt das Teilchen also eine Kreisbahn mit Radius r. Nachdem
man weiß, dass das Teilchen eine Kreisbahn beschreibt, rechnet man in der Praxis mit dem
Ansatz
FLorentz = Fzentripetal
(3.7.21)
r=
oder
|q| · v · B = m ·
v2
r
50
=⇒
r=
mv
|q| B
(3.7.22)
3 Elektrodynamik
Zusammenfassung:
Ein Teilchen mit der Ladung q und der Masse m beschreibt in einem
~ eine Kreisbahn, wenn ~v ⊥ B
~
homogenen und konstanten Magnetfeld B
gilt. Den Radius r der Kreisbahn erhält man aus
FLorentz = Fzentripetal
Steht die Geschwindigkeit des Teilchens nicht
~ dann ist vz (0) = vz0 6= 0
senkrecht auf B,
und aus (3.7.8) folgt vz (t) = vz0 =konst. bzw.
z(t) = vz0 · t. Damit ist


−r cos ωt
~r =  r sin ωt  ,
(3.7.23)
vz0 · t
0.1
0.08
0.06
0.04
0.02
0
0
-0.04
-0.02
die Teilchenbahn ist eine Schraubenlinie. Die
Entfernung von zwei Punkten ~r1 = ~r(t) und
~r2 = ~r(t + T ) mit der Umlaufdauer T = 2ωπ
0.02
0.04
0
0.06
0.02
0.08
0.04
0.1
Abb.3.7.2 vz 6= 0
nennt man die Ganghöhe der Schraubenlinie. Die Ganghöhe ist also die Strecke, die das Teilchen
während eines Umlaufs in z-Richtung zurücklegt.
Messung der spezifischen Ladung des Elektrons:
a
Die von der Glühkathode emittierten Elektronen werden von der Anodenspannung U beschleunigt. Das
ziemlich homogene Magnetfeld des
Helmholtz-Spulenpaares zwingt
die Elektronen auf eine Kreisbahn
mit Radius r. Das Rohr ist mit einem verdünnten Gas gefüllt, das von
den Elektronen zum Leuchten angeregt wird.
~
B
a
Q
~
r
~
r
M
A
Q
K
+
U
~
B
_
6,3 V (Heizspannung)
HS
Abb.3.7.3 Fadenstrahlrohr
m 2
v = eU
2
2eU
=⇒
v =
m
eB r 2
2
=⇒ v =
m
2
v2
evB = m
r
e
2U
= 2 2
m
B r





 2eU

m




(spez. Ladung)
=
e2 B 2 r 2
m2
(3.7.24)
(3.7.25)
Für das Magnetfeld B0 im Mittelpunkt M des Rohres gilt
3
4 2 n µ0 I
B0 =
·
5
a
51
(3.7.26)
3 Elektrodynamik
Dabei ist I der Strom durch die Spulen, n die Windungszahl pro Spule und µ0 = 4 π · 10−7
Die Feldstärke auf der Mittelebene zwischen den Spulen entnimmt man folgender Tabelle:
r
B
B0
Tm
A .
0
0,1 a
0,2 a
0,3 a
0,4 a
0,5 a
1 0,999958 0,999301 0,99624 0,98731 0,96668
Für unsere Anordnung gilt n = 130 und a = 0,15 m. Mit den Messwerten
I = 1,70 A, U = 165 V und r = 3,25 cm
(3.7.27)
erhält man B durch lineare Interpolation der Tabellenwerte:
r = 3,25 cm = 0,217 · a
B
B0
Mit
− 0,999301
0,217 − 0,2
=
0,99624 − 0,999301
0,3 − 0,2
130 · 4 · π · 10−7 · 1,7
B0 =
·
0,15
folgt
(3.7.28)
=⇒
B = 0,9988 · B0
(3.7.29)
3/2
4
T = 1,325 · 10−3 T
5
(3.7.30)
B = 0,9988 · 1,325 · 10−3 T = 1,323 · 10−3 T
(3.7.31)
Einsetzen in (3.7.25) liefert für die spezifische Ladung des Elektrons
C
2 · 165 V
e
= 1,78 · 1011
=
2
2
m
kg
(1,323 · 10−3 T) · (0,0325 m)
Der heute (1996) beste Wert für
e
m
(3.7.32)
(gültig seit 1986) ist
As
e
= 1,75881962 · 1011
m
kg
(3.7.33)
e = 1,60217733 · 10−19 A s
(3.7.34)
me = 9,1093897 · 10−31 kg
(3.7.35)
Mit der Elementarladung
folgt für die Masse des Elektrons
3.8 Bewegung in kombinierten elektrischen und magnetischen
Feldern
3.8.1 Der Massenspektrograf nach Thomson (1907)
Ein Strahl von Teilchen (Ladung q, Masse m) tritt mit
 der

v0
Geschwindigkeit ~v0 =  0 
0
am Ort O(0|0|0) in ein Raumgebiet ein, in dem
 die
 homoge0
~ =  0  und
nen Felder E
E
z
l
Q
Z
~v1
y
Y
P
O
~
E
~v0
~
B
x
a
X =l+a
Abb.3.8.1 Massenspektrograf nach Thomson
52
3 Elektrodynamik


0
~ =  0 herrschen. Am Ort P(x1 |y1 |z1 ) (x1 = l) verlassen die Teilchen den Feldraum mit der
B
−B
 
vx1
Geschwindigkeit ~v1 = vy1  und fliegen geradlinig zu einer zur yz-Ebene parallelen Fotoplatte,
vz1
die sie bei Q(X|Y |Z) treffen. Im Feldraum wirkt auf ein Teilchen die Kraft
    



0
vx
0
−vy · B
~ + ~v × B)
~ = q ·  0  + vy  ×  0 = q · +vx · B 
F~ = q · (E
(3.8.1)
E
vz
−B
E
und die Bewegungsgleichungen lauten
ẍ = −
ÿ =
z̈ =
qB
ẏ
m
qB
ẋ
m
qE
m
(3.8.2)
(3.8.3)
(3.8.4)
mit den Anfangsbedingungen
 
 
0
v0



~x(0) = 0 und ~v (0) = 0 
0
0
(3.8.5)
Die Gleichung für die z-Koordinate ist von den anderen beiden Gleichungen entkoppelt (sie
~ und
enthält weder x noch y), d.h. die Projektion der Bewegung in die xy-Ebene ist nur durch B
~
die Bewegung in z-Richtung nur durch E bestimmt. Ähnlich wie in Kapitel 3.7 folgt die Lösung
x(t) = r sin ω t
(3.8.6)
y(t) = r − r cos ω t
qE 2
t
z(t) =
2m
(3.8.7)
mit
r=
(3.8.8)
m v0
qB
(3.8.9)
und
qB
m
Das Teilchen verläßt den Feldraum zur Zeit t1 mit
(3.8.10)
ω=
x(t1 ) = r sin ω t1 = l
=⇒
t1 =
1
l
arcsin
ω
r
Für 0 ≦ t ≦ t1 hat das Teilchen die Geschwindigkeit


r ω cos ω t
~v =  r ω sin ω t 
qE
m ·t
(3.8.12)
Wählt man l klein und v0 und damit r groß, dann gelten wegen
l
l
arcsin ≈ ,
r
r
r
1−
l2
l2
≈
1
−
r2
2 r2
53
und
(3.8.11)
q
l
r
≪ 1 die Näherungen
1
1−
l2
r2
≈1+
l2
2 r2
(3.8.13)
3 Elektrodynamik
Die Koordinaten des Austrittspunktes P aus dem Feldraum sind
x1 = x(t1 ) = l
l2
l2
≈
r2
2r
l
mE
m E l2
qE
2
2 l
arcsin
=
arcsin
≈
2 m ω2
r
2 q B2
r
2 q B 2 r2
y1 = y(t1 ) = r − r
z1 = z(t1 ) =
(3.8.14)
r
1−
(3.8.15)
(3.8.16)
und die Austrittsgeschwindigkeit ~v1 hat die Koordinaten
r
l2
l2
vx1 = vx (t1 ) = r ω 1 − 2 ≈ r ω 1 − 2
r
2r
vy1 = vy (t1 ) = l ω
qE
l
E
l
El
vz1 = vz (t1 ) =
arcsin =
arcsin ≈
mω
r
B
r
Br
(3.8.17)
(3.8.18)
(3.8.19)
Die Zeit für den Flug von P zur Fotoplatte ist
t2 =
a
a
l2
≈
· 1+ 2
vx1
rω
2r
(3.8.20)
Damit errechnen sich die Koordinaten des Auftreffpunktes Q unter Vernachlässigung der Terme
l3
mit 3 zu
r
al
a l3
l2
al
l
l
l2
+
+ 3 ≈
+
=
a+
(3.8.21)
Y = y1 + vy1 · t2 ≈
2r
r
2r
2r
r
r
2
m E l2
l2
Ela
l
Elm
Z = z1 + vz1 · t2 =
·
1
+
+
·
a
+
≈
(3.8.22)
2 q B 2 r2 B r2 ω
2 r2
q B 2 r2
2
und es gilt
Z ≈
3.8.2 Das Wienfilter
Eine Kombination aus einem
homogenen elektrischen Feld
~ und einem darauf senkrecht
E
stehenden homogenen Magnet~ mit einer Eintritts- und
feld B
einer Austrittsblende nennt
man ein Wienfilter. Die Felder müssen dabei so orientiert
sein, dass die Lorentzkraft auf
Em
·Y2
q B 2 l a + 2l
(3.8.23)
y
m
~v0
O
q
v<
E
B
v>
E
B
~E
F
~
B
~B
F
~
E
x
Abb.3.8.2 Wienfilter
ein in Durchlassrichtung fliegendes Teilchen der elektrischen Kraft entgegen gerichtet ist. Für
geladene Teilchen, die geradlinig durch das Wienfilter fliegen, gilt FB = FE , d.h.
q·E =q·v·B
(3.8.24)
oder
v=
54
E
B
(3.8.25)
3 Elektrodynamik
Wir analysieren die Bewegung eines Teilchens im Wienfilter genauer. Da keine Kraft in zRichtung auf das Teilchen wirkt, verläuft die Bahn des Teilchens vollständig in der xy-Ebene.
Mit
 
 
 
 
0
0
v0
vx
~ = E  , B
~ =  0  , ~v0 =  0  und ~v = vy 
E
(3.8.26)
0
B
0
0
folgt für die Gesamtkraft auf das Teilchen


vy B
~ + q · ~v × B
~ = q · E − vx B 
F~ = q · E
0
(3.8.27)
Aus der Bewegungsgleichung m ~r¨ = F~ folgen dann die beiden Differentialgleichungen
qB
ẏ
m
qB
q
E−
ẋ
ÿ =
m
m
ẍ =
Die Lösung dieses Gleichungssystems mit den Anfangsbedingungen
 
 
v0
0
~v (0) =  0  und ~r(0) = 0
0
0
lautet (mit MAPLE berechnen oder direkter Beweis durch Einsetzen)
qB
E
m
t + t
(v0 B − E) sin
x(t) =
2
qB
m
B
m
qB
y(t) =
(v0 B − E) cos
t −1
q B2
m
Mit
ω=
qB
m
(3.8.28)
(3.8.29)
(3.8.30)
(3.8.31)
(3.8.32)
(3.8.33)
lautet die Lösung
1
v0 −
x(t) =
ω
1
y(t) =
v0 −
ω
E
E
sin ω t + t
B
B
E
(cos ω t − 1)
B
Durch Differenzieren erhält man die Geschwindigkeitskomponenten
E
E
cos ω t +
vx (t) = v0 −
B
B
E
vy (t) = − v0 −
sin ω t
B
(3.8.34)
(3.8.35)
(3.8.36)
(3.8.37)
Die Bahnkurve ist periodisch mit der Periodendauer
T =
2π
2π m
=
ω
qB
(3.8.38)
Die Länge einer Periode auf der x-Achse ist
λ = x(T ) =
55
2πmE
q B2
(3.8.39)
3 Elektrodynamik
und es gilt
y(T ) = 0
(3.8.40)
λ ist unabhängig von v0 , d.h. die Bahn eines jeden Teilchens (beliebiges v0 ) geht durch die
Punkte Pn ( nλ | 0 ). Die Geschwindigkeit in den Punkten Pn ist
 
v0
~v (T ) =  0 
(3.8.41)
0
Ist die Länge des Kondensators zufällig gleich einem Vielfachen von λ, dann gehen Teilchen mit
beliebiger Geschwindigkeit durch das Wienfilter. In allen anderen Fällen lässt das Wienfilter nur
Teilchen mit
E
v0 =
(3.8.42)
B
durch.
Abb.3.8.3 zeigt Bahnkurven eiV
nes Elektrons für E = 10000 m
und B = 0,001 T. Geradliniger
Durchgang für v0 = 1 · 107 ms .
v01 = 0 ms
v02 = 5 · 106 ms
v03 = 1,5 · 107 ms
v04 = 2 · 107 ms
v05 = 3 · 107 ms
v01
0.1
v02
0.05
0.1
0.2
0.3
0
v03
-0.05
0.4
0.5
0.6
0.7
λ
v04
-0.1
v05
-0.15
-0.2
Abb.3.8.3 Bahnen im Wienfilter für verschiedene v0
3.8.3 Das Zyklotron
Abb.3.8.4 zeigt den schematischen Aufbau eines
Zyklotrons. Ein Strahl von Teilchen mit der Ladung q (Elektronen, Protonen, Ionen,...) wird im
elektrischen Feld zwischen den beiden Duanden (Leiter in der Form einer flachen, auseinandergeschnittenen Konservendose) beschleunigt.
In den Duanden herrscht kein elektrisches Feld
(Faraday-Käfig). Die ganze Anordnung befindet
sich im Vakuum und ist von einem Magnetfeld
~ durchsetzt. In einem Duanden wirkt nur die
B
Lorentzkraft auf die Teilchen:
m v2
= qvB
r
Die
Zeit
für
einen
=⇒
r
m
=
v
qB
halben
Umlauf
rπ
mπ
T
=
=
2
v
qB
Duand
Vakuum
~
B
Beschleunigungsfeld
∼ U
Duand
Teilchenquelle
Abb.3.8.4 Zyklotron
(3.8.43)
ist
r0
dann
(3.8.44)
d.h. sie ist unabhängig vom momentanen Bahnradius
r. Wenn ein positives Teilchen zur Zeit Null die Teilchenquelle verlässt, dann muss zu diesem Zeitpunkt
56
Abb.3.8.5 Duand
3 Elektrodynamik
der untere Duand positiv und der obere
negativ sein. Zur Zeit T2 ,wenn das Teilchen in der linken Hälfte das Beschleunigungsfeld durchquert, muss die Spannung an den Duanden gerade umgepolt
sein. Die Frequenz f der Wechselspannung
U (t) = U0 cos ωt an den Duanden muss also gleich der Umlauffrequenz
f=
U
U0
Beschleunigungsphasen
t
Abb.3.8.6 Beschleunigungsphasen
1
qB
=
T
2πm
(3.8.45)
der Teilchen sein. f nennt man die Zyklotronfrequenz. Abb.3.8.6 entnimmt man, dass während
der Beschleunigungsphasen |U (t)| ≈ U0 gilt. Pro Umlauf wird die kinetische Energie eines Teilchens also um 2 q U0 vergrößert. Die Endenergie Wmax der Teilchen ist durch den Radius r0 des
Zyklotrons begrenzt. Aus (3.8.43) folgt
vmax =
r0 q B
m
(3.8.46)
und daraus
Wkin,max =
m 2
r2 q2 B 2
vmax = 0
2
2m
57
(3.8.47)
3 Elektrodynamik
3.9 Das Ampèrsche Durchflutungsgesetz
Der magnetische Spannungsmesser (Rogowski-Spirale) ist eine flexible, zweilagig gewickelte Induktionsspule, deren Anschlüsse dicht beieinander liegen.
(a)
(b)
K
A∗
A
~ν
B
(c)
∆~sν
~ν
A
(d)
A
ν
ν−1
Abb.3.9.1 Magnetischer Spannungsmesser (Rogowski-Spirale)
Mit dem magnetische Spannungsmesser misst man die Summe aller magnetischen Flussänderungen ∆Φν durch die Flächen Aν der einzelnen Windungen und nicht die Flussänderung durch
die von der ganzen Spirale umschlossene Fläche A∗ (siehe Abb.3.9.1.b)). Mit der Länge l der
Spirale und der Windungszahl n folgt für den Abstand zweier benachbarter Windungen
∆sν = ∆s =
l
.
n
(3.9.1)
~ ν | = A folgt für den ν-ten Flächenvektor
Mit der konstanten Querschnittsfläche Aν = |A
~ ν = A · ∆~sν
A
∆s
Beim Ausschalten des Magnetfeldes wird in der ν-ten Windung der Spannungsstoß
Z
~ν · B
~ν = A · B
~ ν · ∆~sν = A · n · B
~ ν · ∆~sν
Uν dt = ∆Φν = A
∆s
l
induziert. Der in der ganzen Spirale induzierte Spannungsstoß ist demnach
Z
Z
n
n Z
X
A·n
A·n X ~
~ d~s
B
·
Bν · ∆~sν ≈
·
U dt =
Uν dt =
l
l
K
ν=1
ν=1
Z
~ d~s = l
B
An
K
Z
U dt
Den Spannungsstoß messen wir mit dem ballistischen Galvanometer:
Z
U dt = cut · a,
58
(3.9.2)
(3.9.3)
(3.9.4)
(3.9.5)
(3.9.6)
3 Elektrodynamik
wobei a der Zeigerausschlag in Skalenteilen (Skt) ist. Mit dem ballistischen Galvanometer an
der Rogowski-Spirale misst man also so etwas Ähnliches wie eine magnetische Spannung (siehe
weiter unten):
Z
l cut
~ d~s = C · a
(3.9.7)
B
mit
C=
nA
K
Die Daten unserer Versuchsanordnung sind
l = 0,5 m, n = 2600, A = 2,5 cm2 und cut = 1,12 · 10−4
woraus
C=
Vs
,
Skt
Vs
l cut
= 8,6 · 10−5
nA
m Skt
(3.9.8)
folgt.
Durch eine Spule mit n Windungen, die vom Strom I
durchflossen wird, wird eine Rogowski-Spirale gelegt
(siehe Abb.3.9.2). Der Gesamtstrom durch die von der
Spirale berandete Fläche A∗ ist
Iges = n · I .
K
A∗
(3.9.9)
a
I
n
I
Iges
a
A
a
·
Iges Skt
300
1A
300 A
4,25 Skt
300
3A
900 A
13,0 Skt
900
1A
900 A
13,0 Skt
900
0,5 A
450 A
6,2 Skt
0,014
0,014
0,014
0,014
Abb.3.9.2 Versuch 1
K
Iges = 0 A∗
Die Versuche ergeben, dass der gemessene Spannungsstoß und somit auch die magnetische Spannung entlang der Kurve K proportional zu Iges ist. Damit haben
wir das 6. experimentelle Grundgesetz gefunden:
I
~ d~s = µ0 · Iges
B
a
Auch beim Ausschalten von I ist a = 0!!
(3.9.10)
Abb.3.9.3 Versuch 2
K
(Ampèrsches Durchflutungsgesetz)
Dabei ist Iges der Strom durch die von der geschlossenen Kurve K berandete Fläche A∗ (~j ist die Stromdichte):
Z
(3.9.11)
Iges = ~j d~a
A∗
K
I
∗
−I A
a
Iges = I + (−I) = 0
Auch beim Ausschalten von I ist a = 0!!
Abb.3.9.4 Versuch 3
59
3 Elektrodynamik
Die magnetischen Feldlinien eines unendlich langen, geraden Leiters sind konzentrische Kreise. Für r = konst. ist aus Symmetrie~ = konst. und mit dem Durchflugründen sicher auch B = |B|
tungsgesetz folgt:
I
I
~
B d~s =
B ds = 2 r π B = µ0 I
(3.9.12)
Kreis
~
B
r
Kreis
I
µo I
B=
2r π
(3.9.13)
Abb.3.9.5 unendlicher gerader Leiter
(Magnetfeld des unendlich langen, geraden Leiters)
Ampèredefinition:
1m
Im unendlich langen Paralleldrahtsystem mit dem Abstand a = 1 m ist I = 1 A, wenn die Kraft F auf ein
Leiterstück der Länge l = 1 m genau 2·10−7 N beträgt.
~
B
~
F
Mit der Ampèredefinition ist die magnetische Feldkonstante
µ0 festgelegt:
F =l·I ·B =l·I ·
µ0 =
l µ0 I 2
µ0 I
=
2rπ
2rπ
I
(3.9.14)
2 m · π · 2 · 10−7 N
N
2rπ F
=
= 4 π · 10−7 2
2
2
lI
1m · 1A
A
I
(3.9.15) Abb.3.9.6 Ampère-Definition
N
Vs
= 4 π · 10−7
2
A
Am
(magnetische Feldkonstante)
µ0 = 4 π · 10−7
(3.9.16)
Aus unseren Messwerten (siehe Tabelle) folgt für µ0 :
µ0 =
As
0,5 m · 1,12 · 10−4 Skt
l · cut a
Vs
Skt
·
= 1,24 · 10−6
=
· 0,014
−4
2
n · A Iges
2600 · 2,5 · 10 m
A
Am
in sehr guter Übereinstimmung mit dem exakten Wert µ0 = 1,256637.... · 10−6
Der Vollständigkeit halber seien noch zwei Definitionen erwähnt:
~
~ = B
H
µ0
(magnetischeFeldstärke)
Z
Q
P
~ d~s = 1
H
µ0
Z
Q
(3.9.17)
Vs
Am.
~ d~s
B
(3.9.18)
P
(magnetische Spannung zwischen P und Q)
Damit ist der Name magnetischer Spannungsmesser für die Rogowski-Spirale geklärt.
Wie für elektrische Felder gilt auch für stationäre (zeitlich konstante) Magnetfelder das Superpositionsprinzip (vektorielle Addition).
(7. experimentelles Grundgesetz)
60
3 Elektrodynamik
3.10 Berechnung von Magnetfeldern
3.10.1 Die langgestreckte Spule (Solenoid)
a3
l
2R
n Wdg.
a1
a2
a4
Abb.3.10.1 Versuche mit der Rogowski-Spirale
Mit einem magnetischen Spannungsmesser wird das Feld einer Spule vermessen. Die folgende
Tabelle zeigt die ballistischen Ausschläge beim Ausschalten des Spulenfeldes:
a1
15 Skt
a2
0,5 Skt
a3
0,5 Skt
a4
15,5 Skt
K2
Der Tabelle entnimmt man, dass sich der Hauptteil des SpulenfelA
des im Spuleninneren befindet. Unter der Annahme eines homogenen Feldes im Spuleninneren folgt aus dem Ampèrschen DurchAbb.3.10.2
flutungsgesetz:
Zl
Z
Z
Z
I
~
~
~
~
B d~s = B d~s + B d~s ≈ B d~s ≈ B ds = B · l
µ0 n I =
K1 +K2
K1
K1
K2
C
K1
I
(3.10.1)
0
µ0 n I
l
(Feld im Spuleninneren für l ≫ R)
B≈
(3.10.2)
3.10.2 Die Ringspule (Toroid)
~ auf Kreisen um
Aus Symmetriegründen ist B = |B|
die Mittelachse des Toroids konstant. Mit der Windungszahl n folgt aus dem Durchflutungsgesetz:
I
~ d~s = 2 r π B = µ0 n I
B
(3.10.3)
K
ra
ri
K
µ0 n I
B=
2rπ
(im Inneren des Toroids)
r
(3.10.4)
~
B
d~s
Abb.3.10.3 Toroid
61
3 Elektrodynamik
3.10.3 Das Magnetfeld einer beliebigen Stromverteilung
~ ist das
Ein Leiter wird vom Strom I durchflossen. dB
vom Leiterelement d~s am Ort P erzeugte Magnetfeld,
~x ist der Vektor vom Leiterelement nach P. Nach der
~ senkrecht auf d~s und ~x,
Korkenzieherregel steht dB
d.h.
~ k d~s × ~x
dB
(3.10.5)
Vermutung:
dB ∼ ds und dB ∼
1
x2
d~s
Q
I
(3.10.6)
~
dB
~
x
Aus (3.10.5) und (3.10.6) folgt
P
Abb.3.10.4 Beliebiger Strom
d~s × ~x
(3.10.7)
x3
Um (3.10.7) zu bestätigen und den Wert der Proportionalitätskonstanten k zu bestimmen, berechnen wir mit (3.10.7) das
Feld eines unendlich langen geraden Leiters und vergleichen
das Ergebnis mit (3.9.13):
~ =k·
dB
|d~s × ~x| = ds · x · sin ϕ = r ds
~ =k·
dB = |dB|
I
~
dB
r
(3.10.8)
r ds
x sin ϕ ds
=k·
3
3
x
(r 2 + s2 ) 2
s
(3.10.9)
x
ϕ
d~s
Abb.3.10.5 Gerader Leiter
B =
+∞
Z
dB = k r ·
+∞
Z
ds
Beweis!
+∞
s
=
kr· √
r 2 r 2 + s2 −∞
=
3
2 + s2 ) 2
(r
−∞
−∞
+∞
s
1
2k
= 2 kr· √
· lim q
=
2
2
2
s→∞
r
r r +s 0
1+
(3.10.7) stimmt also für
k=
r2
s2
=
µ0 I
4π
2k
r
(3.9.13)
=
µ0 I
2rπ
(3.10.10)
(3.10.11)
d.h.
~ =
dB
µ0 I d~s × ~x
·
4π
x3
(3.10.12)
(Gesetz von Biot-Savart)
Fließt der Strom I entlang der Kurve K, dann ist das von diesem Strom im Punkt P erzeugte
−→
Magnetfeld (~x =QP, Q durchläuft die Kurve K, siehe Abb.3.10.4):
~ = µ0 I ·
B
4π
Z
K
62
d~s × ~x
x3
(3.10.13)
3 Elektrodynamik
3.11 Induktivität und magnetische Feldenergie
Durch eine Spule oder eine einzelne Leiterschleife fließt der Strom I. Nach dem Gesetz von
Biot-Savart (3.10.13) ist das von der Spule erzeugte Magnetfeld überall proportional zu I. Damit ist der gesamte magnetische Fluss Φges durch die Spule ebenfalls proportional zu I. Die
Proportionalitätskonstante L heißt Induktivität der Leiteranordnung:
L :=
Φges
I
(3.11.1)
Die Einheit der Induktivität wird nach dem US Physiker Joseph Henry (1797 - 1878) benannt:
[L] = 1
Vs
= 1 H = 1 Henry
A
(3.11.2)
Für eine langgestreckte Spule (Solenoid mit n Windungen, Länge l, Querschnittsfläche A) gilt:
Φges = n · A · B
(3.10.2)
=
nA·
L=
µ0 A n 2
µ0 n I
=
·I =L·I
l
l
(3.11.3)
µ0 A n 2
l
(3.11.4)
(Induktivität eines Solenoids ohne Eisenkern)
Wird der Strom durch die Spule größer, dann wird auch Φges
größer und nach der Lenz’schen Regel wird eine Spannung Ui
an den Spulenenden induziert, die der angelegten Spannung
Ue entgegenwirkt:
Ue
Ui
UR
A
Ui = −Φ̇ges
= −L · I˙
(3.11.5)
I
n
L
Die Gesamtspannung an der Spule ist dann
R
Ue
U = R · I = Ue + Ui = Ue − L · I˙
(3.11.6)
Abb.3.11.1
und für den Strom gilt die Differentialgleichung
R
Ue
I˙ + · I =
(3.11.7)
L
L
Die Lösung dieser Gleichung für eine konstante angelegte Spannung Ue lautet (Beweis!):
I(t) =
R
Ue
+ C · e− L ·t
R
Einschalten des Stromes zur Zeit Null liefert mit
0 f ür t < 0
Ue =
U f ür t ≧ 0
I(0) =
U
+C = 0
R
=⇒
C=−
U
R
(3.11.8)
Ue
U
(3.11.9)
t
(3.11.10)
U
R
I
t
Abb.3.11.2 Einschalten
63
3 Elektrodynamik
Für den Einschaltstrom gilt also
I(t) =
R
U
1 − e− L ·t
R
(3.11.11)
Ausschalten des Stromes zur Zeit Null liefert mit (3.11.8),
U f ür t < 0
(3.11.12)
Ue =
0 f ür t ≧ 0
R1
und der Anfangsbedingung I(0) = I0 :
L
R = R1 + R2
I
R2
Ue
·t
−R
L
(3.11.13)
I(t) = C · e
I(0) = C = I0
S
(3.11.14)
I0
Der Ausschaltstrom ist also
R
I(t) = I0 · e− L ·t
t
(3.11.15)
Abb.3.11.3 Ausschalten
Der Induktionsstrom (3.11.15) nach dem Ausschalten wird von der Induktionsspannung
Ui = −L · I˙ angetrieben. Die Leistung des Induktionsstromes ist somit
P = Ui · I = −L I˙ I = −L I
dI
dt
(3.11.16)
Die vom Induktionsstrom nach dem Ausschalten verrichtete Arbeit ist dann
W =
Z∞
0
P dt = −
Z∞
0
dI
dt = −L
LI
dt
Z0
I2
I dI = −L
2
I0
0
=
I0
L 2
·I
2 0
(3.11.17)
W kann nur vom Magnetfeld stammen, das von I0 erzeugt wurde. Im Magnetfeld einer Leiteranordnung der Induktivität L, die vom Strom I durchflossen wird, steckt also die Energie
Wm =
L 2
·I
2
(3.11.18)
Die Energie des Magnetfeldes einer langen Spule ist wegen (3.11.4) und (3.10.2)
Wm =
B2
L 2 1 µ0 n 2 A l 2 B 2
·I = ·
· 2 2 =
·V
2
2
l
2 µ0
n µ0
(3.11.19)
und damit gilt für die Energiedichte des Magnetfeldes:
wm =
d Wm
B2
1
=
= HB
dV
2 µ0
2
(3.11.20)
Die Energie eines Magnetfeldes im Volumen V ist
1
Wm =
2 µ0
Z
1
B dV =
2
2
V
Z
V
64
H B dV
(3.11.21)
3 Elektrodynamik
3.12 Netzwerke
Für jeden Zweig eines Netzwerkes wird ein Zählpfeil (Z.P.) festgelegt, der die positive Stromrichtung definiert. Ströme in Richtung des Zählpfeils sind also positiv, Ströme in entgegengesetzter
Richtung zum Zählpfeil negativ.
3.12.1 Stromquellen
Ue heißt Urspannung oder EMK (Elektro-MotorischeKraft) der Stromquelle.
Die Urspannung Ue ist positiv, wenn der von Ue außerhalb
der Stromquelle erzeugte Strom positiv ist.
Eine reale Stromquelle mit dem Innenwiderstand Ri denkt
man sich als Hintereinanderschaltung einer idealen Stromquelle mit dem Widerstand Ri .
Z.P.
Z.P.
Ue
−
+
Ue > 0
Ue
−
+
Ue < 0
ideale Stromquellen
Ri
Ue
reale Stromquelle
Abb.3.12.1 Stromquellen
3.12.2 Ohmsche Widerstände
Der Spannungsabfall an einem ohmschen Widerstand R, der vom Strom I durchflossen wird, ist
UR = R · I
(3.12.1)
Das Vorzeichen von UR ist gleich dem Vorzeichen von I.
Beispiel:
Reale Stromquelle und Verbraucher mit Widerstand R:
Ue ist gleich der Summe der Spannungsabfälle:
R
I
Z.P.
Ue = I · R + I · Ri
UR = I · R = U e ·
R
R + Ri
Ri
Ue
+
(Klemmspannung)
Abb.3.12.2
derstände
−
Ohmsche
Wi-
3.12.3 Kapazitäten
Q ist die Ladung auf der vom Zählpfeil zuerst getroffenen
Platte.
Der Spannungsabfall am Kondensator ist
Q
UC =
C
(3.12.2)
mit I = Q̇
Q>0
+
Q<0
−
−
Z.P.
Z.P.
UC > 0
UC < 0
Abb.3.12.3 Kapazitäten
Das Vorzeichen von UC ist gleich dem Vorzeichen von Q.
65
+
3 Elektrodynamik
3.12.4 Induktivitäten
UL ist der Teil der EMK, der an der Spule liegt (Spannungsabfall an der Spule). Die Gesamtspannung an der Spule ist
RL
L
I
RL · I = UL + Uind = UL − L · I˙
UL = RL · I + L · I˙
Z.P.
Abb.3.12.4 Induktivitäten
(3.12.3)
3.12.5 Maschenregel und Knotenregel
Eine Masche ist eine geschlossene Leiterschleife in einem Netzwerk. Der Maschenpfeil legt einen
Umlaufsinn der Masche fest.
In einer Masche ist die Summe aller Spannungsabfälle gleich der Summe aller EMK’s. Dabei erhalten Spannungen, deren Zählpfeil zum Maschenpfeil entgegengesetzt ist, ein zusätzliches Minuszeichen. (Kirchhoff ’sche
Maschenregel)
Z.P.
RL1
I2
L1
RL2
Q1
R1
Z.P.
I4
Z.P.
I1
Ein Knoten ist ein Verzweigungspunkt im
Netzwerk.
Q2
R2
Z.P.
Ue1
C1
C2
L2 Z.P.
I5
Maschenpfeil
Ue3
Ue2
Z.P. I3
R3
Z.P.
Abb.3.12.5 Beispiel
Die Summe aller in einen Knoten hineinfließenden Ströme ist Null. Dabei werden
Ströme, deren Zählpfeil vom Knoten wegzeigt, mit einem zusätzlichen Minuszeichen
versehen. (Kirchhoff ’sche Knotenregel)
Maschengleichungen mit Kapazitäten werden durch Differenzieren in Gleichungen verwandelt,
die als Unbekannte nur noch Ströme enthalten (Q̇ = I, die Urspannungen sind bekannte Funktionen der Zeit).
Zum Beispiel gilt in Abb.3.12.5 (alle Maschenpfeile im Uhrzeigersinn):
d
Q1
˙
(3.12.4)
= Ue1 + Ue3 R1 I1 + RL1 I1 + L1 I1 +
C1
dt
I4
= U̇e1 + U̇e3
(3.12.5)
R1 I˙1 + RL1 I˙1 + L1 I¨1 +
C1
d
Q1
R3 I3 + RL2 I5 + L2 I˙5 −
= Ue2 − Ue3 (3.12.6)
C1
dt
I4
= U̇e2 − U̇e3
(3.12.7)
R3 I˙3 + RL2 I˙5 + L2 I¨5 −
C1
I1 − I2 − I4 − I5 = 0
(3.12.8)
I4 − I1 + I3 = 0 u.s.w.
(3.12.9)
Insgesamt muss man genausoviele unabhängige Gleichungen finden wie unbekannte Ströme vorhanden sind. Die Lösung dieses Differentialgleichssystems kann ganz schön kompliziert sein.
66
3 Elektrodynamik
3.13 Die Maxwell’schen Gleichungen
Die bisher gefundenen Grundgesetze der Elektrodynamik sind der Gauß’sche Satz für elektrische
und magnetische Felder, das Induktionsgesetz und das Durchflutungsgesetz:
Z
Z
~ d~a = Q = 1
E
̺ dV
(3.13.1)
ε0
ε0
A
V
Z
~ d~a = 0
B
(3.13.2)
A
I
Z
∂
~
~ d~a
E d~s = −Φ̇ = −
B
∂t
K
ZA
I
~ d~s = µ0 I = µ0 ~j d~a
B
(3.13.3)
(3.13.4)
A
K
Der Inhalt des Induktionsgesetzes (3.13.3) besagt, dass ein sich änderndes Magnetfeld von
einem elektrischen Feld umgeben ist. Es findet sich aber nichts Gleichwertiges für ein sich
änderndes elektrisches Feld in den bisherigen
Gesetzen. J.C. Maxwell gefiel diese Asymmetrie
nicht und er forderte die Existenz eines Feldes
~′ = B
~ in einer Anordnung wie in Abb.3.13.1.
B
Q
~
E
A
I
~
B
I
~
B
~′
B
Abb.3.13.1 Maxwells Überlegung
Das Feld im Kondensator ist
E=
Q
=⇒ Q = ε0 A E =⇒ I = Q̇ = ε0 A Ė
ε0 A
I
Z
∂
~
~ d~a
B d~s = µ0 I = ε0 µ0 A Ė = ε0 µ0
E
∂t
K
(3.13.5)
(3.13.6)
A
~
~ umgeben, das (3.13.6) erfüllt.
Ein elektrisches Feld E(t)
ist also von einem Magnetfeld B
Zusammenfassend lauten die Grundgleichungen des elektromagnetischen Feldes:
Z
A
Z
~ d~a =
E
Q
1
=
ε0
ε0
Z
K
I
(3.13.7)
V
~ d~a = 0
B
(3.13.8)
A
I
̺ dV
~ d~s = −Φ̇ = − ∂
E
∂t
Z
~ d~a
B
A
~ d~s = µ0 I = ε0 µ0 ∂
B
∂t
K
Z
A
~ d~a + µ0
E
(3.13.9)
Z
~j d~a
(3.13.10)
A
Maxwell’sche Gleichungen, 1873
In den Maxwellgleichungen steckt die gesamte Elektrodynamik und damit auch die Optik!!
67
3 Elektrodynamik
Die Maxwell’schen Gleichungen können auch in Differentialform geschrieben werden (ohne Beweis):
̺
ε0
~
div B = 0
~ =
div E
Dabei ist
und
(3.13.11)
(3.13.12)
~
~ = − ∂B
rot E
∂t
(3.13.13)
~
~ = ε0 µ0 ∂ E + µ0 ~j
rot B
∂t
(3.13.14)
 ∂     ∂Az

Ax
Ax
∂y −
∂x

∂
∂A
rot Ay  :=  ∂y  × Ay  =  ∂zx −
∂Ay
∂
Az
Az
∂z
∂x −



Ax
∂Ax ∂Ay
∂Az
div Ay  :=
+
+
∂x
∂y
∂z
Az

∂Ay
∂z
∂Az 
∂x 
∂Ax
∂y
(3.13.15)
(3.13.16)
Im Vakuum (̺ = 0 und ~j = ~0) lauten die Maxwellgleichungen:
~ = 0
div E
~ = 0
div B
~ = −
rot E
(3.13.17)
(3.13.18)
~
∂B
∂t
(3.13.19)
~
~ = ε0 µ0 ∂ E
rot B
∂t
(3.13.20)
2~
~
~ = −ε0 µ0 ∂ E
~ = −rot ∂ B = − ∂ rot B
rot rot E
∂t
∂t
∂t2
(3.13.21)
Aus (3.13.19) und (3.13.20) folgt
Andererseits folgt aus den Definitionen von rot und div und aus (3.13.17)


  ∂ 2 Ey
2
2E
2
∂Ey
z
∂Ez
− ∂∂yE2x − ∂∂zE2x + ∂∂x∂z
−
∂x∂y
∂y
∂z

 2
∂Ez 
x
~ = rot 
 ∂ Ez − ∂ 2 E2y − ∂ 2 E2y + ∂ 2 Ex  =
rot rot E
=
−
 ∂E

∂z
∂x
 ∂y∂z
∂y∂x 
∂z
∂x
∂Ey
∂Ex
∂ 2 Ey
∂ 2 Ez
∂ 2 Ex
∂ 2 Ez
−
+
−
∂x − ∂y
∂z∂x
∂z∂y
∂x2
∂y 2
 ∂Ey

2
2
∂Ez
∂
− ∂∂yE2x − ∂∂zE2x
∂x
∂y + ∂z
~
~
~


∂2E
∂2E
∂2E
∂ 2 Ey 
∂ 2 Ey
∂Ex
∂Ez
∂
= 
 ∂y ∂x + ∂z − ∂x2 − ∂z 2  = − ∂x2 − ∂y 2 − ∂z 2 (3.13.22)
2
2
∂Ey
∂Ex
∂
− ∂∂xE2z − ∂∂yE2z
∂z
∂x + ∂y
Aus (3.13.21) und (3.13.22) folgt die sogenannte Wellengleichung im Vakuum:
~
~
~
~
∂2E
∂2E
∂2E
∂2E
+
+
=
ε
µ
0
0
∂x2
∂y 2
∂z 2
∂t2
68
(3.13.23)
4 Elektromagnetische Schwingungen und
Wellen
4.1 Wechselströme
Rotierende Spulen in einem homogenen Magnetfeld erzeugen eine sinusförmige Wechselspannung
U (t) = U0 · sin ωt
(4.1.1)
U0
T
T
2
mit der Scheitelspannung U0 , der Schwingungsdauer T und der Frequenz f :
T =
2π
ω
,
U
t
−U0
Abb.4.1.1 U = U0 sin ωt
f=
1
ω
=
T
2π
(4.1.2)
Die Frequenz unserer Netzspannung ist f = 50 Hz.
Liegt an einem Ohm’schen Widerstand R die Wechselspannung U = U0 ·sin ωt, dann fließt durch
R der Wechselstrom
I(t) =
U
= I0 · sin ωt mit dem Scheitelstrom
R
I0 =
U0
R
(4.1.3)
Die Momentane Leistung eines Wechselstromes ist
P (t) = U (t) · I(t) = U0 I0 · sin2 ωt = R I02 · sin2 ωt =
U02
· sin2 ωt
R
(4.1.4)
Die mittlere Leistung ist gleich der Gesamtenergie in der Zeit T geteilt durch T :
P
=
=
=
1
·
T
ZT
0
P (t) dt =
I 0 U0
·
T
ZT
P
U0 I 0
sin2 ωt dt =
0
1
I0 U0 1
·
sin 2ωt
t−
T
2
2ω
I0 U0
2
T
=
T
2
0
P =
(4.1.5)
T
t
Abb.4.1.2 P = U0 I0 sin2 ωt
1
1
1 U2
I0 U0 = R I02 = · 0
2
2
2 R
(4.1.6)
Ug2
Eine Gleichspannung Ug an einem Widerstand R setzt in R die Leistung Pg =
um. Eine
R
gedachte Gleichspannung Ueff , die in R die gleiche Leistung umsetzt wie eine Wechselspannung
U = U0 · sin ωt, heißt effektive Spannung von U :
2
Ueff
1 U2
=P = · 0
R
2 R
=⇒
69
U0
Ueff = √
2
(4.1.7)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Ein Gleichstrom Ig durch einen Widerstand R setzt in R die Leistung Pg = R · Ig2 um. Ein
gedachter Gleichstrom Ieff , der in R die gleiche Leistung umsetzt wie ein Wechselstrom I =
I0 · sin ωt, heißt effektiver Strom von I:
2
R · Ieff
=P =
1
· R I02
2
=⇒
I0
Ieff = √
2
(4.1.8)
Aus (4.1.6), (4.1.7) und (4.1.8) folgt
P = Ueff · Ieff
(4.1.9)
Unsere Netzspannung mit Ueff = 230 V hat die Scheitelspannung U0 = 230 V ·
√
2 ≈ 325 V.
4.2 Kondensatoren und Spulen im Wechselstromkreis
4.2.1 Ideale Kapazität (kein Ohm’scher Widerstand)
An einen Kondensator mit der Kapazität C wird die Wechselspannung Ue (t) = U0 · sin ωt gelegt. Aus der Maschenregel
folgt UC = Ue und damit
Q
C
I
Q
= U0 · sin ωt
C
(4.2.1)
~
Differenzieren ergibt
Ue
Q̇
= U0 ω · cos ωt
C
(4.2.2)
Abb.4.2.1 Ue = U0 sin ωt
und damit
Mit cos x = sin x +
π
2
I = Q̇ = C U0 ω · cos ωt
(4.2.3)
folgt dann
UC
I
= Ue = U0 · sin ωt
π
= I0 · sin ωt +
2
(4.2.4)
mit I0 = ω C U0
Der Quotient ZC aus der Effektivspannung an C und dem Effektivstrom durch C heißt Wechselstromwiderstand oder Impedanz des Kondensators:
ZC =
UC eff
=
Ieff
U0
√
2
I0
√
2
=
U0
1
=
I0
ωC
(4.2.5)
y
U
I
UC = Ue
I~
I
~C
U
I
UC
ωt
T
t
Abb.4.2.2 tU -, tI- und Zeigerdiagramm
70
x
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Die Phasenverschiebung zwischen UC (t) und I(t) ist π2 , d.h. der Strom eilt der Spannung um
π
2 voraus. Sehr schön sieht man die Phasenverschiebung im
Zeigerdiagramm:
Einer sinusförmig von der Zeit abhängigen Größe A(t) = A0 · sin ωt wird
ein Vektor (Zeiger) zugeordnet, dessen Betrag gleich dem Scheitelwert
A0 der Größe ist. Dieser Vektor rotiert mit der Winkelgeschwindigkeit
ω im Gegenuhrzeigersinn um den Ursprung eines xy-Systems. Die yKoordinate dieses Vektors ist dann genau unsere Größe A(t).
Den großen Vorteil von Zeigerdiagrammen sieht man im nächsten Abschnitt:
4.2.2 Reale Kapazität (mit Ohm’schem Widerstand)
Wir behandeln die Reihenschaltung
von Ohm’schem Widerstand und Kondensator unter der Annahme, dass neben Ue auch UC und I sinusförmige Größen sind. Diese Annahme ist
durch Aufstellen und Lösen der Differentialgleichungen exakt beweisbar
(MAPLE!). Damit sind die Größen Ue ,
UC und UR = R · I als Zeiger darstellbar. Aus dem letzten Abschnitt wissen
ω
Q
R
C
I
~e
U
R I~
~
U0
ϕR
ϕC
Ue
UC0
~C
U
Abb.4.2.3 RC-Kreis
~ R = R · I~ senkrecht auf U
~ C steht. Aus (4.2.4) folgt mit UC0 statt
wir, dass I~ und damit auch U
U0
I0 = ω C UC0 oder UR0 = ω R C UC0
(4.2.6)
Aus der Maschenregel folgt
Ue = UR + UC
(4.2.7)
Da sich Vektoren komponentenweise addieren, ist (4.2.7) sicher erfüllt, wenn
~e = U
~R + U
~C
U
(4.2.8)
gilt (siehe Abb.4.2.3). Mit dem Pythagoras ergibt sich dann
2
2
ω 2 R2 C 2 UC0
+ UC0
= U02
(4.2.9)
Zusammenfassend erhält man
UC = UC0 · sin(ωt + ϕC )
UC0 = √
U0
1 + ω 2 R2 C 2
mit
(4.2.10)
und
tan ϕC = −ω R C
sowie
I = I0 · sin(ωt + ϕR ) mit
I0 = √
ω C U0
1 + ω 2 R2 C 2
und
1
tan ϕR =
ωRC
Die Impedanz der RC-Schaltung ist
r
r
1
1
Ue eff
U0
1 p
ZRC =
=
· 1 + ω 2 R2 C 2
= R2 + 2 2 = R · 1 + 2 2 2 =
Ieff
I0
ω C
ω R C
ωC
und es gilt
lim ZRC = ∞ b.z.w.
lim ZRC = R
ω→∞
ω→0
71
(4.2.11)
(4.2.12)
(4.2.13)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.2.3 Ideale Spule (kein Ohm’scher Widerstand)
An eine Spule mit der Induktivität L wird die Wechselspannung Ue (t) = U0 · sin ωt gelegt. Aus der Maschenregel folgt
UL = Ue und damit
L · I˙ = U0 · sin ωt
L
I
∼
(4.2.14)
Ue
Integrieren ergibt
Abb.4.2.4 Ue = U0 sin ωt
U0
I=
L
und damit
Z
sin ωt dt = −
U0
· cos ωt
Lω
(4.2.15)
U I
UL = Ue
I
UL = Ue = U0 · sin ωt
π
I = I0 · sin ωt −
2
mit
Der Strom eilt der Spannung um π2 hinterher.
Die Impedanz der idealen Spule ist
ZL =
t
T
(4.2.16)
U0
I0 =
Lω
UL = Ue
U0
UL eff
=
= Lω
Ieff
I0
ω
(4.2.17)
I
Abb.4.2.5 ideale Spule
4.2.4 Reale Spule (mit Ohm’schem Widerstand)
Wir behandeln die Reihenschaltung
von Ohm’schem Widerstand und Spule
wieder unter der Annahme, dass neben
Ue auch UL und I sinusförmige Größen
sind. Diese Annahme ist durch Aufstellen und Lösen der Differentialgleichungen exakt beweisbar (MAPLE!). Damit
sind die Größen Ue , UL und UR = R · I
als Zeiger darstellbar. Aus dem letzten
Abschnitt wissen wir, dass I~ und damit
L
R
~L
U
ϕL
UL0
ϕR
I
~
Ue
U0
R I~
~e
U
ω
Abb.4.2.6 RL-Kreis
~ R = R · I~ senkrecht auf U
~ L steht. Aus (4.2.16) folgt mit UL0 statt U0
auch U
I0 =
Aus der Maschenregel folgt
UL 0
ωL
oder UR0 =
UL0 · R
ωL
~e = U
~R + U
~L
U
(4.2.18)
(4.2.19)
Mit dem Pythagoras ergibt sich dann (siehe Abb.4.2.6)
2 R2
UL0
2
+ UL0
= U02
ω 2 L2
72
(4.2.20)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Zusammenfassend erhält man
UL = UL0 · sin(ωt + ϕL ) mit
U0
UL0 = q
2
1 + ωR
2 L2
und
tan ϕL =
(4.2.21)
R
ωL
sowie
I = I0 · sin(ωt + ϕR ) mit
I0 = √
U0
R 2 + ω 2 L2
und
tan ϕR = −
(4.2.22)
ωL
R
Die Impedanz der RL-Schaltung ist
ZRL =
U0 p 2
Ue eff
=
= R + ω 2 L2
Ieff
I0
(4.2.23)
4.3 Der elektrische Schwingkreis
4.3.1 Der ideale Schwingkreis (kein Ohm’scher Widerstand)
Der ideale Schwingkreis besteht aus einem Kondensator mit
der Kapazität C und einer Spule mit der Induktivität L,
der Ohm’sche Widerstand der Schaltung ist Null. Aus der
Maschenregel folgt UL + UC = 0 und damit
Q
=0
L I˙ +
C
(4.3.1)
L
I
C
Differenzieren und Division durch L ergibt
1
·I =0
I¨ +
LC
oder
I¨ + ω · I = 0 mit
2
ω=
r
(4.3.2)
Abb.4.3.1 Schwingkreis
1
LC
(4.3.3)
Wir betrachten ein Beispiel aus der Mechanik:
Eine Masse m bewegt sich reibungsfrei unter dem Einfluss
einer Federkraft F = −D · x. Nach Newton2 gilt
m · ẍ = −D · x
oder
ẍ + ω 2 · x = 0 mit
ω=
m
x
0
F
(4.3.4)
r
m
0
D
m
(4.3.5)
x
x
Abb.4.3.2 Feder
(4.3.3) und (4.3.5) genügen derselben Differentialgleichung
ÿ + ω 2 · y = 0
( Schwingungsgleichung )
73
(4.3.6)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
wobei einmal I und einmal x den Platz von y einnimmt.
Die allgemeine Lösung der Schwingungsgleichung ist
y(t) = A · sin(ωt + ϕ)
(4.3.7)
mit der Amplitude A, der Kreisfrequenz ω und der Phase ϕ.
Zum Beweis setzen wir (4.3.7) in (4.3.6) ein:
d2
sin(ωt + ϕ) + ω 2 · A sin(ωt + ϕ) =
dt2
d
= A·
(ω cos(ωt + ϕ)) + ω 2 · A sin(ωt + ϕ) =
dt
= Aω · (−ω sin(ωt + ϕ)) + ω 2 · A sin(ωt + ϕ) = 0
ÿ + ω 2 · y = A ·
q.e.d.
Der Schwingungsdauer T entspricht eine volle Periode der Schwingung, d.h. ω T = 2 π:
T =
2π
ω
f=
Die allgemeine Lösung (4.3.7) der Schwingungsgleichung schreibt man um, damit man
die Bedeutung der Phase ϕ erkennt:
h ϕ i
y(t) = A · sin ω t +
ω
h i
ϕ
= A · sin ω t +
·T
2π
(4.3.9)
ω
1
=
(Frequenz)
T
2π
(4.3.8)
T
A
ωT = 2π
−ϕ
ω
t
−A
Abb.4.3.3 y(t) = A · sin(ωt + ϕ)
Die Kreisfrequenz ω ist durch die Schwingungsgleichung eindeutig vorgegeben, die Amplitude A
und die Phase ϕ sind erst durch zwei Anfangsbedingungen festgelegt. Als Anfangsbedingungen
wählt man oft die Werte von y und ẏ zur Zeit Null:
y(0) = A · sin ϕ = y0
und ẏ(0) = A ω · cos ϕ = b0
(4.3.10)
Durch Addieren der Quadrate beider Gleichungen bzw. durch Division der Gleichungen erhält
man
r
ω y0
b2
(4.3.11)
A = y02 + 02 bzw. tan ϕ =
ω
b0
Kehren wir zu unserem Schwingkreis zurück. Wir suchen die Lösung von (4.3.3) mit I(0) = 0
und UC (0) = U0 :
I(t) = I0 · sin(ωt + ϕ)
(4.3.12)
I(0) = I0 · sin ϕ = 0
=⇒
ϕ = 0 (einfachste Lösung)
(4.3.13)
Wegen UC + UL = 0 und damit L I˙ = −UC liefert die zweite Anfangsbedingung
U0
˙
I(0)
= I0 ω · cos 0 = I0 ω = −
L
und somit
U0
I0 = −
= −U0 ω C = −U0 ·
Lω
Die endgültige Lösung lautet also
I(t) = I0 · sin ωt
74
r
(4.3.14)
C
L
(4.3.15)
(4.3.16)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
und
UC (t) = −L · I˙ = −L I0 ω cos ωt = U0 cos ωt
(4.3.17)
Für die Schwingungsdauer und die Frequenz des LC-Kreises erhält man aus (4.3.3) und (4.3.8)
T = 2π
√
LC
und f =
1
√
2π LC
(4.3.18)
Die Frequenz f nennt man aus später ersichtlichen Gründen auch Resonanzfrequenz oder
Eigenfrequenz.
Für die Gesamtenergie der Schwingung gilt wegen (4.3.15)
C 2 L 2 C U02
L I02
UC + I =
cos2 ωt +
sin2 ωt
2
2
2
2
1
1
C U02
· (cos2 ωt + sin2 ωt) = C U02 = L I02 = konst.
2
2
2
Wges = WC + WL =
=
(4.3.19)
4.3.2 Der reale Schwingkreis (R 6= 0)
Der reale Schwingkreis besteht aus einem Kondensator mit
der Kapazität C, einer Spule mit der Induktivität L und
einem Ohm’schen Widerstand R. Aus der Maschenregel folgt
UL + UR + UC = 0 und damit
Q
=0
L I˙ + R I +
C
R
I
C
(4.3.20)
Differenzieren und Division durch L ergibt
Abb.4.3.4 LCR-Kreis
R
1
I¨ + · I˙ +
·I =0
L
LC
(4.3.21)
oder
I¨ + 2 q · I˙ +
ω02
·I =0
R
mit q =
2L
Die allgemeine
Lösung von (4.3.22) für
q
L
(schwache Dämpfung) lautet
R<2 C
−q t
I(t) = I0 · e
mit
ω=
q
· sin(ωt + ϕ)
ω02 − q 2
1
LC
(4.3.22)
2
(4.3.23)
1
0
(4.3.24)
10
20
t
30
40
50
-1
-2
Wegen | sin(ωt + ϕ)| ≦ 1 gilt
|I(t)| ≦ |I0 · e
und ω0 =
r
3
(Beweis durch Einsetzen!)
−q t
L
|
-3
(4.3.25)
Die beiden Funktionen E1 (t) = I0 · e−q t
Abb.4.3.5 gedämpfte Schwingung
und E2 (t) = −I0 · e−q t nennt man die Einhüllenden von I(t).
Die Konstanten I0 und ϕ sind wieder durch zwei Anfangsbedingungen festgelegt. Wir betrachten
als Beispiel die Lösung mit
I(0) = 0 und UC (0) = UC0
(4.3.26)
75
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Aus der ersten Bedingung folgt ϕ = 0 und damit
und
Aus
I(t) = I0 · e−q t · sin(ωt)
(4.3.27)
˙ = I0 · e−q t · [−q sin(ωt) + ω cos ωt]
I(t)
(4.3.28)
˙
UC (0) + UL (0) + UR (0) = UC0 + L I(0)
+ R I(0) = 0
(4.3.29)
folgt nach kurzer Rechnung (Aufgabe!)
UC0
I(t) = − q
L L1C −
R2
4 L2
·
R
e− 2 L
t · sin
r
1
R2
−
·t
LC
4 L2
!
(4.3.30)
4.4 Resonanz
Wir betrachten ein gedämpftes schwingungsfähiges System
unter dem Einfluss einer periodischen Anregung. Ein Beispiel dazu ist ein Schwingkreis, der in Reihe mit einer sinusförmigen EMK Ue = U0 sin ωt liegt (Serienschwingkreis,
siehe Abb.4.4.1). Mit der Maschenregel folgt
L I˙ + R I +
R
L
I
C
Ue
Q
= U0 sin ωt
C
(4.4.1)
Abb.4.4.1 Schwingkreis
oder nach dem Differenzieren
U0 ω
1
R
I=
cos ωt
I¨ + I˙ +
L
LC
L
(4.4.2)
Ein anderes Beispiel ist eine Masse m an einer Feder der Richtgröße D mit der Reibungskraft
R = −α v und einer von außen auf m wirkenden Kraft Fa = F0 · cos ωt:
m ẍ = −D x − α ẋ + F0 cos ωt
(4.4.3)
oder
α
D
F0
ẋ + x =
cos ωt
m
m
m
Die Gleichungen (4.4.2) und (4.4.4) haben dieselbe Form
ẍ +
(4.4.4)
ÿ + p ẏ + q y = f0 cos ωt
mit
p=
R
L
,
q=
(4.4.5)
1
LC
und f0 =
U0 ω
L
(4.4.6)
D
m
und f0 =
F0
m
(4.4.7)
für den Serienschwingkreis und
p=
α
m
,
q=
für die schwingende Masse.
Wir wählen den Zeitnullpunkt so, dass y(0) = 0 gilt. Die Lösung von (4.4.5) mit den Anfangsbedingungen
y(0) = 0
;
ẏ(0) = b
(4.4.8)
läßt sich in der Form (Genaueres siehe MAPLE-Blatt!):
y(t) = y1 (t) + y2 (t)
76
(4.4.9)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
darstellen mit
y1 (t) = p
und
f0 cos(ωt + ϕ)
(4.4.10)
(ω 2 − ω02 )2 + p2 ω 2
p
y2 (t) = B(ω, p, q, f0 , b) · cos(ω1 t + ψ) · e− 2 t
(4.4.11)
Die Kreisfrequenzen sind
ω0 =
√
q
und
ω1 =
r
p2
=
q−
4
r
ω02 −
p2
,
4
(4.4.12)
die Phase in (4.4.10) genügt der Gleichung
tan ϕ = −
ωp
− ω2
Nach einer Einschwingzeit, die genügend groß gegen
gleich Null und die Lösung lautet
y(t) = A · cos(ωt + ϕ)
(4.4.13)
ω02
2
p
ist, ist der Einschwingterm y2 praktisch
(4.4.14)
6
mit der von ω abhängigen Amplitude
5
A(ω) = p
f0
(ω 2
−
ω02 )2
+ p2 ω 2
(4.4.15)
4
3
Nach dem Einschwingvorgang schwingt das System also mit der Erregerfrequenz ω. Die genaue Lage ω ∗ des Maximums der Resonanzkurve
A(ω) hängt davon ab, ob f0 noch ω enthält (wie
beim Serienschwingkreis) oder nicht (wie bei der
schwingenden Masse).
2
1
0
2000
4000
6000
ω 8000
10000 12000 14000
Abb.4.4.2 Resonanzkurve
Nach kurzer Rechnung (Übung!) erhält man für die Resonanzfrequenz des Serienschwingkreises
ω∗ = √
und für die schwingende Masse
1
= ω0
LC
r
(4.4.16)
α2
D
−
(4.4.17)
m 2 m2
Ist die Amplitude A(ω) der Schwingung groß, d.h. liegt ω nahe bei der Resonanzfrequenz ω ∗ ,
dann sagt man, es tritt Resonanz auf“ oder das System befindet sich in Resonanz“.
”
”
In komplexeren Systemen (z.B. mehrere durch Federn verbundene Massen, gekoppelte elektrische Schwingkreise, Festkörper wie Musikinstrumente oder Gebäude) gibt es mehrere Resonanzfrequenzen. Die Resonanzkurve A(ω) (siehe Abb.4.4.3) nennt man auch das Spektrum der
Resonanz.
Viele physikalische Geräte und Effekte beruhen auf der Resonanz, wie Empfänger von elektromagnetischen Wellen (Radio, Fernsehen), Emission und Absorption von Licht, Musikinstrumente
und raffiniert konstruierte Messinstrumente (Mößbauereffekt, Kernspintomografie u.s.w.).
∗
ω =
77
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Unerwünschte Resonanzeffekte sind z.B.
Schwingungen von Hochhäusern und Brücken,
die bis zum Einsturz führen können (Resonanzkatastrophe, Soldaten sollen nicht im
Gleichschritt über eine Brücke marschieren).
Es wird auch von Motoradunfällen, bedingt
durch Resonanz an äquidistanten Bodenwellen, berichtet. Epileptische Anfälle können, resonanzbedingt, durch periodische optische oder
akustische Reize ausgelöst werden.
A
ω1
ω2
ω3
ω
ω4
Abb.4.4.3 Resonanzkurve
4.5 Die Dreipunktschaltung
Ein Verstärker ist eine steuerbare Spannungsquelle; die Ausgangsspannung Ue ist
zur Eingangsspannung U1 proportional:
Ue = A · U1
(4.5.1)
A heißt Verstärkungsfaktor oder kurz
Verstärkung. Der Eingangswiderstand
RE eines modernen Verstärkers ist sehr
hoch (einige GΩ und höher), d.h. der
Strom durch RE ist fast Null und die Steu-
Ri
RE
Ue
U1
Verstärker
Energieversorgung
Abb.4.5.1 Verstärker
erung des Verstärkers erfolgt praktisch leistungsfrei.
Um eine ungedämpfte elektrische Schwingung zu erzeugen, wird ein Teil der Spannung eines Schwingkreises abgezapft, verstärkt und dem Schwingkreis wieder
zugeführt (Rückkopplung). Als Beispiel betrachten
wir die sogenannte Dreipunktschaltung (I1 ≈ 0,
RC ≈ 0):
(4.5.2)
U1 = k · UL = k · R IL + L I˙L
Ue = A · U1 = A k · R IL + L I˙L
Ri
I1
Ue
U1
RC
L
R
IL
(4.5.3)
C
IC
I
Abb.4.5.2 Dreipunktschaltung
Aus der Maschenregel folgt einmal
d.h.
Ri · I + UL = Ri (IL + IC ) + UL = Ue
(4.5.4)
Ri · (IL + IC ) + L I˙L + R IL = A k · R IL + L I˙L
(4.5.5)
und zum anderen UL = UC =
Q
C
und damit U̇L = U̇C :
L I¨L + R I˙L =
78
IC
C
(4.5.6)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
(4.5.5) wird nach IC aufgelöst und das Ergebnis in (4.5.6) eingesetzt:
R Ak − 1 ˙
R + Ri − A k R
¨
IL +
IL +
−
· IL = 0
L
C Ri
L C Ri
(4.5.7)
(4.5.7) ist die Gleichung einer freien Schwingung, wenn der Koeffizient von I˙L gleich Null ist,
d.h. für
Ri R C
Ak = 1 +
(4.5.8)
L
In diesem Fall ist die Kreisfrequenz der Schwingung
r
r
R2 C
R + Ri − A k R (4.5.8)
1
· 1−
ω=
(4.5.9)
= √
C Ri
L
LC
Das Problem des exakten Einstellens von A, der Fall einer realistischen Verstärkerkennlinie und
ausführliche Beispiele werden mit MAPLE untersucht.
4.6 Die Wellengleichung
Ist u(x, t) die Auslenkung einer Saite aus
der Ruhelage, ρl die Masse der Saite pro
Länge und S die Spannkraft, dann gilt die
Gleichung
u
S
x
∂2u
∂x2
=
∂2u
ρ
·
S ∂t2
(4.6.1)
Abb.4.6.1 Schwingende Saite
Allgemein heißt eine Gleichung der Form
1 ∂2u
∂2u
=
·
∂x2
c2 ∂t2
u′′ =
oder
1
· ü
c2
(4.6.2)
(eindimensionale) Wellengleichung. Die allgemeinste Lösung von (4.6.2) ist
u(x, t) = f (x − c t) + g(x + c t) ,
(4.6.3)
wobei f und g beliebige zweimal differenzierbare Funktionen sind (Beweis als Aufgabe!).
f (x − c t) ist die um c t nach rechts verschobene Funktion f (x), d.h. f (x − c t)
beschreibt einen Zustand, der sich mit
der Geschwindigkeit c nach rechts bewegt (Welle nach rechts!). Genauso beschreibt g(x + c t) eine Welle nach links!
Für die Wellengeschwindigkeit auf einer
Saite bzw. auf einem Seil erhält man aus
(4.6.1) und (4.6.2)
u
ct
t=0
0
t
x
Abb.4.6.2 Welle nach rechts
c=
s
S
ρ
(4.6.4)
Die allgemeinste Lösung der Wellengleichung ist also durch die Überlagerung von zwei gegenläufigen Wellen gegeben. Um die konkrete Lösung von (4.6.2) für eine eindeutig festgelegte physikalische Gegebenheit zu finden, müssen noch zusätzliche Informationen, die sogenannten Anfangsund Nebenbedingungen, gegeben sein. Uns interessieren zwei Spezialfälle, nämlich die von
einem Sender ausgehende fortlaufende Welle und die stehende Welle.
79
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.6.1 Die fortlaufende Welle
Die Wirkung des Senders, der sich bei x = 0 befinden soll, beschreiben wir durch die Senderfunktion
u(0, t) = s(t)
(4.6.5)
Für x > 0 läuft die vom Sender ausgehende Welle nach rechts, wenn sie auf kein Hindernis trifft
und somit nicht reflektiert wird. Daher können wir in diesem Fall g(x + c t) = 0 setzen:
u(x, t) = f (x − c t)
(4.6.6)
Da sich die Welle mit der Geschwindigkeit c ausbreitet, ist u am Ort x zur Zeit t genauso groß
wie am Ort 0 zur Zeit t − xc , d.h.
x
(4.6.7)
u(x, t) = s t −
c
Die Formfunktion f der vom Sender ausgehenden Welle erhält man wie folgt:
ct − x
x
=s
(4.6.8)
f (x − c t) = u(x, t) = s t −
c
c
Mit der Substitution ξ = x − c t folgt
f (ξ) = s
−ξ
c
(4.6.9)
In den meisten Anwendungsfällen schwingt der Sender harmonisch:
s(t) = −A · sin ωt
(4.6.10)
Mit (4.6.7) folgt dann
ω(c t − x)
x
= −A · sin
(4.6.11)
u(x, t) = s t −
c
c
λ
u
t=0
x0
x
oder
u(x, t) = A · sin (k (x − c t)) = A · sin(k x − ωt)
(4.6.12)
mit der Wellenzahl
k=
ω
c
(4.6.13)
(4.6.12) beschreibt diejenige Funktion, die zur Zeit
t = 0 durch A sin ωt gegeben ist und sich mit der
Geschwindigkeit c nach rechts bewegt.
Die räumliche Periodenlänge λ von u(x, t) heißt
Wellenlänge:
2π
λ=
(4.6.14)
k
u
c
t=
T
4
x
u
t=
T
2
x
u
t=
3T
4
x
Abb.4.6.3 Momentaufnahmen
An einem festen Ort x0 (d.h. x = x0 =konst.) beschreibt (4.6.12) eine harmonische Schwingung
mit der Frequenz
ω
f=
(4.6.15)
2π
80
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
und der Schwingungsdauer
T =
1
2π
=
f
ω
(4.6.16)
Aus (4.6.13), (4.6.14) und (4.6.15) folgt
ω
=c
k
und
λ·f =c
(4.6.17)
4.6.2 Stehende Wellen
Genügt eine physikalische Größe u der Wellengleichung (4.6.2) und sind die Nebenbedingungen
u(0, t) = 0
und u(a, t) = 0
∀t
(4.6.18)
erfüllt (z.B. eine bei x = 0 und x = a eingespannte Saite), dann ist mit
u(x, t) = A · sin k x · sin ωt
(4.6.19)
eine Lösung von (4.6.2) gegeben (Beweis als Aufgabe!), die sicher u(0, t) = 0 erfüllt.
Aus u(a, t) = 0 ∀t
folgt
A · sin
k a · sin ωt = 0
(4.6.20)
a
Da diese Beziehung für alle t erfüllt sein soll, ergibt
sich sin k a = 0 und somit wegen (4.6.14)
2π
·a = nπ
ka =
λ
mitn ∈ N
(4.6.21)
(4.6.22)
c
c
= n·
λn
2a
möglich (Eigenfrequenzen
quenzen).
λ1 = 2 a
1. Hauptschwingung
x
2a
n
n=2
λ2 = a
2. Hauptschwingung, 1. Oberschwingung
u
und wegen (4.6.17) die Frequenzen
fn =
x
n=1
u
Es sind also nur die Wellenlängen
λn =
u
x
(4.6.23)
oder Resonanzfre-
λ3 = 32 a
n=3
3. Hauptschwingung, 2. Oberschwingung
Abb.4.6.4 Stehende Wellen
Als letztes Problem suchen wir noch die Lösung von (4.6.2) mit den Bedingungen
cπ
u(0, t) = −A0 sin ωt, u(a, t) = 0 ∀t und ω 6= n ·
a
(z.B. eine bei x = a eingespannte Saite, die bei x = 0
u
zu einer harmonischen Schwingung angeregt wird, deA
A0
ren Frequenz keine Eigenfrequenz der Saite ist.) Wir
−A0
suchen die Lösung mit dem Ansatz
u(x, t) = f (x) · sin ωt
(4.6.24)
a
x
(4.6.25)
Abb.4.6.5 Erzwungene Schwingung
Mit
∂2u
= f ′′ (x) · sin ωt und
∂x2
∂2u
= −ω 2 f (x) sin ωt
∂t2
(4.6.26)
folgt aus (4.6.2)
1 2
ω f (x) sin ωt
c2
ω2
f ′′ (x) = − 2 f (x) = −k2 f (x)
c
f ′′ (x) · sin ωt = −
81
(4.6.27)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Die Lösung von (4.6.27) (Schwingungsgleichung!!) ist
f (x) = b sin(k x + ϕ)
mit
(4.6.28)
ω
c
(4.6.29)
f (a) = 0
(4.6.30)
f (0) = −A0
(4.6.31)
k=
Aus (4.6.24) und (4.6.25) folgt
und
woraus mit (4.6.28)
sin(k a + ϕ) = 0
(4.6.32)
ϕ = −k a
(4.6.33)
b sin ϕ = b sin(−k a) = −A0
(4.6.34)
und somit
bzw.
und somit
A0
sin k a
folgt. Die gesuchte Lösung von (4.6.2) mit den Nebenbedingungen (4.6.24) ist also
b=
u(x, t) =
A0
· sin(k x − k a) · sin ωt
sin k a
Da wir in unserem idealisierten Fall keine Reibung berücksichtigt haben, geht für
k → naπ der Betrag der Amplitude
A0 (4.6.37)
|A| = sin k a (4.6.36)
|A|
ideal
real
A0
gegen unendlich. Aus
nπ
kn =
a
(4.6.35)
f1
(4.6.38)
f2
f3
f4
Abb.4.6.6 Resonanzkurve
erhalten wir die Resonanzfrequenzen
ωn = c · kn =
ncπ
a
(4.6.39)
oder
fn =
ωn
c
=n·
2π
2a
wie in (4.6.23).
82
(4.6.40)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.7 Wellen auf Leitern
4.7.1 Die Oszillatorkette
In−1
I1
I
In
In+1
A
L
I0′
Ue
I0∗
L
Q0
C
B
L
′
In−1
Q1
I1′
L
Qn−1
C
C
∗
In−1
I1∗
L
′
In+1
Qn
′
In
Qn+1
C
C
∗
In+1
∗
In
Abb.4.7.1 Oszillatorkette
Aus der Knotenregel in A und in B folgt
I = I1 + I0′ = I0∗
I1 = I1∗
=⇒
(4.7.1)
Genauso folgt dann I2 = I2∗ u.s.w., d.h.
In = In∗
Differenzieren von Un =
′
In−1
= In−1 − In
,
,
In′ = In − In+1
(4.7.2)
Qn
liefert mit Q̇n = In′ und (4.7.2)
C
U̇n = −
Aus der Maschenregel folgt
In+1 − In
C
(4.7.3)
L I˙n + Un − Un−1 = 0
(4.7.4)
Un − Un−1
I˙n = −
L
(4.7.5)
und damit
4.7.2 Das Paralleldrahtsystem (Lechersystem)
Im Paralleldrahtsystem bezeichnen wir mit Γ die Kapazität pro Länge und mit Λ die Induktivität pro
Länge. Sind C bzw. L die Kapazität bzw. die Induktivität eines Stücks der Länge dx, dann gilt
C = Γ dx
und L = Λ dx
,
L
Ue
L
C
U (x)
C
x − dx
x
x + dx
(4.7.6)
Das Lechersystem kann als Oszillatorkette aufgefasst
werden, wenn man folgende Bezeichnungen vornimmt
U (x) = Un
I(x)
dx
U (x − dx) = Un−1
,
I(x) = In
Abb.4.7.2 Lechersystem
,
I(x + dx) = In+1
(4.7.7)
und dx gegen Null gehen lässt:
U̇ (x) = U̇n
˙
I(x)
= I˙n
(4.7.3)
=
(4.7.5)
=
1 ∂I
I(x + dx) − I(x)
=− ·
Γ dx
Γ ∂x
(4.7.8)
U (x) − U (x − dx)
1 ∂U
=− ·
Λ dx
Λ ∂x
(4.7.9)
−
−
∂I
∂U
= −Γ ·
∂x
∂t
oder I ′ = −Γ U̇
83
(4.7.10)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
∂U
∂I
= −Λ ·
∂x
∂t
oder
U ′ = −Λ I˙
(4.7.11)
Mit (4.7.10) und (4.7.11) finden wir
U ′′ =
∂2U
∂ ˙
∂
∂
∂2I
′ (4.7.11)
(U
)
=
−Λ
·
= −Λ ·
=
I
=
−Λ
∂x2
∂x
∂x
∂x ∂t
∂t
∂I
∂x
(4.7.10)
=
−Λ ·
∂
(−Γ U̇ )
∂t
(4.7.12)
∂2U
∂2U
=
Λ
Γ
·
∂x2
∂t2
(4.7.13)
∂2I
∂2I
=
Λ
Γ
·
∂x2
∂t2
(4.7.14)
Genauso folgt (Aufgabe!):
U und I erfüllen also die Wellengleichung (4.6.2) mit
1
=Λ·Γ
c2
(4.7.15)
Auf einem Leitersystem mit Λ = konst. und Γ = konst. breiten sich Strom und Spannung also
wellenförmig aus mit der Geschwindigkeit
c= √
1
Λ·Γ
(4.7.16)
In einem Paralleldrahtsystem mit dem Drahtradius r und dem Abstand a der Drahtachsen ist
nach Gauß das elektrische Feld E(x) zwischen den Drähten (Q ist die Ladung auf einem Draht
der Länge s, Vakuum zwischen den Leitern)
1
1
Q
·
+
(4.7.17)
E(x) =
2 π ε0 s
x a−x
Für die Spannung zwischen den Drähten gilt dann
a−r
Z
E(x) dx =
U=
r
Q
a−r
· ln
π ε0 s
r
(4.7.18)
und somit für die Kapazität pro Länge
Γ=
C
Q
πε0
=
=
s
Us
ln a−r
r
(4.7.19)
In den Aufgaben haben wir die Induktivität pro Länge berechnet:
Λ=
a−r
µ0
· ln
π
r
(4.7.20)
Damit ist Λ · Γ = ε0 · µ0 und
c= √
1
m
= 299792458
ε0 µ0
s
(4.7.21)
(Lichtgeschwindigkeit)
Es sei daran erinnert, dass der Zahlenwert von c nach Definition exakt ist, genauso wie der Wert
Vs
. Damit ist auch ε0 exakt bestimmt:
von µ0 = 4 π · 10−7 Am
ε0 =
As
1
= 8,85418781762.... · 10−12
2
µ0 · c
Vm
84
(4.7.22)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.7.3 Einseitig unendliches Lechersystem
I
~
B
~
E
U I
Momentanaufnahme der
Welle
zur Zeit t =
T
4
2λ
λ
x
Die Strom- und Spannungskurven, die Feldstärke- und Stromvektoren sowie
die Ladungsverteilung, alles bewegt sich mit der Geschwindigkeit c nach rechts
(aber nicht die Elektronen selbst, die schwingen nur um ihre Ruhelage!)
Abb.4.7.3 Sinuswelle auf dem einseitig unendlichen Lechersystem
Als Beispiel betrachten wir eine Welle, die sich auf einem einseitig unendlichen Lechersystem
ausbreitet. Die Senderfunktion“ bei x = 0 sei
”
U (0, t) = Ue (t) = U0 · sin ωt
(4.7.23)
Damit lautet die Gleichung der Spannungswelle nach (4.6.7)
x
= −U0 · sin(kx − ωt)
U (x, t) = Ue t −
c
Für die Stromwelle folgt aus (4.7.10) und c =
I(x, t) = −Γ ω U0
Z
(4.7.24)
ω
k
I ′ = −Γ · U̇ = −Γ ω U0 cos(kx − ωt)
cos(kx − ωt) dx = −
(4.7.25)
Γ ω U0
sin(kx − ωt) = Γ c · U (x, t)
k
(4.7.26)
Strom und Spannung sind also gleichphasig!
Aus Q = C · U , Q = σ · dx und C = Γ · dx folgt für die Längenladungsdichte auf einem der Leiter
σ(x, t) = Γ · U (x, t)
(4.7.27)
4.7.4 Endliches Lechersystem
beidseitig geschlossen
einseitig offen
Abb.4.7.4 Verschiedene Arten von Lechersystemen
85
beidseitig offen
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Das Ende eines endlichen Lechersystems kann leitend überbrückt sein (geschlossenes Ende) oder
nicht (offenes Ende). Die Ladungen können über das offene Ende nicht hinaus, d.h. am offenen
Ende (z.B. bei x = a) ist der Strom Null:
∂I(a, t)
∂U (4.7.11)
= −Λ ·
= 0 =⇒ |U (a, t)| maximal
(4.7.28)
I(a, t) = 0 ∀t
=⇒
∂x x=a
∂t
Am geschlossenen Ende dagegen ist wegen der leitenden Verbindung die Spannung Null:
∂U (a, t)
∂I (4.7.10)
= −Γ ·
= 0 =⇒ |I(a, t)| maximal
(4.7.29)
U (a, t) = 0 ∀t
=⇒
∂x x=a
∂t
Zusammenfassend gelten also die Randbedingungen:
offenes Ende:
I = 0 ⇐⇒ U ′ = 0 ⇐⇒ |U | maximal
geschlossenes Ende: U = 0 ⇐⇒ I ′ = 0 ⇐⇒ |I| maximal
(4.7.30)
Aus den Randbedingungen folgen die möglichen Wellenlängen λn und damit wegen λn · fn = c
die Resonanzfrequenzen fn der möglichen stehenden Wellen auf dem System (siehe Kap.4.6.2).
Als Beispiel betrachten wir ein einseitig offenes Lechersystem der Länge a:
Eine Lösung der Wellengleichung, die die Randbedingung bei x = 0 erfüllt, ist
U
U (x, t) = U0 · sin kx sin ωt
(4.7.31)
(siehe (4.6.19)). Um die Randbedingung bei x =
a zu erfüllen, muss folgendes gelten:
a=
λ1
4
;
λ1 = 4 a
a=
3 λ2
4
;
λ2 =
a=
5 λ3
4
;
a=
...
7 λ4
4
a x
n=1
;
f1 =
c
4a
4
3
a ;
f2 =
3c
4a
= 3 · f1
λ3 =
4
5
a ;
f3 =
5c
4a
= 5 · f1
; λ4 =
... ...
4
7
a ; f4 =
... ...
7c
4a
= 7 · f1
U
n=2
a x
U
n=3
a x
U
n=4
a x
Abb.4.7.5 einseitig offen
Für die n-te Hauptschwingung gilt
a=
(2n − 1) λn
4
;
λn =
4a
2n − 1
;
fn =
(2n − 1) c
= (2n − 1) · f1
4a
(4.7.32)
4.7.5 Das Koaxialkabel
In einem Koaxialkabel mit dem Innenradius a und dem Außenradius b ist nach Gauß das elektrische Feld E(r) zwischen den Leitern (Q ist die Ladung auf einem Teilstück des inneren Drahtes
der Länge s, Vakuum zwischen den Leitern)
E(r) =
1
Q
·
2 π ε0 s r
(4.7.33)
Für die Spannung zwischen dem Innen- und Außenleiter gilt dann
U=
Zb
E(r) dr =
a
86
b
Q
· ln
2 π ε0 s
a
(4.7.34)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
und somit für die Kapazität pro Länge
Γ=
Q
2 πε0
C
=
=
s
Us
ln ab
(4.7.35)
In den Aufgaben haben wir die Induktivität pro Länge berechnet:
µ0
b
· ln
(4.7.36)
2π
a
Damit ist Λ · Γ = ε0 · µ0 und die Wellengeschwindigkeit auf dem Koaxialkabel ist wieder die
Lichtgeschwindigkeit
Λ=
1
c= √
ε0 µ0
Allgemein gilt:
(4.7.37)
Auf idealen, homogenen Zweileitersystemen (kein Ohm’scher
Widerstand, Γ und Λ konstant) im Vakuum breiten sich Stromund Spannungswellen mit Lichtgeschwindigkeit aus!
4.7.6 Wellen auf geraden Leitern - der Dipol
Läßt man im Koaxialkabel den Mantelradius b gegen Unendlich gehen, erhält man Γ und Λ eines
unendlich langen, geraden Leiters im Vakuum:
2 πε0
b
µ0
+
· ln
=0
und lim Λ = lim
= +∞
(4.7.38)
lim Γ = lim
b→∞
b→∞ ln b
b→∞
b→∞ 2 π
a
a
Für das Produkt aus Γ und Λ gilt aber
lim (Γ · Λ) = lim
b→∞
b→∞
b
2 πε0 µ0
· ln
·
b
a
ln a 2 π
!
= ε0 · µ0
(4.7.39)
Strom- und Spannungswellen breiten sich auf einem geraden
Leiter im Vakuum mit Lichtgeschwindigkeit aus!
Ist der Feldraum um die Leiter mit einem Nichtleiter (Dielektrikum) gefüllt, dann muss ε0 wegen der Polarisation der Atome durch ε = εr ·ε0 mit der relativen Dielektrizitätskonstanten
εr > 1 ersetzt werden. Damit gilt für die Wellengeschwindigkeit
c= √
1
c0
= √ < c0
εr ε0 µ0
εr
(4.7.40)
mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit c0 .
Einen geraden Leiter der endlichen Länge a
nennt man einen Dipol. An den Enden des Leiters gelten die Randbedingungen
I(0, t) = I(a, t) = 0
(4.7.41)
I
n=1
Abb.4.7.6
a
x
λ
2 -Dipol
Der schwingende Dipol verhält sich also wie eine bei x = 0 und x = a eingespannte Saite. Bei
einer sinusförmigen Anregung bilden sich auf dem Dipol stehende Wellen aus mit
I(x, t) = I0 · sin kx · sin ωt
(4.7.42)
und den Wellenlängen und Resonanzfrequenzen
λn =
2a
λ1
=
n
n
bzw.
fn =
87
c
c
= n · f1
=n·
λn
2a
(4.7.43)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
1. Hauptschwingung
~
E
~
B
t=
t=0
T
4
t=
T
2
t=
3T
4
~
B
~
E
2. Hauptschwingung
Abb.4.7.7 Dipolschwingungen
Da der gerade Leiter in der Grundschwingung genau eine halbe Wellenlänge lang ist, nennt
man ihn auch λ2 -Dipol. Der Dipol ist die einfachste Form eines elektrischen Schwingkreises. Im
geschlossenen Schwingkreis, bestehend aus einer Spule und einem Plattenkondensator, sind die
~ und B-Felder
~
Efast ausschließlich auf den Innenraum der Bauteile beschränkt. Beim Dipol
dagegen erstrecken sich die Felder weit in den umgebenden Raum. Der Dipol wirkt als Antenne
zur Abstrahlung elektromagnetischer Felder.
Die Ankopplung eines Dipols an einen Hochfrequenzgenerator ( Sender“) geschieht meist induktiv wie in Abb.4.7.8.
”
Da ein Sender meistens nur eine feste Frequenz benützt,
kann die Dipollänge optimal abgestimmt werden (eben eine
halbe Wellenlänge). Die Dipollänge eines Empfängers, der
Sender mit Frequenzen aus einem größeren Bereich empfangen soll (z.B. UKW), ist immer ein Kompromiss.
λ
2
I
IGen
Generator
Abb.4.7.8 Ind. Kopplung
4.8 Elektromagnetische Wellen im Vakuum oder Dielektrikum
4.8.1 Eigenschaften elektromagnetischer Wellen
Im Volumen V , das den Koory
dinatenursprung enthält, befinden sich beschleunigte LaV
dungen, außerhalb von V ist
die Ladungsdichte Null. Wir
z
betrachten die von den Ladungen in V erzeugten Felder Abb.4.8.1 Welle in großer Entfernung zur Quelle
A
x
x
auf einer kleinen Fläche A, die senkrecht auf der x−Achse steht und deren x−Koordinate groß
gegen die Abmessungen von V ist. Auf A sind die Felder dann näherungsweise konstant, d.h.
~
∂E
≈0 ,
∂y
~
∂E
≈0
∂z
,
~
∂2E
≈ 0 und
∂y 2
~
∂2E
≈0
∂z 2
(4.8.1)
Eine Welle, deren Größen in einer Fläche senkrecht zur Ausbreitungsrichtung konstant sind,
heißt ebene Welle.
88
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Die im Kapitel über die Maxwellgleichungen für das Vakuum hergeleitete Wellengleichung
~
~
~
~
∂2E
∂2E
∂2E
∂2E
+
+
=
ε
µ
·
0
0
∂x2
∂y 2
∂z 2
∂t2
(4.8.2)
geht wegen (4.8.1) über in die eindimensionale Wellengleichung
~
~
∂2E
∂2E
=
ε
µ
·
0 0
2
2
∂x
∂t
(4.8.3)
d.h. im Vakuum breiten sich elektromagnetische Wellen mit der Lichtgeschwindigkeit
1
c= √
ε0 µ0
(4.8.4)
aus. In einem Dielektrikum muss ε0 durch εr · ε0 ersetzt werden:
c= √
1
c0
=√
εr ε0 µ0
εr
(4.8.5)
Wegen εr,Luft = 1,00059 ≈ 1 ist die Lichtgeschwindigkeit in Luft fast gleich der Vakuumgeschwindigkeit.
Eine genaue Analyse der Maxwell’schen Gleichungen liefert für
große Entfernungen zu den felderzeugenden Ladungen folgende Beziehungen, die zum Teil für
einen Dipol im Ursprung sofort
einsichtig sind:
y
~
E
~
E
~c
x
~
B
z
~
B
Abb.4.8.2 Welle auf der x-Achse
~ c ,
E⊥~
~ c ,
B⊥~
~ B
~
E⊥
,
~
~
~ = ~c × E = √εr · ~c0 × E
B
c2
c20
(4.8.6)
~
~
Das B−Feld
schwingt also gleichphasig mit dem E−Feld.
Da ~c in alle Richtungen den gleichen
Betrag hat, geht, im Großen gesehen,
vom Sender eine Kugelwelle aus. Die Kugelschalen sind z.B. Punkte gleichzeitiger
Maxima der Felder.
Ein harmonisch schwingender Dipol
strahlt sinusförmige Wellen ab. Die
Wellenlänge ist
ebene Welle im
Kleinen
V
c
1
c0
1
=√ ·
= √ · λVak
f
εr f
εr
(4.8.7)
Der Abstand der Kugelschalen in
Abb.4.8.3 ist gerade eine Wellenlänge.
λ=
Abb.4.8.3 Kugelwelle im Großen
Eine Welle heißt linear polarisiert, wenn die schwingende Größe ein Vektor ist, der immer in
89
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
der gleichen Ebene liegt. Ein Dipol strahlt eine linear polarisierte Welle ab (siehe Abb.4.8.4)!
Diode
UC
x
UR
R
Lautsprecher
~
B
y
UM
UC
~
E
x
~
B
y
t
~
E
x
UR
t
Abb.4.8.4 Felder eines schwingenden Dipols
Abb.4.8.5 Detektorempfänger
~
Der Dipol eines Empfängers wird durch das E−Feld
der Welle angeregt:
~ kein Empfang, wenn Dipolachse ⊥ E
~
Maximaler Empfang, wenn Dipolachse k E,
Um Nachrichten mit elektromagnetischen Wellen zu übertragen, wird der hochfrequenten Trägerschwingung eine niederfrequente Modulationsspannung überlagert: U (t) = U0 · sin ωt · UM (t) .
Die Lautsprechermembrane können der hochfrequenten Schwingung der Trägerfrequenz nicht folgen. Durch die Diode (Gleichrichter) liegt am Lautsprecher eine Gleichspannung und er schwingt
mit der Frequenz der Modulationsspannung.
4.8.2 Energietransport mit elektromagnetischen Wellen
A sei eine Fläche, die senkrecht auf der Ausbreitungsrichtung einer Welle steht und T die Schwingungsdauer der (sinusförmigen) Welle. Die Intensität J der Welle am Ort der Fläche A ist
definiert durch
Energie, die in der Zeit T durch A tritt
J=
(4.8.8)
T ·A
Die Energiedichte eines elektrischen Feldes im Dielektrikum ist
εr · ε0
we =
· E2
(4.8.9)
2
Damit folgt für die Energiedichte einer elektromagnetischen Welle
1
εr · ε0
· E2 +
· B2
(4.8.10)
w = we + wm =
2
2 µ0
Mit
folgt aus (4.8.6)
E = E(x, t) = E0 · sin(kx − ωt)
B = B(x, t) = B0 · sin(kx − ωt) mit B0 =
90
E0 √
E0
= εr ·
c
c0
(4.8.11)
(4.8.12)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Eingesetzt in (4.8.10) erhält man
1
εr
εr · ε0
2
2
· E0 +
·
w=
· E0 · sin2 (kx − ωt)
2
2 µ0 c20
(4.8.13)
oder vereinfacht
w = εr · ε0 · E02 · sin2 (kx − ωt)
(4.8.14)
Die Energie W , die in der Zeit T durch A fließt, erhalten wir durch
Integration über eine Wellenlänge:
W
=
Z
w dV =
Zλ
w A dx =
εr ε0 A E02
0
V
·
Zλ
0
V
sin (kx − ωt) dx =
λ
1
x
2
−
· sin(kx − ωt)
= εr ε0 A E0 ·
2 4k
0
A
2
x
λ
(4.8.15)
Abb.4.8.6
Wegen 2 k λ = 4 π ist sin(2 k λ − ωt) = sin(−ωt) und es gilt
λ
2
(4.8.16)
εr λ
c0
(4.8.17)
W = εr ε0 A E02 ·
Aus
T =
λ
1
= =
f
c
√
folgt dann
1√
W
=
εr · ε0 · c0 · E02
AT
2
(Intensität einer Sinuswelle)
J=
Von einem Sender S geht eine Welle aus.
Die Energie, die von der Welle in der
Zeit T durch die Fläche A transportiert
wird, muss gleich der Energie sein, die
in der gleichen Zeit durch A′ geht (siehe
Abb.4.8.7):
′
′
(4.8.19)
A
r2
J′
= ′ = ′2
J
A
r
(4.8.20)
A·J =A ·J
(4.8.18)
A
S
A′
r
r′
Abb.4.8.7 Abnahme der Intensität
r2
J(r ′ )
= ′2
J(r)
r
(4.8.21)
E0 (r ′ )
r
= ′
E0 (r)
r
(4.8.22)
Aus (4.8.18) und (4.8.21) folgt
91
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
J⊥ (r) sei die Intensität der Strahlung eines Dipols in der Entfernung r vom Dipolmittelpunkt, gemessen in einer Ebene durch den Mittelpunkt des Dipols und
senkrecht zur Dipolachse. Ohne Herleitung sei folgende Formel für die Winkelverteilung der Dipolstrahlung angegeben:
J(r, ϕ) = J⊥ (r) · sin2 ϕ
Dipolachse
ϕ
J(r, ϕ)
J(r, 90◦ ) = J⊥ (r)
(4.8.23)
Intensitätsverteilung
Abb.4.8.8 Polardiagramm
In der Ebene senkrecht zur Dipolachse ist die Winkelverteilung isotrop, d.h. J(ψ) = konstant
(siehe Abb.4.8.9).
Mit Hilfe von Abb.4.8.9 berechnen wir die Gesamtleistung P , die vom Dipol abgestrahlt wird. Zunächst ist
die Leistung dP , die durch die Fläche da geht, gleich
dP
= J(r, ϕ) · da
(4.8.23)
=
= J⊥ r 2 sin3 ϕ dϕ dψ
r dϕ
r
J⊥ sin2 ϕ · r 2 sin ϕ dϕ dψ =
ϕ
dϕ
(4.8.24)
Integration über die gesamte Kugelfläche liefert:


Z2 π Zπ
Zπ
2
3
2
 sin ϕ dϕ dψ = 2 π r J⊥ · sin3 ϕ dϕ
P = J⊥ r
0
da
0
dψ
ψ
r sin ϕ
r sin ϕ dψ
Abb.4.8.9 Herleitung von P
0
Mit der Integralformel (Beweis!!)
Zπ
0
P =
π
1
4
3
sin ϕ dϕ =
cos ϕ − cos ϕ =
3
3
0
8π
J⊥ (r) · r 2
3
3
und damit
J(r, ϕ) =
folgt
sin2 ϕ
3
·P ·
8π
r2
(4.8.25)
4.9 Reflexion und Brechung
Die Menge aller zusammenhängenden Maxima einer Welle nennen
wir eine Wellenfront. Die Wellenfronten einer ebenen Welle sind
parallele Ebenen im Abstand je einer Wellenlänge, die Wellenfronten einer Kugelwelle sind Kugelschalen, deren Radien sich je um eine
Wellenlänge unterscheiden. Trifft eine Welle auf eine sehr kleine Öffnung in einer für die Welle undurchlässigen Wand, dann geht von der
Öffnung eine kugelförmige Elementarwelle“ aus.
”
Christian Huygens (1629 - 1695) hat diese Tatsache verallgemeinert:
ebene
Welle
Abb.4.9.1
Von jedem Punkt eines beliebigen Wellenfeldes geht eine kugelförmige
Elementarwelle aus. Die Einhüllende aller von einer Wellenfront ausgehenden Elementarwellen bildet eine neue Wellenfront.
(Huygens’sches Prinzip)
92
Wellenfront
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Die Ableitung des Huygens’schen Prinzips aus den Maxwellgleichungen gelang Gustav Kirchhoff
(1824 - 1887).
Abb.4.9.2 zeigt am Beispiel einer ebenen Welle und einer Kugelwelle die Entstehung neuer Wellenfronten nach dem
Huygens’schen Prinzip. Seine volle Bedeutung erlangt das Huygens’sche Prinzip
erst dann, wenn eine Welle auf Hindernisse trifft. Als Beispiel betrachten wir die
Ableitung des Brechungsgesetzes:
Eine ebene Welle breitet sich in einem Medium mit der Geschwindigkeit c1 aus und
trifft auf die ebene Grenzfläche zu einem
Elementarwellen
neue Wellenfronten
Abb.4.9.2 Wellenfronten
anderen Medium mit der Wellengeschwindigkeit c2 . Die einfallende Wellenfront
1❥ in
Abb.4.9.3 trifft zur Zeit t = 0
im Punkt A auf die Grenzfläche.
Zur Zeit T = λc11 trifft 1❥ in
B und 2❥ in A auf die Grenzfläche u.s.w. Überall dort, wo eine Wellenfront auf die Grenzfläche trifft, geht vom Auftreffpunkt eine Elementarwelle aus.
Abb.4.9.3 zeigt die Elementarwellen, die von den Wellenfronten 1❥, 2❥und 3❥zu den Zeiten
0, T und 2 T erzeugt wurden.
Einfallende Welle
3
c1
2
c2 < c1
c1
ϕ1
A
c2
C
B
D
1
2
3
ϕ2
3λ2
2
1
λ1
3λ1
Einfallslot
1
λ2
1
c2
ϕ1 ϕ∗1
n1
n2
1
ϕ2
Momentaufnahme zur Zeit 3T
Abb.4.9.3 Zum Brechungsgesetz
Ist c die Vakuumlichtgeschwindigkeit und sind εr1 und εr2 die relativen Dielektrizitätskonstanten
der beiden Medien, dann gilt
c
c
und c2 = √
(4.9.1)
c1 = √
εr1
εr2
Mit der Definition des Brechungsindexes
n=
√
εr
(4.9.2)
eines Stoffes folgt
c
c
und c2 =
n1
n2
Abb.4.9.3 entnimmt man für den Einfallswinkel ϕ1 und den Ausfallswinkel ϕ2
c1 =
sin ϕ1 =
3 λ1
AD
,
sin ϕ2 =
3 λ2
AD
(4.9.3)
(4.9.4)
und damit
sin ϕ1
c1
n2
=
=
sin ϕ2
c2
n1
(Brechungsgesetz)
93
(4.9.5)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Zeichnet man die Elementarwellen in Abb.4.9.3 auch nach oben ein, dann folgt (siehe Aufgaben)
das Reflexionsgesetz:
ϕ1 = ϕ∗1
(4.9.6)
Aus dem Brechungsgesetz folgt
n1
· sin ϕ1 = sin ϕ2 ≦ 1
n2
=⇒
(4.9.7) ist immer erfüllt, wenn n2 > n1 , d.h. wenn
das Medium 2❥ optisch dichter ist als das Medium
1❥. Beim Übergang vom optisch dichteren ins optisch
dünnere Medium (z.B. von Wasser in Luft) tritt Brechung nur dann auf, wenn der Einfallswinkel ϕ1 kleiner
ist als der Grenzwinkel ϕg mit
sin ϕg =
1
1
n2
sin ϕ1 ≦
(4.9.7)
n1
n2
n1
(4.9.8)
2
2
3
3
ϕg
n1
n2
2
1
Abb.4.9.4 Totalreflexion
Für ϕ1 > ϕg gibt es keine gebrochene Welle, d.h. die ganze Energie der einfallenden Welle findet
sich in der reflektierten Welle wieder (Totalreflexion).
n1 < n2
n1 > n2
n1 > n2
∧
∧
∧
0 < ϕ1 < 90◦
0 < ϕ1 < ϕg
ϕ1 > ϕg
=⇒
=⇒
=⇒
Reflexion und Brechung gleichzeitig
Reflexion und Brechung gleichzeitig
Totalreflexion
Totalreflexion in Glasprismen wird z.B. verwendet, um Lichtstrahlen in optischen Geräten verlustfrei umzulenken.
4.10 Polarisation
4.10.1 Polarisation mit Polfiltern
Eine elektromagnetische Welle heißt linear polari~ seine Schwinsiert, wenn der Feldstärkevektor E
gungsrichtung nicht ändert. Die Strahlung eines Di~
Elektron
E
pols ist z.B. linear polarisiert.
~⊥ ϕ e
E
~
Ein Polarisationsfilter (Polfilter) besteht aus einem
D
~k
E
Material, in dem die Elektronen nur in eine Richtung
Durchlassrichtung
schwingen können, d.h. er besteht aus lauter kleinen
~d
E
Dipolen. Liegt die Länge dieser Dipole in der Größen~c
ordnung der Wellenlänge der einfallenden Strahlung,
dann werden die Dipole von der zur Dipolachse paral~
D
~ k der einfallenden Welle zum Mitlelen Komponente E
Pol-Filter
~e
E
~ k wird vom Polfilter also reflekschwingen angeregt. E
tiert (wie an einer Metallwand) und ist somit hinter
dem Filter nicht mehr vorhanden. Ein Polfilter lässt
Abb.4.10.1 Polarisationsfilter
~ ⊥ der Welle durch, der senkrecht
also nur den Teil E
auf den Dipolachsen steht. Die Welle nach dem Polfilter ist linear polarisiert.
Ein Polfilter für Mikrowellen (cm-Bereich) besteht aus einem Gitter von parallelen Drähten.
Polfilter für Licht (400 nm bis 800 nm) werden aus Kunststoffen gefertigt, die aus langgestreckten
Molekülen bestehen, die ein über das ganze Molekül frei bewegliches Elektron besitzen.
94
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
~ e auf ein Polfilter und ist ϕ der Winkel zwischen E
~ e und der
Trifft eine linear polarisierte Welle E
~
Durchlassrichtung D, dann gilt für den Betrag des Feldstärkevektors der durchgehenden Welle
Ed = E⊥ = Ee · cos ϕ
(4.10.1)
Für die Intensität der durchgehenden Welle gilt dann wegen J ∼ E 2
Jd = Je · cos2 ϕ
(4.10.2)
Natürliches Licht, das alle Polarisationsrichtungen
enthält, wird durch ein Polfilter linear polarisiert. In
Abb.4.10.2 trifft natürliches Licht auf ein Polfilter mit
~ Danach ist es linear polader Durchlassrichtung D.
~
~
risiert (E1 k D). Trifft dieses polarisierte Licht jetzt
~′
auf ein weiteres Polfilter, dessen Durchlassrichtung D
~ steht, dann ist wegen cos 90◦ = 0 die
senkrecht auf D
Welle hinter dem zweiten Filter verschwunden.
~2 = 0
E
~1
E
~
D
lin. pol.
~′
D
~ D
~′
D⊥
natürliches
Licht
Abb.4.10.2 gekreuzte Filter
4.10.2 Polarisation durch Reflexion
Eine Welle fällt auf die Grenzfläche zweier Medien mit den Brechungsindizes n1
bzw. n2 . Die Elektronen im Medium mit
n2 schwingen in Richtung des Feldstärke~ d des gebrochenen Strahls. Diese
vektors E
schwingenden Elektronen sind kleine Dipole und somit die Ursache für die reflektierte Welle. Für einen bestimmten Einfallswinkel ϕe = ϕB , den sogenannten BrewsterWinkel, sind die Achsen dieser Dipole parallel zur Richtung der reflektierten Welle
(~cd ⊥ ~cr ). Da die Intensität der Dipolstrahlung in Richtung der Dipolachse Null ist,
gibt es in diesem Fall keine reflektierte Welle.
L
~e
E
~r
E
ϕe
~ce
~cr
ϕr
n1
n2
ϕd
~d
E
Im gezeichneten Fall ist
cr ⊥cd , d.h. ϕe = ϕB
~cd
Abb.4.10.3 Zum Brewster-Winkel
Aus dem Reflexionsgesetz ϕe = ϕr und Abb.4.10.3 folgt für den Brewster-Winkel
ϕr + ϕd = ϕe + ϕd = ϕB + ϕd = 90◦
=⇒
ϕd = 90◦ − ϕB
(4.10.3)
oder
sin ϕd = sin(90◦ − ϕB ) = cos ϕB
(4.10.4)
Aus dem Brechungsgesetz und (4.10.4) folgt
sin ϕd = cos ϕB =
n1
· sin ϕB
n2
(4.10.5)
n2
n1
(4.10.6)
oder endgültig
tan ϕB =
Die von ~ce und dem Einfallslot L gebildete Ebene nennen wir die Einfallsebene. Fällt jetzt
unpolarisiertes Licht (alle Polarisationsrichtungen vorhanden) unter dem Brewster-Winkel auf
95
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
die Grenzfläche (d.h. ϕe = ϕB ), dann werden alle zur Einfallsebene parallelen Komponenten der
~
elektrischen Feldvektoren nicht reflektiert. Der reflektierte Strahl enthält also nur E−Vektoren,
die senkrecht zur Einfallsebene und damit parallel zur Grenzfläche sind. Der reflektierte Strahl
ist also linear polarisiert.
Fällt unpolarisiertes Licht unter dem Brewster-Winkel ϕB
auf die Grenzfläche zweier Medien, dann ist die reflektier~
te Welle linear polarisiert. Der E−Vektor
der reflektierten
Welle schwingt dann parallel zur Grenzfläche.
4.11 Summen von Sinusfunktionen
Die Grundformel für alle Arten von Schwingungsüberlagerungen ist:
x+y
a · sin x + b · sin y = A · sin
+ϕ
2
p
mit A = a2 + b2 + 2 a b cos(y − x) ,
y−x
b+a
y−x
b−a
· sin
und cos ϕ =
· cos
sin ϕ =
A
2
A
2
(4.11.1)
Für die Überlagerung gleichfrequenter Sinusschwingungen mit beliebigen Phasen gilt:
n
X
k=1
mit
ak · sin(ωt + ϕk ) = A · sin(ωt + Φ)
v
!2
u n
u X
t
A=
ak sin ϕk
+
k=1
sin Φ =
n
P
n
X
k=1
ak sin ϕk
k=1
und
A
ak cos ϕk
cos Φ =
n
P
!2
,
(4.11.2)
ak cos ϕk
k=1
A
(n − 1)ϕ
nϕ
· sin
2
2
sin(k ϕ) =
ϕ
sin
k=0
2
nϕ
(n − 1)ϕ
n−1
sin
· cos
X
2
2
cos(k ϕ) =
ϕ
sin
k=0
2
sin
n−1
X
(4.11.3)
Für die Überlagerung gleichfrequenter Schwingungen mit gleicher Amplitude und äquidistanten
Phasen ϕk = k · ϕ folgt aus (4.11.2) und (4.11.3):
n−1
X
k=0
a · sin(ωt + k ϕ) = A · sin(ωt + Φ)
(4.11.4)
nϕ
2
ϕ
sin
2
a sin
mit A =
(n − 1) ϕ
und Φ =
2
96
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.12 Überlagerung von zwei gleichfrequenten Wellen
Wir untersuchen die Überlagerung
zweier gleichfrequenter Wellen
u1 = a sin(kx − ωt)
δ
(4.12.1)
und
Abb.4.12.1 Gangunterschied
u2 = b sin(kx − ωt + Φ) (4.12.2)
mit der Phasendifferenz Φ. Da sich die Wellen mit der gleichen Geschwindigkeit ausbreiten sollen, folgt aus der Gleichheit der Frequenzen auch die Gleichheit der Wellenlängen. Den kürzesten
Abstand zweier Wellenberge nennt man den Gangunterschied der beiden Wellen.
Dem Gangunterschied λ entspricht die Phasendifferenz 2π, d.h.
Φ
δ
=
λ
2π
(4.12.3)
Aus (4.11.1) folgt für die Amplitude der Überlagerung u = u1 + u2
A=
p
a2 + b2 + 2 a b cos Φ
(4.12.4)
Die Intensitäten der Wellen sind proportional zum Quadrat ihrer Amplituden, d.h.
J1 = α · a2
,
J2 = α · b2
und J = α · A2
(4.12.5)
Für elektromagnetische Wellen ist nach (4.8.18)
α=
1√
εr · ε0 · c0
2
(4.12.6)
Mit (4.12.4) erhält man für die Intensität der resultierenden Welle
√
J = α · A2 = α · a2 + α · b2 + 2 α a2 α b2 cos Φ
und damit
J = J1 + J2 + 2
p
(4.12.7)
J1 J2 · cos Φ
(4.12.8)
Für den Spezialfall zweier gleichstarker Wellen (a = b) erhält man
A=
und aus (4.12.8)
p
√ √
√
2 a2 + 2 a2 cos Φ = a 2 1 + cos Φ = a 2
Φ A = 2 a cos 2
J = 2 J1 + 2 J1 cos Φ = 2 J1 · 2 cos2
J = 4 J1 · cos2
97
Φ
2
r
2 cos2
Φ
2
(4.12.9)
(4.12.10)
Φ
2
(4.12.11)
(4.12.12)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.13 Zweistrahlinterferenzen
Die Überlagerung der Wellen
von mehreren Sendern nennt
man Interferenz. Wir betrachten zwei gleichphasig schwingende Sender
an den Or
ten S1 0 | d2 und S2 0 | − d2 .
Beide Sender sollen in der xyEbene in alle Richtungen gleich
stark strahlen (z.B. zwei Dipole,
P
y
P
r1
r2
S1
ϕ
S1
d
ϕ
x
S2
S2
P
ϕ
δ
Abb.4.13.1 Zwei Sender
deren Achsen parallel zur z-Achse sind und die vom gleichen Generator gespeist werden). Der
Gangunterschied δ der beiden Wellen im Punkt P(x|y) ist
s
2 s
d
d 2
2
2
δ = r2 − r1 = x + y +
− x + y−
(4.13.1)
2
2
Ist P sehr weit von den Sendern entfernt (OP ≫ d), dann ist S1 P ungefähr parallel zu S2 P und
es gilt
δ = d · sin ϕ
(4.13.2)
Zeige zur Übung, dass (4.13.2) mit Hilfe der linearen Näherung aus (4.13.1) folgt!
Die aus den beiden Teilwellen resultierende Welle hat maximale Intensität, wenn zwei Wellenberge zusammentreffen, d.h. wenn der Gangunterschied ein(4.13.2) ganzzahliges Vielfaches der
Wellenlänge ist. Die Intensität ist dagegen minimal, wenn ein Wellenberg der einen Welle auf
ein Tal der anderen Welle trifft, d.h. wenn der Gangunterschied ein Vielfaches einer ganzen plus
einer halben Wellenlänge ist:
Maximum ν-ter Ordnung
Minimum ν-ter Ordnung
=
{ P | δ = ν · λ ∧ ν ∈ Z}
=
1
2
{P|δ = ν +
(4.13.3)
· λ ∧ ν ∈ Z}
Für OP ≫ d folgt aus (4.13.2) und (4.13.3):
Maximum ν-ter Ordnung
Minimum ν-ter Ordnung
:
sin ϕν = ν ·
:
sin ϕν =
λ
d
1
ν+
2
λ
·
d
(4.13.4)
Für OP ≫ d und gleich starke Sender sind die Intensitäten der beiden Einzelwellen am Ort
P gleich, d.h. J1 (P) = J2 (P). Aus (4.12.3), (4.12.12) und (4.13.2) folgt für die Intensität der
resultierenden Welle im Punkt P:
J(P) = 4 J1 (P) · cos
98
2
π d sin ϕ
λ
(4.13.5)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
ν=1
ν=0
ν=2
ν=1
ν=2
J
Schirm
ξ
Doppelspalt
Abb.4.13.2 Doppelspalt mit Licht
Abb.4.13.2 zeigt die Realisierung von zwei gleichphasigen Sendern mit Licht. Das Auftreten eines Intensitätsmaximums im geometrischen Schattenraum bei
ξ = 0 auf dem Schirm zeigt, dass sich Licht wie eine Welle ausbreitet. Damit und mit der altbekannten
Tatsache
1
c= √
ε0 µ0
Abb.4.13.3 Kreiswellen
(4.13.6)
ist eindeutig nachgewiesen, dass es sich bei Licht um eine elektromagnetische Welle handelt.
Abb.4.13.3 zeigt, wie man die Orte maximaler Intensität bei zwei gleichphasigen Sendern konstruieren kann. Jeder Kreis gibt die Lage der Maxima der Einzelwellen an.
ϕ=0
S1 S
2
Abb.4.13.4 Intensität beim Doppelspalt (mit MAPLE erzeugt)
Abb.4.13.4 veranschaulicht die Intensitätsverteilung von zwei gleich starken Sendern, wobei die
Intensitätsabnahme, bedingt durch das r12 −Gesetz, nicht berücksichtigt ist.
99
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.14 Das optische Gitter
Trifft ein paralleler Lichtstrahl (ebene Welle!) auf
einen n-fach-Spalt (optisches Gitter), dann wirken
die Spalte wie n gleichphasige Sender. Für OP ≫
S1 Sn sind die Geraden S1 P bis Sn P fast parallel
und der Gangunterschied zwischen benachbarten
Strahlen ist δ = d · sin ϕ. Der Gangunterschied des
µ−ten Strahls zum nullten Strahl ist dann
P
S1
O
ϕ
0❥
Sn
δµ = µ d sin ϕ = µ · δ1
(4.14.1)
Die Phase des µ−ten Strahls relativ zum nullten
Strahl ist wegen (4.12.3)
2 π δµ
2 π µ d sin ϕ
Φµ =
=
λ
λ
S1
1❥
ϕ
d ϕ
2❥
(4.14.2)
d sin ϕ
d
oder
Φµ = µ · Φ mit
Φ=
2 π d sin ϕ
λ
(4.14.3)
Unter unserer Voraussetzung OP ≫ S1 Sn und der
weiteren Annahme gleich starker Sender lautet die
Gleichung der µ−ten Welle
Eµ = a · sin(kx − ωt + Φµ )
d
n−1
d
Sn
(n − 1)d sin ϕ
(4.14.4)
Abb.4.14.1 n Sender
Nach (4.11.4) hat die resultierende Welle E =
n−1
X
Eµ die Amplitude
µ=0
sin n Φ 2 A=a·
sin Φ2 (4.14.5)
Nehmen wir noch an, dass alle Sender isotrop strahlen, dann ist
die Intensität J0 der Einzelsender auf einem Kreis mit Radius r
um den Gittermittelpunkt konstant:
J0 = α · a2
J(ϕ)
(4.14.6)
ϕ
Für die Intensität J(ϕ) = α · A2 der resultierenden Welle auf dem
Kreis gilt dann mit (4.14.5), (4.14.6) und (4.14.3)
J(ϕ) = J0 ·
n π d sin ϕ
λ
sin2 π d λsin ϕ
sin2
r
(4.14.7)
Abb.4.14.2
100
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Ist der Gangunterschied zwischen benachbarten Strahlen ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge, dann treffen von allen Wellen die Berge aufeinander (alle Teilstrahlen gleichphasig)
und es entsteht die maximale Intensität der resultierenden Welle:
Für ϕν mit δ = d sin ϕν = ν · λ
ist A(ϕν ) = n · a
(Hauptmaxima)
und J(ϕν ) = n2 · J0 (4.14.8)
J(ϕν ) = n2 · J0 folgt auch aus (4.14.7) mit der Regel von de l’Hospital.
Für die Nullstellen von (4.14.7) findet man aus
n π d sin ϕ
=ν·π
λ
(4.14.9)
die Bedingung
ν
ν
·λ
mit
∈
/Z
n
n
(n − 1 Nullstellen zwischen zwei Hauptmaxima)
d sin ϕν =
(4.14.10)
ν darf kein ganzzahliges Vielfaches von n sein, da sich sonst die Bedingung für ein Hauptmaximum ergäbe! Da die Intensität überall größer als Null ist, muss zwischen zwei Nullstellen ein
Maximum von J(ϕ) liegen.
Zwischen zwei Hauptmaxima gibt es n − 2 Nebenmaxima.
Mit der Substitution
x :=
(4.14.11)
π d sin ϕ
λ
(4.14.12)
geht (4.14.7) über in
J(x) = J0 · f (x)
(4.14.13)
mit der Gitterfunktion
f (x) =
sin2 nx
sin2 x
Hauptmaxima von f bei x = ν · π, Nullstellen bei x =
(4.14.14)
ν
ν
· π mit ∈
/ Z und lim = n2 .
x→νπ
n
n
100
16
14
80
12
10
60
y8
y
6
40
4
20
2
-1
0
1
Abb.4.14.3 f (x) mit n = 4
2
x
3
4
-1
0
1
2
x
3
4
Abb.4.14.4 f (x) mit n = 10
Genauere Untersuchungen der Gitterfunktion (z.B. mit MAPLE) ergeben, dass ca. 90 % der
Energie in die Hauptmaxima gestreut werden.
101
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.15 Beugung
Paralleles Licht fällt auf einen Spalt der
Breite a. Nach dem Huygens’schen Prinzip kann jeder Punkt des Spalts als Ausgangspunkt einer kugelförmigen Elementarwelle angesehen werden. Von jeder zu b
parallelen Strecke des Spaltes geht dann
eine zylinderförmige Elementarwelle aus
(Einhüllende aller von der Strecke ausgehenden Kugelwellen). Wir denken uns den
Spalt in n äquidistante Sender mit dem
gegenseitigen Abstand d = na zerlegt und
führen dann den Grenzübergang n → ∞
aus.
S1
d
d
d
b
a
Sn
a
Abb.4.15.1 Spalt
Das Huygens’sche Prinzip macht keine Aussage über
die Intensität der Elementarwellen.
J ′ = Intensität einer Elementarwelle im Abstand L
L
a
J0 = Gesamtintensität für ϕ = 0 im Abstand L
ϕ
J(0) = J0
Unabhängig von n muss J0 konstant sein, da der Spalt
ja nur gedanklich in n Sender zerlegt wird! J0 ist eine
messbare Größe, J ′ nicht!
Abb.4.15.2
Mit (4.14.8) folgt für die Intensität einer Elementarwelle
J′ =
J0
n2
(4.15.1)
Aus (4.14.7) und (4.15.1) folgt dann für die Gesamtintensität der n Sender
Jn (ϕ) =
J0 sin2 nx
·
n2 sin2 x
mit
Mit
u :=
d π sin ϕ
λ
(4.15.2)
a
n
(4.15.3)
a π sin ϕ
λ
(4.15.4)
u
n
(4.15.5)
d=
und der Definition
x=
folgt
x=
und
J0 sin2 u
Jn (ϕ) = 2 ·
= J0 · sin2 u ·
n sin2 nu
1
n
sin nu
!2
(4.15.6)
Mit der Regel von de l’Hospital folgt
lim
n→∞
1
n
sin nu
− n12
0
1
1
=
lim
= lim
u
u =
u = n→∞
n→∞
0
− n2 · cos n
u cos n
u
102
(4.15.7)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Aus (4.15.6) und (4.15.7) folgt dann für die Intensitätsverteilung am Spalt
J(ϕ) = lim Jn (ϕ) = J0 ·
n→∞
sin2 u
u2
mit
u=
a π sin ϕ
λ
(4.15.8)
J(0) ist nicht definiert, aber es gilt wegen ϕ → 0 =⇒ u → 0
sin u 2
lim J(ϕ) = J0 · lim
= J0 · 1 = J0
ϕ→0
u→0 u
(4.15.9)
Damit ist endgültig
J(ϕ) =



J0 ·
sin2 u
u2
J0
f ür ϕ 6= 0
mit
u=
f ür ϕ = 0
a π sin ϕ
λ
(4.15.10)
Für die Nullstellen ϕν von J(ϕ) gilt
u=ν·π
=⇒
a π sin ϕν
=ν·π
λ
a sin ϕν = ν · λ
,
(4.15.11)
ν 6= 0
(4.15.12)
Randstrahlen
a ϕν
ϕν
Abb.4.15.3 entnimmt man:
a sin ϕν
Bei der Beugung am Spalt ist die Intensität Null,
wenn der Gangunterschied der Randstrahlen
ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge ist.
(4.15.13)
Abb.4.15.3
Zur Bestimmung der Intensitätsmaxima bei der Beugung am Spalt setzen wir die Ableitungen
der Funktion
sin2 u
g(u) =
(4.15.14)
u2
gleich Null:
2 sin u · (u cos u − sin u)
dg
=
=0
(4.15.15)
du
u3
Aus sin u = 0 folgen die Nullstellen, d.h. die Minima
von J. Für die Maxima ergibt sich
u cos u = sin u
(4.15.16)
tan u = u
(Bedingung für Maxima)
(4.15.17)
tan u
u
und damit
π
Das Hauptmaximum (Maximum nullter Ordnung)
liegt bei u = 0 und somit bei ϕ = 0.
1
π
u
Abb.4.15.4
Abb.4.15.4 entnimmt man die recht brauchbare Näherungsbedingung für die Nebenmaxima:
1
uν ≈ ν +
·π
(4.15.18)
2
und damit
a · sin ϕν ≈
1
ν+
2
103
·λ
(4.15.19)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
(Bedingung für Nebenmaxima)
Für das Maximum ν−ter Ordnung folgt aus (4.15.18)
sin uν ≈ ±1
(4.15.20)
d.h. für die Höhe der Nebenmaxima gilt
J(ϕν ) = Jν ≈
J1 ≈
J0
22
,
J2 ≈
J0
J0
≈
2
u2ν
ν + 21 π 2
J0
62
,
J3 ≈
J0
128
(4.15.21)
(4.15.22)
u.s.w.
Die Intensitätsformel (4.14.7) für das Gitter gilt nur, wenn die einzelnen Sender isotrop strahlen. In Wirklichkeit ist jeder Sender ein Spalt der Breite a und J0 in (4.14.7) muss durch die
Spaltfunktion (4.15.10) ersetzt werden:
J(x) = J0 ·
Wegen u =
ax
d
sin2 u sin2 nx
·
u2
sin2 x
mit x =
π d sin ϕ
λ
und u =
π a sin ϕ
λ
(4.15.23)
gilt dann
sin2 nx
n2 d2 sin2 ax
d
·
J(x) = J0 · 2 ·
2
a {z x2 } |n2 sin
|
{z x}
B(x)
mit x =
π d sin ϕ
λ
(4.15.24)
G(x)
35
30
25
20
15
10
5
0
−30
−20
−10
0
10
Abb.4.15.5 Gitterintensität für n = 6, a = 0,2 mm und d = 0,9 mm
104
20
30
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.16 Das elektromagnetische Spektrum
Spalt
Linse
Schirm
Gitter
L
weißer Fleck
xv1
violett
xr1
Bogenlampe
1. Ordnung
rot
violett
2. Ordnung
rot
Abb.4.16.1 Erzeugung eines Spektrums
Der in Abb.4.16.1 dargestellte Versuch (das Gitter hat 570 Linien
mm , L = 2,00 m) liefert für die
Ränder des Spektrums 1. Ordnung xv1 = 47 cm und xr1 = 102 cm. Damit folgt aus
tan ϕ =
x
,
L
d=
1 mm
570
und λ = d sin ϕ
(4.16.1)
800
| {znm}
(4.16.2)
für die Wellenlängen des sichtbaren Lichts:
400
| {znm}
<
≈
λ
<
≈
rot
violett
Vereinigt man die Spektralfarben mit einer Linse, so entsteht wieder weißes Licht:
Weißes Licht ist ein Gemisch aller Wellenlängen des sichtbaren Lichts!
Isolierte Atome (stark verdünnte Gase) senden Licht mit diskreten Wellenlängen aus, man erhält
dann mit obiger Anordnung ein Linienspektrum. Atome mit starker Wechselwirkung zu den
Nachbaratomen (dichte Gase, Festkörper) senden ein Gemisch sehr vieler Wellenlängen aus, man
erhält ein kontinuierliches Spektrum.
Jede beschleunigte Ladung sendet elektromagnetische Wellen aus. Werden sehr schnelle Elektronen (fast Lichtgeschwindigkeit) in Materie
abgebremst, dann senden sie eine kurzwellige
Strahlung aus, die sogenannte Röntgenstrahlung. Wenn elektromagnetische Strahlung auf
Materie trifft, treten komplizierte Wechselwirkungsprozesse mit den Atomen auf, die nur mit
Hilfe der Quantenmechanik beschrieben werden
Glühdraht
12 V ∼
+
U
(Beschleunigungsspannung)
v
Strahlung
Abb.4.16.2 Röntgenröhre
können. Im wesentlichen kann die einfallende Strahlungsenergie entweder nicht beeinflusst, absorbiert (Umwandlung in Wärme) oder gestreut (kuzzeitige Absorption und anschließendes Aussenden in eine beliebige Richtung) werden. Einen guten Überblick über das Wechselwirkungsverhalten der Strahlung mit einem bestimmten Material liefern Resonanzkurven, in denen z.B.
die absorbierte Energie in Abhängigkeit von der Wellenlänge oder Frequenz aufgetragen wird
(Beispiele siehe Abb.4.16.3).
105
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
λ
m
Überblick über das elektromagnetische Spektrum
Name
Erzeugung
Anwendung
↑ Niederfrequenz ↑
↑ Generatoren ↑
Mikrofone
Langwelle
Mittelwelle
Rundfunk
Kurzwelle
Schwingkreis
UKW
Fernsehen
Dezimeterwellen
Radar
Mikrowellen
Klystron
Herd
104
103
102
101
100
10−1
10−2
10−3
10−4
10−5
Infrarot
Medizin
(Temperaturstrahlung)
(W
ärme)
10−6
Atome
sichtbares Licht
10−7
UV
10−8
10−9
Röntgenröhre
Medizin
Röntgenstrahlung
(Diagnostik)
−10
10
Beschleuniger
10−11
Materialprüfung
10−12
Atomkerne
Gammastrahlung
10−13
Teilchenvernichtung
−14
10
↓
↓
Höhenstrahlung
−15
10
↓
↓
absorbierte Energie
absorbierte Energie
dunstige Luft
Muskeln, Haut
Knochen
sichtbar
10−3 10−4 10−5 10−6 10−7 10−8
λ
m
10−7 10−8
Infrarotfotografie
10−10
Röntgendiagnostik
Abb.4.16.3 Resonanzkurven
106
10−12
λ
m
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.17 Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen
In Kristallen sind die Atome in einem regelmäßigen Gitter angeordnet. Für jeden
Kristall gibt es einen Satz von drei Vektoren
mit folgenden Eigenschaften:
ˆ Verschiebt man den ganzen (unendlich
groß gedachten) Kristall um den Vektor ~x = i~a + j ~b + k ~c mit i, j, k ∈ Z,
dann geht er in sich selbst über.
~c
ˆ ~a , ~b und ~c sind die kleinsten“ Vekto”
ren mit dieser Eigenschaft.
~
γ b
β
~a
Abb.4.17.1 Kristallgitter
Den durch ~a , ~b und ~c aufgespannten Spat nennt man eine Elementarzelle des Gitters. Die
Struktur einer Elementarzelle kann viel komplizierter sein als in Abb.4.17.1.
Trifft eine elektromagnetische Welle auf den Kristall, dann schwingen die Elektronen der Atome
mit und senden ihrerseits wieder eine Welle der gleichen Frequenz (und somit auch der gleichen
Wellenlänge) aus. Die volle Theorie der Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen wurde von
Max v. Laue entwickelt. Wir betrachten den vereinfachten Fall einer Atomanordnung wie in
Abb.4.17.1 mit β = γ = 90◦ , d.h. ~b steht senkrecht auf ~a und ~c. Weiter betrachten wir zunächst
einen Strahl, dessen Einfallsebene parallel zu der von ~a und ~c aufgespannten Ebene ist (siehe
Abb.4.17.2).
1❥
2❥
3❥
P
α
ϕ
α
T
1. Netzebene
V
γ
ξ
~c
s
Q
d
ψ
α
~a
S
ϕ
2. Netzebene
R
D
V
Abb.4.17.2 Interferenz am Kristallgitter
Der Gangunterschied von Strahl 2❥ relativ zu Strahl 1❥ ist
δ21 = PT · (cos α − cos ϕ) = D · (cos α − cos ϕ)
107
(4.17.1)
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Würde die einfallende Welle nur an der ersten Netzebene (oberste Atomschicht) reflektiert, dann hätten wir als Bedingung für Interferenzmaxima
cos α − cos ϕ = µ ·
λ
D
µ=2
µ=1
µ = 0 (ϕ = α)
µ = −1
(4.17.2)
µ = −2
α
Ist λ ≫ D (es genügt schon λ > 2 D), dann ist
(4.17.2) nur für µ = 0 erfüllbar (warum?), d.h.
es gilt das Reflexionsgesetz (ϕ = α) oder der
einfallende Strahl geht geradlinig weiter. Dies
ϕ
oberste Netzebene oder Reflexionsgitter
Abb.4.17.3 Reflexion an nur einer Netzebene
gilt sicher für sichtbares Licht (400 nm < λ < 800 nm), da die Atomabstände in der Größenordnung 1 nm liegen. An der ersten Netzebene wird nur ein Teil der einfallenden Welle reflektiert.
Vom durchgehenden Strahl wird wieder ein Teil an der zweiten Netzebene reflektiert u.s.w. Für
die Maxima der reflektierten Strahlen muss dann neben (4.17.2) auch noch der Gangunterschied
zwischen den Strahlen 3❥ und 1❥ ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge sein:
δ31 = QR + RS = s · (sin γ + sin ξ) = ν · λ
mit s =
d
cos ψ
,
tan ψ =
V
d
,
γ =α+ψ
und ξ = ϕ − ψ
(4.17.3)
(4.17.4)
Mit den Additionstheoremen und (4.17.4) folgt aus (4.17.3)
ν ·λ
=
=
=
=
=
(4.17.2)
=
2d
γ+ξ
γ−ξ
· sin
· cos
=
cos ψ
2
2
α−ϕ
α+ϕ
2d
· sin
· cos
+ψ =
cos ψ
2
2
2d
α+ϕ
α−ϕ
α−ϕ
· sin
· cos
· cos ψ − sin
· sin ψ =
cos ψ
2
2
2
α+ϕ
α−ϕ
α+ϕ
α−ϕ
2 d · sin
· cos
− sin
· sin
· tan ψ =
2
2
2
2
V
d · sin α + sin ϕ + · (cos α − cos ϕ) =
d
µλV
d · sin α + sin ϕ +
Dd
(4.17.5)
Aus (4.17.2) und (4.17.2) folgen somit die Bedingungen für Maxima:
cos α − cos ϕ
=
µ·
λ
=: A
D
und λ
V
· =: B
sin α + sin ϕ =
ν −µ·
D
d
(4.17.6)
Bei der Reflexion an nur einer Netzebene oder am Reflexionsgitter gibt es zu jedem Einfallswinkel α einen oder mehrere Reflexe, da nur die eine Gleichung (4.17.2) erfüllt sein muss. Beim
Kristall müssen beide Gleichungen (4.17.6) erfüllt sein und es gibt nur für einige Einfallswinkel
reflektierte Strahlen.
108
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
Für Reflexe mit α = ϕ (µ = 0) vereinfacht sich das
System (4.17.6) zur Formel von Bragg:
2 d sin ϕ = ν · λ
1❥
(4.17.7)
ϕ
Nur für Einfallswinkel, die (4.17.7)
erfüllen ( Glanzwinkel“) gibt es reflek”
tierte Strahlen nach dem Reflexionsgesetz!
ϕ
ϕ ϕ
2❥
d
Die Bragg’sche Formel folgt auch direkt aus Abb.4.17.4.
Zur Lösung des Systems (4.17.6) werden beide Gleichungen quadriert, addiert und mit dem Pythagoras der Tri- Abb.4.17.4 Zur Bragg’schen Formel
gonometrie (sin2 x + cos2 x = 1) vereinfacht zu
A2 + B 2
B sin α + A cos α =
(4.17.8)
2
Aus (4.11.1) folgt mit cos α = sin(α + π2 )
sin(α + Ψ) =
oder
1 p 2
· A + B2
2
mit
tan Ψ =
A
B
1 p 2
A
2
α = arcsin
· A + B − arctan
2
B
mit λ
V
λ
A=µ·
und B = ν − µ ·
·
D
D
d
(4.17.9)
(4.17.10)
Aus (4.17.7) folgt wegen | cos α − cos ϕ| ≦ 2 die Abschätzung
−
2D
2D
≦µ≦
λ
λ
(4.17.11)
Abb.4.17.2 entnimmt man δ > 0 und damit ν ≧ 1. Aus (4.17.9) folgt A2 + B 2 ≦ 4 und daraus
nach einiger Rechnung
r
r
4
4
µV
µ2
µV
µ2
−d·
−
≦
ν
≦
+
d
·
−
(4.17.12)
D
λ2 D 2
D
λ2 D 2
Als Beispiel betrachten wir einen KCl-Kristall mit einem kubischen Gitter mit
D = 0,315 nm , d = 0,315 nm , V = 0,
der mit Röntgenstrahlung der Wellenlänge λ = 0,15418 nm bestrahlt wird. µ liegt wegen (4.17.11)
zwischen −4 und 4. Für µ = −1 folgt aus (4.17.12) −3 ≦ ν ≦ 3 und wegen der Zusatzbedingung
ν ≧ 1 endgültig 1 ≦ ν ≦ 3. Da die Gleichungen (4.17.6) zur Herleitung von (4.17.10) quadriert wurden, ging Information verloren. Nicht jeder Wert von (4.17.10) muss also Lösung von
(4.17.6) sein, d.h. es ist eine Probe notwendig. Für µ = −1 und ν = 1 folgt aus (4.17.10)
B = −A = 0,48946 und α = 65,249◦ . Aus der ersten Gleichung von (4.17.6) folgt dann
ϕ = arccos(cos α − A) = 24,751◦ . Einsetzen von α und ϕ in die zweite Gleichung von (4.17.6)
liefert einen Widerspruch (sin α + sin ϕ = 1,327 6= B), d.h. keine Lösung für das Paar µ = −1,
ν = 1. Ein CAS (z.B. MAPLE) kann man so programmieren, dass es für alle nach (4.17.11) und
109
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
(4.17.12) möglichen Wertepaare (µ, ν) die Winkel α und
ϕ berechnet und nur diejenigen ausgibt, für die die Probe stimmt. Das Ergebnis für unseren KCl-Kristall ist in
nebenstehender Tabelle zusammengefaßt.
Zur experimentellen Ermittlung der Winkel gibt es die
Drehkristall- und die Pulvermethode.
Bei der Drehkristallmethode wird
der Detektor immer um den doppelten Winkel gedreht wie der Kristall. Damit werden nur diejeni-
Detektor
Röntgenquelle
α
2α
α
Kristall
Abb.4.17.5 Drehkristallmethode
µ
ν
−1
−1
0
0
0
0
1
1
1
2
2
2
3
3
2
3
1
2
3
4
1
2
3
1
2
3
1
2
α
ϕ
59.74 6.610
69.14 32.27
14.17 14.17
29.31 29.31
47.24 47.24
78.21 78.21
−24.75 65.25
6.610 59.74
32.27 69.14
−30.26 96.61
−1.200 88.80
28.24 95.62
−20.86 122.27
5.620 118.24
α+ϕ
2
33.18
50.71
14.17
29.31
47.24
78.21
20.25
33.18
50.71
33.18
43.80
61.93
50.71
61.93
gen Reflexe, die dem Reflexionsgesetz genügen (µ = 0),
registriert. Die Einfallsebene des Strahls muss auch genau
senkrecht zu den Netzebenen stehen.
Eine viel elegantere Methode ist die Pulvermethode (Debye und Scherrer). Der einfallende
Strahl trifft auf ein feines Kristallpulver, dessen einzelne Kristalle regellos durcheinander liegen.
Für jeden passenden Einfallswinkel gibt es einige Kristalle, die genau richtig orientiert sind.
Zu jedem Paar (α, ϕ), für das es Intensitätsmaxima gibt, entstehen somit reflektierte Strahlen,
die einen Kegelmantel mit dem Auftreffpunkt als Spitze bilden und einen Film schwärzen. Der
Radius der Filmkammer wird meistens so gewählt, dass der halbe Ablenkwinkel direkt in der
Einheit mm abgelesen werden kann (1◦ =
b 1 mm).
α+ϕ
2
E
50 60 70
A
80 90 80 70
60 50 40
0
30 20 10
10 20 30
40 50
Aufnahme mit KCl
Filmkammer
r
α+ϕ
E
ϕ
A
α
α + ϕ = Ablenkwinkel
Abb.4.17.6 Debye-Scherrer-Aufnahme (Pulvermethode)
110
Inhaltsverzeichnis
1 Grundlagen
1.1 Grundgrößen . . . . . . . . . . . .
1.2 Messfehler . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Messung linearer Zusammenhänge
1.4 Wiederholung Elektrizität . . . . .
1.4.1 Der Teilchenbaukasten . . .
1.4.2 Ladung und Strom . . . . .
1.4.3 Die Spannung . . . . . . . .
1.4.4 Das Ohm’sche Gesetz . . .
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3
3
4
6
7
7
8
9
10
2 Elektrostatik
2.1 Das elektrische Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Das Coulombsche Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Das Feld von Punktladungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Der Gauß’sche Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.5 Arbeit im elektrischen Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.6 Das Potential des elektrischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . .
2.7 Gegenüberstellung von Elektrostatik und Gravitation . . . . . . .
~ ϕ und ̺ . . . . . . . . . . . . . . .
2.8 Zusammenhänge zwischen E,
2.9 Kondensatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.10 Die Energie des elektrischen Feldes . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.11 Bewegung geladener Teilchen im elektrischen Feld . . . . . . . .
2.11.1 Berechnung der Geschwindigkeit in einem beliebigen Feld
2.11.2 Bewegung im homogenen Feld (vollständige Lösung) . . .
2.12 Die Elementarladung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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14
14
17
19
20
24
26
29
30
31
34
36
36
36
38
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40
40
40
41
42
43
43
44
44
46
48
49
52
52
54
56
58
61
61
61
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3 Elektrodynamik
3.1 Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter . . . . . . . . . . . . .
3.1.1 Wiederholung Magnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.2 Der magnetische Fluss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Die Lorentzkraft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Die Bewegungsinduktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
~ ⊥ Leiter . . . . . . . . .
3.4.1 Gerader Leiter, ~v ⊥ Leiter und B
3.4.2 Allgemeiner Fall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4.3 Bewegung einer Leiterschleife . . . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Das Induktionsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.6 Wirbelfelder und Wirbelströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.7 Bewegung geladener Teilchen im Magnetfeld . . . . . . . . . . . .
3.8 Bewegung in kombinierten elektrischen und magnetischen Feldern
3.8.1 Der Massenspektrograf nach Thomson (1907) . . . . . . .
3.8.2 Das Wienfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8.3 Das Zyklotron . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.9 Das Ampèrsche Durchflutungsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . .
3.10 Berechnung von Magnetfeldern . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.10.1 Die langgestreckte Spule (Solenoid) . . . . . . . . . . . . .
3.10.2 Die Ringspule (Toroid) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
111
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Inhaltsverzeichnis
3.10.3 Das Magnetfeld einer beliebigen Stromverteilung
3.11 Induktivität und magnetische Feldenergie . . . . . . . .
3.12 Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.12.1 Stromquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.12.2 Ohmsche Widerstände . . . . . . . . . . . . . . .
3.12.3 Kapazitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.12.4 Induktivitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.12.5 Maschenregel und Knotenregel . . . . . . . . . .
3.13 Die Maxwell’schen Gleichungen . . . . . . . . . . . . . .
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65
65
65
65
66
66
67
4 Elektromagnetische Schwingungen und Wellen
4.1 Wechselströme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.2 Kondensatoren und Spulen im Wechselstromkreis . . . . . . .
4.2.1 Ideale Kapazität (kein Ohm’scher Widerstand) . . . .
4.2.2 Reale Kapazität (mit Ohm’schem Widerstand) . . . .
4.2.3 Ideale Spule (kein Ohm’scher Widerstand) . . . . . . .
4.2.4 Reale Spule (mit Ohm’schem Widerstand) . . . . . . .
4.3 Der elektrische Schwingkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.3.1 Der ideale Schwingkreis (kein Ohm’scher Widerstand)
4.3.2 Der reale Schwingkreis (R 6= 0) . . . . . . . . . . . . .
4.4 Resonanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.5 Die Dreipunktschaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6 Die Wellengleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.1 Die fortlaufende Welle . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.6.2 Stehende Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7 Wellen auf Leitern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7.1 Die Oszillatorkette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7.2 Das Paralleldrahtsystem (Lechersystem) . . . . . . . .
4.7.3 Einseitig unendliches Lechersystem . . . . . . . . . . .
4.7.4 Endliches Lechersystem . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7.5 Das Koaxialkabel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.7.6 Wellen auf geraden Leitern - der Dipol . . . . . . . . .
4.8 Elektromagnetische Wellen im Vakuum oder Dielektrikum . .
4.8.1 Eigenschaften elektromagnetischer Wellen . . . . . . .
4.8.2 Energietransport mit elektromagnetischen Wellen . . .
4.9 Reflexion und Brechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10 Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.1 Polarisation mit Polfiltern . . . . . . . . . . . . . . . .
4.10.2 Polarisation durch Reflexion . . . . . . . . . . . . . . .
4.11 Summen von Sinusfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.12 Überlagerung von zwei gleichfrequenten Wellen . . . . . . . .
4.13 Zweistrahlinterferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.14 Das optische Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.15 Beugung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.16 Das elektromagnetische Spektrum . . . . . . . . . . . . . . .
4.17 Beugung von Röntgenstrahlen an Kristallen . . . . . . . . . .
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69
69
70
70
71
72
72
73
73
75
76
78
79
80
81
83
83
83
85
85
86
87
88
88
90
92
94
94
95
96
97
98
100
102
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Index
Äquipotentialfläche, 27
Überführungsarbeit, 23
Elementarwellen, 92
Elementarzelle, 106
Energie
des elektrischen Feldes, 33
des Magnetfeldes, 63
potentielle, 23
Energiedichte, 33, 63
Energietransport, 89
Ableitung
partielle, 4
Amplitude, 73
Ampèredefinition, 59
Antiteilchen, 6
Atome, 6
Atomkern, 6
Atommasse, relative, 37
Atomuhr, 2
Ausgleichsgerade, 5
Fadenstrahlrohr, 50
Farad, 31
Faraday-Käfig, 16
Faradaykonstante, 38
Fehler
absoluter, 3
mittlerer, 4
prozentualer, 3
relativer, 3
Feld
homogenes, 15, 24
Feldenergie, 34
Feldkonstante
elektrische, 17
magnetische, 17, 59
Feldlinie
elektrische, 14
magnetische, 39
Feldstärke
elektrische, 14
Fluss
elektrischer, 19
magnetischer, 40
Flussdichte, magnetische, 39
Frequenz, 2, 73
Basisgröße, 2
Beugung, 101
Bewegungsinduktion, 42
Biot-Savart, Gesetz von, 61
Bragg, 108
Brechung, 93
Brewster-Winkel, 94
Coulomb, 7
Coulomb’sches Gesetz, 17
Debye-Scherrer, 109
Dielektrikum, 86
Dielektrizitätskonstante, 17
Dipol, 86
Drehkristallmethode, 109
Dreipunktschaltung, 77
Driftgeschwindigkeit, 8, 9
Durchflutungsgesetz, Ampèr’sches, 58
Effektivwerte, 68
Eigenfrequenz, 2, 74
Einheitensystem, 2
Einschwingzeit, 76
Elektrolyse, 38
Elektron, 6
Elektronenmasse, 34, 51
Elektronenradius, 34
Elektronenvolt, 35
Elektrostatik, 15, 19
Elementarladung, 6, 38, 51
Elementarwelle, 101
Galvanometer, ballistisches, 45
Ganghöhe, 50
Gangungenauigkeit, 2
Gangunterschied, 96, 99, 106
Gauß, 4, 5
Gauß’scher Satz, 21, 41
Gitter, 103
Gitter, optisches, 99
Gitterfunktion, 100
Glanzwinkel, 108
113
Index
magnetischer Monopol, 41
Magnetpole, 39
Maschenregel, 65
Masse, 3
Masse, molare, 37
Masseneinheit, atomare, 37
Massenspektrograf, 51
Maxwell, 66
Maxwellgleichungen, 66
Messreihe, 3
Meter, 3
Milikan, 38
Mittelwert, 3
Moleküle, 6
Myon, 6
Halbleiter, 11
Hallsonde, 46
Hallspannung, 46
Hauptmaxima, 100
Helmholtz-Spulen, 50
Henry, 62
Huygens’sches Prinzip, 92
Impedanz, 69
Induktionsgesetz, 46
Induktionsspannung, 43
Induktionsstrom, 44
Induktivität, 62, 65, 71
Influenzladungen, 16
Intensität, 90
Interferenz, 97
Netzebene, 107
Netzwerk, 64
Neutrino, 6
Neutron, 6
Kapazität, 31, 64
Kilomol, 37
Kilowattstunde, 9
Kirchhoff, 8, 65
Klemmspannung, 64
Knotenregel, 65
Koaxialkabel, 85
Kondensator, 30, 64, 69
Konstantan, 11
Korkenzieherregel, 39
Kraftflussdichte, 40
Kraftstoß, 45
Kreisbahn, 49
Kreisfrequenz, 73
Kreuzprodukt, 40
Kristallgitter, 106
Kugelkondensator, 32
Ohm, 11
Ohm’scher Widerstand, 64
Ohm’sches Gesetz, 12
Oszillatorkette, 82
Paralleldrahtsystem, 82
partielle Ableitung, 29
Phase, 73
Phasendifferenz, 96
Phasenverschiebung, 70
Photon, 6
Plattenkondensator, 31
Poisson-Gleichung, 30
Polardiagramm, 91
Polarisation, 93
Polfilter, 94
Potential, 25
Proton, 6
Pulvermethode, 109
Punktladung, 19
Ladung, 6
Ladung, spezifische, 50
Laplace-Gleichung, 30
Laue, Max von, 106
Lechersystem, 82
Leistung, 9
Leistung, mittlere, 68
Leiter, 12
Leiterschleife, 43
Lenz’sche Regel, 44
Lepton, 6
Licht, sichtbares, 104
Lichtgeschwindigkeit, 3, 18, 83
Lichtjahr, 3
Linienspektrum, 104
Lorentzkraft, 42
Länge, 3
Quarks, 6
Randstrahlen, 102
RC-Schaltung, 70
Rechte-Hand-Regel, 39
Rechtssystem, 39
Reflexion, 93
Reflexionsgitter, 107
Resonanzfrequenz, 74, 76, 80
Resonanzkurve, 76, 81, 104
RL-Schaltung, 72
Rogowski-Spirale, 57
Röntgenstrahlung, 104, 108
Magnetfeld, 39
114
Index
Röntgenstrukturanalyse, 37
Rückkopplung, 77
Wienfilter, 53
Wirbelfeld, elektrisches, 47
Scheitelspannung, 68
Scheitelstrom, 68
Schwingkreis
idealer, 72
realer, 74
Schwingungsdauer, 73
Schwingungsgleichung, 49, 72
Schwingungsüberlagerung, 95
Sekunde, 2
Senderfunktion, 79
Solenoid, 60
Spannung, 9, 26, 43
Spannungsabfall, 65
Spannungsmesser, magnetischer, 57
Spannungsstoß, 45
Spannungsstoß, 57
Spektrum, 76, 104
spezifischer Widerstand, 11
Spiegelgalvanometer, 46
Spule, 71
Stoffmenge, 37
Stromquelle, 64
Stromstärke, 8
Stromwaage, 45
Superposition, 13
Superpositionsprinzip, 19
Zeigerdiagramm, 70
Zeit, 2
Zentralfeld, 21
Zentripetalkraft, 49
Zyklotron, 55
Zählpfeil, 64
Tauon, 6
Tesla, 40
Toroid, 60
Totalreflexion, 93
Umlaufspannung, 47
Urspannung, 64
Vektorprodukt, 40
Verstärkung, 77
Volt, 9
Weber, 41
Wechselstrom, 68
Wechselstromwiderstand, 69
Welle
ebene, 87
elektromagnetische, 87
fortlaufende, 79
stehende, 79
Wellenfront, 91
Wellengleichung, 67, 78, 83
Wellenlänge, 79
Wellenzahl, 79
Widerstand, 11
115
Zugehörige Unterlagen
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