Strukturierte magnetische Filme auf modulati

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Hall-Magnetometrie-Untersuchungen
an mikro- und nanostrukturierten
ferromagnetischen Filmen
Dissertation
zur Erlangung des Grades eines
Doktors der Naturwissenschaften
vorgelegt von
Sascha Hoch
geboren in Herne
19. September 2003
Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik
der Ruhr-Universität Bochum
ii
iii
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
iii
v
Einleitung
vii
Kapitel 1 Grundlagen
11
1.1 Halbleiter ....................................................................................................................... 11
1.1.1 III/V-Halbleiter ........................................................................................................ 12
1.1.2 Zweidimensionale Elektronengase in Halbleiterheterostrukturen........................... 14
1.1.3 Molekularstrahlepitaxie ........................................................................................... 19
1.2 Magnetismus.................................................................................................................. 22
1.2.1 Ummagnetisierungsverhalten von Ferromagneten .................................................. 22
1.2.2 Austauschwechselwirkung, magnetische Anisotropie & Domänen........................ 25
1.2.3 Verhalten von Domänen im äußeren Feld ............................................................... 30
1.2.4 Rotationsprozesse .................................................................................................... 31
1.2.5 Monte-Carlo-Simulation.......................................................................................... 38
1.3 Hall-Magnetometrie ...................................................................................................... 39
1.3.1 Der Halleffekt .......................................................................................................... 39
1.3.2 Prinzip der Hall-Magnetometrie / LHE ................................................................... 42
Kapitel 2 Berechnung des Streufeldes magnetischer Streifen
45
2.1 Das Dipolmodell............................................................................................................ 46
2.2 Simulationen / Abschätzung der Streufeldstärke .......................................................... 48
2.2.1 Laterale Abhängigkeit der z-Streufeldkomponente................................................. 50
2.2.2 Vertikale Abhängigkeit der Streufeldkomponente .................................................. 53
2.2.3 Abhängigkeit von der Dicke der magnetischen Schicht.......................................... 54
2.3 Konsequenzen für das Experiment ................................................................................ 56
Kapitel 3 Experimentelle Details und realisierte Strukturen
63
3.1 Halbleiterpräparation ..................................................................................................... 63
3.1.1 Fotolithographie & Lift-Off-Prozess ........................................................................ 64
3.1.2 Ohmsche Kontakte................................................................................................... 65
3.1.3 Nasschemisch geätzte Hallkreuze............................................................................ 66
3.1.4 Planare Hall-Strukturen durch Ionenimplantation................................................... 68
3.2 Magnetische Filme und deren Strukturierung ............................................................... 76
3.2.1 Epitaktische Schichten............................................................................................. 76
3.2.2 Nicht epitaktische Schichten.................................................................................... 80
iv
INHALTSVERZEICHNIS
Kapitel 4 Experimentelle Streufeld-Charakterisierung magnetischer Streifen &
Drähte
83
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen ............................................................. 83
4.1.1 Magnetometrie mittels geätzter Hall-Sensoren ....................................................... 83
4.1.2 Magnetometrie mittels planarer Hall-Sensoren ....................................................... 92
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten ........................................................... 108
4.2.1 Details zur Hybrid-Struktur und erste Streufeld-Messungen ................................ 108
4.2.2 Einfluss der Breite ferromagnetischer Drähte ....................................................... 113
4.2.3 Empfindlichkeit des Hall-Sensors als Funktion der Sensor-Fläche ...................... 124
4.2.4 Ummagnetisierung und Einfluss der Abschlussdomänen ..................................... 128
Zusammenfassung und Ausblick
137
Anhang A
143
Anhang B
145
Anhang C
149
Referenzen
155
Danksagung
165
Lebenslauf
167
v
Abkürzungsverzeichnis
2DEG
AC
AFM
DC
DHC
EBL
FA
fcc
FIB
FM
FWHM
HB
hcp
HEMT
HF
IPG
LHE
LHe
LMIS
MBE
MIBK
MJB
ML
MOKE
MP
NMP
PMMA
PSD
Py
REM
RHEED
RT
SC
SEM
SNR
SQUID
UHV
zweidimensionales Elektronengas
alternating current, Wechselstrom
atomic force microscope, Rasterkraftmikroskop
direct current, Gleichstrom
double-hall-cross, Doppel-Hall-Kreuz
electron beam lithography, Elektronenstrahllithographie
Feststoffanteil in PMMA-Lacken
face centered cubic, kubischflächenzentriert
focused ion beam, Fokussierter Ionen Strahl
Ferromagnet
full-width-at-half-maximum, Halbwertsbreite
hall-bar
hexagonal closed packed, hexagonale dichteste Kugelpackung
high electron mobility transistor
high frequency, Hoch-Frequenz
in-plane gate
Lokaler Hall-Effekt
liquid helium, flüssiges Helium
liquid metal ion source, Füssigmetall-Ionenquelle
molecular beam epitaxy, Molekularstrahlepitaxie
Methyl-Isobutyl-Keton
Maskenjustierbelichter
mono-layer, Monolage
Magneto-Optischer-Kerr-Effekt
Magnetischer Punkt
N-Methylpyrrolidon
Polymethylmethacrylat
phase sensitive detection, Phasenempfindliche Detektion
Permalloy
Rasterelektronenmikroskop
reflection high energy electron diffraction
room temperature, Zimmertemperatur
semiconductor, Halbleiter
scanning electron microscope, siehe REM
signal-to-noise-ratio, Signal-zu-Rausch-Verhältnis
superconducting quantum interference device
ultra high vacuum, Ultra-Hoch-Vakuum
vii
Einleitung
Die Nanotechnologie wird zur Zeit als eine der Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts
angesehen. So wird in vielen Gebieten der Wissenschaft die Herstellung von niedrigdimensionalen Systemen mit dem Ziel verfolgt, die magnetischen und elektrischen Eigenschaften
von Nanostrukturen gezielt zu verändern, um sie für zukünftige Anwendungen in Forschung
und Technik, sogar in der Biologie (z.B. [Ben03]) nutzbar zu machen. Einer der Kernpunkte
ist hierbei, dass die physikalischen Eigenschaften nicht mehr allein von den Materialeigenschaften, sondern auch von der Dimension der Objekte bestimmt werden.
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung ferromagnetischer Nanostrukturen. Makroskopische Ferromagnete weisen im Allgemeinen einen mehrdomänigen Zustand
auf ([Aha96], [Hub98]). Dies ändert sich jedoch, wenn durch Nanostrukturierung die Größe
des Ferromagneten ausreichend reduziert wird. Der mehrdomänige Zustand ist energetisch
nicht mehr günstig, und es kommt zur Ausbildung eines ausgedehnten eindomänigen Zustands innerhalb des magnetischen Partikels [Hub98]. Man erwartet, dass sich die magnetischen Eigenschaften, wie z.B. das Schaltfeld solch eines Nanopartikels, deutlich von denen
makroskopischer Strukturen unterscheiden. Derartige eindomänige Partikel können im Bereich der Informationstechnologie zur Entwicklung magnetischer, nichtflüchtiger Massenspeicher eingesetzt werden. Hierbei wird eine Anordnung aus isolierten eindomänigen magnetischen Nanostrukturen vorgeschlagen, die die einzelnen Speicherzellen darstellen [Him98].
Auf Grund der geringen Größe der Speicherzellen ließe sich eine enorme Packungsdichte
erreichen. Auch für den neuen, sehr aktuellen Forschungsbereich der Spintronik (z.B.
[Gro01], [Sch02]) sind eindomänige ferromagnetische Strukturen von großem Interesse. Entscheidend ist dabei die Injektion von spinpolarisierten Elektronen in einen Halbleiter. Es besteht die Hoffnung, dass die in einem eindomänigen ferromagnetischen Kontakt spinpolarisierten Leitungselektronen in den Halbleiter injiziert werden können, ohne dass sich der
Polarisationsgrad entscheidend reduziert ([Wun03], [Zhu01]). Auch ist es vorstellbar, dass die
Streufelder eindomäniger Partikel dazu genutzt werden, die bereits gut als Spininjektoren
funktionierenden, jedoch nicht ohne äußeres Feld auskommenden „Spin-Aligner“ [Fie99] zu
polarisieren. Aus den angeführten Gründen gewinnt das Verständnis des Magnetismus kleiner
magnetischer Partikel zunehmend an Bedeutung. Insbesondere sind das Ummagnetisierungsverhalten und die Domänenstruktur kleiner magnetischer Partikel von Interesse.
viii
EINLEITUNG
Die magnetische Charakterisierung einzelner nanoskaliger Partikel ist jedoch wegen der
geringen Mengen an ferromagnetischem Material mit Standard-Methoden wie der magnetooptischen Kerr-Magnetometrie oder der SQUID-Magnetometrie nicht möglich. Zur Untersuchung der Domänenstruktur oder Bestimmung von Hystereseschleifen einzelner ferromagnetischer Nanostrukturen sind neue Techniken und Messverfahren wie z.B. die Mikro-SQUID
Magnetometrie [Wer95], Magnet-Kraft-Mikroskopie (MFM) [Loh01] oder LORENTZ-Mikroskopie [Raa00] entwickelt und eingesetzt worden. Eine weitere Möglichkeit, Informationen
über den Ummagnetisierungsprozess einzelner Nanomagnete zu gewinnen, ist die Messung
des anisotropen Magnetowiderstands (AMR) des Partikels, da dieser von der relativen Orientierung der magnetischen Momente in Bezug auf die Stromrichtung abhängt ([Blu94],
[Hau03]). All diesen Verfahren ist allerdings gemein, dass sie in der Regel nur in einem beschränkten Temperaturbereich und/oder nur bei moderaten äußeren Magnetfeldern betrieben
werden können. Solche Einschränkungen gelten prinzipiell nicht für die noch recht junge
Messmethode der Hall-Magnetometrie [Mon99]. Diese bedient sich des Hall-Effektes
[Hal79], um das von den ferromagnetischen Nanostrukturen ausgehende Streufeld zu
detektieren und hierüber Einblicke in den Magnetisierungszustand des Ferromagneten zu
gewinnen. Das absolute Limit des Auflösungsvermögens wird bei der Hall-Magnetometrie
nach F. G. MONZON, D. S. PATTERSON und M. L. ROUKES erst bei ferromagnetischen
Partikeln erreicht, die nur einige hundert BOHRsche Magnetons aufweisen [Mon99]. Ein
weiterer Vorteil gegenüber der Magnet-Kraft-Mikroskopie beispielsweise ist, dass bei der
Hall-Magnetometrie keinerlei Störungen des untersuchten magnetischen Systems durch den
Messprozess selbst befürchtet werden müssen.
Ziel der Arbeit ist es daher, das Verfahren der Hall-Magnetometrie am hiesigen Lehrstuhl zu
etablieren und mit seiner Hilfe das Schaltverhalten und die Streufelder von mikro- und
nanostrukturierten (rechteckigen) ferromagnetischen Filmen unterschiedlicher Materialien
(Fe, Co und Permalloy Ni80Fe20) zu untersuchen. Außerdem soll versucht werden, einen
quantitativen Bezug zwischen dem Messsignal und dem Streufeld der untersuchten ferromagnetischen Struktur herzustellen. Zur Durchführung der Messungen ist zunächst der Aufbau
eines adäquaten Messplatzes zur magnetfeldabhängigen Aufnahme des Hall-Widerstandes bei
kryogenen Temperaturen sowie bei Zimmertemperatur und die Einführung der notwendigen
Technologie zur Herstellung der zu untersuchenden Hybrid-Proben notwendig. Hierbei müssen strukturierte ferromagnetische Filme auf Hall-Sensoren präpariert werden, ohne die magnetischen Eigenschaften und die Funktion des Sensors zu beeinträchtigen. Der
Elektronentransport innerhalb der Hall-Sensoren soll dabei in einem zweidimensionalen
Elektronengas (2DEG) innerhalb einer HEMT-Struktur (HEMT für engl. high electron
mobility transistor, [Din78], [Stö79]) erfolgen. Die als Basismaterial für die Hall-Sensoren
verwendeten HEMT-Strukturen können in der institutseigenen Molekularstrahlepi-
Einleitung
ix
taxie (MBE)-Anlage hergestellt und somit den speziellen Erfordernissen der Experimente
angepasst werden.
Im Rahmen der Arbeit wurden neben den Standard-Hall-Sensoren, die durch optische Lithographie sowie nasschemisches Ätzen hergestellt werden und keine planare Oberfläche aufweisen, auch planare Hall-Sensoren mittels fokussierter Ionenimplantation realisiert. Die
ferromagnetischen Strukturen wurden überwiegend mit Hilfe des Lift-Off Verfahrens hergestellt, es wurde aber auch versucht, epitaktische Filme mit anderen Verfahren zu strukturieren.
Die Definition der größeren ferromagnetischen „Streifenstrukturen“ erfolgte mit optischer
Lithographie, die der kleineren Strukturen in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von
Herrn Prof. G. DUMPICH (Universität Duisburg-Essen) mittels Elektronenstrahllithographie
(EBL) [Sta02].
Die Arbeit gliedert sich in folgende Abschnitte:
Kapitel 1 gibt eine Einführung in die für diese Arbeit relevanten Bereiche der Halbleiterphysik und liefert die Grundlagen zum Verständnis von Halbleiter-Heterostrukturen und der
Erzeugung eines 2DEGs. Hier schließt sich eine kurze Beschreibung der Grundlagenphysik
des Ferromagnetismus, des Ummagnetisierungsverhaltens eines eindomänigen Partikels und
der Grundzüge mikromagnetischer Simulationen an.
In Kapitel 2 wird dann ein Modell zur Streufeldberechnung magnetisch gesättigter ferromagnetischer Streifenstrukturen entwickelt, mit dessen Hilfe das Profil und die Größe des
Streufeldes als Funktion der für die vorliegende Arbeit relevanten geometrischen Parameter
der Hybrid-Struktur abgeschätzt werden.
Anschließend werden in Kapitel 3 die Prozessschritte zur Halbleiterpräparation und zur
Strukturierung sowohl einkristalliner, d.h. epitaktisch abgeschiedener, als auch polykristalliner ferromagnetischer Filme erläutert. Außerdem wird kurz die Technologie der fokussierten
Ionen-Implantation erörtert, mit deren Hilfe Hall-Sensoren mit einer planaren Oberfläche realisiert wurden.
In Kapitel 4 werden die im Rahmen der Arbeit gewonnenen experimentellen Ergebnisse der
Hall-Magnetometrie-Untersuchungen an ferromagnetischen Streifen- und Drahtstrukturen
vorgestellt. Diese werden mit den theoretischen Ergebnissen aus Kapitel 2 und den Resultaten
mikromagnetischer Simulationen verglichen.
Im letzten Kapitel wird die Arbeit mit einer Zusammenfassung und einem Ausblick abgeschlossen.
11
Kapitel 1
Grundlagen
In diesem Kapitel sollen die theoretischen Grundlagen zum Verständnis der im Rahmen
vorliegender Arbeit hergestellten und untersuchten Halbleiter-Ferromagnet-Strukturen
vermittelt werden. Die Basis dieser Hybrid-Strukturen stellt eine Halbleiterheterostruktur dar,
auf die nachträglich ein ferromagnetisches Metall aufgebracht wird. Demzufolge wird in
diesem Kapitel zunächst eine kurze Einführung in die technologischen und physikalischen
Eigenschaften von Halbleiterheterostrukturen gegeben. Im Anschluss daran wird die
grundlegende Theorie des Ferromagnetismus behandelt. Abschließend wird das in dieser
Arbeit zur Anwendung kommende Verfahren der Hall-Magnetometrie vorgestellt und deren
Möglichkeiten diskutiert.
1.1 Halbleiter
Im Gegensatz zu Metallen existieren im Leitungsband eines reinen Halbleiters bei tiefen
Temperaturen keine Elektronen – der Halbleiter ist ein Isolator. Durch thermische und/oder
optische Energie lassen sich jedoch Elektronen aus dem Valenzband in das Leitungsband über
die Bandlücke hinweg anregen, wodurch bei an den Halbleiter angelegter Potenzialdifferenz
ein Stromtransport innerhalb des Leitungsbandes und des Valenzbandes ermöglicht wird. Befinden sich im Leitungsband ausschließlich die durch Anregungsprozesse aus dem Valenzband angehobenen Elektronen und existiert darüber hinaus eine gleichgroße Zahl an nicht
besetzten Zuständen im Valenzband (sog. Löcher), so bezeichnet man den Halbleiter als
intrinsisch. Durch eine sog. Dotierung des Halbleiters, bei der bewusst elektrisch aktive
Fremdatome in das Kristallgitter eingebaut werden, kann gezielt die Anzahl der Elektronen
bzw. Löcher in den entsprechenden Bändern und damit die Leitfähigkeit des Halbleiters beeinflusst werden: Die als Donatoren bezeichneten Dotieratome können Elektronen an das
Leitungsband abgeben (n-Dotierung), die sog. Akzeptoren Elektronen aus dem Valenzband
aufnehmen und damit Löcher im Valenzband generieren (p-Dotierung). Außer der Bandlückenenergie Eg sind die Elektronendichte n bzw. Löcherdichte p und die entsprechenden
Landungsträgerbeweglichkeiten µn bzw. µp wichtige elektrische Kenngrößen eines Halbleiters. Die Ladungsträgerbeweglichkeit µ ist definiert als die Proportionalitätskonstante
12
GRUNDLAGEN
zwischen dem angelegten elektrischen Feld E und der dazugehörigen Driftgeschwindigkeit
vD, es gilt also vD = µE. Diese Beziehung gilt allerdings nur für kleine elektrische Felder, wie
sie im Rahmen dieser Arbeit verwendet wurden.
Es gibt eine Vielzahl von Materialien mit halbleitenden Eigenschaften, auf die hier nicht eingegangen werden kann. Im nächsten Abschnitt soll nur eine spezielle, für diese Arbeit relevante, Gruppe von Halbleitern vorgestellt werden, die nicht, wie die vielleicht bekanntesten
Halbleiter Si und Ge, elementar und in der IV. Hauptgruppe des Periodensystems zu finden
sind, sondern aus Elementen der III. und V. Hauptgruppe zusammengesetzt sind – die sog.
III/V-Verbindungshalbleiter.
Abbildung 1.1: Bandlückenenergien Eg und Gitterkonstanten für verschiedene Verbindungshalbleiter bei Raumtemperatur (nach [Iba81]). Die rote Linie stellt den Zusammenhang zwischen der Bandlückenenergie Eg und der
Gitterkonstanten von AlxGa1-xAs für 0≤ x≤1 dar.
1.1.1 III/V-Halbleiter
Als III/V-Halbleiter wird die Materialklasse der Halbleiter bezeichnet, die durch chemische
Bindung jeweils eines Elementes (binäre Verbindung) oder mehrerer Elemente (ternäre,
quaternäre, … Verbindungen) aus der III. bzw. der V. Hauptgruppe des Periodensystems hervorgeht. Beispiele für binäre III/V-Halbleiter sind die Nitride AlN, GaN und InN, die Arsenide AlAs, GaAs und InAs, sowie die entsprechenden Antimonide der Elemente Al, Ga und
In. Für die vorliegende Arbeit von Bedeutung sind die binären Halbleiter AlAs und GaAs
sowie die aus diesen beiden Halbleitern zusammengesetzte Legierung AlxGa1-xAs (ternäre
Verbindung). Alle oben aufgeführten binären Verbindungshalbleiter mit Ausnahme von GaN
kristallisieren ausschließlich in der Zinkblendestruktur, welche sich aus zwei um ¼ der
Raumdiagonale verschobenen kubisch flächenzentrierten (fcc, engl. für face centered cubic)
Untergittern zusammensetzt. Diese Untergitter sind jeweils mit dem Element der III. bzw. V.
Hauptgruppe des Periodensystems besetzt. Viele der III/V-Halbleiter, darunter auch das für
1.1 Halbleiter
13
diese Arbeit wichtige Legierungssystem AlxGa1-xAs (mit x<0,43), besitzen eine direkte
Bandlücke und sind daher besonders für optoelektronische Anwendungen von technologischem Interesse. Entscheidender für diese Arbeit ist jedoch, dass sich das AlxGa1-xAs-Materialsystem hervorragend zur Halbleiterepitaxie eignet, bei der einkristalline Halbleiterschichten mit meist unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften, insbesondere
unterschiedlicher Bandlücken, epitaktisch1 aufeinander abgeschieden werden. Die Halbleiterepitaxie stellt die Grundlage der im nächsten Kapitel vorgestellten Halbleiterheterostrukturen
dar. Abbildung 1.1 verdeutlicht die Ursache für die Ausnahmestellung, die von dem
AlxGa1-xAs-Materialsystem bei der Halbleiterepitaxie eingenommen wird. In diesem Diagramm wird die Bandlückenenergie Eg einiger ausgesuchter binärer Verbindungshalbleiter
(und der Gruppe IV der Elementhalbleiter Si und Ge) ihrer Gitterkonstanten gegenübergestellt. Die Verbindungslinie zwischen jeweils zwei binären Halbleitern stellt die Gruppe der
ternären Halbleiter dar, die sich durch die verschiedenen Legierungen der beiden binären
Halbleiter ergibt. Die Bandlücke des auf AlxGa1-xAs basierenden Materialsystems lässt sich
durch geeignete Wahl des Mischungsverhältnisses x in einem weiten Bereich nahezu linear
(bis zu ca. 2eV) zwischen den Bandlücken der beiden binären Verbindungshalbleiter GaAs
und AlAs (1,4eV bzw. 2,2eV) einstellen (siehe rote Linie)2. Hierbei vergrößert sich die
Gitterkonstante im gesamten Bereich (0≤x≤1) nur unwesentlich von 0,5653 nm auf
0,5661 nm (fast vertikale Verbindungslinie), was bei der Halbleiterepitaxie das Aufeinanderabscheiden von beliebig dicken nahezu unverspannten1 Schichten dieser Materialklasse im
gesamten Mischungsbereich erlaubt. Diese Eigenschaft macht das AlAs/GaAs-Materialsystem zu einem der wichtigsten Systeme für die Realisierung der im nächsten Kapitel diskutierten Halbleiterheterostrukturen.
1
Sind die Gitterkonstanten des Substrates und der abgeschiedenen Schicht nicht gleich, so nimmt beim
epitaktischen Abscheiden die Gitterkonstante der Schicht (bis zu einer bestimmten Dicke) diejenige des
Substrates an. Das Gitter der Schicht wird bei diesem Prozess verspannt.
2
Diese Möglichkeit, die Bandlücke eines Halbleiters in gewissem Maße einstellen und damit die wichtigsten
Transporteigenschaften vorgeben zu können, wird als „Bandgap-Engineering“ bezeichnet.
14
GRUNDLAGEN
Abbildung 1.2: Banddiagramm zweier Halbleiter mit verschiedenen Bandlücken (nach [Sze81]), elektrisch
voneinander isoliert a) und im elektrischen Kontakt und thermischen Gleichgewicht b). φ m und χ bezeichnen die
Austrittsarbeiten bzw. die Elektronenaffinitäten.
1.1.2 Zweidimensionale Elektronengase in Halbleiterheterostrukturen
Zweidimensionale Elektronengase (2DEG) bilden sich aus, wenn die freie Bewegung der
Elektronen in einer Raumrichtung in der Größenordung ihrer DE BROGLIE-Wellenlänge
λ=h/p eingeschränkt wird. Diese Einschränkung lässt sich experimentell durch sog.
Quantentöpfe (schmale Potenzialtöpfe) in Halbleiterheterostrukturen gut realisieren. Diese
Strukturen sind aus mindestens zwei verschiedenen Halbleiterschichten verschiedener
Bandlücken aufgebaut, die epitaktisch aufeinander abgeschieden wurden. Von
physikalischem Interesse bei den Heterostrukturen ist die Grenzfläche zwischen den
Halbleitern, der sog. Heteroübergang. Dieser sollte nahezu abrupt, also möglichst innerhalb
einer Monolage erfolgen. Eine Technik zur Herstellung dieser Heteroübergänge, die
Molekularstrahlepitaxie, wird im Kapitel 1.1.3 vorgestellt. Im Folgenden soll zunächst der
Heteroübergang wegen seiner Bedeutung für das Verständnis von Heterostrukturen näher
betrachtet werden.
1.1.2.1 Der Heteroübergang
In Abbildung 1.2 wird exemplarisch der Heteroübergang von einem n-Typ zu einem p-Typ
Halbleiter mit unterschiedlichen Bandlücken gezeigt. Im separierten Zustand a) liegt in beiden
Fällen ein Flachbandverlauf mit den Energielücken Eg1 bzw. Eg2 vor. Die Leitungsbanddiskontinuität ∆EC und die Valenzbanddiskontinuität ∆EV lassen sich, soweit bekannt,
leicht aus den Elektronenaffinitäten χ und den Bandlücken Eg berechnen:
∆EC = χ1 − χ 2 ,
∆EV = ∆E + Eg1 − Eg 2 .
Da die Elektronenaffinitäten χ für Nicht-Oberflächen-Elektronen nur schwer experimentell
bestimmbar sind, sollen sie nun als phänomenologische Größen betrachtet werden. Aus z.B.
15
1.1 Halbleiter
spektroskopischen Untersuchungen lassen sich für den AlxGa1-xAs / GaAs - Heteroübergang
die folgenden Diskontinuitäten ermitteln [Zha91]:
2
1
∆Eg , bzw. ∆EV ≈ ∆Eg ,
3
3
mit ∆Eg = Eg (Al x Ga1- x As) − Eg (GaAs).
∆EC ≈
(1.1)
Werden nun die beiden Halbleiter in elektrischen Kontakt gebracht, so stellt sich im
thermischen Gleichgewicht eine im gesamten System konstante FERMI-Energie3 EF ein (siehe
Abbildung 1.2b)). Solange die Energielücken Eg und die Elektronenaffinitäten χ der
Halbleiter unabhängig von der Dotierung sind, bleiben die Banddiskontinuitäten ∆EC und ∆EV
des isolierten Zustands weiterhin erhalten, da das Vakuum-Energieniveau stetig ist und stets
parallel zu den Energiebandkanten verläuft. In großer Entfernung von dem Heteroübergang
muss der Bandverlauf innerhalb des jeweiligen Halbleiters dem des entsprechenden
separierten Halbleiters entsprechen. Um die Bedingung einer in der gesamten Heterostruktur
konstanten FERMI-Energie3 zu erfüllen, erfolgt ein Elektronentransfer von einer Seite der
Heterogrenzfläche auf die andere, was die Ausbildung von Raumladungsgebieten xi und eine
daraus resultierende Bandkrümmung bedingt (siehe Abbildung 1.2b)).
Abbildung 1.3: Schematische Darstellung eines Heterostruktur-Übergitters. a) undotiert, b) volumendotiert,
c) modulationsdotiert. Unterhalb der FERMI-Energie EF (siehe b) und c)) bildet sich durch den räumlichen
Einschluss der Elektronen in einer Richtung ein zweidimensionales Elektronengas aus. Schwarz eingezeichnet
sind die sog. Subbänder, die die quantisierten Energien in den Potenzialtöpfen darstellen. c) Durch die
Modulationsdotierung wird die Streuung der Elektronen an den ionisierten Donatoren herabgesetzt, da diese
hierbei räumlich voneinander getrennt sind [Stö79].
1.1.2.2 Zweidimensionale Elektronengase
Durch die sich bei Heterostrukturen ergebende Bandlückenmodulation in Wachstumsrichtung
bilden sich im Leitungs- und Valenzband der Heterostruktur Potenzialtöpfe aus.
Abbildung 1.3 zeigt ein sog. Übergitter, das durch die abwechselnde Abfolge von zwei sehr
dünnen (größenordnungsmäßig 10nm dicken) Halbleiterschichten verschiedener Bandlücke
entsteht. In den durch die Bandmodulation entstehenden rechteckigen Quantentöpfen bilden
3
Dies gilt strenggenommen nur bei T =0K, da nur dann die FERMI-Energie identisch mit dem elektrochemischen
Potenzial ist. Die elementare Forderung ist nämlich die räumliche Konstanz des elektrochemischen Potenzials.
Trotzdem ist es in diesem Zusammenhang meist in der Literatur üblich, von der FERMI-Energie statt dem
elektrochemischen Potenzial zu sprechen.
16
GRUNDLAGEN
sich quantisierte Energiewerte für die kinetische Energie der Elektronen aus, die sog. Subbänder. Wird nun diese Heterostruktur n-dotiert, so relaxieren die Donatorelektronen in die
energetisch günstigsten Zustände, also in die Minima der Potenzialtöpfe (siehe
Abbildung 1.3b)). Durch entsprechende Wahl der Dotierung lässt sich das System so einstellen, dass sich nur ein Subband unterhalb der FERMI-Energie EF befindet (siehe
Abbildung 1.3c). In diesem Fall liegen die Energieeigenwerte der Elektronen in den beiden
nicht eingeschränkten Raumrichtungen quasi kontinuierlich. In der dritten Raumrichtung kann
jedoch nur ein diskreter Energieeigenwert von den Elektronen angenommen werden. Daher
spricht man bei diesem Elektronensystem von einem entarteten zweidimensionalen Elektronengas (2DEG)4; die Dicke des Elektronenfilms erreicht hier die DEBROGLIE-Wellenlänge
der Elektronen (~10nm). Die in Abbildung 1.3b) und c) deutlich sichtbare Bandkrümmung ist
durch die positiven bzw. negativen Raumladungen bedingt, die durch die Verschiebung von
Elektronen aus dem Barrierenmaterial in die Potenzialtöpfe entsteht.
Anfang der 70er Jahre gelang es zuerst R. DINGLE, H. L. STÖRMER und Mitarbeitern, einen
Quantentopf auf AlxGa1-xAs/GaAs-Basis nach einer Idee von L. ESAKI und R. TSUI (aus den
sechziger Jahren) herzustellen [Esa69], [Din74] und wenig später durch die sog. Modulationsdotierung (siehe Abbildung 1.3c)) zu optimieren [Din78], [Stö79]. Hierbei wird nur der
Halbleiter mit der größeren Bandlücke dotiert (siehe Abbildung 1.3c)), wodurch das
zweidimensionale Elektronengas räumlich von den ionisierten Donatoratomen getrennt wird.
Diese Trennung vermindert die Streuung der Elektronen an den ionisierten Störstellen, da sich
nur noch der langreichweitige Teil der COULOMB-Wechselwirkung zwischen den ionisierten
Dotieratomen und Elektronen im 2DEG bemerkbar macht. Durch dieses Verfahren ist es
möglich, bei tiefen Temperaturen Elektronenbeweglichkeiten von über 107 cm2 /Vs in speziellen modulationsdotierten Schichtfolgen, den sog. HEMT-Strukturen, zu erzielen [Pfe89].
HEMT steht hier für High Electron Mobility Transistor. Da HEMT-Strukturen die Basis der
im Rahmen dieser Arbeit hergestellten Hybrid-Strukturen (Metall-Halbleiter-Strukturen) darstellen, sollen sie nun genauer betrachtet werden.
Im Unterschied zu dem in Abbildung 1.3c) vorgestellten modulationsdotierten Quantentopf
besitzen HEMT-Strukturen nur einen Heteroübergang, an dem sich das 2DEG ausbildet.
Durch die Reduzierung der Grenzflächenanzahl und dem vergleichsweise großen Abstand5
des Schwerpunktes des Quadrats der Elektronenwellenfunktion ψ (siehe Abbildung 1.4a)) zur
Grenzfläche (~10nm) kommt es zu einer verminderten Grenzflächenstreuung der Elektronen.
4
Eine interessante und technologisch bedeutende Eigenschaft eines 2DEGs ist sein metallischer Charakter
(FERMI-Energie liegt oberhalb des Subbandes). Selbst bei tiefsten Temperaturen kommt es nicht zum Ausfrieren
der Leitungselektronen, wie es sonst für einen nicht entarteten Halbleiter typisch ist.
5
Wegen des sich in der HEMT-Struktur ausbildenden einseitig seichten Einschlusspotenzials liegt der
Schwerpunkt des Quadrats der Wellenfunktion relativ weit innerhalb des GaAs-Puffers (siehe Abbildung 1.4a)).
1.1 Halbleiter
17
Zur weiteren Erhöhung der Elektronenbeweglichkeit wird in der HEMT-Struktur ein sog.
Spacer zwischen den Heteroübergang und dem dotierten Barrieren-Bereich eingeführt,
wodurch die COLOUMB-Streuung an den ionisierten Dotieratomen noch weiter herabgesetzt
wird. Wie zuvor gesehen, ist für die Halbleiterepitaxie die Legierungsklasse AlAs/GaAs das
Materialsystem der Wahl und wird hier daher auch zur Herstellung der HEMT-Strukturen
verwendet.
In Abbildung 1.4 ist schematisch die Schichtfolge von zwei im Rahmen dieser Arbeit verwendeten HEMT-Strukturen gezeigt. Ein semi-isolierendes GaAs(100)-Substrat stellt die Basis
der HEMT-Strukturen dar. Auf dieses wird zunächst zur Oberflächenglättung eine dünne
GaAs-Schicht deponiert und im Anschluss ein Übergitter (10 Perioden) aus dünnen (5 bis
10nm) AlAs und GaAs Schichten gewachsen. Durch die Grenzflächen dieses Übergitters wird
die Oberfläche weiter geglättet und Aufschwämmen von Verunreinigungen vom Substrat in
den Bereich des 2DEGs verhindert, das jede Grenzfläche potentiell Fremdatome binden kann.
Der Heteroübergang und damit die eigentliche HEMT-Struktur setzt sich aus einer ca. 650nm
dicken GaAs-Schicht (dem Puffer) und dem etwa 40nm dicken AlxGa1-xAs-Spacer, gefolgt
von einer ca. 70nm dicken Si-dotierten6 AlxGa1-xAs-Schicht (der Donatorschicht), zusammen.
Der Aluminiumgehalt x liegt typischerweise bei etwa 0,33. Den Abschluss bildet eine Sidotierte GaAs-Deckschicht (Cap-layer), die das Oxidieren des Aluminiums der darunter
liegenden AlxGa1-xAs-Schicht verhindert. Die Si-Dotierung der Deckschicht soll das spätere
Kontaktieren der Proben erleichtern. Eine Alternative zu der bisher beschriebenen Volumendotierung einer HEMT-Struktur (siehe Abbildung 1.4a)) bietet die sog. Si-Deltadotierung.
Hierbei wird nach Vollendung der Spacer-Schicht der Wachstumsprozess kurzzeitig unterbrochen, um Si auf die Oberfläche des Wafers aufzubringen. Diese Oberflächendotierung
wird anschließend mit AlxGa1-xAs überwachsen. Falls die Wachstumsparameter richtig gewählt werden, kann eine Diffusion des Si verhindert werden, sodass eine sehr dünne Dotierschicht (im Idealfall eine Atomlage) entsteht. Für dieses sehr scharfe Dotierprofil hat sich die
Bezeichnung Deltadotierung eingebürgert. Der genaue Aufbau der jeweiligen HEMT-Strukturen, speziell die Dicke der Schichten, kann je nach Anwendung variieren und lässt sich den
Wachstumsprotokollen entnehmen (siehe Anhang B).
6
In das AlxGa1-xAs-Kristallgitter baut sich Si bei der verwendeten Oberflächenorientierung (100) hauptsächlich
als Donator ein, weshalb es als n-Typ Dotierstoff fungiert.
18
GRUNDLAGEN
Abbildung 1.4: Schematisch dargestellt ist der Schichtaufbau von zwei konkreten, in der Arbeit verwendeten
HEMT-Strukturen und deren Leitungsbandverlauf mit der Elektronenwellenfunktion ψ und dem dazugehörigen
Energieeigenwert (schwarze Linie in der dreiecksförmigen Potenzialtasche)7. In a) ist eine „konventionelle“
HEMT-Struktur mit homogen Si-dotierter Donatorschicht gezeigt, in b) eine HEMT-Struktur mit SiDeltadotierung und oberflächennahem 2DEG. In beiden Darstellungen ist jeweils nur der elektrisch aktive
Bereich gezeigt, auf die Darstellung des GaAs-Substrats, der ersten GaAs-Glättungsschicht und des Übergitters
wurde verzichtet. Gut zu erkennen ist die nahezu dreiecksförmige Potenzialtasche unterhalb der FERMIE-Energie
(gestrichelte weiße Linie), in die die Elektronen der ionisierten Donatoren relaxieren. Auf Grund des Einschlusses bildet sich ein 2DEG dicht unterhalb des Heteroübergangs aus.
In der homogen dotierten Donatorschicht (Abbildung 1.4a)) bildet sich durch Relaxationsprozesse der Elektronen in das Potenzialminimum des Leitungsbandes eine positive Raumladungszone aus. Hierdurch bedingt ist, wie schon zuvor erwähnt, die positive Krümmung des
Leitungsbandes. Auf Grund der vorhandenen Leitungsbanddiskontinuität ∆EC zwischen
Al0,33Ga0,67As und GaAs sowie einer leichten p-Typ-Dotierung der intentionell nicht dotierten
Schichten8 der Struktur entsteht am Heteroübergang (z=110nm) eine beinahe dreiecksförmige
Potenzialtasche. Durch den Elektronen-Einschluss innerhalb der Potenzialtasche in z-Richtung kommt es zur Ausbildung von Subbändern. Wurde, wie bei der hier vorgestellten
Heterostruktur, die Dotierkonzentration richtig gewählt, so liegt nur das energetisch tiefste
Subband (schwarz eingezeichnet) unterhalb der FERMI-Energie. In Abbildung 1.4 ist außerdem die zu diesem Subband gehörende Elektronenwellenfunktion ψ eingezeichnet. Man erkennt, dass sich das Maximum der Wellenfunktion in Abb. a) und damit auch das 2DEG ca.
17nm unter dem Heteroübergang und 117nm unterhalb der Oberfläche befindet. Weiterhin ist
zu sehen, dass das 2DEG auch in z-Richtung eine endliche, von Null verschiedene geometrische Ausdehnung besitzt (~ Halbwertsbreite von ψ2(z) ≈ 10nm).
7
Berechnung des Leitungsbandverlaufes und der Wellenfunktion mit den dazugehörigen Energieeigenwerten
durch selbstkonsistente Lösung der POISSON- und SCHRÖDINGER-Gleichung des Problems mittels des
Programms „1DPoisson“ von GREG SNIDER mit Hilfe der Methode der Finiten Differenzen [Sni90].
8
Während des Herstellungsprozesses ist trotz der UHV-Bedingungen eine leichte p-Dotierung wegen des in der
Prozesskammer immer vorhandenen Kohlenstoff-Hintergrunddrucks unvermeidbar. Für die Berechnung des
Leitungsbandverlaufs wurde eine Hintergrundsdotierung von 1×1014 cm-3 angenommen.
1.1 Halbleiter
19
In Abbildung 1.4b) ist der Bandverlauf einer HEMT-Struktur mit einer Deltadotierung gezeigt. Durch die Verwendung der Deltadotierung bei HEMT-Strukturen ist es möglich, sehr
oberflächennahe 2DEGs herzustellen. So liegt bei der hier vorgestellten und im Rahmen
dieser Arbeit hauptsächlich verwendeten HEMT-Struktur (#11044) das 2DEG nur ca. 35nm
unterhalb der Oberfläche. Den Übergang von einer homogen dotierten Donatorschicht zur
Deltadotierung kann man sich durch eine immer weitere Reduzierung der Dicke der Donatorschicht bei gleichbleibender Flächendotierkonzentration veranschaulichen. Dabei muss (nach
Beendigung der Elektronen-Relaxationsprozesse) die Bandkrümmung des Leitungsbandes in
gleichem Verhältnis zunehmen, wie die Dicke der Donatorschicht abnimmt. Den Grenzfall
stellt die hier dargestellte HEMT-Struktur mit Deltadotierung dar. In der Ebene der Deltadotierung (z=15nm) kommt es zu einer sehr starken Krümmung des Leitungsbandes in zRichtung. Hierdurch wird die Realisierung eines flachen Heteroübergangs ermöglicht, der bei
dieser HEMT-Struktur nur 30nm unterhalb der Oberfläche liegt. Das somit ebenfalls sehr
oberflächennahe 2DEG hat einen Abstand zur Probenoberfläche von nur ca. 35nm (siehe
Lage des Maximums der Wellenfunktion).
Für weitere Informationen über Halbleiterheterostrukturen sei z.B. auf die Veröffentlichung
von E. E. MENDEZ und K. VON KLITZING [Men87] verwiesen.
Im nächsten Kapitel wird eine der wichtigsten Technologien zur Herstellung der diskutierten
III/V-Halbleiter-Heterostrukturen, die Molekularstrahlepitaxie, vorgestellt.
1.1.3 Molekularstrahlepitaxie
Die Molekularstrahlepitaxie (kurz: MBE, engl. für Molecular Beam Epitaxie) von III/V-Verbindungshalbleitern erlaubt die Herstellung von Heterostrukturen höchster Qualität, d.h. das
einkristalline und epitaktische Wachstum unterschiedlicher Halbleiterschichten aufeinander
mit einer atomlagen-genauen Kontrolle der Schichtdicke. Hierzu treffen im Ultrahochvakuum
(kurz: UHV) Atom- bzw. Molekülstrahlen auf ein einkristallines Substrat. Auf diesem findet
dann durch Reaktion der jeweiligen Moleküle der Molekularstrahlen das einkristalline und
monolagenweise Schichtwachstum des gewünschten Verbindungshalbleiters statt. In der
Regel wird ein einkristalliner Wafer (für HEMT-Strukturen GaAs(100)) mit sauberer und
trockener Oberfläche als Substrat verwendet. Der ganze Prozess muss im Vakuum stattfinden,
um gerichtete Molekularstrahlen erzeugen zu können. Je besser das Vakuum ist, desto weniger Fremdatome werden in die Halbleiterschichten eingebaut, d.h. für qualitativ hochwertige
Heterostrukturen ist ein möglichst gutes Vakuum erforderlich. Die Vakuumkammer der im
Rahmen dieser Arbeit benutzten RIBER-Anlage wird zur Erzeugung eines möglichst guten
Vakuums neben einer Ionengetterpumpe mit einer mit flüssigem Stickstoff (77K) betriebenen
Kühlfalle (Kühlschild) gepumpt. Der mit dieser Anordnung erreichbare Druck beträgt wenige
10-11 mbar, was einer Restgasdichte von <106 Teilchen/cm3 entspricht.
20
GRUNDLAGEN
Abbildung 1.5 zeigt eine schematische Darstellung einer MBE-Wachstumskammer. In den
Effusionszellen werden Molekül- bzw. Atomstrahlen der verschiedenen Materialien erzeugt
(hier Ga, Al, In und As als konstituierende Elemente sowie Si und C zur n- bzw. p-Dotierung). Dies geschieht durch Verdampfen des entsprechenden Elements in den sog. Knudsenzellen, die üblicherweise aus pyrolytischem Bornitrid gefertigt und deren Öffnungen zum
Substrat hin ausgerichtet sind. Die Rate des Molekularflusses lässt sich über die Zellentemperatur einstellen und ist proportional zum BOLTZMANN-Faktor e − E a / kT , wobei Ea die
Austrittsarbeit der Moleküle aus dem Quellenmaterial angibt, die von der Größenordnung
einige eV ist. Mechanische Blenden (Shutter) erlauben die Unterbrechung der einzelnen
Teilchenflüsse mit einer Zeitauflösung von ca. 500ms.
Während Ga und Al bei einer Temperatur von mehr als 1000°C nach dem Aufschmelzen verdampfen, sublimiert As bei ungefähr 200°C als Tetramer. Die Atom- oder Molekularstrahlen
gelangen dann bei geöffnetem Shutter auf das geheizte Substrat.
Abbildung 1.5: Schematische Darstellung eines typischen Aufbaus einer MBE-Anlage (nach [Sze90]).
Die Wachstumsrate eines III/V-Halbleiters wird allein durch den Fluss des Gruppe III-Elements bestimmt, da das Gruppe-V-Element nur durch chemische Bindung an freien Atomen
der III. Hauptgruppe haftet. Ein vorhandener Überschuss an V-er-Elementen desorbiert
zwangsläufig wieder von der Wafer-Oberfläche. Hieraus resultiert eine selbstregulierende
Stöchiometrie, unter der Voraussetzung, dass genügend Moleküle des Gruppe-V-Elements
angeboten werden. Die auf der aufgeheizten Substratoberfläche haftenden Teilchen finden
schließlich durch Diffusionsprozesse ihre energetisch günstigsten Gitterplätze, wodurch ein
einkristallines und epitaktisches Wachstum ermöglicht wird. Die Wachstumsgeschwindigkeit
bei der am Lehrstuhl verwendeten Anlage vom Typ „RIBER Epineat“ liegt bei ungefähr ½
Monolage pro Sekunde und hängt, wie oben erläutert, hauptsächlich von der Effusionszellentemperatur des Gruppe-III-Elementes ab.
Ein RHEED-Aufbau (Reflection High Energy Electron Diffraction), bestehend aus einer
Elektronenkanone und einem Leuchtschirm, ermöglicht eine in-situ-Oberflächenanalyse und
1.1 Halbleiter
21
eine Kontrolle der Wachstumsgeschwindigkeit der Probe. Hierzu trifft ein relativ hochenergetischer Elektronenstrahl mit einer Energie zwischen 10keV und 30keV unter flachem
Winkel auf das Substrat und erzeugt auf dem gegenüberliegenden Leuchtschirm ein
Beugungsbild der Oberfläche, aus dem die Oberflächenqualität und die Oberflächenrekonstruktion9 abgelesen werden kann. Überdies oszilliert die Intensität des Beugungsmusters
synchron mit den abgeschiedenen Monolagen. Die Intensität ist maximal bei vollständiger
und minimal bei halber Bedeckung der Oberfläche. Dieses erlaubt die monolagengenaue
Kontrolle der Wachstumsgeschwindigkeit.
9
Da sich an Oberflächen nicht abgesättigte Bindungen befinden, verschieben sich die Oberflächenatome
gegenüber dem eigentlichen Kristallgitter, um die energetisch günstigste Lage einzunehmen. Die Struktur, die
sich hierdurch auf der Oberfläche bildet, nennt man Oberflächenrekonstruktion.
22
GRUNDLAGEN
1.2 Magnetismus
Aus Experimenten ist bekannt, dass jedes Material, welches einem magnetischen Feld der
Stärke H ausgesetzt wird, ein magnetisches Dipolmoment m ausbildet. Als Magnetisierung M
des Körpers wird das auf sein Volumen normierte magnetische Moment m bezeichnet. Aus
der magnetischen Feldstärke H und der Magnetisierung M ergibt sich die magnetische
Induktion B mit der Feldkonstanten µ 0 zu
B = µ0 (H + M ) , µ0 = 4π × 10−7
Vs
.
Am
(1.2)
Die Magnetisierung ist für die meisten Materialien (genauer: nicht ferro- und ferrimagnetischen) proportional zum angelegten äußeren Magnetfeld H. Es gilt:
M = χH .
(1.3)
Die Proportionalitätskonstante χ bezeichnet man als magnetische Suszeptibilität. Stoffe, die
eine negative Suszeptibilität aufweisen werden als diamagnetisch, Stoffe mit einer positiven
Suszeptibilität als paramagnetisch bezeichnet. Bei letzteren zeigt χ eine Temperaturabhängigkeit, die dem CURIE-WEISS Gesetz10 [Wei07] folgt:
χ (T ) =
C
.
T −θ
Die CURIE-Konstante C und die Konstante θ
(1.4)
sind spezifisch für das jeweilige para-
magnetische Material; letztere hat die Einheit einer Temperatur und ist ein Maß für die Stärke
der Wechselwirkung der magnetischen Dipolmomente der einzelnen Atome untereinander.
Ferromagnetische Materialien lassen sich nicht durch Gleichung (1.3) beschreiben. Sie weisen
vielmehr eine Magnetisierung auf, die entscheidend von der Vorgeschichte des Körpers
abhängt.
Im Rahmen dieser Arbeit ist jedoch nur der Magnetismus ferromagnetischer Materialien, wie
z.B. Fe und Co, von Bedeutung. Deshalb soll er im Folgenden näher betrachtet werden. Für
die Theorie der nicht ferromagnetischen Stoffe sei z.B. auf die Lehrbücher von B. D. CULLITY
[Cul72], CH. KITTEL [Kit96] oder L. BERGMANN und C. SCHAEFER [Ber92] verwiesen.
1.2.1 Ummagnetisierungsverhalten von Ferromagneten
Ferromagnetische Körper zeigen ein sehr komplexes Ummagnetisierungsverhalten, welches
bestimmt wird durch die spezifischen Materialeigenschaften und die Form des Körpers (siehe
10
PIERRE CURIE (1859-1906), PIERRE WEISS (1865-1940); beide franz. Physiker.
23
1.2 Magnetismus
z.B. [Aha96]), die Richtung und Stärke des äußeren Magnetfeldes, die Temperatur und, wie
schon erwähnt, durch die magnetische Vorgeschichte des Körpers.
a)
b) M
M
Ms
Ms
Mr
Rotation
Wandverschiebung
-Hc
Hc
H
irreversibel
reversibel
H
Abbildung 1.6: a) Schematische Darstellung einer typischen Hystereseschleife eines ferromagnetischen
Körpers. Gestrichelt eingezeichnet ist die sog. Neukurve, die das Aufmagnetisierungsverhalten eines
ursprünglich unmagnetisierten Körpers wiedergibt. Die Pfeile kennzeichnen den chronologischen Verlauf des
Ummagnetisierungsprozesses. Die graue innere Hystereseschleife ergibt sich bei unvollständiger Aufmagnetisierung des ferromagnetischen Materials. b) Vergrößerte Darstellung der Neukurve aus Abbildung 1.6a), ebenfalls mit eingezeichnet sind die verschiedenen Teilprozesse der Aufmagnetisierung.
Die in Abbildung 1.6a) dargestellte magnetische Hysteresekurve, bei der die Magnetisierung
M in Feldrichtung gegen das äußere Feld H aufgetragen wird, illustriert schematisch das Ummagnetisierungsverhalten eines ferromagnetischen Körpers. Von dem unmagnetisierten
Material folgt die Magnetisierung M der sog. Neukurve (gestrichelt gezeichnet). Vom
unmagnetisierten Zustand steigt M mit zunehmendem äußeren Feld stark an, um dann bei
hohen Magnetfeldern zu sättigen. Den Maximalwert der Magnetisierung bei fester Temperatur bezeichnet man als Sättigungsmagnetisierung Ms. Wird nun das äußere Magnetfeld
reduziert, so sinkt zwar die Magnetisierung der Probe, aber die Magnetisierungskurve verläuft
oberhalb der Neukurve und schneidet im Nullfeld die Ordinate bei der remanenten
Magnetisierung (kurz: Remanenz) Mr. Wird jetzt das Magnetfeld in Gegenrichtung erhöht, so
erfährt die Magnetisierung bei der sog. Koerzitivfeldstärke Hc einen Vorzeichenwechsel und
sättigt bei weiterer Felderhöhung wiederum, nun bei M = −Ms. Wie in Abbildung 1.6
schematisch dargestellt, weisen im Allgemeinen ebenfalls gemessene, reale Hysteresekurven
eine Ursprungssymmetrie auf.
Mit dem von P. WEISS im Jahre 1906 /07 vorgeschlagenen Modell lässt sich das Ummagnetisierungsverhalten eines ferromagnetischen Körpers, wie es beispielhaft in Abbildung 1.6
präsentiert ist, und die Temperaturabhängigkeit der Sättigungsmagnetisierung (siehe
Abbildung 1.7) verstehen ([Wei06], [Wei07] und [Wil49]): Ein Ferromagnet besteht aus
mehreren Zellen jeweils homogener Magnetisierung, den sog. Domänen. Ein im Inneren des
ferromagnetischen Materials wirkendes Feld, das Molekularfeld, richtet die magnetischen
24
GRUNDLAGEN
Dipolmomente µi der einzelnen Atome innerhalb dieser Domänen untereinander parallel aus,
sodass alle Domänen auch ohne äußeres Magnetfeld spontan magnetisiert sind und die Sättigungsmagnetisierung Ms (T ) aufweisen. Die Ausrichtung der magnetischen Momente µ i durch
das Molekularfeld wird durch thermische Fluktuationen gestört, sodass Ms von T abhängt. Die
Nettomagnetisierung des gesamten Körpers ergibt sich aus der Vektoraddition der magnetischen Momente der Domänen, normiert auf das Körpervolumen. Im unmagnetisierten
Zustand ist nur die Nettomagnetisierung Null, die einzelnen Domänen sind jedoch sehr wohl
magnetisiert. Ein äußeres Magnetfeld führt nun dazu, dass zunächst die Domänen, die nahezu
in Feldrichtung liegen, auf Kosten der anderen wachsen, und dass sich schließlich die Magnetisierung der verbleibenden Domäne(n) in Richtung des äußeren Feldes dreht. Dies hat eine
Erhöhung der Nettomagnetisierung des Körpers zur Folge. Da diese Prozesse nur teilweise
reversibel sind, kommt es zur Entstehung einer Hysterese (vgl. Abbildung 1.6).
Die Temperaturabhängigkeit der spontanen Magnetisierung Ms (T ) ist in Abbildung 1.7 grafisch dargestellt. Am absoluten Nullpunkt (T = 0) sind alle magnetischen Momente µi der
Atome innerhalb einer Domäne auf Grund des Molekularfeldes parallel zueinander ausgerichtet. Die thermische Energie kT zerstört diese perfekte Ordnung, sodass schließlich bei der
CURIE-Temperatur Tc die magnetischen Momente im Nullfeld statistisch orientiert sind und
damit die Nettomagnetisierung der einzelnen Domänen verschwindet. Oberhalb von Tc zeigen
ferromagnetische Stoffe meist paramagnetisches Verhalten mit einer temperaturabhängigen
magnetischen Suszeptibilität χ (T ), die durch das CURIE-WEISS Gesetz (1.4) beschrieben
wird, wenn θ = Tc gesetzt wird.
Abbildung 1.7: Spontane Magnetisierung (bzw. Sättigungsmagnetisierung) Ms eines ferromagnetischen Materials als Funktion der auf die Curie Temperatur Tc normierten Temperatur T.
25
1.2 Magnetismus
1.2.2 Austauschwechselwirkung, magnetische Anisotropie & Domänen
1.2.2.1 Die quantenmechanische Austauschwechselwirkung
Im Jahre 1926, also 20 Jahre nachdem WEISS ad hoc ein Molekularfeld zur Erklärung des
ferromagnetischen Phänomens postulierte, gelang es DIRAC und HEISENBERG unabhängig
voneinander, das WEISSsche Molekularfeld durch die quantenmechanische Austauschwechselwirkung zwischen den Spins Si der Elektronen zu rechtfertigen [Hei26], [Dir26],
[Hei28]. Der HEISENBERG-Hamiltonoperator für die auf einem Gitter angeordneten Spins Si
mit dem Austauschintegral Ji,j lautet:
H J = −∑ J ij Si ⋅ S j = −2∑ J ij Si ⋅ S j .
i≠ j
(1.5)
i> j
Hieraus ergibt sich für die Austauschenergie EJ zwischen den Spins Si und Sj folgender
Ausdruck:
EJ , i j = −2 J i j Si ⋅ S j = −2 J i j Si S j cos φ , φ = (Si , S j ) .
(1.6)
Die Gleichung (1.6) beschreibt für positive Werte von J die ferromagnetische Wechselwirkung, da für eine parallele Anordnung benachbarter Spins die Austauschenergie EJ minimiert wird. Die Wirkung aller Spins Si≠j auf den Spin Sj kann nun anschaulich als das
WEISSsche Molekularfeld interpretiert werden, das auf das magnetische Moment µj ein
entsprechendes Drehmoment ausübt.
1.2.2.2 Magnetische Anisotropie
Trotz der Isotropie des im vorherigen Kapitel eingeführten HEISENBERG-Hamiltonoperators
weisen die meisten ferromagnetischen Körper eine Vorzugsrichtung ihrer Magnetisierung im
feldfreien Fall auf, und die Magnetisierung innerhalb der Domänen liegt entlang der
Vorzugsrichtung. Dieses Verhalten wird als magnetische Anisotropie bezeichnet. Um die
Magnetisierung in eine, von der Vorzugsrichtung abweichende Lage zu überführen, bedarf es
der Anisotropieenergie Ea. Diese setzt sich aus verschiedenen Beiträgen additiv zusammen
(Ea = Ea,1 + Ea, 2 + ...). Im Folgenden wird auf die beiden für diese Arbeit wichtigsten
Komponenten der magnetischen Anisotropie eingegangen – auf die Kristall- und die Formanisotropie.
Die Kristallanisotropie
Bei dieser Form der Anisotropie stimmt die Vorzugsrichtung der Magnetisierung mit einer
ausgezeichneten Richtung des Kristallgitters überein, im Falle des Kobalt Einkristalls zum
Beispiel mit der c-Achse des hcp-Gitters ([0001]-Richtung). Abbildung 1.8a) zeigt die
Magnetisierungsneukurven einer einkristallinen Kobaltprobe. In Richtung der c-Achse kann
26
GRUNDLAGEN
die ursprünglich unmagnetisierte Probe leicht aufmagnetisiert werden, jedoch in der zu dieser
senkrechten [10 10] -Richtung nur schwer. Dieser Sachverhalt gibt den beiden ausgezeichneten Achsen den Beinamen „leicht“ bzw. „schwer“. Existiert, wie bei hexagonalen Kristallen
(vgl. Abbildung 1.8b)), nur eine leichte Richtung, spricht man von uniaxialer Anisotropie.
1600
leichte Achse [0001]
1400
M [kA / m]
1200
1000
hse
Ac
e
r
we
sch
800
600
_ ]
10
[10
400
200
0
0
100 200 300 400 500 600 700 800 900
µ0H [mT]
Abbildung 1.8: Uniaxiale magnetische Kristallanisotropie am Beispiel des hexagonalen Kobalt Einkristalls.
a) Magnetisierungsneukurven entlang der leichten (c-Achse) und der schweren Richtung (Daten aus [Kay28]),
b) Darstellung einer hexagonalen Einheitszelle (hcp-Kristallstruktur, hcp engl. für hexagonal closed packed). Die
Pfeile zeigen in die beiden magnetisch ausgezeichneten Richtungen.
Die Kristallanisotropieenergie pro Volumen εca lässt sich für Systeme, die eine uniaxiale
Anisotropie aufweisen, wie folgt beschreiben [Cul72]:
ε ca , u = K 0 + K1 sin 2 θ + K 2 sin 4 θ + ... .
(1.7)
Hierbei beschreibt θ den Winkel zwischen der Magnetisierung und der leichten Achse. Ki sind
die materialspezifischen Anisotropiekonstanten (siehe Tabelle 1.1.).
Kubische Kristalle allerdings zeigen im Allgemeinen keine uniaxiale, sondern eine
bidirektionale Kristallanisotropie. Bei einem Eiseneinkristall (bcc-Kristallstruktur, bcc engl.
für body centered cubic) beispielsweise existieren außer den schweren und leichten ([111]bzw. [100]-Richtungen) auch mittelschwere Achsen (<110>-Richtungen). Die Anisotropieenergiedichte eines kubischen Kristalls hängt von den Winkeln a1, a2 und a3 zwischen der
Magnetisierung und den drei Kristallachsen ([100], [010] bzw. [001]) wie folgt ab [Cul72]:
ε ca , cubic = K 0 + K1 (cos 2 a1 cos 2 a2 + cos 2 a2 cos 2 a3 + cos 2 a3 cos 2 a1 )
+ K 2 (cos 2 a1 cos 2 a2 cos 2 a3 ) + ... .
(1.8)
Die Ursache der Kristallanisotropie ist die Spin-Bahn-Wechselwirkung: Die Bahnmomente
sind stark durch ihre Orbitale an das Kristallgitter gekoppelt, sodass insgesamt ein
Wechselwirkungsmechanismus zwischen den Spins bzw. den magnetischen Momenten der
27
1.2 Magnetismus
Elektronen und der Kristallstruktur besteht, der den Spins eine Vorzugsrichtung relativ zum
Kristallgitter aufprägt.
Bei unverspannten, polykristallinen ferromagnetischen Materialien, in deren Innerem darüber
hinaus die Kristallite zufällig orientiert sind, also keine Textur aufweisen, mitteln sich die
einzelnen Kristallanisotropien zu Null, sodass die Probe als Ganzes keine, durch seine
Kristallstruktur hervorgerufene, magnetische Anisotropie aufweist.
Ferromagnet
Fe
Ni
Co
Kristallstruktur
kubisch
kubisch
hexagonal
K1 / 104 Jm-3
4,8
−0,5
45
K2 / 104 Jm-3
±0,5
−0,2
15
Tabelle 1.1: Anisotropiekonstanten von Eisen, Nickel und Kobalt bei Raumtemperatur. Die Werte sind mit
großer experimenteller Unsicherheit behaftet und temperaturabhängig. In der Regel sind die Anisotropiekonstanten von Materialien mit hexagonaler Kristallstruktur größer als die mit kubischer [Cul72].
Formanisotropie und Entmagnetisierung
Die Anisotropieenergie hängt außerdem von der Form des Ferromagneten ab: Alle
ferromagnetischen Körper mit einer von der Kugel abweichenden Geometrie zeigen ein von
ihrer Form verursachtes anisotropes Magnetisierungsverhalten. Die Ursache für die Formanisotropie ist die langreichweitige magnetische Dipol-Dipol-Wechselwirkung mit dem Hamiltonoperator
H=−
µ0
∑
4π
i< j
3(µ i ⋅ eij )(eij ⋅ µ j ) − µ i ⋅ µ j
,
rij3
(1.9)
mit dem Abstand ri,j zwischen den magnetischen Momenten µ i und µ j und dem Einheitsvektor
ei,j in Richtung ri,j. Die Magnetisierung des Ferromagneten mit den dadurch an der Peripherie
entstehenden freien magnetischen Polen bedingt das sog. Entmagnetisierungsfeld Hd in
dessen Inneren, welches allerdings nur für einen Ellipsoiden im gesamten Volumen homogen
ist. Jedoch lassen sich viele Körper gut durch einen Ellipsoiden nähern. In diesem Fall lässt
sich Hd mit Hilfe des Entmagnetisierungstensors N d aus der Magnetisierung M des
Ellipsoiden berechnen:
Hd = −Nd M .
(1.10)
Das Entmagnetisierungsfeld wirkt dem äußeren Feld entgegen und hängt über N d von der
Geometrie des Körpers ab, wodurch eine magnetische Anisotropie auf Grund der Körperform
resultiert, da im Entmagnetisierungsfeld Energie gespeichert ist. Die leichte Achse der
Formanisotropie liegt in Richtung der größten Ausdehnung des Körpers, da in dieser die
freien Pole auf der Köperoberfläche am weitesten voneinander getrennt werden und dadurch
28
GRUNDLAGEN
das Entmagnetisierungsfeld für eine Magnetisierung in dieser Richtung minimiert wird. Die
Formanisotropieenergie Esa pro Volumen V lässt sich allgemein schreiben als
µ0
ε sa = −
2V
∫H
d
⋅ M dV ,
(1.11)
V
oder bei homogenem Entmagnetisierungsfeld (nur bei Ellipsoiden) als
ε sa = −
µ0
Hd ⋅ M =
µ0
(
)
Nd M M .
(1.12)
2
2
Hieraus lässt sich für einen Rotationsellipsoiden mit kleiner Halbachse a und großer
Halbachse c die Formanisotropieenergie pro Volumen zu
ε sa = K s sin 2 θ ,
(1.13)
µ0
(1.14)
( Na − Nc ) M 2
2
berechnen, mit der Formanisotropiekonstanten Ks und den Entmagnetisierungsfaktoren Na und
Ks =
Nc entlang der kleinen bzw. großen Halbachse und dem Winkel θ zwischen der
Magnetisierung M und der großen Halbachse c. Somit stimmt die leichte Achse der
Magnetisierung mit der großen Halbachse des Rotationsellipsoiden überein (Na >Nc ). Generell
kann man sagen, dass auf Grund der Formanisotropie die leichte Achse immer entlang der
langen Achse des Körpers liegt.
Abbildung 1.9: Darstellung einer Landau-Domänenstruktur mit zwei entgegengesetzt magnetisierten Hauptund Abschlussdomänen. Die Pfeile zeigen in Richtung der Magnetisierung der jeweiligen Domänen. In dieser
Struktur ist der magnetische Fluss innerhalb der Probe, abgesehen von den Ecken, Kanten und Domänenwänden,
geschlossen. Dies führt zu einem nahezu völlig entmagnetisierten remanenten Zustand und damit zur
Minimierung der Streufeldenergie.
1.2.2.3 Magnetostatische Energie, Domänenwandenergie und Ausbildung von
Domänen
Die magnetostatische Energie Ems oder auch Streufeldenergie eines beliebig magnetisierten
Körpers ist die Energie, die in dem magnetischen Streufeld H der Probe gespeichert ist; sie
beträgt
Ems =
1
H ⋅ B dV
2 ∫3
im Vakuum
⇒
Ems =
µ0
2
∫H
2
dV
(1.15)
3
und besitzt ein Maximum bei homogen magnetisierter Probe. Daher ist es hinsichtlich der
Streufeldenergie günstiger, wenn die Probe im remanenten Zustand in Bereiche mit unter-
1.2 Magnetismus
29
schiedlichen Magnetisierungsrichtungen, also in Domänen, zerfällt11. Die Streufeldenergie
kann maximal durch eine Domänenanordnung erniedrigt werden, die einen geschlossenen
magnetischen Fluss innerhalb der Probe realisiert. Abbildung 1.9 zeigt eine solche Struktur,
die 1935 zuerst von LANDAU vorhergesagt wurde [Lan35] und in dünnen, weichmagnetischen
Materialien beobachtet wird [DeB58].
Abbildung 1.10: Schematische Darstellung einer Domänenwand (Bloch-Wand) mit der Domänenwanddicke
δ dw. Die Spins innerhalb der Domänenwand sind in diesem Beispiel jeweils um φ =30° gegeneinander verdreht.
Im remanenten Zustand bildet eine ferromagnetische Probe eine Domänenstruktur aus, die die
Gesamtenergie des Systems, also die Summe aus der Austausch-, der Anisotropie- und der
Streufeldenergie, minimiert. Die Domänenstruktur ist stark materialabhängig.
Der Trennbereich zwischen zwei angrenzenden Domänen, in dem sich die magnetischen
Momente der Spins von der einen in die andere Magnetisierungsrichtung der Domänen umorientieren, wird Domänenwand genannt; die zu ihrer Nukleation erforderliche Energie
bezeichnet man als Domänenwandenergie Edw. Diese setzt sich aus der Austausch- und der
Anisotropieenergie zusammen: Da sich innerhalb der Domänenwand die Spins graduell aus
der leichten magnetischen Achse herausdrehen bis sie in der benachbarten Domäne wieder
parallel zu einer leichten Achse orientiert sind (siehe Abbildung 1.10), begünstigt die
Anisotropieenergie eine möglichst dünne Domänenwand. Die kurzreichweitige
Austauschwechselwirkung hingegen forciert eine möglichst parallele Anordnung zweier benachbarter Spins und damit eine unendlich ausgedehnte Domänenwand. Das Minimum der
Gesamtenergie dieser beiden konkurrierenden Prozesse, also das Minimum der Domänen11
Durch den Zerfall in eine Domänenstruktur nähern sich die freien Nord- bzw. Südpole einander an, sodass sich
der felddurchsetzte Raum und damit auch das Volumenintegral über H·B verkleinert. Hinsichtlich der
Minimierung der Gesamtenergie des Systems wird die Magnetisierung der Domänen vorzüglich mit der
magnetisch leichten Achse übereinstimmen.
30
GRUNDLAGEN
y
z
x
Abbildung 1.11: Schematische Darstellung einer Néel-Wand mit der Domänenwanddicke δ dw. Dieser
Domänenwandtyp ist in dünnen Filmen zu finden. Die Spins drehen sich in einer Ebene parallel zur Schicht.
wandenergie Edw, definiert daher die Domänenwanddicke δ dw. Die in Abbildung 1.10 gezeigte
Bloch-Wand bildet sich nur im Volumenmaterial aus. In den für diese Arbeit relevanten
dünnen, bis zu ca. 40nm dicken ferromagnetischen Filmen ist die Ausbildung von sog. NéelWänden (siehe Abbildung 1.11) energetisch günstiger als die von Blochwänden. Dieser Typ
von Domänenwänden wurde 1955 von NÉEL theoretisch vorgeschlagen [Née55]. In dünnen
Filmen liegt die Vorzugsrichtung der Magnetisierung in der Schichtebene wegen des
andernfalls großen Entmagnetisierungsfeldes senkrecht zur Schicht. Die Argumentation der
verschiedenen Energiebeiträge zur Domänenwanddicke verläuft wie für die bereits diskutierte
Bloch-Wand. Darüber hinaus existiert ein Zwischenzustand zwischen Bloch- und Néel-Wand,
die sog. Cross-tie Domänenwand, die für Schichtdicken zwischen ca. 40nm und 100nm
energetisch am günstigsten ist.
1.2.3 Verhalten von Domänen im äußeren Feld
H<0
H=0
H>0
Abbildung 1.12: Domänenwandverschiebung unter dem Einfluss eines äußeren Feldes, beispielhaft verdeutlicht
an der Landau-Domänenstruktur.
Unter dem Einfluss eines äußeren Feldes modifiziert sich die Domänenstruktur des remanenten Zustandes. Die Domänenwände werden sich so verschieben, dass Domänen in Feldrichtung begünstigt werden, d.h. wachsen, während die anderen schrumpfen (siehe Abbildung 1.12). Die Domänenwandverschiebungen erfolgen zunächst bei kleinen Feldern
reversibel, später in dem Bereich des steilen Anstiegs der Hysteresekurve irreversibel (vgl.
Abbildung 1.6b)). Im Sättigungsbereich der Hysteresekurve dreht sich dann allmählich die
Magnetisierung der noch verbliebenen, nicht in Feldrichtung orientierten Domänen in
1.2 Magnetismus
31
Richtung des äußeren Feldes. Diese Rotation der Magnetisierung erfordert einen höheren
Energieaufwand, da die Anisotropieenergie überwunden werden muss (man hat eine harte
Achse als Zwischenzustand). Dies erklärt den flachen Anstieg der Hysteresekurve im
Sättigungsbereich.
Abbildung 1.13: Pinning von Domänenwänden an Einschnürungen bzw. an Einschlüssen oder Fehlstellen im
Inneren des Kristalls.
In einem idealen Ferromagneten ist die zur Verschiebung einer Domänenwand benötigte
Energie sehr klein. In realen Ferromagneten existieren jedoch Fehlstellen, Einschlüsse und
Einschnürungen. Die durch diese Fehler verursachten lokalen Spannungsfelder beeinflussen
die Bewegung der Domänenwände, da sie lokal eine vom restlichen Ferromagneten
abweichende magnetische Anisotropie induzieren. Hierdurch können Wände an den
Fehlstellen festgehalten werden (Abbildung 1.13); in diesem Fall spricht man von
Domänenwand-Pinning (engl. für heften). Erst wenn das äußere Feld groß genug ist, kann ein
Depinning stattfinden und die Domänenwand ruckartig und irreversibel zum nächsten
Pinnigcenter springen. Durch diese Sprünge entsteht das sog. BARKHAUSEN-Rauschen
[Bar19], das wegen des sich beim Sprung plötzlich ändernden magnetischen Flusses in einer
Spule hörbar gemacht werden kann. Domänenwandverschiebungen ohne Depinning-Prozess
sind reversibel, führen in der Regel jedoch nur zu kleinen Änderungen des Domänenvolumens.
1.2.4 Rotationsprozesse
Bei sehr kleinen ferromagnetischen Partikeln, deren Größe die Domänenwandbreite δ DW
unterschreitet, ist der Zerfall in Domänen nicht mehr möglich. Es bildet sich ein Einzeldomänenzustand aus. Die Magnetisierung des remanenten Zustandes, die identisch mit der
Sättigungsmagnetisierung des Materials ist, liegt dann parallel zur leichten Achse des
Partikels; sie kann also genau zwei Zustände einnehmen. Das nicht thermische
Ummagnetisierungsverhalten eines solchen eindomänigen Partikels mit einer uniaxialen
Anisotropie wurde zuerst von STONER und WOHLFARTH im Jahre 1949 theoretisch
beschrieben [Sto49]. Da in vorliegender Arbeit Untersuchungen an ferromagnetischen
Strukturen im sub-Mikrometerbereich durchgeführt wurden, die somit eventuell klein genug
sind, um einen eindomänigen Zustand annehmen zu können, soll dieses Modell nun im
Folgenden mit Hilfe von Abbildung 1.14 zusammengefasst werden.
32
GRUNDLAGEN
Abbildung 1.14: Skizze eines STONER-WOLFARTH-Partikels. Die magnetisch leichte Achse des Ellipsoiden (große
Halbachse c) stimmt mit der Rotationsachse überein. Das
äußere Feld B bzw. die Magnetisierung Ms schließen mit der
leichten Achse des eindomänigen Partikels den Winkel α
bzw. θ ein.
Die Energie E pro Volumen V des STONER-WOHLFARTH-Partikels ergibt sich aus der Summe
der potenziellen Energiedichte ε p des Dipolmoments m =V· Ms im Feld B (ZEEMAN Energie)
und der uniaxialen Anisotropieenergie12 pro Volumen ε a mit der Anisotropiekonstanten Ku zu
E V = ε = − M s B cos (α − θ ) + K u sin 2 θ + Const. ,
εp
(1.16)
εa
unter der Annahme, dass die Anisotropieachsen (a, c), das äußere Feld B und die
Magnetisierung Ms in derselben Ebene liegen und B bzw. Ms mit der leichten Achse c den
Winkel α bzw. θ einschließen (vgl. Abbildung 1.14).
Gleichung (1.16) lässt sich reduzieren zu der folgenden einheitenlosen Beziehung
ε r :=
ε
Ku
= −2br cos (α − θ ) + sin 2 θ + const. mit br :=
Ms
B.
2 Ku
(1.17)
Damit ist die stabile Gleichgewichtslage der Magnetisierung Ms gegeben durch
!
0=
dε r
= 2 sin θ cos θ − br sin (α − θ )  ,
dθ
(1.18)
d 2ε r
(1.19)
0<
= 2 cos 2 θ − sin 2 θ + br cos (α − θ )  .
2
dθ
Die auf Ms normierte Magnetisierung m ergibt sich zu (M: Magnetisierung in Feldrichtung):
!
m :=
M
= cos (α − θ ) .
Ms
(1.20)
In Abbildung 1.15 ist die reduzierte Energiedichte ε r des STONER-WOHLFARTH-Partikels
gemäß Gleichung (1.17) in Abhängigkeit des Winkels θ für verschiedene äußere Felder br
dargestellt, die entgegen der Magnetisierungsrichtung des remanenten Zustands orientiert
sind, d.h. α=180°. Im feldfreien Zustand (br =0) existieren zwei gleichtiefe lokale Minima der
Gesamtenergie des Systems (bei θ =0° und 180°), die voneinander durch eine Energiebarriere
der Höhe ε r =1 getrennt sind.
12
Siehe Gleichungen (1.7) und (1.13).
33
1.2 Magnetismus
br = 3/2
3
εr = ε / Ku
2
1
0
α = 180°
br = 1
br = 1/2
br = 0
-1
-2
-3
0
30
60
90
120
150
180
θ [1°]
Abbildung 1.15: Darstellung der reduzierten Energie ε r pro Volumen eines STONER-WOHLFAHRT-Partikels in
Abhängigkeit vom Winkel θ zwischen Magnetisierung und der leichten Achse für verschiedene, in
Gegenrichtung (α =180°) angelegte reduzierte Felder br.
Mit zunehmendem br wird das lokale Energieminimum bei θ =0° flacher, bis es schließlich
für br >1 in ein lokales Maximum übergeht und damit die trennende Energiebarriere
verschwindet. Ab diesem Punkt klappt die Magnetisierung in die entgegengesetzte Richtung
um (θ =180°), und das System nimmt einen Zustand minimaler Energie an; dieser ist
allgemein definiert durch das Verschwinden der ersten und zweiten Ableitung der Energie
nach θ, da dann das Minimum in ein Maximum übergeht (vgl. Gleichungen (1.18) u. (1.19)),
also durch:
 0 = sin θκ cos θκ − bκ sin (α − θκ ) 

 .
2
2
 0 = cos θκ − sin θκ + bκ cos (α − θκ ) 
(1.21)
Die Lösung des Gleichungssystems (1.21) führt zu den folgenden Beziehungen für den
kritischen Winkel θ κ und das kritische Feld bκ , bei denen die Magnetisierung umklappt:
tan 3 θκ = − tan α
3
bκ = 1 − sin 2 2θκ .
4
(1.22)
Für den Spezialfall α=180° ergibt sich, wie schon aus Abbildung 1.15 abzulesen war,
α = 180° :
θκ = 0°
bκ = 1 .
(1.23)
34
GRUNDLAGEN
1,0
0,9
bκ
0,8
0,7
0,6
0,5
0
15
30
45
60
75
90
180° - α
Abbildung 1.16: Zusammenhang zwischen dem Feld bκ , ab dem ein Umklappen der Magnetisierung erfolgt,
und dem Winkel α zwischen dem äußeren Feld und der leichten Achse.
Allgemein kann nach einigen Umformungen aus dem Gleichungssystem (1.22) folgender
Zusammenhang zwischen dem kritischen Feld bκ und dem Winkel α ermittelt werden:
t2 − t +1
, mit t := tan 2 / 3 α , α < 90° ;
t +1
dieser ist in Abbildung 1.16 veranschaulicht.
bκ =
(1.24)
Für den Fall α=90° ist das Gleichungssystem (1.22) nicht definiert. Aus den Gleichungen
(1.18) und (1.20) folgt jedoch:
 br
∧
0 = sin θ − br 
 ⇒ m=
m = sin θ 
sign (br ) ∧
br ≤ 1
br > 1
.
(1.25)
Wird also das äußere Feld senkrecht zur leichten Achse angelegt, so findet kein Umklappen
der Magnetisierung mehr statt. In diesem Fall ist die relative Magnetisierung in Feldrichtung m gleich dem reduzierten Feld br bis bei br =1 die Sättigungsmagnetisierung erreicht ist.
Abbildung 1.17 zeigt die durch Lösung der Gleichung (1.18) und unter Zuhilfenahme von
(1.20) berechneten Hysteresekurven13.
Da bei diesem Modell des eindomänigen STONER-WOHLFARTH Partikels definitionsgemäß die
Parallelität der einzelnen atomaren magnetischen Momente µi zu jeder Zeit gewahrt sein
muss, können sie nur kollektiv ihre Orientierung im äußeren Magnetfeld durch eine sog.
kohärente Rotation ändern.
13
Zur Lösung der Gleichung (1.18) wurde das Programm Maple V Release 4.00a verwendet.
35
1.2 Magnetismus
180°-α = 0°
1,0
15°
45°
0,5
m
75°
90°
0,0
-0,5
-1,0
-1,5
-1,0
-0,5
0,0
0,5
1,0
1,5
br
Abbildung 1.17: Berechnete Hystereseschleifen eines STONER-WOHLFARTH-Partikels für verschiedene Winkel
180°− α zwischen der leichten Achse der Magnetisierung und dem äußeren Magnetfeld.
Wie schon anfänglich erwähnt, tritt die kohärente Rotation in erster Linie für sehr kleine
Partikel auf. Bei diesen ist die Oberfläche im Verhältnis zum Volumen groß, und somit auch
die räumliche Trennung der freien magnetischen Pole an der Oberfläche. Trotzdem ist bei
dieser Form der Rotation die magnetostatische Energie hoch. Es existieren andere, nicht
kohärente Ummagnetisierungsmodelle, bei denen die Streufeldenergie im Vergleich zur
kohärenten Rotation stark herabgesetzt wird. Bei dem Curling-Modell [Fre57] drehen sich die
magnetischen Momente um den Radius einer elliptischen Probe, wobei eine strudelähnliche
Spinstruktur entsteht (siehe Abbildung 1.18). Das hieraus resultierende äußere magnetische
Moment dieser Spinstruktur ist fast Null, da die Momente einen beinahe geschlossenen Kreis
bilden. Bei dieser Form der Spinstruktur geht allerdings die Reduktion der Streufeldenergie
einher mit einer Erhöhung der Austauschenergie. Nach der Theorie existiert eine kritische
Größe Rc des Partikels, unterhalb der die Rotation kohärent abläuft, oberhalb verläuft sie
gemäß des Curling-Modells [Aha97].
Abbildung 1.18: Schematische Darstellung des
Curling-Modells.
Durch
die
strudelähnliche
Spinstruktur wird das Streufeld und damit die
magnetostatische Energie im Vergleich zur
kohärenten Rotation stark herabgesetzt.
36
GRUNDLAGEN
1.2.4.1 Abschätzung der Breitenabhängigkeit des Koerzitivfeldes von schmalen
ferromagnetischen Partikeln
Mit diesen Grundlagen ist es nun möglich, das Koerzitivfeld Bc langgestreckter ferromagnetischer Streifen-Strukturen14 abzuschätzen, wie sie in dieser Arbeit hergestellt und mittels HallMagnetometrie charakterisiert wurden (siehe Kapitel 4.2). Hierbei soll zunächst davon ausgegangen werden, dass sich die quaderförmige Form der hier untersuchten ferromagnetischen
Drähte durch einen langgestreckten Ellipsoiden (elliptischer Zylinder), mit den kurzen Halbachsen a und b sowie der langen Halbachse c, annähern lässt und dass darüber hinaus der
Ummagnetisierungsprozess durch kohärente Rotation in der Streifenebene erfolgt. Diese
möge durch die Achsen 2c (~ Länge l des Drahtes) und 2a (~ Breite w) definiert sein. Dann
entspricht 2b der Drahtdicke t. Das äußere Feld Bext sei, wie im Experiment, längs des Drahtes
ausgerichtet, zeige also in Richtung der leichten Magnetisierungsachse. Dieser Fall wird in
Abbildung 1.17 durch 180°−α=0 beschrieben. Es gilt für das reduzierte Koerzitivfeld:
br =bκ =1 (siehe auch Abbildung 1.16). Nach Gleichung (1.17) ist br definiert als:
br :=
!
Ms
M
2 Ku
B , für Bc gilt damit 1 = bκ = s Bc ⇒ Bc =
.
2 Ku
2 Ku
Ms
(1.26)
Die uniaxiale Anisotropiekonstante Ku soll allein durch die Formanisotropiekonstante Ks
bestimmt sein (d.h. Ku ≡Ks), da wegen der polykristallinen Kristallstruktur der hier
untersuchten Drähte die Kristallanisotropie zu vernachlässigen ist. Für einen Ellipsoiden mit
den Entmagnetisierungsfaktoren Na und Nc entlang der kleinen Halbachse a bzw. der großen
Halbachse c ergibt sich Ks zu (siehe Gleichung (1.14)):
Ks =
µ0
( Na − Nc ) M s 2
(1.27)
2
Von J. A. OSBORN wurden im Jahre 1945 die Entmagnetisierungsfaktoren eines beliebigen
Ellipsoiden berechnet [Osb45]. Der für das Experiment relevante geometrische Sonderfall
c→∞ und a>b wird durch folgenden mathematisch einfachen Ausdruck für den
Entmagnetisierungsfaktor Na beschrieben:
b
, c = ∞, a ≥ b .
(1.28)
a+b
b (analog bedeutet dies für die realen ferromagnetischen Drähte, dass
Na =
Gilt darüber hinaus a
deren Breite w deutlich größer sein sollte als ihre Dicke t, wie es für die Experimente im
Rahmen der Arbeit gegeben ist), so vereinfacht sich der Ausdruck für den Entmagnetisierungsfaktor in Richtung der kleinen Halbachse a zu:
Na =
14
b
, c = ∞, a
a
b.
(1.29)
Diese langen Streifenstrukturen mit rechteckigem Querschnitt werden im Folgenden als ferromagnetischer
Draht bezeichnet.
37
1.2 Magnetismus
Somit folgt aus Gleichung (1.26) durch Substitution der Größen Ku =Ks und Na mittels der
Gleichungen (1.27) und (1.29) (sowie mit Nc =0)15 für das Koerzitivfeld Bc des hier
diskutierten Ellipsoiden (kohärente Ummagnetisierung vorrausgesetzt):
bM s
.
(1.30)
a
Nach dieser Beziehung verschwindet das Umschaltfeld Bc, wenn die kleine Halbachse a
gegen Unendlich strebt. Empirisch wird jedoch ein von Null verschiedener Wert für das
Bc = µ0
Koerzitivfeld einer magnetischen Schicht (a→∞) festgestellt; dieses sei Bc,inf. Es lässt sich
somit folgender empirischer, auf den Überlegungen zur kohärenten Rotation basierender
Zusammenhang herleiten; hierbei wird darüber hinaus versucht, außer der kohärenten
Rotation noch andere (eventuell komplexere) Ummagnetisierungsmodelle (z.B. CurlingModell, siehe Abbildung 1.18) zu berücksichtigen:
Bc =
µ0 bM s
Χa
+ Bc ,inf .
(1.31)
Dabei soll die Erweiterung der Gleichung um die Konstante Χ der bei anderen Ummagnetisierungsformen reduzierten Streufeldenergie Rechnung tragen. Dies würde somit zu
folgendem hyperbolischen Zusammenhang zwischen dem Umschaltfeld Bc eines quasi
unendlich langen ferromagnetischen Drahtes (l→∞) und seiner Breite w (bei gegebener
Dicke t) führen:
Bc ( w) =
µ0 t M s 1
⋅ + Bc ,inf .
(1.32)
Χ
w
Nach diesem Modell wird somit der mathematische Zusammenhang zwischen dem Umschaltfeld eines ferromagnetischen Drahtes und seiner Breite w durch eine Hyperbel beschrieben.
Ein anderes einfaches Modell für den Ummagnetisierungsprozess langer ferromagnetischer
Draht-Strukturen von U. NOWAK führt zu der qualitativ gleichen Bc(w)-Abhängigkeit
[Now03]:
Bc ( w) =
µ0 t M s 1
⋅ + Bc ,inf .
π
w
(1.33)
Hierbei wird wiederum von einem Draht unendlicher Länge ausgegangen, dessen Breite
deutlich größer ist als die Dicke. Jedoch wird der reale rechteckige Drahtquerschnitt des experimentellen Systems berücksichtigt. Als Hypothese liegt diesem Modell zu Grunde, dass am
Ende des Drahtes auf einer Länge lD eine Domäne durch einen kohärenten Rotationsprozess
nukleiert wird und sich diese durch Domänenwandverschiebung innerhalb des Drahtes ausbreitet. Diese Vorstellung scheint realistischer, da die Annahme, dass eine ausgedehnte
ferromagnetische Struktur als Ganzes durch einen (kohärenten) Ummagnetisierungsprozess
15
Wegen der unendlich weit voneinander entfernten freien magnetischen Pole (c→ ∞) an den „Enden“ des
Ellipsoiden verschwindet in Längsrichtung (c-Achse) das Entmagnetisierungsfeld, daher ist Nc = 0.
38
GRUNDLAGEN
beschrieben werden kann, eher als unphysikalisch anzusehen ist. Nichtsdestotrotz stimmen
die Ergebnisse beider Modelle exakt überein, wenn die Konstante Χ aus Gleichung (1.32)
gleich der Kreiszahl π gesetzt wird. Man erwartet also eine 1/w-Abhängigkeit des
Koerzitivfeldes Bc, während sich der Vorfaktor je nach Modell unterscheidet.
1.2.5 Monte-Carlo-Simulation
Mit Hilfe von mikromagnetischen Modellen lassen sich die Domänenstruktur und das Ummagnetisierungsverhalten von ferromagnetischen Partikeln im Detail beschreiben [Now99].
Der Grundgedanke des Mikromagnetismus ist es, eine Spinanordnung der Elektronen des
Systems zu finden, die unter Berücksichtigung der äußeren Randbedingungen (z.B. angelegtes magnetisches Feld B) zu einem (meist) lokalen Minimum der Gesamtenergie des Partikels
führt. Als Objekte zur Modellierung eignen sich auf Grund ihrer geringen Größe besonders
gut ferromagnetische Dünnschichtstrukturen und nanostrukturierte Filme, wie sie auch
Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind. So kann versucht werden, das experimentell bestimmte Ummagnetisierungsverhalten der untersuchten Strukturen anhand der Simulationsergebnisse auf mikromagnetischer Ebene zu verstehen. Im Rahmen der Dissertation von
D. HINZKE [Hin01] wurden mit Hilfe eines Monte-Carlo-Verfahrens mit Heat BathAlgorithmus und Spin Flip-Dynamik numerische Berechnungen an rechteckigen Co-Drähten
auf Basis eines mikromagnetischen Modells [Now00] vorgenommen. Diese Berechnungen
wurden für experimentelle Randbedingungen, wie Rauhigkeit des Drahtrandes und
polykristalline Struktur der Drähte durchgeführt, wie sie auch für die im Rahmen dieser
Arbeit untersuchten Drähte gelten. Im Folgenden soll die Grundidee der mikromagnetischen
Modellierung kurz erläutert werden: Im Modell wird der Co-Draht in feste Volumenelemente
a3 diskretisiert, die der mittleren Korngröße der realen polykristallinen Co-Drähte entspricht
(a=7nm, [Hau03]). Das magnetische Moment µs =Ms a3 einer jeden dieser Zellen entspricht
der Summe der magnetischen Momente aller Spins, die sich in der Zelle befinden und im
remanenten Zustand in Richtung der durch die Kristallanisotropie vorgegebenen leichten
Achse zeigen. Die polykristalline Natur des realen Systems wird im Modell durch eine
zufällige Orientierung der Zellenmomente µi = µs ei innerhalb des Drahtes bedacht (Zufallsanisotropie). Die Energie dieses Systems lässt sich dann durch einen klassischen HEISENBERGHamiltonoperator beschreiben [Hin01]:
E=−
J
µs 2
∑ µi ⋅ µ j − B ⋅ ∑ µi −
ij
i
3 ( µ i ⋅ eij )( eij ⋅ µ j ) − µ i ⋅ µ j
µ0
d
2
− 2 ∑ ( ei ⋅ µ i )
3 ∑
3
4π a i < j
rij
µs i
(1.34)
Der erste Summand der Gleichung repräsentiert die Austauschwechselwirkung (vgl.
Gleichung (1.5)), der zweite den ZEEMAN-Term (vgl. εp in Gleichung (1.16)), also die
Wechselwirkung der magnetischen Momente mit dem äußeren Feld B. Die langreichweitige
Dipol-Dipol-Wechselwirkung (vgl. Gleichung (1.9)) wird durch den dritten Summanden und
1.3 Hall-Magnetometrie
39
die in-plane Zufallsanisotropie durch den letzen Summanden berücksichtigt. Hierbei
beschreibt d die Kristallanisotropie und der normierte Zufallsvektor ei die Orientierung der
einzelnen magnetischen Momente der Zellen.
Einige der Ergebnisse der von D. HINZKE und R. WIESER durchgeführten mikromagnetischen
Simulationen werden in Kapitel 4.2.4 den experimentellen Ergebnissen gegenübergestellt.
1.3 Hall-Magnetometrie
Die Hall-Magnetometrie ist eine relativ junge Technik [Joh97], die sich des von E. H. HALL16
entdeckten und nach ihm benannten klassischen Halleffekts [Hal79] bedient, um die
Streufelder kleinster ferromagnetischer Partikel zu detektieren. Diese Streufelder sind stark
inhomogen und in der Regel auf Bereiche kleiner als der Sensor konzentriert. Man spricht
deshalb auch von lokalem Hall-Effekt (LHE) im Zusammenhang mit der Hall-Magnetometrie. Die Beziehung zwischen Magnetfeld und Hall-Spannung ist für den lokalen HallEffekt sehr komplex. Es soll nun zunächst der klassische Hall-Effekt für ein homogenes
Magnetfeld diskutiert werden. In Abschnitt 1.3.2 wird dann auf die Besonderheiten des LHE
eingegangen.
Abbildung 1.19: Schematische Darstellung des Messaufbaus zur Ladungsträgerbestimmung mit Hilfe des
Halleffekts.
1.3.1 Der Halleffekt
Der klassische Halleffekt ist die wohl gebräuchlichste Methode zur Bestimmung des
Ladungsträgertyps und der -konzentration in einem Halbleiter. Der grundsätzliche
Messaufbau hierzu ist in Abbildung 1.19 skizziert: Durch die zu charakterisierende Probe
16
EDWIN HERBERT HALL (1855-1938), amerik. Physiker.
40
GRUNDLAGEN
fließe ein elektrischer Strom pro Querschnittsfläche jx parallel zur x-Achse und ein
homogenes Magnetfeld mit der magnetischen Induktion Bz durchsetze die Probe in zRichtung; dann baut sich gemäß der Beziehung
E y = RH jx Bz
(1.35)
ein in y-Richtung zeigendes elektrisches Feld Ey auf.
Der Proportionalitätsfaktor RH zwischen dem elektrischen Feld Ey und dem Produkt jx Bz wird
als Hall-Konstante bezeichnet17 und lässt sich wie folgt aus den Ladungsträgerdichten n und p
der Elektronen bzw. Löcher berechnen [Smi79]:
1 p − b2n
RH = r
,
e ( p + bn )2
τ ( E )2
µn
E
b :=
und r :=
.
µp
τ (E) E 2
(1.36)
Der Wert b gibt das Verhältnis zwischen der Elektronen- und Löcherbeweglichkeit an und τ
die mittlere Zeit für eine feste Energie zwischen zwei aufeinanderfolgenden Stoßereignissen
der Ladungsträger. Die mittlere Streuzeit τ ist proportional zu E -s, mit der Ladungsträgerenergie E und dem für den Stoßprozess charakteristischen Exponenten s. Für nicht
degenerierte Halbleiter mit einer sphärischen Fermioberfläche lässt sich hieraus der
Parameter r z.B. für die Spezialfälle der Phononenstreuung und der Streuung an ionisierten
Störstellen zu 1,18 bzw. 1,93 [Sze81] berechnen18.
Für den für die Anwendung bedeutenderen Fall, dass ein Ladungsträgertyp stark überwiegt19,
kann die Gleichung (1.36) zu den folgenden beiden einfachen Beziehungen reduziert werden:
1
für n
ne
1
RH = r
für p
pe
RH = − r
p,
(1.37)
n.
In zweidimensionalen Ladungsträgersystemen20 ist darüber hinaus der Faktor r in der
Hallkonstanten RH gleich Eins [Wie03].
Im Folgenden soll der Hallkoeffizient RH für Elektronen unter Vernachlässigung der
Geschwindigkeitsverteilung der Ladungsträger bzw. unter der Annahme einer energieunabhängigen Streuzeit hergeleitet werden. Für eine allgemeine Herleitung, die die
Geschwindigkeitsverteilung der Ladungsträger berücksichtigt und die zu Gleichung (1.36)
führt, sei z.B. auf das Lehrbuch von JOHN P. MCKELVEY ([McK69], Kapitel 9.8) verwiesen.
17
RH ist strenggenommen nur für hinreichend kleine magnetische Felder konstant (siehe z.B. [McK69],
[Sze81]).
18
19
r berücksichtigt die Abhängigkeit der Streuzeiten τ von der kinetischen Energie der Ladungsträger.
Dies ist der Fall für dotierte Halbleiter bei nicht zu hohen Temperaturen und generell für Metalle.
Bei Hallmessungen an 2D-Systemen soll dabei die magnetische Induktion B senkrecht auf der Ebene stehen,
in der der Stromtransport stattfindet.
20
41
1.3 Hall-Magnetometrie
Die Bewegungsgleichung für Elektronen unter Einfluss sowohl eines homogenen elektrischen
Feldes E wie auch eines homogenen magnetischen Feldes B, auf welche die durch die
Stoßprozesse verursachte Reibungskraft Fr =(m/τ) v wirkt, lässt sich schreiben als
 d 1
m  +  v = −e ( E + v × B ) ,
 dt τ 
(1.38)
mit der Ladung −e und der Masse m der Elektronen. Im rechten Teil der Gleichung (1.38)
steht die Summe aus der elektrostatischen Kraft −e E und der Lorentzkraft −e v×B . Letztere
lenkt die Elektronen in eine sowohl zum Magnetfeld als auch zu ihrer Bewegungsrichtung
senkrecht stehenden Richtung ab (vgl. Abbildung 1.19).
Im stationären Zustand ( v =const) verschwindet das Produkt m·d v /dt aus Gleichung (1.38),
daher folgt unter Berücksichtigung der Geometrie gemäß Abbildung 1.19 für die drei
Raumkomponenten:
m
τ
m
τ
m
τ
vx = −e ( Ex + Bz v y ) ,
v y = −e ( E y + Bz vx ) ,
(1.39)
vz = −eEz .
Unter Verwendung der Zyklotronfrequenz ωc := eBz /m lässt sich (1.39) umschreiben zu:
eτ
eτ
eτ
(1.40)
Ex − ωcτ v y , v y = − E y + ωcτ vx , vz = − Ez .
m
m
m
Unter der Voraussetzung einer stromlosen Spannungsmessung kann in y-Richtung kein Strom
vx = −
aus der Probe herausfließen (vgl. Abbildung 1.19), weshalb v y =0 gelten muss. Diese
Bedingung kann jedoch nach (1.40) nur dann erfüllt sein, wenn gleichzeitig ein elektrisches
Feld der Form
Ey = −
eτ Bz
Ex
m
(1.41)
existiert.
Aus der Gleichung (1.35) folgt für die Hall-Konstante
RH =
Ey
jx B
(1.42)
und schließlich nach Substitution von Ey gemäß der Gleichung (1.41) und von jx = ne2τ Ex /m:
1
(1.43)
.
ne
Wie zu erwarten war, stimmt dieses Ergebnis mit der ersten Gleichung aus (1.37) überein,
RH = −
wenn r =1 gesetzt wird, also keine Abhängigkeit der Streuzeit τ von der kinetischen Energie E
der Elektronen berücksichtigt wird.
42
GRUNDLAGEN
Abbildung 1.20: a) Raster-Elektronen-Mikroskopie-Aufnahme eines Hallkreuzes, in dessen Zentrum sich das
Ende eines 840nm breiten Co-Streifens befindet. b) Lichtmikroskopische Aufnahme eines größeren Bereiches
der gesamten Struktur, die aus zwei miteinander verbundenen Hallkreuzen besteht. Skizziert ist die Beschaltung
zur Messung der Hallspannung VH. c) Schematische Darstellung des Streufeldes am Rande einer ferromagnetischen Struktur. Die senkrechte Komponente des Streufeldes am Ort des tieferliegenden 2DEGs induziert eine
Hallspannung VH.
1.3.2 Prinzip der Hall-Magnetometrie / LHE
Bei der Hall-Magnetometrie wird das in Kapitel 1.3.1 beschriebene Verfahren zur
Bestimmung der Elektronendichte umgekehrt, d.h. der Hall-Effekt wird dazu benutzt, um bei
bekannter Elektronendichte ein äußeres Magnetfeld, speziell das Streufeld eines zu
untersuchenden Partikels, zu charakterisieren. Hierzu wird das (meist ferromagnetische)
Partikel so auf ein Hall-Kreuz positioniert, dass Teile seines Streufeldes das Hall-Kreuz
durchsetzten. Die senkrechte Komponente des Streufeldes wird anhand der induzierten
Hallspannung nachgewiesen. Abbildung 1.20a) zeigt beispielhaft eine Raster-ElektronenMikroskopie-Aufnahme eines solchen Hallkreuzes, auf dessen Mitte sich das linke Ende eines
knapp 850nm breiten Streifens aus Kobalt befindet. Dieses Hallkreuz bildet den linken Teil
der in Abbildung 1.20b) dargestellten gesamten Mesa-Struktur. Darüber hinaus ist hier erneut
die zur Messung der Hallspannung notwendige Beschaltung der Struktur skizziert. Das
grundsätzliche Prinzip der Hall-Magnetometrie soll anhand von Abbildung 1.20c)
verdeutlicht werden: Die sich am Rand der ferromagnetischen Struktur ausbildenden freien
magnetischen Pole stellen die Quellen eines Streufeldes dar (durch schwarze Pfeile
schematisch angedeutet), das die tieferliegende leitfähige Schicht (hier ein 2DEG) durchsetzt.
Die senkrechte Komponente dieses Streufeldes ruft nun eine Hallspannung hervor, die an den
senkrecht zur Stromrichtung angebrachten Potenzialsonden (siehe Abbildung 1.20b))
abgegriffen werden kann. Da das Streufeld nicht die gesamte Fläche des Hallkreuzes (vgl.
Abbildung 1.21) homogen durchsetzt, muss Bz aus Gleichung (1.35) beim LHE durch ein
effektives Feld Bz,eff ersetzt werden:
43
1.3 Hall-Magnetometrie
E y = RH jx Bz ,eff .
(1.44)
Erfolgt – wie in vorliegender Arbeit – der Stromtransport in einem 2DEG, also mittels
Elektronen in einer zweidimensionalen Schicht, so folgt aus den Gleichungen (1.44), (1.37)
und aus [Wie03] für den sog. Hallwiderstand R Hall
RHall :=
VH
= RH Bz ,eff ,
Ix
RH = −
1
n2D e
,
(1.45)
mit der zweidimensionalen Elektronendichte n2D.
Abbildung 1.21 zeigt sowohl das aus Abbildung 1.20a) bereits bekannte Hallkreuz mit dem
nanostrukturierten Co-Draht als auch die berechnete senkrechte Streufeldkomponente Bz des
Co-Streifens in der Ebene des 35nm unterhalb der Mesaoberfläche liegenden 2DEGs. Bei der
Berechnung (siehe Kapitel 2) wurde von einer vollständigen Sättigung des Co-Streifens in
dessen Längsrichtung ausgegangen. Deutlich ist die starke Lokalisierung des Streufeldes am
linken Ende des Drahtes zu erkennen. Außerhalb des Bereiches, der durch den farbigen
Konturplot abgedeckt ist und der nur ca. 2% der gesamten Hallkreuz-Fläche bedeckt, beträgt
die senkrechte Streufeldkomponente weniger als 2‰ ihres Maximalwertes, im Außenbereich
des Hallkreuzes sogar nur etwa 0,01‰.
Von großer Bedeutung für eine quantitative Aussage ist es, eine Beziehung zwischen dem
effektiven Feld Bz,eff aus Gleichung (1.45) und der tatsächlichen Streufeldverteilung zu finden;
mit dieser Thematik beschäftigt sich Kapitel 4 dieser Arbeit.
Abbildung 1.21:
Logarithmische
Darstellung
der
berechneten senkrechten Streufeldkomponente Bz eines
30nm dicken und 842nm breiten, vollständig gesättigten
Co-Streifens in der Ebene des 2DEGs. Das 2DEG liegt
35nm unterhalb der Oberfläche der Mesa-Struktur. Deutlich ist zu erkennen, dass nur ein Bruchteil der gesamten
Hall-Kreuz-Fläche vom Streufeld nennenswert durchsetzt
wird. Außerhalb des Bereiches, der durch den Konturplot
gekennzeichnet ist, beträgt die senkrechte Komponente
des Streufeldes weniger als 0,2% des Maximalwertes. Die
dunklen gestrichelten Linien geben das Linienprofil von Bz
(ebenfalls logarithmisch aufgetragen) entlang der Mittelachsen des Drahtes bzw. entlang der linken Kante an.
Im folgenden Abschnitt soll die bei der Hall-Magnetometrie erreichbare Magnetfeldauflösung
abgeschätzt werden - hier zunächst nur die Empfindlichkeit auf das effektive Felde Bz,eff : Die
Hallkostante RH (siehe Gleichung (1.45)) beträgt ungefähr 2,1 Ω/mT für eine typische
Elektronendichte von n2D = 3×1011 cm-2. Bei einem Messstrom von Iapp = 60µA ist eine
Spannungsauflösung von 0,1µV ausreichend21, um ein effektives Streufeld Bz,eff von 0,79µT
21
Dies entspricht der Spannungsauflösung des für diese Arbeit benutzten Messgerätes (BIO-RAD HL 5200).
44
GRUNDLAGEN
auflösen zu können.22 Die theoretisch maximal mögliche Spannungsauflösung (und damit
auch die größte zu erzielende Nachweisempfindlichkeit für das Magnetfeld) wird limitiert
durch das intrinsische Spannungsrauschen der Probe.23 Als Kenngröße hierfür lässt sich das
sog. Signal-zu-Rausch-Verhältnis (SNR, engl. für signal to noise ratio) definieren, also der
Quotient aus Messsignal und intrinsischem Rauschen der zu untersuchenden Probe. Für
Messströme Iapp unterhalb eines kritischen Stromes Ic stellt das von der absoluten Temperatur
T abhängige thermische oder JOHNSON- Rauschen Vn
Vn = 4k BTRs f
(1.46)
den Hauptbeitrag des intrinsischen Gesamtrauschens der Probe dar [Ora96]; hierbei ist kB die
BOLTZMANN-Konstante, Rs der Serienwiderstand der Hall-Struktur und f die Mess-Bandbreite.
Hieraus ergibt sich für das Signal-zu-Rausch-Verhältnis SNR, wenn Iapp < I c erfüllt ist, aus
den Gleichungen (1.46) und (1.45):
SNR (T ) =
I app RH Bz ,eff
4k BTRs f
.
(1.47)
Bei einem Signal-zu-Rauch-Verhältnis von Eins ist das JOHNSON-Rauschen gerade so groß
wie das Messsignal, sodass dieses nicht mehr aufgelöst werden kann. Diese oberste Grenze
wird erreicht für
Bz ,eff
f ≈ 17 nT/Hz1/ 2
bei T = 4, 2 K ,
Bz ,eff
f ≈ 140 nT/Hz1/ 2 bei T = 300K ,
wenn wie im obigen Beispiel ein Messstrom Iapp von 60µA gewählt24 und ein realistischer
Serienwiderstand Rs von 20kΩ angesetzt wird.
Diese Abschätzung verdeutlicht, dass gewöhnlich das thermische Rauschen erst bei Temperaturen nahe Raumtemperatur die Auflösung der Hall-Magnetometrie limitiert und bei kryogenen Temperaturen keine entscheidende Rolle mehr spielt.
Im nächsten Kapitel wird das Streufeld einer ferromagnetischen Struktur in magnetischer
Sättigung berechnet. Diese Berechnungen, die auch Grundlage der Diagramme aus
Abbildung 1.21 sind, ermöglichen es, die experimentell zugängliche Größe Bz,eff mit der
theoretisch bestimmten Streufeldverteilung der ferromagnetischen Struktur zu korrelieren.
22
Zum Vergleich: Die magnetische Flussdichte des Erdmagnetfeldes beträgt 30 bis 60µT.
Das intrinsische Rauschen stellt die absolute Grenze des Auflösungsvermögens dar. Das Rauschen des gesamten Systems wird durch andere, in der Regel vorhandene, Rauschquellen im Messaufbau weiter vergrößert.
23
So beträgt das gesamte Rauschen des in dieser Arbeit verwendeten Messaufbaus (T =4,2K) ca. ≤50mΩ ⇒
Magnetfeldauflösung ≤ 20µT.
Bei den in dieser Arbeit verwendeten Strukturen hat sich gezeigt, dass Ic >60µA ist.
24
45
1.3 Hall-Magnetometrie
Kapitel 2
Berechnung des Streufeldes magnetischer Streifen
Um einen quantitativen Eindruck von der lateralen Ausdehnung und Stärke der Streufelder
ferromagnetischer Streifen, speziell von der z-Komponente in der Ebene des 2DEGs, zu gewinnen, werden im Folgenden theoretische Rechnungen auf Basis eines Dipolmodells durchgeführt. Ferner wird hierbei die Abhängigkeit der schichtsenkrechten Streufeldkomponente Bz
von der Dicke t der ferromagnetischen Schicht und von deren Abstand d zum 2DEG untersucht, wodurch eine Optimierung der Geometrie der Hybrid-Struktur hinsichtlich einer möglichst hohen Signalstärke ermöglicht wird. Außerdem wird versucht, aus den berechneten
Streufeldprofilen auf das beim LHE effektiv wirkende Streufeld Bz,eff zu schließen. Bei allen
Simulationen wird davon ausgegangen, dass die Magnetisierung der Streifen - wie im Experiment - innerhalb der Schichtebene (in-plane) liegt und gleich der Sättigungsmagnetisierung
des jeweiligen Materials ist. Dies bedeutet, dass bei diesem Modell keine Domänen-Struktur
berücksichtigt, sondern von einem eindomänigen Teilchen ausgegangen wird. Inwieweit die
Annahme eines eindomänigen Teilchens in den vorgestellten Experimenten realistisch ist,
wird in Kapitel 4 diskutiert.
Abbildung 2.1: Geometrie zur Berechnung des
Streufeldes einer gesättigten ferromagnetischen
Schicht. Das infinitesimal kleine Dipolmoment µ
am Ort (x, y, z) führt zu einem magnetischen Potenzial V(x0, y0, z0). Es wird angenommen, dass
sich die Magnetisierung M einer Schicht endlicher
Dicke t auf die Mittelebene konzentriert. Die
Flächenmagnetisierung dieser sich dadurch theoretisch ergebenden zweidimensionalen Schicht ist
dann M 2D = t M.
46
BERECHNUNG DES STREUFELDES MAGNETISCHER STREIFEN
2.1 Das Dipolmodell
Die für diese Rechnungen benutzte Geometrie ist in Abbildung 2.1 dargestellt. Zur Berechnung des Streufeldes wird das Flächenintegral über die magnetischen Potenziale dV der infinitesimal kleinen Momente dµ bei gesättigter Magnetisierung einer zweidimensionalen
Schicht bestimmt. Die Reduktion des realen 3D-Problems auf ein Zweidimensionales
ermöglicht dessen analytische Lösung. Für den Fall, dass die Magnetisierung der Schicht entlang der x-Achse liegt, gilt M s 2 D = t Ms ex. Hierbei ist Ms 2D die Flächenmagnetisierung der
Schicht, also deren magnetisches Moment m pro Einheitsfläche und t die Dicke der
Volumenschicht im Experiment. Die Integration über dV statt der Aufsummierung der
einzelnen, von den diskreten Atommomenten µ i herrührenden Potenziale stellt eine gute
Näherung für genügend große Schichtabstände dar.
Für das Potenzial am Ort (x0, y0, z0), hervorgerufen durch einen infinitesimal kleinen Dipol µ
am Ort (x, y, z), gilt:
dV ( x0 , y0 , z0 ) =
µ0
( x − x0 )
2D
Ms
dxdy ,
32
4π
( x − x0 ) 2 + ( y − y0 ) 2 + z0 2 


(2.1)
mit der magnetischen Feldkonstanten µ 0 und der 2-dim. Sättigungsmagnetisierung Ms2D.
Das Gesamtpotenzial ergibt sich nun durch Bildung des Flächenintegrals V = ∫∫ dV zu:
V ( x0 , y0 , z0 ) =
F
{
µ0
2D
2
M s − ln b − 2 y0 + 2 r0 + ∆ 2 − ( x0 a + y0b) 



4π
2
+ ln b − 2 y0 + 2 r0 + ∆ 2 + ( x0 a − y0b) 


2
+ ln  −b − 2 y0 + 2 r0 + ∆ 2 − ( x0 a − y0b) 


(2.2)
}
2
− ln  −b − 2 y0 + 2 r0 + ∆ 2 + ( x0 a + y0b)  ,


1
2
2
2
2
mit r0 := x0 + y0 + z0 und ∆ 2 := (a 2 + b 2 ) .
4
Dabei sind a und b die Länge bzw. die Breite der ferromagnetischen Schicht. Aus dem
Potenzial V folgt die magnetische Induktion B2D, hervorgerufen von der zweidimensionalen
ferromagnetischen Schicht gemäß:
B 2D = −∇V .
(2.3)
Die für den Hall-Effekt maßgebende z-Komponente des Streufeldes, d.h. die Komponente
senkrecht zur Ebene des 2DEGs, ergibt sich aus der partiellen Ableitung des Potenzials
Bz
2D
=−
∂V
,
∂ z0
(2.4)
47
2.1 Das Dipolmodell
zu:
2D
Bz ( x0 , y0 , z0 ) =
µ0 2D
M s z0 ⋅
π
)
(
+  2 r + ∆ + ( x a − y b) ( b − 2 y + 2 r + ∆ + ( x a − y b) ) 


+  2 r + ∆ − ( x a − y b ) ( −b − 2 y + 2 r + ∆ − ( x a − y b ) ) 


−  2 r + ∆ + ( x a + y b ) ( −b − 2 y + 2 r + ∆ + ( x a + y b ) ) 


−1
 
2
2
2
2

2
r
(
x
a
y
b
)
b
2
y
2
r
(
x
a
y
b
)
−
+
∆
−
+
−
+
+
∆
−
+
 
0
0
0
0
0
0
0

 
2
2
2
0
0
2
0
0
0
2
2
0
0
2
0
0
0
0
0
0
−1
0
2
(2.5)
0
2
0
2
0
−1
2
0
0
2
0
−1
0



Gleichung (2.5) ermöglicht damit die Berechnung des Streufeldes Bz2D einer hypothetischen
zweidimensionalen Schicht. Reale ferromagnetische Schichten besitzen jedoch eine endliche
Dicke, sind also dreidimensional. Von Interesse ist nun das Streufeld Bz3D einer realen
ferromagnetischen Schicht mit der Dicke t. Für genügend dünne Schichtdicken t und/oder
genügend große 2DEG-Abstände von der Schicht d lässt sich Bz3D in der Ebene des 2DEGs
hinreichend gut annähern:
3D
2D
"2D-Näherung": Bz ( x0 , y0 ) ≈ Bz ( x0 , y0 , d + t / 2) , wobei M 2D = t M s gilt.
(2.6)
Hierbei wurde z0 aus Gleichung (2.5) gleich d + t / 2 , also gleich der Entfernung des 2DEGs
von der Mitte der ferromagnetischen Schicht gesetzt.
Ist diese Näherung nicht mehr zulässig, weil entweder die Schichtdicke zu groß oder der
Abstand zwischen dem 2DEG und der Schicht zu klein wird, so muss man sich die reale
ferromagnetische Volumenschicht aus dünneren, im Grenzfall aus den infinitesimal dünnen
2D-Schichten zusammengesetzt vorstellen und deren Streufelder aufsummieren bzw.
integrieren:
3D
"3D-Modell": Bz ( x0 , y0 ) =
d +t
∫B
z
2D
( x0 , y0 , z ) dz , wobei M 2D = M s gilt.
(2.7)
d
Hierbei ist t die Dicke der Volumenschicht und d der Abstand zwischen dieser und dem
2DEG (vgl. Abbildung 1.20c)). Die Integration lässt sich ebenfalls analytisch ausführen. Die
Lösung wird jedoch wegen ihrer Länge nicht an dieser Stelle, sondern im Anhang A
angegeben. Da die Anwendung dieses 3D-Modells zur Berechnung konkreter Streufeldwerte
wesentlich mehr Rechenaufwand bzw. -zeit erfordert, sind alle, bis auf die Simulationen, bei
denen die 2D-Näherung nicht zulässig ist, gemäß Gleichung (2.6) durchgeführt worden.
Simulationen nach dem 3D-Modell sind speziell gekennzeichnet.
48
BERECHNUNG DES STREUFELDES MAGNETISCHER STREIFEN
2.2 Simulationen / Abschätzung der Streufeldstärke
Das im vorherigen Kapitel entwickelte Dipol-Modell soll im Folgenden zur Anwendung
kommen, um die maximale Streufeldstärke länglicher ferromagnetischer Streifen abzuschätzen und insbesondere um Kenntnisse über das laterale Profil der senkrechten
Streufeldkomponente am Ort der leitfähigen Schicht (in dieser Arbeit ein 2DEG) zu
gewinnen. Hierbei wird von einer gesättigten Magnetisierung Ms in Längsrichtung (x-Richtung) der Struktur ausgegangen. Abbildung 2.2 zeigt beispielhaft eine dreidimensionale
Darstellung der berechneten senkrechten Streufeldkomponente des schon aus Abbildung 1.21
bekannten 30nm dicken und 840nm breiten Co-Drahtes. Das Maximum von Bz am Ort des
2DEGs (35nm unter der Mesa-Oberfläche) beträgt ca. 160mT. Das Streufeld ist stark unter
der Kante des Drahtes lokalisiert und fällt schnell in lateraler Richtung ab.
Abbildung 2.2: Darstellung der nach dem Dipolmodell berechneten senkrechten Streufeldkomponente Bz in
Abhängigkeit des lateralen Abstandes vom Mittelpunkt der kurzen Kante des Co-Drahtes. Der 840nm breite und
30nm dicke Co-Draht (vgl. Abbildung 1.21) befindet sich hierbei 35nm oberhalb des 2DEGs. Weiterhin wird
von einem in Längsrichtung (x-Richtung) vollständig aufmagnetisierten Co-Draht (Ms =1,35×106 A/m) ausgegangen.
In den nächsten Abschnitten dieses Kapitels wird die Abhängigkeit des Streufeldes vom Ort,
von der Dicke der ferromagnetischen Schicht, von der Drahtbreite und von ihrem Abstand
zum zweidimensionalen Elektronengas eingehender diskutiert. Bei allen folgenden Analysen
wird von einer 100µm langen und 30nm dicken ferromagnetischen Streifen-Struktur
ausgegangen. Die Sättigungsmagnetisierung wurde zu 106 A/m (≡1000emu/cm3) gesetzt. Da
die Sättigungsmagnetisierung linear eingeht (vgl. Gleichung (2.5)), kann man durch einfache
Multiplikation des dargestellten Streufeldwertes mit einem Faktor auf reale Materialsysteme
umrechnen. Wie der Tabelle 2.1 zu entnehmen ist, in der die Sättigungsmagnetisierungen der
2.2 Simulationen / Abschätzung der Streufeldstärke
49
drei in dieser Arbeit verwendeten Materialien aufgeführt werden, liegt dieser Faktor nahe bei
Eins. Bei den meisten Berechnungen beträgt die angenommene Tiefe d des 2DEGs unterhalb
der Mesa-Oberfläche 35nm. Diese Tiefe entspricht der für uns kleinstmöglichen sicher zu
realisierenden Elektronengastiefe und damit der im Rahmen dieser Arbeit hauptsächlich
verwendeten 2DEG-Tiefe (vgl. HEMT-Struktur aus Abbildung 1.4b)).
Ferromagnet
Fe
Co
Py
Ms [kA/m]
1690
1350
800
Tabelle 2.1: Sättigungsmagnetisierungen Ms
von Eisen, Kobalt und Permalloy (Py) in
Einheiten von kA/m (emu /cm3).
50
BERECHNUNG DES STREUFELDES MAGNETISCHER STREIFEN
2.2.1 Laterale Abhängigkeit der z-Streufeldkomponente
In Abbildung 2.3 a) bzw. b) ist die normierte Streufeldkomponente Bz senkrecht zur kurzen
Kante (siehe Einschub in Abb. a)) verschieden breiter, 100µm langer ferromagnetischer
Drähte in magnetischer Sättigung in linearer bzw. in logarithmischer Darstellung gezeigt. Alle
Werte sind auf den maximalen Streufeldwert Bz,max für einen 10µm breiten Draht normiert.
Dieser Wert entspricht beinahe der maximal erreichbaren Streufeldkomponente. Auch für
breitere Streifen erhält man kein höheres Bz (vgl. Abbildung 2.4). Das Streufeldprofil aller
Drähte ist achsensymmetrisch bezüglich x =0 25. Man erkennt, dass das Streufeld ein stark
ausgeprägtes Maximum an der Kante des Drahtes (x =0) hat und dass bereits in einer Entfernung von 1µm die Stärke je nach Drahtbreite auf 2,5% (w =10µm) bis hinzu ~0,2‰ (beim
100nm breiten Draht) des Maximalwertes des jeweiligen Drahtes abgefallen ist: Je schmaler
der ferromagnetische Draht wird, um so steiler ist die laterale Abnahme von Bz (siehe Abbildung 2.3b)). In einer Entfernung von 5µm von der Kante liegt zwischen der Streufeldkomponente des 1000nm und des 100nm breiten Drahtes ungefähr eine Größenordung. Für die
hier typischen Schichtdicke von t =30nm und dem Abstand Schicht zu 2DEG von d =35nm
(vgl. HEMT-Struktur aus Abbildung 1.4b)) ergibt sich für den 10µm breiten Draht ein
maximales Streufeld Bz in der Ebene des 2DEGs von 120mT. Bis zu einer Drahtbreite von
300nm ist die Abnahme des maximalen Streufeldes für die einzelnen Drähte nur gering (5%
vom Maximalwert von 120mT), bei einer Breite von 100nm beträgt sie jedoch bereits 30%
(siehe Abbildung 2.3a)). Dieser Sachverhalt wird durch Abbildung 2.4, welcher direkt die
b)
Referenz
(w = 10 µm)
w = 300 nm
w = 200 nm
w = 100 nm
1,0 l = 100µm , t = 30nm ,
d = 35nm
Bz / Bz, max
0,8
0,6
0,4
Referenz
w =1000 nm
w = 500 nm
w = 300 nm
w = 200 nm
w = 100 nm
10
10
-1
10
-2
10
Bz / Bz, max
a)
-3
10
-4
10
-5
10
0,2
-6
10
0,0
-7
-1,0
-0,5
0,0
x [µm]
0,5
1,0
10
-6
-4
-2
0
2
4
6
x [µm]
Abbildung 2.3: Darstellung des Streufeldes als Funktion des Abstandes von der Kante (siehe Einschub) eines
gesättigten, ferromagnetischen Drahtes der Dicke t=30nm und Länge l=100µm. Gezeigt ist jeweils der
normierte Betrag der senkrechten Streufeldkomponente in einem Abstand von d=35nm unterhalb der Drähte der
Breite w. a) zeigt eine lineare Darstellung, b) eine logarithmische. Zur Normierung dient der Maximalwert Bz,max
für einen 10µm breiten Draht. Bz,max beträgt 120mT für eine Sättigungsmagnetisierung von 106 A/m.
25
Die Ursache hierfür ist, dass die freien magnetischen Pole am Ende der 100µm langen Drähte quasi unendlich
weit voneinander entfernt sind.
51
2.2 Simulationen / Abschätzung der Streufeldstärke
Abhängigkeit des Maximalwertes des Streufeldes von der Breite w der Drähte entnommen
werden kann, weiter verdeutlicht.
1,0
1
Bz / Bz, max
0,9
0,8
Abbildung 2.4: Breitenabhängigkeit des
maximalen Streufeldes Bz normiert auf das
maximale Feld Bz.max eines 10µm breiten
Drahtes. Erst für Drahtbreiten im subMikrometerbereich ist eine nennenswerte
Abnahme von Bz festzustellen. Bz,max
beträgt 120mT für eine Sättigungsmagnetisierung von 106 A/m.
0,7
0,6
l = 100µm , t = 30nm ,
d = 35nm
0,5
0,4
0,1
1
10
w [µm]
Im Folgenden wird das Streufeldprofil senkrecht zu der bisher betrachteten Richtung, also
parallel zur kurzen Drahtkante diskutiert. Abbildung 2.5 zeigt das Streufeldprofil genau
entlang der kurzen Kante des ferromagnetischen Drahtes (y-Richtung, x =0). Der Nullpunkt
der y-Achse ist wieder in die Kantenmitte gelegt (siehe Einschub in a)). Auch in dieser
Richtung zeigen, wie zu erwarten war, die Streufeldprofile der unterschiedlich breiten Drähte
eine Symmetrie bezüglich y =0. Für breite Drähte (w ≥1000nm) ist Bz um y =0 nahezu
konstant, d.h. unabhängig von y. Nähert man sich der Ecke des Drahtes (y = ± w /2), so sinkt Bz,
bis man direkt unterhalb der Ecke nur noch 50% des Maximalwertes des jeweiligen Drahtes
findet.
a)
b)
w =1000 nm
w = 500 nm
w = 300 nm
w = 200 nm
w = 100 nm
Bz / Bz, max
0,8
0,6
0,4
0
1
10
-1
10
-2
10
Bz / Bz, max
1,0 t = 30nm ,
d = 35nm
-3
10
-4
10
-5
10
0,2
-6
10
0,0
-7
-2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0
y [µm]
0,5
1,0
1,5
2,0
10
-6
-4
-2
0
2
4
6
y [µm]
Abbildung 2.5: Streufeldprofil Bz (y) längs der kurzen Kante verschieden breiter ferromagnetischer Drähte in
linearer a) und logarithmischer b) Darstellung. Die Geometrie ist im Einschub in a) skizziert. Zur Normierung
wurde das Streufeld Bz (0) eines 10µm breiten Drahtes verwendet. Bz,max beträgt 120mT für eine
Sättigungsmagnetisierung von 106 A/m.
52
BERECHNUNG DES STREUFELDES MAGNETISCHER STREIFEN
t = 30nm , d = 35nm
0
1
10
w =1000 nm
w = 500 nm
w = 300 nm
w = 200 nm
w = 100 nm
-1
10
-2
Bz / Bz, max
10
-3
10
-4
10
-5
10
-6
10
-7
10
0
1
2
3
yEcke [µm]
4
5
Abbildung 2.6: Streufeldprofil in y-Richtung,
diesmal mit dem Ursprung in der Kantenecke
des jeweiligen Drahtes (siehe Einschub). Auch
hier gilt, dass der Abfall der senkrechten
Streufeldkomponente mit größer werdendem
lateralen Abstand vom Draht um so steiler ist,
je kleiner die Drahtbreite w wird. In einem
Abstand von 5µm von der Ecke unterscheidet
sich die Streufeldkomponente des 1000nm
breiten Drahtes von der des 100nm breiten
wiederum um eine knappe Größenordnung,
wobei das Streufeld absolut sehr klein ist.
Außerhalb der Draht-bedeckten Fläche, einen Mikrometer von der Ecke entfernt, ist Bz auf
~0,5‰ (w =1000nm) bzw. auf ~0,1‰ (w =100nm) des Maximalwertes des jeweiligen Drahtes
abgefallen. Abbildung 2.6 stellt direkt den Abfall des Streufeldes außerhalb der Drahtkante in
y-Richtung dar; der Ursprung des Diagramms liegt hier in einer Ecke der kurzen Kante des
jeweiligen Drahtes. Ein Vergleich mit Abbildung 2.3b), in der das Streufeldprofil senkrecht
zur kurzen Drahtkante (x-Richtung) aufgetragen ist, zeigt, dass sich die beiden Profile
besonders für schmale Drähte sehr ähneln. Das bedeutet, dass ein beispielsweise 100nm
breiter, in Längsrichtung gesättigter Draht direkt unter seiner kurzen Kante bereits ein nahezu
kreisförmiges Streufeldprofil in der Ebene des 2DEGs hervorruft (siehe Abbildung 2.7). Mit
diesem Streufeldprofil lässt sich ein sog. magnetischer Nano-Dot (Dot engl. für Punkt) in der
Ebene des 2DEGs realisieren. Das maximale Streufeld dieses Dots beträgt 90mT bei einer
angenommenen Sättigungsmagnetisierung von 106 A/m.
Abbildung 2.7: Realisierung eines magnetischen Nano-Dots durch das Streufeld eines 100nm breiten in
Längsrichtung vollständig gesättigten ferromagnetischen Drahtes. Das maximale Streufeld, im Zentrum des
Dots, beträgt 90mT bei einer Sättigungsmagnetisierung von 106 A/m. Die Halbwertsbreite des Profils von 120nm
in y-Richtung ist etwas größer als die in x-Richtung (85nm).
53
2.2 Simulationen / Abschätzung der Streufeldstärke
a)
b)
3D-Modell
3D-Modell
2D-Näherung
1
0,1
0,01
0,1
1
Bz,max / Bz,max (d=35nm)
Bz,max / Bz,max (d=35nm)
t = 30nm , w = 10 µm
1
0,1
0,01
0,001
1E-3
t = 30 nm, w = 10 µm
t = 30 nm:
w = 10 µm:
t = 50 nm
w = 1 µm
w = 0,5 µm
t = 100 nm
w = 0,1 µm
0,01
d [µm]
0,1
-2
Bz,max~ d
für große d
1
d [µm]
Abbildung 2.8: a) Darstellung des normierten maximalen Streufeldes Bz,max eines 10µm breiten
ferromagnetischen Drahtes in Abhängigkeit von der Tiefe d des 2DEGs unterhalb der Mesaoberfläche. Die
Normierung erfolgt so, dass das maximale normierte Streufeld des Drahtes bei einer 2DEG-Tiefe d von 35nm
identisch Eins ist. Verglichen werden jeweils die Ergebnisse aus der zweidimensionalen Näherung gemäß
Gleichung (2.6) mit dem 3D-Modell gemäß Gleichung (2.7). Für Abstände d < 20nm weicht die Näherung leicht
von den nach dem 3D-Modell berechneten Werten ab. Bz,max (d = 35nm) beträgt bei der hier angenommenen
Drahtgeometrie 120mT bzw. 124mT für eine Sättigungsmagnetisierung von 106 A/m. b) Zeigt denselben
Zusammenhang wie a), jedoch für verschiedene Drahtgeometrien. Ferner sind alle dargestellten Kurvenverläufe
nach dem 3D-Modell berechnet worden. Trotz der Normierung unterscheiden sich die Kurvenverläufe teilweise
erheblich voneinander, d.h. es existiert kein universeller Zusammenhang zwischen der normierten Größe Bz,max
und dem Abstand d zwischen Draht und 2DEG. Alle Kurven zeigen jedoch für große d eine 1/d 2-Abhängigkeit.
2.2.2 Vertikale Abhängigkeit der Streufeldkomponente
Im Folgenden soll betrachtet werden, welchen Einfluss der vertikale Abstand d des 2DEGs
vom ferromagnetischen Draht auf die maximale Streufeldgröße Bz,max (x =0, y =0) hat. In
Abbildung 2.8a) wird dieser Zusammenhang beispielhaft für einen 10µm breiten Draht
grafisch veranschaulicht. Die Streufeldkomponente Bz,max ist normiert auf das Streufeld eines
Drahtes gleicher Breite, der sich, wie auch bei allen vorangegangenen Berechnungen, 35nm
über dem 2DEG befindet. Der in der Abbildung dargestellte Kurvenverlauf wurde jeweils
nach Gleichung (2.6) (2D-Näherung, schwarze Kurve) bzw. nach Gleichung (2.7) (3DModell, orange Kurve) berechnet. Die Resultate sind für Abstände d ≥30nm (t =30nm, wie im
Experiment realisiert) identisch. Erst für kleinere Abstände gibt es Abweichungen, die in
diesem Beispiel aber auch nicht mehr als 20% betragen. Dennoch wurden sicherheitshalber
die in Abbildung 2.8b) gezeigten Kurven nach dem zeitaufwändigeren 3D-Modell berechnet.
Sie beschreiben den gleichen Zusammenhang zwischen Bz,max und d wie in Abb. a) jedoch für
unterschiedliche Drahtgeometrien, d.h. für verschiedene Drahtbreiten w bzw. -dicken t. Dabei
ist der Parametersatz den experimentell realisierten Randbedingungen angelehnt. Man
erkennt, dass die maximale senkrechte Streufeldkomponente (x =0, y =0) bei einer
54
BERECHNUNG DES STREUFELDES MAGNETISCHER STREIFEN
Vergrößerung des Abstandes d zwischen Draht und 2DEG schnell gegen Null strebt. So
beträgt sie für die hier dargestellten Geometrien in einer Tiefe d von 110nm (typ. 2DEGTiefe von Standard-HEMT-Strukturen) nur noch zwischen 50% und 20% ihres Normierungswertes für d =35nm. Andererseits ließe sich durch eine theoretische, jedoch experimentell
bisher nicht realisierbare Reduzierung der Elektronengastiefe auf d =10nm die Stärke des
maximalen Streufeldes in z-Richtung je nach Drahtgeometrie verdoppeln oder verdreifachen.
Trotz der durchgeführten Normierung zeigen die maximalen Streufelder Bz,max der
unterschiedlichen Drähte teilweise recht stark voneinander abweichende Abhängigkeiten von
d, sodass die Angabe eines universellen Zusammenhangs zwischen der maximalen
senkrechten Streufeldkomponente Bz,max und der 2DEG-Tiefe nicht möglich ist. Jedoch fällt
Bz,max von allen Drähten für große26 Abstände d mit 1/d 2 ab (Bz,max ∝ d -2, vgl. Abbildung 1.8b)).
b)
a)
10
Bz,max / Bz,max (t = 30nm)
Bz,max / Bz,max (t = 30nm)
d = 35 nm , w = 10 µm
2D-Näherung
3D-Modell
1
0,1
1n
10n
100n
1µ
3D-Modell
1
0,1
d = 35 nm, w = 10 µm
w = 10 µm:
d = 35 nm:
d = 70 nm
w = 1 µm
w = 0,5 µm
d = 150 nm
w = 0,1 µm
für kleine t:
Bz,max~ t
1n
10n
t [m]
100n
1µ
t [m]
Abbildung 2.9: a) Zusammenhang zwischen der maximalen Streufeldkomponente Bz,max in der Ebene des
2DEGs (d =35nm) und der Dicke t eines 10µm breiten ferromagnetischen Drahtes, berechnet nach dem 2D- bzw.
3D-Modell. Normiert sind die Kurven auf die experimentelle Standardschichtdicke von t= 30nm. Man erkennt,
dass für Schichtdicken größer als 100nm das 2D-Modell keine gute Näherung des realen Problems mehr
darstellt. Daher wurden alle in b) dargestellten Simulationen für verschiedene Drahtbreiten w und Abstände d
ausschließlich nach dem 3D-Modell berechnet. Wie auch in Abbildung 2.8b) unterscheiden sich trotz der
Normierung die einzelnen Kurvenverläufe signifikant voneinander. Generell besteht jedoch für kleine
Schichtdicken t ein proportionaler Zusammenhang zwischen der maximalen Streufeldkomponente Bz,max und t.
2.2.3 Abhängigkeit von der Dicke der magnetischen Schicht
Die Abhängigkeit des maximalen Streufeldes in der Ebene des 2DEGs von der Dicke eines
10µm breiten ferromagnetischen Drahtes ist in Abbildung 2.9a) dargestellt. Normiert sind die
Kurven auf die experimentelle Standardschichtdicke dieser Arbeit von 30nm. Eine deutliche
Abweichung der 2D-Näherung (schwarze Kurve) von dem 3D-Modell (orange Kurve) zu
26
Je nach Drahtgeometrie zwischen 200nm und 10µm.
2.2 Simulationen / Abschätzung der Streufeldstärke
55
kleineren Werten ist in diesem Beispiel für Schichtdicken t größer 40nm zu erkennen.
Offensichtlich und anschaulich verständlich muss die Bedingung d/t ≥1 (vgl. Abbildung 2.8a)
und Abbildung 2.9a)) erfüllt sein, damit eine Näherung gemäß des 2D-Modells zulässig ist
und somit nicht auf das aufwändigere 3D-Modell zurückgegriffen werden muss. Für sehr
große Schichtdicken t liefert das 2D-Modell sogar unphysikalische Resultate, denn es sagt
einen Abfall des Streufeldes Bz,max mit zunehmender Schichtdicke voraus. In Abbildung 2.9b)
ist die Schichtdickenabhängigkeit der maximalen Streufeldkomponente Bz,max grafisch für
unterschiedliche Kombinationen von Drahtbreite w und 2DEG-Tiefe d aufgetragen. Alle
Berechnungen mussten zwangsläufig nach dem zeitaufwändigeren 3D-Modell durchgeführt
werden. Es ist zu erkennen, dass sich bei allen hier dargestellten Paaren von d und w das
Streufeld Bz,max für kleine Schichtdicken (t ≤10nm) annähernd proportional zu t verhält. Für
große Schichtdicken flachen alle Kurvenverläufe (unterschiedlich stark) ab. Dieses Verhalten
ist auch anschaulich klar, denn eine Erhöhung der Schichtdicke für große t fügt dem Draht
magnetische Dipole in großer Entfernung zum 2DEG hinzu, die in der Ebene des 2DEGs
praktisch keinen Beitrag mehr zum Streufeld Bz,max leisten. Da die Kurven für
unterschiedliche Kombinationen der Werte w und d auch unterschiedlich stark abflachen,
kann wie schon zuvor in Abbildung 2.8b), kein universeller Zusammenhang zwischen der
normierten Streufeldkomponente Bz,max und der Drahtdicke t festgestellt werden: Die
Abflachung der zu den verschiedene Drähten bzw. 2DEG-Abständen gehörigen Kurven ist
um so größer, je schmaler die Drähte sind bzw. je dichter sich diese am 2DEG befinden.
56
BERECHNUNG DES STREUFELDES MAGNETISCHER STREIFEN
2.3 Konsequenzen für das Experiment
In den vorherigen Abschnitten dieses Kapitels wurde die schichtsenkrechte Streufeldkomponente Bz eines in Längsrichtung magnetisch gesättigten Drahtes berechnet. Für die in dieser
Arbeit typischerweise verwendeten experimentellen Randbedingungen bezüglich der ferromagnetischen Schichtdicke und Elektronengastiefe berechnet sich der maximale Betrag der
Streufeldkomponente Bz,max in der Ebene des 2DEGs größenordnungsmäßig zu 100mT. Dieser Maximalbetrag ist 5000 mal größer als die in Kapitel 1.3.2 für homogene Magnetfelddurchsetzung der Hallkreuzfläche abgeschätzte Magnetfeldauflösung des verwendeten Gesamtsystems (~20µT, siehe Fußnote 23). Leider ist für die Detektierbarkeit des Streufeldes
mittels Halleffekt nicht der Maximalbetrag des Streufeldes, der nur in einem kleinen Bereich
des Hall-Kreuzes vorliegt, entscheidend, sondern die sich aus dem lateralen Streufeldprofil
ergebende effektive Streufeldkomponente Bz,eff (vgl. Kapitel 1.3.2). Intuitiv erwartet und
durch die Arbeiten anderer Forschergruppen gestützt ([Ben97], [Gei97], [Ibr98], [Pee98]), ist
das über die Hallkreuzfläche AHC gemittelte Streufeld <Bz>AHC=φ HC / AHC (φ HC ist der durch
Hall-Kreuzfläche durchtretende magn. Fluss) näherungsweise proportional zum effektiven
Streufeld Bz,eff . In den genannten Arbeiten wird hierbei zwischen dem ballistischen ([Gei97],
[Pee98]) bzw. dem diffusiven ([Ben97], [Ibr98]) Transportregime unterschieden. Für letztere
wurde bereits im Experiment die Proportionalität zwischen Bz,eff und <Bz>AHC bestätigt, mit
einer Proportionalitätskonstante die leicht größer als Eins ist [Gei97]. Erfolgt dagegen der
Elektronentransport diffusiv, so scheint nach den theoretischen Vorhersagen von zumindest
einigen Autoren der Zusammenhang zwischen Bz,eff und der gegebenen Streufeldverteilung
Bz (x,y) von mehreren geometrischen Faktoren abzuhängen, so z.B. von der Hall-Kreuzform
(eventuell abgerundete Ecken), dem Streufeldprofil und der Lage des maximalen Streufeldes
in Bezug auf das Hall-Kreuz ([Pee98], [Cor02]). Nichtsdestotrotz zeigen die Berechnungen
von I. S. IBRAHIM, V. A. SCHWEIGERT sowie F. M. PEETERS, dass unter der Einschränkung
kleiner Streufelder (µ B
1, mit der Elektronenbeweglichkeit µ) der Hall-Widerstand
RHall = RH⋅Bz,eff nur unwesentlich von der funktionalen Form des lokalisierten Streufeldprofils
am Ort des 2DEGs bestimmt wird und dass RHall doch verknüpft ist mit dem durch die
effektive Hall-Kreuzfläche durchtretenden magnetischen Fluss φ; allerdings entspricht im
diffusiven Transportregime die effektive Fläche ungefähr der doppelten Hall-Kreuzfläche. So
gehört zu der effektiven Fläche außer dem eigentlichen Hall-Kreuz auch der Anfangsbereich
der Spannungsabgriffe, da in diesem die Stromdichte j nicht zu vernachlässigen ist [Ibr98]. Zu
einem ähnlichen Resultat kommen die Autoren S. J. BENDING und A. ORAL [Ben97].
Die vorliegende Arbeit behandelt die „diffusive“ Hall-Magnetometrie, da sie in einem weitaus
größeren Temperaturbereich (sogar oberhalb von 300K) einsetzbar und somit von größerem
technologischen Interesse ist. Im Folgenden soll die <Bz>AHC-Abhängigkeit von der
57
2.3 Konsequenzen für das Experiment
Drahtbreite w, der Elektronengastiefe d und der Dicke t der zu charakterisierenden
ferromagnetischen Struktur untersucht werden. Hierzu wurde die senkrechte Streufeldkomponente Bz in der Ebene des 2DEGs numerisch über eine quadratische Fläche von
4µm2, der Fläche des kleinsten in dieser Arbeit verwendeten Hall-Kreuzes, aufintegriert.27
Der Mittelpunkt der Integrationsfläche wurde in die Mitte einer der beiden kurzen Drahtkanten gelegt (x = y =0, vgl. Einschub in Abbildung 2.3a) bzw. in Abbildung 2.5a)) und die Seiten
des Quadrats parallel bezüglich der kurzen bzw. langen Drahtkante ausgerichtet. Für Drahtbreiten von w ≤1µm erhöht sich das aufintegrierte Streufeld praktisch nicht, falls die Integrationsfläche über 4µm2 hinaus vergrößert wird. Um nun eine Abschätzung für das effektiv
beim LHE wirkende Streufeld Bz,eff bei einer durch das Experiment vorgegebenen Hallkreuzfläche AHC zu bekommen, ist das aufintegrierte Streufeld durch AHC zu dividieren:
Bz ,eff :=
RHall Bz ,int
∝
, mit Bz ,int := φ HC = ∫∫ Bz ( x, y ) dxdy .
RH
AHC
AHC
(2.8)
In Abbildung 2.10 wird der Zusammenhang zwischen dem aufintegrierten Streufeld Bz,int und
der Drahtbreite w veranschaulicht. Hier stimmen die nach dem 3D-Modell berechneten Werte
von Bz,int (orange eingezeichnet) mit denen der 2D-Näherung überein.
Man erkennt, dass Bz,int linear mit zunehmender Drahtbreite ansteigt und erst für Drahtbreiten
von knapp 2µm leicht abknickt. Dies liegt daran, dass die Integrationsfläche von 2µm×2µm
nicht mehr ausreicht, um den größten Teil des von der Drahtkante induzierten Streufeldes
weitgehend zu erfassen.
b)
40
2
30
d = 35 nm , t = 30 nm
6
Ms = 10 A/m
2
Integrationsfläche: 4µm
nach 3D-Modell
Bz, int [mT µm ]
2
Bz, int = φHC [mT µm ]
a)
20
Steigung: 17,8 mTµm
10
0
10
1
0,0
0,5
1,0
w [µm]
1,5
2,0
0,1
1
w [µm]
Abbildung 2.10: Darstellung der Größe Bz,int (der in der Ebene des 2DEGs integrierten Streufeldkomponente
Bz (x, y)) in Abhängigkeit von der Drahtbreite w – in a) linear und in b) doppeltlogarithmisch aufgetragen. Für
den Abstand d zum 2DEG und die Schichtdicke t wurden die den experimentellen Gegebenheiten dieser Arbeit
entsprechenden Werte verwendet. Die Integration erfolgte über eine 4µm2 große quadratische Fläche mit dem
Mittelpunkt bei x = y =0. Die Kanten der Integrationsfläche sind dabei parallel zur x- bzw. y-Achse orientiert.
Man sieht, dass hier 2D- und 3D-Modell sehr gut übereinstimmen und ein linearer Zusammenhang zwischen
Bz,int und w besteht (hier Bz,int = 17,8mTµm· w).
27
Die numerische Integration erfolgte mit Hilfe des Programms Maple V Release 4.00a.
58
BERECHNUNG DES STREUFELDES MAGNETISCHER STREIFEN
Die Linearität von Bz,int ergibt sich aus der Tatsache, dass die Anzahl der freien magnetischen
Pole an der kurzen Kante eines magnetisch vollständig gesättigten Drahtes proportional zur
Kantenlänge w ist. Dieses idealisierte Bild eines wirklich eindomänigen ferromagnetischen
Drahtes wird jedoch für das reale Experiment nicht zutreffen. Vielmehr ist zu erwarten, dass
sich zumindest im remanenten Zustand zur Verkleinerung der Streufeldenergie Abschlussdomänen ausbilden und dass auf Grund der Formanisotropieenergie deren Konfiguration stark
von der Drahtbreite abhängt (vgl. Kapitel 1.2.2). Mögliche Abschlussdomänen können daher
zu einem komplizierteren Zusammenhang zwischen dem über die Hallkreuzfläche gemittelten
Feld und der Drahtbreite führen.
Bei Betrachtung der absoluten Werte für das aufintegrierte Streufeld Bz,int ist zu erkennen,
dass man Werte von 1,8mTµm2 (w =100nm) bis 27mTµm2 (w =1,5µm) erhält. Dies muss nun
mit den verwendeten typischen Hallkreuzflächen (~5µm2) verglichen werden, um die
Detektierbarkeit der Streufelder beurteilen zu können. Für die schmalsten in dieser Arbeit
hergestellten Drähte mit einer Breite von etwa 100nm erhält man ein über die Hallkreuzfläche
gemitteltes Feld <Bz>AHC von 1,8mTµm2 /5µm2 =360µT (M s =106 A/m). Dieses gemittelte Feld
ist immer noch 18 mal größer als die experimentell ermittelte Magnetfeldauflösung des
verwendeten Messaufbaus von 20µT und sollte daher gut nachweisbar sein.
gemitteltes Feld
11
Bint, norm , Bmax, norm
3D-Modell
-1
10
maximales Feld
-2
10
-3
10
2
Bint (d = 35 nm) = 9,0 mT µm
B~d
2
(über A = 4 µm integriert)
-4
10
-2
Bmax (d = 35 nm) = 118 mT
6
(M = 10 A/m, w = 500 nm, t = 30 nm)
-5
10
10n
100n
1µ
10µ
d [m]
Abbildung 2.11: Es sind das maximale Streufeld Bz,max und das integrierte Streufeld Bz,int als Funktion des
Abstandes zum 2DEG gezeigt. Bz,int wurde durch Integration der Streufeldkomponente Bz (x, y) in der Ebene des
2DEGs über eine 2×2µm2 große Fläche mit dem Mittelpunkt (0,0) gewonnen. Die Werte sind jeweils auf den
Feldwert bei einem Abstand von d= 35nm normiert. Die nach dem 3D-Modell berechneten Punkte sind orange
eingezeichnet, die Kurven wurden mit dem 2D-Modell gewonnen. Man erkennt die gute Übereinstimmung.
Zahlenwerte können durch Einsetzen von Bmax (d =35nm) bzw. Bint (d =35nm) bestimmt werden (siehe Kasten).
59
2.3 Konsequenzen für das Experiment
Inwieweit die Stäke des mittels LHE detektierten Streufeldes Bz,int vom Abstand d zum 2DEG
abhängt, wird in Abbildung 2.11 gezeigt. Zum besseren Vergleich ist auch das maximale
Streufeld Bmax,norm dargestellt. Im Diagramm sind alle Ergebnisse auf die entsprechenden
Werte für d =35nm normiert. Es ist hier, wie auch schon zuvor in Abbildung 2.10, keine
Abweichung des mittels 2D-Näherung berechneten und über die Fläche integrierten
Streufeldprofils von den entsprechenden Ergebnissen gemäß des 3D-Modells zu erkennen.
Im Gegensatz zur ersten Erwartung, dass ein kleiner Abstand d ein höheres Signal Bz,int bedingt, zeigt sich, dass Bz,int für d<300nm kaum von d abhängt. Die maximale Streufeldkomponente Bz,max nimmt mit abnehmendem d zu. Erst bei einer 2DEG-Tiefe von weit über
300nm kommt es zu einer wesentlichen Schwächung der gemittelten Streufeldkomponente
Bz,int. Beträgt der Abstand des ferromagnetischen Drahtes zum 2DEG mehr als 1µm, so verläuft die Kurve des gemittelten Feldes (in doppeltlogarithmischer Auftragung) parallel zu der
des maximalen Streufeldes in der Ebene des 2DEGs und zeigt eine 1/d 2-Proportionalität
(siehe Abbildung 2.11). Die anfänglich sehr schwache Abhängigkeit der gemittelten
Streufeldkomponente Bz von d ist dadurch zu erklären, dass die Abnahme von Bz,max direkt
unter der Drahtkantenmitte in der Ebene des Elektronengases mit zunehmendem d durch
einen Anstieg der Komponente Bz(x,y) außerhalb der Drahtkante (x≠0 ∨ -w /2< y < w /2) weitestgehend kompensiert wird. Bemerkenswert ist, dass der in Abbildung 2.11 dargestellte Zusammenhang zwischen Bint,norm und d universellen Charakter besitzt; erneute Berechnungen
von Bint,norm in Abhängigkeit von d für verschiedene Drahtbreiten w (100nm≤ w ≤1500nm)
bzw. -dicken t (30nm≤ t ≤120nm) führten zum gleichen Resultat.
Bz, int / Bz, int (t = 30nm)
w = 500 nm, d = 35 nm
10
Bz,int (t = 30 nm) = 9,0 mT
2
Integrationsfläche: 4µm
1
Bz,int ~ t
0,1
1n
10n
100n
1µ
t [m]
Abbildung 2.12: Doppeltlogarithmische Auftragung der normierten, über die Fläche von 4µm2 aufintegrierten
Streufeldkomponente Bz,int gegen die Drahtdicke t. Die Streufelder sind auf das Streufeld eines Drahtes mit einer
im Rahmen dieser Arbeit relevanten Schichtdicke von t= 30nm normiert. Die Kurve ist gültig für w< 1,5µm
(siehe Abbildung 2.10). In orange sind wieder die nach dem 3D-Modell berechneten Werte für Bz,int
eingezeichnet. Erst für Schichtdicken nahe einem Mikrometer sind kleine Differenzen zwischen den beiden
Modellen zu erkennen.
60
BERECHNUNG DES STREUFELDES MAGNETISCHER STREIFEN
Abschließend soll der Einfluss der Dicke t des ferromagnetischen Drahtes auf die gemittelte
schichtsenkrechte Streufeldkomponente Bz,int diskutiert werden. In Abbildung 2.12 wird dieser
Zusammenhang grafisch veranschaulicht: Das über eine Fläche von 4µm2 aufintegrierte Feld
Bz,int ist in Abhängigkeit von seiner Dicke t dargestellt. Die für die Abstände d gleich 35nm,
70nm und 150nm durchgeführten Simulationen führten alle zu demselben, in Abbildung 2.12
dargestellten Ergebnis. Das Flächenintegral der senkrechten Streufeldkomponente Bz,int ist für
Schichtdicken t <300nm nahezu proportional zu t. Bis zu einer Schichtdicke von t =1µm
nimmt Bz,int noch erheblich zu (~60% des bei linearem Verhalten erwarteten Wertes), während
Bz,max deutlich stärker sättigt (~11% des bei linearem Verhalten erwarteten Wertes, siehe
graue Kurve in Abbildung 2.9b)). Dies ist verständlich, da Bz,int unabhängig von d für
d <300nm ist (siehe Abbildung 2.11). Das bedeutet, dass aus einer Zunahme von Ms2D = tMs
bedingt durch eine Erhöhung von t eine zu t proportionale Zunahme von Bz,int folgt. Die stärkere Abhängigkeit von d für Bz,max führt zu einer deutlich stärkeren Sättigung von Bz,max mit
ansteigendem t. Für das Experiment bedeutet dies, dass zur Signalsteigerung für nicht zu
kleine Hall-Kreuzflächen AHC ( AHC1/2 >FWHM[Streufeldprofil]) eine Erhöhung von t bis zu
größeren Schichtdicken (t ≥1µm) sinnvoll ist, obwohl Bz,max bereits früher sättigt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die über eine typische Hall-Kreuzfläche von 4µm2
gemittelte senkrechte Streufeldkomponente in der Ebene des 2DEGs linear von der Dicke t
des magnetisch gesättigten Drahtes (t <300nm) und der Drahtbreite w (w <1,5µm) abhängt.
Andererseits ist die Stärke von Bz,int für d <200nm nahezu invariant gegenüber Variationen
des Abstandes d zwischen 2DEG und ferromagnetischem Draht. Damit unterscheidet sich das
Verhalten des über die Hall-Kreuzfläche gemittelten Streufeldes Bz,int erheblich von dem der
maximalen Streufeldkomponente Bz,max unterhalb der Mitte der kurzen Drahtkante. Ein universeller Zusammenhang zwischen Bz,max und den Größen d und t für verschiedene Drahtbreiten w lässt sich durch Normierung nicht finden.
Die Empfindlichkeit des verwendeten Messaufbaus von besser als 20µT (bei T =4,2K) sollte
ausreichen, um selbst das Streufeld des schmalsten im Rahmen dieser Arbeit herstellbaren
Drahtes (w ≈100nm) bis zu einer Hallkreuzfläche von ungefähr 25µm2 charakterisieren zu
können (entspricht einem SNR von knapp 4). Diese Aussage gilt unter der Voraussetzung,
dass beim LHE die effektive magnetische Induktion Bz,eff ungefähr gleich der über die Hallkreuzfläche gemittelten magnetischen Induktion ist (siehe Gleichung (2.8)). Durch die Definition der sog. Antwortfunktion (response function) FH (x,y) für das LHE-Problem gemäß
folgender Gleichung ist es möglich, die Aussage von Gleichung (2.8) zu verallgemeinern und
deren Gültigkeit sicherzustellen:
RHall
= FH ( x, y ) ⋅ Bz ( x, y ) dxdy ,
R H ∫∫
(2.9)
61
2.3 Konsequenzen für das Experiment
mit der auf die Fläche des Hall-Sensors normierten Antwortfunktion FH :
FH ( x0 , y0 ) :=
FH ( x0 , y0 )
∫∫ FH ( x, y) dxdy
.
Hierdurch verlagert sich die Fragestellung dahingehend, eine Antwortfunktion zu finden, die
den beim LHE gemessenen Hall-Widerstand RHall richtig beschreibt. Die Antwortfunktion ist
somit ein Maß für die lokale Magnetfeldempfindlichkeit des Hall-Sensors. Die Gleichungen (2.8) und (2.9) gehen ineinander über, wenn FH ( x,y )= const gilt, wenn also die
Feldempfindlichkeit über die gesamte Hall-Kreuzfläche identisch ist.
63
Kapitel 3
Experimentelle Details und realisierte Strukturen
3.1 Halbleiterpräparation
Bevor Transportuntersuchungen am 2DEG der MBE-gewachsenen Halbleiterheterostruktur
durchgeführt werden können, muss das 2DEG lateral strukturiert, d.h. in verschiedene
elektrisch voneinander isolierte Bereiche unterteilt werden. Diese besitzen in vorliegender
Arbeit vornehmlich die Form von Hall-Kreuzen bzw. Hall-Bar-Strukturen. Außerdem muss
auf das 2DEG in den Hall-Strukturen von außen mittels ohmscher Kontakte zugegriffen
werden können. Die hierfür erforderlichen Technologien sollen im Folgenden vorgestellt
werden.
Vor der eigentlichen Präparation müssen Probenstücke geeigneter Größe aus dem in der MBE
überwachsenen GaAs-Wafer herausgebrochen werden. Entlang der ausgezeichneten [011 ] und [0 11] -Richtungen lassen sich (100)-orientierte GaAs-Wafer leicht brechen. Um Probenstücke mit genau definierten Abmessungen zu erzeugen (typ. 5×5mm2), wird die schutzbelackte Wafer-Oberfläche entlang der ausgezeichneten Kristallrichtungen mit einem
Diamantritzer angeritzt und anschließend gebrochen. Im Folgenden sind die einzelnen notwendigen Präparationsschritte in chronologischer Reihenfolge aufgelistet – detailliert wird
auf diese in den nachfolgenden Abschnitten eingegangen:
•
Brechen des Wafers.
•
Herstellung planarer Hall-Sensoren durch fokussierte Ionenstrahlimplantation
•
Präparation der ohmschen Kontakte mittels Fotolithographie und Lift-Off.
• Herstellung größerer ferromagnetischer Strukturen durch Fotolithographie und LiftOff-Prozess, oder
Definition kleinerer ferromagnetischer Strukturen durch Elektronenstrahllithographie
und Lift-Off.
•
Herstellung der Mesen / nicht planarer Hall-Sensoren mittels Fotolithographie und
nasschemischen Ätzens
64
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
3.1.1 Fotolithographie & Lift-Off-Prozess
Durch das Verfahren der Fotolithographie lassen sich Strukturen einer Fotomaske28 auf die
Probe über Linsensysteme verkleinert abbilden oder, wie in vorliegender Arbeit, mittels der
sog. Kontaktbelichtung durch Schattenwurf im Verhältnis 1:1 übertragen (siehe
Abbildung 3.1). Zunächst wird lichtempfindlicher Lack durch Aufschleudern homogen auf
die vorher gründlich gereinigte Probenoberfläche aufgebracht (typ. Lackdicke ~1µm) und in
einem Trockenschrank bei üblicherweise 100°C ausgehärtet. Nach der anschließenden
partiellen Belichtung durch die Maske wird beim Entwicklungsprozess je nach Lacktyp die
Lackschicht vom Entwickler in den belichteten (beim Positivlack) bzw. unbelichteten (beim
Negativlack) Bereichen gelöst und entfernt. Das Resultat ist eine Übertragung des
Maskenlayouts in die Lackschicht.
Abbildung 3.1: Prinzip der optischen Fotolithographie bei Verwendung eines Positivlacks, wie er hier eingesetzt
wurde.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Positivlack „SP 2510“ der Firma SHIPLEY verwendet29 –
entweder allein oder in Kombination mit einem speziellen Lift-Off-Lack („Microposit LOL
2000“) zur Verbesserung der Lift-Off-Eigenschaften als Doppellack-System (siehe Abbildung 3.3).
Mit Hilfe des Lift-Off-Verfahrens wurden im Rahmen dieser Arbeit Metallschichten
strukturiert auf die Probe aufgebracht. Hierzu wird nach dem Entwickeln des Fotolacks die
Metallschicht auf der gesamten, teilweise mit Lack bedeckten, Probenoberfläche
aufgedampft. Nach dem anschließenden Entfernen der stehengebliebenen Lackbereiche und
der sich darüber befindenden Metallschicht in einem Lösungsmittel-Bad (benutzte Lösungsmittel: Aceton oder NMP) verbleibt nur an den ursprünglich nicht durch Lack geschützten
Stellen die aufgedampfte Metallschicht (siehe Abbildung 3.2). Wegen der relativ geringen
Abbildung 3.2: Schematische Darstellung der einzelnen Prozess-Schritte des Lift-Off-Verfahrens.
28
Eine Fotomaske besteht aus einem Quarzglasträger, auf den eine strukturierte, optisch undurchlässige
Metallisierung präpariert ist. Hierdurch entsteht ein Muster aus optisch transparenten bzw. undurchlässigen
Bereichen.
65
3.1 Halbleiterpräparation
Flankensteilheit der nach dem Entwicklungsprozess stehengebliebenen Fotolackinseln besteht
die Gefahr, dass diese ebenfalls mit Metall beschichtet werden, und dass daher die aufgebrachte Metallschicht zusammenhängend ist. In diesem Fall können sich die über dem Lack
befindenden Bereiche der Metallschicht nicht ungehindert ablösen sondern müssen abreißen
(siehe Abbildung 3.2 und Abbildung 3.4b)). Dies birgt die Gefahr, dass sich das Metall auch
von den nicht mit Lack bedeckten Bereichen ablöst und man keinen guten Strukturübertrag
erhält. Eine Optimierungsmöglichkeit bietet die Verwendung des schon oben erwähnten
Doppellack-Systems (siehe Abbildung 3.3). Hierbei befindet sich unter der eigentlichen
Fotolackschicht eine lichtunempfindliche Lift-Off-Lackschicht. Letztere ist chemisch so
zusammengesetzt, dass sie von dem zum Fotolack gehörenden Entwickler29 geätzt wird. Beim
Entwicklungsprozess wird zunächst die Fotolackschicht in den belichteten Bereichen gelöst
und anschließend die Lift-Off-Lackschicht in den ungeschützten Bereichen weggeätzt.
Während dieses Ätzvorganges kommt es zum Unterätzen der Randgebiete der Lackinseln,
woraus das in Abbildung 3.3 dargestellte Kantenprofil resultiert. Die konkaven Kanten der
Lift-Off-Lackschicht können nun beim Aufdampfen der Metallisierung nicht mehr beschichtet
werden, sodass die einzelnen Bereiche der Metallschicht voneinander separiert sind. Der anschließende Lift-Off-Schritt wurde dann in 50°C warmen NMP durchgeführt.
Abbildung 3.3: Doppellack-System aus einem lichtempfindlichen Fotolack und einem lichtunempfindlichen
Lift-Off-Lack. Nach dem Entwickeln besitzt der Lift-OffLack ein konkaves Kantenprofil.
Zur Belichtung der Lackschichten stand im Rahmen dieser Arbeit der Maskenbelichter
„MJB3“ der Firma KARL SÜSS zur Verfügung. Dieser ist ausgestattet mit einer Quecksilberhochdrucklampe (280…450nm) als Beleuchtungsquelle sowie drei Mikrometerschrauben, die
eine relative Positionierung der Probe in Bezug zur Fotomaske unter optischer Kontrolle mit
einem Mikroskop erlauben. Mit einiger Übung lassen sich unter Verwendung der genannten
Komponenten Strukturgrößen bis hinab zu knapp 2µm mit einer ähnlichen Positionierungsgenauigkeit in den Lack übertragen.
3.1.2 Ohmsche Kontakte
Zur Definition der metallischen Kontakte wurde das im vorherigen Abschnitt beschriebene
Lift-Off-Verfahren, meist unter Verwendung eines Doppellack-Systems, angewandt.
In der Regel weist ein Metall/Halbleiter-Kontakt nicht die gewünschte ohmsche I-V-Kennlinie
auf, da sich auf Grund der SCHOTTKY-Barriere eine Verarmungszone an dem Metall/HL29
Dazu passender Entwickler: „Photoposit 160“ der Firma SHIPLEY.
66
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
Übergang ausbildet (SCHOTTKY-Diode). Diese Verarmungszone wirkt als Barriere für den
Stromtransport. Um trotz der SCHOTTKY-Barriere einen ohmschen Kontakt (lineare I-VKennlinie) zu erhalten, muss der Halbleiter im Bereich des Kontaktes so hoch dotiert werden,
dass die Verarmungslänge so dünn wird, dass sie durchtunnelt werden kann [She92]. Für
Tunneltransport erhält man dann eine lineare I-V-Kennlinie. Hierzu wurde das in Tabelle 3.1
aufgeführte Schichtsystem verwendet. Es wird unter Hochvakuumbedingungen (typ.
≤2×10 6 mbar) durch thermisches Verdampfen auf der Probe abgeschieden und anschließend
unter Formiergas-Atmosphäre (10% H2 + 90% N2) bei einer Temperatur von ca. 450°C
einlegiert. Gold und Germanium bilden ein Eutektikum, welches im Verhältnis 73 zu
27 atom-% (entspr. dem Verhältnis der Schichten 2 und 3) bei einer Temperatur von 356°C
schmilzt. Die erste Nickelschicht dient der Haftverbesserung und unterstützt das
Eindiffundieren des Germaniums, da es im AlxGa1-xAs zur Bildung von Vakanzen beiträgt.
Germanium fungiert in AlxGa1-xAs als Donator und sorgt für eine ausreichend hohe nDotierung des Halbleiters. Die abschließende Goldschicht wird von dem übrigen
Schichtsystem durch die zweite Nickelschicht getrennt. Sie schützt die Kontakte (siehe
Abbildung 3.5) vor dem Oxidieren und dient zum Aufbonden des Kontaktdrahtes (auch
Bonddraht genannt).
Schicht
1
2
3
4
5
Element
Nickel (Ni)
Germanium (Ge)
Gold (Au)
Nickel (Ni)
Gold (Au)
Dicke [nm]
10
60 eutektisches
120 Verhältnis
10
100
}
Tabelle 3.1: Schichtenabfolge zur Herstellung von n-Kontakten auf AlxGa1-xAs-Halbleitersystemen.
3.1.3 Nasschemisch geätzte Hallkreuze
Die wohl gebräuchlichste Methode zur Definition der leitfähigen Bereiche einer
Halbleiterstruktur ist die laterale Strukturierung mittels Ätzens. Hierbei wird in den
Zwischenbereichen, d.h. in den Bereichen, in denen kein Stromtransport stattfinden soll,
Material entfernt, sodass die HL-Struktur nicht mehr leitfähig ist. In der Regel werden die
leitfähigen Schichten vollständig entfernt. Bei HEMT-Strukturen jedoch reicht zumeist schon
der Abtrag eines kleinen Teils der Donatorschicht aus, um den Leitungsbandverlauf lokal so
zu verbiegen, dass die dreiecksförmige Potenzialtasche über die Fermienergie gehoben wird,
und somit das 2DEG lokal verarmt (vgl. Kapitel 1.1.2, speziell Abbildung 1.4). Die nicht
abgetragenen, leitfähigen Bereiche werden als Mesen30 bezeichnet, da sie sich aus der
heruntergeätzten Oberfläche herausheben (siehe Abbildung 3.5). Eine alternative Methode zur
30
Mesa, lateinisch für Tafelberg.
3.1 Halbleiterpräparation
67
gegenseitigen Isolation zweier nebeneinander liegender Gebiete ist die Ionenimplantation, die
in dem nächsten Abschnitt vorgestellt wird.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Mesa-Strukturen durch Fotolithographie (siehe
Abschnitt 3.1.1) und nasschemisches Ätzen in die HEMT-Struktur übertragen. Die hierzu
benötigten Fotomasken wurden selbst entworfen und hergestellt. Einen Überblick über die
verschiedenen Layouts und Typen der verwendeten Masken gibt Anhang C.
Nach dem Entwickeln des Fotolacks sind die späteren Mesabereiche durch Lack vor der
Ätzlösung geschützt, die übrigen Regionen sind lackfrei. Zur Herstellung größerer HallStrukturen, bei denen relativ große zusammenhängende Flächen abgetragen werden müssen
(siehe Abbildung 3.4), wurde eine H2O:H2O2:H2SO4-Lösung im Verhältnis 1000:8:1 zum
Ätzen benutzt. Die Ätzrate dieser Lösung beträgt bei Raumtemperatur ca. 50nm/min. Bei
kleineren Hall-Strukturen (siehe Abbildung 3.5 und Abbildung 3.6) kann es jedoch
vorkommen, dass die Größe der geöffneten Lackfenster so klein wird, dass die Ätzlösung auf
Grund ihrer Oberflächenspannung nicht mehr hinreichend gut in die Lackfenster fließt und es
zu einem unbefriedigenden Übertrag der Mesastruktur kommt. Durch Zugabe eines Tensides
zur Ätzlösung lässt sich die Oberflächenspannung herabsetzen. Es hat sich jedoch gezeigt,
dass in diesem Fall die Ätzrate der auf Schwefelsäure basierenden Ätzlösung auf annähernd
Null zurückgeht. Abhilfe schafft die entsprechende, jedoch auf 50%-iger Zitronensäure
basierende Lösung im Verhältnis 20:1:5, der 1ml des Tensides „Tickopur R30“ (5%) auf
100ml der Ätz-Lösung zugesetzt wird. Diese ätzt GaAs mit eine Rate von ca. 40nm/min,
reines AlAs jedoch nur unwesentlich. Trotz der hohen Selektivität gegenüber reinem AlAs
werden die Al0,34Ga0,67As-Schichten mit einer zu GaAs vergleichbaren Rate abgetragen.
Einige durch optische Lithographie und nasschemisches Ätzen hergestellte Hall-Strukturen
werden exemplarisch in den folgenden drei Abbildungen gezeigt.
Abbildung 3.4: Lichtmikroskopische Aufnahmen von zwei Hall-Bar-Strukturen mit strukturierten, 50nm dicken
Eisenfilmen (helle Rechtecke). Zur Strukturierung des Fe-Films wurde ein einstufiger Lift-Off-Prozess (ohne
Verwendung eines spez. Lift-Off-Lacks) angewandt. Deutlich sind in Abb. b) die ausgerissenen Kanten der FeStreifen zu erkennen, was auf eine unzureichende Flankensteilheit des Fotolacks nach dem Entwickeln
zurückzuführen ist. Die Breite der Potenzialsonden beträgt in a) 5µm und in b) 13µm bzw. 20µm.
68
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
Abbildung 3.5: Optische Aufnahme einer „DoppelHall-Kreuz-Struktur“: Die beiden miteinander
verbundenen ca. 5×5µm2 großen Hallkreuze haben
einen Abstand von 100µm. Die Justier (Alignment)Marken dienen zum gegenseitigen Ausrichten der
verschiedenen Lithographieschritte.
Abbildung 3.6: a) Lichtmikroskopische Aufnahme einer optimierten Doppel-Hall-Kreuz-Struktur mit einem
500nm breiten Co-Nanodraht. b) Kleinerer Ausschnitt derselben Struktur, diesmal aufgenommen mit einem
Raster-Elektronen-Mikroskop (REM). Die Strukturierung des Mesas erfolgte durch optische Lithographie und
nasschemisches Ätzen. Zum Ätzen wurde die im Text genannte, auf Zitronensäure basierende Lösung unter
Zusatz des Tensides „Tickopur R30“ verwendet. Die Hall-Kreuze haben eine Größe von ca. 2×2µm2. Der
Nanodraht wurde hier mittels Elektronenstrahllithographie und Lift-Off-Verfahrens (siehe Kapitel 3.2) zu
Testzwecken auf dem bereits geätzten Mesa präpariert (sonst umgekehrte Präparationsreihenfolge); seine Länge
beträgt 100µm, seine Dicke 30nm. Die Enden liegen in der Nähe des Zentrums des jeweiligen Hall-Kreuzes
(siehe Einschub in b)).
3.1.4 Planare Hall-Strukturen durch Ionenimplantation
Im Rahmen dieser Arbeit ist es gelungen, außer den durch nasschemisches Ätzen hergestellten Hall-Mesen (siehe vorherigen Abschnitt), die eine nicht-planare Oberflächentopographie aufweisen, auch planare Hallstrukturen zu realisieren. Hierzu wurden durch fokussierte
Ionenstrahlimplantation (kurz: FIB-Implantation, engl. Focused-Ion-Beam) isolierende Linien
in dem 2DEG definiert, durch welche die Form des leitfähigen Bereiches eingegrenzt wird.
3.1 Halbleiterpräparation
69
Mittels dieser Technologie lassen sich planare „Mesen“ herstellen, da hierbei kein Abtrag der
HEMT-Oberfläche zur Isolation erforderlich ist. Die planare Anordnung ist insbesondere für
Anwendungen von Interesse, bei denen das ferromagnetische Material über den Rand des
Hall-Kreuzes hinausragt. Bei einem geätzten Mesa würde die Topographieänderung an den
Kanten sicherlich die magnetischen Eigenschaften, insbesondere das Ummagnetisierungsverhalten verändern.
3.1.4.1 Fokussierte Ionenstrahlimplantation und Anwendung zum
Isolationsschreiben
Die noch relativ junge Technologie der fokussierten Ionenstrahlimplantation hat sich
mittlerweile ein großes Einsatzfeld sowohl in der Forschung, als auch in der Industrie erobert.
So ist mit fokussierten Ionenstrahlen, je nach verwendeter Ionensorte, -dosis und -energie z.B.
das Dotieren von Halbleitern ([Yan99], [Ünl01], [Mei01]), der lokale Materialabtrag
(Sputtern) [Orl03], sowie in Verbindung mit einem Gaseinlasssystem das Materialabscheiden
[Ban93], [Gam96], [Hil01] möglich. Darüber hinaus werden fokussierte Ionenstrahlen (wie
auch in der vorliegenden Arbeit) zur Ionenstrahllithographie (ähnlich der Elektronenstrahllithographie) [Hil01] und dem direkten Schreiben von isolierenden Linien oder Bereichen in
Halbleiterheterostrukturen verwendet [Wie90], [Dia00]. Der heutzutage minimale
Strahldurchmesser von FIB-Anlagen liegt bei etwa 10nm.
Zurzeit verfügt der Lehrstuhl für „Angewandte Festkörperphysik“ über fünf verschiedene
FIB-Anlagen mit Strahldurchmessern zwischen 100nm und weniger als 30nm. Am Beispiel
der Anlage vom Typ „Eiko 100E“ soll die grundlegende Funktionsweise, die bei allen
benutzten Anlagen ähnlich ist, mit Hilfe des in Abbildung 3.7 schematisch dargestellten
Strahlengangs erläutert werden. Für ein genaueres Studium der FIB-Technologie sei auf die
einschlägige Fachliteratur (z.B. [Pre91]) verwiesen.
Mit der Anlage „Eiko 100E“ ist es möglich, Ionen mit Energien zwischen 30 und 200keV zu
fokussieren, wobei ein minimaler Strahldurchmesser von 30nm erreicht werden kann. Die in
Abbildung 3.7 schematisch dargestellte Ionensäule ist an eine UHV-Kammer ( p ≈10-9 mbar)
angeflanscht, in der die Probe auf einem (mittels Laserinterferometer positionsgeregelten) x-yTisch befestigt wird.
70
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
Abbildung 3.7: Schematische Darstellung des Ionenstrahlverlaufs in der FIB-Anlage Eiko 100E. Der minimale
Fokusdurchmesser dieser Anlage beträgt 30 nm, die Beschleunigungsspannung kann zwischen 30kV und 100kV
variiert werden. Außerdem ist die eigentliche Ionen-Quelle (LMIS) schematisch gezeigt.
Als Ionenquelle innerhalb der Ionensäule dient eine Flüssigmetallquelle (kurz: LMIS, engl.
für Liquid-Metal-Ion-Source), die in der Regel mit einem niedrig-schmelzenden Metall (z.B.
Ga) oder einer niedrigschmelzenden Legierung (z.B. Au-Si-Be-Eutektikum) gefüllt ist. Der
Wolframtiegel der Quelle wird so lange geheizt, bis das Füllmaterial aufgeschmolzen ist und
bis zur Spitze der durch ein Loch im Tiegelboden geführten Wolframnadel fließen kann. An
dieser bildet sich im elektrischen Feld zwischen Spitze und Extraktionsblende der aus
flüssigem Metall gebildete sog. Taylor-Konus mit einem Krümmungsradius von ca. 10nm
aus. Bei typischen Spannungen VExt zwischen 6 und 9kV kommt es zur Extraktion von Ionen
aus dem flüssigen Metall im Bereich des Taylor-Konus, sodass dieser die eigentliche
Ionenquelle bildet. Der Taylor-Konus wird nun durch ein elektrostatisches Linsensystem,
bestehend aus zwei Kondensor- und einer Objektivlinse, auf der Probe abgebildet. Hierbei
3.1 Halbleiterpräparation
71
durchläuft der Teil der Ionen, der durch die Extraktorblende hindurchtritt, die zwischen
Quelle und Probe anliegende Beschleunigungsspannung VAcc und dabei verschiedene
elektrostatische Strahlführungssysteme sowie einen Stigmator zur Korrektur von
astigmatischen Linsenfehlern. Der sich in Höhe der Brennebene der zweiten Kondensorlinse
befindende E×B-Filter ermöglicht bei Verwendung von Mischmetallquellen die Auswahl der
Ionensorte. Den Abschluss der Ionensäule bildet die über einen Computer ansteuerbare
elektrostatische Strahlablenk- und Blanker-Einheit. Durch entsprechende Programmierung
des Computers lässt sich jedes beliebige Schreibmuster realisieren und durch die
Ablenkeinheit im Vektor-Verfahren in ein reales Implantationsmuster umsetzen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Ga- und Au-Ionen zur fokussierten Ionenimplantation verwendet. Die Energie der Ga+-Ionen betrug beim Isolationsschreiben zur Herstellung planarer Hallstrukturen 30 bzw. 100keV (sowie bei der Herstellung von
Fotolithographiemasken mittels Ionenstrahllithographie 25keV). Au+-Ionen wurden
ausschließlich mit einer Energie von 100keV implantiert. Für diese Energien ist in
Abbildung 3.8a) die simulierte Tiefenverteilung implantierter Ga+- und Au+-Ionen in der hier
exemplarisch ausgewählten HEMT-Struktur #1102 dargestellt. Zur Simulation wurde das
Programm „SRIM 2000“ [Zie85] verwendet. Die hier gezeigte Verteilung ist allerdings nur
mit Einschränkungen gültig [Esh99], da bei der Simulation von einem amorphem TargetMaterial ausgegangen wird. Bei dem einkristallinen Halbleitermaterial der HEMT-Struktur
kann es jedoch zum „Channeling“ der implantierten Ionen entlang hochsymmetrischer Kristallachsen kommen, wodurch sich die Eindringtiefe eines Teils der Ionen gegenüber der
SRIM-Simulation erhöhen kann. Trotzdem ist die hier gezeigte Simulation völlig ausreichend,
um grundlegende Einblicke in die Vorgänge bei der Ionenimplantation in Halbleiterheterostrukturen zu erhalten. Dem Tiefenprofil ist eine Eindringtiefe der Ga+-Ionen (Maximum der
Tiefenverteilung) in der HEMT-Struktur von 15nm (30keV) bzw. knapp 50nm (100keV) zu
entnehmen. Auf Grund der knapp 3mal höheren Masse dringen 100keV Au+-Ionen nur 25nm
in die HEMT-Struktur ein. Damit verbleibt der größte Teil der implantierten Ionen in der Dotierschicht der HEMT-Struktur (ca. 90% der Ga+-Ionen bzw. sogar 100% Au+-Ionen).
Experimentell ist zu beobachten, dass sich die Leitfähigkeit des 2DEGs der HEMT-Struktur
durch Ionenimplantation zunehmend bis zur völligen elektrischen Isolation ab einer
Flächendosis von ca. 5×1011 cm-2 reduzieren lässt. Dies ist auf den ersten Blick überraschend,
da ja kaum Ionen den Bereich des 2DEGs erreichen. Im Folgenden soll auf den hierfür
verantwortlichen Isolationsmechanismus eingegangen werden.
72
+
0,05
b)
Tiefenverteilung von Ga -Ionen
Al0,33Ga0,67As
Al0,33Ga0,67As : Si
GaAs
Fehlstellen pro Ion und Tiefe
norm. Volumendichte d. Ionen
a)
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
+
Ga -Ionen
30 keV
0,04
+
Au -Ionen
100 keV
0,03
+
Ga -Ionen
100 keV
0,02
0,01
0,00
0
50
100
Tiefe [nm]
150
+
60
55
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Fehlstellenverteilung nach Ga -Implantation
Al0,33Ga0,67As : Si
Al0,33Ga0,67As
GaAs
+
Au -Ionen
100 keV
+
Ga -Ionen
30 keV
+
Ga -Ionen
100 keV
0
50
100
150
Tiefe [nm]
Abbildung 3.8: Darstellung der simulierten normierten Tiefenverteilung a) bzw. der Störstellenverteilung b)
nach Implantation von Ga+- und Au+-Ionen mit einer Energie von 30 bzw. 100keV in eine HEMT-Struktur
(Schichtfolge gemäß Probe #1102). Zur Simulation wurde das Programm SRIM 2000 [Zie85] benutzt. Die
höchste implantierte Ionendichte ist in einer Tiefe von 15nm (30keV Ga+), 25nm (100keV Au+) bzw. 46nm
(100keV Ga+) unterhalb der Oberfläche zu finden. Die Halbwertsbreiten der Implantationsprofile betragen ca.
21nm bzw. 55nm (100keV Ga+). Die Fläche unter der jeweiligen Kurve in Abb. b) entspricht der Anzahl der
Fehlstellen pro implantiertem Ion. So bewirkt die Implantation eines Ga+-Ions im Durchschnitt ca. 330 (30keV
Ga+) bzw. 1010 (100keV Ga+) Fehlstellen im Halbleiter; 100keV Au+-Ionen erzeugen durchschnittlich 1110
Fehlstellen pro Ion.
Wichtig für das Verständnis der isolierenden Wirkung ist die Tiefenverteilung der von den
implantierten Ionen hervorgerufenen Störstellen im Halbleiter. So ist der in Abbildung 3.8b)
dargestellten SRIM-Simulation zu entnehmen, dass jedes implantierte Ion im Durchschnitt für
mehr als 300 (30keV Ga+), 1100 (100keV Au+) bzw. 1000 (100keV Ga+) Fehlstellen im
Kristallgitter des Halbleiters verantwortlich ist. Diese sind – wie die Ionen – größtenteils
(81% bzw. 92%) in der Dotierschicht der HEMT-Struktur lokalisiert und wirken als
„Trapping Center“ (trap engl. für Falle), d.h. tiefe Störstellen, die in der Dotierschicht eine
große Zahl der von den Donatoren abgegebenen Elektronen an sich binden [Der92] können.
Dies verursacht ein Anheben des Leitungsbandes und somit eine Verarmung des
Elektronengases. Eine thermische Aktivierung der in den Trapping Centern gefangenen
Elektronen ist praktisch nicht mehr möglich, da ihr energetischer Abstand zur
Leitungsbandkante weit größer ist als kT bei Raumtemperatur.
Abbildung 3.9 zeigt das Isolationsverhalten bei 4,2K einer mittels FIB-Implantation
realisierten Linien-Struktur (siehe Einschub) für drei verschiedene Flächendosen (30keV
Ga+). Hierzu wurde jeweils die I-V-Charakteristik zwischen den Kontakten „A“ und „B“
bestimmt. Man erkennt, dass für hinreichend kleine Spannungsdifferenzen VA,B die
implantierte Linien-Struktur perfekt isolierend ist und dass sich mit zunehmender
Implantationsdosis der elektrische Durchbruch zu betragsmäßig größeren Spannungen VA,B
verschiebt. Die Asymmetrie der Kennlinie beruht wahrscheinlich auf der nicht symmetrischen
Form der implantierten Linienstruktur.
73
3.1 Halbleiterpräparation
+
500
Implantation: 30 keV Ga -Ionen (in HEMT #1102)
400 T = 4,2K
300
IA,B [nA]
200
100
0
-100
Ionendosis:
12
-2
5×10 cm
12
-2
7×10 cm
12
-2
15×10 cm
-200
-300
-400
-500
-8
-6
-4
-2
0
2
VA,B [V]
4
6
8
Abbildung 3.9: I-V-Kennlinie bei T=4,2K
zwischen den Kontakten „A“ und „B“ über eine
mittels FIB-Implantation geschriebene Linienstruktur (magentafarbene Line in Einschub) in
Abhängigkeit der implantierten Ga+-Flächendosis. Die effektive Isolationslänge der implantierten Linie beträgt ca. 325µm. Zur Berechnung
der Flächendosis wurde der Fokusdurchmesser
des Ionenstrahls zu 90nm bestimmt. Mit zunehmender Implantationsdosis verschiebt sich
der Durchbruch der isolierenden Linie zu
höheren Spannungen. Die Asymmetrie der
Kennlinie beruht auf dem nicht symmetrischen
Implantationsmuster der Isolationsstruktur.
Abbildung 3.10: Mittels FIB-Isolationsschreibens realisierte planare Hall-Bar-Strukturen: a) Lichtmikroskopische Aufnahme der Probe #1102d mit den optisch nicht sichtbaren implantierten Hall-Bar-Strukturen. Diese
wurden durch fokussierte Implantation von Ga+-Ionen mit einer Energie von 100keV hergestellt (Dosis:
1,2×1013 cm-2, Fokus-∅: ~100nm) und befinden sich in den markierten Bereichen des nasschemisch geätzten
Mesas. Da die Strukturen in der Aufnahme nicht erkennbar sind, wurde die unterste der implantierten LinienStrukturen nachgezeichnet. Abbildung b) gibt noch einmal vergrößert das verwendete Implantationsmuster der
isolierenden Linien (magentafarbene Linie) wieder.
3.1.4.2 Planarer Hall-Sensor
Durch das Isolationsschreiben mittels FIB-Implantation lassen sich nun auch ganze HallStrukturen erzeugen. So stellt beispielsweise das im Einschub von Abbildung 3.9 dargestellte
Implantationsmuster einen Teil der in Abbildung 3.10b) gezeigten Hall-Struktur dar. Die
durch die FIB-Linien definierten Spannungsabgriffe dieser implantierten Linien-Struktur
besitzen eine Breite von 10µm, der stromführende Kanal eine Breite von 50µm.
Abbildung 3.10a) zeigt eine lichtmikroskopische Aufnahme der zugehörigen Probe #1102d.
In den durch die gestrichelte Linie gekennzeichneten Bereichen wurde jeweils das aus
Abbildung b) bekannte Schreibmuster implantiert. Weder mit optischer noch mit RasterElektronen-Mikrokopie ist ein Unterschied zwischen den implantierten und den
unimplantierten Gebieten zu erkennen (siehe Abbildung 3.10a) und Abbildung 3.11a)). Auch
eine Abbildung des entsprechenden Bereichs der Probe im Atom-Kraft-Mikroskop (kurz:
74
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
AFM, engl. für atomic force microscope) zeigt eine beinahe planare Oberfläche: Nach einer
Implantation von 100keV Ga+-Ionen mit einer Dosis im oberen 1012 cm-2-Bereich ist ein
Aufquellen (eng. swelling) der GaAs-Oberfläche der HEMT-Struktur von 2nm bis 3nm in
diesem Bereich nachzuweisen. Die durch die implantierten Linien-Strukturen elektrisch
voneinander isolierten Bereiche lassen sich gut mit Hilfe von Spannungskontrast-Aufnahmen
sichtbar machen (siehe Abbildung 3.11). Hierzu wurde eine Potenzialdifferenz von etwa
einem Volt zwischen zwei angrenzenden, voneinander isolierten Bereichen angelegt und
zugleich eine Raster-Elektronen-Mikroskopische-Aufnahme dieses Bereiches gemacht. Da
die Sekundärelektronenausbeute von dem elektrischen Potenzial der vom Elektronenstrahl
abgerasterten Fläche abhängt, erhält man für die auf ungleichem Potenzial liegenden Bereiche
auch ein unterschiedlich starkes Signal, d.h. sie werden unterschiedlich hell dargestellt. Man
erkennt in Abbildung 3.11 eindeutig den Kontrast zwischen Hall-Struktur und umgebendem
Mesa. Die Spannungskontrast-Aufnahmen weisen also eindeutig die Existenz der planaren
Hall-Bar-Struktur nach.
Abbildung 3.11: Spannungskontrast-Aufnahmen (±0,5V Spannungsdifferenz, 5keV Elektronenenergie) eines
Teils der implantierten Hall-Struktur aus Abbildung 3.10 (# 1102d). Die pfeilförmigen Bereiche in Abbildung a)
erscheinen dunkler, da diese auf einem höheren elektrischen Potenzial liegen als die übrigen Gebiete (das
implantierte Linienmuster ist gestrichelt nachgezeichnet). Abb. b): Vergrößerte Darstellung desselben Bereichs
der implantierten Hall-Struktur, jedoch nach Umpolung der angelegten Spannung. Die pfeilförmigen Gebiete
erscheinen nun hell.
Um die oben diskutierten planaren Hall-Sensoren zur Untersuchung mikrostrukturierter
ferromagnetischer Filme einsetzen zu können, müssen diese so auf den Hall-Sensor
aufgebracht werden, dass der interessante Bereich gerade die Sensorfläche abdeckt.
Abbildung 3.12 zeigt eine Probe mit mehreren, mittels FIB-Implantation hergestellten,
planaren Hall-Sensoren (#1792c). Auf diesen sind 60×120µm2 große Eisen-Streifen so
präpariert, dass sich deren kurze Kante im Zentrum des aktiven Sensorbereiches befindet
(siehe Einschub in Abbildung 3.12b)). Die Breite des Eisen-Streifens ist in diesem Beispiel
10µm größer als die des Sensors (w =50µm), was nur durch die Planarität des Hall-Sensors
ermöglicht wird. Der komplette Prozess bietet einige technologische Herausforderungen und
soll im Folgenden genauer diskutiert werden.
Zur Realisierung der Struktur aus Abbildung 3.12 sind vier Lithographieschritte erforderlich
(vgl. Maskensatz #11/12 in Anhang C): Zunächst werden mittels fokussierter Ionenstrahl-
3.1 Halbleiterpräparation
75
implantation die Isolationslinien im 2DEG der HEMT-Struktur definiert (Ionendosis:
~1×1013 cm-2). Zusätzlich müssen in der FIB-Anlage zum Ausrichten der anschließenden
Prozessschritte im Außenbereich der Probe (siehe schwarze Pfeile in Abbildung 3.12a))
optisch sichtbare Marken durch Ionenätzen (Sputtern) der Probenoberfläche (Ionendosis:
≥1×1014 cm-2) realisiert werden. Hierbei muss der gesamte Implantationsprozess mit einer sehr
hohen lateralen Präzision erfolgen, da auf der 5×3mm2 großen Probe die
Positioniergenauigkeit der einzelnen sequenziell implantierten Strukturen besser als 3µm sein
muss. Anschließend werden die elektrischen Kontakte wie in Abschnitt 3.1.2 beschrieben
präpariert und einlegiert. Hiernach folgt die Erstellung der äußeren Mesastruktur (in
Abbildung 3.12b) schwarz nachgezeichnet) mittels Fotolithographie und nasschemischem
Ätzschrittes. In einem letzten Lithographieschritt erfolgt die Präparation der magnetischem
Struktur auf dem planaren Hall-Sensor, in diesem Beispiel per optischer Lithographie und
Lift-Off-Technologie unter Verwendung des in Abbildung 3.3 vorgestellten DoppellackSystems. Direkt vor dem Aufdampfen des ferromagnetischen Materials ist eine Reinigung der
GaAs-Oberfläche der HEMT-Struktur in verdünnter HCl erforderlich, um ein immer
vorhandenes Oberflächenoxid zu entfernen und eine gute Haftung des FM auf dem Halbleiter
sicherzustellen.
Abbildung 3.12: a) Lichtmikroskopische Aufnahme einer Probe mit 18 planaren Hall-Sensoren (#1792c). Durch
schwarze Pfeile sind die zur gegenseitigen Ausrichtung der vier verschiedenen Lithographieschritte notwendigen
Alignment-Marken gekennzeichnet. b) Vergrößerter Ausschnitt eines einzelnen Hall-Sensors. Auf diesem ist ein
Eisen-Streifen der Größe 60×120µm2 und der Dicke t=100nm positioniert (siehe Einschub). In Magenta
gestrichelt ist das Implantationsmuster (100keV Au+-Ionen) angedeutet. Mit weißen Pfeilen sind die außerhalb
des nasschemisch geätzten Mesas (wegen des schlechten Kontrastes schwarz umrandet) nun sichtbaren FIBLinien markiert. Diese Linien sind im geätzten Bereich sichtbar, da das nasschemische Ätzen im Bereich der
implantierten Linien anisotrop ist und der implantierte Bereich durch Ätzen sichtbar gemacht wird.
76
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
3.2 Magnetische Filme und deren Strukturierung
Im Rahmen dieser Arbeit wurden in Kooperation mit der Arbeitgruppe „Angewandte Physik“
von Herrn Prof. W. KEUNE (Universität Duisburg-Essen) sowohl einkristalline, epitaktische
Eisen-Filme auf GaAs/Al0,35Ga0,65As-HEMT-Strukturen gewachsen [Rol03] als auch
polykristalline Eisen-Schichten auf HEMT-Strukturen abgeschieden. Im Folgenden wird
zunächst kurz auf das Wachstum von einkristallinen, epitaktischen Fe-Schichten auf HEMTStrukturen und die damit verbundenen Schwierigkeiten eingegangen, sowie die unternommenen Anstrengungen zur Strukturierung dieser Schichten aufgezeigt.
Der zweite Abschnitt dieses Kapitels beschäftigt sich mit der lateralen Strukturierung von
polykristallinen ferromagnetischen Schichten (Fe, Co und Permalloy) mittels Foto- bzw.
Elektronenstrahllithographie und Lift-Off-Verfahrens.
3.2.1 Epitaktische Schichten
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden in der Arbeitsgruppe „Angewandte Physik“
einkristalline Fe-Schichten epitaktisch auf den am hiesigen Lehrstuhl hergestellten HEMTStrukturen in einer Metall-MBE-Anlage abgeschieden. Die besondere Herausforderung liegt
darin, qualitativ hochwertige Fe-Filme herzustellen, ohne die Transporteigenschaften des
2DEGs zu degradieren. Während des Herstellungsprozesses musste das Vakuum nach dem
Wachstum der HEMT-Struktur gebrochen werden, um die Proben zwischen den MBEAnlagen der beiden Arbeitsgruppen zu transferieren. Bei diesem Transport durch Luft kommt
es zur Verunreinigung und Oxidation der GaAs-Oberfläche. Für das epitaktische Wachstum
von Eisen auf GaAs-Oberflächen ist indes eine saubere, Ga-reiche Oberfläche unerlässlich
[Zöl97]. Daher muss nach einer ersten Reinigung der Probe in Isopropanol die Oberfläche der
HEMT-Struktur vor dem Aufdampfen des Eisens in-situ, d.h. in der UHVWachstumskammer der Metall-MBE-Anlage gereinigt werden. In der Regel werden hierzu
durch Ar-Ionenätzen (~1keV, streifender Einfall) bei Temperaturen zwischen 500°C und
600°C das Oxid und die Verunreinigungen von der GaAs-Oberfläche entfernt und
anschließend in einem Ausheilschritt bei etwa 600°C die durch das Sputtern geschädigte
GaAs-Oberfläche ausgeheilt [Xu98], [Fre01]. Das Ergebnis dieser Reinigungsprozedur ist
eine saubere, Ga-terminierte GaAs-Oberfläche. Leider zeigte sich, dass das 2DEG in der
HEMT-Struktur durch diesen Standard-Reinigungsprozess zerstört wird. Die Ursache hierfür
liegt wohl darin, dass beim Ar-Sputtern außer den Verunreinigungen auch ein nicht
unerheblicher Teil der Oberflächenschichten der HEMT-Struktur abgetragen wird, was dann
zu einer Verarmung des 2DEGs führt (vgl. Abschnitt 3.1.3). Durch eine Optimierung der
Reinigungsprozedur und des Designs der HEMT-Struktur ist es dennoch gelungen, dünne
77
3.2 Magnetische Filme und deren Strukturierung
(~8nm) Fe(100)-Schichten hoher Qualität auf einer HEMT-Struktur bei Raumtemperatur31 zu
wachsen (Wachstumsgeschwindigkeit: 1,26ML/s), ohne das 2DEG zu schädigen [Rol03].
Abbildung 3.13: a) Schematische Darstellung des Schichtaufbaus der Probe #1492, auch eingezeichnet ist der
sich hierbei einstellende Leitungsbandverlauf sowie die Elektronenwellenfunktion ψ mit dem dazugehörenden
Energieeigenwert (vgl. auch Abbildung 1.4). b) Messung des longitudinalen Magnetowiderstands am 2DEG der
Probe #1492 nach Entfernen der zuvor epitaktisch aufgewachsenen Eisen-Schicht.
Abbildung 3.13a) zeigt schematisch die Schichtfolge und den Leitungsbandverlauf der
optimierten HEMT-Struktur (#1492), bei der die Dicke der n-dotierten Deck-Schicht (Caplayer) von standardmäßig 5nm auf 30nm erhöht wurde. Von diesen sind nur die oberen 5nm
mit Si dotiert, um eine Parallelleitung in der Deckschicht zu vermeiden. Zusätzlich wurde,
wie bereits erwähnt, eine optimierte, d.h. schonendere, Reinigungsprozedur der
Probenoberfläche etabliert, die dennoch das Wachstum von epitaktischen Eisen-Schichten
nahezu gleicher Qualität auf den so behandelten GaAs-Oberflächen erlaubt. Die
Probenoberfläche wird hierzu 15min lang senkrecht einfallenden Ar-Ionen mit einer
kinetischen Energie von 500eV bei einer Temperatur von nur 450°C ausgesetzt und
anschließend einem 12-stündigen Ausheilschritt bei 500°C unterzogen. Das hiernach
epitaktisch gewachsene Fe(70Å)/ 57Fe(7,2Å)-Schichtsystem wurde mittels 57Fe-MössbauerSpektroskopie und magneto-optischem Kerr-Effekt (kurz: MOKE) magnetisch charakterisiert.
Es zeigt sich, dass es zu einer geringen Legierungsbildung von wenigen Monolagen an der
Eisen-GaAs-Grenzfläche kommt, jedoch diese ebenfalls die volle, für Eisen spezifische
Sättigungsmagnetisierung aufweisen (Ms =1,67×106 A/m). Hieraus kann gefolgert werden,
dass keine magnetisch „toten“ Lagen an der Grenzfläche existieren. Die Fe-Schichten zeigen
eine ausgeprägte uniaxiale In-Plane-Anisotropie (Ku =1,8×104 J/m3), der eine von bccVolumen-Eisen
31
bekannte
vierzählige
in-plane
Kristallanisotropie
(K1 =3,3×104 J/m3)
Die Temperatur der Probe ist während des Aufdampfprozesses der Eisen-Schicht auf maximal 50°C
angestiegen.
78
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
überlagert ist (vgl. auch Kapitel 1.2.2.2). Bei der uniaxialen Anisotropie weist die leichte
magnetische Achse in die [110]-Richtung, die schwere in die [1 10] -Kristallrichtung des
GaAs(001)-Substrats. Durch diese beiden ausgezeichneten Kristallachsen sind gleichsam die
harten Achsen der vierzähligen Kristallanisotropie definiert. Die uniaxile Anisotropie lässt
sich durch die anisotrope Topologie der GaAs-Oberfläche [Bro99], bedingt durch die sich
nach der Reinigungsprozedur einstellende Oberflächenrekonstruktion, erklären. Bei
Raumtemperatur beträgt das Koerzitivfeld Bc in allen Richtungen innerhalb der Schichtebene
nur 1,5mT.
Mittels Magnetotransport-Untersuchungen wurde das 2DEG der HEMT-Struktur
charakterisiert. Das Ergebnis der longitudinalen Magnetowidertandsmessung bei T =1,3K an
der Probe #1492 ist in Abbildung 3.13b) dargestellt. Vor der Messung musste zur
Kontaktierung des 2DEGs der HEMT-Struktur das Fe(70Å)/57Fe(7,2Å)-Schichtsystem
durch nasschemisches Ätzen mittels HCl wieder entfernt werden. Der hier zu erkennende
frühe Einsatz der SHUBNIKOV-DEHAAS-Oszillationen bei kleinen äußeren Magnetfeldern
sowie die ausgeprägten Minima des Längswiderstands bei ganzzahligen Füllfaktoren bzw. das
Verschwinden
von
ρxx
bei
kleinen
Füllfaktoren
sind
charakteristisch
für
die
Magnetotransportmessungen an einem 2DEG ohne parallelleitenden Kanal. Aus der
Längswiderstandsmessung berechnet sich die Elektronendichte n des 2DEGs zu
2,05×1011 cm-2 bzw. die Elektronenbeweglichkeit µ zu knapp 9×105 cm2/Vs. Diese Werte
stimmen innerhalb von 10% mit den an einer Referenzprobe bestimmten entsprechenden
Größen überein. Folglich ist es gelungen, durch ein optimiertes Design der HEMT-Struktur
und eine Modifizierung der Reinigungsprozedur eine epitaktische Eisen-Schicht ohne
magnetisch „tote“ Lagen auf einer GaAs/AlxGa1-xAs-HEMT-Struktur zu präparieren, ohne die
Qualität des 2DEGs zu mindern. Diese somit erhaltene Hybrid-Struktur mit ausgezeichneten
Grenzflächeneigenschaften zwischen der einkristallinen Fe-Schicht und der GaAs-DeckSchicht der HEMT-Struktur bietet ein großes Potenzial für eine hohe Spinpolarisation der aus
der Fe-Schicht ins 2DEG injizierten Elektronen ([Wun03], [Zhu01]). Um dieses Potenzial
ggf. in Bauelementen wie z.B. dem von S. DATTA und B. DAS vorgeschlagenen SpinTransistor [Dat90] nutzen zu können, muss die Fe-Schicht lateral strukturiert werden.
Diese laterale Strukturierung der Fe-Schichten auf einer HEMT-Struktur kann nur
nachträglich erfolgen, da eine Lift-Off-Technologie unter Verwendung von Fotolacken nicht
kompatibel mit dem oben beschriebenen Herstellungsprozess, speziell nicht mit der
Oberflächen-Reinigung der HEMT-Struktur und den dabei notwendigen Hochtemperaturschritten ist. Deshalb wurde versucht, die epitaktischen Fe-Schichten nach ihrer Präparation
mittels Fotolithographie und anschließendem Nass- bzw. Trockenätzschritts lateral zu
strukturieren.
3.2 Magnetische Filme und deren Strukturierung
79
Zum nasschemischen Ätzen der epitaktischen Fe-Schicht wurde eine HCl:H2O-Lösung
benutzt, da diese den zur Fotolithographie benutzten Fotolack (SHIPLEY „SP 2510“) nur
unwesentlich angreift und auch GaAs praktisch nicht ätzt. Jedoch war hierbei häufig ein
starkes Unterätzen der Ränder der entwickelten Fotolackinseln zu beobachten, wodurch sich
in nur wenigen Fällen ein zufriedenstellender Strukturübertrag in die Eisenschicht erzielen
ließ. Erschwerend kam hinzu, dass sich in manchen Fällen während des nasschemischen
Ätzprozesses (noch vor dem vollständigen Abtrag der nicht durch Lack geschützten Bereiche)
die gesamte aufgewachsene Fe-Schicht von der HEMT-Struktur ablöste. Insgesamt zeigt sich
dieser Prozess als wenig geeignet zur lateralen Strukturierung der Fe-Schicht.
Auf Grund dieser Schwierigkeiten wurde alternativ versucht, die Fe-Schichten in einem
Trockenätzverfahren zu strukturieren. Dieser Prozess bietet zudem den Vorteil, dass er sich
für sämtliche Metalle anwenden lässt und wegen des gerichteten Ätzprozesses einen sehr
scharfen Strukturübertrag erlaubt. Hierzu stand im Rahmen der Arbeit eine mit Argon
betriebene HF-Plasma-Anlage (HF für engl. high-frequency) der Firma ALCATEL vom Typ
„SCM600“ zur Verfügung. Durch die Wahl des Ar-Drucks (hier 5×10-3 mbar) und die in das
Ar-Plasma eingekoppelte HF-Leistung (hier ~200W) lässt sich die elektrische Potenzialdifferenz zwischen Anode und Kathode (Bias-Spannung) der Plasma-Anlage einstellen und
sich somit die maximale Energie der auf die Probe auftreffenden Ar-Ionen bestimmen. Um
eine möglichst geringe Eindringtiefe der Ionen zu erhalten und somit die eventuelle
Schädigung des 2DEGs der HEMT-Struktur durch implantierte Ionen gering zu halten, wurde
die Bias-Spannung auf 300V eingestellt. Dieser Wert liegt knapp oberhalb der
Schwellspannung, ab dem ein effektiver physikalischer Materialabtrag der Fe-Schicht durch
Sputtern einsetzt. In Vorversuchen hat sich gezeigt, dass unter diesen Bedingungen die
Sputter-Rate von GaAs (~3,5nm/min) 3 bis 4mal größer ist als die von Eisen. Da keinerlei
Materialselektivität gegeben ist, sondern im Gegenteil die Fe-Schicht wesentlich langsamer
abgetragen wird als das sich darunter befindende GaAs, stellt die Endpunktdetektion des
Ätzprozesses, d.h. das Festlegen des Zeitpunkts des völligen Durchtrennens der Fe-Schicht,
die wesentliche Herausforderung dar. Erste Versuche zeigten, dass die Ätzrate für das Fe sich
nicht reproduzierbar genug einstellen lässt, um über die Ätzzeit den Prozess rechtzeitig
stoppen zu können, ohne das 2DEG zu verarmen. Wir haben daher versucht, den Endpunkt
des Prozesses über eine Messung der Leitfähigkeit zwischen zwei Punkten auf der Fe-Schicht
während des Ionenätzens zu messen. Dazu wurde die Plasmaätzanlage mit geeigneten
Stromdurchführungen ausgestattet und ein entsprechender Probenhalter aufgebaut (siehe
Abbildung 3.14a)). In die Maske wurde eine Struktur integriert, die über eine 4-PunktMessung die Bestimmung der Leitfähigkeit der Fe-Schicht als Funktion der Ätzzeit erlaubt
(siehe Abbildung 3.14b) und c)). Trotz zahlreicher Versuche hat sich auch diese Methode
nicht als zuverlässig genug erwiesen, um einerseits die Fe-Schicht weitgehend zu entfernen
und anderseits die Leitfähigkeit des 2DEGs zu erhalten. Die Gründe hierfür liegen in dem
80
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
ungünstigen Verhältnis der Ätzraten für die beiden Materialien und in einer lokalen Änderung
des Hochfrequenzfeldes durch die gut leitenden Bonddrähte, die die Ätzrate im Bereich der
Teststruktur verändern. Außerdem zeigen AFM-Aufnahmen der angeätzten Fe-Oberfläche
eine Zunahme der Oberflächenrauhigkeit der Metallschicht während des Ionenätzprozesses,
was ein vollständiges Entfernen der Metallschicht ohne ein lokales Ionenätzen des
Halbleiters, bei dem das 2DEG lokal verarmt wird, unmöglich erscheinen lässt.
Abbildung 3.14: a) Foto des fürs Plasmaätzen angefertigten Probenhalters (∅: 108mm). Auf diesem befinden
sich zwei mit Silberleitlack aufgeklebte Proben, die zur Leitfähigkeitsmessung der Rest-Eisenschicht über
Bonddrähte elektrisch mit der Bondbank kontaktiert sind. Die während des Sputterns durch eine Blende
(transparent dargestellt) geschützte Bondbank ist ihrerseits durch Drähte mit der Vakuumdurchführung
verbunden. In c) ist schematisch der Maskenausschnitt zur Leitfähigkeitsmessung der zu ätzenden Fe-Schicht
gezeigt (siehe auch Anhang C, #10.6). In b) ist ein Foto dieses Teils mit Bonddrähten zu sehen. Mit Fortgang des
Ätzprozesses wird der Fe-Film zwischen den durch Lack geschützten Bereichen immer dünner, sodass die
Leitfähigkeit abnimmt. Beim vollständigen Durchtrennen der Fe-Schicht besteht keine leitfähige Verbindung
mehr zwischen dem rechten und linken Paar der Bonddrähte, und der Ätzprozess kann gestoppt werden. Die FeSchicht unter den Kontaktfenstern wird durch die Bonddrähte selbst vor dem Ionenstrahl geschützt.
3.2.2 Nicht epitaktische Schichten
Alle übrigen untersuchten ferromagnetischen Schichten wurden ohne in-situ Oberflächenpräparation der Probe durch thermisches bzw. Elektronenstrahl-Verdampfen der entsprechenden
Materialien (Fe bzw. Co, Py [Hac02]) in (U)HV-Aufdampfanlagen hergestellt. Hierbei betrug
die Aufdampfrate typischerweise einige Ångström pro Sekunde. Wegen der fehlenden Oberflächenreinigung des GaAs wachsen die ferromagnetischen Schichten nicht ein- sondern polykristallin auf der GaAs-Oberfläche der HEMT-Struktur auf. Zum Schutz vor Oxidation der
ferromagnetischen Schichten an Luft wurden diese in-situ mit Deckschichten verschiedener
edlerer Metalle (Au, Pt, Cr) abgedeckt. Ein großer Vorteil dieser Art von Schichtpräparation,
bei der auf eine Oberflächenreinigung des Substrates verzichtet wird, ist die Kompatibilität
des Prozesses mit dem Lift-Off-Verfahren (vgl. Kapitel 3.1.1). Hierdurch lassen sich die polykristallinen ferromagnetischen Schichten leicht durch einen Lift-Off-Prozess lateral strukturieren, ohne dass eine Zerstörung des 2DEGs der HEMT-Struktur befürchtet werden muss.
3.2 Magnetische Filme und deren Strukturierung
81
Größere ferromagnetische Strukturen („Streifenstrukturen“) wurden mittels Fotolithographie
(vgl. Kapitel 3.1.1) definiert, dagegen Strukturen im sub-Mikrometerbereich („Drahtstrukturen“) in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Herrn Prof. G. DUMPICH (Universität
Duisburg-Essen) durch Elektronenstrahllithographie hergestellt (siehe nächsten Abschnitt).
Das Aufdampfen der ferromagnetischen Schichten muss in allen Fällen jedoch nach der Präparation der elektrischen Kontakte erfolgen, da ansonsten bei dem zur elektrischen Aktivierung der Kontakte notwendigen Einlegierprozess (bei 450°C) das jeweilige ferromagnetische
Material mit dem As des darunterliegenden GaAs reagieren und einen paramagnetischen Zustand einnehmen würde. Vorversuche ergaben, dass dieses beispielsweise bei Fe-Schichten ab
Temperaturen von ca. 250°C der Fall ist und dass bei Kobalt-Schichten die Legierungsbildung mit As sogar noch früher einsetzt.
Der folgende Abschnitt behandelt nun kurz das Verfahren der Elektronenstrahllithographie,
bevor dann im nächsten Kapitel die Ergebnisse zur experimentellen Charakterisierung des
Streufeldes vorgestellt werden.
3.2.2.1 Elektronenstrahllithographie
Abbildung 3.15: Kombinierter Elektronenstrahllithographie und Lift-Off-Prozess zur Herstellung von submikrometer großen ferromagnetischen (FM) Strukturen.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden langgestreckte ferromagnetische Streifenstrukturen („ferromagnetische Drähte“) mit einer Länge von 100µm, einer nominellen Dicke von
30nm und Breiten zwischen 2µm und 100nm mittels Elektronenstrahllithographie (kurz: EBL
für engl. electron beam lithography) und Lift-Off-Prozesses auf HEMT-Strukturen präpariert
[Stalm] (siehe z.B. Abbildung 3.6). In Zusammenarbeit mit der Gruppe von Herrn Prof. G.
DUMPICH wurde zur EBL ein Rasterelektronenmikroskop vom Typ „SEM1530“ der Firma
82
EXPERIMENTELLE DETAILS UND REALISIERTE STRUKTUREN
LEO verwendet, welches mit einer Schreibeinheit der Firma RAITH ausgestattet ist. Ähnlich
wie bei dem in Kapitel 3.1.1 beschriebenen kombinierten Verfahren aus Fotolithographie und
Lift-Off-Prozess wird auch hier zur Erhöhung der Kantensteilheit der entwickelten
Lackstrukturen ein Doppellack-System aus zwei Positiv-Elektronenstrahllacken (hier PMMA
für: Polymethylmethacrylat) mit verschiedenen Molekülgewichten und Feststoffanteilen
(200kmol mit 4% Feststoffanteil (FA) bzw. 950kmol mit 1% FA) benutzt. Die Lacke werden
nacheinander mit Hilfe einer Lackschleuder bei einer typischen Rotationsfrequenz von
6000min-1 aufgetragen und auf einer Heizplatte 10min bei 150°C (PMMA 200k, 4%) bzw.
5min (PMMA 950k, 1%) getrocknet (siehe Abbildung 3.15a) und b)). Die gesamte
Schichtdicke des Doppellacksystems beträgt ca. 170nm und eignet sich zur Strukturierung
von Metallschichten durch Lift-Off-Verfahren bis zu einer Dicke von 60nm. Der so
präparierte Doppellack wird im SEM bei einer Beschleunigungsspannung von 20kV belichtet
(siehe c)). Die belichtete Struktur wird anschließend in einer Lösung aus Methylisobutylketon
(MIBK) und Isopropylalkohol (IPA) im Verhältnis 1:3 für 120 Sekunden entwickelt (siehe
d)), sodass als Lackmaske das Negativbild der gewünschten Struktur resultiert. Nach dem
Aufdampfen der gewünschten Metallschichten (siehe e)) wird beim Lift-Off-Prozess (siehe f))
der unbelichtete Lack zusammen mit den darüber liegenden Metallschichten abgelöst.
Für eine detaillierte Beschreibung des hier geschilderten Prozesses zur Präparation von
nanostrukturierten ferromagnetischen Systemen durch ELB und Lift-Off-Verfahren sei auf
[Sta02] verwiesen.
Mit Hilfe des oben beschriebenen Prozesses kann man die Auflösungsgrenze der optischen
Lithographie überwinden und (FM-) Strukturen im tiefen sub-µm-Bereich herstellen.
83
Kapitel 4
Experimentelle Streufeld-Charakterisierung
magnetischer Streifen & Drähte
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Streufeldmessungen an ferromagnetischen
Streifen- und Drahtstrukturen mittels lokalem Hall-Effekt (LHE) vorgestellt und diskutiert.
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
4.1.1 Magnetometrie mittels geätzter Hall-Sensoren
Abbildung 4.1: Geometrie der FM/HEMT-Strukturen. Ein ca.
200µm×50µm großes polykristallines Eisenrechteck befindet sich
auf einer Hall-Bar-Struktur, sodass dessen kurze Kante innerhalb
der schraffierten Sensorfläche AHC liegt (siehe auch Maskensatz #10
in Anhang C). An der Einmündung in den Strom (I)-Kanal der
Hall-Bar sind die Potenzialsonden durch ein unintentionelles
Abrunden der Mesa-Kanten während des Lithographie-Prozesses
verbreitert.
Um die Technologie zur Herstellung von FM-HEMT-Hybrid-Strukturen zu etablieren und
erste Erfahrungen auf dem Gebiet der Hall-Magnetometrie zu sammeln, wurde zunächst das
Streufeld von ca. 200µm×50µm großen polykristallinen Eisenrechtecken auf nasschemisch
geätzten Hall-Bar-Strukturen mit Hilfe des LHE charakterisiert (siehe Abbildung 4.1). Die
Eisenrechtecke wurden dazu mittels Fotolithographie und Lift-Off-Verfahrens (zunächst ohne
Verwendung eines speziellen Lift-Off-Lacks) wie in Abbildung 3.4 gezeigt strukturiert (vgl.
Kapitel 3.1.1). Hierzu wurde das Eisen bei Raumtemperatur durch thermisches Verdampfen
in einer Metall-MBE bei einem Hintergrunddruck von ca. 2×10-9 mbar und einer Aufdampfrate von 0,1Å/s auf der mit einer Lackmaske und ohmschen Kontakten versehenen HEMTStruktur abgeschieden. Hierbei hat es sich als notwendig herausgestellt, unmittelbar vor dem
Einschleusen der Probe in die Metall-MBE das Oberflächenoxid durch Reinigung der Probenoberfläche in verdünnter HCl (Verhältnis 1:4) zu entfernen, da sich ansonsten die aufge-
84
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
dampfte Eisenschicht wegen mangelnder Haftung häufig im Ganzen beim anschließenden
Lift-Off-Schritt ablöste. Nach der Strukturierung der aufgedampften Eisenschicht durch LiftOff wurde die Mesa-Struktur durch Fotolithographie und nasschemisches Ätzen definiert. Das
Layout des zur Probenpräparation verwendeten Maskensatzes (#10) ist in Anhang C zu finden.
22
20
18
16
14
12
10
8
6
4
2
0
b)
#1605m: 50 nm Fe auf HEMT #1605
T = 4,2 K,
Ix, AC = 1 µA (f = 87 HZ)
überlagerte
Hallgerade
~112 Ω / T
1,5
#1605m: Effektiv wirkendes Streufeld
1,0
Messsignal
2
AHC = 575 µm
wFM= 45 µm
d = 147 nm
Bz,eff [mT]
RHall [Ω]
a)
0,5
0,0
Bc (+)
Bc (-)
=> Bc = 5 mT
-0,5
-1,0
-40
-20
0
20
40
Bext [mT]
-1,5
-40
-20
0
20
40
Bext [mT]
Abbildung 4.2: a) Gezeigt ist der gemessene Hall-Widerstand R Hall als Funktion des externen Feldes an der
Probe #1605m bei T=4,2K. Das 2DEG liegt hier d =147nm unterhalb der Probenoberfläche. Die
Elektronendichte n des 2DEGs beträgt 1,29×1011 cm-2, woraus sich die Hallkonstante RH zu 4,84 Ω/mT bestimmt.
Die Dicke des Fe-Streifens beträgt 50nm, seine Breite wFM 45µm und die Länge lFM 200µm. Die
Potenzialsonden der Struktur besitzen eine nominelle Breite von 5µm, sie sind jedoch an ihrer Einmündung in
den stromführenden Kanal der Hall-Bar auf wPS ≈ 10µm verbreitert (siehe Abbildung 3.4a)). Die Fläche des HallSensors AHC wird damit auf 575µm2 abgeschätzt (vgl. Abbildung 4.1, wHB =54µm). Der Hysterese-Kurve ist eine
Gerade überlagert (gestrichelt eingezeichnet; Steigung 112 Ω /T), die durch eine kleine Abweichung des externen
Magnetfeldes von der parallelen Ausrichtung herrührt. Außerdem zeigt die Messkurve einen Offset im HallWiderstand von ca. 11 Ω. b) Darstellung des beim LHE effektiv wirkenden Streufeldes Bz,eff. Dieses wurde
mittels der Hallkonstanten der Probe #1605m aus dem in Abbildung a) dargestellten Hall-Widerstand RHall
berechnet. Hierbei wurde zuvor die überlagerte Hall-Gerade einschließlich des Offsets von der Messkurve
subtrahiert.
Die in Abbildung 4.2a) gezeigte Messkurve gehört zu der in Abbildung 3.4a) dargestellten
Hybrid-Struktur der Probe #1605m: Die an den Potenzialsonden abgegriffene Hallspannung
wurde hier mittels Lock-In-Technik (Zeitkonstante 400ms) verstärkt und der berechnete
Hallwiderstand R Hall in Abhängigkeit des äußeren, in Längsrichtung des Fe-Streifens
zeigenden Magnetfeldes Bext (Schrittweite 0,135mT) aufgezeichnet (weitere Details siehe
Bild-Einschub und Unterschrift). In dem Hall-Widerstand R Hall spiegelt sich als Folge der
schichtsenkrechten Streufeldkomponente Bz der ferromagnetische Charakter des Fe-Streifens
wider: Deutlich ist eine Hysterese in R Hall beim Herauf- und wieder Herunterfahren des äußeren Magnetfeldes Bext zu erkennen, wie sie für hartmagnetische Materialien (wie Eisen) zu
erwarten ist, wenn (wie hier) Bext in die leichte Richtung der Magnetisierung zeigt. Es sind
allerdings zwei außergewöhnliche Merkmale in der Messkurve von R Hall auszumachen:
1. Offset in R Hall bei Bext =0 (ca. 11Ω).
2. Keine Sättigung von R Hall für große Bext , sondern linearer Anstieg für Bext > B c .
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
85
Diese beiden Merkmale haben jedoch nichts mit dem Ummagnetisierungsverhalten des FeStreifens zu tun, sondern sind durch experimentelle Unzulänglichkeiten bedingt, wie im
Folgenden im Detail diskutiert wird.
Das unter Punkt 2. aufgeführte Phänomen ließe sich durch eine Überlagerung des eigentlichen
Messsignals (vom Streufeld des Fe-Streifens stammend) mit einer Hall-Geraden der Steigung
112Ω/T erklären, so wie sie grau-gestrichelt in Abbildung 4.2a) eingezeichnet ist. Diese
würde man erhalten, wenn das äußere Magnetfeld nicht exakt schichtparallel ausgerichtet
wäre und es somit eine entsprechend große schichtsenkrechte Komponente aufweisen
würde32. Diese Vermutung lässt sich an einem Hall-Kreuz der Probe überprüfen, welches sich
nicht in unmittelbarer Nähe eines der Fe-Streifen befindet (vgl. Maskensatz #10 in
Anhang C), da an diesem eine reine Hall-Gerade mit gleicher Steigung zu messen sein
müsste: Tatsächlich liefert die Referenzmessung an einem unbedeckten Hall-Sensor eine
Hallgerade ohne weitere Signaturen mit einer leicht größeren (5,5%, 118Ω/T) Steigung als
bei den Hall-Sensoren, in deren Sensorfläche AHC sich die kurze Kante eines Eisenstreifens
befindet. Aus der guten Übereinstimmung der beiden Hallgeraden lässt sich schlussfolgern,
dass der lineare Anstieg von RHall in Abbildung 4.2a) – wie vermutet – von einer Verkippung
der Probe in Bezug auf das äußere Feld von ca. 1,3° herrührt (vgl. Fußnote 32). Weiterhin
lässt sich folgern, dass das 2DEG der HEMT-Struktur nur schwach von dem sich darüber
befindenden Fe-Streifen beeinflusst wird. So könnte eine lokale Störung des 2DEGs in der
Nähe bzw. direkt unterhalb des Fe-Streifens durch eine eventuelle Verspannung des
Kristallgitters der HEMT-Struktur und dem damit verbundenen Piezo-Elektrischen-Effekt
oder durch eine Modifikation des FERMI-Level-Pinnings an der Metall/Halbleiter-Grenzfläche
hervorgerufen werden. Letzteres bedeutet in der Regel eine Verarmung des 2DEGs. Eine
reduzierte Elektronendichte n bei den mit Eisen teilweise bedeckten Hall-Sensoren würde
jedoch bedeuten, dass die daran gemessenen Hallgeraden eine größere und nicht (wie hier)
eine kleinere Steigung aufweisen müssten. Somit ist die Elektronendichte unterhalb des FeStreifens nahezu identisch mit der Elektronendichte außerhalb des Streifens und damit auch
bekannt. Dies ist von Bedeutung bei der Berechnung des effektiv wirkenden Streufeldes Bz,eff
(siehe Abbildung 4.2b)).
Der gemessene Offset in RHall von 11Ω bei Bext =0 (Punkt 2) kann ebenfalls nicht von dem FeStreifen her stammen, da die an dem unbedeckten Referenzsensor gemessene Hall-Gerade
einen ähnlich großen Offset von 8,5Ω zeigt. Auch lässt sich der Offset bei beiden HallKreuzen nicht (allein) durch sich nicht genau gegenüberliegende Potenzialsonden und den
damit verbundenen zusätzlichen Längswiderstand erklären: Ein Längswiderstand von 1Ω
würde aus einer Fehlstellung der Potenzialsonden von wHB·µ /RH =600nm resultieren (mit
32
Aus der Hall-Konstanten der Probe und der Steigung der Hall-Geraden berechnet sich eine eventuelle
Verkippung der Probe zu 1,3° in Bezug auf das äußere Magnetfeld Bext.
86
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
wHB =54µm und µ =53,6m2/Vs, vgl. Anhang B), sodass in diesem Beispiel die Potenzialsonden um 6,6µm gegeneinander verschoben sein müssten. Eine derartig große Fehlstellung
kann jedoch eindeutig anhand der ausgewerteten mikroskopischen Aufnahmen der einzelnen
Hybrid-Strukturen der Probe #1605m ausgeschlossen werden (siehe z.B. Abbildung 3.4a)).
Vielmehr ist der Hauptanteil des Offsets bedingt durch einen nicht ganz konstanten, dem
Gesamtmessaufbau33 zuzuschreibenden systematischen Offset von ungefähr 10Ω.
Zur Berechnung des beim LHE effektiv wirkenden Streufeldes Bz,eff (siehe Abbildung 4.2b))
wurde zunächst von der Hall-Widerstandskurve (Abbildung 4.2a)) die gestrichelt
eingezeichnete Gerade subtrahiert. Hierdurch werden die beiden diskutierten systematischen
Messfehler kompensiert. Anschließend ergibt sich durch Division der neu erhaltenen HallWiderstandskurve durch die Hall-Konstante R H (4,84Ω/mT) das gesuchte effektive Streufeld
Bz,eff. Die in Abbildung 4.2b) gezeigte magnetische Streufeld-Hystereseschleife ist nahezu
rechteckig und zeigt auch im remanenten Magnetisierungszustand des Fe-Streifens noch ein
Streufeld von 90% des Maximalwertes. Dies lässt sich erklären durch die bei der hier
verwendeten Geometrie des Fe-Streifens dominierende Formanisotropie auf Grund des recht
hohen Längen-zu-Breiten-Verhältnisses des Fe-Streifens von ca. 1:4. Wegen der
Formanisotropie und der sich bei polykristallinen FM zu Null mittelnden NettoKristallanisotropie weist die leichte Magnetisierungsachse in Längsrichtung des Fe-Streifens.
Das Umschaltfeld beträgt bei T =4,2K knapp 5mT.
1,1
#1605m: 50 nm Fe auf HEMT #1605
Tiefe des 2DEGs: d = 147 nm
Bz,eff [mT]
1,0
0,9
0,8
0,7
0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 0,07 0,08
wFM / AHC [1/µm]
33
Abbildung 4.3: Aufgetragen ist das beim LHE
effektiv wirkende Streufeld in Abhängigkeit von
dem Verhältnis zwischen der Drahtbreite wFM und
der Hall-Sensorfläche AHC. Hierzu wurden HallMessungen bei T=4,2K an Hybrid-Strukturen der
Probe #1605m mit unterschiedlichen Potenzialsonden-Breiten wPS durchgeführt. Die Bestimmung von AHC und wFM erfolgte mittels lichtmikroskopischer Aufnahmen gemäß der in Abbildung 4.1 dargestellten Definition. Die effektiv
wirkende schichtsenkrechte Streufeldkomponente
ist proportional zum Verhältnis wFM /AHC.
Dieser besteht zur Signalverstärkung aus einem analogen Lock-In- und separatem Differenzverstärker,
außerdem aus einem Semiconductor-Parameter-Analyzer (HP 4156A) zur Aufzeichnung der Ausgangsspannung
des Lock-In-Verstärkers bzw. zur Ansteuerung der Stromquelle, die der Speisung der Spule zur Erzeugung des
äußeren Magnetfeldes dient.
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
87
Um die Abhängigkeit der Empfindlichkeit des Hall-Sensors von dessen Fläche AHC zu
untersuchen, wurden Hybridstrukturen mit Potenzialsonden unterschiedlicher Breite wPS bei
nominell konstanter Breite des I-Kanals wHB und des Fe-Streifens wFM (~50µm) hergestellt
(vgl. Abbildung 4.1 und Maskensatz #10 in Anhang C). Wird nun, wie in Abbildung 4.3, das
effektiv wirkende Streufeld Bz,eff im gesättigten Zustand in Abhängigkeit des Verhältnisses
wFM / AHC aufgetragen, so ergibt sich ein linearer Zusammenhang. Die genauen Größen von
wFM und AHC wurden nachträglich aus den (zu der jeweiligen Hybrid-Struktur gehörenden)
lichtmikroskopischen Aufnahmen gemäß der durch Abbildung 4.1 gegebenen Definition
extrahiert; die Auswertung ergab eine Variation der Fe-Streifenbreite wFM zwischen 44µm
und 45,5µm. Aus dem hier erhaltenen linearen Zusammenhang lässt sich folgern, dass das
beim LHE effektiv wirkende Streufeld Bz,eff durch das über die Hall-Sensorfläche gemittelte
Streufeld <Bz>AHC beschrieben werden kann, wodurch die Richtigkeit der Beziehung (2.8) aus
Kapitel 2.3 untermauert wird. Diese besagt, dass Bz,eff reziprok von der Sensorfläche AHC
abhängt, wenn AHC nur groß genug ist, um außerhalb der Sensorfläche das Streufeld
vernachlässigen zu können und somit Bz,int von AHC unabhängig ist. Weiterhin sagen die in
Abbildung 2.10 zusammengefassten Simulationen einen linearen Anstieg von Bz,int mit
zunehmender Breite des Fe-Streifens wFM vorher, was ebenfalls gut mit dem beobachteten
linearen Zusammenhang (siehe Abbildung 4.3) übereinstimmt.
Abbildung 4.4 zeigt eine Hystereseschleife der Probe #1671b. Diese zeichnet sich dadurch
aus, dass das 2DEG nur 66nm unter der Oberfläche liegt, also der Abstand d um den Faktor
2,2 kleiner ist als bei der bereits diskutierten Hybrid-Struktur #1606m. Die Fe-Schichten sind
für beide Proben weitmöglichst identisch, da sie im selben Aufdampfschritt hergestellt
wurden.
#1671b: 50 nm Fe auf HEMT #1671
0,6 T = 4,2 K
2
AHC = 1760 µm
0,4 w = 44 µm
FM
Bz,eff [mT]
0,2 d = 66 nm
0,0
Bc = 4,8 mT
-0,2
-0,4
-0,6
-30
-20
-10
0
Bext [mT]
10
20
30
Abbildung 4.4:. Aufgetragen ist die effektiv
wirkende Streufeldkomponente Bz,eff gegen das
äußere, längs des Fe-Streifens zeigende Feld Bext.
Bei der dazugehörigen Hybridstruktur befindet
sich das 2DEG der HEMT-Struktur (#1671) nur
d =66nm unterhalb des Fe-Streifens. Das
Verhältnis wFM /AHC des Hall-Sensors beträgt hier
0,025. Zur Korrektur der schichtsenkrechten
Komponente des äußeren Feldes wurde eine
Gerade mit einer Steigung von 138 Ω /T von dem
gemessenen Hall-Widerstand abgezogen.
88
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Es fällt auf, dass sich die beiden zu den Proben #1671b und #1605m gehörigen StreufeldHystereseschleifen qualitativ sehr ähneln (vgl. Abbildung 4.2b) mit Abbildung 4.4): So
beträgt das Koerzitivfeld des Fe-Streifens hier (#1671b) 4,8mT und bei der Probe #1605m
ebenfalls knapp 5mT. Auch die sich im Streufeld widerspiegelnde remanente Magnetisierung
ist mit 94% des gemessenen Maximalwertes nur leicht größer als bei der Probe #1605m
(90%). Jedoch beträgt bei der hier betrachteten Hybrid-Struktur das effektive Streufeld Bz,eff
im gesättigten Zustand nur 0,49mT bei einer Sensorfläche AHC von 1760µm2 bzw. einem
Verhältnis wFM /AHC von 0,025µm-1. Vergleicht man diesen Wert mit denen aus dem
Diagramm der Abbildung 4.3, so stellt man fest, dass bei dieser Probe das effektiv wirkende
Streufeld um ca. 30% kleiner ist als jenes, welches man bei einer vergleichbaren HybridStruktur der Probe #1605m erwarten würde (0,69mT). Nach den in Kapitel 2.3 für
ferromagnetische Draht-Strukturen durchgeführten Simulationen ist bei der hier betrachteten
Hybrid-Struktur mit dem oberflächennäheren 2DEG allerdings ein leicht größeres effektiv
wirkendes Streufeld Bz,eff zu erwarten. Es lässt sich vermuten, dass diese Abweichung auf eine
relativ schlechte Definition der Fe-Streifen der Probe #1671b während des Lift-Offs
zurückzuführen ist (vgl. Abbildung 3.4b)). Weiterhin ist es sehr wahrscheinlich, dass das
äußere Feld nicht ausreicht, um die Fe-Streifen vollständig zu sättigen und sich somit eine
leicht unterschiedliche Abschlussdomänenkonfiguration auf Grund der unterschiedlichen
Enden-Form der Fe-Streifen einstellt, welche eine Modifikation des an den Enden
heraustretenden Streufeldes nach sich zieht. Somit konnte die nach den Simulationen
erwartete Entfernungsabhängigkeit (Bz,eff - d -Abhängigkeit) nicht direkt nachgewiesen
werden. Jedoch untermauert dieses Experiment ebenfalls das Modell, nach dem beim LHE
das über die Sensorfläche gemittelte Streufeld die Hall-Spannung bewirkt: Würde nämlich
allein der Maximalbetrag der senkrechten Streufeldkomponente Bz,max entscheidend beim
LHE sein, so müsste nach Abbildung 2.8b) (blaue Kurve) bei der Probe mit dem
oberflächennäheren 2DEG (#1671) der gemessene Hall-Widerstand nicht nur knapp 10%
größer, sondern fast doppelt so groß sein wie bei einer entsprechenden Hybrid-Struktur der
Heterostruktur #1605. Dies würde dann jedoch zu einer weitaus größeren Diskrepanz
zwischen Modell und Experiment führen. Eine weitere Schlussfolgerung aus dem Experiment
ist, dass die hier verwendeten äußeren Felder Bext nicht ausreichen, um die ferromagnetischen
Streifen-Strukturen zu sättigen und dass die Abschlussdomänenkonfiguration in diesem
ungesättigten Zustand von der Streifenform, speziell von der Form der Enden, beeinflusst
wird. Dadurch ergibt sich hier eine Unsicherheit im Streufeld von ungefähr 40%.
Es soll nun kurz auf die Magnetfeldauflösung der beiden Hybridstrukturen eingegangen
werden. Diese beträgt bei beiden hier betrachteten Proben ca. 20µT, sie entspricht jedoch
wegen der nicht gleichgroßen Hall-Konstanten der Proben den unterschiedlichen
Widerstandsauflösungen 87mΩ bei der Probe #1605m bzw. 38mΩ (#1671b). Das
Amplitudenquadrat des thermischen Widerstandsrauschens ist nun nach Gleichung (1.46)
89
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
direkt proportional zum ohmschen Widerstand. Da sich die Widerstände zwischen den
jeweiligen Potenzialsonden der beiden hier diskutierten Hybrid-Strukturen auf Grund der
unterschiedlichen Potenzialsonden-Breiten und des Schichtwiderstands ρ= RH /µ um den
Faktor 7 unterscheiden, lässt sich die schlechtere Widerstandsauflösung der Probe #1605m
recht gut auf das erwartungsgemäß erhöhte thermische Rauschen zurückführen.
4
b)
T = 4,2 K (#1605k)
B = 13 mT
2,0
3 Rc = 0,89×R
Hall, r
Hall, s
2
1,5
1
0,5
1,0
RHall [Ω]
RHall [Ω]
a)
0
-1
-0,5
-1,0
-3
-1,5
-2,0
0
20
Bext [mT]
40
60
80
Bc = 6,2 mT
RHall, r ≈ RHall, s
0,0
-2
-4
-80 -60 -40 -20
T = 300 K
-40
-20
0
20
40
Bext [mT]
Abbildung 4.5: Abhängigkeit des Hall-Widerstands vom äußeren in-plane Magnetfeld bei 4,2K (a) bzw.
Zimmertemperatur (b) gemessen an einer Hybrid-Struktur mit einem 35nm dicken Rechteck aus
polykristallinem Eisen. Das Eisen wurde in einer mittels Öl-Diffusions-Pumpe evakuierten Aufdampfanlage bei
einem Druck von ca. 2×10-6 mbar aufgedampft und nachträglich in einem kombinierten Prozess aus Ar-Plasmaund nasschemischem Ätzen strukturiert. Die Hystereseschleife in a) ist deutlich runder als die nahezu
rechteckige Hystereskurve aus Abbildung 4.2 für einen Eisenfilm, der bei einem um 3 Größenordnungen
besseren Hintergrunddruck in einer Metall-MBE präpariert wurde. Weiterhin ist ein ca. 2½-mal größeres
Koerzitivfeld zu beobachten. Die bei Raumtemperatur aufgenommene Hysteresekurve (b) ist im
Sättigungsbereich nicht mehr so glatt wie die bei LHe-Temperatur gemessene Kurve aus Abb. a). Außerdem
reduziert sich das Koerzitivfeld gegenüber der Tieftemperaturmessung um mehr als die Hälfte auf 6,2mT.
Im Folgenden werden Messungen an einer nicht-optimal präparierten Fe-Schicht diskutiert.
Im Vergleich mit den bisher behandelten Ergebnissen war der Druck bei der Schichtpräparation etwa drei Größenordnungen schlechter. Abbildung 4.5 zeigt das Ergebnis der
Hallmagnetometrie-Messung der so hergestellten Fe-Rechtecke bei LHe- und Raumtemperatur. Man erkennt, dass das Koerzitivfeld bei 4,2K mit 13mT um einen Faktor 2,6 größer ist,
als für das Vergleichsrechteck aus der Metall-MBE (siehe Abbildung 4.2b)). Weiterhin ist zu
erkennen, dass die zuvor nahezu rechteckige Form der Hysteresekurve aus Abbildung 4.2b)
hier stark abgerundet ist. Der Wert des effektiven Streufeldes Bz,eff beträgt in Remanenz ca.
89% des Sättigungswertes, was nahezu dem Verhältnis bei der Vergleichsprobe aus der Metall-MBE entspricht. Dennoch ist ein wesentlich flacherer Verlauf der Hystereseschleife während des Ummagnetisierungsvorganges der Fe-Rechtecke festzustellen. Der Grund für die
beobachteten Unterschiede im Ummagnetisierungsveralten ist wahrscheinlich die Unterschiedliche Reinheit des Eisens. Durch die geringere Reinheit des unter schlechteren Vakuumbedingungen präparierten Eisens und der damit verbundenen erhöhten Fehlstellendichte
90
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
kommt es zu einem verstärkten Domänenwand-Pinning während des Ummagnetisierungsvorganges (vgl. Kapitel 1.2.3), was einen höheren Energiebedarf zum Ummagnetisieren zur
Folge hat und damit einen flacheren Anstieg der M (H )-Kurve bedingt. So plausibel das in den
vorherigen Sätzen aufgeführte Argument für die Veränderung des Ummagnetisierungsverhaltens ist, so ist doch Vorsicht geboten. Es soll an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen werden, dass das Streufeld am Drahtende detektiert wird und dieses hauptsächlich aus
der dortigen Domänenkonfiguration hervorgeht. Trotzdem lässt sich obige Argumentation
anscheinend, zumindest teilweise, auf das aus den Enden des Streifens austretende Streufeld
übertragen, sodass die hier aufgenommene Streufeld-Hysteresekurve zu einem gewissen Grad
den Magnetisierungszustand der Probe widerspiegelt.
Die in Abbildung 4.5b) dargestellte Messung bei Raumtemperatur verdeutlicht, dass
Hallmagnetometrie-Messungen an ein und derselben Hybridstruktur über einen großen
Temperaturbereich möglich sind. Hier fällt auf, dass sich das Umschaltfeld des Streifens bei
Zimmertemperatur auf weniger als die Hälfte des bei 4,2K gemessenen Wertes reduziert hat.
Darüber hinaus unterscheiden sich deutlich die Formen der Hystereseschleifen für die beiden
unterschiedlichen Temperaturen. Die Erklärung hierfür ist, dass beim Anlegen eines äußeren
Gegenfeldes der Zerfall des ursprünglich gesättigten Fe-Streifens in eine das Streufeld minimierende Domänenkonfiguration durch die ca. 70fach größere thermische Energie begünstigt
wird. Daher läuft dieser Prozess schneller ab und das Umschaltfeld verkleinert sich. Dagegen
ist noch immer ein vergleichbares Feld von ~20mT erforderlich, um den Streifen zu sättigen
bzw. die Größe der Abschlussdomänen zu reduzieren – hierbei wirkt die höhere thermische
Energie nicht konstruktiv.
Um zu untersuchen, ob sich aus dem lokalen Streufeld am Rand einer „großen“ FM-Struktur
auf den „inneren“ Magnetisierungszustand schließen lässt oder sich vielmehr hauptsächlich
die lokale Domänenkonfiguration im Streufeld widerspiegelt, wurde im nächsten Experiment
das Streufeld sequenziell an drei verschiedenen Positionen ein und desselben 200µm langen
Fe-Streifens mittels LHE bei T =4,2K charakterisiert – jeweils an den Enden (kurzen Kanten)
bzw. in der Mitte des Fe-Rechtecks (vgl. Maskensatz #10 in Anhang C). Der Eisenfilm der
Probe #1605j wurde hierzu wie bei der zuvor betrachteten Probe (#1605k) in der mit einer ÖlDiffusionspumpe betriebenen Aufdampfanlage hergestellt, jedoch anschließend durch Lift-Off
strukturiert. Zunächst fällt auf, dass die beiden an den Enden aufgenommenen Hysteresekurven entgegengesetztes Vorzeichen haben (siehe Abbildung 4.6a)). Dieses erwartet man
auch, da die Feldlinien in das eine Ende des Streifens ein- und aus dem anderen Ende austreten. Folglich hat die schichtsenkrechte Komponente des Feldes am Ort des 2DEGs unterhalb
den beiden kurzen Kanten ein entgegengesetztes Vorzeichen.
91
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
Überraschenderweise unterscheiden sich jedoch die beiden an den verschiedenen Enden
aufgenommenen Streufeld-Hysteresen trotz der nominellen Symmetrie des Fe-Rechtecks
qualitativ voneinander. Die rote Hysteresekurve für das rechte Ende ist glatt und ähnelt der
aus Abbildung 4.5a) bekannten Kurve, dagegen besitzt die grüne Streufeld-Hysterese für das
linke Streifenende noch weitere Signaturen. Es fällt weiterhin auf, dass die beiden Kurven in
Richtung der Abszisse um ca. 3,7mT gegeneinander verschoben sind. Diese Effekte lassen
sich mit Imperfektionen des Fe-Streifen in Verbindung bringen. So zeigt die mikroskopische
Aufnahme des entsprechenden Fe-Streifens ca. 20µm vor dem „linken“ Ende eine lokale
Einschnürung des Streifens (vgl. Abbildung 1.13). An dieser Einschnürung kann ein Pinning
der Domänenwand erfolgen, welches zu den weiteren Signaturen in der Streufeld-Hysterese
und auch zu der Verschiebung der beiden Hysteresekurven führt. Durch die Einschnürung
wird der Streifen in zwei Stücke geteilt, mit der Folge, dass bei einer Erhöhung des äußeren
Gegenfeldes zunächst ein Teilstück ummagnetisiert und erst nach einem Depinning-Prozess
das andere.
b)
#1605j: 35 nm Fe auf HEMT #1605
2,5
T = 4,2 K
2,0 Position: "Ende"
1,5
1,0
0,5
0,0
-0,5
Start
-1,0
-1,5
-2,0
-2,5
-40 -30 -20 -10
"linke" Kante
RHall [Ω]
RHall [Ω]
a)
"rechte" Kante
0
10
Bext [mT]
20
30
40
#1605j: 35 nm Fe auf HEMT #1605
1,0
T = 4,2 K
0,8 Position: "Mitte"
0,6
0,4
0,2
Start
0,0
-0,2
-0,4
-0,6
-0,8
-1,0
-40 -30 -20 -10
0
10
20
30
40
Bext [mT]
Abbildung 4.6: An verschiedenen Positionen des Fe-Streifens aufgenommene Streufeld-Hysteresekurven: a) an
den Enden (kurze Kanten) des Fe-Rechtecks bzw. b) in der Mitte des Rechtecks (siehe Maske #10 in Anhang C).
Die Pfeile geben die Chronologie des Durchfahrens des äußeren Feldes wieder. Zu a) fällt die unterschiedliche
Form der Streufeld-Hystereseschleifen für die sich gegenüberliegenden kurzen Kanten des Fe-Streifens auf. In b)
erkennt man, dass auch unterhalb der Mitte des Steifens ein Streufeld existiert, welches Rückschlüsse auf das
Ummagnetisierungsverhalten der FM-Struktur erlaubt und mittels LHE nachgewiesen werden kann. Mit
eingezeichnet sind in der entsprechenden Farbe die Nulldurchgänge des Hallwiderstands RHall der an den
jeweiligen Enden aufgenommenen Hystereseschleifen aus Abb. a).
Es ist interessant zu untersuchen, ob man auch unterhalb des Fe-Streifens, weit entfernt von
seinen Enden, ein Streufeld nachweisen kann. In Abbildung 4.6b) ist eine entsprechende
Messung an dem gerade diskutierten Fe-Streifen gezeigt. In der Tat ist ein Streufeld unterhalb
des Streifens mittels LHE zu messen, das eine Abhängigkeit vom äußeren Feld Bext aufweist.
Es fällt auf, dass auch bei dem maximal angelegten äußeren Feld eine von Null verschiedene
senkrechte Streufeldkomponente existiert. Diese müsste jedoch verschwinden, wenn der Fe-
92
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Streifen magnetisch gesättigt wäre. Da dieses hier nicht der Fall ist, kann davon ausgegangen
werden, dass das äußere Feld nicht ausreicht, um den Streifen vollständig zu sättigen.
Zusätzlich sind aber auch deutliche Signaturen der Ummagnetisierung des Fe-Streifens in der
Streufeldkurve erkennbar. Diese korrespondieren gut mit den ebenfalls in das Diagramm
eingezeichneten Nulldurchgängen des an den Enden aufgenommenen Streufeldes (vgl.
Abbildung 4.6b). In einem kleinen Bereich zwischen den beiden aufeinanderfolgenden
Nulldurchgängen der Streufelder an den Streifenenden ist das Streufeld in Streifenmitte nur
schwach abhängig vom äußeren Feld, was wiederum mit dem Pinning-Ereignis einer
Domänenwand an der Einschnürung erklärt werden kann.
Mit Hilfe der Hall-Magnetometrie lässt sich also der Ummagnetisierungsvorgang von FMStrukturen lokal studieren. Das mittels LHE charakterisierte Streufeld wird bestimmt durch
die Domänenkonfiguration des FM, die sich in unmittelbarer Nähe des Hall-Sensors befindet.
Dieser Sachverhalt war zu erwarten, da die Reichweite der magnetischen Dipolfelder nur in
der Größenordnung von 100nm liegt (vgl. Kapitel 2.2). Wird an verschiedenen Positionen das
Streufeld einer ferromagnetischen Struktur aufgenommen, so lassen sich detaillierte Einblicke
in das Ummagnetisierungsverhalten der gesamten Struktur gewinnen. Zu beachten ist
allerdings hierbei, dass auf Grund der typischerweise großen Fläche des Hall-Sensors in
Relation zur Ausdehnung einer einzelnen Domäne immer das Gesamtstreufeld mehrerer
Domänen erfasst wird.
4.1.2 Magnetometrie mittels planarer Hall-Sensoren
In diesem Abschnitt werden die Hall-Magnetometrie-Messungen an polykristallinen FMRechtecken präsentiert, die auf den in Kapitel 3.1.4 vorgestellten planaren Hall-Sensoren
präpariert wurden. Die in Abbildung 4.7 gezeigte lichtmikroskopische Aufnahme einer
Hybridstruktur der Probe #1792c soll noch einmal die Geometrie der in diesem Kapitel
untersuchten Strukturen verdeutlichen. Der stromführende Kanal der Hall-Bar-Struktur (IKanal) besitzt eine Breite wHB von 50µm, die Potenzialsonden eine geometrische Breite von
wgeo=10µm. Durch die Etablierung eines Lift-Off-Prozesses unter Verwendung eines
Doppellack-Systems (siehe Kapitel 3.1.1) ist es gelungen, FM-Rechtecke mit einer sehr gut
definierten Form und Größe (120×60µm2) reproduzierbar herzustellen (siehe Abbildung 4.7).
Die Rechtecke wurden so präpariert, dass sich deren kurze Kante mittig in der in Abbildung 4.7 schraffiert gekennzeichneten Sensorfläche der planaren Hall-Struktur befindet.
93
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
Abbildung 4.7: Lichtmikroskopische Aufnahme einer HybridStruktur mit einem planaren Hall-Sensor (Ausschnittsvergrößerung von Abbildung 3.12a). Ein 120µm×60µm großes polykristallines Eisenrechteck befindet sich auf einer planaren HallBar-Struktur, sodass dessen kurze Kante innerhalb der aktiven
Sensorfläche AHC liegt. Nachgezeichnet sind die mittels FIBImplantation realisierten Isolationslinien (L1…L4). Außerhalb
des Mesas heben sich die implantierten Linien dunkel gegen den
restlichen, durch nasschemisches Ätzen abgetragenen Bereich
ab (siehe weiße Pfeile), wodurch eine Kontrolle des implantierten Linienprofils ermöglicht wird (vgl. Kapitel 3.1.4).
Die Isolationslinien der planaren Hall-Bar (HB)-Struktur wurden in dieser Struktur durch
Implantation von Au+-Ionen mit einer Energie von 100keV und einer Dosis von 1,4×1013 cm-2
realisiert (siehe auch Kapitel 3.1.4). Abbildung 4.8 zeigt Strom-Spannungs-Kennlinien bei
300K für die beiden Isolationslinien-Paare34 L1-L4 bzw. L2-L3. Dabei ist das Paar L2-L3
teilweise mit Fe bedeckt während das andere unbedeckt ist (siehe Abbildung 4.11). Diese
Bedeckung wirkt sich offensichtlich negativ auf das Isolationsverhalten der entsprechenden
Linien aus, da bei diesen für eine feste Potenzialdifferenz VIso-Linie der Leckstrom höher ist als
bei den unbedeckten Linien. Generell unterscheidet sich hier das Isolationsverhalten der FIBimplantierten Linien von dem bei tiefen Temperaturen, bei denen es zu einer Art elektrischem
Durchbruch bei einer bestimmten Bias-Spannung kommt (vgl. Abbildung 3.9). Dem
Diagramm aus Abbildung 4.8 entnimmt man für kleine Spannungen VIso-Linie
(-1V≤ VIso-Linie≤0,5V) einen Isolationswiderstand eines Linien-Paares von ca. 50MΩ bei
Raumtemperatur, der hoch genug ist für die später vorgestellten Experimente.
#1792c: Leckstrom über Isolationslinie
150 T = 300 K
100
IIso-Linie [nA]
bedeckt
Linienpaar L2-L3
Linienpaar L1-L4
50
unbedeckt
0
~ 50 MΩ , VIso-Linie → 0 V
-50
-100
-150
-3
-2
-1
0
1
2
3
Abbildung 4.8: Leckstrom als Funktion der
Spannung über die Isolationslinienpaare L1-L4
bzw. L2-L3 der planaren Hall-Bar-Struktur aus
Abbildung 4.7. Der I-Kanal der HB-Struktur
befindet sich dabei auf Nullpotenzial. Man
erkennt, dass das Isolationsverhalten der mit Fe
bedeckten Linien schlechter ist. Bis 0,5V sind
jedoch beide Linienpaare gut isolierend.
VIso-Linie [V]
34
Die beiden entsprechend nummerierten IPGs sind bei der Messung parallel geschaltet.
94
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
#1792c: 100 nm Fe auf #1792
4
10 T = 300 K, Ix, DC= 5 µA
2
0
0
-5
Bc = 2,4 mT
Beff, r = 0,72×Beff, s
Beff, s= 3,5 mT
-10
-80 -60 -40 -20
0
20
40
60
-2
-4
80
Bz,eff [mT]
RHall [Ω]
5
wgeo = 10 µm
d = 117 nm
Abbildung 4.9: Hysteresekurve des aus der
kurzen Kante austretenden Streufeldes eines
120×60µm2 großen und 100nm dicken Rechtecks aus polykristallinem Fe bei Raumtemperatur (Sensor #3). Die Eisenschicht wurde
unter den gleichen Bedingungen wie bei den
Proben #1605m bzw. #1671b in einer MetallMBE präpariert. Der bei der Messung durch
den I-Kanal des planaren Hall-Sensors (siehe
Abbildung 4.7) getriebene DC-Strom betrug
5µA.
Bext [mT]
In Abbildung 4.9 ist das Ergebnis der Hall-Magnetometrie-Messung an einer Hybrid-Struktur
der Probe #1792c bei Zimmertemperatur dargestellt35. Zur Aufnahme der Messdaten wurde
hier der Semiconductor-Parameter-Analyzer vom Typ 4156A der Firma HEWLETT-PACKARD
verwendet. Die gemessene Streufeld-Hysteresekurve beweist, dass der hier entwickelte
planare Hall-Sensor gut funktioniert. Betrachtet man die Messkurve, so fällt beim Vergleich
mit Abbildung 4.2b) die hier wesentlich rundere Form der Hystereseschleife mit einem
deutlich kleineren Streufeld im remanenten Zustand (von 72% des Maximalwertes) auf.
Dieses beruht jedoch nicht auf dem nun neu verwendeten planaren Hall-Sensor, sondern auf
dem unterschiedlichen Längen-zu-Breiten-Verhältnisses (kurz: Aspekt-Verhältnis) der beiden
untersuchten Fe-Streifen. Bei dieser Struktur ist das Aspekt-Verhältnis des Fe-Streifens
(Verhältnis 2:1) im Vergleich zu den bisher betrachteten ferromagnetischen StreifenStrukturen nur halb so groß. Wegen des kleineren Aspekt-Verhältnisses gewinnt die
magnetostatische Energie gegenüber der Formanisotropieenergie an Bedeutung, weshalb der
Fe-Streifen im remanenten Zustand in eine Domänenkonfiguration zerfällt, die das Streufeld
deutlich stärker reduziert als bei den zuvor untersuchten ferromagnetischen StreifenStrukturen. Das Umschaltfeld des Streifens bestimmt sich zu 2,4mT und ist damit 60% größer
als das an den dünnen epitaktischen Fe-Schichten gemessene Koerzitivfeld von 1,5mT (siehe
Kapitel 3.2.1), was wahrscheinlich in der polykristallinen Natur des hier untersuchten FeStreifens begründet ist. Das effektive Streufeld berechnet sich bei dem maximal angelegten
äußeren Feld von 68mT zu Beff, s =3,5mT. Vergleicht man diesen Wert mit dem effektiven
Streufeld der in Abbildung 4.2 gezeigten Messung an einer geätzten Hall-Bar-Struktur, so
stimmen die Ergebnisse unter Einbeziehung der unterschiedlichen geometrischen Parameter
der Hybrid-Strukturen gut überein: Auf Grund der bei der Probe #1792c doppelt so dicken FeSchicht (t =100nm) und dem ca. 1,7mal so großen Verhältniss von wFM zu AHC ist bei dieser
35
Die stiefelförmigen IPG-Kontakte außerhalb des planaren Hall-Sensors (siehe Abbildung 4.7) sind hier nicht
angeschlossen.
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
95
Probe ein um den Faktor 2×1,7=3,4 höheres effektives Streufeld zu erwarten, denn nach der
in Kapitel 2.3 durchgeführten Simulation geht in dem hier relevanten Bereich die
Schichtdicke t linear in die Streufeldstärke ein (siehe Abbildung 2.12) und nach der in
Abbildung 2.11 gezeigten Simulation ist der unterschiedliche Abstand der 2DEGs zu den FeStreifen bei den hier betrachteten Hybrid-Strukturen zu vernachlässigen. Die elektrisch
effektive Potenzialsondenbreite wPS wurde hier zu 9µm abgeschätzt36. Als Streifenbreite wFM
wurde die gesamte Breite des Fe-Streifens von 60µm und nicht die Breite der Hall-Bar von
50µm eingesetzt, da der Anfangsbereich der Potenzialsonden (~5µm) ebenfalls von den
Stromlinien des durch den I-Kanal getriebenen Stroms Ix durchsetzt wird und sich somit nach
Berechnungen von S. J. BENDING und A. ORAL die effektive Sensorfläche deutlich vergrößert
[Ben97] (siehe auch [Ibr98], vgl. Kapitel 2.3).
#1792c: 100 nm Fe auf #1792
RHall [Ω]
5
2
0
0
-5
-2
Bc = 2,45 mT
Beff, r = 0,71×Beff, s
Beff, s = 3,5 mT
-4
-10
-100 -80 -60 -40 -20 0
20 40 60 80 100
Bext [mT]
Bz,eff [mT]
4
10 T = 300 K, Ix, AC= 7,58 µA
wgeo= 10 µm
d = 117 nm
Abbildung 4.10: Hall-Magnetometrie-Messung
bei Raumtemperatur an einer weiteren HybridStruktur (Sensor #1) der Probe #1792c (vgl.
Abbildung 4.9). Der AC-Treiber-Strom (200Hz)
betrug hier 7,58µA. Die Probe wurde zuvor mit
Hilfe eines auf der Probe integrierten Hall-Sensors ohne Fe-Streifen im Magnetfeld bis zum
Verschwinden einer zunächst vorhandenen
schichtsenkrechten Feldkomponente ausgerichtet. Dieses Verfahren garantiert eine exakte
schichtparallele Ausrichtung des äußeren Feldes, sodass die andernfalls notwendige Subtraktion einer Hallgeraden nach der Messung
entfällt.
Zu einem späteren Zeitpunkt wurden Hall-Magnetometrie-Untersuchungen an einer anderen
Hybridstruktur der Probe #1792c vorgenommen, diesmal mit einer computergesteuerten, im
Rahmen der Arbeit modifizierten Hall-Mess-Anlage (Firma BIO-RAD vom Typ HL 5200), die
mit einem PSD-Mess-System (PSD, engl. für: phase sensitive detection, Bandbreite 16Hz)
ausgestattet ist, welches bei einer festen Frequenz von 200Hz arbeitet. Zur Ansteuerung
dieser Anlage wurde zudem im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein auf dem Betriebssystem
der „Microsoft Windows Familie“ basierendes Messprogramm erstellt, welches eine
komfortable Aufnahme der Hallspannung (im Konstant-Strom-Modus) in Abhängigkeit eines
äußeren Feldes erlaubt. Vor der eigentlichen Hall-Magnetometrie-Untersuchung wurde die
Probe mittels eines zusätzlichen, auf der Probe integrierten Hall-Sensors, in dessen Nähe sich
kein Fe-Streifen befindet, so lange im äußeren Magnetfeld ausgerichtet, bis die HallSpannung an diesem Referenz-Hall-Sensor verschwindet und somit keine schichtsenkrechte
36
In diese Abschätzung geht die durch das sog. Straggling der implantierten Ionen in der Probe verursachte
Verbreiterung der Isolationslinien und eine Verarmung des 2DEGs am Linienrand ein.
96
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Feldkomponente mehr vorhanden ist. Das Ergebnis der anschließenden eigentlichen HallMagnetometrie-Messung an der Hybrid-Struktur ist in Abbildung 4.10 gezeigt. Der hier
grafisch dargestellte Messdatensatz ist lediglich rechnerisch um den bei der Messung
vorhandenen Spannungs-Offset, jedoch nicht durch Subtraktion einer Hallgeraden (mit einer
von Null verschiedenen Steigung) korrigiert. Die charakteristischen Parameter der HystereseKurve, also das Umschaltfeld Bc und das effektive Streufeld im gesättigten Zustand Beff, s,
sowie im remanenten Zustand Beff, r stimmen hervorragend überein mit den Werten, die zu der
in Abbildung 4.9 dargestellten Hysterese-Kurve einer anderen Hybrid-Struktur derselben
Probe gehören.
Man erkennt, dass der hier charakterisierte Fe-Streifen in der Tat ab einem äußeren Feld von
ca. 30mT ein Sättigungsverhalten im Streufeld zeigt. Somit scheint der Abzug der dem
eigentlichen Messsignal überlagerten Hallgeraden37 bei den zuvor gezeigten Hysteresekurven
legitim zu sein, da beide Verfahren im selben Ergebnis resultieren.
wgeo= 10 µm
RHall [Ω]
5 d = 117 nm
3
2
2
1
1
-1
Bc = 0,12 mT
-2
Beff, r = 0,08×Beff, s
Beff, s = 3,1 mT
-10
-40
-20
0
Bext [mT]
20
40
4
3
0
0
-5
b)
4
Bz,eff [mT]
#1792d: ~120 nm Py auf #1792
10 T = 300 K, I = 10 µA
x, DC
Bz,eff [mT]
a)
Ausschnitt der Hysteresekurve
x 1,6
0
-1
-2
-3
-3
-4
-4
-10 -8
-6
-4
-2
0
2
4
6
8
10
Bext [mT]
Abbildung 4.11: a) Streufeld-Charakteristik eines 60×120µm2 großen, ca. 120nm dicken Py-Streifens [Hac02],
aufgenommen bei Raumtemperatur mit einem planaren Hall-Sensor der Probe #1792d. Wie zuvor, zeigt das
äußere In-Plane-Magnetfeld Bext in Längsrichtung des Streifens; die kurze Streifenkante befindet sich im Zentrum der Sensorfläche. Bei dem weichmagnetischen Py unterscheidet sich die Form der Ummagnetisierungskurve
deutlich von der des hartmagnetischen Fe-Streifens. Die Kurve zeigt nahezu keine Hysterese, so beträgt das
Koerzitivfeld Bc nur 0,12mT. Auch das Streufeld im remanenten Magnetisierungszustand des Py-Streifens verschwindet nahezu (nur ca. 8% des gesättigten Zustands). b) Ausschnitt der Ummagnetisierungskurve aus Abbildung a). In dieser Darstellung ist die sehr kleine Hysterese in der Streufeld-Charakteristik aufzulösen. Für kleine
äußere Felder (Bext <1mT) ist das Streufeld linear zu dem angelegten Feld. Die rote Tangente besitzt eine Steigung von 1,6. Das bedeutet, dass der Hall-Sensor in Kombination mit dem Py-Streifen eine Verstärkung von 1,6
aufweist.
37
Bei diesem Verfahren besteht eine gewisse Unsicherheit darüber, ob die Elektronendichte des ReferenzSensors mit der des Hall-Sensors der untersuchten Hybrid-Struktur übereinstimmt. Im Falle unterschiedlicher
Dichten, würde man beim Referenzsensor eine Hallgerade mit einer „falschen“ Steigung detektieren.
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
97
Abschließend soll ein ferromagnetischer Streifen aus dem weichmagnetischen Permalloy (Py)
hinsichtlich seines Streufeldes mit Hilfe des planaren Hall-Sensors untersucht werden.
Abbildung 4.11 zeigt das Ergebnis der Hall-Magnetometrie-Messung (T =300K) an einem
polykristallinen Py-Rechteck mit einer Dicke von ~120nm.
Wie zu erwarten war, weist der weichmagnetische Py-Streifen eine völlig andere StreufeldCharakteristik auf als die zuvor untersuchten Streifen aus hartmagnetischem Eisen. Eine
Hysterese in der Streufeld-Charakteristik ist erst in der Ausschnittsvergrößerung in
Abbildung 4.11b) zu erkennen. Das Streufeld im remanenten Magnetisierungszustand beträgt
nur ca. 8% des gesättigten Zustandes, und das Umschaltfeld Bc ist mit 0,12mT ebenfalls sehr
klein. Interessant ist der Verlauf des effektiven Streufeldes Bz,eff bei kleinen äußeren
Magnetfeldern Bext. Für Felder kleiner als 1mT ist das effektiv gemessene Streufeld Bz,eff
nahezu proportional zu Bext, mit einer Proportionalitätskonstanten von ungefähr 1,6 (siehe rote
Tangente in Abbildung 4.11b)). Dieser Verstärkungseffekt, der sich durch eine Erhöhung der
Schichtdicke t und/oder eine Verkleinerung der Sensorfläche leicht vergrößern ließe, könnte
eventuell in einem Bauelement als empfindlicher Magnetfeldsensor ausgenutzt werden. Durch
eine Verkürzung des Streifens ist es möglich, den Magnetfeldbereich, in dem der Sensor
linear arbeitet, auszudehnen, da sich hierdurch die Stärke der Formanisotropie einstellen und
somit die leichte bzw. schwere Magnetisierungsrichtung vorgeben lässt.
98
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Abbildung 4.12: a) Schematische Darstellung des planaren Hall-Sensors aus Abbildung 4.7. b) Ausschnittsvergrößerungen des grün eingerahmten Bereichs aus Abbildung a). Schematisch dargestellt sind jeweils die
beiden IPGs der oberen Potenzialsonde des Sensors und die Verarmungszonen (dunkelgrau eingezeichnet) mit
der Breite wd, die die Gate-Linien bei verschiedenen Kombinationen von VIPG1 und VIPG2 umgeben:
b1) VIPG1 =VIPG2 =0V, b2) VIPG1 =VIPG2 <0V, sowie b3) VIPG2 <VIPG1 <0V.
4.1.2.1 Das In-Plane-Gate des Sensors
In den im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Experimenten wurden die isolierenden
Linien zur Definition des Hall-Sensors verwendet. Darüber hinaus ist aber auch die Möglichkeit gegeben, die Geometrie des Sensors durch Anlegen einer äußeren Spannung unter Nutzung des lateralen Feldeffekts zu verändern. Dieses soll im folgenden Abschnitt ausführlich
diskutiert werden. Bei den hier betrachteten planaren Hall-Sensoren wurde das Layout der
implantierten Isolationslinien und das Kontaktdesign so ausgearbeitet, dass die Möglichkeit
besteht, über die einzelnen implantierten Linien eine Spannung anzulegen. Dies führt zu einer
Veränderung der Verarmungslänge [deV95], wie schematisch in Abbildung 4.12 dargestellt.
Es sollte sich also sowohl die effektive Sensorfläche einstellen lassen, wie auch die Position
der Potenzialsonden verschieben lassen. Um dies zu erreichen, betreibt man die Isolationslinien zusammen mit den zugehörigen Kontakten als In-Plane-Gate (IPG). Mittels einer IPGAnordnung wurde erstmalig von A. D. WIECK der sog. IPG-Transistor in einer
AlxGa1-xAs/GaAs-Heterostruktur realisiert [Wie90]. Hierbei erfolgt der Elektronentransport in
einem kurzen Kanal, der durch Isolationsschreiben mittels fokussierter Ionenstrahlen im
2DEG definiert wird. Das Gate befindet sich hier nicht, wie bei gewöhnlichen FeldeffektTransistoren (FET), oberhalb des Source-Drain-Kanals (SD-Kanal), sondern innerhalb derselben Ebene (in-plane) und wird von dem 2DEG jenseits der Isolations-Linie (Gate-Linie)
gebildet. Legt man nun an das IPG eine gegenüber dem SD-Kanal negative Spannung an, so
verdrängt das elektrische Feld die Elektronen auf der anderen Seite der Isolations-Linie – es
kommt zur Ausbildung einer Verarmungszone wd innerhalb des Kanals (siehe Abbildung 4.12b2)). Durch die über die Isolationslinie angelegte Gate-Spannung VIPG lässt sich nun
die Breite der Verarmungszone wd und damit die Breite des leitfähigen Kanals steuern: Die
Verarmungszone verbreitert sich für kleine angelegte Spannungen VIPG zur positiven Seite
99
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
nahezu linear mit VIPG und verschmälert sich auf der negativen Seite bis zum einsetzenden
Sättigungsprozess kurz vor dem Erreichen der FIB-Linie (vgl. auch Abbildung 4.12b)). Der
genaue funktionale Zusammenhang zwischen wd und VIPG ist allerdings noch umstritten. An
dieser Stelle soll daher versucht werden, diesen mit Hilfe der von D. K. DE VRIES mittels konformer Abbildungen bestimmten Kapazität C zweier koplanarer, voneinander elektrisch isolierter, metallischer 2D-Streifen abzuleiten (vgl. Einschub in Abbildung 4.13). Übertragen auf
den Hall-Sensor bilden die 2DEG-Bereiche die leitfähigen Platten und die isolierenden Linien
zusammen mit der Verarmungszone wd den isolierenden Bereich mit der Dielektrizitätszahl ε r
und der Breite d. Normiert auf die Streifenlänge l hängt die sog. In-Plane-Kapazität von dem
Verhältnis zwischen der Breite der Streifen w und deren Abstand d wie folgt ab [deV95]:
C
K ( 1− k 2 )
−1
Γ(k ) := = ε 0ε r
, mit k ( w / d ) = (1 + 2 w / d )
l
K (k )
Näherung für ( w / d ) > 0,5: Γ(k ) =
ε 0ε r  16 
ln  2  ,
π
k 
(4.1)
 16 
Näherung für ( w / d ) < 0,1: Γ(k ) = ε 0ε rπ / ln 
.
2 
 1− k 
Hierbei bezeichnet ε 0 die Dielektrizitätskonstante 1/µ 0 c2 bzw. ε r die Dielektrizitätszahl des
sich zwischen den Streifen (hier GaAs) befindenden Dielektrikums, sowie K(k) das
vollständige elliptische Integral erster Gattung (siehe z.B. [Abr70]). In Abbildung 4.13 ist der
ungenäherte Zusammenhang grafisch dargestellt. Auffällig ist die nur relativ schwache
Abhängigkeit der Kapazität Γ von dem Verhältnis der Breite zum Abstand w/d. Die In-PlaneKapazität Γ der Gate-Anordnung bei den hier diskutierten planaren Hall-Sensoren (siehe Abbildung 4.12b1) beträgt hiernach (4±0,2)ε0 εr, wenn man als Breite der Metallstreifen w den
Abstand der beiden gegenüberliegenden Gate-Linien (z.B. L1 und L2) einer Potenzialsonde
des Hall-Sensors wählt (~10µm).
Theorie: In-Plane-Kapazität zweier koplanarer Streifen
6
Γ / ε0εr
5
4
3
2
1
0
-2
10
-1
10
1
10
10
2
10
3
Abbildung 4.13: Kapazität zweier koplanarer
metallischer Streifen pro Länge in Abhängigkeit
des Verhältnisses der Breite zum Abstand w/d
(siehe Einschub). Diese Abhängigkeit von w/d ist
nur relativ schwach, weshalb in manchen Fällen die
In-Plane-Kapazität näherungsweise als konstant
betrachtet werden kann.
w/d
Beim Anlegen einer Spannung VIPG wird nun der In-Plane-Kondensator (siehe Einschub in
Abbildung 4.13) geladen. Auf der Seite des höheren Potenzials wird dabei ein Streifen der
100
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Breite wd (Index d für depletion) längs des Dielektrikums verarmt, wozu die Ladung
Q=n2D ewd l verschoben werden muss. An dieser Stelle der Berechnung von wd wird in den
bisherigen Veröffentlichungen der Einfachheit halber die In-Plane-Kapazität des IPGs als
konstant angenommen, da die Abhängigkeit von w/d nur schwach ist. Dies gilt insbesondere
für w/d
1 und w/d→∞ (in Abbildung 4.13 nicht zu sehen). Somit ergibt sich aus der
Kondensator-Formel C=dQ/dV als Näherung für die Breite der Verarmungszone wd:
dQ
= Γl ≈ konst ,
dV
∫ dQ = l ∫ ΓdV
⇒ Q ≈ l Γ (VIPG − V0 )
⇒ n2D ewd ≈ Γ (VIPG − V0 )
⇒ wd ≈
Γ
n2D e
(VIPG − V0 )
mit ε r (GaAs) = 13,1; Γ
4ε 0ε r : wd
Γ
n2D e
VIPG + wd,0
2,9µm
VIPG
+ wd ,0 .
n2D /1011 cm -2
(4.2)
(4.3)
In Abbildung 4.14 ist der sich nach Gleichung (4.3) ergebende lineare Zusammenhang
zwischen wd und VIPG wiedergegeben (gestrichelte Gerade). Zur Berechnung wurde hierbei
von einer Elektronendichte von n2D =2,34×1011 cm-2 (entspr. der Probe #1792c bei RT) sowie
einer konstanten In-Plane-Kapazität pro Einheitslänge von Γ=52,4 ε0 ausgegangen.
Erstmalig wurde im Rahmen dieser Arbeit jedoch ein anderer Ansatz gewählt, der die
Änderung der Geometrieparameter d und w des IPGs und somit die Änderung von Γ während
des Durchfahrens der Gate-Spannung VIPG berücksichtigt. Hierzu wurde durch Iteration der
Gleichung (4.2) unter Berücksichtigung der sich bei jedem Iterations-Durchlauf neu
ergebenden In-Plane-Kapazität Γ die Verarmungszone wd für kleine VIPG-Intervalle (1mV)
bestimmt. In jedem Iterations-Zyklus wird somit w gleich der Breite des nicht verarmten
Streifens zwischen den beiden parallel verlaufenden Gate-Linien (siehe Abbildung 4.12b))
und d gleich der Breite der Verarmungszone wd gesetzt.
10
Theorie: Verarmungslänge versus Gate-Spannung
für Γ = 4ε0εr
wd [µm]
8
6
4
2
11
-2
n2D= 2,34×10 cm
0
0
5
10
-VIPG [V]
15
20
Abbildung 4.14: Berechnete Breite der Verarmungszone
wd in Abhängigkeit der an ein IPG angelegten Spannung
VIPG des planaren Hall-Sensors (vgl. Abbildung 4.12b1),
d.h. für wgeo =10µm. Als Elektronendichte wurde ein
typischer Wert von 2,34×1011 cm-2 angenommen; dieser
entspricht der Dichte der Probe #1792. Für die Breite
wd,0 der die Gate-Linie bei VIPG =0 umgebenden Verarmungszone (siehe Abbildung 4.12b1) wurden 200nm
angesetzt. Gestrichelt wiedergegeben ist die lineare
Näherung gemäß Gleichung (4.3), bei der von einer
konstanten In-Plane-Kapazität ausgegangen wird (hier
Γ =4ε0εr). Die durchgezogene Linie ergibt sich durch
Iteration (∆VIPG =1mV) der Gleichung (4.2) unter Einbeziehung der sich ändernden In-Plane-Kapazität Γ.
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
101
Bei diesem Modell-Ansatz ist deutlich eine Abweichung von der Linearität zwischen der
Breite der Verarmungszone und der Gate-Spannung für große VIPG zu erkennen (siehe
durchgezogene Linie in Abbildung 4.14). Die Richtigkeit dieses Modells soll nun am
Experiment überprüft werden.
Man kann die beiden Potenzialsonden des planaren Hall-Sensors (vgl. Abbildung 4.12a))
auch als IPG-Transistoren auffassen bzw. betreiben. Für kleine Spannungen VSD zwischen S
und D1 bzw. D2 (entspricht „Source“ und „Drain“) sollte der Kanalwiderstand bzw. der
Source-Drain-Strom ISD (für VSD =konstant) im wesentlichen durch die Breite des Potenzialsonden-Abgriffs bestimmt sein. Diese lässt sich nun über zwei IPGs steuern. In Abbildung 4.15 sind die Transferkennlinien (ISD als Funktion von VIPG) für die beiden Potenzialabgriffe des Sensors und jeweils für die beiden IPGs gezeigt38. Man erkennt, dass alle vier
Kurven gut übereinstimmen, so lange kein exzessiver Gate-Leckstrom fließt. Dieses bedeutet,
dass sich die Kanalbreite sowohl für einen Kanal mit den beiden Gates jeweils symmetrisch
einstellen lässt, als auch, dass die Breite der beiden Potenzialsonden-Kanäle wPS 1,2 für die
identische Gate-Spannungskonfiguration gleich sein sollte.
#1792c: IPG-Transistor-"Transfercharakteristik"
1,1 T = 300 K
ISD 1,2 [µA]
1,0 VSD = 0,1 V
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0,4
angsteuerte IPGs:
IPG 2 bzw. 3 (bedeckt mit Fe)
IPG 1 bzw. 4 (unbedeckt)
-2,5 -2,0 -1,5 -1,0 -0,5 0,0
0,5
1,0
1,5
Abbildung 4.15: Aufgetragen ist der durch den
Potenzialsonden-Kanal fließende Strom ISD gegen die
an jeweils einem der vier IPGs des Hall-Sensors (#1)
der Probe #1792c anliegenden Gate-Spannung VIPG
(VSD =0,1V). Farblich unterschieden wird hier wie
zuvor zwischen den beiden unbedeckten und den
teilweise mit Fe bedeckten IPGs. Alle vier IPGTransistoren zeigen nahezu die gleichen Kennlinien.
Auf Grund des höheren Leckstroms der zum Teil mit
Fe bedeckten Isolationslinien (vgl. Abbildung 4.8)
wurde bei den dazugehörigen IPG-Transistoren die
Kennliniencharakteristik in einem entsprechend
kleineren Gate-Spannungsbereich aufgenommen.
VIPG 1...4 [V]
Beim Anlegen einer positiven Gate-Spannung wird der Potenzialsonden-Kanal angereichert,
d.h. die innerhalb des Kanals liegende Verarmungszone abgebaut und somit die effektive
Kanalbreite vergrößert. Ab einer Spannung von ca. 0,5V setzt der bereits erwähnte Sättigungsprozess ein, da sich nach dem vollständigen Abbau der Verarmungszone durch eine
weitere Erhöhung der Gate-Spannung keine Verbreiterung des Kanals mehr erzielen lässt.
Wird eine negative Gate-Spannung angelegt, so breitet sich die Verarmungszone in Richtung
der Kanalmitte aus, wodurch die effektive Kanalbreite abnimmt. Dies führt zu der beobach38
Die an die Probe angelegte Gesamtspannungsdifferenz betrug hierbei 0,1V. Der Spannungsabfall über den
Potenzialsondenkanal VSD ist um den Spannungsabfall der Serienwiderstände der Probe vermindert, also kleiner
als 0,1V.
102
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
teten Abnahme des Kanalstroms. Auch bei diesen experimentell bestimmten Kennlinien gibt
es Anzeichen auf nicht-lineare Effekte. So sind die Transfercharakteristiken leicht linksgekrümmt für VIPG <0,5V. Für eine quantitative Modellierung der Ergebnisse aus Abbildung 4.15 kann man davon ausgehen, dass die Kanalleitfähigkeit ISD /VSD bzw. ISD für
konstantes VSD, direkt proportional zur Kanalbreite ist, da der kleine Spannungsabfall über
den Kanal (VSD <0,1V)38 einer über die Kanallänge nahezu konstanten Kanalbreite entspricht.
Es gilt also:
I SD (VIPG ) ∝ wPS = wgeo − wfoc − wd (VIPG ) .
(4.4)
Mit wgeo ist hier der Abstand der beiden IPGs einer Potenzialsonde (siehe Abbildung 4.12b1)
bezeichnet und wfoc ist die Breite der implantierten Isolationslinie (~100nm).
Vergleicht man nun die experimentellen Daten aus Abbildung 4.15 mit denen nach
Gleichung (4.4) (wd gemäß des Iterations-Modells) simulierten Werten, so ist allerdings
zunächst keine Übereinstimmung festzustellen. Experimentell hat sich die elektrisch-effektive
Kanalbreite bereits bei einer Gate-Spannung von ca. −2,5V halbiert, wohingegen die durch
das Modell vorhergesagte Verarmungszone ungefähr nur einem Fünftel der geometrischen
Kanalbreite der Potenzialsonden entsprechen müsste.
#1792c: Vergleich Theorie - Experiment
1,1 T = 300 K
1,0 VSD = 0,1 V
ISD [µA]
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
Experiment (vgl. Abb. 4.13)
Theorie (vgl. Abb. 4.14)
0,4
0,3
(wd mit 2,78 multipliziert)
-3
-2
-1
0
1
2
Abbildung 4.16: Durch offene Kreise dargestellt
ist die gemittelte Transferkennlinie der beiden
unbedeckten IPGs aus Abbildung 4.15. Der durch
die durchgezogene Linie dargestellte Zusammenhang ergibt sich aus der berechneten Breite der
Verarmungszone wd (siehe durchgezogene Kurve
in Abbildung 4.14). Allerdings musste hierbei wd
mit einem Faktor von 2,78 multipliziert werden,
um die hier zu sehende gute Übereinstimmung mit
dem Experiment zu erhalten.
VIPG [V]
Um doch eine Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment zu erreichen, muss wd in
Gleichung (4.4) mit dem Faktor α =2,78 multipliziert werden, man erhält also:
I SD (VIPG ) ∝ wPS = wgeo − wfoc − 2, 78 × wd,mod (VIPG )
(4.5)
Der Index „mod“ steht für Modell und soll verdeutlichen, dass für wd,mod die nach dem
Iterations-Modell berechneten Werte einzusetzen sind. Die durch Gleichung (4.5) beschriebene perfekte Übereinstimmung zwischen Modell und Experiment lässt sich anhand von
Abbildung 4.16 überprüfen. Dort ist die gemittelte Transferkennlinie der beiden unbedeckten
IPGs aus Abbildung 4.15 gemeinsam mit dem gemäß Gleichung (4.5) modellierten Zusammenhang dargestellt.
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
103
In diesem Experiment scheint somit die Breite der Verarmungslänge knapp 3mal so groß zu
sein wie es zunächst nach dem in Abbildung 4.14 dargestellten Zusammenhang zu erwarten
wäre. Diese Diskrepanz ist allerdings verständlich, wenn man die Geometrie betrachtet, für
die die In-Plane-Kapazität Γ (siehe Gleichung (4.1)) von D. K. DE VRIES berechnet wurde. So
ging er von zwei gleichbreiten, koplanaren Kondensatorplatten aus (vgl. Einschub in Abbildung 4.13). Diese Forderung ist jedoch gewiss nicht bei der hier diskutierten Anordnung des
planaren Hall-Sensors erfüllt, bei dem die beiden elektrisch voneinander isolierten leitfähigen
Bereiche stark unterschiedliche Breiten aufweisen. In dem zuvor vorgeschlagenen IterationsModell wird davon ausgegangen, dass die Breite des schmaleren Streifens, i.e. die Breite des
leitfähigen Bereichs zwischen den beiden Isolationslinien die Kapazität der Anordnung
determiniert. Sicherlich wird aber auch die Breite des 2DEGs jenseits des PotenzialsondenKanals eine Rolle spielen, derart, dass sich Γ auf Grund der größeren Breite erhöht. Somit
beinhaltet das Modell eine untere Abschätzung der In-Plane-Kapazität der IPG-Anordnung.
Nach Gleichung (4.2) aber ist die Verarmungslänge wd direkt proportional zur Kapazität Γ.
Damit stellt das Modell ebenfalls auch für die Verarmungslänge wd eine Abschätzung nach
unten dar und der empirisch gefundene Faktor 2,78 trägt diesem Rechenschaft.
104
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
4.1.2.2 Hall-Magnetometrie unter Einsatz von IPGs
Im Folgenden wird die Abhängigkeit des bei der Hall-Magnetometrie effektiv wirkenden
Streufeldes Bz,eff von der IPG-Spannung untersucht. Hierzu wurde bei Raumtemperatur mit
dem schon zuvor eingesetzten Semiconductor-Parameter-Analyzer (vgl. Fußnote 33) eine
Schar von Streufeld-Hysteresekurven unter Variation des Potenzials VIPG,1-4 aufgenommen,
auf dem sich alle vier IPGs (IPG1 bis IPG4) eines planaren Hall-Sensors der Probe #1792c
befanden (siehe Abbildung 4.17a)). Die angegebenen Potenziale VIPG,1-4 sind Effektivwerte,
d.h. ihr Bezugspunkt liegt im Zentrum des jeweiligen Hall-Sensors. Der DC-Treiberstrom
durch den Hall-Sensor betrug, wie zuvor, Ix,DC =5µA. Deutlich ist in Abbildung 4.17a) ein
Anstieg der Empfindlichkeit des Hall-Sensors, d.h. eine Vergrößerung des gemessenen HallWiderstands RHall mit zunehmender negativer Gate-Spannung VIPG,1-4 zu erkennen. Dies ist zu
erwarten, da sich die Verarmungszonen wd an den Isolationslinien innerhalb der
Potenzialsonden in Richtung Kanalmitte ausbreiten, und sich somit die elektrisch aktive
Potenzialsondenbreite wPS verkleinert. Durch diese Breitenabnahme ist wiederum eine
Reduzierung der Sensorfläche AHC bedingt, wodurch sich das effektiv wirkende Streufeld
Bz,eff vergrößert (vgl. Gleichung (2.8)). Für die Breite der Potenzialsonde wPS gilt:
wPS (VIPG,1-2 ) = wgeo − wfoc − 2 wd (VIPG,1-2 ) ≈ wgeo − 2 wd (VIPG,1-2 ) .
15
RHAll [Ω]
10
T = RT, Ix, DC= 5 µA
wgeo = 10 µm
d = 117 nm
6
4
2
5
Bc = 2,4 mT
0
-VIPG,1-4 :
-5
0,4 V
0,6 V
0,8 V
1,0 V
1,2 V
-10
-15
-20
b)
#1792c: Abhängigkeit von der Gate-Spannung
-40
-20
0
Bext [mT]
20
40
0
-2
-4
-6
Beff, s [mT]
20
Bz,eff [mT]
a)
5,4
5,2
5,0
4,8
4,6
4,4
4,2
4,0
3,8
3,6
(4.6)
Experiment: Beff, s versus VIPG,1-4
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
-VIPG,1-4 [V]
Abbildung 4.17: a) Streufeld-Hysteresekurven für verschiedene effektive Gate-Spannungen VIPG1-4, die an die
vier IPGs eines planaren Hall-Sensors (#1/3) der Probe #1792c angelegt wurden. Deutlich ist zu erkennen, dass
die effektiven Streufelder in magnetischer Sättigung Beff,s mit zunehmender negativer Gate-Spannung ebenfalls
zunehmen (der Übersicht halber wurden die Messkurven um ihren Offset bereinigt). Dieser Zusammenhang
(zwischen VIPG1-4 und Beff,s) ist in Abbildung b) für die in a) abgebildeten Kurven und 5 weitere Messungen
dargestellt.
Eine Auswertung der in Abbildung 4.17a) gezeigten Streufeld-Hysteresekurven und fünf
weiterer Messkurven ergibt die in Abbildung 4.17b) dargestellte Abhängigkeit zwischen der
an die vier Gates des Hall-Sensors angelegten Spannung VIPG,1-4 und der effektiv wirkenden
z-Streufeldkomponente Beff,s in magnetischer Sättigung des Fe-Streifens. Will man den in Ab-
105
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
bildung 4.17b) dargestellten Zusammenhang theoretisch beschreiben, so muss man sich
zunächst überlegen, wie die Sensorfläche von der Gate-Spannung abhängt. Diese ist
sicherlich proportional zur Breite der Potenzialsonden. Unter der Berücksichtigung von
Gleichung (2.8) ergibt sich dann:
C
AHC
Bz ,eff (VIPG,1-4 )
CS
,
wgeo − 2α wd (VIPG,1-4 )
(4.7)
Hierbei sind in der Proportionalitätskonstante CS sämtliche, für den planaren Hall-Sensor
spezifischen Parameter (elektrischer und geometrischer Art) zusammengefasst. Außerdem
wurde noch der zusätzliche Faktor α eingefügt, wie er ja schon für die in Abbildung 4.16
dargestellten Daten nötig war, um sie den experimentellen Daten anzupassen.
Abbildung 4.18a) gibt den berechneten Zusammenhang zwischen wd,mod und VIPG,1-2 wieder,
wenn beide Gates der Potenzialsonde angesteuert werden. Dazu wird in jedem Zyklus der
durchgeführten Iteration wPS gleich wgeo -2wd,mod gesetzt. Vergleicht man Abbildung 4.18a)
mit der entsprechenden Kurve aus Abbildung 4.14, so stellt man in dem hier gewählten
Bereich von VIPG,1-2 noch keine signifikante Abweichung zwischen den beiden Berechnungen
fest.
Theorie - beide Gates angesteuert:
Verarmungslänge versus Gate-Spannung
a)
b)
6,0
3,0
5,5
5,0
2,0
Beff, s [mT]
wd, mod [µm]
2,5
1,5
1,0
0,5
11
0,0
#1792c: Vergleich Theorie - Experiment
-2
n2D= 2,34×10 cm
0,0 0,5 1,0 1,5 2,0 2,5 3,0 3,5 4,0
-VIPG,1-2 [V]
4,5
4,0
3,5
-1
3,0
28,9 mT µm / [wgeo- 2 (1,69×wd, mod)]
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
-VIPG,1-4 [V]
Abbildung 4.18: a) Darstellung der berechneten Breite der Verarmungszone wd,mod in Abhängigkeit der GateSpannung VIPG,1-2 gemäß des im Text beschriebenen Algorithmus (vgl. Abbildung 4.14), diesmal jedoch für den
Fall, dass beide gegenüberliegende Gates auf demselben Potenzial VIPG,1-2 liegen. b) Darstellung der Messwerte
aus Abbildung 4.17b) zusammen mit der nach Gleichung (4.7) berechneten theoretischen Kurve. Der Wert für
wd wurde dazu der Abb. a) entnommen. Die beiden Fit-Parameter ergeben sich zu CS =28,9mTµm-1 und α =1,69.
In Abbildung 4.18b) werden die Messdaten (siehe Abbildung 4.17b)) mit dem Modell gemäß
Gleichung (4.7) verglichen. Mit CS =28,9mTµm-1 und α=1,69 für die beiden Fit-Parameter in
Gleichung (4.7) erhält man eine gute Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment.
Der Korrekturfaktor für die Verarmungslänge ist ~40% kleiner als bei der Bestimmung
mittels Transferkennlinie (vgl. Gleichung (4.5)). Dies liegt wahrscheinlich daran, dass Beff,s
nicht genau invers proportional zur Sensorfläche ist, sondern der zentrale Bereich des Sensors
106
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
überproportional zur Hall-Spannung beiträgt. Dies wird durch Berechnungen von S. J.
BENDING und A. ORAL [Ben97] gestützt. Einen funktionalen Zusammenhang enthält diese
Arbeit jedoch nicht, sodass dieser Effekt nicht in das Modell eingearbeitet werden konnte.
Außerdem wird von F. M. PEETERS und Mitarbeitern ein Einfluss des Breitenverhältnisses
zwischen dem stromführenden Kanal und dem Potenzialsonden-Kanal des Hall-Sensors auf
dessen Empfindlichkeit vorhergesagt [Cor02], [Ibr98].
Aus der Proportionalitätskonstanten CS berechnet sich das effektiv wirkende Streufeld Bz,eff
des magnetisch gesättigten Fe-Streifens zu knapp 2,9mT, wenn bei dem hier diskutierten planaren Hall-Sensor die elektrisch effektive Potenzialsondenbreite wPS der geometrischen Breite
wgeo (10µm) entsprechen würde. Dieser Wert stimmt innerhalb von 10% mit dem effektiven
Streufeld der in Abbildung 4.2 gezeigten Messung an einer geätzten Hall-Bar-Struktur
überein, wenn man die unterschiedlichen Geometrien der beiden Hybrid-Strukturen mit
einbezieht. Überträgt man also die geometrischen Parameter des hier diskutierten planaren
Hall-Sensors auf die Hybrid-Struktur der Probe #1605m, so wäre bei dem nasschemisch
geätzten Hall-Sensor ein effektiv wirkendes Streufeld von ca. 2,6mT zu erwarten, welches nur
um 0,3mT von dem aus Abbildung 4.18b) abgeschätzten Feld differiert.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es gelungen ist, gut funktionierende planare HallSensoren herzustellen, mit denen Hall-Magnetometrie-Untersuchungen durchgeführt wurden.
Dank des Sensordesigns mit den integrierten IPGs ist es möglich, den lateralen Feldeffekt zur
Beeinflussung der elektrisch effektiven Potenzialsonden-Kanäle zu nutzen. Hierdurch ist es
geglückt, die Potenzialsonden einzuschnüren und somit die Empfindlichkeit des Sensors zu
erhöhen (~170%). Die Weiterentwinklung dieses Verfahrens bis hin zur ortsaufgelösten HallMagnetometrie ist leider nicht geglückt. So wurde ein komplexer Zusammenhang zwischen
der angelegten Gate-Spannung und der die Isolationslinien der Potenzialsonden umgebenden
Verarmungszonen gefunden. Die Nichtlinearität zwischen Gate-Spannung und Breite der
Verarmungszone erschwert erheblich die Erfüllung der Forderung nach einer konstanten
effektiven Kanalbreite beim Durchschieben der Potenzialsonde zwischen den beiden
begrenzenden Isolationslinien (vgl. Abbildung 4.12b3). Es zeigte sich auch, dass die
Verarmungszone nicht immer reproduzierbar über die Gate-Spannung gesteuert werden kann.
So wurden zum Teil in den Transferkennlinien der IPG-Transistoren (beim Herauf- und
Herunterfahren der Gate-Spannung) Hysteresen im Source-Drain-Strom nachgewiesen. Diese
lassen sich mit Umladungseffekten von Oberflächenzuständen in Verbindung bringen. So
werden die an IPGs gemessenen Kennlinien stark von der Oberflächenbedeckung der HEMTStruktur beeinflusst [Ste99], was der Reproduzierbarkeit der Messgrößen des Hall-Sensors
entgegen wirkt. Somit scheint eine Passivierung der Sensoroberfläche unerlässlich.
4.1 Streufeldmessungen an magnetischen Streifen
107
Somit scheint es folgerichtig zu sein, auf die technologisch einfacher handhabbaren geätzten
Hall-Sensoren zurückzugreifen, solange sich der Aufwand nicht lohnt, oben genannte
Schwierigkeiten zu überwinden, oder eine Planarität des Hall-Sensors erforderlich ist.
Im nächsten Kapitel wird daher mit Hilfe von geätzten Hall-Kreuzen das Ummagnetisierungsverhalten von nano-strukturierten ferromagnetischen Streifen (Nano-Drähten) verschiedener ferromagnetischer Materialien studiert und mit der Drahtbreite korreliert.
108
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
In diesem Kapitel werden ferromagnetische Strukturen untersucht, deren Breite weit unterhalb der bisher diskutierten Streifen-Strukturen liegt. So werden die Ergebnisse von HallMagnetometrie-Untersuchungen an ferromagnetischen Draht-Strukturen verschiedener Materialien (Co, Fe und Py [Hac02]) vorgestellt, die eine Breite von wenigen Mikrometern bis
hinab zu 100nm besitzen. Damit weisen die Drähte ein Aspekt-Verhältnis zwischen 50:1 und
1000:1 auf, weshalb das Ummagnetisierungsverhalten dieser ferromagnetischen Strukturen
durch die Formanisotropie geprägt ist. In Kapitel 4.2.1 wird die aufwändige Technologie zur
Herstellung dieser Drähte beschrieben, erste Messungen vorgestellt und einige grundsätzliche
Beobachtungen diskutiert. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Breitenabhängigkeit des
Ummagnetisierungsverhaltens gelegt (siehe Abschnitt 4.2.2.1). Einen weiteren Schwerpunkt
bildet die Analyse der Stärke des aus ihren Enden austretenden Streufeldes als Funktion der
Breite (Abschnitt 4.2.2.2). In Abschnitt 4.2.3 wird schließlich der Zusammenhang zwischen
der Hall-Sensor-Empfindlichkeit und der Hall-Kreuz-Fläche diskutiert. Eine weiterführende
Diskussion der gewonnenen Ergebnisse unter Einbeziehung mikromagnetischer Simulationen
bezüglich des Ummagnetisierungsprozesses wird in Kapitel 4.2.4 gegeben.
4.2.1 Details zur Hybrid-Struktur und erste Streufeld-Messungen
Abbildung 4.19: Schematische Darstellung des wesentlichen Bereichs der Hybrid-Strukturen, die in diesem
Kapitel diskutiert werden. Die gesamten DHC-Struktur (DHC für engl. double hall-cross) ist in Abbildung C.6a)
im Anhang C zu sehen. In der Regel befinden sich die kurzen Kanten des blau gezeichneten FM-Drahtes im
Zentrum der beiden elektrisch miteinander verbundenen Hall-Kreuze (HC-1 und HC-2). Es wurden aber auch
Drähte untersucht, die über das rechte Hall-Kreuz (HC-2) hinausreichen, so wie es gestrichelt angedeutet ist.
Einschub: REM-Aufnahme eines realen Hall-Kreuzes der DHC-Struktur. Das eingezeichnete Rechteck definiert
die Hall-Kreuzfläche AHC.
Die ferromagnetischen Drähte wurden ausschließlich mittels EBL und des Lift-Off-Verfahrens
definiert ([Stalm], [Sta02], auch Kapitel 3.2.2.1). Hierbei ist die Oberfläche der polykristallinen Drähte vor Oxidation durch eine Schutzschicht (Cap) aus einem edleren Metall geschützt (Co-Drähte: Cap 2nm Pt, Fe-Drähte: 4nm Cr bzw. Py-Drähte: 15nm Au). Fast alle
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
109
untersuchten Drähte sind nominell quaderförmig und besitzen eine Länge von l=100µm sowie eine nominelle Dicke von t=30nm (teils auch 50nm)39. Die Basis aller in diesem Kapitel
vorgestellten Hybrid-Strukturen bildet die eigens für diese Zwecke gewachsene HEMTStruktur #11044 (Bandstruktur siehe Abbildung 1.4b)), bei der sich das 2DEG nur 35nm
unterhalb der Oberfläche befindet. Die Elektronenbeweglichkeit µ dieser HEMT-Struktur ist
bewusst klein gehalten, um zu garantieren, dass im gesamten Temperaturbereich (<1K bis
300K) der Elektronentransport – auch im kleinsten Hall-Kreuz – diffusiv erfolgt, d.h. die freie
Weglänge le ist kleiner als die Abmessungen des Hall-Kreuzes (Weglänge le in Anhang B).
Darüber hinaus wird gewährleistet, dass das Produkt aus Elektronenbeweglichkeit und
maximalem Streufeld µ Bstr deutlich kleiner als Eins ist (~0,4). Dieses schafft die Grundvoraussetzung, die Ergebnisse der durchgeführten Experimente mit den theoretischen Vorhersagen von [Ibr98] vergleichen zu können (vgl. Kapitel 2.3).
Als Mesa-Struktur zur Hall-Magnetometrie an den ferromagnetischen Drähten wurde eine
Doppel-Hall-Kreuz-Struktur (DHC-Struktur) entworfen (siehe Abbildung C.5 und Abbildung C.6 im Anhang C), die es ermöglicht, gleichzeitig das Streufeld an zwei verschiedenen
Stellen des Drahtes (speziell an den Enden) aufzuzeichnen. Dabei wurde die Fläche der HallKreuze stark gegenüber den bisher diskutierten Sensoren reduziert (5µm2≤A H C ≤50µm2), um
dem wesentlich kleineren Streufeld der Nanodrähte Rechnung zu tragen. Da dem Lehrstuhl
für Angewandte Festköperphysik keine eigene EBL-Anlage zur Verfügung steht, wurde das
Layout der DHC-Struktur mittels Fotolithographie und durch nasschemisches Ätzen in die
HEMT-Struktur übertragen (siehe Kapitel 3.1.3). Die Reihenfolge der Probenpräparation
wurde so gewählt, dass das Mesaätzen mit der dazugehörigen Lithographie den Abschluss des
gesamten Herstellungsprozesses bildet. Dies hat den Vorteil, dass zum Zeitpunkt der Präparation der Drahtstrukturen mittels EBL die Probenoberfläche bestmöglich planar ist.40 Weiterhin hat sich gezeigt, dass (mit etwas Übung) die manuelle Ausrichtung der Mesa-Maske in
Bezug auf die bereits präparierten ferromagnetischen Drähte bei der optischen Mesa-Lithographie mit einer höheren Präzision erfolgen kann, als dies von der automatischen Justiermarken-Erkennung des hier verwendeten SEM (siehe Kapitel 3.2.2.1) gewährleistet wird
(siehe auch Abbildung 3.6b)). Um jedoch diese Präzision beim manuellen Ausrichten
garantieren zu können, ist es erforderlich, jedes einzelne Bauelement der anzufertigenden
Probe separat (sequenziell) anhand der Justiermarken auszurichten und durch die in
Abbildung C.5a) bzw. in Abbildung C.6a,b) dargestellte Einzel-Mesamaske (grauer Bereich)
39
Bei der Wahl der Dicke von 30nm wurde versucht einen Kompromiss zwischen einer möglichst großen Dicke
zwecks Streufeldmaximierung zu finden und andererseits sicherzustellen, dass während des Ummagnetisierungsvorganges die Magnetisierung im Bereich der Domänenwand auch innerhalb der Schichtebene liegt (NEÉLWand). Außerdem ist die gewählte Dicke technologisch noch gut handhabbar.
110
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
im Maskenjustierbelichter zu belichten. Das Ergebnis dieses sequenziellen Prozesses ist in
Abbildung C.5b) schematisch am Beispiel von vier belichteten Mesa-Strukturen dargestellt.
Die einzelnen Hybrid-Strukturen sind elektrisch in Serie geschaltet, was die Möglichkeit
bietet, mit zwei Kontakten durch mehrere Strukturen den selben Strom zu treiben.
Um sich nicht auf Nominalwerte, die je nach Prozessführung schwanken können, verlassen zu
müssen, wurde nach den Hall-Magnetometrie-Untersuchungen abschließend die reale Breite
der ferromagnetischen Drähte und die Fläche der Hall-Sensoren eines jeden Bauelementes mit
Hilfe von REM-Aufnahmen bestimmt, sowie die Lage der Drahtenden in Bezug auf das HallKreuz überprüft. Hierbei wird als Sensorfläche AHC das größte, in dem jeweiligen Hall-Kreuz
noch eingeschlossene Rechteck (bzw. Quadrat) definiert (siehe Einschub in Abbildung 4.19).
Abbildung 4.20 und Abbildung 4.21 zeigen ausgewählte Hall-Magnetometriemessungen an
den schmalsten im Rahmen der Arbeit untersuchten Co-, Py- bzw. Fe-Drähten. Die Aufnahme
der Messdaten erfolgte mit der Hall-Mess-Anlage der Firma BIO-RAD (siehe Seite 95).
a)
0,8
0,6
0,4
#11044j: Co-Draht (t = 30 nm, Cap: 2 nm Pt)
b)
wFM = 140 nm
2
AHC = 8 µm
T = 4,2 K,
Ix, AC = 50 µA
0,6
0,4
-0,2
RHall [Ω]
wFM = 170 nm
2
AHC = 15 µm
0,0
wFM = 182 nm
2
AHC = 12 µm
T = 4,2 K,
Ix, AC = 50 µA
0,0
-0,4
-0,6
-0,6
-200
-100
0
Bext [mT]
100
200
wFM = 117 nm
2
AHC = 16 µm
-0,2
-0,4
-0,8
#11044l: Py-Draht (t = 45 nm, Cap: 15 nm Au)
0,2
0,2
RHall [Ω]
0,8
-0,8
-150
-100
-50
0
50
100
150
Bext [mT]
Abbildung 4.20: Aufgetragen ist der Hall-Widerstand RHall bei T=4,2K, hervorgerufen durch das Streufeld
100µm langer ferromagnetischer Nanodrähte aus a) Co bzw. b) Permalloy (Ni80Fe20) mit einer Breite wFM zwischen 117nm und 182nm, in Abhängigkeit des äußeren Magnetfeldes Bext. Die kurzen Enden der Drähte liegen
im Zentrum des Hall-Sensors zur Aufnahme des Streufeldes (vgl. Abbildung 4.19). Um das SNR zu erhöhen,
wurde hierbei bei konstantem äußeren Feld jeder in den Diagrammen dargestellte Datenpunkt durch Mittelung
von acht in kurzer Abfolge durchgeführten Einzelmessungen (Gesamtzeit pro Datenpunkt ≤ 1s) gewonnen. Die
Hystereseschleifen sind (abgesehen von einer zusätzlichen Signatur in der Nähe von Bext =0) nahezu rechteckig.
Anhand der Form der Hystereseschleife lässt sich auf ein quasi eindomäniges Ummagnetisierungsverhalten der
Drähte schließen, wobei das äußere angelegte Magnetfeld in Richtung der leichten Achse zeigt (vgl. Abbildung 1.17). Das vergleichsweise schlechte SNR bei der Messung an dem breiteren Nanodraht aus Permalloy ist
auf nicht optimale elektrische Kontakte der DHC-Struktur zurückzuführen.
40
Nur die Herstellung der elektrischen Kontakte muss wegen des notwendigen Einlegierschrittes zur
elektrischen Aktivierung zu Beginn des Herstellungsprozesses erfolgen.
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
0,8
0,6
0,4
#11044k: Fe-Draht (t = 30 nm, Cap: 4 nm Cr)
wFM = 100 nm
2
AHC = 9 µm
T = 4,2 K,
Ix, AC = 50 µA
0,2
RHall [Ω]
111
wFM = 80 nm
2
AHC = 18 µm
0,0
-0,2
-0,4
-0,6
-0,8
-150
-100
-50
0
50
100
150
Abbildung 4.21: Hall-Magnetometrie bei
T=4,2K an den Enden eines 80nm bzw.
100nm breiten Nanodrahts aus Eisen.
Auch diese Drähte zeigen ein quasi
eindomäniges Ummagnetisierungsverhalten und eine Überhöhung des Streufeldes
bei kleinen angelegten äußeren Magnetfeldern.
Bext [mT]
Es lassen sich folgende drei Punkte zu den Messergebnissen an den Nanodrähten aus
verschiedenen ferromagnetischen Materialien festhalten:
1. Es ist gelungen, mittels Hall-Magnetometrie unter den im Rahmen dieser Arbeit zur
Verfügung stehenden Möglichkeiten das Streufeld von 100nm breiten Nanodrähten aus
verschiedenen ferromagnetischen Materialien mit einer guten Auflösung zu charakterisieren, so wie es durch die in Kapitel 2.3 durchgeführten Simulationen vorhergesagt
wurde.
2. Die Form der dargestellten Streufeld-Hystereseschleifen ist nahezu rechteckig (vgl.
Punkt 4) – auch die zu den Nanodrähten aus dem weichmagnetischen Permalloy
gehörenden Kurven. Im Einzelnen bleibt festzustellen:
a. Der hohe Magnetisierungszustand der aus dem weichmagnetischen Permalloy
bestehenden Nanodrähte ist im ersten Moment erstaunlich, wenn man sie mit der
in Abbildung 4.11 dargestellten Hall-Magnetometrie-Messung an einem ca.
50µm breiten Py-Streifen, der nahezu kein Streufeld im remanenten Zustand
zeigt, vergleicht. Man kann folgern, dass die sich deutlich unterscheidende Form
der Streufeld-Hystereseschleifen durch die stark unterschiedlichen Breiten und
das unterschiedliche Aspekt-Verhältnis (hier ca. 700:1) der beiden ferromagnetischen Strukturen bedingt ist.
b. Die Drähte scheinen eindomänig zu sein. So zeigt ein STONER-WOHLFARTHPartikel eine rechteckige Hysteresekurve, wenn (wie hier) die leichte Magnetisierungsachse in Richtung des äußeren Feldes zeigt (siehe Kapitel 1.2.4).
3. Die Umschaltfelder (oder Koerzitivfelder) verschieden breiter Drähte eines Materials
unterscheiden sich signifikant voneinander: Schmalere Drähte weisen ein größeres Umschaltfeld auf als breitere. Andererseits scheint bei gleicher Drahtgeometrie die Größe
des Koerzitivfeldes materialspezifisch zu sein. So weist Kobalt mit Abstand den größten
Wert bei gegebener Drahtbreite auf. Die Breitenabhängigkeit des Koerzitivfeldes ver-
112
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
schiedener Nanodrähte aus Co, Py und Fe wird im folgenden Kapitel systematisch diskutiert.
4. Der gemessene Hall-Widerstand zeigt bei allen untersuchten Drähten eine zusätzliche
Signatur im remanenten Magnetisierungszustand. Das Streufeld scheint gegenüber dem
quasi gesättigten Zustand leicht erhöht zu sein. Dieses Phänomen steht jedoch nicht in
Zusammenhang mit den magnetischen Eigenschaften des untersuchten Drahtes, sondern
stellt eine Überlagerung des vom Draht stammenden Messsignals mit einem zusätzlichen hysteretischen Signalanteil dar, wie eine Messung an einem Hall-Kreuz ohne ferromagnetischen Draht verdeutlicht (siehe Abbildung 4.22b)): In Abbildung 4.22a) ist
das an einem Hall-Kreuz ohne ferromagnetischen Draht aufgenommene Signal dargestellt. Die auf den ersten Blick lineare Abhängigkeit zwischen dem Signal RHC und Bext
spiegelt die Hall-Gerade wider, die auf eine kleine, unintentionelle schichtsenkrechte
Komponente von Bext zurückzuführen ist (vgl. Kapitel 4.1.1). Nach Abzug der HallGeraden ist jedoch deutlich der angesprochene hysteretische Anteil um Bext =0T zu erkennen (siehe Abbildung 4.22b)). Dieser wird vermutlich von den Anschlussbeinen des
Chipcharrier hervorgerufen, auf dem die Proben zur elektrischen Kontaktierung montiert ist. Trotz der hier verwendeten, speziell für magnetfeldabhängige Untersuchungen
angefertigten Chipcharrier, zeigte sich, dass deren Anschlussbeinchen leicht ferromagnetisch sind. Da das Streufeld der Anschlussbeinchen vom Abstand und damit von dem
Ort des untersuchten Drahtes abhängt, konnten die gezeigten Streufeldmessungen an
den Drähten nicht um diesen kleinen, für die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten
Auswertungen allerdings auch nicht relevanten, Störanteil bereinigt werden.
a)
b)
Messsignal ohne FM-Draht (#11044j)
4
T = 4,2 K,
Iapp= 50 µA,
2
AHC = 30 µm
3
2
0,02
RHC [Ω]
RHC [Ω]
-1
-2
-3
0,00
-0,02
-0,04
-0,06
-4
-150
Signal nach Abzug der Hall-Geraden
0,04
1
0
0,06
-100
-50
0
Bext [mT]
50
100
150
-0,08
-150
-100
-50
0
50
100
150
Bext [mT]
Abbildung 4.22: a) Dargestellt ist das an einem Hall-Kreuz ohne FM-Draht aufgenommene Messsignal RHC als
Funktion des äußeren, nominell schichtparallelen Feldes Bext bei T=4,2K. Die hauptsächlich zu erkennende HallGerade ergibt sich aus einer leichten Verkippung der Proben gegen das äußere Feld (vgl. Kapitel 4.1.1). Bei
genauerer Betrachtung lässt sich eine kleine Hysterese im Bereich -45mT<Bext <45mT wahrnehmen. Nach
Abzug der Hall-Geraden ist diese gut zu erkennen (siehe b)). Ursache hierfür sind wahrscheinlich die leicht
magnetischen Anschlussbeine des Chipcarrier, auf dem die Probe zur elektrischen Kontaktierung montiert ist.
113
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
4.2.2 Einfluss der Breite ferromagnetischer Drähte
4.2.2.1 Breitenabhängigkeit des Koerzitivfeld Bc
Hysteresekurven, Fe-Drähte (#11044k)
wFM [nm]:
1190
900
600
3 T = 4,2 K, Iapp= 50 µA
2
RH = 1,66 Ω / mT
2
AHC = 8 µm
RHall [Ω]
1
295
100
0
-1
2Bc
=> 2Bz,eff
50
100
-2
-3
-150
-100
-50
0
150
Abbildung 4.23: Einfluss der Drahtbreite wFM auf
die Form der Streufeld-Hysteresekurve, illustriert
am Beispiel einer Hysteresekurvenschar verschieden breiter, 100µm langer Fe-Drähte, aufgenommen durch Hall-Magnetometrie bei T=4,2K.
Deutlich ist zu erkennen, dass das Umschaltfeld
Bc mit abnehmender Drahtbreite zunimmt und
gleichzeitig das effektiv wirkende Streufeld Bz,eff,
welches sich im Hall-Widerstand RHall widerspiegelt, abnimmt.
Bext [mT]
In Abbildung 4.23 ist eine typische Schar von Streufeld-Hystereseschleifen dargestellt, die
nacheinander an unterschiedlich breiten FM-Drähten bei T=4,2K aufgenommen wurden –
hier verdeutlicht am Beispiel von Fe-Drähten der Probe #11044k. Die Breite wFM der Drähte
liegt hierbei zwischen 100nm und 1190nm. Deutlich ist eine Breitenabhängigkeit des
Umschaltfeldes Bc zu erkennen. So vergrößert sich Bc mit abnehmender Drahtbreite um ca.
das 4-fache von 12,6mT auf 51mT. Gleichzeitig verringert sich der gemessene HallWiderstand RHall als Folge des effektiv kleiner werdenden Streufeldes Bz,eff der Drähte (vgl.
Abbildung 2.10 in Kapitel 2.3). Für den schmalsten Draht beträgt R Hall nur ~10% des Wertes
für den breitesten Draht (Diskussion siehe Abschnitt 4.2.2.2).
Im Folgenden wird der Zusammenhang zwischen der Breite von FM-Drähten (bei konstanter
Länge von 100µm) und deren Umschaltfeld am Beispiel von Co-, Fe- und Py-Drähten
eingehender diskutiert – beginnend mit den Co-Drähten.
Abbildung 4.24 zeigt das Umschaltfeld Bc bei T=4,2K als Funktion der Drahtbreite.
Aufgetragen ist das aus 46 Hysteresekurven extrahierte Umschaltfeld Bc von unterschiedlich
breiten Co-Drähten. Hierbei ist Bc definiert als der halbe Abstand zwischen den beiden
Nulldurchgängen der (um einen möglichen systematischen Offset (vgl. Kapitel 4.1.1)
korrigierten) Hystereseschleife (siehe Abbildung 4.23). Die Messwerte lassen sich exzellent
durch eine Parabel der Form C/wFM +Bc,inf mit den Fit-Parametern C und Bc,inf anpassen.
Dieses Ergebnis stimmt mit dem in Kapitel 1.2.4.1 entwickelten Modell überein:
114
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Bc ( wFM ) =
µ0 t M s
Χ
≡C
⋅
1
+ Bc ,inf .
wFM
(4.8)
Aus dem in Abbildung 4.24 abzulesenden Wert des Fit-Parameters C=(13000±555)mTnm
(und mit MsCo =(1385±30) kA/m) 41 ergibt sich Χ aus Gleichung (4.8) zu 4,0±0,2. Somit
weicht Χ deutlich von Eins ab, woraus sich schlussfolgern lässt, dass sich die
Ummagnetisierungsprozesse der Co-Drähte von einer kohärenten Rotation unterscheiden
(siehe Kapitel 1.2.4.1). Der Wert von Χ stimmt jedoch bis auf ca. 30% mit der Kreiszahl π
überein. Dies bedeutet, dass sich die Breitenabhängigkeit des Umschaltfeldes von Co-Drähten
recht gut durch die speziellere Gleichung (1.33) aus Kapitel 1.2.4.1 beschreiben lässt, der ein
Nucleation-Propagation-Ummagnetisierungsmodell zu Grunde liegt.
120
Breitenabhängigkeit von Bc , Co-Draht
T = 4,2 K
100
Bc [mT]
80
60
Proben:
#11044d
#11044i
#11044j
offene Symbole:
Messungen am selben Draht
Fit: Bc = C / wFM + Bc,inf
C = (13000±555) mTnm
Bc,inf= (6,41±1,92) mT
40
20
2
0
(50×200) µm Streifen, Bc = 5,1 mT
0
500
1000
1500
wFM [nm]
#11044f
( )
2000 50000
Abbildung 4.24: Umschaltfeld Bc von 100µm langen
Co-Drähten bei T=4,2K als Funktion der Drahtbreite
wFM. Die Daten wurden zusammengestellt aus 46
einzelnen Hystereseschleifen, aufgenommen sowohl
an Drähten verschiedener Breite (volle Symbole) als
auch durch Vielfachcharakterisierung ein und des
selben Drahtes (offene Symbole). Die exakten
Drahtbreiten wurden im Anschluss an die HallMagnetometrie-Untersuchungen durch Auswertung
von REM-Abbildungen der Drähte bestimmt.
Zusätzlich ist das Umschaltfeld eines (50×200)µm2
großen Co-Streifens eingezeichnet (eingeklammerte
Raute). Die Breitenabhängigkeit von Bc folgt einem
hyperbolischen Gesetzt (siehe Fit).
Der zweite Fit-Parameter Bc,inf, der ebenfalls Abbildung 4.24 zu entnehmen ist, beträgt
(6,4±1,9)mT. Er beschreibt formal das Umschaltfeld eines Drahtes, dessen Breite gegen
unendlich strebt, und sollte somit identisch sein mit dem Koerzitivfeld Bc einer
ferromagnetischen Schicht. In der Tat stimmt das an einem (50×200)µm2 großen Co-Streifen
der Probe #11044f gemessene Umschaltfeld von 5,1mT innerhalb der Fehlergrenzen mit Bc,inf
aus dem Fit der Daten von Abbildung 4.24 überein.
In gleicher Weise wurden Hall-Magnetometrie Untersuchungen an Fe- und Py-Drähten
durchgeführt. Das Ergebnis der ausgewerteten Streufeld-Hystereseschleifen ist in Abbildung 4.25 zu finden. Qualitativ erhält man für beide Materialien dieselbe, für Co bereits
diskutierte, Breitenabhängigkeit des Umschaltfeldes. Wieder zeigt das Umschaltfeld der
Drähte ein hyperbolisches Verhalten in Bezug auf die Drahtbreite. Quantitativ jedoch
41
Mittels SQUID-Magnetometrie an einem Array von 550nm breiten Co-Drähten wurde von B. HAUSMANNS
die Sättigungsmagnetisierung Ms des Co zu (1385± 30)kA/m bestimmt (T=5K) [Hau03].
115
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
unterscheiden sich die beiden Parameter C und Bc,inf, die man aus der Anpassung des durch
Gleichung (4.8) beschriebenen Modells mit den experimentell gewonnenen Daten erhält. In
Tabelle 4.1 sind die aus den Messwerten gewonnenen Parameter für alle drei Materialien
zusammengefasst. Die jeweiligen Extremwerte der unterschiedlichen Kategorien sind
besonders hervorgehoben – die Minimalwerte in Grün, die Maximalwerte in Rot. Außerdem
ist der Χ-Parameter, der sich nach Gleichung (4.8) aus C berechnet, aufgeführt. Es zeigt sich,
dass die hier untersuchten Fe-Drähte die schwächste Abhängigkeit des Umschaltfeldes von
der Breite (kleinstes C), dagegen Co-Drähte die mit Abstand größte Breitenabhängigkeit
(größtes C) aufweisen. Indessen zeichnen sich die Py-Drähte im Vergleich zu den aus Fe bzw.
Co bestehenden FM-Drähten durch ein rund 10mal kleineres Bc,inf aus. Diese Tatsache ist
nicht weiter erstaunlich, da Permalloy im Gegensatz zu den beiden anderen Materialien
weichmagnetisch ist. Interessanter ist die Tatsache, dass diesmal der für die Fe-Drähte
erhaltende Parameter Bc,inf von (10,6±0,6)mT deutlich von dem Umschaltfeld Bc der
(50×200)µm2 großen Fe-Streifen der Proben #1605m und #1671b (ca. 4,9mT) abweicht. Zu
bedenken ist allerdings der Dickenunterschied zwischen der Draht- und der Streifenstruktur
von 20nm. Nichtsdestotrotz scheint es zumindest bei Eisen nicht unmittelbar möglich zu sein
von dem Umschaltverhalten nano- bzw. mikro-strukturierter Partikel auf das einer
makroskopischen Probe zu extrapolieren.
a)
120
Breitenabhängigkeit von Bc , Fe-Draht (#11044k)
b)
100
80
80
60
Fit-Parameter:
C = (4453 ± 110) mTnm
Bc,inf= (10,1 ± 0,6) mT
40
Bc [mT]
100
60
Fit-Parameter:
C = (6950± 280) mTnm
Bc,inf= (0,8 ± 1,0) mT
40
20
20
0
Breitenabhängigkeit von Bc , Py-Draht (#11044l)
T = 4,2 K
T = 4,2 K
Bc [mT]
120
0
500
1000
wFM [nm]
1500
2000
0
0
500
1000
1500
2000
wFM [nm]
Abbildung 4.25: Breitenabhängigkeit des Umschaltfeldes Bc eines Fe-Drahtes (siehe a)) bzw. eines Py-Drahtes
(siehe b)) bei T=4,2K. Auch hier lässt sich ein hyperbolischer Zusammenhang dem Fit der Daten entnehmen
(vgl. Abbildung 4.24), jedoch mit – wie zu erwarten war – unterschiedlichen, für das jeweilige Material spezifischen Fit-Parametern.
Die aus dem Fit-Parameter C berechneten Χ-Werte von Kobalt und Permalloy sind im
Rahmen der Fehlergrenzen gut miteinander vergleichbar (und ähnlich der Kreiszahl π, vgl.
Gleichung (1.33)). Dahingegen ist der entsprechende Wert für Eisen deutlich am größten und
weicht damit am stärksten sowohl von Eins als auch π ab. Dies könnte darauf hindeuten, dass
116
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
bei Co und Py ein ähnlicher Mechanismus für das Umschalten der Drähte verantwortlich ist,
dieser sich jedoch vermutlich von dem der Fe-Drähte unterscheidet.
Material:
C [mTnm]
Bc,inf [mT]
Ms [kA/m]
Χ
Kobalt
13000 ± 555
6,4 ± 1,9
1385 ± 30
4,0 ± 0,2
Eisen
4453 ±
10,1 ±
1690 ±
14,3 ±
110
0,6
100
0,9
Permalloy
6950 ± 280
0,8 ± 1,0
800 ± 200
6,5 ± 1,5
Tabelle 4.1: Tabellarische Zusammenfassung der aus den Fits der Koerzitivfelder von verschieden breiten FMDrähten aus Kobalt, Eisen sowie Permalloy (gemessen bei T=4,2K) bestimmten spezifischen Parametern C und
Bc,inf (vgl. Abbildung 4.24, Abbildung 4.25). Außerdem ist das durch Gleichung (4.8) definierte Χ und die
hierfür angesetzte Sättigungsmagnetisierung Ms des jeweiligen Materials aufgeführt. Der Parameter C ist für
Kobalt mit Abstand am größten, gefolgt von Py und Fe. Wie zu erwarten war, weist dagegen das
weichmagnetische Permalloy das deutlich kleinste Feld Bc,inf auf.
Um eine mögliche Temperaturabhängigkeit der beiden Parameter C und Bc,inf festzustellen,
wurden Streufeld-Messungen an den Drähten aller drei Materialien auch bei Zimmertemperatur durchgeführt und ausgewertet. Beispielhaft ist in Abbildung 4.26 eine an einem ca.
1,2µm breiten Co-Draht aufgenommene Streufeld-Hystereseschleife dargestellt. Trotz der hier
im Vergleich zu 4,2K ca. 75mal größeren thermischen Energie und dem damit verbundenen
rund 10mal größeren JOHNSON-Rauschen Vn, ist es mit der im Rahmen der Arbeit aufgebauten
Messanordnung gelungen, an denselben Proben Hall-Magnetometrie-Untersuchungen sowohl
bei 4,2K als auch bei 300K erfolgreich durchzuführen. Als Folge des bei Zimmertemperatur
erhöhten Widerstandsrauschens ist allerdings die Streufeldauflösung unvermeidlich reduziert.
Sie ist jedoch mehr als ausreichend, um die Umschaltfelder Bc der FM-Drähte aus den
Messkurven extrahieren zu können (siehe Abbildung 4.26).
0,8
0,6
0,4
RHall [Ω]
0,2
0,0
RT-Hystereseschleife, Co-Draht (#11044j)
T = 300 K, Iapp= 30 µA
RH = 1,35 Ω / mT
wFM = 1180 nm
2
AHC = 8 µm
-0,2
-0,4
-0,6
-0,8
-60
-40
-20
0
Bext [mT]
20
40
60
Abbildung 4.26: Exemplarische StreufeldHystereseschleife eines Co-Drahtes, die bei
T=300K mittels Hall-Magnetometrie aufgenommen wurde. Trotz der hier ca. 75fach
größeren Messtemperatur, ist es gelungen,
eine gute Auflösung des Streufeldes zu erzielen. Bei Zimmertemperatur ist gemäß Gleichung (1.46) ein knapp 10mal größeres
Widerstandsrauschen des Hall-Sensors zu
erwarten, was den höheren Rauschlevel der
gezeigten Messung im Vergleich mit den
Daten aus Abbildung 4.23 erklärt.
117
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
Bc versus wFM bei Zimmertemperatur
80
T = 300 K
Bc [mT]
60
Co
40
StreifenStrukturen: MOKE an
#1792c Schicht
1,1 mT
Fe
20
Py
0
#1792d
0
500
1000
1500
2000 50000
Abbildung 4.27: Umschaltfeld Bc bei Zimmertemperatur von 100µm langen FMDrähten in Abhängigkeit der Drahtbreite
wFM. Zum Vergleich wurde zusätzlich das
Koerzitivfeld Bc von den in Kapitel 4.1
diskutierten FM-Streifen-Strukturen sowie
das durch MOKE bestimmte Koerzitivfeld
einer 30nm dicken Co-Schicht in das Diagramm mit aufgenommen. Die durchgezogenen Linien stellen die Anpassung gemäß der Beziehung (4.8) dar.
wFM [nm]
Die Ergebnisse, der hinsichtlich der Breitenabhängigkeit des Umschaltfeldes ausgewerteten
300K-Hysteresekurven, sind in Abbildung 4.27 grafisch dargestellt. Zum Vergleich des Parameters Bc,inf mit dem Koerzitivfeld Bc makroskopischer Proben wurde das Umschaltfeld eines
(60×120)µm Fe- (#1792c) bzw. Py-Streifens (#1792d) sowie das durch MOKE bestimmte
Koerzitivfeld einer 30nm dicken Co-Schicht in das Diagramm eingetragen.
Festzustellen ist, dass auch bei Zimmertemperatur die Umschaltfelder der FM-Drähte noch
immer durch Gleichung (4.8) beschrieben werden können. Tabelle 4.2 verdeutlicht weiterhin,
dass sich die Rangfolge bezüglich der aufgeführten Parameter C, Bc,inf und Χ unter den drei
untersuchten ferromagnetischen Materialien im Vergleich zu T=4,2K (siehe Tabelle 4.1)
nicht geändert hat. Festzustellen ist allerdings – eine materialabhängige – recht starke Temperaturabhängigkeit von Bc,inf. So reduziert sich dieser Parameter bei den Co- bzw. Fe-Drähten
um mehr als die Hälfte. Für die Py-Drähte ist wegen der großen Fehlerspanne und des ohnehin sehr kleinen Wertes von Bc,inf keine Aussage möglich. Im Gegensatz zu Bc,inf zeigt C nur
eine sehr schwache Temperaturabhängigkeit. Für Fe und Py stimmen die Werte für C innerhalb der Fehlergrenzen für beide Temperaturen überein. Tendenziell nimmt C allerdings mit
steigender Temperatur leicht ab. Eine mögliche Erklärung dieser Temperaturabhängigkeiten
liefert die Theorie des thermisch-unterstützten Ummagnetisierens (thermal assisted magnetization reversal, siehe z.B. [Wer97], [Koc00]).
Material:
C [mTnm]
Bc,inf [mT]
Ms [kA/m]
Χ
Kobalt
10330 ± 200
1,8 ± 0,4
1385 ± 50
5,1 ± 0,2
Eisen
4260 ±
5,85 ±
1690 ±
15,0 ±
290
0,6
100
1,3
Permalloy
5420 ± 390
0,09 ± 0,74
720 ± 200
7,5 ± 1,9
Tabelle 4.2: Aufstellung der materialspezifischen Parameter C und Bc,inf von Co, Fe und Py, gültig bei
Zimmertemperatur. Ein Vergleich mit den entsprechenden Werten für T=4,2K (siehe Tabelle 4.1) zeigt, dass C
nahezu temperaturunabhängig ist, Bc,inf dagegen eine starke Temperaturabhängigkeit aufweist. Bc,inf wird mit
Erhöhung der Temperatur deutlich kleiner.
118
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Abschließend soll noch einmal das Augenmerk des Lesers auf den Parameter Bc,inf und
speziell auf den Grad seiner Konformität mit den Umschaltfeldern makroskopischer SchichtStrukturen gerichtet werden. Auch hier, bei T=300K, weist Eisen wieder die größte
Abweichung zwischen dem an einer ausgedehnten Struktur bestimmten Koerzitivfeld und
Bc,inf auf. So ist Bc,inf mit (5,85±0,6)mT mehr als doppelt so groß wie das an dem Fe-Streifen
der Probe #1792c gemessene Umschaltfeld (2,4mT). Dagegen stimmen die Umschaltfelder
von Permalloy und Kobalt unter Berücksichtigung der Messgenauigkeit recht gut mit Bc,inf der
entsprechenden Drähte überein (siehe Abbildung 4.27).
4.2.2.2 Breitenabhängigkeit des effektiv wirkenden Streufeldes Bz,eff
In diesem Abschnitt wird die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Bz,eff und der Drahtbreite wFM anhand von experimentellen Ergebnissen diskutiert. Nach der in Kapitel 2.3
durchgeführten Simulation ist ein linearer Zusammenhang zwischen diesen beiden Größen zu
erwarten (siehe Abbildung 2.10), solange die Antwortfunktion FH (x,y) aus Gleichung (2.9)
konstant ist und somit Bz,eff ~Bz,int erfüllt ist. Die Linearität resultierte in der Theorie aus der
Mittelung der senkrechten Streufeldkomponente Bz der FM-Drähte am Ort des 2DEGs über
die Hallkreuzfläche AHC unter der Voraussetzung, dass AHC größer ist als die Fläche, die noch
nennenswert vom Streufeld durchsetzt wird42. Sie ist selbst noch bei kleinsten Drahtbreiten
(w≤50nm) gegeben (siehe Abbildung 2.10b)). Betrachtet man dagegen die maximale
senkrechte Streufeldkomponente Bz,max, so verkleinert sich diese deutlich unterhalb einer
Drahtbreite von ca. 500nm (siehe Abbildung 2.4). Dieser Effekt wird offensichtlich während
der Integration von Bz über die Hallkreuzfläche durch die Beiträge des Streufeldes außerhalb
der Drahtkante kompensiert und führt somit zu der theoretisch vorhergesagten
Proportionalität zwischen Bz,int und wFM.
Zur experimentellen Untersuchung wurde aus den bei T=4,2K gemessenen Streufeld-Hysteresekurven (siehe z.B. Abbildung 4.23) das effektiv wirkende Streufeld Bz,eff für verschiedene
Drahtbreiten wFM bei konstanter Hall-Kreuzfläche AHC bestimmt. Bz,eff ist hierzu als die halbe
Differenz des sich aus den Hall-Widerständen RHall in den beiden quasi gesättigten
magnetischen Zuständen des FM-Drahtes ergebenen Streufelds definiert (siehe Abbildung 4.23). In den drei Diagrammen der Abbildung 4.28 sind die zu verschiedenen Drahtbreiten und Hall-Kreuzflächen gehörenden Bz,eff-Werte eingezeichnet (sternförmige Symbole).
Jedes der Diagramme gehört zu einem bestimmten Drahtmaterial.
42
Diese Voraussetzung ist in den durchgeführten Experimenten erfüllt.
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
3,0
2,5
2,0
Bz,eff versus wFM, Co-Draht (#11044j)
2
7,9 µm
d = 35 nm
(gesättigter
Zustand)
70
60
50
Theorie
Messdaten
lin. Fit
1,5
1,0
2
AHC [µm ]:
T = 4,2 K
2
14 µm
40
30
fH = 0,56
2
28 µm
0,5
20
10
Bz,eff / (Ms× t) [mT / A]
Bz,eff , fH φHC / AHC [mT]
a)
0
0,0
0
500
1000
1500
2000
wFM [nm]
3,0
2,5
2,0
Bz,eff versus wFM, Fe-Draht (#11044k)
2
AHC [µm ]:
T = 4,2 K
40
fH = 0,5
1,5
50
2
7,8 µm
(gesättigter
Zustand)
2
18 µm
30
20
2
1,0
22 µm
0,5
10
2
42 µm
Bz,eff / (Ms× t) [mT / A]
Bz,eff , fH φHC / AHC [mT]
b)
0
0,0
0
500
1000
1500
2000
wFM [nm]
3,0
2,5
2,0
Bz,eff versus wFM, Py-Draht (#11044l)
2
AHC [µm ]:
T = 4,2 K
10 µm
(gesättigter
Zustand)
2
17 µm
fH = 0,9
1,5
80
2
60
2
40
2
20
28 µm
1,0
40 µm
0,5
0
0,0
0
500
1000
1500
2000
Bz,eff / (Ms× t) [mT / A]
Bz,eff , fH φHC / AHC [mT]
c)
119
Abbildung 4.28: Aufgetragen ist das bei der
Hall-Magnetometrie effektiv-wirkende Streufeld Bz,eff in Abhängigkeit von der Drahtbreite
wFM für verschiedengroße Sensorflächen AHC.
Hierbei wurden die Streufelder aus den gemessenen Hall-Widerständen berechnet, die
den Streufeld-Hysteresekurven im quasigesättigten Zustand entnommen wurden. In a)
sind die Daten für Co, in b) für Fe und in c)
für Py aufgetragen. Um den Zusammenhang
zwischen dem Streufeld und der Drahtbreite
aufzuzeigen ist durch die jeweils zusammengehörigen experimentellen Daten (AHC =const,
gleichfarbige sternförmige Symbole), ein
linearer Fit gelegt (durchgezogene Linie
gleicher Farbe). Zusätzlich ist die nach den
Simulationen aus Kapitel 2.3 jeweils zu erwartenden Abhängigkeit (orange eingefasste
Kreise, durch gestrichelte Linie miteinanderverbunden) eingezeichnet. Um die teilweise
sehr gute Übereinstimmung mit dem Experiment zu erhalten, musste der theoretisch erhaltende Wert φHC/AHC (siehe Kapitel 2.3) mit
dem Faktor fH multipliziert werden. Dieser ist
unterschiedlich für die drei untersuchten Materialien und liegt zwischen 0,5 und 0,9. In
den Diagrammen lassen sich an der zweiten
(rechten) Ordinate die Werte von Bz,eff normiert auf die Sättigungsmagnetisierung Ms
und die Dicke der entsprechenden Drähte
ablesen. Das Feld B*z,eff =Bz,eff / (Ms×t) sollte
für alle drei Materialien gleich sein, denn Ms×t
enthält alle materialspezifischen Angaben.
Dennoch zeigt sich, dass die Werte von B*z,eff
nicht für alle Materialien konstant sind, was
auf eine unterschiedliche Abschlussdomänenkonfiguration zurückzuführen ist.
wFM [nm]
Durch die jeweiligen Streufeldwerte, die an den Hall-Sensoren gleicher Fläche aufgenommen
wurden (gleichfarbige Symbole), ist eine Gerade (durchgezogene Linie in Symbolfarbe)
gelegt, die mittels linearer Regression bestimmt wurde. Es ist festzuhalten, dass sich die
experimentellen Werte Bz,eff hervorragend über einen linearen Zusammenhang mit der
Drahtbreite wFM verknüpfen lassen und somit die theoretische Vorhersage bestätigt wird. Dies
gilt für die FM-Drähte aller drei untersuchten Materialien. Nur bei den Messpunkten, die mit
120
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Hilfe der kleinsten Hall-Kreuze aufgenommen wurden, ist eine erhöhte Streuung der
Datenpunkte festzustellen. Eine Erklärung hierfür ist, dass sämtliche Messpunkte mit
unterschiedlichen Hall-Sensoren aufgenommen wurden und dass die relative Variation der
Fläche, aber auch der Form (z.B. abgerundete Ecken) der Hall-Kreuze, für die kleinsten HallSensoren am größten ist. Dass eine Unsicherheit in der Hall-Kreuz-Fläche AHC zu einer
Streuung der Daten führt, ist offensichtlich, aber nach theoretischen Abschätzungen von
Y. G. CORNELISSENS und F. M. PEETERS ist auch im diffusiven Transportregime die HallKreuz-Form im Hinblick auf dessen Empfindlichkeit auf inhomogene Streufeldverteilungen
nicht zu vernachlässigen [Cor02].
Um die Streufelder der Drähte der unterschiedlichen Materialien besser miteinander vergleichen zu können, ist den Diagrammen eine zweite (rechte) Ordinate zugefügt. An dieser
lassen sich die entsprechenden, auf die Sättigungsmagnetisierung Ms des Ferromagneten und
die Schichtdicke t der Drähte normierten Streufeldwerte ablesen. Für einen vollständig
gesättigten Draht, wie er den theoretischen Berechnungen zugrunde liegt, sollte sich eine für
alle Materialien universelle Kurve ergeben. Es fällt jedoch auf, dass trotz dieser Normierung
die effektiv wirkenden Streufelder B*z,eff für die untersuchten Materialien unterschiedlich groß
sind. So weisen hier die Py-Drähte in Relation zu Ms das deutlich größte effektiv wirkende
Streufeld pro Drahtbreite wFM auf, wohingegen Drähte aus Fe das kleinste Feld B*z,eff
generieren. Co-Drähte weisen ein ähnliches Streufeld auf, wie vergleichbare Fe-Drähte
(~11% geringer). Die stark unterschiedlichen Felder B*z,eff zwischen Permalloy einerseits und
den Materialen Co und Fe andererseits deuten daher darauf hin, dass auf Grund der
weichmagnetischen Eigenschaften des Permalloys sich an den Enden der Py-Drähte eine
Abschlussdomänenkonfiguration einstellt, die eine stärkere senkrechte Streufeldkomponente
in der Ebene des 2DEGs erzeugt.
Die Ergebnisse sollen nun mit den Vorhersagen der Simulationsrechnungen aus Kapitel 2.3
verglichen werden, in denen der magnetische Fluss φ HC (hervorgerufen durch das Streufeld
eines vollständig gesättigten bzw. eindomänigen FM-Drahtes) durch ein Hall-Kreuz der
Fläche (2×2)µm2 bestimmt wurde. Zu diesem Zwecke sind den Diagrammen aus Abbildung 4.28 die berechneten Daten (orange eingefasste Kreise, durch gestrichelte Linie miteinander verbunden) zugefügt. Es ist das über die jeweiligen Hall-Kreuz-Flächen AHC gemittelte
Feld fH φ HC /AHC als Funktion der Drahtbreite wFM aufgetragen. Dabei stellt der zusätzliche
Faktor fH einen Fit-Parameter dar. Er ergibt sich aus der Annahme einer konstanten Antwortfunktion FH des Hall-Sensors (vgl. Gleichung (2.9)). Darüber hinaus beschreibt 1/fH formal
die auf AHC normierte Fläche über die zur Berechnung von Bz,eff gemittelt werden muss und
trägt somit den Vorhersagen Rechnung, dass im diffusiven Transportregime die effektive
Hall-Kreuz-Fläche nicht nur auf den eigentlichen Kreuzungspunkt zwischen dem Stromkanal
und dem Kanal der Potenzialsonden beschränkt ist (siehe Kapitel 2.3). Der Wert von fH wurde
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
121
in den einzelnen Diagrammen so gewählt, dass die theoretischen Ergebnisse bestmöglich an
die experimentellen angepasst werden. Man erkennt, dass eine befriedigende Annäherung der
Messwerte für alle drei Materialien möglich ist. Im Falle der Fe-Drähte ist sogar eine hervorragende Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment auszumachen.
Abbildung 4.29: Schematische Darstellung eines
symmetrischen Hall-Kreuzes in dessen Zentrum sich
ein magnetischer Punkt (MP) befindet, dessen Radius
r0 in diesem Beispiel einem Fünftel der Kanalbreite w
entspricht. Im Gegensatz zu dem in Abbildung 2.7
vorgestellten MP soll hier das Magnetfeld auf den
dunkelgrau eingezeichneten Kreis beschränkt und
identisch B0 sein. Das gestrichelt eingezeichnete
Rechteck der Größe 2AHC entspricht der Fläche über
die im diffusiven Transportregime nach [Ibr98] beim
LHE zur Berechnung von Bz,eff gemittelt werden muss.
Im Folgenden sollen die erhaltenden Werte für den Faktor fH näher betrachtet werden. Hierzu
soll zunächst kurz ein Überblick über die Arbeiten anderer Autoren gegeben werden, die sich
mit der Thematik theoretisch auseinandergesetzt haben. Nach den Veröffentlichungen
[Ben97] und [Ibr98] entspricht die an einem symmetrischen Hall-Kreuz gemessene HallSpannung ungefähr der über die Fläche 2AHC (gemäß Abbildung 4.29) gemittelten
schichtsenkrechten Feldkomponente, wobei diese nahezu unabhängig von der genauen Form
der sich im Zentrum des Hall-Kreuzes befindenden magnetischen Feldinhomogenität ist
[Ibr98]. In Abbildung 4.30 sind diesbezüglich zwei ausgesuchte Ergebnisse aus [Ibr98]
zusammengestellt. So wird in a) von einer Feldinhomogentität ausgegangen, die einem magnetischen Punkt (MP) entspricht (siehe Abbildung 4.29): Innerhalb des Punktes mit dem
Radius r0 herrscht am Ort des 2DEGs ein homogenes Feld der Stärke B0, außerhalb von Null.
Aufgetragen ist der Quotient aus dem Hallwiderstand RHall und dem über die doppelte HallKreuz-Fläche gemittelten Feld α∗H :=RHall /<B>2AHC gegen das Verhältnis aus r0 und der
Kanalbreite w des Hall-Kreuzes. Man erkennt, dass für µ B0 <1 der effektive Hall-Koeffizient
α∗H nahezu unabhängig von der Größe des magnetischen Punktes ist. Dieses gilt insbesondere
auch für den Fall µ B0 =0,3, der den experimentellen Randbedingungen des in diesem Kapitel
diskutierten Systems sehr nahe kommt (~0,4).
Abbildung b) liegt dagegen ein gaußförmiges Magnetfeldprofil der Form B0 exp[-(r/r0)2]
zugrunde, welches dem Streufeldprofil sehr schmaler FM-Drähte mehr ähnelt, als das des
magnetischen Punktes (vgl. Abbildung 2.7). Der von den Autoren nach ihrem Modell nummerisch berechnete Hall-Widerstands RHall (durchgezogene Linie) wird hier verglichen mit
dem Hall-Widerstand, der einem effektiven Feld von <B>2AHC entspräche (offene Kreise) und
122
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
in Abhängigkeit des effektiven Radius r0 des Gaußprofils aufgetragen. Für alle gezeigten Produkte µ B0 ist eine fast perfekte Übereinstimmung zwischen den beiden Modellen festzustellen. Dies gilt sowohl für sehr stark lokalisierte Magnetfelder (r0 →0), aber auch für
Feldprofile, bei denen das gesamte Hall-Kreuz noch nennenswert vom Feld durchsetzt ist
(r0 >0,5w).
Abbildung 4.30: a) Effektiver Hall-Koeffizient α*H für einen magnetischen Punkt (vgl. Abbildung 4.29) als
Funktion seines Radius r0 für verschiedene Werte von µ B0 (nach [Ibr98]). b) Hall-Widerstand R Hall (auf den
Schichtwiderstand ρ0 normiert) in Abhängigkeit des effektiven Radius r0 des sich im Zentrum des Hall-Kreuzes
befindenden gaußförmigen Magnetfeldprofils (nach [Ibr98]). Die durchgezogene Linie gibt den nummerisch
berechneten Zusammenhang wieder, die offenen Kreise stellen den Hall-Widerstand dar, der einem effektiven
Feld entspricht, das sich durch Mittelung des Gaußprofils über die Fläche 2AHC ergibt (vgl. Abbildung 4.29).
In Abbildung 4.31 ist schließlich der Zusammenhang zwischen dem resultierenden HallWiderstand RHall und dem Abstand der Feldinhomogenität vom Hall-Kreuz-Zentrum am
Beispiel eines magnetischen Punktes der Größe r0 =0,2w dargestellt. Es werden ausschließlich
Verschiebungen längs des stromführenden (x-Richtung) bzw. des Potenzialsonden-Kanals (yRichtung) betrachtet. Dabei gibt r0 die x- bzw. y-Position des MD-Mittelpunktes in dem durch
Abbildung 4.29 vorgegebenen Koordinatensystem an. Der berechnete Hall-Widerstand RHall
zeigt ein Maximum, wenn sich der Mittelpunkt des magnetischen Punktes in unmittelbarer
Nähe des Hall-Kreuz-Zentrums befindet und ist somit nicht unabhängig von der MD-Position.
Allerdings ist diese Abhängigkeit recht schwach, solange sich der gesamte magnetische Punkt
innerhalb des Kreuzungsbereichs des Hall-Kreuzes befindet (ca. 10%-ige Variation). Dies gilt
sowohl für Verschiebungen längs des Strom- als auch längs des Potenzialsonden-Kanals. Erst
für Positionen bei den der magnetische Punkt im Ganzen außerhalb des Kreuzungspunktes
liegt (hier |rc /w−1,5|>0,7) ist eine Abweichung zwischen den Abhängigkeiten von RHall zu
erkennen, die sich einerseits aus der Verschiebung längs des Potenzialsonden-Kanals und
andererseits aus einer entsprechenden Verschiebung in Stromrichtung ergibt. Wie zu erwarten
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
123
war, ist hierbei RHall leicht größer, wenn sich der magnetische Punkt innerhalb der Potenzialsonden befindet. Somit spielen die immer vorhandenen experimentellen Ungenauigkeiten
bezüglich der exakten Position, der sich nominell im Zentrum der Hall-Sensoren befindenden
FM-Drahtenden nur eine untergeordnete Rolle. Der hieraus entstehende Fehler im gemessenen Hall-Widerstand kann zu maximal 10% abgeschätzt werden.
Abbildung 4.31: Resultierender Hall-Widerstand RHall in
Abhängigkeit der Mittelpunksposition (x, y) des Magnetischen Punktes bezüglich des Hall-Kreuzes (nach [Ibr98]).
Das Zentrum des Hall-Kreuzes befindet sich bei der Koordinate (1.5,1.5) (siehe Abbildung 4.29). Die grau gestrichelten Linien definieren den Kreuzungsbereich des HallKreuzes – innerhalb dieses Bereiches variiert RHall um ca.
17%. Liegt der gesamte magnetische Punkt noch innerhalb
des Kreuzungsbereichs, so beträgt die Unsicherheit in RHall
lediglicht 10% (punktiert eingezeichnet).
Nach diesen theoretischen Vorhersagen von [Ibr98] sollte daher der experimentell ermittelte
Faktor fH nahe bei 0,5 liegen. So ist das Streufeld aller untersuchten Drähte nach den in
Kapitel 2.2 vorgestellten Simulationen (bei den im Rahmen der Arbeit verwendeten HallKreuz-Größen außerhalb von AHC) zu vernachlässigen, weshalb hier das über eine Fläche von
2AHC gemittelte Feld gerade der Hälfte des über AHC gemittelten Feldes entspricht
(<Bstr>2AHC =½<Bstr>AHC=½ φ HC /AHC). In der Tat findet man einen Faktor fH von genau bzw.
ungefähr 0,5 bei zwei der drei untersuchten Materialien (vgl. Abbildung 4.28), nämlich für
die mit Co- und Fe-Drähten bestückten Hybrid-Strukturen. Nur bei Hall-Sensoren mit PyDrähten ergibt sich der unerwartet hohe fH-Faktor von Eins. An dieser Stelle sei jedoch noch
einmal daran erinnert, dass die in Kapitel 2.2 durchgeführten Streufeld-Simulationen für den
idealisierten Fall eines vollständig gesättigten FM-Drahtes durchgeführt wurden. Es ist daher
zu vermuten, dass für die Domänenkonfiguration der Py-Drähte diese Annahme unzulässig
ist. Das weichmagnetische Permalloy nimmt aber eine Sonderstellung innerhalb der drei
Materialien ein. Es ist wahrscheinlich, dass die Abschlussdomänenkonfiguration bei den PyDrähten derartig ist, dass die effektive schichtsenkrechte Streufeldkomponente Bz,eff (nicht
unbedingt das gesamte Streufeld) gegenüber dem vollständig gesättigten Fall erhöht ist und
daraus der vergrößerte Wert von fH resultiert.
Im nächsten Abschnitt wird die Empfindlichkeit des Hall-Sensors in Bezug auf die HallKreuz-Fläche AHC anhand der experimentellen Ergebnisse diskutiert.
124
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
4.2.3 Empfindlichkeit des Hall-Sensors als Funktion der Sensor-Fläche
In diesem Kapitel stehen nicht mehr die Streufelder der FM-Drähte im Mittelpunkt des
Interesses, sondern die FM-Drähte selbst werden als Quelle einer stark lokalisierten
Feldinhomogenität im Zentrum des Hall-Sensors betrachtet. Dies dient dazu, explizit den
Zusammenhang zwischen der an einem Hall-Sensor mittels LHE gemessenen Hall-Spannung
und der Sensorfläche (hier symmetrisches Hall-Kreuz) experimentell zu bestimmen.
Alle bisher im Rahmen der Arbeit durchgeführten Experimente – in Verbindung mit den theoretischen Vorhersagen von [Ben97] und [Ibr98] – untermauern die Gültigkeit von Gleichung (2.8), nach der der gemessene Hall-Widerstand RHall mit der reziproken Hall-KreuzFläche linear skaliert, solange das magnetische Feld mit dem magnetischen Fluss φ innerhalb
des Hall-Kreuzes lokalisiert ist. In diesem Fall entspricht dem effektiven Feld Bz,eff, also dem
über die Fläche 2AHC (vgl. Abbildung 4.29) gemittelten Feld Bz, gerade die Hälfte des
Quotienten aus dem Fluss φ der Feldinhomogenität und der Hall-Kreuz-Fläche AHC.
Wie schon erwähnt, sollen zur experimentellen Überprüfung des erwarteten Zusammenhangs
die ferromagnetischen Drähte als Feldquellen eingesetzt werden. Aus Kapitel 2 und den
Vorhersagen von [Ibr98] wissen wir aber, dass das effektive Streufeld Bz,eff eines vollständig
magnetisch gesättigten Drahtes bzw. der beim LHE resultierende Hall-Widerstand RHall annähernd proportional zur Drahtbreite wFM und -dicke t sowie zur Sättigungsmagnetisierung Ms
des Ferromagneten sind. Werden daher die Messgrößen RHall bzw. Bz,eff auf wFM, t und Ms
normiert, so sollte sich mit Hilfe des Streufeldes der Drähte eine von dem Drahtmaterial und
der -geometrie unabhängige Empfindlichkeit des Hall-Kreuzes als Funktion seiner Fläche
ermitteln lassen. Daher soll mit SR bzw. SB der in dieser Weise normierte Hall-Widerstand
bzw. das so normierte effektive Streufeld bezeichnet werden. Die beiden Größen ergeben sich
aus den Steigungen der linearen Anpassung an die Messwerte aus Abbildung 4.28. In Abbildung 4.32 sind SR und SB als Funktion der inversen Hall-Kreuz-Fläche dargestellt. Die erwartete lineare Abhängigkeit zwischen dem effektiven Feld Bz,eff und der reziproken Hall-KreuzFläche wird hierbei bestätigt: Die Empfindlichkeiten SR bzw. SB als Funktion von 1/AHC lassen
sich durch eine Gerade beschreiben. Die Steigungen der linearen Fits von SR bzw. SB können
den jeweiligen Diagrammen entnommen werden. Für Co und Py stimmen diese noch recht
gut überein (30% Abweichung); allerdings sticht die scheinbar größere Empfindlichkeit der
mit Py-Drähten bestückten Hall-Sensoren ins Auge. Eine vom zu untersuchenden Objekt abhängige Empfindlichkeit des Hall-Sensors ist jedoch unphysikalisch. So bleibt als logische
Erklärung nur, dass die Streufeldstärke der „normierten“ Drähte doch vom Material abhängt.
Dies bedeutet, dass für die Py-Drähte das Streufeld deutlich von dem Wert eines vollständig
gesättigten Drahtes, für den ja die verwendete Normierungsprozedur gilt, abweicht. Das tatsächliche Streufeld ist in z-Richtung erhöht.
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
a)
Sensor-Empfindlichkeit, Co-Draht (#11044j)
50
80
40
60
30
40
20
Steigung:
690 Ωµm / A
416 mTµm / A
20
10
SB [mT / Aµm]
SR [Ω / Aµm]
125
0
0
0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14
2
1 / AHC [1 / µm ]
b)
80
Sensor-Empfindlichkeit, Fe-Draht (#11044k)
40
30
40
20
Steigung:
500 Ωµm / A
300 mTµm / A
20
10
SB [mT / Aµm]
SR [Ω / Aµm]
60
0
0
0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14
2
1 / AHC [1 / µm ]
120
Sensor-Empfindlichkeit, Py-Draht (#11044l)
70
100
60
80
50
40
60
30
40
Steigung:
966 Ωµm / A
582 mTµm / A
20
20
10
0
0
0,00 0,02 0,04 0,06 0,08 0,10 0,12 0,14
2
SB [mT / Aµm]
SR [Ω / Aµm]
c)
Abbildung 4.32: Aufgetragen sind jeweils die
normierten Sensorempfindlichkeiten SR und SB
als Funktion der inversen Hall-Kreuz-Fläche
1 /AHC für Hybrid-Strukturen, die mit a) Co-,
b) Fe- bzw. c) Py-Drähten bestückt sind. Die
Empfindlichkeiten ergeben sich aus den Steigungen der linearen Anpassung der Messwerte
aus Abbildung 4.28 und sind folgendermaßen
definiert: SR ist der gemessene Hall-Widerstand RHall und SB das effektive Streufeld Bz,eff
pro Drahtbreite. Beide Werte sind auf die
Sättigungsmagnetisierung und die Schichtdicke normiert. Wie zu erwarten war, können
die Daten in dieser Auftragung linear angepasst werden. Die Steigungen der linearen
Anpassung, also die Empfindlichkeiten SR
bzw. SB pro reziproker Sensorfläche sind in
den einzelnen Diagrammen angegeben. Die
Abweichungen zwischen den entsprechenden
Werten der unterschiedlichen Materialien,
lassen sich ausschließlich auf verschiedene
Abschlussdomänenkonfigurationen
zurückführen. Diese resultieren in unterschiedlich
hohen effektiven Streufeldern Bz,eff und weichen von dem des vollständig gesättigten
Drahtes ab.
1 / AHC [1 / µm ]
Eine andere Auftragungsart der effektiven Streufelder Bz,eff und der entsprechenden
normierten Werte der untersuchten Drähte ist in den Diagrammen der Abbildung 4.33
gewählt. Hier werden sämtliche an den Drähten eines Materials gemessenen Streufelder
unabhängig von der Breite wFM und der Hall-Kreuzfläche AHC als Funktion gerade dieses
Verhältnisses wFM /AHC dargestellt. Dabei sind die Messwerte, die an nominell gleichgroßen
Hall-Kreuzen aufgenommen wurden, in der selben Farbe dargestellt (Farbkodierung wie in
126
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Abbildung 4.28). Verglichen werden können sie mit dem ebenfalls gezeigtem theoretischen
Zusammenhang (gestrichelte Linie): Bz,eff =½ φHC /AHC.
Streufeld von Co-Drähten (#11044j)
60
Bz,eff [mT]
2,0
40
1,5
Theorie: ½ φHC / AHC
1,0
(gesättigter FM-Draht)
20
Steigung Fit:
14 mTµm
345 mTµm / A
0,5
0,0
0,00
0,05
0,10
0,15
Bz,eff / (Ms× t) [mT / A]
2,5
0
wFM / AHC [1 / µm]
Streufeld von Fe-Drähten (#11044k)
Bz,eff [mT]
2,0
½ φHC / AHC
40
1,5
30
1,0
20
Steigung:
15,7 mTµm
310 mTµm / A
0,5
0,0
0,00
0,05
0,10
0,15
10
Bz,eff / (Ms× t) [mT / A]
50
2,5
0
wFM / AHC [1 / µm]
2,5
Bz,eff [mT]
2,0
1,5
0,4
h
ke
0,2
a
g
b c
0,0
0,00
f
10
8
6
4
2
0
0,04
a:117nm
b:155nm
...
i:585nm
j:608nm
d
j
0,02
60
½ φHC / AHC
40
1,0
20
Steigung:
19 mTµm
525 mTµm / A
0,5
0,0
0,00
0,05
0,10
wFM / AHC [1 / µm]
0,15
0
Bz,eff / (Ms× t) [mT / A]
Streufeld von Py-Drähten (#11044l)
Abbildung 4.33: Aufgetragen ist jeweils das
effektive Streufeld in direkter Form sowie
normiert auf die Dicke t der Drähte und die
Sättigungsmagnetisierung Ms des entsprechenden Drahtmaterials als Funktion des Quotienten aus Drahtbreite wFM und Hall-KreuzFläche AHC. Gleichfarbige Datenpunkte stehen
für nominell gleichgroße Hall-Sensoren
(Farbkodierung vgl. Abbildung 4.28). Auch
hier ist es möglich, sämtliche Messwerte der
Drähte eines Materials durch lineare Regression anzupassen (schwarze, durchgezogene
Linie). Die beste Übereinstimmung zwischen
den Messdaten und der Regression erhält man
bei den Fe-Drähten. Die jeweiligen Steigungen der linearen Regressionen, d.h. die Ableitungen des effektiven und des normierten
effektiven Streufeldes, sind in den Diagrammen angeben. Letztere ist mit der Empfindlichkeit SB pro reziproker Hall-Kreuz-Fläche
(vgl. Abbildung 4.32) vergleichbar, jedoch
kommt es auf Grund der veränderten Statistik
besonders im Fall der Co-Drähte zu einer
Abweichung zwischen diesen beiden Größen.
Außerdem ist die theoretisch zu erwartende
Abhängigkeit in die Diagramme mit aufgenommen (orange, gestrichelte Gerade). Diese
gibt den halben, senkrecht das 2DEG durchsetzenden, magnetischen Fluss der Drähte
wider, welcher in diesem Fall den über die
Fläche 2AHC gemittelten Streufeld der Drähte
entspricht. Gute Übereinstimmung zwischen
Theorie und Experiment wird für Co und Fe
erzielt. Für Permalloy ist diese nur bei sehr
schmalen Drähten festzustellen (siehe Einschub). In dem eingeschobenen Diagramm
sind nur die Streufelder der schmalsten Drähte
(117nm ≤ wFM ≤ 608nm) widergegeben.
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
127
Wie es nach den Ergebnissen aus Abbildung 4.28 zu erwarten ist, zeigt sich bei den FeDrähten die geringste Streuung der Messwerte um die zugehörige lineare Regression
(durchgezogene Gerade). Zudem deckt sich diese beinahe perfekt mit dem theoretischen
Modell. Da das Modell den idealisierten Zusammenhang widerspiegelt, kann geschlossen
werden, dass die mikro- bzw. nanostrukturierten FM-Drähte aus Eisen der Vorstellung des
magnetisch vollständig gesättigten Systems am nächsten kommen. Dagegen stimmt die
lineare Regression der mit Hilfe der Py-Drähte gewonnenen Datenpunkte nicht mit dem
idealisierten Modell überein, obwohl die Streuung der Datenpunkte um den linearen Fit
tolerabel ist. Betrachtet man indessen nur die schmalsten Py-Drähte, so stellt man eine
wesentlich bessere Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment fest. Dieses ist
durchaus plausibel. Auf Grund des bei schmalen Drähten höheren Entmagnetisierungsfeldes
quer zum Draht sollten die magnetischen Momente der Elektronen in den Abschlussdomänen
verstärkt in Längsrichtung des Drahtes ausgerichtet werden. Dies würde die verbesserte
Übereinstimmung zwischen dem Experiment und dem idealisierten Modell für schmale
Drähte erklären.
128
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
4.2.4 Ummagnetisierung und Einfluss der Abschlussdomänen
In diesem Kapitel sollen die bisher diskutierten Ergebnisse mit Monte-Carlo-Simulationen
verglichen werden, um so ein tieferes Verständnis für die beobachteten Details zu erlangen.
Die Simulationen wurden von D. HINZKE [Hin01] und R. WIESER am Lehrstuhl für Theoretische Physik an der Universität Duisburg-Essen durchgeführt [Wie03]. Hierbei wurde versucht, den experimentellen Randbedingungen bestmöglich zu genügen (siehe Kapitel 1.2.5).
Bei der Länge der simulierten Drähte musste jedoch ein Kompromiss eingegangen werden,
um dem endlichen Speicherplatz und der endlichen Rechengeschwindigkeit des benutzen
Computers Rechnung zu tragen. Die maximale Drahtlänge beträgt in den Simulationen
3584nm, ist also ca. 28mal kleiner als im Experiment43. Außerdem zeigte sich, dass die durch
die Simulation erhaltenen Umschaltfelder der Drähte grundsätzlich größer sind als die experimentell bestimmten. Dies liegt daran, dass (aus rechentechnischen Gründen) der Ummagnetisierungszyklus in der Simulation im Vergleich zum Experiment „zu schnell durchgefahren“
werden muss. So beträgt das Zeitintervall zwischen zwei simulierten Momentaufnahmen der
magnetischen Momente innerhalb des Drahtes typischerweise ~20µs, wohingegen im Experiment die Messpunkte quasi-statisch (∆t~1s) aufgenommen werden.
4.2.4.1 Zur Form der Streufeld-Kurven
In Abbildung 4.34 ist eine Auswahl von experimentellen Streufeld-Hysteresekurven gezeigt,
die zu unterschiedlich breiten Co- a) bzw. Py-Drähten b) gehören. Betrachtet man die Form
der einzelnen Messkurven zusammen mit den in Abbildung 4.23 dargestellten, zu Fe gehörenden Kurven, so stellt man fest, dass sich jeweils die Messkurve der schmalsten Drähte von
denen der übrigen unterscheidet. Bei allen drei untersuchten Materialien weisen die StreufeldKurven der breiteren Drähte zusätzliche Signaturen auf, die mit abnehmender Drahtbreite
allmählich verschwinden. So wird beispielsweise der Sättigungswert des Streufeldes der
breiten Drähte erst bei äußeren Feldern von deutlich größer als Bc erreicht, obwohl zunächst
ein Großteil des Drahtes bei Bc ummagnetisiert, was sich in dem steilen (in Bext-Richtung experimentell nichtauflösbaren) Anstieg der Hysteresekurve ausdrückt. Außerdem weisen die
meisten der Kurven in der Nähe von Bc scharfe Sprünge im Hall-Widerstand und damit auch
im Streufeld auf. Dies ist auf abrupte Änderungen der Abschlussdomänenkonfiguration zurückzuführen, die wahrscheinlich durch Sprünge einer Domänenwand zwischen zwei
Pinning-Zentren verursacht werden. Nur die an den schmalsten Drähten (wFM ~100nm)
gemessenen Streufeld-Kurven besitzen eine nahezu rechteckige Form (für Fe siehe Abbil-
43
Damit liegen die Aspekt-Verhältnisse der simulierten Drähte (mit Breiten 84nm ≤ wFM ≤ 448nm) zwischen 8:1
und 43:1. Diese Verhältnisse sind bereits sehr hoch, sodass man aussagekräftige Resultate für die vorliegende
experimentelle Situation erwarten kann.
129
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
dung 4.20a), schwarze Kurve). Hier scheint der Draht direkt von dem einen in den anderen
gesättigten Zustand überzugehen.
4 T = 4,2 K, I = 50 µA
app
3 AHC = 14,0 µm2
1290
645
1000
170
1
0
-1
-2
exp. Hysteresekurven, Py-Drähte (#11044l)
4 T = 4,2 K, I = 50 µA
app
3 AHC = 16,5 µm2
wFM [nm]:
1880
2
RHall [Ω]
b)
exp. Hysteresekurven, Co-Drähte (#11044j)
-1
-2
-4
-4
-50
0
Bext [mT]
50
100
150
820
530
280
120
0
-3
-100
1660
1
-3
-150
wFM [nm]:
2
RHall [Ω]
a)
-150
-100
-50
0
50
100
150
Bext [mT]
Abbildung 4.34: Experimentelle Streufeld-Hysteresekurven von unterschiedlich breiten Drähten aus a) Co bzw.
b) Py bei T=4,2K (für Fe siehe Abbildung 4.23). Bei allen Materialien sind in den Hystereseschleifen breiterer
Drähte zusätzliche Signaturen zu erkennen, die mit abnehmender Drahtbreite allmählich verschwinden, bis zur
Ausbildung einer fast rechteckigen Hystereseschleife. Die Sprünge im Hall-Widerstand RHall können als abrupte
Änderungen der Domänenkonfiguration an den Drahtenden interpretiert werden. Dagegen ist für schmale Drähte
(~100nm) ein direktes Umschalten bei Bc zwischen den beiden magnetisch gesättigten Zuständen zu beobachten.
In der Tat zeigen auch die mikromagnetischen Monte-Carlo-Simulationen des Ummagnetisierungsvorganges von Co-Drähten diesen prinzipiellen Unterschied im Umschaltvorgang
beim Unterschreiten einer kritischen Drahtbreite von ca. 100nm (vgl. Abbildung 4.35a)) mit
Abbildung 4.36).
In Abbildung 4.35 ist der Ummagnetisierungsvorgang für eine Drahtbreite oberhalb der
kritischen Breite dargestellt: Die abgebildeten Momentaufnahmen des Magnetisierungszustandes eines 448nm breiten Co-Drahtes bei T=4,2K beschreiben den Ummagnetisierungsprozess vom annähernd remanenten Zustand (Bext =−15mT) bis hin zum Überschreiten des
Koerzitivfeldes (Bc ~116mT).
Der Ummagnetisierungsprozess setzt zunächst an den Drahtenden ein. Aus einem S-Zustand
bildet sich eine asymmetrische Landau-Domäne an den Enden aus. Gleichzeit beginnen sich
aber auch Domänen im Drahtinneren zu bilden. Bei weiterer Erhöhung des äußeren Feldes
kommt es zur Entstehung einer komplexen Domänenstruktur. Die Domänen sind dabei
voneinander sowohl durch 90°- als auch 180°-Domänenwände getrennt. In der Nähe von Bc
ist bereits der größte Teil des Drahtes ummagnetisiert.
In Abbildung 4.35b) ist die zugehörige, simulierte Hystereseschleife gezeigt. Diese stellt die
auf den Sättigungszustand normierte x-Komponente des magnetischen Gesamtmoments µ x / µ s
als Funktion des äußeren, in Längsrichtung des Drahtes zeigenden Feldes dar. Man erhält in
der Simulation eine beinahe rechteckige Hystereseschleife, die jedoch im Gegensatz zu den
experimentellen Streufeldkurven keine abrupten Sprünge im magnetischen Moment aufweist.
130
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Dies ist nicht aussagekräftig, da die simulierte Hystereseschleife die Magnetisierung des
Drahtes und nicht die durch das Experiment bestimmte Größe, nämlich die schichtsenkrechte
Streufeldkomponente unterhalb der kurzen Drahtkante angibt. Das aus den Enden austretende
Streufeld ist aufgrund der geringen Reichweite der magnetischen Dipolfelder ausschließlich
durch die Momentverteilung am Drahtende vorgegeben.
Abbildung 4.35: a) Simulierte Momentaufnahmen der Domänenstruktur eines 448nm breiten und 3584nm
langen Co-Drahtes während des Ummagnetisierungsprozesses (T=4,2K). Die Orientierung der magnetischen
Momente ist hierbei gemäß dem nebenstehenden Farbkreises kodiert. Die Magnetisierung in den grünen bzw.
blauen Bereichen ist entgegengesetzt und zeigt in Längsrichtung des Drahtes, die in den roten bzw. gelben
Bereichen ist dagegen quer zum Draht orientiert. In der Serie der Momentaufnahmen wird von oben nach unten
das äußere Gegenfeld von 15mT auf 116mT erhöht. b) Zum Ummagnetisierungsvorgang gehörende Hystereseschleife; aufgetragen ist die auf den Sättigungszustand normierte x-Komponente des magnetischen Moments µ x
des Drahtes. Zu den in den entsprechenden Farben markierten Datenpunkten gehören die Momentaufnahmen
aus a).
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
131
Abbildung 4.36: Momentaufnahmen des Ummagnetisierungsvorgangs eines nur 84nm breiten Co-Drahtes bei
T=4,2K. Nach der Nukleation einer Abschlussdomäne kommt es bei weiterer Erhöhung des Gegenfeldes zu
ihrer Ablösung und zum Durchlauf der Domänenwand durch den Draht. Dies unterscheidet sich grundlegend
von dem in Abbildung 4.35 präsentierten Ummagnetisierungsprozess.
Im Vergleich ist in Abbildung 4.36 das Simulationsergebnis für einen Co-Draht mit einer
Breite unterhalb der kritischen Breite gezeigt. Die Drahtbreite beträgt hier nur 84nm.
Bei dem hier betrachteten schmalen Draht kommt es am Drahtende zunächst zur Nukleation
einer LANDAU-ähnlichen Domäne, deren Größe bei weiterer Erhöhung des Gegenfeldes
zunimmt. Wird jedoch ein gewisser Feldwert überschritten, so kommt es zur Ablösung der
Abschlussdomäne. Die abgelöste Domäne durchläuft ohne Felderhöhung44 den Draht, bis
dieser im Ganzen ummagnetisiert ist. Weitere Simulationen zeigen, dass es auch zur
gleichzeitigen Nukleation von Domänen an beiden Drahtenden kommen kann, deren Wände
nach dem Ablösen aufeinander zulaufen.
Mit Hilfe der mikromagnetischen Simulationen lässt sich also der Unterschied in den
gemessenen Streufeldkurven für sehr schmale (~100nm) und breitere Drähte (>200nm)
verstehen. Nach der Simulation nukleiert bei schmalen ferromagnetischen Drähten zunächst
eine Domäne am Drahtende und durchläuft „von selbst“ den Draht. Die Wahrscheinlichkeit
eines Hängenbleibens der Domänenwand an z.B. kleinen Einschnürungen innerhalb des
Drahtes ist gering. In breiten Drähten kommt es dagegen zur Ausbildung einer komplexen
Domänenstruktur. Hier ist es vorstellbar, dass einzelne Domänen an Pinning-Zentren haften
bleiben und sich nach einem Depinning-Prozess eine neue Domänenkonfiguration einstellt,
die ein verändertes Streufeld erzeugt. Auf diese Weise erzeugen Pinning- und Depinning-
44
Zum Durchlaufen der Domänenwand ist nach dem Ablösungsprozess keine Erhöhung des äußeren Feldes
nötig, hierdurch wird lediglich die Geschwindigkeit der Domänenwand erhöht. Im Prinzip entspricht in Abbildung 4.36 das in der Simulation sehr schnelle Durchfahren des äußeren Feldes (vgl. Kapiteleinleitung) einer
zeitaufgelösten Beobachtung der magnetischen Momentverteilung des Drahtes.
132
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
Prozesse Sprünge im gemessenen Streufeld (beachte: nur die z-Komponente in der Ebene des
2DEG ist relevant).
Fazit
• Mit Hilfe des simulierten Ummagnetisierungsverhaltens von Co-Drähten ist es gelungen,
die qualitativ unterschiedlichen Streufeldkurven realer Drähte mit Breiten um 100nm
bzw. deutlich darüber zu erklären.
• Die zu den simulierten Momentaufnahmen gehörende Hystereseschleife des magnetischen Gesamtmomentes ist rechteckig und glatt. Sie zeigt weder die in den gemessenen
Streufeldkurven beobachteten Sprünge noch andere Auffälligkeiten.
• Aus dem Gesamtmoment des Drahtes kann nicht auf das an seinen Enden austretende
Streufeld geschlossen werden, da dieses von der lokalen Momentverteilung am Drahtende bestimmt ist. Zur Simulation der genauen Form der gemessenen Streufeldkurven
müsste daher das Profil der schichtsenkrechten Streufeldkomponente Bz in der Ebene des
2DEG aus der Momentverteilung am Drahtende berechnet werden. Durch eine
anschließende Mittelung von Bz über die Fläche des Hall-Kreuzes würde man dann eine
dem Messsignal äquivalente Größe erhalten (vgl. Kapitel 4.2.2.2).
4.2.4.2 Zu den Abschlussdomänen
In diesem Kapitel soll das Augenmerk auf die Momentverteilung am Ende eines
ferromagnetischen Drahtes im „quasi gesättigten“ Zustand gerichtet werden, d.h. in
Anwesenheit eines zum Gesamtmoment des Drahtes parallelen Feldes Bext (~100mT). In Abbildung 4.37 sind die Momentaufnahmen für einen 224nm breiten Co-Draht und einen
entsprechenden Py-Draht bei Bext =120mT dargestellt. Man erkennt, dass sich in den Ecken
der Drähte, trotz des angelegten äußeren Feldes, Domänen (rote und gelbe Bereiche)
ausbilden, deren magnetisches Moment quer zum Draht und damit zur Gesamtmagnetisierung
orientiert ist. Dabei sind die Domänen-Momente untereinander entgegensetzt ausgerichtet und
weisen aus dem Draht heraus. Dagegen sind die Drähte im Inneren beinahe homogen
magnetisiert. Dies gilt vor allem für den weichmagnetischen Py-Draht, bei dem im Gegensatz
zum Co-Draht keinerlei Domänenstruktur zu erkennen ist. Für das Experiment interessanter
ist allerdings, dass die durch die Enddomänen in den Ecken gebildeten magnetischen Pole
beim Py-Draht scharf definiert sind, wohingegen diese beim Co-Draht vergleichsweise
verschwommen wirken. Es erscheint plausibel, dass die scharf definierten Pole im Fall des
Py-Drahtes ein stärkeres Streufeld in der Ebene des 2DEG erzeugen als die verschwommene
Domänenstruktur des Co-Drahtes. Dies erklärt die in den Kapiteln 4.2.2 und 4.2.3 beobachten
Erhöhungen der schichtsenkrechten Streufeldkomponenten für Py-Drähte.
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
133
Abbildung 4.37: Dargestellt sind die Abschlussdomänen (T=4,2K) am rechten Ende eines
224nm breiten Py- bzw. Co-Drahtes (t=42nm)
bei einem äußeren Feld Bext von +120mT. Beim
Py-Draht sind die in den Ecken entstehenden
freien magnetischen Pole deutlich schärfer ausgeprägt als beim Co.
Fazit
• Die mikromagnetischen Simulationen zeigen für die rechteckigen Drähte Enddomänen.
Dieses Verhalten ist für Py-Dähte besonders ausgeprägt.
• Die Simulationen überschätzen das Koerzitivfeld deutlich, sodass sie eventuell nicht den
richtigen Feldwert für das Auftreten einer bestimmten Domänenkonfiguration
wiedergeben. Es ist deshalb wahrscheinlich, dass für Co und Fe im gesättigten Zustand
(Bext Bc) die Domänenkonfiguration nicht so ausgeprägt ist, sodass das Streufeld dem
eines völlig gesättigten Drahtes nahe kommt. Dies entspricht der guten Übereinstimmung
zwischen Theorie (Kapitel 2.1) und Experiment (Kapitel 4.2).
• Für Py ist die Domänenstruktur offensichtlich sehr scharf ausgeprägt und liefert eine
relevante Streufeldkomponente, die größer ist als für den völlig gesättigten Draht.
134
EXPERIMENTELLE STREUFELD-CHARAKTERISIERUNG MAGNETISCHER STREIFEN & DRÄHTE
4.2.4.3 Streufeld-Messung unterhalb des Drahtes
Abschließend soll noch einmal eine experimentelle Streufeldkurve von einem breiteren CoDraht (wFM ~850nm) vorgestellt werden (T=77K). Die Streufeld-Charakterisierung fand dabei
nicht wie bisher an der kurzen Drahtkante statt, sondern zwischen den beiden Drahtenden,
25µm weit von der rechten Drahtkante entfernt (siehe Abbildung 4.38 und Einschub); für
solch große Abstände kann eine Verfälschung der Messung durch das aus den Enden
austretende Streufeld oder durch Enddomänen sicher ausgeschlossen werden. Für einen völlig
gesättigten Draht erwartet man also in dieser Messanordnung kein Signal.
Von den mikromagnetischen Simulationen aus Kapitel 4.2.4.1 wird für einen breiten CoDraht eine komplexe Domänenstruktur während des Ummagnetisierens vorhergesagt (siehe
Abbildung 4.35a)). Durch solch eine Domänenstruktur kommt es aber zur Bildung freier
magnetischer Pole, deren Streufeld mittels Hall-Magnetometrie leicht nachweisbar sein sollte,
vorrausgesetzt die Zeitauflösung der Messapparatur ist ausreichend hoch. Wird jedoch wie
hier quasistatisch gemessen, ist nur in den Fällen ein messbares Streufeld zu erwarten, in
denen es während des eigentlich schnellen Ummagnetisierungsprozesses zufällig zum Pinning einer Domänenwand in der Nähe des Hall-Sensors kommt.
Hysteresekurve Co-Draht (t = 30 nm, #11044d)
0,4 T = 77 K
RHall [Ω]
wFM = 850 nm
2
A
0,2 HC ~ 60 µm
Messung 2
0,0
weitere Messungen
-0,2
Messung 1
-0,4
-0,6
Bc(+)
Bc(-)
-60
-40
-20
0
Bext [mT]
20
40
60
Abbildung 4.38: Verschiedene Hall-Magnetometrie-Messungen bei T=77K unterhalb eines
125µm langen Co-Drahtes, 25µm von der rechten
Kante entfernt (siehe Einschub). In seltenen Fällen ist ein nennenswertes, statisches Streufeld
unterhalb des Drahtes während des Ummagnetisierens festzustellen (Spitzen in schwarzer und
grauer Messkurve). In den meisten Fällen ähnelt
jedoch die Streufeldkurve der blau dargestellten
Kurve.
In Abbildung 4.38 sind drei aufeinanderfolgende Streufeldmessungen im zentralen Drahtbereich gezeigt. Man sieht, dass bei zwei Messungen ein von der Domänenstruktur herrührendes Streufeld in der Nähe der Umschaltfelder Bc(-) bzw. Bc(+) nachgewiesen werden
konnte. Bei einer Messung (schwarze Kurve) wurde um Bc(-) sogar ein über ∆Bext ~5mT statisches Streufeld detektiert. Bei wiederholtem Durchfahren des äußeren Feldes verschwand
zunächst der Streufeld-Peak bei Bc(+) wohingegen der bei Bc(-) sein Vorzeichen wechselte
und deutlich schmaler wurde (graue Kurve). Die meisten Messungen zeigten keine deutlichen
Signaturen in der Nähe von Bc (blaue Kurve). Die Messergebnisse lassen sich wie folgt erklären:
4.2 Streufeldmessungen an magnetischen Drähten
135
Durch Pinning von Domänenwänden in der Nähe des Hall-Kreuzes wird dieses vom Streufeld
durchsetzt und man erhält ein Signal. Wird keine Wand an geeigneter Stelle „gepinnt“, zeigt
die Messkuve keine Signatur. Durch die in Abbildung 4.38 dargestellten Messergebnisse wird
daher bestätigt, dass in der Tat Pinning- und Depinning-Prozesse während des Ummagnetisierens breiterer Co-Drähte auftreten. Offensichtlich ist die Domänenstruktur in den einzelnen
Felddurchläufen nicht reproduzierbar.
Fazit
• Es ist gelungen, mittels Hall-Magnetometrie das Streufeld einer Domänenstruktur
nachzuweisen.
• Durch die quasistatische Messung wird die Existenz von Pinning- und DepinningProzessen während des Ummagnetisierens breiter Co-Drähte (hier 850nm) bestätigt.
Hierdurch wird das in Kapitel 4.2.4.1 aufgestellte Modell untermauert, nach dem bei den
breiten Drähten Pinning- und Depinning-Prozesse am Drahtende für die in den Streufeldmessungen beobachteten abrupten Sprünge in der Nähe von Bc verantwortlich sind.
137
Zusammenfassung und Ausblick
Im Rahmen dieser Arbeit ist es gelungen, das Streufeld einzelner ferromagnetischer Mikround Nanostrukturen mittels Hall-Magnetometrie nachzuweisen und das Messsignal mit dem
gegebenen Streufeld in Verbindung zu setzen. Die Untersuchungen konnten über einen weiten
Temperaturbereich (300K, 77K, 4,2K) und für verschiedene Materialien (Fe, Co, Py)
durchgeführt werden. Bei den untersuchten Objekten handelt es sich um rechteckige Streifen,
die aus ferromagnetischen Filmen mit Dicken zwischen 30nm und 100nm präpariert wurden.
Hierzu wurde die nötige Technologie entwickelt, um die ferromagnetischen Strukturen auf
Hall-Sensoren zu platzieren, ohne die magnetischen Eigenschaften und die Funktion des
Sensors zu beeinträchtigen. Zur Durchführung der Hall-Magnetometrie-Messungen wurde ein
computergesteuerter Messplatz aufgebaut, der die komfortable Aufnahme der Widerstände
der Hall-Sensoren in Abhängigkeit von einem äußeren Magnetfeld mit einer für alle
untersuchten ferromagnetischen Strukturen ausreichenden Widerstandsauflösung (~20mΩ)
erlaubt.
Die Magnetisierung der hier untersuchten Strukturen liegt auf Grund der geringen Dicke im
remanenten Zustand innerhalb der Schichtebene. Bei allen Experimenten wurde das äußere
Feld längs der durch die Formanisotropie vorgegebenen magnetisch leichten Richtung, i.e. die
Längsrichtung der rechteckigen Struktur, angelegt. Das magnetische Moment der kleinsten
charakterisierten Strukturen betrug dabei lediglich 4×10-13 Am2 (4×10-10 emu)45 und die
Strukturbreite weniger als 100nm. Außer den nanoskaligen „Drahtstrukturen“ wurden auch
„Streifenstrukturen“ mit einer Breite von ~50µm untersucht. Die im Rahmen der Arbeit
hergestellten (und untersuchten) Sensoren lassen sich in zwei Gruppen einteilen, in planare
und geätzte (nicht planare) Sensoren. Das Ausgangsmaterial für beide Sensortypen ist eine
HEMT-Struktur, die das 2DEG enthält, in dem der Elektronentransport stattfindet. Die hier
entwickelten planaren Hall-Sensoren bieten gegenüber herkömmlichen Hall-Sensoren den
Vorteil, dass mit ihnen auch magnetische Objekte untersucht werden können, die größer sind
als der Sensor selbst. Es muss nicht befürchtet werden, dass die magnetischen Eigenschaften
des Untersuchungsobjektes durch die Ränder des Sensors gestört werden. Zur Herstellung der
planaren Hall-Sensoren wurde das direkte Isolationsschreiben mit einem fokussierten
45
Die typische Auflösung eines handelsüblichen SQUID-Magnetometers beträgt ~10-7 emu.
138
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Ionenstrahl (FIB) angewendet. Dabei wird ausgenutzt, dass sich das 2DEG der HEMTStruktur lokal durch die Implantation von Ionen bis zur vollständigen Isolation verarmen
lässt. Es zeigte sich, dass die so realisierten Sensoren gut funktionieren und für die HallMagnetometrie eingesetzt werden können. Darüber hinaus war es möglich, mit Hilfe des
lateralen Feldeffekts Einfluss auf die Geometrie des Sensors zu nehmen und über eine
Einschränkung der Sensorfläche die Empfindlichkeit zu erhöhen. Hierbei wirken die
Isolationslinien des Sensors als das Dielektrikum eines In-Pane-Gate (IPG); das eigentliche
Gate wird dann von dem 2DEG jenseits der Isolationslinie (außerhalb des Sensors) gebildet.
Für diese Anordnung ist es gelungen, ein Modell zu entwickeln, das den Zusammenhang
zwischen der Empfindlichkeit des Sensors und der an die IPGs angelegten Spannung
hinlänglich beschreibt.
Da jedoch die Planarität der Sensoroberfläche für die hier hauptsächlich untersuchten
drahtförmigen ferromagnetischen Strukturen nicht notwendig ist und ferner die Herstellung
planarer Sensoren sehr aufwändig ist, wurde für die weiteren Experimente auf die
„konventionellen“, nasschemisch strukturierten Hall-Sensoren (Hall-Kreuze) zurückgegriffen.
Die eigentliche experimentelle Charakterisierung der Streufelder ferromagnetischer
Drahtstrukturen wurde von theoretischen Rechnungen auf Basis eines Dipolmodelles
begleitet. Diese erlauben, Vorhersagen für das Experiment zu treffen und es mit dem Modell
zu vergleichen. Unter Variation der für das Experiment interessanten Parameter wurde hierzu
die für den Hall-Effekt relevante schichtsenkrechte Streufeldkomponente einer vollständig
gesättigten Drahtstruktur am Ort des 2DEGs berechnet. Es zeigte sich, dass das Streufeld sehr
stark unterhalb der kurzen Drahtkante lokalisiert ist und bereits für laterale Abstände von
500nm praktisch vernachlässigt werden kann. Der Maximalwert der schichtsenkrechten
Streufeldkomponente liegt unter Berücksichtigung der experimentellen Randbedingungen in
der Größenordnung von ~100mT. Aussagekräftiger für den beim lokalen Hall-Effekt (LHE)
gemessenen Hall-Widerstand ist jedoch das über die Sensorfläche gemittelte Streufeld. Dieses
ist nach den Simulationen über einen weiten Bereich sowohl proportional zur Drahtbreite als
auch zur Drahtdicke und ist bei den hier untersuchten Proben zwei bis drei Größenordnungen
kleiner als der maximale Feldwert. Im Gegensatz zu dem Maximalwert des Streufeldes zeigt
sich interessanterweise, dass das gemittelte Feld nur eine sehr schwache Abhängigkeit vom
Abstand des 2DEGs zum ferromagnetischen Draht aufweist. Dies gilt für nicht zu kleine HallKreuz-Flächen (>1µm2) und für 2DEG-Tiefen bis zu ~200nm. Zudem konnte anhand der
Simulationen abgeschätzt werden, dass mit dem aufgebauten Messplatz und den gegebenen
technologischen Voraussetzungen selbst das Streufeld der kleinstmöglichen, im Rahmen der
Arbeit herzustellenden ferromagnetischen Drahtstrukturen noch auflösbar sein sollte (und
gemessen werden konnte). Die untersuchten quaderförmigen Drahtstrukturen aus Co, Fe und
Py besitzen eine konstante Länge von 100µm und eine nominelle Dicke von 30nm. Die Breite
der Strukturen wurde zwischen 100nm und 2µm variiert.
Zusammenfassung und Ausblick
139
Die für die Hall-Magnetometrie an diesen Drahtstrukturen hergestellten Hall-Sensoren bestehen aus symmetrischen Hall-Kreuzen (Strom- und Spannungskanal besitzen identische
Breite). Als Ausgangsmaterial für die Hall-Sensoren wurde speziell eine HEMT-Struktur mit
niedriger Elektronenbeweglichkeit (µ ~40.000cm2 /Vs bei 4,2K) hergestellt. Durch die geringe Elektronenbeweglichkeit wird gewährleistet, dass der Elektronentransport innerhalb des
Hall-Kreuzes diffusiv über den gesamten hier betrachteten Temperaturbereich erfolgt. Dies
erlaubt den Vergleich der experimentellen Ergebnisse mit Abschätzungen von I.. S. IBRAHIM,
V. A SCHWEIGERT und F. M. PEETERS, die den Zusammenhang zwischen einer inhomogenen
magnetischen Feldverteilung und der beim LHE resultierenden Hall-Spannung theoretisch
modelliert haben [Ibr98]. Dort wird vorausgesetzt, dass das Produkt aus Elektronenbeweglichkeit und maximaler Stärke der Feldinhomogenität deutlich kleiner als eins ist – dieser
Forderung wurde auf Grund der niedrigen Elektronenbeweglichkeit der verwendeten HEMTStruktur ebenfalls nachgekommen. Die effektive Sensorfläche (Kreuzungsbereich des HallKreuzes) wurde in den Experimenten zwischen 5µm2 und 50µm2 variiert.
Die Hall-Magnetometrie-Untersuchungen (bei 4,2K) an den zwischen 100nm und 2000nm
breiten Drahtstrukturen aus Co, Fe und Py bestätigten die Ergebnisse der theoretischen Streufeldmodulierung, wonach beim LHE eine Linearität zwischen dem effektiv wirkenden Streufeld und der Breite bzw. Dicke der ferromagnetischen Strukturen vorhergesagt wird. In Übereinstimmung mit den theoretischen Abschätzungen von I. S. IBRAHIM, V. A SCHWEIGERT und
F. M. PEETERS wurde gefunden, dass der beim LHE gemessene Hall-Widerstand einem
homogenen Feld entspricht, das sich in guter Näherung aus der Mittelung der realen Feldverteilung über die doppelte Hall-Kreuz-Fläche ergibt. In dieser Weise stimmte für zwei der drei
untersuchten Materialien (Fe und Co) der bei der Hall-Magnetometrie bestimmte HallWiderstand mit der mittels des Dipolmodells erhaltenen Streufeldverteilung überein. Die
Streufelder der Py-Drähte dagegen wiesen im Vergleich zum Modell eines vollständig gesättigten Drahtes ein annähernd doppelt so großes schichtsenkrechtes Streufeld auf. Hieraus
kann man schließen, dass die Abschlussdomänen-Konfiguration der Fe- und Co-Nanostrukturen einem vollständig gesättigten Zustand nahe kommen, die der Py-Strukturen dagegen
nicht. In den von R. WIESER für die vorliegende Arbeit durchgeführten mikromagnetischen
Simulationen der Abschlussdomänenstruktur von Co- bzw. Py-Draht-Strukturen können in
der Tat Unterschiede beobachtet werden. An beiden Ecken der Py-Drähte kommt es zur Ausbildung deutlicher Pole quer zum Draht mit entgegengesetzter Richtung; bei den Co-Drähten
sind diese dagegen wesentlich „verschwommener“.
Zusätzlich zur Stärke des Streufeldes ferromagnetischer Drahtstrukturen wurde das
magnetische Umschaltverhalten der nanostrukturierten Drähte in Abhängigkeit von ihrer
Breite untersucht. Für alle Materialien erhält man einen hyperbolischen Zusammenhang der
140
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Form Bc(wFM)=Bc,inf +C/wFM zwischen dem Umschaltfeld Bc und der Drahtbreite wFM. Die
Konstanten Bc,inf und C sind dabei sowohl vom Material als auch von der Drahtdicke
abhängig und konnten für die drei Materialien für 4,2K und für 300K durch Anpassung an die
Messdaten bestimmt werden. Dabei zeigte der Parameter C eine nur geringfügige, Bc,inf
dagegen eine je nach Material unterschiedliche, jedoch recht starke Temperaturabhängigkeit.
So beträgt Bc,inf für 300K bei den Fe-Drähten nur ungefähr die Hälfte (~5,8mT), bei CoDrähten sogar nur ca. ein Drittel (~1,8mT) des für 4,2K bestimmten Wertes. Außerdem zeigte
sich besonders deutlich bei Fe (für beide Temperaturen) eine starke Abweichung zwischen
dem Parameter Bc,inf (~10mT bei 4,2K) und dem Koerzitivfeld einer entsprechenden FeSchicht (~5mT). So beträgt das Koerzitivfeld der Fe-Schicht ungefähr nur die Hälfe von
Bc,inf (Fe). Es zeigt sich also, dass nicht von dem äußeren Ummagnetisierungsverhalten nanobzw. mikroskaliger Strukturen auf das makroskopischer Strukturen geschlossen werden kann.
Im Wesentlichen wurde bei sämtlichen untersuchten Drahtstrukturen eine rechteckige Form
der aufgenommenen Streufeld-Hysteresekurven gefunden, wie sie typisch für STONERWOHLFARTH-Partikel ist, deren magnetisch leichte Achse parallel zum äußeren Feld ausgerichtet ist. Für solche Partikel, die ein kohärentes bzw. ein dem Curling-Modell entsprechendes Ummagnetisierungsverhalten aufweisen, kann gezeigt werden, dass das
Umschaltfeld invers-proportional zur Breite ist. Unter der Annahme einer kohärenten Rotation wurde gezeigt, dass der Parameter C identisch dem Produkt aus µ 0, der Sättigungsmagnetisierung Ms und der Dicke des Partikels t sein sollte. Grundsätzlich stellte sich jedoch
heraus, dass der experimentell bestimmte Wert von C unterhalb dem für kohärente Rotation
erwarteten Wert lag. Man kann folgern, dass die untersuchten Drahtstrukturen zwar ein der
kohärenten Rotation qualitativ ähnliches Verhalten aufweisen, welches sich jedoch davon im
Detail, z.T. auch materialhabhängig, unterscheidet. Bei den langen Drahtstrukturen wäre die
Streufeldenergie im Falle der kohärenten Rotation sehr hoch, sodass wohl ein energetisch
günstigerer Ummagnetisierungsprozess stattfindet, bei dem die Streufeldenergie herabgesetzt
ist. Dies drückt sich in dem reduzierten Parameter C aus. Es zeigte sich, dass der im Rahmen
der Arbeit definierte Faktor Χ (= µ 0 Ms t/C), der die Reduzierung von C im Vergleich zur
kohärenten Rotation angibt, bei den Co-Drähten am kleinsten (~4) und bei den Fe-Drähten
mit Abstand am größten (~14) ist. So ist es vorstellbar, dass durch Χ eine Klassifizierung des
Ummagnetisierungsprozesses
möglich ist.
nanoskaliger
Drahtstrukturen
verschiedener
Materialien
Eine nähere Betrachtung der Form der gemessenen Streufeldkurven offenbart bei allen Materialien deutliche Unterschiede zwischen den breiteren und den schmalsten, ca. 100nm breiten,
ferromagnetischen Drähten. So wird bei den breiteren Drähten nach dem eigentlichen abrupten Umschalten des Drahtes bei Bc zunächst ein Streufeldwert beobachtet, der unterhalb dem
des gesättigten Zustandes liegt; erst bei weiterer Erhöhung des äußeren Feldes wird der Sätti-
Zusammenfassung und Ausblick
141
gungswert erreicht. Weiterhin weisen die Streufeld-Hysteresen zusätzliche Signaturen in der
Nähe von Bc auf, die mit plötzlichen Änderungen der Domänenkonfiguration an den Drahtenden in Verbindung gebracht wurden. Die schmalsten untersuchten Drähte weisen dagegen
keinerlei dieser Eigenschaften auf. Hier geht bei Bc abrupt der eine Sättigungszustand in den
anderen über – die zugehörige Streufeldkurve ist rechteckig. Dieser prinzipielle Unterschied
zwischen Drähten mit Breiten knapp über bzw. unter 100nm ist konform mit den von
D. HINZKE durchgeführten mikromagnetischen Simulationen [Hin01]. Hierbei wurde für Co
eine kritische Drahtbreite (≤100nm) gefunden, unterhalb derer der Ummagnetisierungsprozess durch Wanderung einer einzelnen Domänenwand erfolgt, die an einem Drahtende
durch Nukleation entsteht.
Die Ergebnisse dieser Arbeit belegen, dass die Hall-Magnetometrie eine sehr empfindliche
Methode ist, um Streufelder einzelner nanoskaliger Partikel zu charakterisieren. Für die
untersuchten ferromagnetischen Drahtstrukturen reichte die Empfindlichkeit der hier
verwendeten noch recht großen, mittels optischer Lithographie hergestellten Hall-Kreuze aus.
Ist es jedoch erforderlich, die Empfindlichkeit noch weiter zu erhöhen, muss auf andere
Lithographie-Verfahren zurückgegriffen werden, um die Sensorfläche zu minimieren. Die im
Rahmen der Arbeit durchgeführten Simulationsrechnungen zeigen, dass in diesem Fall, also
bei sehr kleinen Hall-Kreuz-Flächen (<1µm2), ebenfalls eine Minimierung der 2DEG-Tiefe in
der HEMT-Struktur anzustreben ist.
In weiterführenden Arbeiten sollen die erworbenen Kenntnisse über das Schaltverhalten und
die Streufelder nano- bzw. mikroskaliger ferromagnetischer Drähte ausgenutzt werden, um
Bauelemente in dem sehr aktuellen Bereich der „Spintronik“ zu verwirklichen – zwei
konkrete Projekte sind dabei angedacht:
•
Realisierung eines Metall/Halbleiter/Metall-Spinventils auf der Spaltfläche einer
HEMT-Struktur: Hierbei dienen unterschiedlich breite nanostrukturierte ferromagnetische Kontakte, in Form der hier untersuchten Drähte, als Spin-Injektor polarisierter
Elektronen (in das 2DEG einer HEMT-Struktur) bzw. als Spin-Analysator. Hierbei ist
es von großer Bedeutung, dass sich die Magnetisierung der ferromagnetischen Drähte
sowohl parallel als auch antiparallel einstellen lässt. Dies wird über die unterschiedliche Breite der Drähte realisiert. Zur optimalen Parameterwahl ist die Kenntnis über
das Schaltverhalten und die Breitenabhängigkeit des Umschaltfeldes der ferromagnetischen Kontaktdrähte erforderlich, wie es im Rahmen der vorliegenden Arbeit erarbeitet wurde. Bei einer Parallelstellung des Injektor- und Analysator-Kontaktes wird
ein kleinerer Widerstand der Spinventil-Anordnung erwartet als bei antiparalleler
Magnetisierung.
142
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
Um eine möglichst ideale Metall/Halbleitergrenzfläche zu garantieren und damit eine
Streuung der polarisierten Elektronen am Metall/Halbleiter-Übergang zu vermeiden,
sollen die HEMT-Strukuren in-situ im UHV längs einer ausgezeichneten Kristallachse
in einer Metall-MBE gebrochen und direkt im Anschluss die dabei neu entstandene
Spaltfläche (011) mit Eisen überwachsen werden. Die Strukturierung der Fe-Schicht
zu ferromagnetischen Kontakten erfolgt ex-situ durch Ionenätzen mittels FIBTechnologie. Diesbezüglich wurden bereits erfolgreiche Vorversuche unternommen.
•
Nutzung des Streufeldes ferromagnetischer Draht-Strukturen zur Spinpolarisation
im 2DEG: Hierbei soll das von einem Draht ausgehende und das 2DEG einer HEMTStruktur lokal durchsetzende Streufeld die Elektronen des 2DEGs unter Ausnutzung
des ZEEMAN-Effekts spinpolarisieren. Die polarisierten Elektronen besitzen im Halbleiter (hier GaAs) außerhalb des magnetischen Feldes eine endliche Driftlänge, bevor
der Spin relaxiert. Ein zweites – ebenfalls stark lokalisiertes – „Analysatorfeld“ soll
wiederum durch einen Draht erzeugt werden. Je nach Richtung bezüglich der Spinorientierung wirkt es als Energiebarriere für die Elektronen. Die Energiebarriere macht
sich im Längswiderstand des Kanals, durch den die Elektronen fließen, bemerkbar.
Bei einer parallelen Ausrichtung von „Polarisationsfeld“ und „Analysatorfeld“ sollte
der Widerstand minimal sein. Mit Hilfe einer Anordnung aus zwei aneinandergereihten ferromagnetischen Drähten verschiedener Breite lässt sich der Abstand
zwischen dem lokalisierten „Polarisationsfeld“ und „Analysatorfeld“ nahezu beliebig
einstellen. Dies ermöglicht das Studium der Spin-Relaxationslänge im Halbleiter in
Abhängigkeit von z.B. der Gitter-Temperatur, der Temperatur der Elektronen und der
Reinheit des Halbleiters.
In der angedachten Struktur sollen sich unterhalb der jeweiligen „ungenutzten“ kurzen
Kanten des „Polarisator-“ bzw. „Analysatordrahtes“ Hall-Kreuze befinden, die eine insitu Kontrolle des Umschaltens mit derselben, in dieser Arbeit erarbeiteten Methode
ermöglichen.
143
Anhang A
Integration von Bz2D
Berechnung der senkrechten Streufeldkomponente Bz3D nach dem 3D-Modell durch
Aufintegrieren von Bz2D über die Dicke der ferromagnetischen Streifen-Struktur (vgl.
Kapitel 2.1):
3D
d +t
Bz ( x0 , y0 , d ) =
∫B
z
2D
( x0 , y0 , z ) dz
d
=






µ0
f1 + 2 g8
f1 − 2 g 6

 + arctanh 

M s − signum ( g10 )  arctanh 
 g 2 4g 2 + 4g + f 
 g 2 4 g 2 − 4 g + f 
8π


7
8
1 
5
6
1 
 10
 10





f2 + 2 g4
f2 − 2 g2

 + arctanh 
+ signum ( g10 ) arctanh 
 g 2 4 g 2 − 4 g + f 
 g 2 4g 2 + 4g + f 

3
4
2 
1
2
2 
 10
 10





f 3 + 2 g8
f3 − 2 g6
 + arctanh 

− signum ( g9 )  arctanh 
 g 2 4g 2 + 4g + f 
 g 2 4g 2 − 4g + f  

7
8
3 
5
6
3  
 9
 9
d +t




  
f4 + 2 g4
f4 − 2 g2
 + arctanh 

+ signum ( g9 )  arctanh 
 g 2 4g 2 + 4g + f 
 g 2 4 g 2 − 4 g + f   

3
4
4 
1
2
4  
 9
 9
z =d
mit den Funktionen
signum ( x) = x x 2
1
g1,3 := z ±
−(a + 2 x0 ) 2 ,
2
g 2,4 := g1,3 −(a + 2 x0 ) 2 ,
g5,7 := z ±
1
−(a − 2 x0 ) 2 ,
2
g6,8 := g5,7 −(a − 2 x0 ) 2 ,
g9,10 := b ± 2 y0
und
144
ANHANG A
f1,4 := −(a ∓ 2 x0 ) 2 + 4 ( x02 + y02 ) ∓ ( x0 a + y0b) + ∆ 2  ,
f3,2 := −(a ∓ 2 x0 ) 2 + 4  ( x02 + y02 ) ∓ ( x0 a − y0b) + ∆ 2  ,
mit ∆ 2 =
1 2
(a + b 2 ).
4
145
Anhang B
Probendaten
Aufstellung der im Rahmen der Arbeit verwendeten AlxGa1-xAs/GaAs-HEMT-Strukturen:
Jeweils aufgeführt ist tabellarisch sowohl die Schichtfolge der entsprechenden Heterostruktur
und der berechnete Leitungsbandverlauf als auch die das 2DEG elektrisch charakterisierenden
Transportparameter (ohne Beleuchtung). Hierbei steht µ und n für die Elektronenbeweglichkeit bzw. -dichte. Aus diesen lässt sich die elastische freie Weglänge le der
Elektronen berechnen. Mit R H ist (wie üblich) die Hallkonstante −1/ne des 2DEGs
bezeichnet. Weiterhin ist die für die Hall-Magnetometrie interessante Größe d – die Tiefe des
2DEGs unterhalb der Probenoberfläche, angegeben. Diese wurde aus der Lage des
Maximums der berechneten Elektronenwellenfunktion extrahiert (siehe Banddiagramm,
berechnet mit [Sni90]).
Probe: #1492
Wiederh.
GaAs
}
GaAs
AlAs
10mal
Dicke [nm]
50
0,8
5
0,6
10
GaAs
650
Al35Ga65As
30
Al35Ga65As : Si-dotiert
70
GaAs
25
GaAs : Si-dotiert
5
Temperatur
300 K
77 K
4,2 K
µ [cm2 /Vs]
5720
203000
812000
11
n [10 cm ]
4,32
1,87
2,0
le [µm]
0,06
1,45
6,00
RH [Ω/mT]
1,44
3,34
3,12
-2
T = 4K
0,7
EC - EF [eV] bzw. ψ
Schicht
0,5
0,4
0,3
0,2
EC
ψ
0,1
0,0
-0,1
0
50
100
150
200
250
300
z [nm]
Tiefe
Heteroübergang:
2DEG:
130nm
d=137nm
146
ANHANG B
Probe: #1605
Schicht
Wiederh.
0,7
50
}
GaAs
AlAs
10mal
5,0
5,4
GaAs
600
Al35Ga65As
60
Al35Ga65As : Si-dotiert
50
GaAs : Si-dotiert
30
T = 4K
0,6
EC - EF [eV] bzw. ψ
GaAs
Dicke [nm]
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0
-0,1
0
50
100
150
200
250
300
z [nm]
Temperatur
300 K
77 K
4,2 K
µ [cm2 /Vs]
5600
156100
536000
11
n [10 cm ]
4,30
1,33
1,29
le [µm]
0,06
0,94
3,18
RH [Ω/mT]
1,45
4,69
4,84
Wiederh.
Dicke [nm]
-2
Tiefe
Heteroübergang:
2DEG:
140nm
d=147nm
Probe: #1671
Schicht
}
GaAs
AlAs
10mal
5,0
5,4
GaAs
650
Al33Ga67As
30
Si-Delta
–
Al33Ga67As
25
GaAs : Si-dotiert
5
Temperatur
300 K
77 K
4,2 K
µ [cm2 /Vs]
5915
167000
804650
11
n [10 cm ]
4,31
2,60
2,60
le [µm]
0,06
1,41
6,78
RH [Ω/mT]
1,45
2,40
2,40
-2
0,8
50
T = 4K
0,7
EC - EF [eV] bzw. ψ
GaAs
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0
-0,1
0
50
100
150
200
250
300
z [nm]
Tiefe
Heteroübergang:
2DEG:
60nm
d=66nm
147
Anhang B
Probe: #1792
Schicht
Wiederh.
0,8
50
}
GaAs
AlAs
10mal
5
5
GaAs
650
Al33Ga67As
40
Al33Ga67As:Si
65
GaAs:Si
5
T = 4K
0,7
EC - EF [eV] bzw. ψ
GaAs
Dicke [nm]
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0
-0,1
0
50
100
150
200
250
300
z [nm]
Temperatur
300 K
77 K
4,2 K
µ [cm2 /Vs]
7143
143400
741700
11
n [10 cm ]
2,34
1,46
1,40
le [µm]
0,06
0,91
4,58
RH [Ω/mT]
2,67
4,28
4,46
Wiederh.
Dicke [nm]
-2
Tiefe
Heteroübergang:
2DEG:
110nm
d=117nm
Probe: #11044
Schicht
}
GaAs
AlAs
10mal
5
5
GaAs
650
Al33Ga67As
15
Si-Delta
–
Al33Ga67As
10
GaAs : Si-dotiert
5
Temperatur
300 K
77 K
4,2 K
µ [cm2 /Vs]
6144
45264
39900
11
n [10 cm ]
4,64
4,09
3,76
le [µm]
0,07
0,48
0,40
RH [Ω/mT]
1,35
1,53
1,66
-2
0,8
50
T = 4K
0,7
EC - EF [eV] bzw. ψ
GaAs
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
0,0
-0,1
0
50
100
150
200
250
300
z [nm]
Tiefe
Heteroübergang:
2DEG:
30nm
d=35nm
149
Anhang C
Fotolithographiemasken
In diesem Anhang sind die wichtigsten im Rahmen der Arbeit entworfenen, hergestellten und
verwendeten Maskensätze aufgeführt. Es kann dabei grundsätzlich zwischen zwei
Maskentypen unterschieden werden: Emulsions- und Chrom-Masken:
• Die Emulsions-Maske: Hierbei handelt es sich um einen mit einer Fotoemulsion beschichteten Glasträger der Firma COLOUR-HOLOGRAPHICS (max. Lichtempfindlichkeit
zwischen 480nm und 540nm, Korngröße: 25nm), der ursprünglich für holografische
Zwecke entwickelt wurde. Dieser Glasträger wurde in einer handelsüblichen KleinbildSpiegelreflexkamera der Firma NIKON (Typ FE10) belichtet. Hierzu wurde eine SchwarzWeiß-Vorlage im DIN A0-Format, auf der das entsprechende Maskenlayout abgebildet ist,
mit einem Tintenstrahldrucker (HP Design Jet 5000) erstellt und anschließend mit der
Kamera abfotografiert, wobei die Vorlage mit weißem, aus Halogenscheinwerfern stammendem Licht beleuchtet wurde. Es wurden Verkleinerungen von 90:1, 60:1 und 30:1 je
nach Wahl des Objektives (f=100mm, 50mm, 35mm) bei einer festen Gegenstandsweite
(3283mm) erreicht. Nach dem anschließenden Entwicklungs- und Fixierungsprozess der
Fotoplatte erhält man eine Maske zur optischen Lithographie mit einem ausreichenden
Kontrast zwischen den belichteten und unbelichteten Bereichen sowie mit einer mäßigen
Flankensteilheit des Hell-Dunkel-Überganges.
• Die Chrom-Maske: Hier dient ein mit einer Chromschicht bedampfter Quarzträger als
Basis für die Fotomaske. Dieser wurde mit PMMA-Lack beschichtet und mit fokussierten
Ionen (25keV Ga+) bzw. Elektronen belichtet. Nach dem Entwickeln des PMMAs kann die
Cr-Schicht nasschemisch strukturiert werden. Abschließend muss der noch übrig
gebliebene PMMA mit Aceton entfernt werden. Die so hergestellten Fotolithographiemasken weisen einen wesentlich größeren Kontrast und Flankensteilheit auf als die
Emulsions-Masken. Die Technologie zur Herstellung von anwendungstauglichen CrMasken mittels FIB-Lithographie wurde hierzu auf Grundlage der Arbeiten von
M. HILLMANN [Hil01] weiterentwickelt.
150
ANHANG C
Emulsions-Maskensatz #10:
Abbildung C.1: Maskensatz bestehend aus Kontakt-Maske (schwarz) und Mesa-Maske (grau) sowie einer
Maske zur Strukturierung der ferromagnetischen Schicht (blau, Lift-Off-Verfahren). Die Breite der vier
elektrisch in Serie geschalteten Hall-Bars beträgt 50µm, die der Spannungsabgriffe 5µm, 10µm bzw. 15µm. Die
Hall-Bars nehmen einen Winkel von 45° bezüglich der beiden ausgezeichneten Kristallrichtungen des
AlxGa1-xAs-Legierungsystems ([110], bzw. [1-10]) ein. Diese Richtung stimmt ungefähr mit der leichten Achse
der Magnetisierung von epitaktisch abgeschiedenen Fe-Filmen auf GaAs(100) überein (siehe Kapitel 3.2.1). Die
ferromagnetischen Streifen besitzen eine nominelle Breite von 50µm und eine Länge von 200µm.
Emulsions-Maskensatz #10.6:
Abbildung C.2: Maskensatz ähnlich dem aus Abbildung C.1, jedoch mit integrierter Sonde zur Endpunktkontrolle des Ionenätzprozesses zur Strukturierung der ferromagnetischen Schicht (vgl. Kapitel 3.2.1).
Anhang C
151
Emulsions-Maskensatz #11:
Abbildung C.3: Maskensatz zur Herstellung planarer Hallsensoren (3 Masken, Farbkodierung wie zuvor).
Zusätzlich sind die FIB-Implantationen rot eingezeichnet.
Emulsions-Maskensatz #12:
Abbildung C.4: Optimierter Maskensatz zur Herstellung planarer Hallsensoren. Das Layout des Maskensatzes
wurde optimiert hinsichtlich des elektrischen Widerstands zwischen zwei sich gegenüberliegenden Potenzialsonden. Weiterhin lässt das neue Mesa-Layout eine Verkürzung der effektiven Länge der Isolationslinien zu
(siehe Implantationsmuster), wodurch der Leckstrom über die Linien minimiert werden kann. Schließlich sind
nur noch zwei (statt der sechs, vgl. mit Abbildung C.3) durch Ionenätzen realisierte Justiermarken nötigt, um die
gegenseitige Ausrichtung der einzelnen Lithographieschritte zu gewährleisten. Somit kann die auf Grund einer
immer vorhandenen Seitendosis unintentionelle Dotierung der Probe während des Ionenätz-Prozesses zur
Erzeugung der Justiermarken stark verringert werden.
152
ANHANG C
Emulsions-Maskensatz #13:
Abbildung C.5: Doppel-Hallkreuz-Struktur (nominelle Hall-Kreuzfläche: 5×5µm2; vgl. auch Abbildung 3.5):
a) Der weiße Bereich innerhalb der grauen Umrandung stellt das alleinig transparente Gebiet der gesamten Fotolithographie-(Mesa-) Maske dar. Die übrige Fläche der Mesa-Maske ist undurchsichtig. Zum besseren Verständnis sind außerdem die Kontaktgebiete (schwarz) sowie die Lage des ferromagnetischen Drahtes (hier wFM =1µm)
und der Mesa-Justiermarken (blau) abgebildet. Die vier äußeren, dreieckigen, zum Zentrum gerichteten Justiermarken (schwarz) dienen zum Ausrichten der durch EBL definierten Strukturen (blau) bezüglich der sich bereits
auf der gesamten Probe befindenden ohmschen Kontakte. Mit Hilfe der drei inneren Justiermarken (blau) ist es
möglich, während des anschließenden Fotolithographieprozesses manuell die Mesa-Maske (bei jeder HybridStruktur der Probe einzeln, „Step-and-Repeat“-Verfahren) bezüglich der ferromagnetischen Strukturen auszurichten und im Anschluss zu belichten. Die Belichtung der Mesa-Bereiche stellt damit hier einen sequenziellen
Prozess dar. b) Schematische Darstellung der prozessierten Probe am Beispiel von vier präparierten HybridStrukturen. Die Mesa-Maske ist so konzipiert, dass nach dem sequenziellen Belichtungsprozess innerhalb eine
Reihe alle Bauteile in Serie geschaltet sind und somit die Option besteht, durch alle Bauteile innerhalb einer
Reihe den selben Strom zu treiben. Am Rand der Probe sind die einzelnen Reihen zunächst noch untereinander
kurzgeschlossen. Dieser Kurzschluss muss abschließend (z.B. durch Anritzen der Oberfläche an den entsprechenden Stellen der HEMT-Struktur) behoben werden.
Anhang C
153
Chrom-Maskensatz #14-2/5:
Abbildung C.6: Optimierte Doppel-Hallkreuz-Struktur zur Minimierung des elektrischen Widerstands des
Hybrid-Bauteils (siehe auch Abbildung C.5a) und Abbildung 3.6). Die Masken wurden hier aus Cr-Blanks
mittels FIB- und EBL-Lithographie sowie nasschemischen Ätzens erstellt. a) Die Fläche der beiden elektrisch
miteinander verbundenen Hall-Kreuze beträgt 4×4µm2. Gestrichelt (orange) eingezeichnet ist die Lage eines
optionalen Top-Gates. b) Dargestellt ist die Maske mit dem kleinsten, im Rahmen dieser Arbeit hergestellten
Hall-Kreuz. Die Fläche beträgt hier nominell 2×2µm2.
155
Referenzen
[Abr70]
M. ABRAMOWITZ und I. A. STEGUN, Handbook of mathematical functions, NBS
Washington DC, 9. Auflage (1970).
[Aha96]
A. AHARONI, Introduction to the Theory of Ferromagnetism, Oxford University
Press, Oxford (1996).
[Aha97]
A. AHARONI, Angular dependence of nucleation by curling in a prolate spheroid,
J. Appl. Phys. 82, 1281 (1997).
[Ban93]
I. BANERJEE und R.H. LIVENGOOD, Application of focused ion beams, J.
Elektrochem. Soc. 140, 183 (1993).
[Bar19]
H. BARKHAUSEN, Two phenomena, discovered with the help of the new amplifiers,
Phys. Z. 20, 401 (1919).
[Ben97]
S. J. BENDING und A. ORAL, Hall effect in a highly inhomogeneous magnetic field
distribution, J. Appl. Phys. 81, 3721 (1997).
[Ben03]
L. A. BENTOLILA und SHIMON WEISS, Biological quantum dots go live, Physics
World 16, 23 (2003).
[Ber92]
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Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Personen bedanken, die zum Gelingen dieser Arbeit
beigetragen haben.
Besonders bei Prof. Dr. A. D. Wieck für die freundliche Aufnahme in seine Arbeitsgruppe, für die
Vergabe des Themas und seine kontinuierliche Unterstützung,
bei Dr. Dirk Reuter für die gute Betreuung, die fruchtbaren Diskussionen sowie die zahlreichen
Anregungen, zusätzlich für seine sehr gewissenhaft durchgeführten Korrekturarbeiten, außerdem für
die ermunternden Worte und die netten Späßchen neben der Arbeit,
bei Dr. Dorina Diaconescu, Dr. André Ebbers, Dr. Cedrik Meier und Dr. Peter Schafmeister für
die interessanten, fachlichen Diskussionen aber auch für den Spaß während und außerhalb der Arbeit,
speziell noch einmal bei Dr. André Ebbers für die sehr sorgfältigen Korrekturarbeiten,
bei Burkhard Stahlmecke, Dr. Britta Hausmanns und Prof. Dr. G. Dumpich vom Lehrstuhl für
Experimentelle Tieftemperaturphysik an der Universität Duisburg-Essen für die gute Zusammenarbeit
und die interessanten Diskussionen auf dem Gebiet des Magnetismus, insbesondere bei
Burkhard Stahlmecke für die Durchführung der Elektronenstahllithographie sowie das Aufdampfen
der Co-Schichten,
bei Prof. Dr. K. Westerholt für die Bereitstellung und Einweisung in die Plasma-Anlage des Instituts,
viele Anregungen und für das immer offene Ohr bei auftretenden Fragen,
bei Silvia Hacia und Prof. Dr. U. Kunze vom Lehrstuhl für Werkstoffe und Nanoelektronik sowie bei
U. von Hörsten und Prof. Dr. W. Keune vom Laboratorium für Angewandte Physik für das
Aufdampfen der Py- bzw. Fe-Schichten,
bei Robert Wieser, Dr. Denise Hinzke und PD Dr. U. Nowak vom Lehrstuhl für Theoretische
Physik der Universität Duisburg-Essen für die Durchführung bzw. Bereitstellung der mikromagnetischen Simulationen,
bei Rolf Wernhardt und Georg Kortenbruck für die technischen Hilfeleistungen und manch guten
Tipp,
bei allen Gruppenmitgliedern und Mitarbeitern des Lehrstuhls für Angewandte Festkörperphysik
an der Ruhr-Universität Bochum für das freundschaftliche Arbeitsklima und die große gegenseitige
Hilfsbereitschaft,
bei meiner Freundin Anna Schafmeister für das Korrekturlesen sowie für ihr stets geduldiges
Verständnis und den Beistand.
Schließlich danke ich meinen Eltern, die durch ihre Unterstützung diese Arbeit erst ermöglicht haben.
167
Lebenslauf
Sascha Hoch, geboren am 10.01.1973 in Herne.
1979 – 1983
Besuch der Grundschule an der Heistraße in Gelsenkirchen-Buer
1983 – 1992
Besuch des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums
in Gelsenkirchen-Buer
Juli 1992
Abitur
1992 – 1993
Zivildienst im Revierpark Nienhausen in Gelsenkirchen
1993 – 1999
Studium der Physik an der Ruhr-Universität Bochum
April 1999
Diplom in Physik an der Ruhr-Universität Bochum,
Thema: Anisotropie und Ballistik im Elektronentransport auf
modulationsdotierten AlxGa1-xAs/GaAs–Heterostrukturen,
Betreuer: Prof. Dr. A. D. Wieck
seit Mai 1999
Doktorand am Lehrstuhl für Angewandte Festkörperphysik der RuhrUniversität Bochum,
Betreuer: Herr Prof. Dr. A. D. Wieck
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