7 SYSTEME VON MASSEPUNKTEN 24 Vorlesung 051109 7 Systeme von Massepunkten Bisher: Modell Massepunkt für einen Körper Nun: Systeme aus N > 1 Massepunkten gutes Modell insbesondere für ”Himmelsmechanik”, aber auch für Teilchenstreuung Beispiele: System = Erde+Mond, oder System = alle Körper des Sonnensystems, aber auch: Schritt auf dem Verallgemeinerungsweg Massepunkt – Mapu-Systeme – starrer Körper – elastischer Körper – Kontinuumsmechanik Ortsvektoren ~r1 (t), . . . , ~rN (t) Massen m1 , . . . , mN Kräfte F~1 (t), . . . , F~N (t) Natürlich gilt für jeden Mapu Newton’s Bewegungsgleichung mi~r¨i = F~i i = 1, . . . , N (7.1) und alles was wir für einen Mapu daraus hergeleitet haben. 7.1 Innere und äußere Kräfte Kraft F~i auf Mapu i rührt generell her aus WW mit allen anderen Körpern des Universums diese unterteilbar in: Körper, die zum System gehören und externe Körper entsprechend (a) F~i = F~i (~ri ) + X F~ij (~ri , ~rj ) (7.2) j6=i der Einfachheit halber nur ortsabhängige Kräfte (z.B. Himmelsmechanik braucht keine Reibung) (a) F~i (~ri ): äußere Kraft auf den Mapu i verursacht durch Wechselwirkung mit jenen Teilen des Universums, die nicht zum System gehören. hänge nur von Koordinaten des Mapu i ab F~ij (~ri , ~rj ): innere Kraft auf Mapu i infolge Wechselwirkung mit Mapu j hänge nur von den Koordinaten dieser beiden Mapu ab Newton III: ~rij F~ij (~ri , ~rj ) = −F~ji (~rj , ~ri ) = Fij (rij ) rij Anmerkung: F~ii ≡ 0! die inneren WW-Kräfte verkoppeln die Gleichungen der verschiedenen Mapu miteinander. man hat insgesamt 3N gekoppelte Differentialgleichungen 2. Ordnung. das ist viel komplexer als bei einem Mapu. Wir befassen uns erst mal mit der Verallgemeinerung der vom Mapu bekannten Erhaltungssätze. (7.3) 7 SYSTEME VON MASSEPUNKTEN 7.2 25 Impuls Auf jedes Teilchen wirken zumindest die WW-Kräfte – ihre Impulse ändern sich also. Einen Erhaltungssatz gibt es für den P~ := Impuls des Systems X p~i = i X mi~r˙i Summe aller Einzelimpulse (7.4) i Wenn es der Kontext erlaubt, wird das ”des Systems” weggelassen und einfach von Impuls gesprochen. Der Impuls eines Systems ist Erhaltungsgröße gdw. die Summe aller äußeren Kräfte verschwindet. Impulserhaltungssatz: (7.5) Beweis: ´ X (a) 1 X ³ X X (a) X X ˙ F~i + F~ij (~ri , ~rj ) = F~i + p~˙ = F~ij (~ri , ~rj ) + F~ji (~rj , ~ri ) P~ = 2 j6=i i i i i j6=i i,j die runde Klammer im 2. Term verschwindet wegen Newton III, also folgt die wichtige Impulsbilanz: X (a) ˙ P~ = F~i Impulsänderung = Summe äußerer Kräfte (7.6) i Daraus folgt sofort der Erhaltungssatz. q.e.d. Weitere nützliche Begriffe: Gesamtmasse M := X mi Summe aller Massen (7.7) i ~ := Massemittelpunkt (MMP) R X mi i M ~ri gewichtetes Mittel aller Orte Gewicht des Ortes i: Anteil mi /M von Körper i an Gesamtmasse (7.8) oft wird der MMP auch Schwerpunkt genannt. Offensichtlich gilt ~˙ P~ = M R der Gesamtimpuls eines Systems von Massepunkten entspricht dem Impuls eines Teilchens, welches die Gesamtmasse M im MMP vereinigt. X (a) ~¨ = MR F~i i der Massemittelpunkt eines Systems von Massepunkten bewegt sich wie ein einzelnes Teilchen mit der Gesamtmasse M , an dem die Summe aller äußeren Kräfte angreift. (7.9) (7.10) wenn man sich für die innere Bewegung im System nicht interessiert, kann ein Teilchen mit der Gesamtmasse im MMP als Repräsentant des Systems dienen, das rechtfertigt das Modell Punktmasse für ausgedehnte Körper. 7 SYSTEME VON MASSEPUNKTEN 7.3 26 Drehimpuls ~ := L Drehimpuls eines Systems X ~i = L i X ~ri × p~i Summe aller Drehimpulse (7.11) i Wenn es der Kontext erlaubt, wird ”des Systems” weggelassen und einfach von Drehimpuls gesprochen. Drehimpulserhaltungssatz: der Drehimpuls eines Systems ist Erhaltungsgröße, wenn das Gesamtdrehmoment der äußeren Kräfte verschwindet. (7.12) Beweis: X˙ ~˙ = ~i L L wie bei 1 Mapu = X X ~ri × F~i = i i NR: i6=j X i,j (a) ~ri × F~i + i 1 ~ri × F~ij (~ri , ~rj ) = 2 i6=j X ~ri × F~ij (~ri , ~rj ) i,j i6=j h X i,j i6=j i 1X ~ ~ ~ri × Fij (~ri , ~rj ) + ~rj × Fji (~rj , ~ri ) = [~ri − ~rj ] × F~ij (~ri , ~rj ) 2 i,j das letzte ganz rechts ist null, weil [~ri − ~rj ] parallel zu F~ij (Newton III). das bedeutet: der Beitrag der inneren Kräfte zum Gesamtdrehmoment verschwindet.6 Es ergibt sich die X (a) ~˙ = Drehimpulsbilanz: L ~ri × F~i (7.13) i Aus dieser folgt sofort der Erhaltungssatz. q.e.d. Aufspaltung des Drehimpulses in Schwerpunktanteil und Relativanteil: ~ = L X ~ri × p~i = i ~ = R ~ × P~ + L X X ~ + ~xi ) × mi (R ~˙ + ~x˙ i ) (R beim Ausmultiplizieren P verschwinden alle Mischterme wegen i mi ~xi = 0. i ˙i ~xi × mi ~x (7.14) i erster Term: Drehimpuls eines Teilchens mit Gesamtmasse M im Schwerpunkt zweiter Term: Drehimpuls im MMP-System (Koordinatensystem mit Schwerpunkt im Ursprung). 7.4 Energie Die Verallgemeinerung des Energiesatzes auf Systeme ist naheliegend. Erst 2 Definitionen, dann der Satz. kinetische Energie des Systems T = Xm i 6 2 ~r˙i 2 Summe aller kinetischen Energien (7.15) Wenn das nicht so wäre, würde ein von außen völlig unbeeinflusstes System spontan anfangen sich zu drehen. Wegen der Isotropie des Raumes können Paar-Wechselwirkungskräfte nur entlang der Verbindungslinie der beiden Körper wirken. 7 SYSTEME VON MASSEPUNKTEN 27 Auch hier wieder: das ”des Systems” im Kontext weglassbar. konservative Kräfte: ∃ Potential V so dass F~i = − grad i V (~r1 , . . . , ~rN ). (7.16) hier grad i = Vektor der Ableitungen nach den 3 Komponenten von ~ri . Für konservative Kräfte ist die mechanische Energie E = T + V eine Erhaltungsgrösse. Energie-Erhaltunssatz (7.17) Beweis: Zunächst gilt offensichtlich ganz allgemein X dT F~i · ~r˙i = dem System zugeführte Leistung. = dt Leistungsbilanz (7.18) i Und damit bei konservativen Kräften dV dt ≡ X i ∇i V · X d~ ri dT (7.18) =− F~i · ~r˙i = − dt dt q.e.d. (7.19) i Die Unterscheidung zwischen äußeren Kräften und Wechselwirkugnskräften erlaubt Verfeinerungen. Behauptung: (a) Die F~i sind konservativ gdw. die äußeren Kräfte F~i konservativ sind. (7.20) Das bedeutet: E-Erhaltung gdw. die äußeren Kräfte konservativ sind. Beweis: Zu beweisen ist: die Wechselwirkungskräfte sind konservativ, besitzen also ein Potential. Das folgt aus der allgemeinen Form (7.3) der WW-Kräfte (Newton III) ~rij F~ij = Fij (|~rij |) mit ~rij := ~ri − ~rj und Fij (r) = Fji (r). rij Offensichtlich: Fij (r) = −Vij0 (r) Z mit dem Potential Vij (r) = − Damit auch: grad i Vij (rij ) = Vij0 (rij ) grad i rij = −Fij (rij ) r Fij (s)ds. ~rij = −F~ij rij q.e.d. (7.21)