21.1 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.1. Eigenwerte und Eigenvektoren, charakteristisches Polynom Ein Eigenvektor einer quadratischen Matrix A ist ein vom Nullvektor verschiedener Vektor v, so dass Av und v parallel sind. Ein Eigenvektor wird also nur gestreckt, wenn man ihn mit A multipliziert und man bezeichnet den Streckungsfaktor als Eigenwert der Matrix. 21.2 Eigenwerte und Eigenvektoren Sei A eine quadratische Matrix. Def Eine Zahl l heisst ein Eigenwert (oder "E-Wert") von A, falls es einen Vektor v = 0 gibt, so dass A v = lv gilt. v und Av sind parallel Der Vektor v heisst dann Eigenvektor ("E-Vek") zu l. Eigenvektoren dürfen nicht Null sein, da A 0 = l 0 trivial ist und somit nichts aussagt. 21.3 Eigenwerte und Eigenvektoren A v =lv v = 0 ist ein E-Vek l ist ein E-Wert der quadratischen Matrix A <=> <=> <=> Av - l v = 0 (A- l En ) v = 0 v ist im Nullraum der Matrix A- lE n . PLAN: 1 Bestimmung der Eigenwerte 2 Bestimmung der Eigenvektoren 3 Anwendungen 1 21.4 Bestimmung der Eigenwerte: Die E-Werte von A sind die Zahlen l , so dass die Gleichung A v - lv = 0 (A - l E n) v nicht triviale Lösungen besitzt, also genau die Zahlen, so dass die Matrix A - l E n nicht invertierbar ist, also genau die Zahlen l , so dass det ( A - l E n) = 0. Diese Gleichung heisst die charakteristische Gleichung von A. 21.5 Def Das charakteristische Polynom der nxn Matrix A ist pA( l ) = det ( A - l E n). Es ist ein Polynom n-ten Grades. Fazit: Die E-Werte einer Matrix sind die Nullstellen ihres charakteristischen Polynoms. Wir bestimmen die E-Werte einer Matrix, indem wir die Nullstellen ihres charakteristischen Polynoms bestimmen. 21.6 Wie viele und was für Nullstellen hat pA (l )? Gemäss dem Fundamentalsatz der Algebra hat pA( l ) n Nullstellen, die reelle oder komplexe Zahlen sind und nicht notwendigerweise verschieden sind (wir berücksichtigen ihre Vielfachheit). Es folgt, dass jede n-reihige Matrix A genau n (reelle oder komplexe) Eigenwerte besitzt, l 1, l 2 ,..., l n, wobei mehrfache Eigenwerte entsprechend oft berücksichtigt werden. 21.7 Bsp A = 1 2 4 3 Was sind die E-Werte? pA ( l ) = det (A-l E2 ) = det 1-l 2 4 3- l = (1- l )(3-l )-2 4 = l² - 4 l - 5 Die Nullstellen des char. Polynoms sind: l² - 4 l - 5 = 0 <=> l = -1 oder l = 5. Mitternachtsformel E-Werte: -1 und 5. Bsp A = 1 1 1 Was sind 21.8 0 -2 3 1 0 4 die E-Werte? pA ( l ) = det 1- l 0 -2 1 3- l 1 1 0 4- l = (3- l) det 1- l -2 Laplacesche Entwicklung 1 4- l nach der 2. Spalte = (3- l) ( l²-5 l+6) Nullstellen: 2 & 3 = (3- l)² (2- l) Die E-Werte sind 2 und 3. einfacher E-Wert doppelter E-Wert 21.9 Eigenwerte einer Dreiecksmatrix Ist A eine (obere oder untere) Dreiecksmatrix, so sind ihre E-Werte gleich den Hauptdiagonalelmente, da die Determinante einer Dreiecksmatrix gleich dem Produkt der Hauptdiagonalelemente ist. Bsp A = 1 -9 57 33 0 2 0.1 7 0 0 3 0 0 0 0 4 pA ( l ) = det 1- l -9 57 33 0 2- l 0.1 7 0 0 3- l 0 0 0 0 4- l = (1- l )(2- l )(3- l)(4- l) => Die E-Werte sind 1, 2, 3, 4. Spur 21.10 Def Die Spur ("trace") der n-reihigen Matrix A ist die Summe ihrer Hauptdiagonalenelemente: Sp A = a 11 + a 22 + ... + a nn Bsp A = 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Sp A = 1 + 5 + 9 = 15 21.11 Eigenschaften der Eigenwerte Satz: Sp A = l 1+ l 2+ ... + l n Summe aller E-Werte Spur det A = l 1 l 2 ... l n Produkt aller E-Werte Determinante Beweis: Vergleiche die zwei folgenden Schreibweisen des charakteristischen Polynoms. 21.12 Einerseits ist das charakteristische Polynom gleich p ( l) = det ( A - l E n ) = A = det a11-l a 12 ... a 1n a21 a 22-l ... a 2n : : : a n1 a n2 ... a nn- l n = (- l ) + Sp A (- l ) ...+ det A n-1 +... Andererseits ist das charak. Polynom gleich 21.13 p ( l) = A = ( l1- l) ( l2- l) ... ( l-n l) wobei l 1, l 2,..., l n die Nullstellen / E-Werte sind n = (- l ) +( l+...+ ln)(- l) 1 + ... + l l2 ... l n n-1 1 Es folgt, dass Sp A = l 1+ l 2+ ... + l n det A = l 1 l 2 ... l n => Eine Matrix A ist genau dann invertierbar (d.h. det A = 0), wenn 0 kein E-Wert von A ist! Invertierbarkeit 21.14 Zusammenfassung - Teil 2 Die folgenden Behauptungen über eine nxn Matrix A sind äquivalent: A ist invertierbar T <=> A <=> das ist invertierbar Gauss-Verf. auf A angewendet liefert dreieckige Stufenformen mit nicht verschwindenen Diagonalelementen <=> A hat Rang n n-Basis die Spalten von A bilden eine R <=> <=> die Spalten von A sind lin. unabhängig <=> der Nullvektor ist die einzige Lösung der homogenen Gleichung Ax=0 <=> 0 ist kein Eigenwert von A 21.15 2 Bestimmung der Eigenvektoren: Für jeden E-Wert l sind die entsprechenden E-Vek die Vektoren v = 0 in Eig l = ker ( A - l E n ). heisst der l- Eigenraum von A Zur Erinnerung: ker(B) kennzeichnet die Lösungsmenge der Gleichung B v = 0 und heisst Nullraum oder Kern von B. Um die l - Eigenvektoren zu bestimmen, lösen wir die Gleichung ( A - l E n ) v = 0 mittels des Gauss-Verfahrens. 21.16 Bsp A = 1 2 4 3 Die E-Werte sind -1 & 5 (siehe früher). Bestimmung der E-Vek: E-Vek zu l1 = -1: A-(-1)E2 = 1+1 2 4 3+1 = 2 2 1 1 4 4 0 0 => Eig l1 = span 1 -1 v1 = 1 ist ein E-Vek -1 zu l1 = -1. 21.17 E-Vek zu l2 = 5: A-5E = 1-5 2 4 3-5 -1 = -4 2 1 2 4 -2 0 0 => Eig l = span 1 2 2 v2 = 1 ist ein E-Vek 2 zu l2 = 5. Bmk: Alle anderen E-Vek von A sind Vielfache von v 1 oder v 2 . Ziel: Bestimme so viele linear unabhängige Eigenvektoren wie möglich. 21.18 Bsp A = 5 -3 3 -1 Bestimme: 1 die E-Werte von A und 2 die E-Vek von A. 1 pA (l ) = det (A-l E2 ) = det 5-l -3 3 -1-l = (5- l )(-1-l ) + 9 = l²-4l +4 = ( l²-2)² Daher ist l =2 der einzige E-Wert von A. 21.19 2 Die E-Vek zu l =2 sind die nicht Null Vektoren im Kern der Matrix A-2E2 = 5-2 -3 3 -1-2 = 3 -3 3 -3 Das Gauss-Verfahren liefert die Stufenform 1 -1 . 0 0 Die E-Vek von A sind daher die Vektoren von der Form k 1 mit k=0. 1 21.20 Satz E-Vek zu verschiedenen E-Werten sind stets linear unabhängig. Beweis im Sonderfall von 3 Vektoren: Der Beweis für beliebige Anzahl Vektoren ist ähnlich. Seien v k E-Vek zu l k, k=1,2,3, mit l 1, l 2 , l 3 paarweise verschieden. Sei c 1v 1+ c 2v 2+ c 3v = 0 und zeige, 3 dass alle c 1, c 2, c 3 null sein müssen. Multipliziere beide Seiten der obigen Gleichung von links mit A, c1l v + c 11 v + l 2 2 2 c v = l 3 33 0, 21.21 und subtrahiere die Gleichung l1(c 1v 1+ c 2v 2+ c 3v 3) = 0. Es ergibt: 0 + c 2( l2- l1)v 2+ c 3( l3- l1)v 3= 0. Mit dieser Gleichung wiederhole die obigen Schritte mit l2 anstatt l1. Es ergibt: c 3( l3- l2)( l3- l1) Da v3=0, l =l , & 3 2 l3= l1, v = 0. 3 muss c 3= 0. Durch Umnummerierung und mit gleichem Vorgehen kann das Verschwinden von c und c gezeigt werden. 1 2 Eigenbasis 21.22 Def Eine Eigenbasis ("E-Basis") für eine nxn Matrix A ist n eine Basis {v1 ,...,vn } von R wobei A v k = l k v k (k=1,...,n). v1,...,v n sind E-Vek und l 1,..., l n die entsprechenden E-Werte Eine Eigenbasis existiert genau dann, wenn A *n* linear unabhängige E-Vek v1 ,...,vn besitzt. Bsp Eine E-Basis für A = 1 2 4 3 ist z.B. {v1= 1 ,v2= 1 }. -1 2 21.23 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.2. Komplexe Eigenwerte und Eigenvektoren einer reellen Matrix Ist eine Matrix reell, so treten komplexe Eigenwerte als Paare von konjugiert komplexen Zahlen auf. Ist v ein Eigenvektor zu einem komplexen E-Wert, so ist v ein E-Vek zum konjugiert komplexen E-Wert. Eigenschaften der komplexen E-Werte und E-Vektoren 21.24 Sei A eine nxn reelle Matrix. Komplexe Eigenwerte treten stets als Paare zueinander konjugiert komplexer Zahlen auf. Wieso? Weil bei reellen Polynomen komplexe Nullstellen als Paare zueinander konjugiert komplexer Zahlen auftreten; s. Seite 13.14. Zu einem komplexen Eigenwert gehören komplexe Eigenvektoren. Wieso? Av ist reell, wenn A & v reell sind. Sind l & l konjugiert komplexe E-Werte, so treten entsprechende E-Vek auch als Paare auf (v und v). Wieso? Aus Av= lv folgt, dass Av= lv. Bsp Sei A = 21.25 0 -2 . 2 0 1 Das charakteristische Polynom p A( l) = l²+4 besitzt die Nullstellen 2i und -2i (die zweiten Wurzeln von -4). l1=2i und l2=-2i sind deshalb die Eigenwerte dieser Matrix. 2 Der E-Raum zu l1=2i ist ker -2i -2 = ker 1 -i . 2 -2i 0 0 Wir wählen den E-Vek v1 = i 1 zu l1=2i. Dann ist v2= v1= -i 1 ein E-Vek zu l2 =l1 = -2i. Bsp Sei A = 11 -15 . 6 -7 21.26 1 Eigenwerte Das charakteristische Polynom, pA( l) = l²-4 l +13, besitzt die Nullstellen l = 4 216-52 = 2 3i. 2+3i und 2-3i sind deshalb die E-Werte dieser Matrix. 2 Eigenvektoren Die E-Vek zu l1= 2+3i sind die vom Nullvektor verschiedenen Vektoren im folgenden Kern: =Nullraum 21.27 ker (A-(2+3i)E) = ker 9-3i -15 6 -9-3i Elem. Zeilenumformungen ergeben: 1 x 9-3i -15 3-i -5 3 6 Z1 6 -9-3i - 9-3i 0 0 Der Kernel wird vom folgenden Vektor aufgespannt: v1 = 5 3-i Die E-Vek zu l2 = l1 = 2-3i sind dann die Vielfachen von v2 = v1 = 5 . 3+i 21.28 Die Lineare Algebra darf (soll) mit komplexen Zahlen durchgeführt werden. Das Gauss-Verfahren für Systeme linearer Gleichungen mit komplexen Koeff. lässt die gleichen elementaren Zeilenumformungen wie früher zu. Die Berechnung der Determinante einer n-reihigen Matrix mit komplexen Komponenten erfolgt wie früher (Laplace-Entwicklung oder Formeln). Die Berechnung der Inversen einer komplexen Matrix anhand des Gauss-Verfahrens oder einer Formel erfolgt wie früher. Basis, Dimension, Eigenwerte, Eigenvektoren, etc auch wie früher! 21.29 Bsp Löse das System a + ib + (-1-i)c = 3-5i 2a -2ib + (-1-2i)c = 7-9i Gauss-Verfahren: 1 i -1-i 3-5i 2 -2i -1-2i 7-9i 1 i -1-i 3-5i 0 -4i 1 1+i 3 19i 1 0 - 4 -i 13 4 4 i 1+ 1 i 0 1 4 4 4 -2Z1 +1 Z 4 2 x 4i c=t komplexer Parameter Lösungen: 19i +t 3 +i ,t C a = 13 4 4 4 i 1 1 b -4+4i -4 c 0 1 21.30 Bsp Ist die Matrix A= i -1-i 1 2+i invertierbar? Falls ja, was ist ihre Inverse? det A = i (2+i) - 1 (-1-i) = 3i = 0 Deshalb ist A invertierbar. Aus der Formel -1 1 d -b a b = ad-bc -c a c d 1 folgt: A = 3i -1 Bmk: 1 =- 1 i 3i 3 2+i 1+i -1 i 1 2 1 1 = 3- 3 i 3- 3 i 1 1 i 3 3 21.31 Bsp Sei A = 2i 1-i . -2 1+i -2+2i 2 a) Was ist der Rang von A? b) Was ist die Dimension des Kerns von A? c) Bestimme eine Basis von ker A. a) Das Gauss-Verfahren liefert: 2i 1-i ... 1 - 21 - 21 i -2 1+i 0 0 -2+2i 2 0 0 Der Rang von A ist daher gleich 1. 21.32 b) Nach dem Rangsatz gilt 2 = dim N(A) + rang A. Da rang A = 1, ist die Dimension des Kerns von A gleich 1. c) Die Stufenform vom Teil (a) zeigt eine Basis von ker A: 1+ 1i 2 2 1 22.1 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.3. Diagonalisierung einer Matrix Diagonalmatrizen (bei denen alle Elemente ausserhalb der Hauptdiagonale Null sind) sind am einfachsten für die Berechnungen. Die sogennanten diagonalisierbaren Matrizen benehmen sich teilweise noch wie Diagonalmatrizen. Dazu wird eine Basis gebraucht, die aus Eigenvektoren besteht. Diagonalisierbarkeit 22.2 Def Eine quadratische Matrix heisst diagonalisierbar, wenn eine invertierbare Matrix S und eine Diagonalmatrix D existieren, sodass -1 A = S D S . Satz A ist genau dann diagonalisierbar, wenn eine Eigenbasis für A existiert. Beweis Zur Erinnerung: Eine Eigenbasis (E-Basis) für eine nxn Matrix A ist n eine Basis von R , die aus E-Vek von A besteht. 22.3 Sei {v1,...,v n} eine E-Basis für A. Seien l1,..., l n die entsprechenden E-Werte: A v k = lk v k . Wir definieren S = v1 ... vn und D = l1 0 0 ln 22.4 Die Matrix D ist anschaulich eine Diagonalmatrix und die Matrix S ist invertierbar, da ihre Spalten eine Basis von n R bilden. Wir brauchen also nur zu bestätigen, dass A S = S D. S D = v1 ... vn = S 1v1 ... nvn 0 1 0 n D A S = A 22.5 v1 ... vn S = Av1 ... Avn Spalten-Sichtweise des Produkts zweier Matrizen = 1v1 ... nvn Definition Eigenwert: Av= v A S = S D Und umgekehrt: ist A = S D S -1 , so sind die S-Spalten E-Vek von A und die Diagonalelemente von D die entsprechenden E-Werte. Bsp A = 1 2 4 3 Siehe Berechnung von E-Werte & E-Vek in der früheren Vorlesung. 22.6 1 E-Werte: l 1 = -1 und l2 = 5. 2 E-Vek: v1 = 1 ist E-Vek -1 zu l 1 = -1, v2 = 1 ist E-Vek 2 zu l2 = 5. 22.7 Zur Erinnerung: 2 linear unabhängige Vektoren in R2 bilden eine Basis von R 2. v1 und v2 sind linear unabhängige E-Vek von A. Deshalb ist {v1 ,v2 } eine Eigenbasis für A und A ist diagonalisierbar: -1 A = S D S , wobei D= -1 0 0 5 & S= 1 -1 1 2 Die Reihenfolgen l1 ,l2 in D und v1,v2 in S müssen übereinstimmen! Check: A S = S D. Bsp A = 5 -3 3 -1 1 E-Werte: pA ( l )=det 5-l -3 3 -1-l =...=(l -2)² l =2 ist der einzige E-Wert (doppelter E-Wert). 2 E-Vek: ker(A-2E2 )=ker 3 -3 3 -3 =span 1 1 22.8 v = 1 ist ein E-Vek. 1 Alle andere E-Vek sind Vielfachen von v. Insbesondere kann man nicht zwei linear unabh. E-Vek dieser A finden. Deshalb gibt es keine Eigenbasis für A und A ist nicht diagonalisierbar! 22.9 Aber die meisten Matrizen sind diagonalisierbar! Insbesondere sind alle nxn Matrizen mit n verschiedenen Eigenwerte diagonalisierbar. Abklärung 22.10 In diesem Kurs betrachten wir: - Matrix Potenzen *nur* für diagonalisierbare Matrizen; - DGL-Systeme in der Ebene auch mit nicht-diagonalisierbaren Koeffizientenmatrizen und - DGL-Systeme in Dim > 3 *nur* mit diagonalisierbaren Matrizen. Die Lineare Algebra ermöglicht jedoch auch die effiziente Behandlung auch von nicht-diagonalisierbaren Matrizen in alle Dimensionen - siehe "Jordansche Normalform". 22.11 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.4. Matrixpotenzen, diskretes Entwicklungsmodell Die direkte wiederholte Matrixmultiplikation einer Matrix mit sich selbst A N = A A A ... A erfordert einen hohen Rechenaufwand. Um Matrixpotenzen effizient zu berechnen, kommen Eigenwerte und Eigenvektoren zum Einsatz. 22.12 3 Anwendungen der Eigenwerte & Eigenvektoren Hier: Matrix Potenzieren Nachher: Differentialgleichungen Diskretes Entwicklungsmodell Seien v(N) n R die Zustände eines Systems zu den Zeitpunkten N=0,1,2,... diskrete Zeit: Jahr/Minute/Woche/... v0 n R die Anfangsbedingung d.h. der gegebene Zustand am Anfang 22.13 v (N+1) = A v (N) Nächster Zustand Vorheriger Zustand In jedem Schritt wird der Zustand mit A multipliziert. v (0) = v 0 Anfangsbedingung besitzt die Lösung N v (N) = A v 0 Wie berechnet man A N ? Bsp Ein Populationsmodell: 22.14 Wir betrachten das australische Ökosystem von Hasen und Füchsen bei unbeschränktem Grasangebot. Seien h(N) die Anzahl Hasen und f(N) die Anzahl Füchse zur Zeit N. Die folgenden Gleichungen für die Dynamik der Hasen- und Fuchspopulationen wurden aufgestellt: h(N+1) = 4 h(N) - 2 f(N) f(N+1) = h(N) + f(N) Die Anfangszahlen sind h(0)=100 f(0)=50. Bestimme h(33) und f(33). 22.15 h(N+1) f(N+1) = 4 1 -2 1 v(N+1) h(0) f(0) = h(N) f(N) v(N) A 100 50 besitzt die Lösung h(N) = f(N) 4 -2 1 1 N 100 50 N A Wie berechnet man A 33 ? Matrix Potenzieren 22.16 (nur für quadratische Matrizen) Ist A eine n-reihige Matrix so sind 0 A = En p A = A A ... A (p=1,2,3,...) wiederholte Matrixmultiplikation mit p Faktoren Es gelten die Potenzgesetze: A p+q A p q p = A A q p q = ( A ) Berechnung von Es gibt - A ist - A ist - A ist A N 22.17 drei Fälle: diagonal in diesem Kurs diagonalisierbar nicht diagonalisierbar Falls A = a 1 0 a2 dann ist A N = a N 1 0 0 a a N 2 diagonal ist, n 0 einfach! a Nn weil das Produkt von Diagonalmatrizen komponentenweise erfolgt. 22.18 Falls A diagonalisierbar ist, d.h. A = S D S -1 wobei D diagonal und S invertierbar ist,* dann ist N -1 A = (SDS )(SDS ) ... (SDS ) -1 = S D N S -1 -1 N Faktoren (SDS-1) N wobei D einfach zu berechnen ist. * D = Diagonalmatrix mit Hauptdiagonalelementen gleich der Eigenwerte der Matrix A S = Matrix mit Spalten gleich den entsprechenden Eigenvektoren der Matrix A 22.19 Bsp (Hasen vs. Füchse Fort.) A = 4 -2 1 1 1 E-Werte: pA ( l )=det 4-l -2 1 1-l = l²-5l +6 l1 = 2 und l2 = 3. 2 E-Vektoren E-Vek zu l1= 2: ker(A-2E2 )=ker 2 -2 1 -1 =ker 1 -1 = span 1 0 0 1 22.20 E-Vek zu l2= 3: ker(A-3E2 )=ker 1 -2 = span 2 1 -2 1 -1 3 Deshalb ist A = S D S , wobei D= 2 0 & S= 1 2 . 0 3 1 1 33 33 -1 A = S D S 33 = 1 2 2 0 -1 2 33 1 1 0 3 1 -1 33 33 34 33 =...= 2 3 - 2 2 -2 3 34 33 33 33 3 - 2 2 -3 Antwort: 33 h(33) = A 100 = ...... f(33) 50 ...... 23.1 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.5. Systeme linearer DGL erster Ordnung mit konst. Koeffiz. Systeme linearer DGL erster Ordnung mit konstanten Koeffizienten modellieren zeitabhängige Prozesse, deren weiterer Verlauf nur vom Anfangszustand, aber nicht von der Wahl des Anfangszeitpunkts abhängt. Sie sind die einfachsten "dynamischen Systeme" und dienen auch als Annäherungen für andere Systeme. 23.2 Systeme linearer DGL 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten a ij R Ableitung bzgl. Zeit-Variable y1 = a11y1 +a12y2 +...+a1n yn y2 = a21y1 +a22y2 +...+a2nyn : : : : yn = an1y1 +an2 y2 +...+ann yn +g1 (t) +g2 (t) : +gn (t) Eine Lösung des Systems besteht aus einem n-Tupel von Funktionen (y 1 (t), y 2(t),..., y n(t)), die die n linearen Differentialgleichungen (DGL) gleichzeitig erfüllen. 23.3 Bsp Glukose im Blut (Blutzucker) Die Schwankungen des Blutzuckers (rot) und des den Blutzucker kontrollierenden Hormons Insulin (blau) beim Menschen über den Tagesablauf mit 3 Mahlzeiten. [nach wikipedia] 23.4 Ein Diabetiker muss genau auf seinen Glukosestoffwechsel achten. Es sei z(t) die Überschusskonzentration der Glukose im Blut (in mg/dl) zur Zeit t, d.h. die Abweichung von derjenigen, die man nach mehreren Stunden Fasten misst. Ein negativer Wert von z(t) zeigt an, dass sich die Glukosekonzentration zur Zeit t unter dem Fastenwert befindet. Es sei h(t) die Überschusskonzentration des Insulins. Die Forschung hat mathematische Modelle entwickelt, die das System der Glukoseregulation beschreiben, so z.B. dz dt dh dt z 0.6 z 0.2 h 0.2 h Aufgabe: Nach einem schweren Festtagsessen, misst man z(0)=30 & h(0)=0. Bestimme die Funktionen z(t) & h(t). 23.5 Matrizendarstellung des Systems: y = A y + g wobei die Koeffizientenmatrix A = a 11 a 21 : a n1 a 12 ... a 22 ... : a n2 ... a 1n a 2n : a nn eine quadratische Matrix ist, der Lösungsvektor 23.6 y = y1 y2 yn ist ein Vektor mit n (noch unbekannten) Funktionen yi (t) als Komponenten, dessen Ableitung der Vektor der Ableitungen yi (t) ist, y = y1 y2 yn der Störvektor ist ein gegebener Vektor mit Funktionen als Komponenten, 23.7 g = g 1(t) . g2 (t) g n (t) Das System wird homogen gennant falls g = 0 (d.h. falls alle g i (t) die Nullfunktion sind), andernfalls inhomogen. Das zu zugehörige homogene System ist H y = A y Bsp 1 y1 = y1 - 2 y 3 y 2 = y1 + 3 y2 + y 3 y 3 = y1 + 4 y3 Hier ist A = 1 1 1 23.8 0 -2 3 1 0 4 und das System ist homogen. Bsp 2 y 1 = - 5 y1 - 5 y 2 x y2 = 4 y1 - y 2 + e ( Hier A = -5 -5 4 -1 Bsp 3 ) () und g = 0 . ex y1 = y1 + y2 y2 = - 4 y1 + 5 y 2 Hier ist A = ( 1 -4 1 5 ) und das System ist homogen. Anfangswertproblem (AWP) y = A y + g y(t0) = y0 23.9 DGL System gegebener Anfangswert, wobei t=t0 die "Anfangszeit" ist Satz (Sonderfall des berühmten Picard-Lindelöf-Satzes) Seien g 1(t), g 2(t),..., g n(t) differenzierbare Funktionen. Dann besitzt das AWP y = A y + g y (t 0) = y 0 eine eindeutige Lösung in einer gewissen Umgebung von t 0, für jede Anfangsbedingung y 0. 23.10 Lösungsverhalten Es folgt, dass die Lösungsmenge eines Systems n linearer DGL 1. Ordnung mit konst. Koeffizienten und n gesuchten Funktionen y1 ,...,yn (ohne Anfangsbedingung) eine n-parametrige Schar von n-Tupel (y1 ,...,yn ) ist. Eine Anfangsbedingung (wobei n Werte y1 (t0 ),...,y n(t 0) angegeben sind) legt die n Parameter fest und bestimmt eine einzige Lösung. Bsp Glukose im Blut, Forts. z = -1 -0.2 h 0.6 -0.2 y A z(0) = 30 h(0) 0 y(0) y0 23.11 z h y Es gibt genau ein FunktionenPaar (z,h), das dieses AWP erfüllt. Aufgabe: Bestimme dieses Funktionen-Paar (z,h). Lösungsstrategie 23.12 y = A y + g 1. Löse das homogene System y = A y H Sei yH die allgemeine Lösung. 2. Bestimme eine partikuläre Lösung yP des inhomogenen Systems . Nach dem Superpositionsprinzip (Linearität) ist die allgemeine Lösung von y = yP + yH . 23.13 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.6. Integration eines homogenen Systems, falls die KoeffizientenMatrix diagonalisierbar ist mit reellen E-Werte Wenn die Koeffizienten-Matrix A diagonalisierbar ist, führt die Lösung eines homogenen Systems linearer DGL erster Ordnung auf das Eigenwertproblem für A zurück. 23.14 Lösung des homogenen Systems H y = A y Dieses System ist stets lösbar. In diesem Kurs betrachten wir allerdings nur die Fälle, wo die Koeffizientenmatrix A n-reihig, diagonalisierbar oder 2-reihig, nicht diagonalisierbar ist. Rufe die Eigenwerte und Eigenvektoren ins Gedächtnis. 23.15 Idee: Dank Linearität und Homogenität sind Linearkombinationen von Lösungen ebenfalls Lösungen. Es genügt also, für ein System von n DGL, n Lösungen zu bestimmen, eine für jeden von n linear unabhängigen Anfangswerten y(0)=v. Vom Fall n=1 inspiriert fangen wir mit einem Exponentialansatz an: Für welche Zahlen l und Vektoren t v ist y=e v eine Lösung von H? Genau dann ist y(t)=e t v eine Lösung von y=Ay, wenn d e t v = A e t v dt d.h. wenn t t le v=Ae v d.h. wenn 23.16 A v = lv d.h. wenn l ein E-Wert der Matrix A ist und v ein E-Vek von A zum E-Wert l . Besitzt A n linear unabhängige E-Vek v1 ,...,vn (zu den E-Werte l k ), d.h. ist A diagonalisierbar, l1t t l n so sind e v1 ,..., e v n n linear unabhängige Lösungen von H. 23.17 Falls die Koeffizientenmatrix A diagonalisierbar ist: Seien l1 , l2 , ..., ln die nicht notwendigerweise verschiedenen E-Werte von A (wir berücksichtigen die Vielfachheit) und seien v1 , v2 , ... , vn entsprechende linear unabhängige E-Vek, i.e., A vj =lj vj . Falls alle l j reell sind, ist die allgemeine Lösung des homogenen Systems y=Ay wie folgt: H l1t yH = k1 e lnt v 1 +...+ k n e vn wobei die k j beliebige reelle Konstanten sind. Bsp Glukose im Blut, Forts. z = -1 -0.2 h 0.6 -0.2 y A z(0) = 30 h(0) 0 y(0) y0 23.18 z h y 1. Bestimmung der E-Werte l der Matrix A pA ( l) = det (A- l E) = l² + 1.2 l + 0.32 = ( l +0.4)( l+0.8) Eigenwerte: -0.4 & -0.8. l1 l2 23.19 2. Bestimmung der E-Vek von A ker(A+0.4E) =...= span 1 -3 v1 ker(A+0.8E) =...= span 1 -1 v2 3. Die allgemeine Lösung ist l2 l1 -.4t z(t) =k1e h(t) k1,k2 1 +k2e-.8t 1 -3 -1 v1 v2 R 23.20 4. Um die Anfangsbedingung zu erfüllen, muss gelten: 0 k 1e d.h. 1 + k 2e 0 1 -3 -1 = 30 0 k1 + k 2 = 30 -3 k 1 - k 2 = 0 Die Lösung dieses LGS lautet k 1 = -15 und k 2 = 45. Also ist die Lösung des AWP -.8t -.4t z(t) = -15e +45e -.8t -.4t h(t) 45e -45e Bsp 1 A = 1 1 1 23.21 0 -2 3 1 0 4 hat die E-Werte 2, 3, 3 l1 l2=l 3 und die entsprechenden E-Vek z.B. 0 -2 , -1 , 1 1 v1 0 1 v2 1 0 v3 Av1 =2v1 , Av2 =3v2 , Av3 =3v3 Dann sind y=e2t v1 ,e3t v2 ,e3t v3 drei Lösungen von y = A y. Da wir drei linear unabhängige E-Vek dieser 3-reihigen Matrix A bestimmen konnten, ist A diagonalisierbar. Die allgemeine Lösung des homogenen Systems 23.22 y 1 = y1 - 2 y 3 y2 = y 1 + 3 y 2 + y 3 y3 = y 1 + 4 y 3 y = A y lautet dann yH= 2t -2 k1 e 1 1 + 3t -1 k 2e 0 1 v1 v2 2t = -2 k 1e - k 2e3t 3t 2t k1 e + k 3e k1 e2t + k 2e 3t wobei k1 , k 2, k 3 R. + k 3e 3t 0 1 0 v3 y1 (t) y2 (t) y3 (t) Bsp 1' Was ist die Lösung des folgenden AWP ? y = A y wobei A = 1 0 -2 1 3 1 y(0) = -1 23.23 3 0 1 0 4 In der früheren allgemeinen Lösung y H wählen wir k 1, k 2 und k 3, sodass die Anfangsbedingung erfüllt wird: -2k 1-k 2 = -1 k 1= 1 LGS k1 +k 3= 3 ... k 2 = -1 k 1 +k 2 = 0 k 3= 2 Deshalb ist die Lösung dieses AWP: y = -2 e 2t+ e 3t y1 (t) e 2t+ 2e 3t y2 (t) e 2t- e 3t y3 (t) Bsp 1" A = 1 1 1 0 -2 3 1 0 4 23.24 Was ist die Lösung des folgenden AWP ? y = A y y(0) = 1 2 -1 Da y(0) = 1 2 -1 = -v 2 + 2v 3 früher bestimmte E-Vek zufällig ;) ein E-Vek von A zu E-Wert 3 ist, ist die Lösung y = e3t v = e 3t . 3t 2e 3t -e 24.1 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.7. Integration eines homogenen Systems, falls die KoeffizientenMatrix diagonalisierbar ist und einige E-Werte komplex sind Wenn es Paare von konjugiert komplexen Eigenwerte gibt, treten Cosinus- und Sinusfunktionen in der Lösung eines homogenen Systems auf. 24.2 Zur Erinnerung: Matrizendarstellung eines homogenen Systems linearer DGL 1. Ordnung mit konst. Koeff. H H y1 = a11y1 +a12y2 +...+a1n yn y2 = a21y1 +a y +...+a2nyn : : : : yn = an1y1 +an2 y2 +...+ann yn y = A y wobei: A die Koeffizientenmatrix ist und y(x) der Lösungsvektor. Zur Erinnerung: 24.3 Falls die Koeffizientenmatrix A diagonalisierbar ist und ihre Eigenwerte alle reell sind, ist die allgemeine Lösung von y = A y die n-parametrige Schar von Funktionen l1t yH = k 1e v1 +...+ k n e l nt vn wobei die kj beliebig reelle Parameter sind, die l j die nicht notwendigerweise verschiedenen E-Werte von A (wir berücksichtigen die Vielfachheit) und die v j die entsprechenden E-Vek: Avj =lj vj . 24.4 Falls die Koeffizientenmatrix A diagonalisierbar ist, aber einige Eigenwerte komplex sind, gilt die frühere Formel noch als allgemeine komplexe Lösung, wobei jetzt die kj beliebig komplexe Zahlen sind. Aber für ein reelles System bevorzugen wir immer eine reelle allgemeine Lösung! Satz Sei f(t) = Re f(t) + i Im f(t) eine komplexe Lösung des reellen Systems y = A y. Dann sind der Real- und der Imaginärteil von f(t) reelle Lösungen des Systems. 24.5 Beweis: f erfüllt die Gleichung, d.h., f = Af. Aber eine komplexe Gleichheit beinhaltet zwei reelle Gleichheiten: d Re f = Re(Af) dt Re f = A(Re f) <=> d Im f = Im(Af) Im f = A(Im f) dt und diese bedeuten, dass die reellen Funktionen Re f und Im f beide die Gleichung y = Ay erfüllen. 24.6 Sei l=a+ib ein komplexer E-Wert der Matrix A und sei u+is ein entsprechender komplexer E-Vek. (a+ib)t Dann ist f(t) = e ( u+is) eine komplexe Lösung des reellen Systems y = A y und deshalb sind Re f(t) und Im f(t) reelle Lösungen dieses Systems. Zur Erinnerung: die Eulersche Formel (a+ib)t t a e = e (cos( bt) + i sin( bt)) . Deshalb sind die folgenden Fkt reelle Lösungen von y = Ay: at Re f = e (cos( b t)u - sin( b t)s) at Im f = e (sin( b t)u + cos( bt)s) 24.7 Zur Erinnerung: Bei reellen Matrizen A treten komplexe Eigenwerte stets als Paare zueinander komplex konjugierter Zahlen l , l auf. Für jedes Paar von komplex konjugierten E-Werten von A, l =a + i b und l =a - i b , seien u+is und u-is zugehörige komplex konjugierte E-Vek: A ( u+is ) = l ( u+is ), => A ( u-is ) = l ( u-is ). D.h. berechne einen E-Vek zu l und bezeichne dessen Realteil als u, dessen Imaginärteil als s. Dann ist u-is ein E-Vek zu l . Wiederhole, falls es mehrere linear unabhängige E-Vek gibt. 24.8 Um die allgemeine reelle Lösung von H aufzuschreiben, ersetze in der früheren Formel für y H die (komplexe) Kombination von lt lt e ( u+is ) und e ( u-is ) durch die (reelle) Kombination von at e (cos(b t)u - sin( b t)s) und at e (sin(b t)u + cos( b t)s). Wiederhole diese Ersetzung für jedes Paar von komplex konjugierten E-Werten, falls es mehrere solche Paare gibt. 24.9 Zusammenfassung für den 2x2 Fall Wir starten mit einem homogenen System H x = a x + b y y = c x + d y wobei a,b,c,d vorgegebene reelle Koeffizienten sind und nehmem an, dass die ensprechende Koeffizientenmatrix A = a b komplexe E-Werte c d hat: l =a + i b und l =a - i b. Wir bestimmen einen E-Vek zu E-Wert l =a + i b und schreiben ihn als u+is , wobei u und s reelle Vektoren sind. 24.10 Dann ist die allgemeine Lösung von H yH = k 1e a t (cos( b t)u - sin( bt)s) at + k2e (sin( b t)u + cos( b t)s). wobei k1, k2 reelle Konst. sind. Bmk Man braucht die E-Vek zu l = a - ib nicht aufzuschreiben, da diese Vektoren (Vielfache von u-is ) nichts Neues bringen. 24.11 Bsp 2 H y 1 = -5 y 1 -5 y 2 y2 = 4 y1 - y 2 <=> y = A y wobei A = ( -5 -5 4 -1 ) A hat die E-Werte -3 4i l,l a =-3, b =4 und entsprechende E-Vek z.B. 5 i 0 . (-2) (-4) u s 24.12 Die allgemeine reelle Lösung des Systems y=Ay ist dann -3t ( yH = k 1e e cos(4t) at -3t + k2e e -3t = e ( -sin(4t) ( )) 0 -4 ( cos( b t) u - sin( b t) s ) sin(4t) ( at ( ) 5 -2 +cos(4t) ( ) 5 -2 ( )) 0 -4 ( sin( b t) u + cos(b t) s ) (5k1 ) cos(4t) + (5k2 ) sin(4t) (-2k1 -4k2 )cos(4t)+(-4k1 -2k2 )sin(4t) ) wobei k1 und k2 beliebige reelle Konstanten sind. Das heisst, dass { -3t y (t) = e ( 5k1 cos(4t) + 5k2 sin(4t) ) 1 y2 (t) = e-3t((-2k1 -4k2 )cos(4t)-(4k1 +2k2 )sin(4t)) 24.13 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.8. Integration eines homogenen Systems in der Ebene mit einer nicht diagonalisierbaren Koeffizientenmatrix Wenn die Koeffizientenmatrix nicht diagonalisierbar ist (d.h. es gibt keine E-Basis), brauchen wir neben den E-Vek sogennante Hauptvektoren. Lösung eines homogenen Systems y = A H 24.14 y falls die Matrix A 2-reihig & nicht diagonalisierbar ist: Sei l der einzige (unbedingt reelle) E-Wert von A und sei v ein E-Vek, d.h., (A- l E) v = 0 und v = 0. Bestimme einen sogenannten Hauptvektor, d.h., einen Vektor w, so dass (A- l E) w = v. Dann ist die allgemeine Lösung: lt yH = k1 e lt v + k 2e (t v + w ) wobei k 1 & k 2 beliebig reell sind. Check: setze diese y ins System ein und bestätige! 24.15 Bsp 3 y 1= y1 + y 2 y2 = -4 y1 +5 y 2 <=> y = A y wobei A = ( 1 -4 1 5 ) A hat den einzigen E-Wert 3 l und entsprechenden E-Vek . () 1 2 v Da wir nicht zwei linear unabhängige E-Vek der 2-reihigen Matrix A finden können, ist A nicht diagonalisierbar. 24.16 Wir bestimmen dann einen Vektor w, so dass ( -2 -4 1 2 ) w = 1 2 () (A- l E) w = v z.B. w = 0 . (1) Die allgemeine Lösung des Systems y = A y ist dann yH = 3t 1 k 1e 2 3t ( ) +k e (t ( )( )) lt l t k1e v + k 2e (tv + w 3t = e 2 1+ 0 2 1 k1 + k 2 t (2k 1+k 2) +2k2t ( ) ) y1 (t) y2 (t) wobei k 1 und k 2 beliebig reell sind. 25.1 IV Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme IV.9. Überblick der homogenen Systeme in der Ebene, Stabilität Systeme in der Ebene modellieren die Wechselwirkung zwischen zwei Grössen (Populationsanzahlen, Stoffkonzentrationen, etc). Wir betrachten hier Systeme zweier gekoppelten linearen homogenen DGL mit konst. Koeff., die sehr oft im Einsatz kommen. Überblick der homogenen linearen Systeme DGL 1. Ordnung mit konstanten Koeffiz. in der Ebene 25.2 n=2 x = a x + b y y = c x + d y a,b,c,d sind vorgegebene reelle Koeffizienten Ein solches System liefert ein lineares Modell eines zeitabhängigen Prozesses, wobei x(t) und y(t) zwei unbekannte Funktionen der Zeit t sind. Bahnkurven 25.3 x = a x + b y y = c x + d y Eine Bahnkurve des Systems ist eine Kurve (x(t),y(t)), wobei (x(t),y(t)) eine Lösung von ist. y x Eine Bahnkurve (x(t),y(t)) heisst geschlossen, falls die Komponenten x(t) und y(t) periodisch sind. Phasenporträt 25.4 Ein Phasenporträt eines Systems ist eine graphische Darstellung, wobei einige charakterisierende Bahnkurven (oder "Trajektorien") skizziert werden, um die Dynamik des Systems zu erfassen. Bmk Es folgt aus dem Satz von Picard-Lindelöf, dass durch jeden Punkt genau eine Bahnkurve läuft. (Gäbe es zwei sich kreuzende Bahnkurven, so wäre die Lösung des AWP nicht eindeutig.) Fixpunkte 25.5 Der Ursprung heisst ein Fixpunkt oder Gleichgewichtspunkt von , da (0,0) eine konstante Lösung von ist. Der Fixpunkt (0,0) heisst stabil, wenn alle Lösungen des Systems zu Anfangswerten in der Nähe vom Ursprung (0,0) in der Zukunft auch in der Nähe von (0,0) bleiben. Sonst heisst der Fixpunkt (0,0) instabil. (0,0) ist stabil (0,0) ist instabil Matrix-Schreibweise 25.6 x = a x + b y y = c x + d y <=> x = a b y c d x y A Es gibt drei Fälle für die Matrix A: 1 diagonalisierbar mit reellen Eigenwerten; 2 diagonalisierbar mit konjugiert komplexen Eigenwerten; 3 nicht diagonalisierbar. 25.7 1 Falls A zwei linear unabhängige Eigenvektoren v 1, v 2 zu reellen Eigenwerten 1, 2 besitzt, dann ist die allgemeine Lösung von x = k1 e y 1 t v1 + k2 e 2 t v2 wobei k1 und k 2 beliebige reelle Konstanten sind. Zum Beispiel ist x(t) = 2 e 1t v 1- 3 e 2t v 2 y(t) die Lösung des AWP mit dem Anfangswert x(0) = 2v 1-3v 2. y(0) Zum Beispiel ist = e 1t v 25.8 x(t) 1 y(t) die geradlinige Lösung des AWP mit dem Anfangswert x(0) = v 1 . y(0) Diese Lösung... strebt in der Zukunft (t>0) zu 0 falls <0 , 0 1 ist konstant, falls =0 oder 1 wächst auswärts, falls >0 . 1 Sei Eig 1 der -Eigenraum von A, 1 (d.h. die Menge aller Vektoren von der Form kv 1, k R) und Eig der 2 Eig -Eigenraum; 2 beide sind Eig Geraden: Typen von Phasenporträts, wenn A diagonalisierbar ist mit reellen Eigenwerten: Eig Eig Eig 0< 1< 2 25.9 (beide positiv) Eig 1< 2<0 (beide negativ) Eig Eig 1<0< 2 (ein positiver E-Wert & ein negativer) 25.10 Ein Eigenwert ist null, der andere nicht: Eig Eig Eig 0 1=0, 2 >0 Eig 0 1=0, Ein doppelter Eigenwert und A = 1= 2>0 2 <0 l 0 : 0 l 1= 2<0 2 Falls A ein Paar konjugiert komplexer Eigenwerte besitzt, l1=a+ib 25.11 l2=l1=a -ib seien u+is und u-is zugehörige konjugiert komplexe Eigenvektoren. Dann ist die allgemeine reelle Lösung von at x = k1 e (cos(bt)u-sin(b t)s) at y +k2 e (sin(bt)u+cos(b t)s) wobei k 1 und k 2 beliebige reelle Konstanten sind. Bsp x(t) = et cos t y(t) = e t sin t => |x²+y²| = e 2t Abstand zum Ursprung wächst exponentiell Typen von Phasenporträts für komplexe Eigenwerte: l=a+ib mit a>0 l=a+ib mit a<0 l= +ib also a =0 25.12 25.13 3 Falls alle Eigenvektoren von A kollinear sind, sei der einzige Eigenwert und v ein Eigenvektor. Sei w ein "Hauptvektor", d.h. ein Vektor w, so dass (A- E)w=v. Dann ist die allgemeine Lösung von x = k1 e y t v + k2 e t (tv+w), wobei k1 und k 2 beliebige reelle Konstanten sind. Typen von Phasenporträts, wenn die Koeffizientenmatrix A nicht diagonalisierbar ist: Eig 25.14 Eig > 0 < 0 Eig = 0 AW * 25.15 Namen der verschiedenen Typen: Quelle oder ist instabil Senke oder ist stabil Sattel ist instabil AW=Allgemeinwissen & nicht Gegenstand der Prüfung. 25.16 instabiler Knoten stabiler Knoten Linienquellen sind instabil Liniensenken sind stabil 25.17 instabiler Strudel stabiler Strudel Wirbel ist stabil Alternative Sichtweise x = a b y c d 25.18 x y A Sei S = a+d die Spur der Matrix A D = ad-bc ihre Determinante p ( ) = ²-S +D charak. Polyn. A = S²-4D die Diskriminante des charakteristischen Polynoms. Nach der Mitternachtsformel sind die Nullstellen des charak. Polynoms: S = 2 und deshalb: reell und verschieden, falls > 0; reell und gleich, falls konjugiert komplex, falls = 0; <0. x = a b y c d D x y 25.19 A S wobei S = a+d = Sp A D = ad-bc = det A = S²-4D Spur Determinante Diskriminante Vorschau Autonome dynamische Systeme in der Ebene 25.20 x(t),y(t) sind zwei unbekannte Funktionen der Zeit t Zeit kommt nicht explizit vor Modell eines zeitabhängigen Prozesses Die früheren linearen Systeme liefern Näherungen für Systeme von der Form: x = f(x,y) y = g(x,y) (f und g sind vorgegebene Funktionen) Siehe Mathematik II ! IV 25.21 Eigenwerte und Lineare DGL-Systeme * IV.10. Integration eines inhomogenen Systems mittels Lösungsansätze AW Wenn alle Komponenten eines Störvektors nur Funktionen enthalten, die selbst in Lösungen von homogenen Systeme erscheinen (e at, cos(bt), sin(bt), t, t²,...), liefert die Ansatzmethode eine spezielle (d.h. partikuläre) Lösung des inhomogenen Systems. Bestimmung einer partikulären Lösung eines inhomogenen Systems 25.22 y = A y + g Unsere Lösungsansatz-Methode erfordert, dass alle Komponenten des Störvektors g Summen oder Produkte von Cosinus-, Sinus-, Exponentialund Polynomfunktionen sind. Um einen Lösungsansatz zu wählen, müssen sowohl alle Komponenten von g als auch die vorher bestimmte yH berücksichtigt werden. Lösungsansatz-Methode 25.23 Zuerst schreibe eine Liste aller Funktionen eat , cos (bt) , sin (bt) , tm (mit konkreten Konstanten a, b, m), die in den Komponenten von g auftreten. Wähle einen Lösungsansatz anhand einer Tabelle, ähnlich der Tabelle Lösungsansätze für lineare DGL 2. Ordnung mit konstanten Koeffizienten (s. Seite 25.28). Setze diesen Ansatz in das System ein, setze die Koeffizienten der Grundfunktionen gleich und löse das auf diese Weise erhaltene LGS, um die unbekannten Koeff. zu bestimmen. Aufgrund der grossen Zahl von Parametern kann das schnell anstrengend werden. Bsp 2B Löse { 25.24 y1 = -5 y1 -5 y2 y2 = 4 y1 -y 2 + e t Der Störvektor ist g B= 0 . et Die E-Werte der Koeff.-Matrix A sind -3 4i (siehe Vorlesung 24). Da 1 kein E-Wert von A ist und die einzige relevante Störfkt et ist, nehmen wir den Lösungsansatz: y(t) = c 1e t c2 e t y1 y2 Um die Parameter c 1 und c 2 zu bestimmen, setzen wir den Lösungsansatz im System ein. { t t t c 1e = - 5c1e - 5c 2e t t t t c2e = 4c 1e - c 2e + e 25.25 Wir setzen die Koeffizienten von et gleich und lösen das LGS: 5 c1= - 32 c1= -5c1 -5c 2 <=> 3 c2 = 16 c2= 4c1 -c2 +1 { { 5 et Also ist yB = - 32 eine partik. 3 et Lösung. 16 Die allgemeine Lösung y H des zugehörigen homogenen Systems haben wir auf der Seite 24.12 erhalten. Deshalb ist die allgemeine Lösung des Systems y = yB + y -3t e H = - 5et 32 3 et 16 + (5k1) cos(4t) + (5k 2) sin(4t) (-2k1-4k2)cos(4x)+(-4k1-2k2)sin(4t) Bsp 2C Löse { y 1= -5 y 1 -5 y 2+3 y 2= 4 y 1 - y 2 25.26 Der Störvektor, g = 3 , C 0 enthält nur eine konstante Fkt. Da 0 keine Nullstelle des charak. Polynoms ist, nehmen wir den Lösungsansatz y = c 1 . y1 c2 y2 Nach Ersetzung im System bestimmen wir c 1 und c 2 und finden die partikuläre Lösung 3 y = 25 . C 12 25 Die allg. Lösung ist y + y . Bmk C H Eine partikuläre Lösung lässt sich einfach durch Substitution verifizieren. Bsp 2A Löse { 25.27 y 1= -5 y 1 -5 y 2+ 3 t y 2= 4 y 1 - y 2 + e Der Störvektor, g A = 3 , ist et gleich der Summe der vorherigen, gA = g B + g . Dank Linearität C ist dann eine partikuläre Lösung hier die Summe der früheren partikulären Lösungen: 5 e t 3 . y = yB + y = + A 32 25 C 3 e t 12 16 25 Die allgemeine Lösung ist wie früher y = y + y . A Bmk H Alternativ könnten wir direkt den folgenden Lösungsansatz verwenden: y = P c 1 + c2 e t c3 + c 4 e t y1 y2 25.28 Bmk Lineare DGL 2. und höherer Ordnung lassen sich als Systeme betrachten. Wir tauschen Ableitungen höherer Ordnung gegen mehrere unbekannte Funktionen: y=y 1,y'=y 2,y"=y 3,... Z.B. y" + b y' + c y = G(x) wird { y'1 = y2 y'2 = - b y 2- c y 1+ G(x) y" = - b y' - c y + G(x) Deswegen sind die früheren Lösungsmethoden für Systeme auch für DGL höherer Ordnung verwendbar. AW=Allgemeinwissen & nicht Gegenstand der Prüfung.