Mathematische Methoden der Chemie II Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Folienzusammenstellung zur Vorlesung Achtung: Diese Zusammenstellung von einzelnen Themen und Übersichten ist als Ergänzung zur Vorlesung gedacht. Sie deckt auch Teilbereiche nicht vollständig ab und enthält gewiss einige Fehler. So freue ich mich über jeden Hinweis. Da ich mich um innere Geschlossenheit der einzelnen Folien bemüht habe, sollte die Zusammenstellung trotzdem hilfreich sein. apl. Prof. Dr. Sigurd Bauerecker Institut für Physikalische und Theoretische Chemie, TU Braunschweig Hans-Sommer-Strasse 10, D-38106 Braunschweig Tel.: 0531/391-5336, Labor: 0531/391-7307, Fax: 0531/391-7308 E-mail: [email protected] Netz: http://tu-braunschweig.de/pci/forschung/bauerecker/lehre Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Formales Formalitäten der Vorlesung (Pflicht) (Bachelor Chemie, Bachelor Biotechnologie) Winter-Semester: 4 h Vorlesung, 2 h Übung, Klausur Bachelor Chemie (Studienleistung) Sommer-Semester: 2 h Vorlesung, 1 h Übung, Klausur Bachelor Chemie (Prüfungsleistung, Modulabschlussklausur) Empfehlung: • Eigeninitiative! • Lernen für Klausur und Übungen in (kleinen) Gruppen. • Anschaffung von Lehrbüchern, z.B. Zachmann und Netz Netzadressen http://tu-braunschweig.de/pci/forschung/bauerecker/lehre http://tu-braunschweig.de/chemie Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Literatur Stand: Herbst 2010 Grundlegend für Vorlesung: H. G. Zachmann, A. Jüngel: Mathematik für Chemiker. VCH, 6. Auflage, 2007, 641 S. M. Stockhausen: Mathematik für Chemiker. Steinkopff, 3. Auflage, 1995, 456 S. Weitere: H.-D. Försterling: Mathematik für Naturwissenschaftler. Vieweg, 1988, 289 S. B. Frank, W. Schulz, W. Tietz: Wissensspeicher Mathematik (Lernmaterialien). Volk und Wissen, 1998, 368 S. E. Kreyszig: Advanced Engineering Mathematics. John Wiley and Sons, 9th Edition, 2006, 1248 S. K. Meyberg, P. Vachenauer: Höhere Mathematik Bd. 1, Differential- und Integralrechnung, Vektor- und Matrizenrechnung, Springer, 6. Auflage, 2001, 521 S. W. Pavel, R. Winkler: Mathematik für Naturwissenschaftler. Pearson Studium, 2007, 592 S. S. Singh: Fermats letzer Satz – Die abenteuerliche Geschichte eines mathematischen Rätsels. DTV, 12. Auflage, 2007, 368 S. E. Steinre: The Chemistry Maths Book. Oxford University Press, 2nd Edition, 2008, 668 S. Tabellenwerke: I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew, G. Musiol, H. Mühlig: Taschenbuch der Mathematik. Harri Deutsch, 7. Auflage, 2008, 1216 S. J. Rast, H. Netz: Formeln der Mathematik. Hanser Fachbuch, 7. Auflage, 1992 Netz: S. Bauerecker: Zusammenstellung einzelner Gesichtspunkte der Vorlesung in Form von Folien, http://tubraunschweig.de/pci/forschung/bauerecker/lehre 2010, ca. 68 S., wird im Verlauf des WS bereit gestellt. Inhalt der Vorlesungen Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Mathematische Methoden der Chemie I Mathematische Methoden der Chemie II • Zahlen (2 h) • Vektoralgebra und -geometrie (6 h) • Funktionen (4 h) • Vektoranalysis (4 h) • Differentialrechnung von Fktn. einer Veränderlichen (12 h) • Matrizen, Determinanten (6 h) • Integralrechnung von Fktn. einer Veränderlichen (12 h) • Wahrscheinlichkeitsrechnung (4 h) • Folgen und Reihen (4 h) • Differentialrechnung von Fktn. mehrerer Veränderlicher (8 h) • Koordinatentransformationen (2 h) • Einführung in Mathematica (2 h?) • Fehlerrechnung? • Funktionentheorie? • Integralrechnung von Fktn. mehrerer Veränderlicher (6 h) • Gruppentheorie? • Differentialgleichungen (8 h) ∑ = 28 h = 14 Wochen ∑ = 56 h = 14 Wochen • Numerische Methoden? Definitionen zu Vektoren Vektor a Darstellung als Pfeil Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Endpunkt, Kopf a Länge, Betrag Anfangspunkt, Ursprung Freier Vektor Ursprung unwichtig, unspezifiziert Gebundener V. Ursprung wichtig, spezifiziert Betrag |a|=a Gleichheit a=b Nullvektor 0 Vektor mit Länge null Vektor in Gegenrichtung zu a: − a = (−1) · a Linear abhängig, kollinear Vektoren stehen in gleicher oder entgegengesetzter Richtung Lin. unabhängig zwei (drei) Vektoren spannen Ebene (Raum) auf Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Basisvektoren Zwei (drei) linear unabhängige Vektoren a, b (und c) spannen eine Ebene (einen Raum) auf. Jeder Vektor A (V), der in der Ebene (im Raum) liegt, läßt sich aus a, b (und c) eindeutig zusammensetzen: A = x·a + y·b V = x·a + y·b + z·c y·b A + = x ·a A ist Diagonale des Parallelogramms mit den Seiten x·a, y·b. y·b b a x, y, z sind geeignete Skalare x·a B ist Diagonale des Parallelepipeds mit den Seiten x·a, y·b, z·c. a, b, c heißen Basisvektoren. Wichtige Basisvektoren sind die Einheitsvektoren i, j, k, mit Betrag von jeweils eins, entlang der positiven x, y, z – Achsen im rechtshändigen Koordinatensystem (Schraube mit Rechtsgewinde x → y ↑ z). Sie stehen senkrecht aufeinander, sind orthogonal. Das Vektorprodukt (Kreuzprodukt) Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Zweite Möglichkeit, zwei Vektoren miteinander zu multiplizieren: A×B=C Vektorprodukt (Kreuzprodukt), ist Vektor, der senkrecht auf der von A, B aufgespannten Ebene steht. A, B, C bilden rechtshändiges System, mit | C | = | A × B | = | A | · | B | · sin θ C B |C| θ | C | ist die durch A und B aufgespannte Parallelogrammfläche. Wegen sin θ = − sin (− θ) gilt A×B= −B×A (t ·A) × B = t · (A × B) A × (B + C) = A × B + A × C Für Einheitsvektoren gilt: i×i =j×j=k×k=0 i×j =−j×i=k j×k=−k×j=i k×i=−i×k=j Kommutativgesetz gilt nicht! Assoziativgesetz und Distributivgesetz gelten (ohne Beweis) (Nullvektor, weil sin 0 = 0) A Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Ableitung von Vektoren R ist eine Vektorfunktion, wenn für jedes t (Skalar) ein Vektor R(t) definiert ist. Z.B.: t Zeit, R Ortsvektor (Koordinatensatz) eines Teilchens. Vektorfunktion in kartesischen Komponenten: R (t ) = x(t ) ⋅ i + y (t ) ⋅ j + z (t ) ⋅ k Ist R(t) stetig, so sind es auch alle Komponenten. Die Ableitung von R(t) nach t wird wie bei gewöhnlichen Funktionen definiert: R (t + Δt ) − R (t ) dR = lim dt Δt →0 Δt In Komponenten: Ableitungen der Produkte: dR dx dy dz = i+ j + k = x′i + y′j + z ′k dt dt dt dt (λ ⋅ a)′ = λ ′a + λa′, λ skalare Funktion (a ⋅ b)′ = a′ ⋅ b + a ⋅ b′ (a × b)′ = a′ × b + a × b′, nicht vertauschen! Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Ebene im Raum Der ortsgebundene Vektor R mit Ursprung im Koordinatenursprung zielt mit seinem Endpunkt auf den Punkt (x, y, z) im Raum. Vektor und Punkt sind hier als gleich anzusehen. ⇒ Vektoren können in der Geometrie verwendet werden. R –R 0 (x, y, z) Wir betrachten eine Ebene im Raum, die durch den Punkt R0 geht und senkrecht zu Vektor A steht. Wenn R in der Ebene liegt, dann ist (R – R0) ⊥ A. Es folgt die Ebenengleichung: B R0 R · A (R − R 0 ) ⋅ A = 0 Tangentialebene und Normalenvektor Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Eine Fläche im Raum sei durch u(x, y, z) = c = konst gegeben (andere Form ist z = f(x, y)). Eine Kurve K mit x = x(t), y = y(t), z = z(t) liege in dieser Fläche. Dann gilt u[x(t), y(t), z(t)] = c für alle t. Wir bilden die Ableitung mit Hilfe der Kettenregel an einem festen Punkt R0 = x0 · i + y0 · j + z0 · k : n Normalen- du ∂u dx ∂u dy ∂u dz ⋅ + ⋅ + ⋅ =0 = dt ∂x dt ∂y dt ∂z dt Dies ist ein Skalarprodukt: R′(t) ist Tangente an K ∂u ∂u ∂u i+ j+ k ∂x ∂y ∂z K Tangentialebene n ⋅ R′(t ) = 0 mit R ′(t ) = x′(t ) ⋅ i + y′(t ) ⋅ j + z ′(t ) ⋅ k und n= vektor im Punkt ( x0 , y0 , z0 ). K′ R0 Fläche u(x, y, z) = c R′(t) ist Tangente an Kurve K ⇒ n steht senkrecht auf R′(t). Dies gilt für jede Kurve K in der Fläche ⇒ n steht senkrecht (normal) auf der Fläche, ist Normalenvektor ⇒ Die Tangentialebene in R0 ist senkrecht (normal) zu n und hat die Gleichung: (R − R 0 ) ⋅ n = 0 Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Vektorfelder Zur Beschreibung eines Vektorfeldes brauchen wir 3 Gleichungen (Funktionen), für jede Komponente des Vektors eine: a(x, y, z) entsprechen ax(x, y, z), ay(x, y, z), az(x, y, z) Beispiele für Vektorfelder Jedem Raumpunkt (x, y, z) ist zugeordnet a) Strömende Flüssigkeit b) Elektrisches Feld eine Geschwindigkeit v(x, y, z) eine elektrische Feldstärke E(x, y, z) Grafische Darstellung eines Vektorfeldes: jedem Raumpunkt wird ein Vektor(pfeil) mit Richtung und Betrag zugeordnet. z Bsp.: Strömende Flüssigkeit in Rohr x y Wir interessieren uns für die zeitlichen und räumlichen Änderungen 3dimensionaler Vektorfelder, also für die Differenzial- und Integralrechnung dieser Felder. Skalare Felder werden einbezogen. Veranschaulichung des Gradienten Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Bsp.: dreidimensionales Temperaturfeld in einem Körper Die Temperatur im Körper ändert sich kontinuierlich. Die Punkte gleicher Temperatur bilden Niveauflächen mit T = konst. Für sehr kleine Δr in einer solchen Fläche ist daher ΔT = Δr · grad T = 0 . Im allgemeinen sind jedoch ΔT, Δr, grad T ≠ 0 und damit das Skalarprodukt Δr · grad T ≠ 0 ⇒ grad T steht senkrecht auf Δr und auf den Niveauflächen gleicher Temperatur! grad T gibt also die Richtung stärkster T-Änderung an. Zweidimensionaler Fall: grad f ( x, y ) = ∂f ∂f i+ j ∂x ∂y Im eindimensionalen Fall ist der Gradient mit der Ableitung identisch (natürlich nicht im zwei- und dreidimensionalen Fall). Niveaulinie mit gleicher Temperatur Bsp. „Herdplatte“ 2dimensionales Temperaturfeld, T nimmt nach außen hin ab. Konservatives Vektorfeld Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Definition: Ein Vektorfeld K(x, y, z), das als Gradient K = grad U, mit Kx = ∂U/∂x, Ky = ∂U/∂y, Kz = ∂U/∂z, eines skalaren Feldes U(x, y, z) geschrieben werden kann, heißt konservativ. Andernfalls heißt das Vektorfeld nichtkonservativ oder turbulent. Das skalare Feld U heißt Potential oder Potentialfunktion. Dann ist K · dr ein totales Differential von U: ∂U ∂U ∂U K ⋅ dr = dx + dy + dz = dU ∂x ∂y ∂z Dann ist das Integral W unabhängig vom Weg und hängt nur vom Anfangs- und Endpunkt ab: B W = ∫ K ⋅ dr = ∫ dU = [U ]A = U ( xB , y B , z B ) − U ( x A , y A , z A ) B C A Längs eines geschlossenen Weges wird keine Arbeit geleistet: Ein Vektorfeld a(x, y, z) ist dann und nur dann konservativ, wenn in einem einfach zusammenhängenden Bereich gilt: ∫ K ⋅ dr = 0 ∂a x ∂a y ∂a x ∂a z ∂a y ∂a z = = = , , ∂x ∂z ∂x ∂z ∂y ∂y Divergenz: 3dimensionaler Fall x, y, z + Δz Δz Jx(x+Δx,y,z,t) Jx(x,y,z,t) Δy x, y, z Eckpunkt Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Wir verallgemeinern von Stab auf beliebigen Körper und betrachten die Konzentrationsänderung in einem quaderförmigen Volumenelement mit Achsen parallel zu den Koordinatenachsen (Komponenten Jx, Jy, Jz des Stoffstromdichtevektors J(x, y, z, t) seien ungleich null). Der Stoff A ströme durch alle 6 Flächen des Würfels ein und aus. Δx Stoffstrom durch die y-z-Fläche, linke Seite (herein): Jx(x, y, z, t)·Δy·Δz Stoffstrom durch die y-z-Fläche, rechte Seite (heraus): Jx(x+Δx, y, z, t)·Δy·Δz Entsprechende Ströme durch x-z- und x-y-Flächen. ⇒ Die Konzentrationsänderung ∂c/∂t ergibt sich aus den hereingeströmten Nettostoffmengen nach Division durch das Volumen Δx·Δy·Δz J x ( x + Δx, y, z , t ) − J x ( x, y, z , t ) J y ( x, y + Δy, z , t ) − J y ( x, y, z , t ) J z ( x, y, z + Δz , t ) − J z ( x, y, z , t ) ∂c =− − − ∂t Δx Δy Δz Für Δx, Δy, Δz → 0 div J = ∇ ⋅ J = ⇒ ∂J y ∂J z ⎞ ⎛ ∂J ∂c ⎟⎟ = −divJ = −⎜⎜ x + + ∂t ∂y ∂z ⎠ ⎝ ∂x ∂J x ∂J y ∂J z ∂ ∂ ∂ + + , mit ∇ = i + j + k ∂x ∂y ∂z ∂x ∂y ∂z „Divergenz von J“ ist skalares Feld. J kann als allgemeines Vektorfeld angesehen werden. Wenn J den Fluß einer Größe angibt, so beschreibt divJ die Konzentrationsänderungen dieser Größe. Gaußscher Integralsatz (Divergenztheorem) ∫∫∫ div a ⋅ dxdydz = ∫∫ a ⋅ n dF V F Bauerecker Mathem. Methoden der Chemie II oder in Komponenten geschrieben: ⎛ ∂a1 ∂a2 ∂a3 ⎞ ⎜⎜ ⎟⎟ ⋅ dxdydz = ∫∫ (a1dydz + a2 dzdx + a3 dxdy ) + + ∫∫∫ ∂x ∂y ∂z ⎠ V ⎝ F ndF = dydz·i + dzdx·j + dxdy·k ist der Vektor senkrecht zum Flächenstückchen dF mit Richtung senkrecht zur Fläche. Seine Komponenten dydz, dzdx, dxdy sind die Projektionen des Flächenstückchens auf die yz-, xz-, und xy-Ebenen. Anschauliche Deutung: Wegen div a = − ∂c/ ∂t, steht auf der linken Seite die Abnahme der Stoffmenge im Volumen V. Auf der rechten Seite steht die insgesamt durch die Oberfläche F des Volumens abgeflossene Menge. Beide müssen gleich sein. Anwendung a: Volumenintegrale (Dreifachintegrale) können in geeigneten Fällen in Oberflächenintegrale umgewandelt werden und umgekehrt. Das eine lässt sich meist leichter lösen als das andere. Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Rotation und Satz von Stokes Die Divergenz ist definiert als Skalarprodukt von Nabla-Operator und Vektor. Die Rotation ist definiert als Vektorprodukt von Nabla-Operator und Vektor: i j k ⎛ ∂a z ∂a y ⎞ ⎛ ∂a x ∂a z ⎞ ⎛ ∂a y ∂a x ⎞ ⎟⎟k = ∂ / ∂x ∂ / ∂y ∂ / ∂z ⎟⎟i + ⎜ − − rot a = ∇ × a = ⎜⎜ − ⎟ j + ⎜⎜ ∂y ⎠ ∂x ⎠ ⎝ ∂x ∂z ⎠ ⎝ ∂z ⎝ ∂y ax ay az Integralsatz von Stokes: Wir betrachten eine „glatte“ Fläche F in einem Vektorfeld a(x, y, z), die von einer glatten Kurve C umschlossen ist. Dann gilt: F ∫ a ⋅ d r = ∫ (a dx + a dy + a dz ) = ∫∫ (rot a) ⋅ n ⋅ dF x C C C y z F r mit n als Einheitsnormale auf dF. Also ist das Kurvenintegral links gleich dem Flächenintegral der Normalkomponente der Rotation von a über der Fläche F. Falls rot a = 0 für die ganze Fläche gilt, so verschwindet auch das Kurvenintegral links und a·dr muß ein totales Differenzial sein (siehe oben). Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Matrizen Matrizen sind rechteckige Anordnungen von Zahlen (Objekten), die m Zeilen und n Spalten enthalten: auch eckige Klammern ⎛ a11 a12 ... a1n ⎞ möglich ⎜ ⎟ Matrixsymbol fettgedruckt ⎜ a21 A=⎜ ... ⎜ ⎜a ⎝ m1 a22 ... am 2 ... a2 n ⎟ ... ⎟ ⎟ ... amn ⎟⎠ ist m × n - Matrix Matrix-Element a22, allgemein: aij Zeilenindex {a } ij Spaltenindex ist weitere Schreibweise für eine Matrix. Die geschweifte Klammer drückt aus, daß alle Matrixelemente gemeint sind. Rechenregeln für Matrizen Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II a) Gleichheit. Zwei Matrizen A und B sind gleich, wenn sie die gleiche Zahl von Spalten und Reihen haben und wenn alle Matrixelemente gleich sind: aij = bij b) Addition (Subtraktion). Ist nur möglich, wenn A und B die gleiche Zahl von Spalten und Reihen haben. Die entsprechenden Matrixelemente werden addiert: cij = aij + bij ⎛ a11 ⎜⎜ ⎝ a21 a12 a22 a13 ⎞ ⎛ b11 b12 ⎟⎟ + ⎜⎜ a23 ⎠ ⎝ b21 b22 b13 ⎞ ⎛ a11 + b11 ⎟⎟ = ⎜⎜ b23 ⎠ ⎝ a21 + b21 a12 + b12 a22 + b22 a13 + b13 ⎞ ⎛ c11 c12 ⎟⎟ = ⎜⎜ a23 + b23 ⎠ ⎝ c21 c22 c13 ⎞ ⎟⎟ c23 ⎠ c) Multiplikation. Ist nur möglich, wenn Spaltenzahl der ersten gleich Reihenzahl der zweiten Matrix ist! A ⋅ B = C heißt für die Matrixelem ente cij = ∑ aik ⋅ bkj k Schema: Man nimmt die 1. Spalte von B, dreht diese gegen den Uhrzeigersinn um 90°, legt sie auf die 1. Zeile von A, multipliziert aufeinanderliegende Matrixelemente und addiert die Produkte, erhält so c11 von C. Dann legt man die gedrehte 1. Spalte von B auf die 2. Zeile von A und wiederholt die Prozedur, bis die 1. Spalte von C aufgebaut ist. Entsprechend baut man mit den anderen Spalten von B und den Zeilen von A die anderen Spalten von C auf. Rechenregeln für Determinanten Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II 1. Eine Determinante ändert ihren Wert nicht, wenn man Zeilen und Spalten miteinander vertauscht (Spiegelung, Stürzen). ⇒ Eine Matrix und ihre Transponierte besitzen die gleiche Determinante, sämtliche für Zeilen abgeleitete Sätze gelten auch für Spalten. 2. Vertauscht man zwei Zeilen (Spalten) miteinander, so ändert sich das Vorzeichen der Determinante. 3. Eine Determinanten mit zwei gleichen Zeilen (Spalten) hat den Wert Null. 4. Wenn alle Elemente einer Zeile (Spalte) gleich Null sind, so hat die Determinante den Wert Null. (Beweis: Entwicklung der Determinante). 5. Eine Determinante wird mit einem Faktor m multipliziert, indem man alle Elemente einer Zeile mit diesem Faktor multipliziert. 6. Das Produkt zweier Determinaten wird analog zum Produkt zweier Matrizen gebildet. 7. Die Summe zweier Determinaten kann nicht analog zur Summe zweier Matrizen gebildet werden. Allerdings kann man eine Determinante in die Summe zweier Determinanten aufspalten, indem man die Elemente einer einzigen Zeile jeweils in zwei Summanden aufspaltet und anschließend zwei Determinanten bildet, die die übrigen Zeilen unverändert übernehmen. 8. Eine Determinante ändert ihren Wert nicht, wenn man zu den Elementen einer Zeile die mit dem Faktor m multiplizerten Elemente einer anderen Zeile addiert. Beispiele siehe Vorlesung. Bauerecker Mathem. Methoden der Chemie II Rang einer Matrix und lineare Abhängigkeit Der Rang r einer Matrix M ist die Ordnung der größten nichtverschwindenden Unterdeterminante oder der Determinante |M| selber. 1 2 ⎛1 2 3⎞ ⎟⎟ hat den Rang 2, weil z.B. ihre Determinante Beispiel 1 : ⎜⎜ ≠0 6 5 4 6 5 ⎝ ⎠ gilt und eine Determinante höherer Ordnung nicht gebildet werden kann. ⎛ − 2 0 3⎞ ⎟ ⎜ Beispiel 2 : ⎜ − 1 1 4 ⎟ hat den Rang 2, weil z.B. ihre einzige Determinante ⎜ 0 2 5⎟ ⎠ ⎝ -2 0 3. Ordnung verschwindet und z.B. die Unterdeterminate ≠ 0 gilt. -1 1 Die Zeilen einer m × n Matrix A sind linear abhängig, wenn es m Zahlen λ1, λ2, …, λm gibt, die nicht alle Null sind und die folgenden n Gleichungen erfüllen: m Andernfalls sind die Zeilen linear unabhängig voneinander. ∑ λk aki = 0 , i = 1,2,..., n k =1 Entsprechendes gilt für die Spalten: n ∑μ a i =1 i ki = 0 , k = 1,2,..., m Lineares Gleichungssystem Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Definition eines linearen Gleichungssystems mit m linearen (nur Exponent 1) Gleichungen für n Unbekannte (m muß nicht gleich n sein) x1, x2, …, xn: a11 x1 + a12 x2 + ... + a1n xn = b1 a21 x1 + a22 x2 + ... + a2 n xn = b2 ... am1 x1 + am 2 x2 + ... + amn xn = bm Die Koeffizienten aij und die Absolutglieder bi sind konstant und müssen bekannt sein. Ein homogenes Gleichungssystem liegt vor, wenn alle bi = 0, andernfalls ein inhomogenes. Das Gleichungssystem läßt sich elegant als Matrix-Gleichung schreiben (Probe durch Ausmultiplizieren): ⎛ a11 ⎜ ⎜ a21 ⎜ ... ⎜ ⎜a ⎝ m1 a12 a22 ... am 2 ... a1n ⎞⎛ x1 ⎞ ⎛ b1 ⎞ ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ... a2 n ⎟⎜ x2 ⎟ ⎜ b2 ⎟ =⎜ ⎟ ⎟ ⎜ ⎟ ... ... ... ... ⎟⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ... amn ⎟⎠⎜⎝ xn ⎟⎠ ⎜⎝ bm ⎟⎠ abgekürzt: A⋅x = b Die Matrix A heißt Koeffizientenmatrix (m×n Matrix), der Vektor x heißt Lösungsvektor (n×1 Matrix). Die Theorie der linearen Gleichungen zielt darauf a) festzustellen, ob Lösungen existieren und b) diese Lösungen gegebenenfalls zu bestimmen. Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Cramersche Regel Für inhomogene n × n Gleichungssysteme, gegeben durch A⋅x = b deren Determinante der Koeffizientenmatrix A nicht verschwindet, lassen sich die Komponenten des Lösungsvektors x wie folgt schreiben a11 ... b1 ... a1n k A ... ... a b a 1 2 2n ⋅ 21 = xk = ... ... A ... A an1 ... bn ... ann k-te Spalte durch b ersetzt liefert |Ak| Hierbei wird in der Determinante der Koeffizientenmatrix |A| jeweils die k-te Spalte durch die Elemente des Vektors b ersetzt. Das Verfahren ist nur empfehlenswert für n § 3, weil die Berechnung von Determinanten höherer Ordnung sehr aufwendig ist. Man formt daher das Gleichungssystem erst so um, dass eine A eine Dreiecks-Form erhält. Lösbarkeit inhomogener Gleichungssysteme Bauerecker Mathem. Methoden der Chemie II Der folgende Satz beschreibt die Anzahl der Lösungen, wenn ein allgemeines inhomogenes Gleichungssystem mit m Gleichungen und n Unbekannten vorliegt: A ⋅ x = b Die Matrix A wird durch hinzufügen der Elemente des Vektors b zur Matrix Ab erweitert: ⎛ a11 ⎜ ⎜ a21 Ab = ⎜ ... ⎜ ⎜a ⎝ m1 ... a1n ... a2 n ... ... ... amn b1 ⎞ ⎟ b2 ⎟ ... ⎟ ⎟ bm ⎟⎠ r sei der Rang von A, R sei der Rang von Ab. (Wiederholung: der Rang einer Matrix gibt die Anzahl der linear unabhängigen Reihen oder Spalten der Matrix und damit die Zahl unabhängiger Gleichungen an). Dann gilt R = r oder R = r + 1. • Das Gleichungssystem besitzt Lösungen, wenn R = r ist (notwendig und hinreichend!) • Ist außerdem die Zahl der Unbekannten n = r, so gibt es für jede Unbekannte genau eine Lösung. • Gilt jedoch n > r, so kann man die Werte für n – r Unbekannte beliebig vorgeben und dann die restlichen r Unbekannten aus den vorgegebenen Werten eindeutig bestimmen. Man erhält eine (n – r)-fach unendliche Lösungsmannigfaltigkeit. Lösbarkeit homogener Gleichungssysteme Homogene Gleichungssysteme mit n Gleichungen haben die Gestalt: Bauerecker Mathem. Methoden der Chemie II Eine Lösung bezeichnen wir mit A⋅x = 0 ⎛ x1i ⎞ ⎜ ⎟ i x = ⎜ ... ⎟ ⎜ xi ⎟ ⎝ n⎠ Der Rang r der Matrix A ist immer gleich dem Rang R der erweiterten Matrix: R = r, weil sich der Rang einer Matrix durch Hinzufügen einer Spalte Nullen nicht ändert. a) Daher besitzt das Gleichungssystem immer Lösungen. b) Für R = r = n ist x1 = x2 = … = xn = 0 die einzige Lösung, die triviale Lösung. Sie ist uninteressant. c) Für R = r < n existieren nichttriviale Lösungen, die eine (n – r)-fache unendliche Lösungsmannigfaltigkeit bilden. Diese ist interessant. d) Ist xi eine Lösung des homogenen Systems, so ist auch λ · xi eine Lösung. e) Sind x1, x2, … Lösungen des Gleichungssystems, so ist auch die Linearkombintation λ1·x1 + λ2·x2 +, … Lösung. f) Die allgemeine Lösung ist also: x = ∑ λi x i i , wobei i alle linear unabhängigen Lösungen durchläuft. Den n – r freien Konstanten werden bestimmte Werte zugewiesen. Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Inverse Matrix Vorbemerkung. Das Gleichungssystem A·x = b lässt sich durch Multiplikation der Matrix A mit ihrer Inversen A-1 (von links) lösen: x = A-1·b. Also muss „nur“ die inverse Matrix A-1 ermittelt werden (|A| ≠ 0). Inverse Matrix: (Satz ist erweiterbar auf n × n Matrizen.) Mit den Kofaktoren: ⎛ α11 α 21 α 31 ⎞ ⎟ 1 ⎜ −1 ⋅ ⎜ α12 α 22 α 32 ⎟ A = A ⎜ ⎟ ⎝ α13 α 23 α 33 ⎠ α jk = (− 1) j +k ⋅ Unterdeterminante von A A ⋅ A -1 = A −1 ⋅ A = E Immer gilt: Inverse 2 × 2 Matrix: Beachte „transponierte“ Indices! 1 A = A −1 ⎛ a22 ⋅ ⎜⎜ ⎝ − a21 E Einheitsmatrix − a12 ⎞ ⎛ a11 ⎟⎟, mit A = ⎜⎜ a11 ⎠ ⎝ a21 a12 ⎞ ⎟⎟ a22 ⎠ Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Eigenwertgleichung Eigenwertprobleme sind von großer Bedeutung in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Hierbei ist eine gegebene n × n Matrix A mit dem Eigenvektor x (Spaltenvektor) und dem Eigenwert λ (reelle Zahl) verknüpft. Eigenvektor und Eigenwert sind gesucht. Ax = λ ⋅ x Eigenwertgleichung: Andere Schreibweise: ( A − λ E) ⋅ x = 0 x ist offensichtlich Lösung eines homogenen Gleichungssystems. Die triviale Lösung (Rang r = n) interessiert nicht. Bedingung für die Existenz einer nichttrivialen Lösung ist also r < n, d.h. die Determinante von (A – λE) muss verschwinden: A − λE = λ1, 2 a11 − λ a21 a12 = λ2 − λ (a11 + a22 ) + a11a22 − a12 a21 = 0 a22 − λ a11 + a22 (a11 + a22 ) 2 = ± + a12 a21 − a11a22 2 4 Im allgemeinen erhält man ein Polynom n-ten Grades in λ, das nach dem Fundamentalsatz der Algebra genau n (nicht unbedingt verschiedene) Nullstellen hat. Diese können komplexwertig sein. Eine beliebige n × n Matrix A hat also maximal n verschiedene Eigenwerte λk. Die Eigenwertgleichung hat mindestens eine nichttriviale Lösung xk. Einige Eigenschaften von Eigenvektoren u. Eigenwerten Bauerecker MM Chemie II Eigenwertgleichung A x = λ·x, A ist n × n Matrix, x Eigenvektor, λ komplexer (reeller) Eigenwert Spektrum von A: Gesamtheit der Eigenwerte λ1, λ2, …, λn Spektraler Radius: Größter Betrag |λj| aus der Reihe der n Eigenwerte. a) Die Spur (= Summe der Diagonalelemente) der Matrix A ist gleich der Summe ihrer Eigenwerte. Sie hat eine ähnliche Bedeutung wie die Determinante, die das Produkt der Eigenwerte von A ist. b) Die inverse Matrix A-1 hat die Eigenwerte 1/λ1, 1/ λ2, …, 1/λn und dieselben Eigenvektoren x1, x2, …, xn wie A (1, 2, … hier Indices!). c) Die Matrix Am , (Exponent m = 1, 2, …) hat die Eigenwerte λ1m, λ2m, …, λnm und dieselben Eigenvektoren x1, x2, …, xn wie A. d) Ist A eine Dreiecksmatrix (obere oder untere), so sind die Diagonalelemente die Eigenwerte von A. (Beweis: Bildung der Determinante von A – λE). e) Die Eigenwerte einer hermiteschen (symmetrischen) Matrix, für die A+ = A (AT = A) gilt, sind rein reell. f) Die Eigenwerte einer schief-hermiteschen (schief-symmetrischen) Matrix, für die A+ = –A (AT = –A) gilt, sind rein imaginär. g) Die Eigenwerte einer unitären (orthogonalen) Matrix, für die A+ A= E (AT A = E) gilt, haben den Betrag 1. Bauerecker MM Chemie II Koordinatentransformation in 3 Dimensionen k' Ein Koordinatensystem KS sei gegen ein anderes KS´ beliebig verdreht (ohne Verzerrung), bei gemeinsamen Ursprung. Dann spricht man von einer orthogonalen Transformation und es gelten die folgenden Beziehungen zwischen den Basisvektoren beider Systeme: Hintransformation Rücktransformation Basisvektoren i′ = β11i + β12 j + β13k j′ = β 21i + β 22 j + β 23k i = β11i′ + β 21 j′ + β 31k ′ j = β12 i′ + β 22 j′ + β 32k ′ k ′ = β 31i + β 32 j + β 33k k = β13i′ + β 23 j′ + β 33k ′ Orthogonale Transformationsmatrix B (B-1 = BT) ⎡ β11 B = ⎢⎢ β 21 ⎢⎣ β 31 β12 β 22 β 32 β13 ⎤ β 23 ⎥⎥ β 33 ⎥⎦ ⎡ β11 B T = ⎢⎢ β12 ⎢⎣ β13 β 21 β 31 ⎤ β 22 β 32 ⎥⎥ β 23 β 33 ⎥⎦ Koordinatentransformation allgemeiner Vektor a a′ = B ⋅ a a = B T ⋅ a′ Vektortransformation in festem KS (ist formal der Koordinatentransformation gleich, wird mit gleicher Drehmatrix B beschrieben: d′ = B ⋅ d d = B T ⋅ d′ k j' j i i' Zuordnung Achsenrichtung x y z Einheitsvektor i j k Index-Nummer 1 2 3 9 Richtungskosinus βmn sind die Kosinus der Winkel zwischen einem Basisvektor des gestrichenen und einem Basisvektor des ungestrichenen Systems. Bsp.: β13 = cos(∠i'k) 2 2 2 6 Orthogona- β11 + β12 + β13 = 1 litätsrelationen β 2 + β 2 + β 2 = 1 21 22 23 gelten zwischen 2 2 2 β + β + β =1 31 32 33 ihnen: β11β 21 + β12 β 22 + β13 β 23 = 0 β11β 31 + β12 β 32 + β13 β 33 = 0 β 21β 31 + β 22 β 32 + β 23 β 33 = 0 Diagonalisierung einer Matrix Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Eine n × n Matrix A heißt diagonalisierbar, wenn sie ähnlich zu einer Diagonalmatrix D ist, d.h., wenn eine invertierbare Matrix B existiert, so dass D = BAB-1 Diagonalgestalt hat. Satz a: Ähnliche Matrizen haben das gleiche charakteristische Polynom det(A – λE). Satz b: Ist A diagonalisierbar, so ist A ähnlich zu einer Diagonalmatrix D, bei der auf der Diagonalen die Eigenwerte von A stehen. Satz c: Eine n × n Matrix A ist genau dann diagonalisierbar, wenn sie n linear unabhängige Eigenvektoren besitzt. Diese bilden als Spaltenvektoren die n × n Matrix X = B-1 Falls A symmetrisch ist, lassen sich immer n zueinander orthogonale (linear unabhängige) Eigenvektoren finden. Damit können symmetrische Matrizen immer auf Diagonalform gebracht werden. Dagegen haben orthogonale („Dreh-“) Matrizen teilweise komplexe Eigenwerte. Vorgehen: Man bildet das charakteristische Polynom und bestimmt die Eigenwerte und Eigenvektoren. Sind letztere linear unabhängig, ist D bestimmt: ⎛ λ1 0 ⎜ ⎜ 0 λ2 −1 −1 D = BAB = X AX = ⎜ ... ... ⎜ ⎜0 0 ⎝ ... 0 ⎞ ⎟ ... 0 ⎟ ... ... ⎟ ⎟ ... λn ⎟⎠ Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Hauptachsentransformation Welche Kurve ist der folgenden allgemeinen Gleichung (z.B. für Kegelschnitte) zugeordnet? a11 ⋅ x12 + 2a12 x1 x2 + a22 ⋅ x22 = 1 1 ( x1 ⎛ a11 a12 ⎞ ⎛ x1 ⎞ ⎟⎟ ⎜⎜ ⎟⎟ = 1 x2 )⎜⎜ ⎝ a12 a22 ⎠ ⎝ x2 ⎠ xT ⋅ A ⋅ x = 1 Matrizenform Eigenwerte bestimmen Kurvenform: λ1, λ2 > 0 Ellipse λ1·λ2 < 0 Hyperbel λ1 oder λ2 = 0 Geradenpaar ⇒ A ist symmetrisch Wir drehen das KS mit der orthogonalen Matrix B so, dass A in die Diagonalmatrix D (und x in x') transformiert wird. Die λ1, λ2 sind Eigenwerte von A, siehe oben: ⎛ λ1 0 ⎞ ⎟⎟ D = A′ = B ⋅ A ⋅ B = ⎜⎜ ⎝ 0 λ2 ⎠ x′T ⋅ D ⋅ x = 1 −1 (x1′ ⇒ ⎛ λ1 0 ⎞⎛ x1′ ⎞ ⎟⎟⎜⎜ ⎟⎟ = 1 x2′ )⎜⎜ ⎝ 0 λ2 ⎠⎝ x2′ ⎠ λ1 ⋅ x'12 +λ2 ⋅ x'22 = 1 2 Die zu den Eigenwerten gehörenden normierten Eigenvektoren bilden die Spalten der Matrix B-1, siehe oben. Durch Invertierung von B-1 erhält man die Drehmatrix B und daraus den Drehwinkel ϕ. Neue Form der Gleichung ⎛ cos ϕ B = ⎜⎜ ⎝ − sin ϕ Die Umwandlung von 1 in 2 heißt Hauptachsentransformation. sin ϕ ⎞ ⎟⎟ cos ϕ ⎠ Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Permutationen Eine Anordnung von n unterscheidbaren Elementen einer Menge in einer bestimmten Reihenfolge heißt Permutation dieser Elemente. Eine entsprechende Anordnung von r § n dieser Elemente heißt r-Permutation (oder auch Variation). Satz a: Die Anzahl der r-Permutationen von n Objekten ist: P (n, r ) = n(n − 1)(n − 2)...(n − r + 1) = P (n, n) = n(n − 1)(n − 2)...3 ⋅ 2 ⋅1 = n! n! (n − r )! Es gibt also n! Permutationen von n ⇒ verschiedenen Objekten. Bsp: Es gibt P(n,r) verschiedene Möglichkeiten beim Ziehen von r Kugeln ohne Zurücklegen aus einer Urne mit n Kugeln. Beim Ziehen mit Zurücklegen gibt es nach dem fundamentalen Abzählprinzip n·n· …n = nr Möglichkeiten. Satz b: Die Anzahl der Permutationen von n Objekten (Permutationen mit Wiederholung), von denen je n1, je n2, … und je nr gleich sind, ist: n! n1!n2 !⋅ ⋅ ⋅nr ! Bsp.: Mit den 5 Buchstaben des Wortes DADDY kann man 5! = 120 verschiedene Worte bilden, sofern man die drei D‘s unterscheidet (D1, D2, D3). Die 120 Worte lassen sich in einer 6 × 20 Matrix anordnen, wobei immer nur die 6 = 3·2·1 = 3! Worte in einer Zeile stehen, die sich nur durch die Indices der D‘s unterscheiden. Ohne Unterscheidung bleiben also nur 5! / 3! = 120 / 6 = 20 Möglichkeiten über. Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Binomischer Satz n ⎛n⎞ n ⎛ n ⎞ k n−k ⎛ n ⎞ n ⎛ n ⎞ n −1 1 ⎛ n ⎞ n − 2 2 (a + b) = ⎜⎜ ⎟⎟a + ⎜⎜ ⎟⎟a b + ⎜⎜ ⎟⎟a b + ... + ⎜⎜ ⎟⎟b = ∑ ⎜⎜ ⎟⎟a b k =0 ⎝ k ⎠ ⎝1⎠ ⎝ 2⎠ ⎝n⎠ ⎝0⎠ n ⎛n⎞ n! n(n − 1) ⋅ ... ⋅ (n − k + 1) ⎜⎜ ⎟⎟ = = 1 ⋅ 2 ⋅ ... ⋅ k ⎝ k ⎠ k!(n − k )! ⎛n⎞ ⎛n⎞ ⎜⎜ ⎟⎟ = ⎜⎜ ⎟⎟ = 1, ⎝0⎠ ⎝n⎠ n! = 1 · 2 · ... · n ⎛n⎞ ⎜⎜ ⎟⎟ = n, ⎝1⎠ Binomialkoeffizienten bilden das ⎛ 4⎞ 4 ⋅3⋅ 2 ⎜⎜ ⎟⎟ = ⎝ 3 ⎠ 1⋅ 2 ⋅ 3 Pascalsche Dreieck „n Fakultät“ Der Satz kommt aus der Kombinatorik. Die Binomialkoeffizienten im Pascalschen Dreieck liefern im Grenzfall n → ∞ die Normalverteilung (siehe auch Galtonsches Brett). n=0 n=1 n=2 n=3 n=4 n=5 u.s.w. 1 1 1 1 1 1 2 3 4 5 1 1 3 6 10 1 4 10 1 5 1 Wahrscheinlichkeitstheorie Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Die Wahrscheinlichkeitstheorie hat sich aus dem Studium von Glücksspielen entwickelt. Sie wird mittlerweile „seriös“ in der Thermodynamik, Quantentheorie, Messwertanalyse, Biologie, Versicherungsmathematik, u.s.w., eingesetzt. Sie befasst sich mit den Gesetzmäßigkeiten von zufälligen Ereignissen. Ereignisraum (Stichprobenraum): Menge S aller möglichen Ergebnisse eines Experiments. Elementarereignis: Ein nicht als Summe anderer Ereignisse darstellbares Ereignis (Ergebnis) a. Ereignis: Menge von Elementarereignissen. Unmögliches Ereignis: Leere Menge «. Sicheres Ereignis: Menge S. Verknüpfung von Ereignissen zu neuen Ereignissen: a) A « B „A oder B treten ein“ b) A » B „A und B treten ein“ c) Ac ist Komplement von A, „A tritt nicht ein“ d) A und B heißen disjunkt oder unvereinbar, wenn sie sich ausschließen, also ist A … B = « ein unmögliches Ereignis. Partition: Menge von unvereinbaren Ereignissen A1, A2, …, An, deren Vereinigung S ergibt. Bsp. Würfeln: Ereignisraum S = {1, 2, 3, 4, 5, 6}, Elementarereignis „Würfeln einer Vier“ {4}, Ereignisse A „ungerade Zahl“, B „gerade Zahl“, C „Primzahl“: A = {1, 3, 5}, B = {2, 4, 6}, C= {2, 3, 5}, A … C = {3, 5} „ungerade Primzahl“, A … B = « „gerade und ungerade Zahl“. Wahrscheinlichkeitsraum und Laplace-Experiment Bauerecker MM der Chemie II S = {a1, a2, …, an} sei eine Menge (Ereignisraum) von n Elementarereignissen ai. Wenn man jedem ai eine Wahrscheinlichkeit P(ai) zuordnet, so erhält man einen Wahrscheinlichkeitsraum falls gilt: a) P(ai) ¥ 0 für alle P(ai) b) P(ai) + P(a2) + … + P(an) = 1. Bsp.: Wir werfen 3 Münzen gleichzeitig und beobachten, wie oft Zahl erscheint (4 Möglichkeiten). Ereignisraum: S = {0, 1, 2, 3} Wahrscheinlichkeitsraum: P(0) = 1/8, P(1) = 3/8, P(2) = 3/8, P(3) = 1/8 A = {1, 2, 3} = {„mindestens einmal Zahl erscheint“} ⇒ P(A) = 3/8 + 3/8 + 1/8 = 7/8 K K K Z K Z Z Z K K K Z Z K K K Z Z K Z Z K Z Z 1 3 3 1 Falls jedes der n Elementarereignisse ai im Ereignisraum die gleiche Wahrscheinlichkeit besitzt, spricht man von einem Laplace-Experiment (Laplace-Wahrscheinlichkeitsraum). Ein Ereignis A mit genau r Elementen besitzt dann die Wahrscheinlichkeit P(A) = r / n. Bsp.: Karte zufällig aus Kartenspiel mit 52 Karten ziehen. Ereignisse: A = {„Karte ist Karo“}, B = {„Karte ist ein Bild“} P(A) = Zahl der Karo / Zahl der Karten = 13 / 52, P(B) = Zahl der Bilder / 52 = 12 / 52, P(A … B) = Zahl der Karo-Bilder / Zahl der Karten = 3 / 52. Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Ereignisbaum Mit einem Ereignisbaum kann man die Wahrscheinlichkeiten einer Folge von Experimenten (Zufallsprozess) gut darstellen. Beispiel: Wir haben 3 Kartons mit folgendem Inhalt: Karton I enthält 6 gute und 4 defekte Lampen. Karton II enthält 5 gute und 1 defekte Lampe. Karton III enthält 5 gute und 3 defekte Lampen. Wir bestimmen zufällig einen Karton und wählen zufällig daraus eine Lampe. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit P, dass diese defekt ist? Wir führen eine Folge von zwei Experimenten aus: a) Zufallsauswahl eines Kartons; b) Zufallsauswahl einer Glühlampe (defekt = D, nicht defekt = N). Der folgende Ereignisbaum beschreibt diesen Prozess. An jedem Ast stehen die einzelnen Wahrscheinlichkeiten: Wir haben jeweils D 1/3 · 2/5 = 2/15 drei sich ausschließende Mög2/5 lichkeiten, eine gute/defekte N 1/3 · 3/5 = 3/15 I Glühlampe zu wählen. Daher 3/5 1/3 werden die einzelnen WahrD 1/3 · 1/6 = 1/18 1/6 scheinlichkeiten addiert: 1/3 II 1/3 5/6 N 1/3 · 5/6 = 5/18 3/8 D 1/3 · 3/8 = 3/24 5/8 N 1/3 · 5/8 = 5/24 III 2 1 3 113 + + = 15 18 24 360 3 5 5 247 P( N ) = + + = 15 18 24 360 P( D) = Zufallsvariable und Verteilungsfunktion Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II In den Naturwissenschaften betrachtet man oft Verteilungen von Messdaten, indem man z.B. eine Messung mehrfach wiederholt und die Messwerte der Größe nach Intervallen zuordnet. In ähnlicher Weise beschreibt eine Wahrscheinlichkeitsverteilung die Wahrscheinlichkeiten von Ereignissen (Werten) eines Experiments. Dabei kann die Wahrscheinlichkeit des zufälligen Auftretens eines Ereignisses (Wertes a) sinnvollerweise durch die Verknüpfung mit einer so genannte Zufallsvariablen X exakt ausgedrückt werden: P(X = a). Mit X kann auch die Wahrscheinlichkeit ausgedrückt werden, dass zufällig ein Ereignis (Wert) aus einem Intervall I auftritt: P(X ∈ I). Definition Verteilungsfunktion F der Zufallsvariablen X: F(x) = P(X § x). F gibt die Wahrscheinlichkeit dafür an, dass X irgendeinen Wert kleiner/gleich x annimmt. F kann abzählbar (diskrete Verteilung) oder kontinuierlich (z.B. Messwerte) sein. Hieraus erhalten wir die Verteilungsfunktion: Wahrscheinlichkeitsfunktion bei diskreter Verteilung: ⎧ P für x = x j ( j = 1,2,3,...) f ( x) = ⎨ j 0 sonst ⎩ Bsp: X sei Augenzahl bei Würfelexperiment, X ∈ {1, 2, 3, 4, 5, 6} f(x) F ( x) = ∑ f (x ) = ∑ P j x j ≤x x j ≤x j F(x) 1 3/6 1/6 0 5 x 0 5 x Mittelwert, Varianz und Standardabweichung Bauerecker MM der Chemie II einer Zufallsvariable X und ihrer Verteilung. Geometrische Entsprechung Verteilung diskret Mittelwert (Erwartungswert) μ Varianz σ2 ∑x j kontinuierlich f (x j ) ∫ x f ( x)dx j ∑ (x −∞ 2 j − μ) f (x j ) j Standardabweichung +∞ σ x-Koordinate des Schwerpunkts der Verteilung +∞ 2 ( x − μ ) f ( x)dx ∫ −∞ (σ ist positive Wurzel aus Oft ist eine Transformation von X wichtig, der Form X* = a + bX. Dann transformieren sich μ und σ2 zu μ* = a + bμ und σ*2 = b2 σ2 σ2) x-Koordinate des Trägheitsmoments der Verteilung um die Schwerpunktsachse Für die standardisierte Zufallsvariable Z gilt μ = 0 und σ = 1 X −μ Z= σ Bauerecker Mathematische Methoden der Chemie II Poissonverteilung Bei der Binomialverteilung ist der Mittelwert μ = np. Für kleine p und große n geht diese Verteilung in die Poissonverteilung über (ohne Beweis): f ( x) = μx x! e−μ (x = 0, 1, 2, ...) mit der Varianz σ2 = μ Wahrscheinlichkeitsfunktion f(x) der Poissonverteilung für verschiedene Werte von μ. Beispiel: Die Wahrscheinlichkeit für eine defekte Schraube ist p = 0,01. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass 100 Schrauben mehr als 2 defekte Schrauben enthalten (Ereignis A)? Lösung: Berechnung des Gegenteils „nicht mehr als 2 defekte Schrauben“ (Ereignis B). Die Anzahl der Experimente ist n = 100. Damit ist p relativ klein und n relativ groß, so dass die PoissonVerteilung eine Approximation der Binomialverteilung darstellt, mit μ = pn = 1. P(B) = f(0) + f(1) + f(2) = e-1 ( 1 + 1 + ½) = 91,97 %. P(A) = 1 – P(B) = 8,03 % (oder 7,94 % mit der Binomialverteilung berechnet).